A past and a future secret von Galenhilwen (Krieg der Vampire) ================================================================================ Prolog: Nachts in London... --------------------------- London war schon immer einer der Städte gewesen, die besser als die meisten anderen den Spagat zwischen edler, eleganter Historie und unerbittlicher, technischer Moderne hinbekam. Auf der einen Seite sozusagen die ehrwürdige Bridge of London, die von einer klassischen Anmut war, und auf der anderen Seite, versteckt in einer kleinen, dreckigen Seitengasse, der Eingang zu einem Club, der mit grellem Neonlicht und dumpfen basslastigen Klängen lockte. Wie so oft fiel ein leichter Nieselregen und ließ die kleine Gasse noch verkommener wirken, als sie es ohnehin bereits war. Ein leichter Geruch von Fäule lag in der Luft, der von den großen Müllcontainern ausging, die ZU neugierige Blicke derer abhielten, die von diesem Club nichts wussten oder wissen sollten. Es war, trotz oder vielleicht gerade wegen seiner Lage, ein sehr exklusiver Club, der sich allergrößter Beliebtheit erfreute. Es wurde keine sonderlich andere Musik, als woanders, gespielt. Es gab ein paar hausgemachte Cocktails, die aber wohl jeder andere Tanztempel auch anbot. Die Einrichtung war luxuriös, aber nicht extravagant. Doch es gab zwei Details, die diesen Club zu etwas Besonderem machten. Einerseits waren da die Tänzer und Tänzerinnen. Gogo-Tänzer gab es zwar auch wie Sand am Meer, doch nur hier präsentierten sich wirklich die Besten der Besten. Und die wohl Außergewöhnlichsten. Tänzer und Tänzerinnen, die fähig waren, gleichermaßen das Blut der männlichen und weiblichen Gäste zum Kochen zu bringen. Der Besitzer dieser Einrichtung wusste nicht wirklich, wieso dem so war, und es war ihm auch einerlei. Wichtig war ihm, dass Geld verdient wurde. Und das floss, neben dem Alkohol, in Strömen. Seine Tänzer und Tänzerinnen hatten etwas an sich, das niemand so richtig zu beschreiben fähig war. Eine Ausstrahlung von Erotik und Laszivität, die ihresgleichen suchte. Ein Hauch von Verruchtheit, der jedem den Verstand zu benebeln fähig war. Eine Aura purer Glut, die jeden Gast in ihre Flammen zog. Und, allem Anderen voran, waren diese Tänzer mit einer Beweglichkeit und grazilen Anmut gesegnet, die schon beinahe ans Übermenschliche grenzte. Andererseits besaß der Club aber noch eine Besonderheit, die einen Besuch zu einem einmaligen Erlebnis machte. Eine riesige Kuppel aus Glas wölbte sich über der Tanzfläche in Richtung Himmel und gab, wenn es nicht gerade bedeckt war, beim Tanzen einen Blick auf den nächtlichen Sternenhimmel Londons frei. Durch die hohen Mauern, die das Gebäude rundherum umgaben, war die Kuppel von anderen Lichteinfällen weitgehend geschützt, gleichwohl die Nachbarschaft vor den polychromen Lichtspielen, die im Laufe einer Nacht durch das Lokal gejagt wurden. In einem geschützten und separaten Bereich des Clubs befand sich der Raum, in dem die jungen Männer und Frauen sich für ihre Vorstellungen fertig machten. Kostüme, oder was man als solche bei einem so geringen Stoffverbrauch bezeichnen konnte, lagen und hingen an jeder erdenklichen Stelle. Dazwischen huschten junge Menschen mit perfekten und leicht bekleideten Körpern umher. Auf der gesamten Länge einer Wand waren Tische mit Spiegeln aufgebaut worden, an denen sich jeder sein Make-Up selbst auftragen konnte. „Meins“ oder „deins“ gab es schon lange nicht mehr, jeder griff sich das, was gerade parat war und was er oder sie brauchte. Eine Schönheit mit langem, blondem Haar und den wohl schönsten azurblauen Augen dieser Welt war über einen großen Rucksack gebeugt und schier mit dem Oberkörper bei der Suche nach etwas Bestimmtem darin versunken. Die Haut war von einer hellen, aber nicht blassen, Färbung und absolut makellos. Eine Tänzerin trat an die Blondine heran und grinste: „Sag jetzt nicht, dass du dein Essen nicht findest?!“ Ein genervtes Knurren ertönte aus dem Rucksack, ehe die blonde Mähne mit einem eleganten Schwung nach hinten geworfen wurde und die blonde Schönheit sich aufrichtete, ehe sie einen kleinen Beutel mit rotem Inhalt in die Luft hielt und grinste: „Doch, habe es. Ich werde nicht wieder umsteigen, und das weißt du auch!“ Die Tänzerin verdrehte die Augen und fauchte: „Du kannst froh sein, dass du Clanführer bist, Deidara! Wundert mich trotzdem, dass der Vater deine Mätzchen so billigend in Kauf nimmt.“ Sie ließ ihren Blick über den Körper ihres Gegenüber streifen. Im Grunde war sie neidisch, und das wusste sie genau. Deidara war einer der wohl schönsten Vampire, die es gab. Und er hatte einst eine große Macht gehabt, die er nicht mehr nutzte. Nur sein Aussehen, welches von atemberaubender Mischung aus weiblicher Eleganz und männlicher Rauheit war, nutzte er auf diese lächerliche Weise in diesem Club. Deidaras Zähne bohrten sich in die Blutkonserve, von der die Tänzerin nicht wissen wollte, welches dreckige Tier dafür hergehalten hatte, und schlürfte ihr demonstrativ und dreckig grinsend einen vor. Angewidert wandte sie sich ab und ging ihren Erledigungen nach. Zufrieden grinsend trank Deidara hastig aus. Es war immer gefährlich, hier etwas essen zu müssen, doch er hatte den Tag über einfach keine Zeit gehabt, oder eine geeignete Möglichkeit. Und da sie in diesem Raum unter ihresgleichen waren, so war es nicht ganz so tragisch. Nach all den Jahren der gemeinsamen Arbeit hatten die Meisten sich mit stillschweigendem Ekel arrangiert über das, was er tat. Die Meisten von ihnen würden erst nach der Arbeit essen... Auch wenn sie die Finger von den gut zahlenden Gästen meistens ließen, so jagten sie dennoch Menschen. Er nicht. Schon eine sehr, sehr lange Zeit nicht mehr... Er hatte einst ein Versprechen gegeben und daran hielt er sich seit hunderten Jahren eisern, auch wenn es dem Rat der Vampire mehr als nur ein Dorn im Auge war. Doch zu seinem Glück war er ein Teil dieses Rates, wenngleich er seine Funktion ebenso lange verschmähte, wie das Trinken menschlichen Blutes. Er war ein Aussteiger aus dem System, auch wenn er seinen Platz niemals wirklich zu räumen fähig war. Nicht, so lange er existierte. Und auch wenn diese dusselige Schnalle von eben der Meinung war, dass er abstoßend sei, so waren sie allesamt, die hier arbeiteten, Aussteiger. Jeder hatte so seinen Grund, und er eben auch seinen ganz persönlichen. Nichts hatte ihn mehr in seiner Heimat gehalten, nachdem sie ihm das Wichtigste genommen hatten... Manch einer dieser Kreaturen hier hatte gegen die Regeln der Vampire verstoßen und war verbannt worden. Er war freiwillig gegangen und würde auch niemals zurückkehren! Er zog seine Zähne aus dem mittlerweile leeren Beutel zurück, warf die Konserve in den Rucksack und ließ seufzend seine Schultern hängen. Hunderte Jahre waren vergangen, doch es schmerzte noch immer wie am ersten Tag. Er hatte die Engstirnigkeit der Vampire damals schon nicht verstanden, und tat es heute noch viel weniger. Sie lebten nun einmal mittlerweile in einer Welt, in der Toleranz möglich war, doch das Alter und die Arroganz des Rates vereitelte ein gemeinsames Leben zwischen Menschen, Vampiren und Lykanern vehement. Selbst die Werwölfe hatten damals schon leichte Neigungen zur Verhandlungsbereitschaft gezeigt. Aber nicht der beschissene Rat, der seine beschissene Macht nicht aufgeben wollte! Und um dies zu gewährleisten, hatten sie ihm ALLES genommen! Seinen Reichtum, seine Macht... er hätte alles ohne zu zögern hingegeben. Doch der Rat hatte gewusst, was ihm am Wichtigsten war und es ihm brutal entrissen... vermutlich für immer. Der Besitzer riss die Tür auf und schnauzte aufgebracht gegen das hektische Treiben an: „Deidara! Fünf Minuten noch! Schwing deinen Arsch gefälligst in Richtung Bühne!“ Mit einem lauten Knall flog die Tür wieder ins Schloss und der Blonde seufzte, ehe er verstimmt und niedergeschlagen der Aufforderung nachkam. Leise und geschmeidig, wie eine Katze, verließ er den Raum und folgte dem doch recht langen Flur in Richtung Bühne. Wie jedes Mal, wenn er diesen Weg ging, waren seine Gedanken in der Vergangenheit. Bei seinem über alles geliebten Gefährten. Es waren hunderte Jahre vergangen, aber der Schmerz über den Verlust war so frisch, als sei es erst gestern passiert. Und jedes Mal, während er darüber nachdachte und diesen grauen, dunklen Flur entlang marschierte, fragte er sich, wieso er all das überhaupt noch tat. Einerseits machte es ihm auf eine gewisse Art Spaß, das schon. Aber seit Jahren war auch das Tanzen nicht fähig gewesen, die Leere in ihm irgendwie zu füllen. Er ließ sich gerne ansehen, und doch ließ er sich nicht berühren, denn noch immer gehörte er einzig und alleine seinem Gefährten. Das Band mochte durch dessen Tod vielleicht nicht mehr so stark sein, doch er hatte nie daran gedacht, es völlig aus seinem Bewusstsein verschwinden zu lassen. Es war das Einzige, was ihm geblieben war aus der Zeit, als sie noch zusammen versucht hatten, die Welt ein wenig schöner zu machen... Er wischte sich die kleine Träne aus dem Augenwinkel, die meistens auf seinem Weg zur Bühne ihr Stelldichein versuchte, es aber niemals ganz schaffte. Er musste die Gäste inspirieren, und das nicht unbedingt zum Heulen. Beinahe hatte er die Tür erreicht, die ihn vom hinteren Aufgang zur Bühne trennte, als die Stimme und Schritte der Tänzerin durch den Flur hallten, mit der er sich vor wenigen Minuten noch unterhalten hatte: „DEIDARA! WARTE!“ Er blieb stehen, drehte sich herum und sah fragend auf: „Was ist denn los?!“ Wie es für einen Vampir üblich war, hatte sie die Strecke zu ihm rasant und ohne große Anstrengung überbrückt, blieb vor ihm stehen und sah ihm ernst in die Augen: „Wir müssen verschwinden! Der Club fällt heute Nacht in das Revier des Jägers! Ich habe gerade einen Anruf von meinem... Freund bekommen.“ Sie wandte den Blick ab, obwohl Deidara nie ein Problem damit gehabt hatte, dass sie mit einem Werwolf verbandelt war. Vermutlich war es noch immer die Macht der Gewohnheit es lieber zu verleugnen, als auszusprechen. Schließlich sah sie ihn wieder eindringlich an: „Drei Lykaner sind schon tot!“ Eine Spur unbeeindruckt zuckte er mit den Schultern: „Ich bleibe. Geht ihr ruhig, aber ich glaube kaum, dass er vor den Augen anderer seine Arbeit macht. Außerdem... ich weiß auch nicht... ich halte 'den Jäger' ohnehin für einen Mythos. Es gibt keinen Menschen, der uns wirklich ernsthaft töten kann, noch dazu in einer solchen Menge. Beschreiben konnte ihn auch noch niemand.“ Er stockte und schaute zur Tür. „Weißt du... und selbst wenn er mich erwischt... dann sehe ich vielleicht 'ihn' endlich wieder...“ Wütend blaffte sie den Blonden an: „Du bist so ein Idiot! Lass dich doch killen, wenn du unbedingt willst! WIR sehen zu, dass wir Land gewinnen!“ Deidara konnte die Angst spüren und schier riechen, die sie verspürte, als sie Kehrt machte und wieder verschwand. Der Jäger war eine Bedrohung... WENN es ihn tatsächlich gab. Doch Deidara ging unbeeindruckt weiter und passierte die schwere Eisentür, hinter der ihm die laute, pochende, elektronische Musik mit einem Mal wie eine Wand aus Schall entgegenschlug. Schwarze Vorhänge waren nun alles, was ihn vom Publikum und seinem Arbeitsplatz trennte. Es gab wirklich keinen Menschen, der es auf eine solche Art und Weise mit Vampiren oder Lykanern aufnehmen konnte. Deidara vermutete schon länger, dass es keinen Jäger gab, sondern dass die Auseinandersetzungen zwischen den Rassen einfach wieder zugenommen hatten, bei all der augenscheinlichen Toleranz, die mittlerweile herrschte oder der tatsächlichen, die zu verstecken versucht wurde. Es gab immer Idioten, die lieber hassten, als Kompromisse einzugehen. Idioten, die lieber töteten, statt zu reden. Und zwar unter Vampiren, Menschen UND Werwölfen. Deidara tauchte unter dem weichen, schwarzen Stoff hindurch und sah sich der größten Tanzfläche des Clubs gegenüber. Die Bude war rappelvoll, die Stimmung kochte und er würde wohl oder übel der Einzige sein, der in dieser Nacht weiterhin für diese Stimmung sorgen würde. Langsam glitt der seidige, dunkelrote Morgenmantel von seinen Schultern und legte sein heutiges Outfit, wie auch seinen perfekten Körper frei. Lange, schwarze und glänzende Overknee-Stiefel in Lack-Optik umschlossen seine schlanken Beine. Sein wohl geformter Hintern wurde knapp von Hotpants bedeckt, die ebenfalls aus schwarzem Lack waren, und wie ein Body auch seinen gesamten Körper zu bekleiden versuchten. Das spärliche Stück Stoff war jedoch ärmellos und rückenfrei, bot obendrein durch einen gewagten Schnitt einen Blick auf seinen Bauchnabel, der von einem filigranen Tattoo umrandet war. Es war eine Schlange, die sich selbst in den Schwanz biss und für einen ewigen Kreislauf stand. Einst hatte er nichts mit Ewigkeit anfangen können, doch seit er seinen Gefährten verloren hatte, da war ihm mit jedem Tag mehr WIRKLICH bewusst geworden, dass er im Grunde unsterblich war... Und nun zu einem schier ewigen Leben ohne seinen Geliebten auf Erden zu verbringen verdammt war. Jeder verstreichende Tag war ihm seither bewusst gewesen, nicht so wie in ihrer gemeinsamen Zeit, in der er sich um diese vermeintliche Nebensächlichkeit nicht gekümmert hatte. Auch auf seinem Rücken war durch den Schnitt ein Tattoo zu sehen. Es war ein Skorpion, der sich unter seinem rechten Schulterblatt entlangschlängelte und gute 20 Zentimeter lang war. Beide Tätowierungen hatte er sich in Andenken an seinen Gefährten stechen lassen und es nie bereut. Der Moment des Stechens war berauschend gewesen, die Erinnerung aber würde durch diese Bilder ewig symbolisiert werden. Während er zu einem der Tanzkäfige ging, die am vorderen Rand der Bühne standen, seufzte er noch einmal, strich sich die Haare zurück, die nicht in seinem lockeren Zopf untergekommen waren, und setzte ein Lächeln auf. Er würde nie vergessen und immer wieder an die schönste Zeit seines Lebens denken können. Auch, wenn er erst das Wichtigste in seinem Leben verlieren musste, um zu verstehen, was er einst besessen hatte und was das Leben wirklich bedeutete. Was SEIN Leben bedeutete und welche Verantwortung er mit diesem Leben trug. Er war ein Vampir und versuchte stets mit gutem Beispiel voranzugehen. Es war möglich, sich und die Regeln seines Volkes zu verändern und er würde nie aufgeben, denn dafür hatten er und sein Gefährte einst gekämpft und dafür würde er diesem zuliebe auch bis in alle Ewigkeit einstehen. Die Menge begann zu jubeln, als er sich geschmeidig durch die Stäbe des Käfigs schob, lächelnd zwinkerte und sich, zum Publikum gerichtet, an zwei Stäben festhielt. Für einen Augenblick verstummte die Musik, doch das Jubeln ging weiter. Der Nieselregen prasselte ungehört auf die gläserne Kuppel über ihren Köpfen. Der Mond und die Sterne wurden von dichten, schwarzen Wolken bedeckt. Deidara lächelte. Keine gute Nacht für die niederen Lykaner, Jäger hin oder her. Er schloss die Augen und wartete einfach ab. Wenigstens konnte ihm das Tanzen für den Moment das Gefühl geben, dass alles gut war. Für den Moment war es, als gäbe es keinerlei Probleme auf dieser Welt, als wäre seine Trauer absolut belanglos. Deshalb tat er das hier. Deshalb ließ er sich mit Blicken ausziehen und begehren. Deshalb tauchte er in die Sphären der Musik ab, um mit rhythmischen Bewegungen all seine Sorgen abzuschütteln, bis er diese Bühne wieder verlassen würde. Die Musik ertönte wieder und Deidara hatte schnell das Gefühl für den Rhythmus heraus. Lasziv, erotisch und ungemein geschmeidig begann er zu tanzen; ließ seine Hüften kreisen und schmiegte sich an die Bassfolge oder Melodie des Liedes, um den gehörten Tönen ein Bild für die Gäste zu verleihen. Und um für den Augenblick einfach zu vergessen... Die Luft im Club schien zu kochen. Einerseits roch sie nach Alkohol und Schweiß, andererseits war sie stickig, feucht und heiß und unterstrich die unterschwellig sexuelle Atmosphäre klar und deutlich. Der Körperkontakt der Gäste wurde enger, das Tanzen der Menschen von immer eindeutigeren Bewegungen begleitet. Auch Deidara umspielte den Käfig und dessen Stangen, als sei dieser etwas hochgradig anregendes. Seine schmalen Finger strichen abwechselnd über das glänzende Schwarz seiner Kleidung und über seine makellose, zarte Haut, während er den Kopf immer so in den Nacken warf, dass seine langen, blonden Haare im Schein der bunten Lichter glänzten und funkelten, und in einer federleichten Bewegung schier schwebend nach hinten folgten. Er drehte sich herum und präsentierte dem Publikum seinen Hintern, auf den er persönlich besonders stolz war. Mit verklärtem Blick schaute er dabei über seine Schulter, so dass seine Haare in einer fließenden Bewegung das Schulterblatt mit dem Skorpion freilegten. Mit langen, schwarz lackierten Fingernägeln fuhr er sich selbst über die Hüfte und verriet dem Publikum mit verschleierten Augen, dass es ihm gefiel. Er wusste, auf was Menschen ansprangen. Und, wie alle Vampire, wusste er durch eine immense Körperbeherrschung dies auch bewusst zu provozieren und manchmal für sich zu nutzen. Normalerweise nutzten Vampire dies, um ihre Opfer gefügig zu machen, doch das tat Deidara nicht. Er genoss es einfach nur, wie eine Königin angesehen und behandelt zu werden, um letztlich gekränkte Männeregos zu hinterlassen. Es war eine Art Hobby geworden, von dem er wusste, dass es nicht unbedingt sozial oder fair war, aber immerhin waren diese Menschen für ihn nicht einfach nur eine Mahlzeit. Er mochte die Menschen und hatte über all die Jahre hin und wieder einen Freund gehabt, der keine Berührungsängste gehabt hatte und ihm einen Teil seines Lebens einfach mit Freundschaft erleichtert hatte... Manchmal ließ er sich aber eben auch gerne beschenken und umgarnen. Er drehte sich abermals herum, wollte gerade wieder mit einem der Käfigstäbe tanzen, als ein ohrenbetäubendes Geräusch durch den Club donnerte. Scherben fielen in Milliarden zu Boden, Gäste kreischten auf und stürmten in einem panischen Mob nicht nur von der Tanzfläche, sondern aus dem Club heraus. Deidara hielt augenblicklich inne und starrte auf die Fläche vor der Bühne. Kalter Schweiß begann seine Stirn zu bedecken, sein Atem schien aussetzen zu wollen. Mit großen Augen starrte er die beiden Gestalten an, die durch die Kuppel gedonnert waren und nun auf dem Boden lagen. Die Security versuchte die aufgebrachte Menge im Zaum zu halten, der DJ drehte seine Anlage ab und türmte ebenfalls hektisch. Eine der beiden Figuren erhob sich langsam und ließ ein kehliges, knurrendes Geräusch verlauten. Doch auch ohne die Form eines Wolfes war es für Deidara genau zu erkennen, dass es sich bei dem größeren Kerl eindeutig um einen Lykaner handelte. Vampire und Werwölfe konnten ihre unmittelbare Anwesenheit untereinander spüren. Die zweite Gestalt war deutlich kleiner. Da sie mit dem Gesicht zu Boden lag, und da es im Club im Grunde stockfinster war, konnte Deidara diese Person nicht wirklich erkennen oder mustern. Dennoch spürte er auch von ihr etwas ausgehen, wenngleich es ganz anders war, als er von Vampiren und Lykanern kannte. Deidara biss sich auf die Unterlippe und sah nach oben. Die Wolken brachen an einer kleinen Stelle auf. Er wusste, dass er eigentlich zusehen sollte, dass er hier wegkam. Doch irgendetwas hielt ihn eisern davon ab. Er war wie paralysiert und konnte sich keinen Zentimeter bewegen, gleichermaßen auch nicht wirklich den Blick von den beiden Unbekannten abwenden. Der Lykaner war, wie üblich für die menschliche Gestalt der niederen Ränge und jungen Werwölfe, von einer beeindruckenden Fitness und Statur. Er als Vampir würde es als bullig bezeichnen, ein Mensch wohl eher als durchtrainiert. Unter dem zerrissenen Shirt schauten straffe Muskeln hervor und ließen den gut 1,90m großen Mann noch gefährlicher wirken. Nun rappelte sich auch der zweite Fremde auf, der vornehmlich durch seinen schwarzen, langen Mantel optisch auffiel. Er war von ungewohnt kleiner, fast zarter Statur, schien dem Lykaner jedoch einen ungemeinen Respekt einzuflößen, da dieser nicht einfach angriff. Erst jetzt erkannte Deidara die zwei Schwertscheiden, die ein Stück unter dem geschlossenen Mantel zum Vorschein kamen. Irgendwie war es ungewohnt in der heutigen Zeit einen Kämpfer mit einer solchen Waffe zu sehen. Doch so rasch dieser Gedanke gekommen war, so rasch verließ dieser den Blonden auch wieder. Seine Augen weiteten sich in absoluter Ungläubigkeit. Die zierliche Person drehte sich zu dem Lykaner um und stand nun im Profil zur Bühne. Die beiden Kontrahenten starrten sich mit wütenden Blicken gegenseitig in die Augen, während der Kleinere langsam das Schwert in die Hand nahm und aus der Scheide zog. Der Werwolf zog sich ein Schwert aus der Schulter, welches dem seines Gegenüber bis auf das letzte Detail glich, und machte sich ebenfalls für einen Kampf bereit. Die Musik war lange verklungen, die Schreie der Gäste ins Nichts verschwunden und die feuchte Luft schien regelrecht zu brodeln. Wie Krokodile auf den richtigen Augenblick bei der Beutejagd warteten, so harrten auch diese zwei Männer aus, ohne sich gegenseitig dabei aus den Augen zu lassen. Deidara schluckte schwer, erstarrte endgültig und konnte doch nicht glauben, was er zu sehen schien. Mit einem Mal wurde es ihm bewusst, was für eine Aura er da spürte, die nicht von dem Werwolf ausging... Er hatte sie nur nicht erkannt, weil sie trotz aller Ähnlichkeit irgendwie anders war, als einst... Doch dieses feuerrote Haar, diese blasse Alabasterhaut, dieser emotionslose Blick aus den graubraunen Augen, das gezogene Schwert und die Verletzungen des Lykaners ließen keinerlei Zweifel zu, obwohl der Rothaarige ganz eindeutig ein Mensch war: den Jäger gab es WIRKLICH und... dieser Jäger war die Wiedergeburt SEINES Gefährten! Nur ein Flüstern verließ Deidaras zitternde Lippen: „Sasori...“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)