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Gefährliche DNA 1.1

Was tun, wenn Biowaffen nicht töten, sondern zwei Jungs das Herz stehlen?
von

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Es heißt GOGO und nicht Heul Heul...

Tränen können unbemerkt fließen...
 

Leidenschaftlich drehte und bewegte sich eine junge Blondine um die Stripteasestange auf der Bühne. Die Beine waren ewiglang und schlank. Sie hatte einige hübsche Muttermale, die sie noch verführerischer aussehen ließen. Sie drehte und wandt sich wie eine Schlange, während sie ihren Hintern kreiste und lasiv gespielt mit den Fingern über die vollen Lippen strich. Die Musik war laut und voll gestopft mit diesen entnervenden Beats, die so laut dröhnten, das man glaubte ein Pistole würde ununterbrochen abgefeuert werden. Sie klatschte sich auf ihren halbnacktne Po, es schnalzte und sie zog sich an der Stange in die Luft und drehte sich in einer fliegenden 360° Drehung darum herum. Ihre Beine legten sich eng um das kalte Metall und sie ließ sich an der Stange heruntergleiten und streckte die Beine einmal links gerade aus, zog sie an und einmal rechts und zog sie wieder an. Ihr schlanker Bauch war trainiert und zeigte deutliche Bauchmuskeln, die aber nicht abtörnend wirkten. Im Gegenteil, ihr schlanker, zierlicher Körper war eine Sensation.

"Yeah Baby - komm mal rüber zu mir!" brüllte ein widerlicher gegelter Kerl. Innerlich die Augen verdrehend, machte sie eine neckische Drehung kam direkt vor dem Mann auf die Knie. Sie präsentierte ihren Ausschnitt lasziv vor seiner Nase und schon steckte er ihr ein paar Scheine in die winzige goldene Hose. Das Lied endete und sie stand auf und ging ab. Als sie hinter der Bühne war, hörte sie ihren Chef sagen: "Nicht schlecht Süße, aber es heißt GOGO nicht Heul Heul..."

Sie blickte in den Spiegel und wischte sich die Tränen ab. Sie merkte es nicht mehr, dass sie zu heulen begann, sobald das Lied fast vorbei war.

"Heul da oben nicht rum, die Jungs wollen fröhliche, laszive Girls sehen, keine weinenden Tussis - alles klar?" damit ging er und überließ sie ihren eigenen Gedanken.

"Es heißt GO...GO...." flüsterte sie und fuhr mit ihrem Zeigefinger über ihre Lippen im Spiegelbild.

"... nicht Heul.... Heul..."

Schule der Elite oder doch Friedhof der Selbstständigkeit?


 

"Morgen Selma!" rief eine hübsche Studentin mit langer wallender, blonder Lockenmähne und lief die kleine Allee mit den weißen Birkenbäumen entlang.

"Mhm?" eine hübsche schwarzhaarige Studentin drehte sich um, wobei sich die Schuluniform - ein langer Seidenrock, darüber eine Art kurzer Mantel, den eine silberne Brosche über der Brust zuhielt, in einem sanften hellblauen Farbton - um ihre Beine drehte und wiegte. Sie strahlte und schon fielen sich die beiden in die Arme, Küsschen links, Küsschen rechts.

"Morgen Kathrin - schön dass du wieder gesund bist!" lächelte Selma.

"Ja - die Grippe war nicht gerade angenehm. Aber jetzt bin ich fit und starte wieder richtig durch!" sagte Kathrin, sie hängte sich bei Selma ein und gemeinsam schlenderten sie in aller Ruhe die restliche Allee entlang. Sie kamen plaudernd vor einem großen, geschmiedeten Tor an.

Ein Wächter in schicker schwarzer Uniform stand davor und sagte: "Guten Morgen meine Damen - ihre Ausweise bitte!"

Schon zückten die beiden Mädchen einen goldenen Pass, auf denen verschnörkelt ihre Namen und ihre Daten standen.

"Gut - bitte an den Scanner treten!" sagte der Wächter und schon hatten die beiden ihre Zeigefinger auf ein Touchpad gedrückt, ein kleiner hellbläulicher Lichtstrahl hatte sie gescannt und eine Computerstimme sagte kühl: "Studenten erkannt - bitte einzutreten Miss Lockslee und Miss Baumann!"

Das große Eingangsportal schwenkte auf und die beiden traten ein. Der Wachmann blickte aufmerksam die Allee hinunter und war immer höchst konzentriert.

"Komm Selma - wir kommen noch zu spät." lächelte Kathrin.

"Ja!"

Sie liefen beide die langen, feinen Wege hinauf, die mit feinstem hellweißem Sand geprägt waren. Links und rechts erhoben sich grüne Büsche, die alle, wunderschöne Skulpturen zeigten, Springbrunnen, die leise gluckernd Fontänen aussandten und natürlich der kleine liebevoll angelegte Bach, der sich bei den Rosenbüschen entlang zog.

"Weißt du dass mir die Schule gefehlt hat?" lachte Kathrin.

"Glaub ich dir - wo ist es schöner als..." grinste Selma und sie kamen vor einem großen, alten Schloss an. Es war wunderschön mit Efeuranken umzogen, der Stil erinnerte an die Barockzeit und alles wirkte weich, einladend und rund. Perfektion.

"... Schloss Lisenka?" fragte Selma.

Sie gingen rasch in das Schloss, zwei Bedienstete hielten ihnen die Türen auf und sie betraten einen großen Marmorsaal mit zwei großen Wendeltreppen zur linken und zur rechten Seite, wenn man gerade ausging. Rechts neben der Eingangstür gelangte man in die Unterkünfte der hierwohnenden Studentinnen, und links ging man zu den Seminarräumen. Im ersten Stock befanden sich die Naturwissenschaftlichen Räume, Labors, sowie BE-Räume und Musikzimmer mit schönen Flügeln und allerhand Instrumenten. Im Innenhof lag der große Rosengarten für die Florakundigen Studentinnen, ebenso weiter dahinter erhob sich ein großes Freibad mit einem kleinen Whirlpool, der gleich übergeht in die große Schwimmhalle, die immer beheizt war. Im Außenbereich der Schule gab es große Pferdeställe für die Freizeitgestaltung sowie ein Tennis- und ein Volleyballplatz aus feinstem Sand.

"Sag mal ist irgendetwas passiert, als ich krank war?" fragte Kathrin, während sie ihren Kaffee in der Mensa holten und weiter in die Lehrveranstaltung gingen.

"Mhm... oh ja - tatsächlich. Und dreimal darfst du raten, wer wieder mal aufmerksam geworden ist!" sagte Selma mit einer verächtlichen Miene.

Kathrins Lippen verzogen sich unschön und sie sagte leise: "Die White-Studentin?"

"Natürlich wer sonst?" fragte Selma seufzend.

"Was hat sie wiedermal gemacht?" fragte Kathrin gierig.

"Du weißt ja, dass wir gestern einen großen Test hatten - den in Geschichte über die Sezessionskriege in Amerika. Nun ja, die gute White belegt ja den gleichen Kurs in Geschichte wie ich und sie hat wie üblich vor sich hingestarrt, hat gar nicht reagiert, als der Professor die Namen verlas und hat ihn nur doof angestarrt. Dann hat sie gesagt: "Sie kennen mich seit drei Jahren - merken Sie sich endlich mein Gesicht Sie Volldepp vom Dienst namens Dozent!" dann hat sie wieder gelangweilt aus dem Fenster geblickt!"

"Das hat sie echt gesagt?" sagte Kathrin fassungslos.

"Ja - wie gesagt, total unhöflich. Jedenfalls hat der arme Professor Bär sich nichts anmerken lassen und hat die Tests ausgeteilt. Sie waren wirklich sehr schwer, aber nicht unfair. Jedenfalls hat die White gerademal fünf Minuten geschrieben, dann ist sie aufgestanden und hat den Test abgegeben!"

"Nach 5 Minuten? Tja, das ist typisch für dieses Genie!" sagte Kathrin.

"Ja und dann hat sie gesagt, bevor sie aus dem Raum gegangen ist: "SO etwas geben Sie als Test aus? Sie sind noch erbärmlicher als gedacht, und außerdem sollten Sie daran denken, dass Sex mit Schülerinnen verboten ist. Ich denke - Miss Andrews sollte die gleichen Chancen wie wir alle haben, und nicht bessere Noten bekommen, nur weil sie sich von jedem Volldeppen durchficken lässt, der ihr was verspricht!"

"WAS? ANJA ANDREWS - die TOCHTER vom Universitätsvorsitzenden? ECHT?" fragte Kathrin atemlos.

"Natürlich - das wusste zwar niemand, aber woher White das auch rausgefunden hat, sie lag goldrichtig. Anja ist total bleich geworden und hat sich mitten im Zimmer übergeben. Der Professor hat angefangen zu brüllen und hat White als unmögliches Balg beschimpft und ihr gedroht sie wegen Verleumdung und Rufmord anzuzeigen." sagte Selma.

"Und dann?" fragte Kathrin.

"Tja - du kannst dir denken, was White gemacht hat!" lächelte Selma.

"Oh Gott - sie hat, echt?" Kathrin sah ungläubig drein.

"Jepp genau das, sie ist zu Bär hin, hat ihm in die Augen gesehen und gesagt: "Von pädophilen, kleinen Arschlöchern wie Ihnen lass ich mich nicht bedrohen. Schöne Grüße von Laetia Noir!" und dann hat sie ihm mit aller Kraft in die Eier getreten!" schloss Selma ihren Bericht.

"WAS? ECHT?" rief Kathrin so laut, dass sich einige Schülerinnen umdrehten und sie anstarrten.

"Upps - was ist dann passiert?" fragte Kathrin leise.

"Tja Bär ist zusammengebrochen, wir mussten die Prüfung stoppen und den Schularzt holen - White wurde zur Direktorin geschickt. Nach einer halben Stunde ist sie wieder rausgekommen und hat zu Anja gesagt, die ebenfalls im Wartezimmer gewartet hat: "Du bist auch nur eine jämmerliche Hure... eigentlich traurig!" und ist rausmarschiert. Sie ist übrigens nur verwarnt worden!" lacht Selma leise.

"Und was soll das mit "Schöne Grüße von..."?" Kathrin starrte Selma fragend an.

"Schöne Grüße von Laetia Noir!" wiederholte Selma.

"Genau - wer ist bitte Laetia Noir?" fragte Kathrin.

"Keine Ahnung - das weiß niemand. Aber bei den Worten ist Bär ganz weiß im Gesicht geworden. Keine Ahnung wer das ist. Bär ist jedenfalls suspendiert worden, Andrews liegt mit einer schweren Depression im Krankenhaus und die Direktorin ist bemüht den Vorfall so schnell wie möglich zu verdrängen!" sagte Selma, damit öffnete sich schnell die Tür zum Seminarraum und in dem Moment klingelte es.

"Wow - da ist man ein paar Tage krank und verpasst die besten Sachen!" dachte Kathrin.
 

"Ffffff" blies eine hübsche junge Frau mit langen blonden Haaren und schwarzen Strähnen im Haar den Rauch aus. Sie hielt eine lange Malboro Zigarette in der linken Hand und rauchte genüsslich vor sich hin.

Sie trug ebenfalls die Uniform der Privatuniversität Lisenka und starrte gelangweilt vor sich hin.

Pitsch.

Pitsch.

Patsch.

Leise setzte Regen ein und die Tropfen fielen zunächst unregelmäßig und dann immer schneller zu Boden, bis es regelrecht schüttete. Die junge Frau saß unbeeindruckt im Regen und sah wie die Pfützen immer größer wurden und die Parkbank auf der sie saß, vom Regen durchtränkt war. Sie löschte das Zigarettenende aus und sah in den Regen. Die Tropfen sammelten sich auf dem kleinen passenden Käppchen der Schuluniform und flossen am Rand nach vorne und tropften zu Boden.

"Mhm...." die Frau stand auf und hob ihre Ledertasche auf, die sie neben sich auf die Parkbank gelegt hatte. Sie ging schnell aber ohne Hast durch die Parkanlage und kam am anderen Ende des Stadtpark wieder raus. Sie sah wie eine Straßenbahn hielt und sie stieg ein. Sie war fast allein, weil es später Vormittag war und der Großteil der Menschen in der Schule, in der Uni oder in der Arbeit waren. Doch im hinteren Abteil sah sie ein bekanntes Gesicht.

"Hey ..." die Gestalt hob grüßend die Hand.

Sie trat zu ihm und setzte sich neben ihn.

"Hast du es dabei?" fragte sie ruhig.

"Klar - hier!" er reichte ihr ein kleines Päckchen mit weißem Staub darin.

"Danke...hier!" sie gab ihm drei 100€ Scheine und stieg bei der nächsten Station aus. Das Päckchen stopfte sie in die Ledertasche.

Sie ging weiter und kam schließlich bei einer schönen weißen Birkenallee an.

"Na dann..." seufzte sie und ging weiter.

Während sie die Allee entlang ging, leerte sie das Päckchen mit dem weißen Inhalt in ein kleines Kreuzähnliches Gefäß. "Tja eiskalte Engel hat wirklich einige gute Tipps" grinste sie innerlich und verschloss das Gefäß, indem sie das Kreuz wieder zuschraubte. Das Kreuz war ein kleiner Anhänger und an einer feinen Goldkette angebracht. Sie legte sie um ihren Hals und bemerkte, dass sie feine Spuren des weißen Staubes an ihrem Zeigefinger hatte. Sie hob den Finger und legte ihn sanft an die Nase. Dann atmete sie tief ein und der weiße Staub kroch in ihre Nase. Es kribbelte und plötzlich kam ein warmes Gefühl in ihr auf. Sie putzte die Nase und die Hand an ihrem feinen Taschentuch ab und kam schließlich in Sichtweite des Portals.
 

Der Wachmann hob den Blick und sagte: "Sie sind reichlich spät dran, Miss White!"

"Hi Joe - was geht?" frage sie.

"Miss White - ihren Ausweis!" sagte er.

"Hab ich nicht dabei!" sagte sie tonlos.

"Miss White?" er sah sie konzentriert an.

"Was ist Joe?" fragte sie zurück.

Er sah ihre großen graublauen Augen, aber der kleine blaue, leicht rötliche Fleck an ihrem Hals sah er sofort.

"Bitte zum Scanner!" sagte er leise.

"Jup..." sie legte den Zeigefinger darauf und das Tor glitt zur Seite.

"Miss White einen schönen Schultag!" sagte Joe.

"Danke Joe! Hoffentlich wird es wirklich ein schöner Tag..." sagte die junge Frau und er sah wie ihre Augen sich verdunkelten als sie das Schloss sah.
 

Sie ging durch den immer noch strömenden Regen und irgendwann trat sie in das Schloss ein. Es war menschenleer, da alle in ihren Seminaren waren. Sie ging weiter in den kleinen Innenhof und weiter ins geheizte Schwimmbad. Dort ging sie zu den kleinen Garderobenschränken und schloss ihn auf. Sie zog ihren Bikini an und hängte sich ein großes weißes Badetuch um. Dann ging sie zu den Sportbahnen und sprang mit einem eleganten Köpfler ins Wasser. Sie schwamm, tauchte und als sie auf die Uhr sah, erkannte sie dass sie zwei Stunden geschwommen war. Sie ließ sich treiben, zu dieser Zeit war sie immer allein im Schwimmbad, dann hob sie ihre Hand und hielt sie sich vor das Gesicht. Sie drückte die Nase zu, schloss die Augen und tauchte unter.

Sie ließ sich bis auf den Grund treiben und kniff die Augen so fest zusammen, dass sie nichts sah, auch keinen einzigen Lichtfunken. Ihre Ohren dröhnten und rauschten.

Ihre Lungen schrien immer mehr nach Luft. Aber sie tauchte nicht auf. Sie genoss die Kontrolle über ihren Körper zu haben. Es tat ihr gut.
 

"Rosen haben Dornen um sich zu schützen... ich wünschte ich wäre eine Rose..., dann würde es denn anderen sehr wehtun, wenn sie mich falsch berühren..."

Absalom


 

Die Privatuniversität für Männer der höheren Gesellschaftsschicht trägt den Namen Absalom - ein Name aus dem Hebräischen. In der Bibel war Absalom der Sohn Davids. Die Bedeutung: „Vater des Friedens“.
 

Die Studenten der Absalom Akademie sind reiche, intelligente junge Männer von 20 bis 28 Jahren. Das längste Studium dauert 8 Jahre und es gibt keine Chance ein Semester zu wiederholen. Die Absalom Akademie liegt ebenfalls wie seine Schwesternuniversität Schloss Lisenka, eine halbe Stunde außerhalb der kleinen Stadt Pamhagen, die nur fünf Minuten von der Grenze Ungarns entfernt liegt. Pamhagen ist eine kleine Stadt, die berühmt für ihre Kultur und ihre ungarischen Kulturschätze auf österreichischem Boden ist. Doch eines darf man nicht vergessen - man kann nicht einfach Mitglied in dieser Elitegemeinschaft der Universität Absalom werden. Genauso wie die ältere Schwesternschule Schloss Lisenka, hat Absalom schwere Aufnahmeprüfungen zu bestehen, bevor man sich Student der Absalom Akademie nennen darf.

"Hast du eine Zigarette?" fragte ein schwarzhaariger Junge, in der Absalom-Eliteuniform.

"Mhm? Klar - hier!" reichte ein brünetter Junge, ebenfalls mit längeren Haaren und dunkelbraunen mystischen Augen, seinem Freund eine Zigarette.

"Danke!" schon inhalierte der Schwarzhaarige genüsslich den Rauch und blies ihn in kleinen Kringeln wieder aus.

"Was für Sport gelernt?" fragte der zweite.

"Nö - wieso gibt‘s einen Test in der Theorieeinheit?" fragte der Schwarzhaarige.

"Jo... aber keinen Stress Bro' ich hab auch nichts gelernt..." sagte der Brünette.

"Sag mal - wo steckt White? Ich hab sie schon seit drei Tagen nicht mehr gesehen?" fragte der Schwarzhaarige.

Der zweite zog eine Schnute und sagte düster: "Ich auch nicht, aber so wie ich sie kenne, hat sie sich wieder Stoff besorgt..."

"Langsam wird‘s mir zu dumm - wir müssen mit White reden. Normalerweise hat sie an Montagen immer gleich aus wie wir."

"Dann zischen wir eine halbe Stunde vorher ab, damit wir sie zur Not abfangen können. WENN sie heute überhaupt in Lisenka ist!" sagte der Brünette.

"Mhm - beeil dich Bro' wir kommen zu spät!" sagte der Schwarzhaarige. Die nächsten Meter bis zum Eingangstor, der großen dunklen Burganlage, die die Schule beherbergte, legten sie im Sprint zurück. Im selben Moment wo sie in die Eingangshalle gingen, begann es draußen zu schütten.

"Super – so viel zu Unterricht im Freien!" brummte der Brünette.

"Kannst eben nicht alles haben, Damian!" lachte der Schwarzhaarige.

"Kann sein - Alter. Aber man wird wohl noch träumen dürfen!" grinste Damian seinen Freund aus Kindheitstagen an.

"Aidan Pagadi! Damian Taylor! Ihr seid zu spät!" rief der Direkt der Akademie streng. Er kontrollierte stets selbst in der Früh die Zuspätkommenden.

"Sorry Mr. Hanasaki - kommt nicht nochmal vor!" heuchelten die Jungs.

"Schon gut - ab in die Seminarräume mit euch!" sagte der strenge alte Japaner. Er war einer der Eliteprofessoren in seiner Heimat für Ethik, Psychologie und Philosophie gewesen. Mit dem alten Herrn war nicht gut Kirschen essen - ganz abgesehen davon, dass er nebenbei Titelverteidiger von fünf Meisterschaftstiteln in verschiedenen Kampfsportarten war.

"Nach der Schule Bro'!" grinste Damian.

Aidan nickte und eilte in die Sporthalle.
 

"WAS HABEN SIE GERADE VON SICH GEGEBEN, MISS WHITE?" fauchte die Biologieprofessorin, Doktor Samoi wütend. Sie war eine Spitzenforscherin und bekannt für ihre Doktorarbeiten in den Bereichen Genetik und Hirnforschung.

Die junge Blondine in der durchnässten Schuluniform ging die keifende Professorin ignorierend auf ihren Platz und nahm das völlig durchnässte Käppchen von ihrem Kopf.

"MISS WHITE! ICH ERWARTE EINE ANTWORT!" keifte Doktor Samoi.

Die Studentin mit dem Namen White blickte gelangweilt hoch und zog eine sorgsam gezupfte Augenbraue in die Höhe: "Von mir aus..."

Die anderen fünfzehn Studentinnen hielten die Luft an.

"Ich komme und gehe wann es mir passt, Dok'. Diese kümmerliche Universität verdankt seit den letzten drei Jahren, in erster Linie meinem IQ seinen guten Ruf. Mit einem IQ von 205 lass ich mir von einer zweitrangigen Professorin für Genetik und Hirnforschung nichts vorschreiben. Wenn Sie jetzt die Liebenswürdigkeit besitzen und mit dem schlechten Unterricht fortfahren, den Sie gerade für mich unterbrochen haben, wäre ich Ihnen mehr als dankbar." damit legte White in aller Ruhe einen Stift und einen Collegeblock auf den Tisch.

Doktor Samoi atmete tief ein und ging wieder zum Lehrerpult zurück und sagte noch kurz: "Nach der Stunde Miss White werden Sie sofort zur Frau Direktorin gehen!"

White nickte unbeteiligt.

"Fahren wir fort, Studentinnen. Wir waren bei der "Mendelsche Vererbungslehre" - Miss Trent was können Sie uns über seine Versuche mit Pflanzenhybriden erzählen?"
 

"Ich find‘s ja ganz schön cool hier! Bin ich happy, dass unsere Eltern den Direktor kennen. Sonst hätten wir auch diese fiesen Tests machen müssen. Und ganz ehrlich wann hätten wir auf der Konzerttour denn Zeit gehabt zum Lernen!" grinste Tom.

"Tja freu dich lieber nicht zu früh - wer weiß, ob wir genügend Grips haben um mit den IQ Bestien hier mithalten zu können!" sagte sein Zwillingsbruder Bill.

"Egal - ich bin happy. So kriegen wir endlich unser Abi und ganz nebenbei haben wir auch noch eine coole Schule, eher gesagt ein Schloss mit dem coolen Namen..." Tom überlegte kurz, zog das Schreiben des Direktors heraus und las es vom Briefpapier ab: "...Die Privatuniversität Absalom Akademie für junge Männer der höheren Gesellschaft"." er grinste wieder.

"Komm beeil dich - wir müssen vorher noch zum Direktor!" sagte Bill.

"Aber die Uniform find ich seltsam!" sagte Tom, er zerrte an dem schwarzen Kragen des Hemdes und die rote Krawatte war viel zu eng gebunden.

"Ich find sie cool - erinnert mich voll an einen Manga den ich gelesen hab - die tragen auch so schnicke Uniformen!" meinte Bill.

"Okay - schon gut - beeilen wir uns!" sagte Tom und schnappte seine Ledertasche.

"Auf geht‘s!" sagte Bill.
 

Wenige Minuten später standen die zwei Brüder vor dem Direktor. Er begrüßte sie lächelnd:" Es freut mich die Söhne meiner alten Kampfsportfreundin Simone kennenzulernen. Sie war eine wahre Kampfsportelitefrau. Schade dass sie aufgehört hat." er schüttelte ihnen die Hände.

"Wir sind Ihnen sehr dankbar, dass wir ihre Eliteuniversität besuchen dürfen, Direktor Hanasaki." sagte Bill höflich.

"Ja, unser Abitur ist uns wichtig. Wer weiß wie lange wir als Band noch so großen Erfolg haben, dass wir für immer davon leben können." sagte Tom.

"Es freut mich zu hören, dass ihr beide eine derart gesunde und Bodenständige Einstellung habt - viele Stars heben leicht ab. Sie sehen den Boden der Tatsachen nicht." sagte Direktor Hanasaki.

"Ja - wir sind auch froh, dass unsere Eltern und Freunde, und natürlich auch Bandkollegen gleich denken wie wir. L.A war zwar schön und ruhig, aber wir wollen nun endlich wieder in Heimatnähe bleiben. Österreich ist sowieso ein wunderschönes Land und Ungarn hat eine faszinierende Kultur. Wir sind echt glücklich hier studieren zu dürfen!" sagte Bill.

"Gut, das freut mich. Ihr zwei macht auch einen soliden Eindruck und auch wenn die Uniform zu Beginn ein wenig einengend wirkt - " er blinzelte Tom freundschaftlich zu, "Kann ich euch nur sagen, dass es den Mädchen der Schwesternuniversität sehr gut gefällt."

"Schwesternuniversität?" fragte Bill überrascht.

"Ja, Schloss Lisenka - ihr seid sicher an einer Allee aus weißen Birken vorbeigekommen oder?" fragte Direktor Hanasaki.

"Ja - die war aber ganz schön lang, aber sehr schön. Trotz Regenwetter!" sagte Tom.

"Tja, das ist der Eingang zu der größten und schönsten Privatuniversität Europas. Schloss Lisenka ist eine Eliteakademie für junge Frauen, der höheren Gesellschaft oder aus Adelskreisen. Sie hat auch die Gründung der Absalom Akademie beschlossen um auch jungen Männern eine derartig gute Ausbildung zu gewähren. Schloss Lisenka wurde von der Kaiserin Elisabeth gegründet!" sagte der Direktor.

"Der Frau von Franz Joseph?" fragte Tom.

"Richtig - seht nur!" sagte Direktor Hanasaki und zeigte auf ein großes Panoramafenster in seinem Büro.

Die Zwillinge traten näher.

"Schade dass es so schüttet, aber seht ihr die hellblauen Fahnen dort wehen? Mit dem goldenen Abzeichen?" fragte Hanasaki.

"Ja - aber sehr undeutlich!" sagte Bill.

"Ja - dort jedenfalls befindet sich die Eliteuniversität Schloss Lisenka. Ihr werdet wahrscheinlich bald ein paar Studentinnen kennenlernen. Die aus dem höheren Semester für Medizin und anderen Studienangeboten kommen öfters auf unsere Akademie und halten Workshops ab. Und natürlich gibt es den jährlichen Winterball - dort tanzen die Abiturienten der beiden Akademien miteinander, dazu gibt es auch Tanzunterricht den beide Hälften besuchen. Vielleicht habt ihr Glück und eine Studentin lädt euch ein!" lächelte Doktor Hanasaki.

"Von diesem Ball hab ich erst kürzlich was in der Zeitung gelesen, es kommen auch immer die Absolventen der beiden Akademien und das sind meistens große Wirtschaftschefs, Anwälte und Ärzte von hohem Ansehen. Alles was Rang und Namen hat!" sagte Bill.

"Ja, da hast du Recht. So jetzt erst einmal zu eurem Studium. Was wollt ihr den Studieren?" fragte Direktor Hanasaki und deutete ihnen wieder Platz zu nehmen.

"Mhm wir sind da eher unterschiedlich. Ich würde gerne was mit Kunst oder BE belegen!" sagte Tom, diese Fächer hatten ihn immer interessiert.

"Gut, wir haben ausgezeichnete Kunstlehrer - du kannst dann über die Kunstrichtung mit den Lehrern reden. In der ersten Woche gibt es mal eine Basisvermittlung."

"Gut!" sagte Tom.

"Und du Bill?" fragte Hanasaki.

"Na ja, Ethik wäre interessant!" sagte Bill.

"Gut - den Kurs leite ich selbst. Wir reden im Unterricht über die verschiedenen Zweige!" sagte Hanasaki.

"Ach ja noch etwas zum Schulklima - hier reden die Lehrer und die Studenten einander mit Sie an - es gibt eine Mensa wo täglich kostenlos dreigängige Menüs ausgegeben werden. Ihr könnt hier in der Uni zwei Zimmer haben und freitags bis sonntags ist Ausgangszeit bis fünf Uhr früh. Wir verlassen uns auf die Selbstständigkeit der Studierenden. Wir haben viele verschiedene Sport- und Freizeitfächer, die ihr jederzeit belegen könnt. Bis unser Schwimmbad fertiggestellt ist, können wir das von Schloss Lisenka benutzen. Ihr kommt mit euren Schulausweisen überall hinein - hier bitte!" Hanasaki reichte Bill und Tom zwei weiße Ausweise mit dunkelroter und schwarzer Schrift.

"Lässig!" sagte Tom.

"Es gibt einen Wächter der immer die Eingangspforte bewacht, wir legen großen Wert auf Pünktlichkeit, das betrifft euch jetzt nur indirekt, da ihr ohnehin in der Uni wohnt. So - morgen beginnt ihr mit dem Unterricht, seht euch alles in Ruhe an und lernt die Studenten und Professoren kennen!" sagte Hanasaki.

Plötzlich klingelte das schwarze Businesstelefon. Hanasaki runzelte die Stirn.

"Entschuldigt bitte kurz!" er drückte auf den Empfangsknopf: "Elenora, ich hab doch gesagt, für die nächsten zwei Stunden keine Anrufe durchzustellen."

"Ich weiß Herr Direktor, es ist aber die Direktorin Frau Sonnental - es geht um die Studentin White!" sagte die Sekretärin ruhig.

"Oh nein, was ist passiert?" fragte Hanasaki unruhig.

Bill und Tom wechselten einen verblüfften Blick.

"Es gab einen Zwischenfall..." sagte die Sekretärin leise.

"Oh Gott - ich ..." Hanasaki blickte auf und sagte:" Danke Jungs - wir sehen uns morgen!"

"Wiedersehen Direktor Hanasaki!" sagten die Jungs und standen auf. Draußen legte die Sekretärin gerade den Telefonhörer auf und sagte lächelnd: "Hier eure Schlüssel für eure Zimmer - beide im dritten Stock, Suite 20 und Suite 15, viel Spaß und Erfolg beim Studium!"

"Abitur und dann Studium!" lächelte Bill.

Sie hatten die großartige Möglichkeit in der nächsten Woche die Abiturprüfungen abzulegen und dann gleich weiter zu studieren. Ein einzigartiges Entgegenkommen des Direktors und der Schulleitung.
 

"Hey - Brother. Die Suite ist Wahnsinn!" sagte Tom, als er und Bill gleichzeitig auf den Flur hinaustraten. Sie trugen beide brav die Uniform - sie mussten sich ohnehin daran gewöhnen.

"Ja - das kannst du laut sagen." sagte Bill und strich kontrollierend über die weiße Uniform mit den schwarzen Verzierungen und der roten Krawatte, sowie das schwarze Hemd.

"Komm sehen wir uns draußen um - es hat aufgehört zu regnen!" sagte Tom.

"Ja klingt gut!" sagte Bill.

Sie fuhren mit dem Lift nach unten, der nur den Studenten erlaubt war, die in der Uni selbst wohnten. Sie stiegen in der Eingangshalle aus und gingen aus dem Schloss.

Draußen war der grauer Himmel mit tiefhängende Wolken überseht. Es roch frisch und der Sandboden war übersät mit Pfützen. Übermütige Studenten hüpften lachend herum und manche hatten sich auf ihre Regenmäntel in die nasse Wiese gesetzt.

"Man merkt, dass es Herbst wird!" sagte Tom.

"Ja. Österreich hat angeblich immer so schöne Winter - ich freu mich auf den Schnee!" sagte Bill.

"Ich auch - zu Weihnachten kommen Mama und Papa hierher in die Uni - das wird recht nett!" grinste Tom.

"Stimmt!" sagte Bill.
 

"Hey guck mal - das sind die berühmten Kaulitzzwillinge!" sagte Damian und Aidan blickte gelangweilt auf. Es war die letzte Stunde für die Jungs und sie hatten kurzer Hand geplant zu schwänzen. Sie hatten die Schultaschen lässig über die Schulter nach hinten geworfen und hielten sie mit einer Hand fest. Einige Studenten eilten vorbei und sahen die Jungs ehrfürchtig an. Damian und Aidan waren lebende Legende an der Absalom Akademie. Sie hatten einen unglaublich guten Notendurchschnitt und waren bei fast allen beliebt, aber sie waren auch unglaublich kühl und abweisend. Man näherte sich ihnen nur unterwürfig und kriechend.

"Wer bitte?" frage Aidan gähnend.

"Die neuen Studenten. Die dürfen ihr Abi hier nachholen und dann gleich mit dem Studium beginnen. Sie sind Sänger und Gitarrist einer bekannten Band!" sagte Damian ruhig.

"Aha - und wie heißt die Band?" fragte Aidan. Er hörte nichts außer Goth.

"Tokio Hotel!" sagte Damian.

"Ach diese Teen-Girl-Kreisch-Ohnmachtsanfall-Band?" fragte Aidan interessiert.

"Jo Bro'!" sagte Damian.

"Hey - schau mal!" sagte Aidan und plötzlich klang er fröhlich.

"Mhm?" Damian hob den Kopf und ein Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus. "White!"
 

Bill und Tom gingen auf den Sandweg und Bill bemühte sich nicht in die Pfützen zu steigen, seine Schuhe waren alles andere als Wasserdicht. Deswegen blickte er auf den Boden und obwohl Tom noch sagte: "Bill – pass‘ auf!" war es zu spät und Bill knallte in eine Gestalt. Wie ein Sack Kartoffeln kippte er um und knallte mitten in eine Wasserpfütze.

"Super - genau das was ich wollte!" knurrte er wütend.

"Schon mal von Geradeausblicken gehört?!" kam es kalt zurück.

Bill hob verwundert den Blick. Vor ihm stand ein schlankes, zierliches Mädchen. Sie trug eine hellblaue Uniform, die völlig durchnässt war. So zeichnete sich ihr perfekter Körper ziemlich genau ab und Bills Augen wurden relativ groß. Sie hatte blonde lange Haare, die zur Hälfte auf der Unterseite des Kopfes schwarz gefärbt waren. Ihre Augen waren mit Kajal umzogen und sie strahlten eisblau und gräulich. Sie war sehr hübsch, aber eine kalte Aura umgab sie, die Bill innerlich frösteln ließ.

"Trottel!" sagte sie kalt, Tom stand neben ihr und guckte sie ebenfalls an wie eine Erscheinung.

"Hey yo - Sis'!" rief eine Stimme.

Gelangweilt drehte sich die Blondine um und zwei junge Männer kamen auf sie zu. Beide waren schlank und groß, doch der Schwarzhaarige war ein wenig kleiner als der Brünette. Sie hatten beide die Uniform an, doch beide hatten die Krawatte gelockert und der Brünette hatte das Oberteil offen. Sie grinsten das Mädchen an und sie grinste zurück.

"Yo - Bro's!" sagte sie und der Schwarzhaarige gab ihr einen sanften Boxhieb.

"Melde dich öfters, man glaubt du versinkst im Niemandsland. Damian und ich haben immer versucht dich zu erreichen - deine Mailbox müsste tausend Messages von uns haben!" sagte der Schwarzhaarige.

"Sorry Aidan - ich hatte zu tun. Damian du schlägst immer noch wie ein Mädchen!" sagte die Blonde kühl.

"Schon klar - und was ist mit uns? So viel zu Kindheitsfreundschaft!" grinste Damian.

"Was machst' n du hier?" fragte Aidan.

"Ich hab eine nette kleine Unterhaltung mit Hanasaki - ich war etwas zu ehrlich zur Professorin Samoi. Und unsere Direx hält mich nicht aus und sagt, Hanasaki soll mich mal zur "Räson" bringen! Als ob was Neues käme... Ist doch eh jedes Mal das gleiche - ich sag meine Meinung, Professoren brechen zusammen, bringen sich um oder werden mit Depressionen ins Krankenhaus geschickt - und ich darf wieder mir einen Vortrag über das menschliche Wesen anhören und dass es täglich ja nicht zu viele ehrliche Wörter verträgt. Bye Jungs - bis später!" sagte die Blondine.

"See ya!" grinsten die Jungs und sahen ihr nach.

Viele Studenten drehten sich nach ihr, glotzen sie nur blöd an oder begannen zu flüstern.

"Wer war das bitte?" fragte Tom und Bill saß immer noch verblüfft auf dem Boden und starrte der Erscheinung nach.

"Das war die Elitestudentin White von der Schwesternakademie Schloss Lisenka!" sagte Damian kalt.

"Unsere älteste und beste Freundin!" setzte Aidan hinzu.

"Okay..." sagte Tom und hob unbeeindruckt eine Augenbraue.

"Und ihr zwei seid ihre Bodyguards oder was?" fragte Bill grinsend.

"Nein, aber wir halten die sabbernde, geifernde Meute von ihr fern!" sagte Damian düster und deutet auf die glotzenden Mitstudenten.

"Verstehe..." sagte Bill.

Er blickte ebenfalls noch einmal zur Eingangstür, bis Tom sagte: "Willst du nicht mal langsam aufstehen?"

"Hä? Oh gute Idee..." sagte Bill und stand auf. Seine weiße Uniform war voller Sand und durchnässt.

"Aidan geh‘n wir?" fragte Damian.

"Jo wir sehen White eh später im Park!" sagte Aidan und die beiden gingen.
 

Später beim Abendessen machte eine spannende Geschichte die Runde.

"Hey Bill - Tom schon gehört?" fragte Axel - er war ebenfalls ein deutscher Student und er hatte sich mit den Zwillingen bereits angefreundet.

"Was los, Axel?" fragte Tom.

"Ifh waf paffierf?" fragt Bill mit vollem Mund.

Axel starrte ihn nur unverständlich an.

"Ist was passiert?" übersetzte Tom das unverständliche Essen von Bill.

"Ja, kennt ihr die White Studentin?" fragte Axel.

"Wif haffn daf verfüfenf befreiffsts!" sagte Bill undeutlich.

"Ich nehm das als Ja. Jedenfalls, die gute White war heute bei unserem Direktor, wegen einem Zwischenfall an ihrer Akademie Schloss Lisenka!" sagte Axel.

"Und was hat unser Direx damit eigentlich zu tun? Wir haben sie heute getroffen, als sie diesen Damian und... warte mal wie hieß der zweite - ich glaub Aidan oder so, gesehen hat und dann hat sie irgendwas von Hanasaki und einer Bioprofessorin erzählt!" sagte Tom.

"Wow - ihr habt mit Damian und Aidan geredet?" Axel bekam große Augen.

"Was ist an denen so toll?" fragte Bill, der endlich geschluckt hatte.

"Die beiden sind die bekanntesten Studenten. Sie haben beide Medizin belegt und als Nebenfach Sport. Beide haben einen IQ von 185." Sagte Axel.

"Wow!" meinten die Zwillinge.

"Sie sind total beliebt, sie wirken geheimnisvoll und mysteriös. Jedenfalls sind die beiden die einzigen Freunde die diese White angeblich hat und auch akzeptiert. Sie kennen einander seit Geburt an." sagte Axel.

"Was ist eigentlich diese White für ein Typ?" fragte Tom.

"Ihr vollständiger Name ist eigentlich Lillian White - aber wer sie so nennt, darf sich gleich sein Grab schaufeln. Jeder nennt sie soweit ich weiß nur die "White Studentin" oder "White". Jedenfalls ist sie hyperintelligent und hat angeblich einen IQ von über 200 - sie ist eigentlich die intelligenteste Frau auf Erden - sagt man zumindest. Jedenfalls kommt es immer wieder zu Zwischenfällen mit ihr, weil sie ein ganz schönes Miststück sein soll - kalt, zickig und total fies. Wen sie nicht mag, wird rücksichtslos fertig gemacht, dafür brauch White nicht mal Gewalt. Die macht ihre Feinde mit Worten dermaßen fertig, dass man hinterher Depressionen hat. Heute hat sie sich mit der Biologieprofessorin Doktor Samoi - eine bekannte Forscherin im Bereich Genetik und Hirnforschung - angelegt. Samoi hat angeblich Krankenstand eingereicht, weil sie an Burn-Out leidet. White hat sie völlig fertig gemacht, in den letzten fünf Minuten vor der Pause. Schon zu Stundenbeginn war White zu spät und Samoi kann das überhaupt nicht ab - jedenfalls hat sie White zurechtgestutzt und White hat sich das nicht gefallen lassen." sagte Axel.

"Oh Gott - die ist vielleicht hart drauf!" sagte Tom fassungslos.

"Warum macht sie das?" fragte Bill.

Axel zuckte die Schultern: "Keine Ahnung - wir wissen nur, dass White das mit jedem macht, den sie nicht mag. Wenn sie einen mag, was eigentlich bis auf Damian und Aidan auf keinen zutrifft, dann kann sie angeblich richtig nett sein."

"Mhm..." sagten die Zwillinge.

"Vor zwei Tagen gab es auch einen Zwischenfall. White hat eine Affäre zwischen einem Geschichteprofessor und einer Schülerin aus ihrem Semester aufgedeckt. Sie hat den Professor fertig gemacht, der ist jetzt suspendiert und die Studentin ist wegen Suizidgedanken und Depressionen in der geschlossenen Klinik eingesperrt." sagte Axel und begann endlich seinen Salat zu essen.

"Wahnsinn - diese White muss echt verrückt sein." sagte Tom.

"Dann war die heute ja richtig nett zu mir!" meinte Bill.

"Was WHITE hat mit DIR geredet?" rief Axel laut.

"Super gemacht Axel!" sagte Bill später düster, als alle Studenten die gerade in der Kantine essen waren, an ihren Tisch stürmten und Bill mit Fragen bombardierten.
 

"Sag mal - was hältst du von dieser White Sache?" fragte Bill später in seiner Suite seinen Bruder.

Dieser lag auf dem Bett und starrte gegen die Decke, während Bill aus der Dusche kam und seine langen schwarzen Haare schüttelte.

"Mhm - ich finde es interessant - mich würde es ja schon interessieren warum die so drauf ist!" sagte Tom.

"Ja mich auch - na ja!" Bill war sein Handtuch auf einen Sessel und setzte sich das große Fensterbrett und blickte hinaus in den wieder strömenden Regen.

Da grinste er plötzlich.

"Was ist?" fragte Tom.

"Mir kommt gerade eine Idee!" sagte Bill.

"Und darum grinst du wie ein Irrer?" fragte Tom.

"Ja - wir dürfen doch das Schwimmbad der Lisenka benutzen bis das von der Absalom fertig ist, oder?" fragte Bill.

"Billy du bist ein Genie - das heißt wir gehen morgen Früh schwimmen?" fragte Tom grinsend.

"Am Freitag - da haben wir keinen Unterricht. Da fallen die ersten Stunden aus!" sagte Bill, seinen Terminkalender betrachtend.

"Cool das heißt übermorgen machen wir mal Detektivarbeit!" sagte Tom grinsend.

"Yo!" lächelte Bill. "Und jetzt runter von meinem Bett ich will schlafen!"

Vertrau mir...


 

"Warte mal White!" rief Damian.

Die blonde Frau drehte sich um, und sah wie Damian hinter ihr die lange Allee hinauf lief. Verwundert blickte sie auf ihre Handyuhr - es war erst halb sechs Uhr morgens - keiner außer ihr war an einem Freitag so früh auf.

Damian blieb stockend stehen und atmete gequält ein und aus und sagte: "Warum rennst du immer so? Schon vergessen - Raucherlunge!" deutete er auf sich selbst und zum Beweis hustete er kurz.

"Wunderbares Schmierentheater Damian - willst du einen Oscar dafür?" fragte White trocken.

"Warum bist du schon so früh in der Schule - bist du krank?" fragte Damian zurück.

"Ich mag keine Menschenmengen und gehe entweder zu spät oder sehr früh in die Uni! Was machst du allerdings so früh hier? Und überhaupt - du gehörst in die Absalom - nicht Lisenka!" sagte White kühl.

"Sorry - aber Aidan und ich haben gestern auf dich gewartet. Schon vergessen wir wollten gestern mal wieder richtig Playstation zocken, Fast Food fressen - einen Bro und Sis Abend. Und wer kam nicht, die Sis!" sagte Damian.

"Oh nein, war das gestern?" White sah auf einmal irritiert und zerknirscht aus.

"Äh - ja!" sagte Damian.

"OH nein, ich hab es total verschwitzt. Sorry Damian!" sagte White und Damian lächelte augenblicklich wieder.

"Schon gut - Sis. Aber mal ehrlich, was ist in letzter Zeit mit dir los? Du wirkst immer so zerstreut und traurig! Hast du Probleme, Lily?" fragte er leise.

Lily starrte ihn an und ein melancholischer Grinser huschte über ihr Gesicht: "ICH und PROBLEME? Komm schon, Bro - mir geht‘s gut, ich bin nur ein wenig ... müde. Ich schlaf in letzter Zeit zu wenig. Keinen Grund zur Sorge." winkte Lily ab.

Doch Damian blieb misstrauisch.

"Wirklich!" sagte Lily, da griff Damian plötzlich nach ihrer Halskette und mit einem Ruck riss er den Kreuzanhänger ab.

"HEY! GIB DAS SOFORT ZURÜCK!" fauchte Lily geschockt.

Doch Damian hatte bereits den Kreuzanhänger aufgeschraubt und erkannte sofort das weiße Pulver.

"Lily..." sagte er leise. Er hielt das Kreuz hoch und sagte: "Ich dachte du hast mit der Scheiße aufgehört? Reicht dir Rauchen und Alkohol nicht mehr?"

Lily starrte ihn teilnahmslos an und hielt stumm die Hand hin.

"Lily! Warum kokst du wieder?" fragte Damian wütend.

"Weil es Spaß macht und ich Lust drauf hab!" sagte Lily kalt und riss ihm das Kreuz aus den Fingern.

"Lily, das Zeug bringt dich um! Hast du vergessen, was das letzte Mal fast passiert wäre, als du high warst? Du wärst fast vor einen Zug gerannt!" fauchte Damian wütend auf, diese Erinnerungen verfolgten ihn immer noch. Lily - das Licht - die Schranken die runter gingen - der Übergang - die Gleisen - das Zuggeräusch - die Hupe des Zugs - das Rattern der Schienen...

"Damian hör‘ zu - du bist wie ein Bruder für mich. Das weißt du Mann, aber ich bitte dich..."

Sie trat vor und tat etwas für sie völlig untypisches. Sie umarmte Damian und er hielt sie fest.

"... vertrau mir bitte..." damit ließ sie ihn los, rannte die wenigen Meter bis zum Eingang, zog den Ausweis raus, der Wächter nickte, ließ ihren Fingerabdruck scannen und war bereits verschwunden. Damian sah ihr geknickt nach.

"Ich muss mit Aidan reden - Lily kokst wieder... verdammt!" er hieb wütend mit der Hand in eine weiße Birke und der Schmerz durchzuckte seinen ganzen Arm.
 

"AHHH!" streckte Bill sich und zog seine Badehose an, Tom hatte bereits ein weißes Handtuch um den Körper gewickelt.

"Sag mal - was genau wollen wir hier eigentlich?" fragte Tom.

"Schwimmen!" sagte Bill.

"Schwimmen?" fragte Tom ungläubig.

"Ja - das ist ein Sport, Bruderherz. Wenn du weißt was das ist." grinste Bill.

"Haha - guter Witz, Billy. Aber jetzt mal im Ernst. Was glaubst du das passiert? Das eine Mitstudentin von White im Schwimmbad ist und sie uns alles über diese ominöse White erzählt?" fragte Tom, während sie nebeneinander Richtung Schwimmhalle gingen.

"Nein - noch besser. Sieh mal!" sagte Bill leise.

Tom starrte ins Wasserbecken und das Kiefer sackte herab.

"Tja - Schwein muss der Mensch haben!" lachte Bill.
 

Eine schlanke Gestalt schwamm unter Wasser schnell und wendig. Sie durchbrach die Wasseroberfläche und schüttelte die blonden Haare mit den schwarzen gefärbten Teilen im unteren Teil. Sie holte kurz Luft und ließ sich auf den Boden des Beckens sinken. Sie umklammerte die Knie, zog sie an und blieb in der sitzenden Haltung auf dem Boden. Sie hörte das Rauschen des Wassers in den Ohren, sie spürte den Druck und die wärmende Nähe des Wassers. Sie war ein Teil dieses Blaus.

Da spürte sie plötzlich etwas - als würde sie jemand anstarren. Sie riss die Augen auf und blickte hinauf, Richtung Wasseroberfläche. Sie erkannte schemenhafte Silhouette in Weiß.

"Verdammt wer geht hier so früh baden?" dachte sie kurz panisch.

"Ruhig - ruhig Lily." beruhigte sie sich daraufhin selbst wieder. Sie stieß sich fest ab und schwamm die letzten Meter in die entgegengesetzte Richtung - weg von den Silhouetten. Sie bog unter Wasser in eine kleine Seitenlinie ein und schwamm vom geheizten Innenbereich, nach draußen und tauchte schließlich auf. Im Freien hatte es wieder zu regnen begonnen. Sie atmete schwer ein und aus.

"Na toll - was mach ich jetzt?" fluchte sie leise. Da holte sie wieder Luft und schwamm wieder ins Innere. Doch als sie um die Ecke tauchen wollte, tauchte vor ihr plötzlich ein durchtrainierter Kerl mit langen Rasterlocken auf, die schwer im Wasser lagen und dunkelbraun waren.

Lily sah ihn mit großen grauen Augen an und tauchte schließlich einfach an ihm vorbei. Doch da hielt er sie fest und wenn Lily eines nicht ausstehen konnte, dann wenn man sie anfasste, wenn sie keine Erlaubnis erteilt hatte. Mit einem kräftigen Tritt drückte sie ihn von sich weg und schwamm so schnell es ging zum anderen Ende. Da sprang plötzlich eine zweite Gestalt ins Wasser und nun sah sie eine schlanke, nicht so trainierte aber angenehme sportliche Gestalt vor sich. Es war auch ein Mann mit dichten, schwarzen Haaren und großen braunen Augen, die sie anstarrten. Lily erstarrte.

Diese Augen waren so weich und warm. Sie spürte plötzlich einen Kloß im Hals und schnell schwamm sie weg, bevor er sie ergreifen konnte. Sie tauchte auf, zog sich so schnell es ging aus dem Becken, rannte zu ihrem Handtuch und rannte blitzschnell mit ihren Sachen aus der Schwimmhalle.

"Aua..." kam es gequält von Tom.

Er hielt sich noch immer den Bauch, in den ihn das Mädchen getreten hatte.

Bill tauchte ebenfalls auf und sah ihr hinterher.

"Als ob sie panische Angst hätte - was ist denn mit dir los?" fragte er schließlich, seinen noch immer stöhnenden Bruder.

"Ich spiele nur "ein böses Mädchen schlägt mich und ich habe Schmerzen"." brummte Tom.

"Ha, ha, ha - super Tom Kaulitz bekommt eine gescheuert - von einem Mädchen!" lachte Bill und zog sich am Beckenrand hoch.

"Sei nicht so fies zu mir - ich bin gerade sehr verletzlich!" sagte Tom schniefend.

"Oh du armer Kerl!" sagte Bill und trocknete sich ab.

Tom hielt sich noch immer den schlanken, trainierten Bauch, da sah er auf und sagte: "Warum hat sie so reagiert? Als ob wir ihre ärgsten Feinde wären…"

"Tja ich kann auch nur raten, aber ich glaube, dass diese Lily nicht gut mit Menschen kann und sich leicht bedroht fühlt. Außerdem ist es relativ früh und sie hat nicht damit gerechnet, dass noch jemand so früh im Schwimmbad ist. Das hat sie erschrocken, aber als sie mich vorhin im Wasser angesehen hat, hat sie so verloren und traurig gewirkt. Ich glaube diese Lily ist einfach nur extrem ängstlich und weiß sich nicht anders zu helfen außer andere zu quälen und mit Worten zu verletzen!" sagte Bill.

Tom starrte ihn an und sagte: "Wow das war unglaublich einfühlsam - vor allem für einen Kerl, der so enge Hosen trägt, wie du!"

"Das pumpt das ganze Blut in mein Herz!" sagte Bill grinsend.

"Na komm wir müssen wieder zurück in die Uni. Versuchen wir es doch morgen wieder. Am Samstag haben alle frei!" sagte er.

"Moment du glaubst doch nicht, dass diese Lily White sogar in ihrer Freizeit hierher kommt!" sagte Tom und zog sich ebenfalls aus dem Wasser.

"Tja es hasst nicht jeder die Schule so wie du und ich, Tom." grinste Bill, während er sich abtrocknete: "Immerhin ist sie auch vor der Schule in ihrer "Freizeit" hierher schwimmen gegangen!"

"Na gut - na gut. Dann eben wieder frühes Aufstehen!" sagte Tom geknickt.

"Beeil dich ich will noch einen Kaffee und Frühstücken!" sagte Bill und startete bereits Richtung Ausgang.

"Moment warte doch, Mister Einfühlsam. Mein Bauch tut immer noch weh!" rief Tom und rannte Bill nach.
 

Lily stand gegen eine Säule gelehnt im Schwimmbadbereich. Sie trug ihren Bikini und hatte das Handtuch um ihre Schultern gelegt.

Sie starrte vor sich hin.

"Mhm..." sagte sie leise.

Da klingelte ihr Handy. Sie hob es hoch und sah verwundert, dass es das zweite Handy war - ihr JOB-Handy. Sie zögerte, doch schließlich hob Lily ab.

"Ja?" fragte sie leise.

"Hey- du musst heute früher arbeiten. Laila ist krank. Du musst die 23 Uhr Schicht übernehmen!" sagte eine Männerstimme.

"Ich... ich komme." sagte sie und schaltete ihr Handy aus. Sie atmete ruhig ein und aus, dann schulterte sie ihre Tasche und ging in die Umkleideräume der Frauen. Sie zog sich schnell um und sah sich nach den beiden Jungs um. Doch die waren langsam und so huschte sie schnell hinaus und rannte in das Hauptgebäude der Universität. Sie war seltsam ruhig und unauffällig während der Geschichtevorlesung, die anderen warfen ihr immer wieder Blicke zu - doch Lily war es gewöhnt und reagierte gar nicht mehr. Sie blickte hinaus in den strömenden Regen und um halb fünf am Nachmittag hatte sie schließlich frei.

Gerade als sie aus der Universität gehen wollte, rief eine Stimme hinter ihr: "Hey - White!"

Lily blieb stehen und drehte sich um. Zwei Studentinnen rannten auf sie zu. Es waren die beiden Mädchen aus ihrem Geschichtekursus. Kathrin und Selma.

„Na toll was wollen die schon wieder?“ verdrehte Lily innerlich die Augen. Die beiden waren die bekanntesten Klatsch und Tratschweiber von ganz Lisenka. Kein Gerücht innerhalb der Schule existierte, ohne dass die beiden es zuerst wussten.

„Hey – danke fürs Warten.“ Keuchte Selma auf.

„Wir wollten dich nur was fragen!“ sagte Kathrin schnaufend.

„Und das wäre?“ fragte Lily genervt.

„Was ist an dem Gerücht dran, dass du lesbisch bist?“ fragten beide im Chor.

Auf Lilys Stirn zuckte nur ganz kurz eine Ader auf, da gab es zwei laute Knaller und die beiden unglücklichen Mädchen fielen mit jeweils einer blutenden Nase und einem blauen Augen zu Boden. Lily stapfte brodelnd davon.

„Hey – wir haben gleich Ku-“ rief Selma mit tropfender Nase, da schlug die Eingangstür schon zu: „-rs… Na super. Warum wollten wir noch mal das blöde Gerücht überprüfen?“ fragte sie stöhnend und hielt sich die blutige Nase.

„Wir sind eben so – und saudumm wäre passend dafür.“ Sagte Kathrin nasal, da sie sich die blutige Nase zuhielt.

„Jedenfalls haben wir wieder eine herrliche Geschichte!“ freute sich Selma.

„Ja toll – Selma und Kathrin werden von der White Studentin verprügelt, weil sie sie gefragt haben, ob White lesbisch ist!“ stöhnte Kathrin und tippte gegen Selmas Stirn: „Das ist sogar für dich – echt dumm!“

„Pfff!“
 

„Diese beiden dummen, Gehirnamputierten, frechen, kolossal idiotischen Schlampen von Tussis – wie kommen die auch nur auf den Gedanken, so was zu fragen.“ Knirschte Lily den ganzen Weg, die Birkenallee hinunter, vor sich hin. Da erreichte sie endlich das Ende und stieg wieder in eine gerade anfahrende Straßenbahn ein. Sie fuhr dieses Mal allerdings Richtung Innenstadt und stieg in der Nähe des Bahnhofs aus. Dort war ein reger Verkehr, doch Lily ging in eine kleine, unbemerkte Seitenstraße hinein. Sie war sehr dreckig und dunkel. Lily ging den Weg hinunter und kam schließlich bei einer alten Tür an. Es war ein heruntergekommener, in die Seiten gequetschter, mehrstöckiger Altbau. Eine alte Holztür war die Eingangstür. Auf ihr Klopfen schob sich eine Luke im Inneren zur Seite und zwei dunkelblaue Augen wurden sichtbar.

„Lily!“ sagte sie krächzend.

„Tag Tess!“ sagte Lily und trat ein, als die Person im Inneren die Tür aufmachte. Im Inneren empfing sie eine dämmrige Dunkelheit, eine schimmlige Einrichtung und ein übel riechender Gestank.

„Puh… lüfte wenigstens hier unten!“ sagte Lily geekelt.

„Nein – du weißt, wir brauchen die Wärme für den Winter!“ krächzte die alte Frau namens Tess. Ihre dunkelblauen Augen wirkten noch schwärzer in dieser Umgebung. Sie stützte sich auf einen alten Stock und trug ein hässliches, längst altmodisches Kleid, mit abgewetzten weißen Rüschen und grauenhaften braunen Punkten auf hellbraunem Stoff.

„Wo ist er?“ fragte Lily, sich immer noch ekelnd über diesen Gestank.

„Im ersten Stock… er ist am Arbeiten!“ sagte Tess, und verdrehte die Augen.

„Gut so – sonst hätte ich ihm was angetan. Ich geh kurz hoch!“ sagte Lily, da hielt die Frau sie plötzlich fest und sagte sie fest anstarrend: „Wird es stärker?“

„Noch nicht! Das Koks hilft!“ sagte Lily und starrte zurück.

„Mhm… machen sich die Jungs sorgen?“ krächzte die Frau.

„Natürlich – Damian war heute schon sehr nervig. Ich muss die beiden irgendwie beruhigen. Wenn wir ohnehin kein Gegenmittel finden, dann wird es noch stärker … und dann hilft das ganze ARBEITEN nichts mehr!“ sagte Lily.

Die Frau nickte.

„Ich geh rauf!“ sagte Lily.

Doch die Frau warf ihr eine Atemmaske entgegen. Lily fing sie verdattert auf. Sie blickte die alte Frau an und fragte: „So schlimm?“

„Ja…“ nickte die Alte.

„Na toll…“ Lily stieg mit der Atemmaske die Stufen nach oben und erreichte den modrigen Korridor des ersten Stocks. Sie ging drei Türen weiter und klopfte bei der letzten am Ende des Flurs an. Von drinnen hörte sie einen lauten Schrei und eine wütende Stimme.

„HERR GOTT NOCH MAL!“ die Tür öffnete ich und ein alter Mann mit Atemmaske kam heraus. Seine Augen verzogen sich missmutig: „Da arbeitet man mal und schon stört die kleine Göre wieder. Komm rein, setz aber den Schutz auf!“

Lily legte die Atemmaske um den Mund und trat ein.

Das innere des Zimmers war alt und notdürftig möbliert, es gab eine alte, widerlich aussehende Couch, einen kleinen Tisch auf dem eine alte Kaffeemaschine stand.

Am anderen Ende des Raums war eine andere Welt. Messgeräte, wissenschaftliche Aufzeichnungen, detaillierte Diagramme und die unterschiedlichsten Instrumente. Das Seltsamste war eine dicke, Panzerglasscheibe die hochgezogen war.

Der Alte trat an die Messinstrumente und studierte ihre Werte.

Lily trat zu ihm: „Und?“

Sein Mund verzog sich zu einem spöttischen Grinsen: „Was glaubst du?“

„Schlechter und noch schlechter… keine Verbesserung, ergo nichts Neues.“ Sagte Lily kalt.

Der Alte nickte.

„Wie geht’s Subjekt drei?“ fragte Lily.

„Sieh selbst!“ Der Alte nickte Richtung Glaswand. Lily trat näher. Sie verzog keine Miene.

Im Inneren des abgetrennten Bereichs lag eine Gestalt, die einem dazu brachte sich in den nächsten Mistkübel zu übergeben. Sie hatte eine bleiche Haut, die über und über mit schwarzen Wunden war. Es hatte keine Haare mehr, weder Wimpern noch Augenbrauen und die kalten, viel zu hellen Augen blickten aus leeren Höhlen. Die Pupille war winzig und die Iris stechend blau, genau wie bei Lily selbst. Doch Lily schreckte nicht zurück.

Das Wesen starrte trübe vor sich hin. Seine Gelenke waren unterentwickelte und verkrüppelt, doch da hob es seinen Kopf und erkannte Lily. Es kroch zu ihr und hob seine Hand und legte es an die Scheibe. Lily sank auf die Knie und legte ihre Hand auf seine. Das Wesen starrte traurig zu ihr und plötzlich wurden die Augen knallrot. Lily schreckte zurück.

Das Wesen riss seinen verzerrten Mund auf und verfaulte Zähne schlugen gegen die Scheibe, manche brachen ab und das Wesen schrie wütend und schrill. Es hämmerte mit den Händen, aus denen plötzlich statt Fingernägeln gewaltige Krallen gewachsen waren, gegen das Panzerglas und plötzlich krümmte sich das Wesen zusammen und stand auf allen vieren da. Die Beine drückte es nach hinten, die Muskulatur veränderte sich und Haare begannen aus seinem Körper zu wachsen. Es wurde immer ärger, bis es plötzlich ein hässlicher, Wolfsähnlicher Köter war, der viel zu groß war. Es nahm Anlauf und sprang mit aller Kraft gegen die Scheibe, doch es jaulte und knurrte nur auf. Lily beobachtete den Ausbruch. Dieser legte sich genauso schnell wie er gekommen war, die Haare verschwanden und gleich wie vorher war wieder dieses erbärmliche Wesen, das sich wieder auf seine weiche Matratze legte, die in der Mitte des abgetrennten Raumes lag. Wie ein kleiner Welpe rollte es sich zusammen und schlief ein.

„Gewaltig!“ sagte Lily.

„Ja – die Kräfte wachsen in extrem potentiellen Maßen. Bald wird die Scheibe nicht mehr ausreichen!“ sagte der Alte.

„Henry wir müssen einen Weg finden!“ sagte Lily ernst.

„Ja aber bis auf das Koks haben wir noch keine resistenten Abwehrstoffe gefunden.“ Müde wischte sich Henry über die Glatze.

Er sah Lily aufmerksam an.

„Wie sieht es mit den Nachforschungen im Club aus?“ fragte er.

„Bis auf das ich es langsam nicht mehr ertrage, habe ich zumindest schon einige Indizien, aber noch keine Beweise. Die Mitglieder der Firma kommen immer am Freitag – ergo… heute habe ich die Chance. Ein Mädchen ist ausgefallen und nun darf ich die Privatparty anheizen.“ Sagte Lily.

„Wir müssen G. Stuart in die Hände kriegen – ohne ihn… keine Chance!“ sagte Henry und er ließ sich müde auf die alte Couch sinken.

Er hob müde den Blick: „Pass ja auf dich auf, Lily… das hier ist ein Spiel mit dem Feuer.“ Lily nickte: „Ja, aber das weiß ich seit ich selbst das Problem habe.“

„Keinen Ausbruch?“ fragte Henry.

„Natürlich nicht – aber ich merke es wenn die Phasen zunehmen. Einmal war es knapp, aber dadurch ich allein lebe, kann ich keinen gefährden. Ich sperre mich immer ein. Da kann nichts passieren!“ sagte Lily.

„Vergiss nicht, du verdankst das nur deinem IQ, wenn man ein Normalsterblicher ist… na ja, du weißt ja!“ er nickte Richtung Kammer.

„Ja… ich weiß…“ sagte Lily.

Sie ging Richtung Tür.

„Wo gehst du hin?“ fragte Henry.

„Ich will mir noch ein Accessoire machen lassen. Der Termin steht seit drei Wochen. Heute ist es soweit!“ lächelte Lily und Henry sah ihr nur fragend hinterher.

„Mädchen …“ brummte er und widmete sich wieder den Geräten.
 

„Jennifers TATTOOSTUDIO!“ stand in roten und grünen Leuchtschriften über dem kleinen Laden. Lily holte tief Luft und trat ein. Es war ein gepflegtes Studio, es war sauber und schlicht. Der Eingangsbereich spielte lässige Popmusik und Lily fühlte sich sofort wohl. Ja, Damian hatte Recht mit dem Tipp, dachte sie. Sie ging an die Empfangstheke.

Ein junger Kerl mit einer lässigen Irokesenfrisur sah auf: „Hallo, was kann ich für dich tun?“

„Ich hab einen Termin bei Jennifer!“ sagte Lily.

„AHHH dann bist du Lily White?“ fragte er die Liste kontrollierend.

Lily nickte.

„Gut – Jen ist gleich da. Komm mit!“ sagte er. Sie ging um den Tisch herum und er legte ihr ein Blatt Papier vor.

„Einverständniserklärung – brauchen wir. Die Vorschriften sind knallhart, ist auch gut so.“ sagte er lächelnd.

Lily unterschrieb ohne groß zu lesen. Es war ihr ohnehin egal.

„Komm mit.“ Sagte er erneut und führte sie in ein kleines Zimmer, darin befanden sich Tattoo- Geräte, sowie auch unzählige Mappen mit Motiven. Doch Lily hatte sich bereits entschieden.

Ein Schnür-Vorhang schob sich zur Seite und eine schlanke, hübsche Brünette trat ins Zimmer. „Hy ich bin Jennifer. Damian hat dich zu mir geschickt… Lily?“

„Ja – er meinte du bist die Beste.“ Sagte Lily.

„Was willst du für ein Tattoo haben?“ fragte Jennifer.

Lily zog eine Skizze aus ihrem Rock und reichte sie Jennifer. Sie nahm sie entgegen und nickte anerkennend: „Sieht super aus, steche ich dir gerne. Wo willst du es hinhaben?“

„Auf dem Rücken – bei den Schulterblättern – am besten so richtig schön über die beiden Seiten verteilt!“ sagte Lily.

„Mhm…“ sie studierte Lilys makellose Haut. „Sieht gut aus – gutes Bindegewebe… schöne Haut. Okay. Das Motiv ist relativ groß – wird schon so …“ sie sah auf die Uhr und nickte erneut: „… an die sieben Stunden dauern! Essen gibt’s aufs Haus!“ sagte sie grinsend.

„Danke aber ich esse nie vor 8 Uhr am Abend – ich muss dann zu meinem Job!“ sagte Lily.

„Okay – aber was zu trinken darf’s schon sein?“ grinste Jennifer.

Dieses Mal grinste Lily zurück: „Gerne – hast du Captain Morgan pur?“

„Mädel du gefällst mir – Josy einen Captain pur!“ rief Jennifer zu dem Sekretär.

„Schon unterwegs!“ kam es zurück.

„Leg dich hin! Du musst es schön bequem haben!“ sagte Jennifer.

Lily zog ihre Uniform aus und die Bluse ebenfalls. Sie trug einen schlichten schwarzen BH. Josy reichte ohne zu Schauen Jennifer den Trink und verschwand wieder.

„Danke!“ Lily trank ihn ex.

„So und jetzt geht’s los!“ sagte Jennifer, als Lily sich auf das Bett legte. Als wenige Minuten später die Nadel sich rhythmisch und fast schmerzfrei in ihren Rücken bohrte, dachte Lily an den heutigen Abend.

„Wenn alles gut geht… dann bin ich einen großen Schritt weiter. Und das GOGO nervt mich dann nicht mehr!“ grinste sie innerlich.
 

Exakte sieben Stunden später, war Jennifer fertig. Draußen war es finster geworden und Lily blickte auf die Uhr. Es war 21 Uhr. Sie hatte noch zwei Stunden.

„Eh voilà!“ sagte Jennifer und ließ Lily langsam aufstehen. Nach dem langen Liegen war Lily leicht schwindlig, doch als Jennifer ihr einen großen Spiegel hinhielt, grinste Lily zufrieden.

„Und?“ fragte Jennifer.

„DU bist wirklich die BESTE!“ lächelte Lily eines ihres seltenen Lächelns.

Jennifer lächelte ebenfalls und sagte: „Danke ich muss sagen, du bist auch sehr gut im braven Liegen. So eine angenehme Kundin hatte ich schon lange nicht mehr!“

„Wie viel macht es aus?“ fragte Lily Josy wenige Minuten später.

„Macht lässige 130 Euro!“ sagte Josy.

„Hier bitte!“ sagte Lily.

„Vergiss nicht – da bildet sich in einigen Tagen eine Kruste, doch die geht von selbst weg. Nix rubbeln kapiert – nach einem Tag kannst du schon problemlos darüber mit einem weichen Tuch oder einfach nur warmes Wasser draufrinnen lassen. Aber halt dich von großer Hitze fern – ach ja und du hast ja wegen einem freien Verband gefragt.“ Josy hob den Kopf.

Jennifer kam noch mal raus und sagte: „Haben wir – aber dafür musst du noch mal kurz für mich strippen!“

Lily ging zu Jennifer zog ihr T-Shirt aus und Jennifer wechselte den weißen Verband gegen einen durchsichtigen Verband.

„Deine Haut ist fast gar nicht gerötet – sehr gute Heilung und wenn du mich fragst dürfte es gar nicht viel Schorf bilden. Alles in einem bist du eine sehr gute Tattoo – Kundin!“ lächelte sie und schüttelte ihr die Hand.

„Bye!“ rief Jennifer.

„Bye!“ nickte Lily.

„So hier ist ein Büchlein, wenn du Schmerzen hast oder sonst irgendwelche Beschwerden geh gleich ins Krankenhaus und ruf uns sofort an. Nimm besser keine Lotion von dir selbst – kauf die eine eigene in der Apotheke, die kennen sich da aus. Na dann – viel Spaß. Es dauert ca. 4 Wochen, dann wirst du es gar nicht mehr bemerken, aber cool aussehen tut es trotzdem! Bye!“ rief Josy.

Lily winkte und ging zur Tür hinaus. Sie sah auf ihre Handyuhr und lief so schnell es ging die beiden weiteren Straßenecken ab. Sie wandte sich nach links und war endlich da.

„GO GO TÄNZERINNERN LIVE! ACTION! MEN YOUR DREAMS COME TRUE!“ verkündeten grelle Neonlichter vor einem Striplokal. Lily sah sich aufmerksam um und zog einen schwarzen Mantel aus ihrem Rucksack. Sie zog ihn an und lief so schnell es ging bei den bereits leicht besoffenen Männern – typisch für diese Gegend – vorbei und ging beim Seiteneingang in den Club. Drinnen stellte sich sofort der Bodyguard des Ladens – Kevin – vor ihr auf.

„Abend – schon da, Noir?“ fragte er.

„Jo! Laila ist krank ich spring ein!“ sagte Lily.

„Gut geh rein!“ sagte Kevin und zog sofort die Tür wieder zu.

Noch war der Club geschlossen und würde erst um Punkt elf Uhr aufmachen. Lily ging quer durch den Laden zur Treppe. Mehrere Mädchen kamen ihr bereits in passenden Outfits entgegen. Lily ging schnell die Treppe nach oben und betrat die Umkleidegarderobe.

„Hey Noir – schön dich zu sehen! Wo warst du gestern?“ fragte eine Rothaarige Tänzerin. Sie trug ein knappes Matrosenoutfit.

„Ich war… krank!“ sagte Lily knapp.

„Ach … na ja bis später. Du springst heute für Laila ein?“ fragte die Tänzerin noch, Lily nickte knapp. Schon war die Rothaarige weg.

Lily zog aufseufzend einen Sessel gegen die Garderobe und zog sich blitzschnell den Mantel aus und versteckte ihre Uniform. Sie hatte keine Zeit wegen des Tattoo Studios gehabt, sich zu Hause umzuziehen. Sie wollte um alles vermeiden, dass jemand wusste, woher sie kam und wohin sie gehörte. Sie holte ihr Outfit aus dem großen Schrank. Es waren alles Einheitsgrößen, die Mädchen, die hier arbeiteten musste alle den gleichen Körperbau und die gleichen BMI Werte haben. Lily zog die frisch gewaschene Kleidung aus dem Fach mit dem Namen „LAILA“ und verzog das Gesicht.

„Na toll… die Rolle ist ja fantastisch!“ grinste sie.
 

„COME BOYS WE ARE WAITING FOR YOU!“ kicherten einige Mädchen, als sie wie üblich, Spalier standen und die Männer den Club um 23 Uhr betraten.

Der Besitzer des Clubs – Jim – winkte eine Gruppe von Männern in Anzügen durch und sagte: „Sie müssen heute leider mit einer meiner anderen Tänzerinnen vorlieb nehmen – Laila ist leider ausgefallen. Aber ich verspreche Ihnen, wenn Sie nicht mit der Besetzung zufrieden sind, bekommen Sie Ihr Geld zurück und dürfen sofort eine andere GOGO Tänzerin bestellen!“ sagte er unterwürfig und führte sie in den kleinen „Privatraum“, der nur den reichsten Gästen zur Verfügung stand.

Lily wartete bereits hinter ihrem Vorhang. Es war komplett finster im Raum, nur violette Lampen leuchteten matt. Das tauchte den Raum in ein schönes, mystisches Licht.

„Bitte meine Herren.“ Sagte Jim und trat zu Lily hinter den Vorhang. Er atmete schwer ein und aus: „Noir ich vertrau dir – das weißt du, aber die Typen da draußen sind kalt und unberechenbar. Kevin ist gleich hier, falls etwas passiert. Versuch so gut wie möglich zu sein, sie sind die besten Kunden und bringen sehr viel Geld in den Club. Bemüh dich so gut es geht!“ er nickte ihr zu.

„Kein Thema Chef – kein Thema!“ sagte Lily ruhig.

Die Musik setzte ein, Lily trug einen dunklen, langen Mantel über ihrem Körper – wie eine Mönchskutte. Die Musik war schwer und mittelalterlich. Jim bediente die Nebelmaschinen und sanft kräuselte sich bereits der Kunstnebel über die Bühne, zog sich zäh dahin. Lily zog die Kapuze ins Gesicht und trat vor den Vorhang, als die Musik laut wurde und bei einem Knall senkte sie den Kopf. Die Männer beobachteten sie interessiert. Sie trat mit der Musik, die langsam war, nach vorne und drehte sich einmal langsam auf die Stange.

Da gab es einen lauten Schlagzeugsound und sie riss sich die Kutte vom Körper. Sie trug das sexy Outfit einer Ketzerin, schwere Ketten lagen um ihre zarten Gelenke und das Outfit war federleicht und gab mehr Preis als es versteckte.

Lily hörte Jims Ansage: „Meine Herren, begrüßen Sie ihre GOGO Tänzerin des Abends – Laetia Noir!“ rief Jim.

Lilys Augen suchten ein Augenpaar und schon hatte sie die dunkelgrauen Augen entdeckt.
 


 

„Heute Nacht tanze ich aus einem Grund – und der bist du … Geoffrey Stuart! Chefwissenschaftler und Vorsitzender von AEVIN!“

Proband 3


 

Lily wusste was heute auf dem Spiel stand, sie war besser als sie es je gewesen war. Und eines musste sie sich fest in Gedanken halten. „Heul bloß nicht los!“ schrie sie sich selbst in Gedanken an, doch sie bewegte sich federleicht und hielt sich exakt an die Musik. Als diese schneller und dann dunkel wurde, ging Lily von der Bühne ab und tanzte sich genüsslich langsam durch die Männergruppe. Es waren allesamt mindestens 60jährige, alte Säcke und Lily musste aufpassen, diesen Perversen nicht irgendetwas anzutun. Doch sie ließ sich alles gefallen, sogar das Klatschen der Finger auf ihren relativ ungeschützten Po, ignorierte sie, aber schließlich erreichte sie das Ziel ihres heutigen Auftritts.

Stuart Geoffrey, dachte sie. „Henry will dich – also musst du gut sein. Ergo werde ich alles tun, damit du uns hilfst. Na los!“ sie schwang lasziv mit ihren Hüften und die feine Kette klang federleicht über die Musik hinweg. Sie kreiste sie langsam und setzte sich mit einer vollendeten Grätsche über die ausgestreckten Beine des Mannes. Sie bewegte ihre Hüfte hin und her, schob sich so immer weiter bis ihr Schoß auf seinem zu Ruhe kam.

Die anderen Männer grinsten beifällig.

Lily konzentrierte sich. Zunächst hatte sie den Blick abgewandt gehalten, doch nun blickte sie ihm fest in die Augen. Sie merkte wie er beim Anblick ihrer eisblauen Augen kurz selbst die Augen weitete, doch er ließ sich nichts anmerken.

Lily fuhr mit federleichter Hand an seiner Brust entlang, zog ihn an seiner Krawatte zu sich hin, berührte mit ihren Lippen sein linkes Ohr und flüsterte nur für ihn hörbar: „1 Uhr – in der Seitengasse neben der Bar!“ damit stand sie auf und tanzte weiter.

Lily ging zu jedem einzeln, bei zwei weiteren Gästen tat sie dasselbe wie bei Stuart – sie berührte sie sanft mit den Lippen an ihren Ohren und tanzte wieder zurück. Die Musik endete und die Männer klatschten genüsslich Beifall. Lily verneigte sich elegant und ging nach hinten.

Dort fiel Jim ihr fast um den Hals und sagte: „Danke, danke Süße. Laila ist jetzt auch da und übernimmt für dich!“ Lily nickte einer schlanken schwarzhaarigen Russin zu, die sie dankbar anlächelte und ging gleich darauf mit einem sexy Krankenschwesternoutfit auf die Bühne.

„Nimm dir eine Pause und dann tanzt du heute nur bis dreiviertel eins – okay?“ fragte Jim.

Lily nickte – perfekt.

„Hey warte mal!“ sagte Jim und drehte sich um sie herum und gab ein überraschendes leises Lachen von sich.

„Sehr schön – neues Tattoo?“ fragte er und sah die frischen Tattoo Linien durch das Outfit.

„Ja!“ sagte Lily und legte ihre Haare zur Seite, und Jim zog das Outfit ein wenig beiseite.

„Wow – ein schwarzer Drache!“ sagte er und nickte zustimmend. „Siehst sehr gut aus – wo hast du stechen lassen?“

„Bei einer Bekannten!“ wich sie aus und Jim nickte: „Gut gemacht – die ist wirklich gut!“ damit ging er wieder zum Mischpult und kümmerte sich um Lailas Auftritt.

„Ja – sie ist wirklich gut!“ dachte Lily und ging wieder zurück in die Garderobe. Sie zog sich um und tanzte die letzten zweieinhalb Stunden an der GOGO Stange in der Mitte des großen Saals im Erdgeschoss.

Jim nannte sie gerne sein „Goldsternchen“. Lily war es zu verdanken, dass der Club wieder besser besucht wurde. Viele kamen wegen ihr. Sie war schön und die Jüngste von allen Tänzerinnen.

Jim hatte sie zu Beginn gefragte: „Warum willst du hier arbeiten?“

Lily hatte nur gesagt: „Das ist meine Sache!“ und Jim hatte nie wieder gefragt.

Lily trug den Synonymnamen „Laetia Noir“. Sie hatte sich den Namen selbst ausgesucht und fand er passte zu ihr. Noir war französisch für „Nacht“ oder „Schwarz“ – Laetia war ein seltener Name. Es war eine abgewandelte Form von Laetitia was so viel wie „Freude oder Fröhlichkeit“ bedeutet. Lily war froh, dass hier das Gesetz mit dem falschen Namen galt. Auch untereinander kannten die Mädchen nur unter diesen Namen. Nur Jim wusste wie man wirklich hieß und auch hier hatte Lily einen falschen Namen angegeben, falschen Pass gezeigt und falsche Angaben getätigt.

Sie zog sich in aller Ruhe um, streifte wieder den schwarzen Mantel über und hoffte, dass der Plan gelang.

Sie ging langsam zur Hintertür des Clubs und verabschiedete sich von Kevin. Er schloss die Tür sobald sie hinausging und als sie den Kopf hoch, sah sie eine schlanke Gestalt gegenüber dem Eingang an der gegenüber liegenden Hausmauer lehnen. Die Gestalt hob den Kopf und es war tatsächlich Geoffrey Stuart.

Lily blieb ruhig stehen, jetzt durften keine Fehler gemacht werden.

„Laetia Noir…“ sagte Stuart und neigte den Kopf.

„Geoffrey Stuart.“ Erwiderte Lily.

„Was wollen Sie von mir – Noir!“ sagte er langsam.

Lily trat zu ihm und sagte: „Antworten und Ihre Hilfe!“

Stuart hob eine Augenbraue in die Luft: „Hilfe?“

„Ja. Wir benötigen Ihre Mitarbeit!“ sagte Lily und rief sich Henrys Worte in Erinnerung: „Sei auf jedem Fall ehrlich zu ihm – er kann keine Spielchen ab. Sag ihm klipp und klar worum es geht, aber halt noch einiges zurück. Wir brauchen mehrere Trümpfe um diesen Mistkerl zu überreden. Er beißt schwer an!“

„Mitarbeit… mhm… wobei?“ fragte er und lehnte sich stärker gegen die Mauer.

Lily trat einen Schritt zurück: „Projekt Lupus!“

Stuart versteifte sich.

„Sie haben daran mitgearbeitet!“ sagte Lily und trat wieder vor.

„Woher wissen Sie von diesem Projekt…“ sagte Stuart leise.

„Egal woher ich davon weiß – Fakt ist, es ist außer Kontrolle geraten!“ sagte Lily.

„Unsinn – dieses Projekt ist vor zehn Jahren eingestellt worden – wie Sie richtig wissen, habe ich daran mitgearbeitet. Es gab Komplikationen und wir stellten die Forschungen ein!“ sagte Stuart kalt.

„Unsinn!“ erwiderte Lily, Stuart bekam glänzende Augen, „SIE glauben vielleicht, dass es eingestellt wurde, aber es wurde weitergeforscht. Mit instabilen Ergebnissen!“ sagte Lily.

„Instabil war das ganze Projekt – weiter zu forschen wäre sehr töricht gewesen!“ sagte Stuart kalt.

„Fakt ist – es wurde weitergeforscht – ohne Sie allerdings, Herr Stuart!“ sagte Lily.

„Wer hat Sie geschickt, Noir?“ fragte Stuart.

Lily zögerte, sagte dann aber: „Ihr alter Freund – Cortez!“

„Henry?“ lachte Stuart plötzlich leise und schüttelte den Kopf, lächelte und sagte kalt: „Ja, dieser Idiot … das würde zu ihm passen… er war ebenfalls an den Primärforschungen beteiligt, flog aber aus dem Projekt, weil er die weiteren Möglichkeiten nicht erkannte, sie nicht erkennen wollte. Aber egal – was haben Sie damit zu tun, Miss Noir?“ fragte Stuart.

„Das erfahren Sie später. Wollen wir?“ fragte Lily und drehte sich um.

„Wohin wollen wir?“ fragte Stuart sarkastisch.

Lily grinste teuflisch über ihre Schulter weg: „Was ist mit ihrem Drang zu Forschen? Eingerostet mit den Jahren, Geoffrey Stuart?“ Weg mit dem Sie, weg mit dem höflichen Geplänkel.

Er grinste zurück: „Nein, der Drang ist immer noch da!“

„Dann bewegen Sie sich endlich!“ sagte Lily und ging die kalte Seitenstraße entlang. Sie spürte, dass er ihr folgte, sie ging weiter und marschierte die beiden Straßenecken weiter und bog schließlich zwei Seitengassen weiter vor dem eigentlichen Ziel ein.

Sie versteckte sich schnell im Schatten und sah wie er um die Ecke bog. Er konnte es nicht verhindern, Lily war schneller. Sie drückte einen flachen, schwarzen Gegenstand an seinen Rücken und sagte noch leise: „Tut mir Leid!“ und feuerte einen Schuss von mehreren Tausend Volt ab. Stuarts Körper erschlaffte und fiel kurz darauf zuckend zu Boden.

Lily zog ihr Handy aus der Tasche und rief Cortez an: „Henry – es ist okay – hilf mir ihn hoch zu schleppen!“
 

Stuart Geoffrey wachte eine halbe Stunde später durch einen kalten Wasserguss ins Gesicht auf. Er schrak auf und hustete: „Was – wo…wie…“

„Gut gepennt alter Freund und Forscherkollege?“ fragte Henry Cortez grinsend. Sie befanden sich beide in dem alten Zimmer, und Stuart lag auf der widerlichen, alten Couch, die grausam stank. Tess Cortez stand vor ihm und hielt immer noch den tropfenden Eimer in der Hand. Sie grinste und der Schalk stand ihr in die Augen geschrieben.

„Tag Tess!“ sagte Stuart schwach.

„Stuart!“ lächelte die alte Frau.

„Immer noch so liebenswürdig wie früher!“ hustete Stuart.

„Immer noch der alte Meckerer, wie früher!“ kam es zurück.

„WO ist diese Noir?“ fragte Stuart zornig.

„Och – so hat sie sich genannt? Noir?“ Henry sah seine Schwester an, diese grinste nur: „Deine Idee, kann das sein?“

„Was denn „Noir“ war ein super Film in den 70er!“ verteidigte sie sich.

„Schon gut – schon gut!“ wehrte Henry ab.

„Der war wirklich gut, Henry!“ nickte Stuart. Das brachte ihm ein seltenes Lächeln von Tess ein.

„Ist Dornröschen aufgewacht?“ fragte eine weibliche Stimme. Lily trat zu der trauten Runde.

„Wie darf ich dich nennen – wenn nicht Noir, wie dann?“ fragte Stuart.

„White – einfach nur White!“ sagte Lily.

Stuart nickte: „Gut – aber war die Elektroschockpistole wirklich nötig. Ich bin schon ein alter Mann, Kidnapping wäre nicht nötig gewesen!“ sagte er.

„Sorry – aber wenn du nicht kooperierst, darf Tess dich zuerst schlagen, White dich knebeln und töten und ich dich schließlich im See im nahen Wäldchen versenken!“ sagte Henry breit grinsend.

„Was für positive Aussichten!“ sagte Stuart und setzte sich langsam auf der ekligen Bank auf: „Da hab ich echt eine Chance mich frei zu entscheiden!“

„Die Chance hast du schon – nur du kennst die Alternative noch nicht.“ Sagte Henry.

„Henry – du bohrst in einer alten Wunde. Projekt Lupos ist gestorben, nur drei Monate nach deiner frühzeitigen Suspendierung!“ sagte Stuart schwach.

„Ach wirklich, Herr Stuart?“ fragte Lily unbekümmert und trat aus seinem Blickfeld und wies mit der ausgestreckten Hand auf die Plexiglasscheibe hinter ihr. Stuarts Augen wurden riesig.

„Sieht so ein „gestorbenes“ Projekt aus?“ fragte Lily kalt.
 

„Ich weiß ja nicht – Bill ich bin irgendwie unzufrieden!“ sagte Tom und warf einen kleinen Tennisball immer wieder hoch und fing ihn im Liegen auf. Er hatte es sich wieder einmal auf dem Bett seines Bruders bequem gemacht.

Bill sah aus dem Fenster und beobachte die im Wind flatternden Fahnen der Universität Lisenka. Die Sonne war zwar untergegangen und es war eine finster Nacht, doch das Schloss war hell erleuchtet.

„Wieso?“ fragte er.

„Wieso?“ empört setzte Tom sich auf. Er war bewarf Bill mit dem Tennisball und er sagte wütend: „HEY!“ als der Ball ihn an der Schulter traf.

„Wieso hat die mich heute getreten und dich nur verdattert angestarrt? Ich bin der WOMANIZER – du bist der SENSIBLE!“ rief Tom ungläubig.

Bill starrte ihn an.

„MICH sollte sie anstarren – dich treten!“ grinste Tom.

„DU hast vielleicht Probleme!“ sagte Bill.

„Ja – Nein…doch, eigentlich schon!“ gab Tom schließlich zu.

Bill schüttelte den Kopf und blickte wieder aus dem Fenster.

„Weißt du was?“ fragte Bill.

„Nein, aber du wirst mir deine große Weisheit hoffentlich gleich mitteilen!“ grinste Tom.

„Diese White hat Probleme!“ sagte Bill.

„Das war jetzt mal eine Erkenntnis!“ meinte Tom.

„Nein – ich meine Probleme, die echt heftig sein müssen. Keiner ist so drauf, außer er oder sie hat Probleme. Ich habe heute zufällig auf dem Jungenklo diese zwei Freunde von ihr belauscht. Damian und Aidan!“ sagte Bill.

Tom sah aufmerksam zu seinem Bruder: „Und?“

Bill starrte Tom an und sagte leise: „Diese Lily kokst anscheinend!“

„WAS?“ Tom fiel das Unterkiefer herab.

„Ja – zumindest hat Damian das gesagt, Aidan war ziemlich wütend. Sie haben darüber gesprochen, dass das doch vorbei wäre und das Lily geschworen hatte es nie wieder zu tun – außerdem haben sie von irgendeinem Zugunfall geredet! Aidan war total sauer!“ Bill wandte sich an Tom und sah ihm fest in die Augen: „Es hat sich so angehört, als hätte Lily versucht sich vor einen Zug zu werfen!“

Tom starrte seinen Bruder an und sagte schließlich: „OH verdammte Scheiße!“

Bill nickte: „Und was auch immer diese Lily für Probleme hat, sie versucht es mit falschen Mitteln zu umgehen und wenn ich auch nur irgendetwas für sie tun kann, werde ich ihr helfen!“

Tom starrte eine Zeitlang vor sich hin und sagte: „Warum?“

„Warum was?“

„Warum willst du ihr so unbedingt helfen?“

Bill sah seinen Bruder an: „Erinnerst du dich noch an die Zeit, wie dreckig es mir ging, als wir plötzlich so berühmt wurden!“

„Klar – du hattest echt eine miese Zeit!“ da fiel es Tom wie Schuppen von den Augen.

„DU willst ihr helfen, weil sie dich an dich selbst erinnert?“ fragte Tom.

„Ja!“ nickte Bill.

Tom lächelte: „Gutes Motiv – ich will ihr einfach helfen, weil sie ehrlich gesagt echt scharf ist und ein verdammt sexy Fahrgestell hat.“

„Typisch!“ lachte Bill.

„Morgen wieder Schwimmen?“ fragte Tom.

„Ja!“ nickte Bill.

„Dann gute Nacht – da geh ich lieber früh schlafen!“ sagte Tom und zog die Decke über sich.

„DANN GEH VERDAMMT NOCH MAL IN DEIN EIGENES BETT!“

„Och menno…“
 

„Oh Gott!“ sagte Stuart Geoffrey die ganze Zeit, während er über die Messinstrumente gestützt stand und immer wieder glitt sein Blick Richtung Panzerglasscheibe.

„Schauen Sie nicht so oft hin – das macht Proband 3 nervös!“ sagte Lily.

„Ich kann es einfach nicht glauben! Zehn Jahre lang war ich der felsenfesten Überzeugung dass die Firma das Projekt Lupos wirklich eingestellt hatte. Wie ich jetzt erkenne – ein fataler Irrtum…“ seufzte Stuart auf.

„Tja – Irren ist Menschlich… das wussten schon die alten Römer!“ sagte Tess lächelnd.

„Ach Tess – wie wahr, wie wahr. Aber dennoch – wieso habe ich das nicht wenigstens überprüft. Ich war der Hauptforscher bei Projekt Lupos – ich hätte wenigstens –“

„Was hätten Sie wenigstens?“ unterbrach Lily ihn schroff.

Stuart sah auf.

Lily starrte ihn kalt an: „Könnte – Hätte – Sollte… ja schön und gut – aber Sie HABEN es nicht getan! Verstanden es ist vorbei. Fakt 1 ist, Projekt Lupos wurde 10 Jahre lang ohne Sie oder einen anderen Wissenschaftler des ursprünglichen Teams weitergeführt. Weder mit Ihnen…“

Stuart nickte.

„… noch mit Henry….“

Henry blickte zur Panzerglasscheibe.

„… auch nicht mit Tess.“ Sagte Lily.

Tess starrte betrübt zu Boden, sie hielt sich an ihrem Stock fest.

„Fakt 2 ist, dass ihr alle drei Wissenschaftler auf dem Gebiet der Genetik seid – Spitzenwissenschaftler, mit jeweils hohen IQs, aber wir müssen uns der Realität bewusst werden.“ Lily drehte sich um, ging zur Wand und legte die Hand auf die kalte Scheibe. Das Wesen schlief.

„Projekt Lupos ist real und wenn wir nicht ganz schnell ein Gegenmittel finden, dann wird es nicht mehr aufzuhalten sein.“ Lily stand auf.

Sie ging zu einem eingeschalteten Laptop, schaltete den Beamer ein und er warf seine Projektion auf die kalte, weiße Wand am anderen Ende des Zimmers.

Sie startete ein Programm und es erschien ein Diagramm. Stuart ging näher und betrachtet es, da entfuhr es ihm.

„VERDAMMTE SCHEISSE!“ fluchte er laut.

„Ja – aber Fakt Nummer 3 ist: Die verdammte Scheiße ist am Dampfen!“ sagte Tess.

Henry nickte.

„Wie man unschwer erkennen kann, anhand dieses Diagramms, haben sich die Aggressionswerte von Proband 3 in den letzten drei Monaten verfünffacht, die Verwandlung macht sich nur noch um ein Viertel Rückgängig, die Wunden verheilen in exponentiellen Maßen schnell und auch die menschlichen Züge gehen zurück. Kurz gesagt – und um Tess zu zitieren – die Scheiße ist nicht nur am Dampfen – sie kocht über!“ sagte Lily kalt.

„Wieso seid ihr nicht früher gekommen?“ fragte Stuart wütend. Er drehte sich zu Lily um, diese zuckte mit den Schultern.

„Ich hab es ihr verboten. Lily und Tess waren schon seit Monaten für diesen Plan, aber ich wollte es nicht!“ sagte Henry.

„Wieso Henry?“ fragte Stuart.

„Weil ICH die Hauptschuld daran trage – ich wollte nicht noch mehr damit hinein ziehen. Tess hat sich eher zufällig eingemischt.“ Sagte Henry.

„Apropos… was hast du damit zu tun?“ fragte Stuart und sah Lily fest an.

Lily stand auf und ging zu der Plexiglasscheibe. Das Wesen wurde wach, und seine Augen suchten Lilys. Es kroch wie vor wenigen Stunden auf sie zu und legte seine verkrüppelte Hand gegen die Scheibe. Lily legte ihre Hand darauf, doch dieses Mal blieb das Wesen ruhig.

„Wissen Sie wer Proband 3 ist, Herr Stuart?“ fragte Lily leise.

Stuart trat näher und schüttelte den Kopf: „Nein, wir hatten in unseren früheren Forschungen nur zwei Probanden, die beide angeblich getötet wurden! Mit Feuer beseitigt.“

„Proband 3 wurde von Henry Cortez am 16. Januar 2009 an einem eingefrorenen See in einem Wald, knappe 6 km von hier entfernt, an der Grenze zu Ungarn gefunden. Henry hat den Probanden 3 eingefangen und hier eingesperrt In sein kleines Labor, was er sich von der mickrigen Abfindung der Firma finanzieren konnte. Wenige Tage danach fand Henry Cortez einen weiteren Probanden. Dieser Proband war noch völlig im Luna – Modus gefangen!“ sagte Lily.

Stuart blickte auf: „Zu welcher Uhrzeit?“ fragte er heißer.

Henry antwortete: „Zehn Uhr früh…“

„Um Gottes Willen…“ flüsterte Stuart und starrte Henry an: „7 Stunden nach Ende des eigentlichen Luna-Modus.“

„Exakt…“ sagte Henry.

„Moment – wo ist dieser zweite Proband?“ fragte Stuart.

Lily blickte sanft in die Augen des Wesens. Sie stand auf und das Wesen blickte zu ihr, hoffnungsvoll wie Stuart fand, fast schon … liebevoll.

„Proband 3, oder Projekt 3 – hatte früher den Namen Erik … er war Schüler der Absalom Universität, war 27 Jahre alt und am Ende seines Jus Studiums angelangt. Er hätte nur noch ein Jahr gebraucht. Seine Eltern starben vor 17 Jahren bei einem Verkehrsunfall. Er musste sich um seine Schwester kümmern, die erst 1 Jahr alt war. Sie kamen in ein Waisenheim, doch der Direktor der Absalom Akademie nahm sich der beiden an und ermöglichte es dem Jungen eine gute Schule und später seine Universität zu besuchen. Erik war sehr intelligent. Doch es kam zu einem Zwischenfall. Als er seine letzte Examensfeier feiern wollte, blieb er lange mit seinen Unikollegen aus und trank etwas zu viel. Als er angeheitert mit einem bestellten Taxi nach Hause zu seiner Schwester fahren wollte, brachte ihn das Taxi nicht nach Hause. Er wurde anscheinend entführt und war Monatelang unauffindbar. Die Polizei war machtlos, die Schwester außer sich vor Sorge. Sie hatte nur noch ihren Bruder. Dann machte sie sich selbst auf den Weg. Sie blieb in der gleichen Kneipe hängen wo auch ihr Bruder zuletzt gesehen wurde, sie trank die exakt gleichen Dinge, in dem exakt gleichen Ausmaß wie er. Sie bestellte das Taxi bei dem gleichen Unternehmen. Auch sie sollte an diesem Abend nicht nach Hause zurückkehren. Die Schwester erinnert sich an nichts mehr, sie weiß nur noch wie sie an einem See aufwachte und vor Schmerzen nur auf allen vieren kriechen konnte. Doch es war ihr, als würde sie gehen – richtig laufen, obwohl sie auf allen vieren kroch. Sie stieß auf einen alten Mann, der an dem See spazieren war. Sie griff den Spaziergeher an, sie konnte sich nicht kontrollieren. Da erst erkannte sie selbst, dass sie anders war. Sie hatte überall Haare am Körper, lief seltsam und gab knurrende Laute von sich.

Das nächste was sie weiß, ist dass sie in diesem Raum, hinter dieser Wand aufwachte. Der alte Mann sah sie an und fragte: „Weißt du wer du bist?“ Das Mädchen konnte ihm jede Frage beantworten, da erwachte Proband 3 hinter ihr und lief zu dem Mädchen. Es war ein grausames Wesen, das Mädchen hatte Angst und plötzlich griff das Wesen an. Der alte Mann konnte das Mädchen noch aus dem abgetrennten Bereich herausziehen. Sie zitterte und der Proband griff die Scheibe weiterhin an. Der Mann erklärte ihr wo er sie gefunden hatte, das Mädchen konnte sich an nichts mehr nach dem Club erinnern. Sie erinnerte sich auch nicht mehr an das Taxi. Der alte Mann sagte ihr, dass er vermutlich eine Erklärung hätte was mit ihr und Proband 3 geschehen war. Da erkannte das Mädchen, dass dieses grausame, entstellte hässliche Wesen ihr geliebter Bruder war. Erik. Sie war erschrocken und fassungslos was mit ihm geschehen war. Doch sie erkannte, dass es eine Lösung geben musste. Sie verlangte von dem alten Mann ein Versprechen – sie musste mit ihm gemeinsam an einer Lösung arbeiten. Der alte Mann erkannte das Potential des Mädchens – denn er hatte noch nie einen dermaßen hohen IQ gesehen. Daher willigte er ein. Der hohe IQ ermöglichte es dem Mädchen, obwohl es selbst so war wie ihr Bruder, ihre Verwandlung zu steuern und zu kontrollieren. Daher durfte sie frei und ungebunden sein. Ihr Bruder Erik hingegen blieb weiterhin eingesperrt. Dieser Vorfall liegt nun schon drei Jahre zurück und seit diesem Tag versucht das Mädchen seinen Bruder zu heilen. Doch die Angriffe werden stärker und täglich verliert der junge Mann mehr und mehr, seine Erinnerungen an sein früheres Leben…“ sagte Lily leise.

Sie stand auf und drehte sich um.

Sie blickte Stuart fest in die Augen.

„Der vollständige Namen des jungen Mannes, den Sie hier so kümmerlich und erbärmlich sehen, ist Erik Griffith White. Er ist mein Bruder.“ Lily sah wie die letzte Gesichtsfarbe aus Stuarts ohnehin bleichen Gesichts wich.
 

Sie trat einen Schritt nach vorne und ihre Augen glühten eisblau auf: „Ich bin der zweite Proband – mein Name ist Lily White und ich will herausfinden, warum ihre beschissene Firma AEVIN meinen Bruder zu so einem Monstrum gemacht hat. Und warum ich verdammt noch mal auch infiziert wurde!“

Maskerade


 

Am nächsten Morgen erwachten Bill und Tom sehr früh und trafen sich zu einem gemütlichen Frühstück. Sie schlenderten anschließend mit den ersten Sonnenstrahlen Richtung Schloss Lisenka und Tom träumte noch so halb vor sich hin.

Bill hingegen war in tiefen Gedanken versunken, da ruckte er auf und fragte: „Sag mal – was hältst du von der ganzen Koks-Sache?“

„Mhm?“ Tom schreckte auf und sah seinen Bruder noch verschlafen an.

„Die KOKS-Sache!“ wiederholte Bill.

„Oh… na ja, sie kam mir zwar nicht wie ein Unschuldslamm vor – ganz im Gegenteil sogar – aber Koks, na ja –allgemein Drogen … mhm…“ Tom versank nun ebenfalls in Gedanken.

Bill nickte: „Ja, ich bin auch irgendwie skeptisch – ich traue ihr das nicht zu. Sie muss einen Grund dafür haben!“

„Glaubst du sie wird wütend sein, wenn wir uns einmischen? Ich meine immerhin kennt sie uns gar nicht und wir kennen sie ehrlich gesagt auch nicht wirklich!“ sagte Tom zweifelnd.

Bill blieb stehen und musterte den grau verschleierten Himmel – das Tief von Italien hielt sie gefangen und es waren immer schneller die Blätter von den Bäumen gerissen worden. Obwohl es erst Ende Oktober war, hatten die Metrologen Schnee in den kommenden Tagen angekündigt. Die Temperaturen waren bereits in der 0° Nähe und Bill fröstelte.

„Ich weiß… aber dennoch!“ Bill sah seinen Bruder ernst an.

„Schon gut – schon gut.“ Hob dieser die Arme, grinste: „Beschwer dich aber später nicht bei mir, wenn diese White uns grün und blau schlägt!“

Sie hatten natürlich von der Auseinandersetzung von White und den beiden Studentinnen aus Lisenka gehört, doch White war seit zwei Tage nicht mehr bei Hanasaki vorgeladen worden. Anscheinend gaben es die beiden Direktoren auf und ließen White einfach alles durchgehen. Immerhin, so hatten die beiden Zwillinge von Axel – dem lebendigen Lexikon – erfahren, dass White einen extrem hohen IQ hatte und ihre Leistungen Lisenka in den letzten drei Jahren auf die Topstufen der weltweiten Universitäten befördert hatte. Darum war man anscheinend so extrem nachsichtig mit ihr.

„Ich weiß ja auch, dass es uns eigentlich nichts angeht – aber sie tut mir so leid. Weißt du, als sie mich gestern im Pool angesehen hat, da wirkte sie regelrecht verstört. Als würde sie gleich zusammenbrechen und losheulen!“ sagte Bill.

„Na ja wir haben sie auch in einem relativ ungünstigen, Privatmoment erwischt. Sie hat nicht damit gerechnet, dass noch jemand so früh schwimmen geht!“ sagte Tom.

„Ja hoffentlich ist sie heute auch da. Dann könnten wir versuchen mit ihr zu reden!“ sagte Bill.

Da hielt Tom seinen Bruder zurück und sah ihm fest in die Augen.

„Was?“ fragte Bill unwohl.

„Ich hab eine Idee!“ meinte Tom.

„Die wäre?“ fragte Bill.

„Geh du allein – ich warte im Außenbereich, für den Fall das sie abhaut!“ sagte Tom.

„Warum?“ fragte Bill verblüfft.

„Mich hat sie getreten, wie du dich vielleicht erinnern magst.“ Sagte Tom seufzend – Bill grinste. Tom der Womanizer war in seiner Ehre gekränkt – aber kleiner Popstar. „Dich hat sie nur angesehen und wenn sie mit jemanden eventuell redet, dann bist du das!“

„Aha und das stützt du nur auf die Tatsache, da sie mich nicht getreten hat?“ fragte Bill trocken.

„Ja – du weißt ja!“ Tom tippte gegen Bills Hirn: „DU bist der Sensible Frauen-Versteher!“

„Okay – okay. Dann machen wir es so!“ sagte Bill.
 

„AHHHHH!“ streckte Lily sich und ließ sich von dem warmen Wasser berühren. Sie war für ihre Verhältnisse spät dran, aber sie genoss es sich zuerst mit warmem Wasser abzuwaschen, bevor sie in den Pool hüpfte.

Sie schüttelte die blonden Haare wild nach allen Seiten sprangen Wassertropfen. Sie lächelte, und zog ihr weißes Handtuch mit sich mit. Sie wischte sich die Tropfen aus dem Gesicht, die drohten in ihre Augen zu rinnen.

Sie ging in den Badebereich des Sportbeckens, da hielt sie inne. Es schwamm wieder jemand. Lily sah verärgert drein – was war aus ihren, „von allen Menschen und lästigen Wesen auf der Erde lebend, befreit“ – Momenten geworden. Sie liebte ihre frühen Schwimmrunden, aber irgendjemand näherte sich ihrem Territorium. Das war nicht akzeptabel. Sie sah wie die schlanke Gestalt den Beckenrand entlang tauchte. Sie sah nach rechts, in den Korb der für alle zugänglich war. Darin waren Schwimmhilfen, Bälle und vieles mehr. Sie schnappte sich einen länglichen Ball, der einem American Football sehr ähnlich sah, und warf ihn mit aller Kraft auf die Stelle wo der Taucher gerade wieder an die Oberfläche kam.

„AUA!“

Ziel getroffen. Schiff versenkt.

Empört und verblüfft drehte sich der Schwimmer um und seine Miene verzog sich zu einem schmerzhaften Grinsen als er Lily sah.

„Dir auch einen schönen guten Morgen!“ rief er grinsend.

„Was machst du hier? Das ist das Schwimmbad für die Studentinnen der Lisenka Akademie. Und du bist weder eine Studentin, noch eine Frau!“ sagte Lily kalt. Sie betrachtete ihn und erkannte, dass er lange schwarze Haare hatte, große braune Augen und einen recht schlanken Körper.

„Wobei du von der Ferne her sogar als Frau durchgehen könntest!“ sagte sie.

„Nein wie nett!“ brummte der junge Mann.

„Also?“ Lily starrte ihn zornig an.

„Was also?“ fragte er.

„WAS TUST DU HIER?“ blaffte Lily ihn an. „Was ich schon insgesamt zweimal gefragt habe, falls dein Spatzenhirn in der Früh nicht so gut arbeiten sollte.“

„Kein Grund gleich unhöflich zu werden. Erst einmal – mein Name ist Bill Kaulitz und ich bin Student auf der Absalom. Dort hat uns der Direktor Hanasaki gesagt, wir dürfen das Schwimmbad der Lisenka benutzen, solange das unsrige noch nicht fertig gestellt ist.“ Sagte Bill lächelnd.

„Bill Kaulitz?“ fragte Lily verdattert.

„Jup!“ sagte er und nickte, dabei flogen einige Wassertropfen Lily entgegen.

„DER Bill Kaulitz?“ fragte Lily langsam.

„Gibt es noch einen der den Namen trägt?“ fragte Bill.

„Erstaunlich, was macht ein weltbekannter Sänger von Tokio Hotel hier?“ fragte Lily.

„Schwimmen!“ lächelte Bill freundlich.

Lily zog die Augenbrauen in die Höhe und sagte langsam: „Schwimmen… na klar, wie auch immer. Nerv mich nicht und ich bring dich dafür nicht um!“ damit ging sie das Becken entlang, stieg auf den 2 m Sprungturm und macht einen eleganten Kopfsprung mit einer kleinen Vorwärtsrolle. Sie tauchte lautlos ein.

„Super!“ klatschte Bill Beifall, als Lily wieder auftauchte.

Sie sagte nichts, tauchte wieder ab und bewegte sich so schnell durch das Wasser, das Bill glaubte, sie hätte Flossen an den Beinen.

„Mhm – Kommunikation … aber wie nur?“ murmelte er vor sich hin.

Da hatte er einen Einfall. Er tauchte ebenfalls ab und schwamm genau vor Lily hin. Diese erstarrte und holte unabsichtlich Luft. Sie tauchte wieder auf und hustete.

„Tut mir Leid – wollte dich nicht erschrecken!“ sagte Bill.

„Du – du -…“ Lily hustete wieder. Da holte sie endlich Luft und sagte kalt: „Du warst gestern hier, mit noch einem Kerl!“

„Ja stimmt, deswegen bin ich eigentlich hier. Ich wollte mich deswegen entschuldigen. Wir hatten dich wohl erschreckt. Mein Bruder hat es jedenfalls nicht absichtlich gemacht. Sein Bauch tut ihm immer noch weh!“ grinste Bill.

„Sein Problem.“ Sagte Lily, und kraulte ans andere Ende des Schwimmbeckens.

„So nicht!“ dachte Bill und kraulte ihr nach.

„Hör zu!“ sagte Lily kalt und bremste Bill mit einem einzigen Blick ab. Bill erstarrte.

„Vielleicht hab ich mich vorhin nicht klar genug – oder viel mehr – nicht EINFACH genug ausgedrückt. Lass mich in Ruhe!“ sagte sie.

„Lass ich dich doch!“ sagte Bill und trieb neben ihr. „Aber ich schwimme eben zufällig in die gleiche Richtung wie du!“

„Sehr kluger Spruch!“ zog Lily ihn auf.

Sie tauchte erneut ab und war so schnell verschwunden, dass Bill nur staunen konnte. WO ist sie hin, fragte er sich, da sah er gerade noch wie ihr Schatten sich in die Seitengasses stahl und er grinste.

„Außenbereich ich komme!“ lächelte er und schwamm ihr nach.

Lily wartete rechts neben dem Durchgang und hielt sich im Schatten, als Bill hinaustauchte. Er tauchte auf und sah sich perplex um, da riss Lily seinen linken Arm nach hinten und verdrehte ihn auf seinem Rücken. Bill tat es so weh, dass er sofort nachgab und dabei seinen Kopf unter Wasser tauchen musste. Er atmete Wasser ein und glaubte einen Moment lang zu ertrinken.

Da gab Lily gerade so viel nach, dass er wieder an die Oberfläche kam und prustend nach Luft holte.

„HEY BIST DU BESCHEUERT? LASS MICH LOS!“ verlangte Bill wütend.

„Nein – entweder du sagst sofort was du von mir willst, oder ich ertränk dich!“ sagte Lily und ihre eiskalten Augen glänzten auf einmal bedrohlich.

„Das wagst du nicht?“ sagte Bill.

„Kennst du eventuell meinen Ruf nicht?“ fragte Lily.

Bill schluckte leicht: „Doch – aber das tust du trotzdem nicht!“

„Legen wir es doch darauf an!“ sagte Lily und verdrehte ihm erneut den Arm und sein Gesicht kam dem Wasser gefährlich nahe.

„Schon gut!“ sagte er wütend.

„Also?“

Gut, Memo an mich – mit Lily White legt man sich besser nur außerhalb eines Schwimmbeckens an, dachte Bill. Er sagte: „Hör zu, falls du dich erinnerst – wir haben uns vor vier Tagen schon mal getroffen?“

Lily zog eine Augenbraue in die Luft: „Tatsächlich?“

„Ja… ich bin der Typ der in den nassen Sand gefallen ist!“ sagte Bill.

Lily dachte nach und sagte langsam – während Bills Arm immer mehr wehtat: „Ahhh, ja ich glaub ich erinnere mich. Du warst der Kerl, der mir im Weg gestanden ist – selbst schuld!“

„Könntest du eventuell meinen Arm auslassen – der tut langsam ziemlich weh!“ fragte Bill und er konnte es gerade noch verhindern loszubrüllen.

„Warte noch – eine Frage hätte ich noch!“ sagte Lily langsam.

„Die wäre?“ keuchte Bill.

„Was willst du von mir?“ fragte Lily kalt.

Irgendwie komm ich von der Frage nicht weg, bedauerte Bill. Er holte tief Luft und sagte: „Ich will dich kennenlernen und dein Freund sein!“

Lily hätte mit so ziemlich allem gerechnet, aber nicht damit. Nicht mit dem Einzigen, womit sie überhaupt nicht umgehen konnte. Freundschaft?

Vor Überraschung ließ sie ihn los und Bill klatschte mit aller Kraft ins Wasser. Wasser spuckend tauchte er wieder auf und schmiss die langen schwarzen Haare über den Rücken. Lily stand nicht mehr da und er sah nur wie sie wieder in den Innenbereich tauchte. Bill sah ihr zunächst verdattert nach, da holte er trotz schmerzendem Arm Luft und tauchte ihr nach. Als drinnen auftauchte, sah er noch wie sie mit aller Ruhe zum Beckenrand schwamm und aus dem Wasser stieg.

„HEY! WARTE!“ rief Bill und kraulte ihr so schnell es ging nach.

Mit aller Ruhe band Lily sich das Haarband um die nassen Haare und erst jetzt sah Bill ein schönes Rückentattoo aufblitzen. Er kletterte gerade aus dem Becken, als er es sah. Bill stockte und sagte überrascht: „Ein Drache? Cooles Tattoo!“

Lily blieb stehen und drehte sich um.

Bill erschrak, ihre Augen waren so gefährlich kalt – viel zu kalt für einen Menschen – und hatte er sich geirrt oder hatten sie einen rötlichen Touch? Sie sah verflucht gefährlich aus – gefährlich und auch betörend schön.

Bill sah sie nur perplex an.

„Ich sage es nur einmal, also spitz deine Lauscher und hör gut zu!“ sagte Lily leise, sie trat auf Bill zu und blieb nur gute 5 cm von ihm entfernt stehen. Bill sah jede Einzelheit ihres makellosen Gesichts. Die langen Wimpern, die verstörend hellen Augen, die weiße Haut, die dünnen, perfekt gezupften und geschwungenen Augenbrauen, die sinnlichen Lippen mit dem Pfirsichfarbton.

Diese öffneten sich und Lily sagte leise: „Lass mich in Ruhe oder du wirst es sehr, sehr schnell bereuen – kleiner Popstar!“ damit stupste sie in mit nur einem einzigen Finger an und Bill wurde ins Wasser geschleudert.

Es war eine enorme Kraft und Bill glaubte seine Rippen knacken zu hören, er fiel wie ein Stein den Pool und krachte mit unglaublicher Schwere zu Boden. Es dauerte einige Sekunden bevor er wieder die Augen auf bekam und er sah völlig neben sich nach oben. Er blinzelte und erkannte das Lily an ihm vorbeiging und ihre Silhouette verschwamm. Dann wurde Bill ohnmächtig.
 

„WO bleibt der Kerl nur?“ fragte Tom, während er draußen wartete. Da trat Lily seelenruhig aus dem Schwimmbad und Tom versteckte sich hinter einer Säule, aus der die Allee bestand, die Richtung Schwimmbad führte. Lily ging kerzengerade durch die Allee und obwohl Tom sich sicher war, dass sie ihn gar nicht hätte sehen können, blieb sie exakt vor seiner Säule stehen und kramte in ihrer Tasche. Tom linste verstohlen um die Säule, da schoss Lilys Arm vor und packte Tom an seiner Kehle.

„ARG!“ machte er. Sie zog ihn nach vorne und drückte ihn mit dem Rücken an die Säule. Tom bekam fast keine Luft.

„Hör gut zu – wenn ihr beide mir weiterhin nachspioniert, kann das ganz entsetzliche Folgen haben, kleiner Tom Kaulitz!“ sagte sie leise und diese Ruhe war völlig unpassend für die Situation.

Tom konnte nur hustend nicken, da ließ sie ihn los, er rutschte an der Säule entlang zu Boden und er starrte, sich die Kehle reibend auf ihre makellosen, ewig langen Beine, die in der Uniform steckten und schwarze schlichte Pumps trugen.

Sie ging in die Hocke, hob Toms Gesicht mit einem Zeigefinger nach oben und er starrte vor Schock in ihre eisblauen Augen.

„Merk dir eins – ich warne nur ein einziges Mal!“ damit ging sie und ließ einen verstörten Tom zurück.

Bevor sie ins Schulgebäude ging, drehte sie nur so wenig den Kopf, dass er ihre Nasenspitze von der Seite sehen konnte: „Dein Bruder könnte eventuell Hilfe gebrauchen!“ und damit verschwand sie.

„BILL!“ schrie es in Tom vor Angst und er rappelte sich so schnell es ging auf und rannte in den Schwimmbadbereich. Er rannte vollangezogen in den Sportbereich und sah seinen Bruder im Wasser treiben.

„BILLLLL!“ schrie er panisch und sprang vollangezogen in das Becken. Er kraulte so schnell es ging auf seinen Bruder zu und packte Bill im Rettungsschwimmgriff. Er zog ihn an den Beckenrand und schubste und zerrte ihn aus dem Wasser.

Bill atmete schwach bis kaum und Tom zerrte seine Lippen auseinander, drückte ihm dreimal in den Bauch und Bill spuckte fest Wasserfontänen aus.

„OH Gott…“ stöhnte Tom und sagte: „Alles in Ordnung Bill?“

Bill hustete noch einige Zeit und kam schließlich wieder zu Atem. Er setzte sich mit tränenden Augen auf und sagte krächzend: „Es stimmt – diese White ist ein echtes Miststück und verdammt gefährlich!“

„Was ist denn passiert?“ fragte Tom. „Die war fuchsteufelswild, als sie mich gegen die Säule gedrückt hat, sie hat mich fast erwürgt.“

„Zunächst war es noch ein normales Gespräch, sie wirkte zwar wütend über meine Störung, aber sie war eigentlich noch – Normal.“ Sagte Bill schwach, er hustete wieder: „Dann ist sie plötzlich nach draußen geschwommen, ich ihr nach und da hat sie mich von hinten angegriffen und meinen Arm so verdreht, das ich fast abgesoffen wäre. Sie war ziemlich wütend und kalt. Als ich ihr gesagt hätte, dass ich sie nur gerne kennenlernen würde hat sie mich plötzlich losgelassen und ich bin ins Wasser gekippt. Sie war weg ich bin ihr nachgetaucht und als ich sie am Beckenrand aufhalten wollte, hab ich bemerkt, dass sie ein Tattoo hat. Einen schwarzen Drachen. Ich hab ihr nur gesagt, dass es ein schönes Tattoo ist. Da hat sie sich umgedreht, ist auf mich zugegangen und hat gesagt, dass ich sie lieber in Ruhe lassen soll.“

Bill hustete wieder.

„Warum bist du im Becken gelegen?“ fragte Tom, dem der Schock noch immer in den Knochen saß.

„Die hat mich nur mit dem Zeigefinger – ich schwöre es – nur mit dem Zeigefinger ins Wasser katapultiert!“ sagte Bill.

„Wie jetzt? Katapultiert?“ fragte Tom verblüfft.

„Ja – sie hatte eine enorme Kraft und obwohl sie mich nur so angestubst hat…“ Bill zeigte es seinem Bruder, „- bin ich bis in die Hälfte des Beckens gekracht und untergegangen. Dann bin ich ohnmächtig geworden, außerdem glaub ich dass ich mir meine Rippen angeknackst habe…“

Schmerzvoll deutete er auf die bereits sichtbaren blauen Flecken.

„Ich würde dir ja sagen – du spinnst, aber deine Brust spricht andere Tatsachen!“ sagte Tom verblüfft.

Bill sah an sich hinunter und erkannte einen knallroten Fleck an genau der Stelle wo diese Lily ihn berührt hatte.

„Wow…“ sagte Bill.

„Also… was machen wir jetzt?“ fragte Tom.

Bill starrte einige Zeit vor sich hin, dann wich seine Unentschlossenheit grimmiger Entschlossenheit und er sagte feixend: „Was wohl – wir machen weiter. Ich lass mich nicht so leicht abservieren?“

„Oha spricht da der gekränkte Superstar, dem sonst alle Mädchen hinterher laufen?“ fragte Tom grinsend.

„Teils Ja, teils Nein. Ich bin mir sicher, dass diese Lily Hilfe braucht. Außerdem will ich rausfinden, warum die so eine Kraft hat!“ sagte Bill.

„Übrigens draußen hat sie mich angesehen und ich schwör dir – ihre Augen haben so seltsam rot geglüht!“ sagte Tom.

Bill starrte ihn an: „Dann – dann hab ich mich doch nicht getäuscht!“ stammelte Bill. Tom sah seinen Bruder aufmerksam an.

„Ihre Augen waren doch rot! Ich hab es mir nicht eingebildet!“ sagte Bill heißer.

„Wahnsinn Mann!“ sagte Tom und ließ sich der Länge nach hinten fallen – er war völlig k.o.
 

Lily ging mit geraden Schritten aus der Vorlesung und ignorierte wie üblich, die Blicke der anderen Studentinnen. Sie hatte sich seit gestern nichts zu Schulden kommen lassen, na gut sie hatte diese dummen Miststücke ein bisschen geschlagen, aber das hatten sie auch verdient.

„Lillian White zur Direktorin Sonnental!“ sagte eine Stimme über die Lautsprecher.

Lily verdrehte wütend die Augen, sobald sie ihren Vornamen hörte. Sie seufzte innerlich resigniert auf und ging zum Lift um in die obere Chefetage zu fahren. Das Schloss Lisenka hatte vier Stockwerke und das letzte war nur die Direktion. Man brauchte eine Ausnahmegenehmigung um dort hinauf zu kommen, und die wurde sehr selten erteilt. Doch Lily war Dauergast in diesem Stockwerk.

Sie stieg aus, als der Lift stehen blieb und die Türen sich öffneten. Sie ging einen kurzen Korridor hinunter, klopfte höflich an und es ertönte bereits die Stimme des Sekretärs Johann: „Herein!“

Lily trat ein und betrat ein schönes großes Vorzimmer mit blauen Vorhängen in den Farben der Schuluniform, ein königsblauer Teppich zierte den Raum. Johann saß an seinem breiten Eichenholzschreibtisch und sah kaum auf.

„Direktorin Sonnental erwartet dich bereits, Miss White!“ sagte er und tippte weiterhin auf seinem Laptop herum.

Lily ging unbeeindruckt auf die große Tür mit dem Messingschild „Frau Direktorin Anneliese Sonnental“ zu, klopfte kurz an und öffnete auf das warme „Herein“ hin, die Tür.

„Miss White bitte komm herein!“ sagte eine angenehme Stimme.

Lily schloss die Tür und trat an den hellen Tisch, indem relativ hellen Büro. Durch das düstere Wetter draußen wirkte es allerdings auch hier ein wenig dunkel. Die Vorhänge waren hellgelb und mit dunklen Mustern verziert. Der Teppich war ein königblauer Perser und Lily trat an den Tisch.

„Setz dich bitte!“ sagte eine hübsche, ältere Dame. Sie hatte hellbraunes Haar und tiefgrüne Augen, die wachsam und konzentriert aussahen.

„Entschuldige bitte aber ich beende nur das Gespräch!“ sagte Frau Sonnental, sie hielt noch immer den Hörer in der Hand.

Lily zuckte nur mit den Schultern.

Frau Sonnental sagte in den Hörer: „Verzeihung Herr Rudolph – ja wir benötigen noch drei Ersatz-PCs im oberen Stock. Bestellen Sie bitte drei neue Apple-Software dazu. Vielen Dank!“ damit legte sie auf und legte die Fingerkuppen aneinander und sah Lily darüber hinweg freundlich an, aber mit besorgten Augen.

„Miss White – heute Früh bekam ich einen Anruf von Herrn Baumann und Lord Lockslee bekommen, den Vätern von unseren Studentinnen Kathrin Baumann und Selma Lockslee – sie gehen beide in den gleichen Geschichtekurs wie du. Du kannst dir sicherlich denken worum es geht!“

„Ja – ich hab die beiden gestern geschlagen, jeweils einen Eckzahn ausgeschlagen, sowie blutige Lippen und ein blaues Auge bei Selma Lockslee noch anzuführen!“ sagte Lily kalt.

„Wieso hast du sie geschlagen?“ fragte Direktorin Sonnental.

„Sie haben eine unhöfliche Frage gestellt, auf die es keine Antwort zu geben möglich war und ich war ein wenig ungehalten. Sie haben nur bekommen, was sie verdient haben!“ sagte Lily.

„Ich will dass du weißt, dass die beiden es nicht wollten, dass ihre Väter bei mir angerufen haben. Aber sie waren so erschrocken und wütend, dass sie es trotz der dringlichen Wünsche ihrer Tochter hin taten. Musstest du gleich gewalttätig werden?“ fragte Frau Sonnental.

„Ja!“ nickte Lily schlicht.

„Ach Lily…“ seufzte Frau Sonnental auf.

Sie blickte zurück. Frau Sonnental stand auf und ging ans Panoramafenster und sah zu, wie der Regen einsetzte und wieder heftig gegen die Scheiben klopfte.

„Wieso machst du immer Schwierigkeiten? Was ist daran so schwer einen normale Studentin zu sein?“ fragte Sonnental.

„Ich bin keine normale Studentin!“ erwiderte Lily kalt.

Sonnental drehte sich um und nickte: „Ja, ja das weiß ich. Das wissen sowohl Herr Hanasaki als auch ich. Aber Lily…“ sie ergriff Lilys Hand, diese zuckte sofort zurück.

„… wir können dieses Verhalten nicht länger tolerieren! Bei der nächsten Verletzung der Regeln fliegst du von der Universität!“ sagte Sonnental.

Lily zuckte nicht einmal mit der Wimper.

„Ist dir das klar?“ fragte Frau Sonnental.

Lily nickte und sah ein wenig unbeholfen aus: „Ja, das ist mir klar.“

„Ich bitte dich inständig Lily – Herrn Hanasaki zu Liebe – gib mir dafür keinen Grund!“ sagte Sonnental beschwörend.

Lily blickte unbeteiligt zurück, doch dann breitet sich ein trauriger Ausdruck über ihrem Gesicht aus: „Ich kann es ihnen nicht schwören – aber ich gebe mein Bestes!“ damit stand sie auf und ging ohne Gruß aus dem Zimmer.
 

Direktorin Anneliese Sonnental ließ sich aufseufzend in den Sessel fallen und drehte sich zum Panoramafenster. Sie sah einige Minutenlang dem Regen zu, wie er gegen die Scheibe hämmerte, dann griff sie zu dem Hörer und wählte die 1. Nach zwei Klingeln wurde abgehoben.

„Hanasaki hier?“ fragte eine Männerstimme.

„Koji ich bin es – Anne….“ Sagte Sonnental leise.

„… was ist passiert, Anne-chan?“ fragte Hanasaki besorgt.

„Lily… Lily White war gerade hier… sie…“ Sonnental brach ab.

„Weiß sie etwas?“ fragte Koji Hanasaki.

„Ich glaube nicht – aber ich bin mir sicher, dass sie sich irgendwann erinnern wird. Oh Gott Koji ich kann mit diesem Wissen nicht so weitermachen!“ schluchzte Sonnental leise.

„Anne reiß dich zusammen. Wir müssen das Spiel weiterspielen. Es geht nicht anders.“ Sagte Hanasaki kalt.

„Ich weiß – aber … was konnten denn sie und ihr B-“ fing Anne an.

„ANNE!“ sagte Koji hart.

Sie verstummte.

„Anne-chan, es geht nicht anders. Du weißt wir müssen tun, was sie verlangen! Oder willst du alle riskieren? Alle Schützlinge?“ fragte Hanasaki leise.

„NEIN natürlich nicht, aber wir müssen sie aufhalten Koji!“ sagte Sonnental zornig.

„Ich weiß, ich weiß meine Liebe. Aber wir müssen die Maskerade noch ein wenig weiterspielen, ich bin mir sicher es wird sich bald etwas ergeben!“ sagte Hanasaki. Er stand auf und ging an sein Fenster. Sonnental sagte währenddessen in sein Handy: „Woher willst du das wissen? Was wenn sie vorher daran zerbricht?“

Hanasaki sah die beiden Kaulitz-Zwillinge auf dem Gelände auftauchen und zwei Männer starteten auf sie zu und fingen sie ab. Sie sprachen eindringlich auf sie ein, da nickten sie und gingen ins Schulgebäude.

Hanasaki lächelte: „Sie ist nicht länger allein! Vertrau mir einfach Anne-chan!“ und damit legte er auf.

Helft ihr!


 

„Hey da sind sie!“ sagte Damian.

„Ja – wir müssen mit ihnen reden!“ nickte Aidan.

Tom und Bill gingen relativ müde gerade auf das Gelände der Absalom Akademie, da liefen zwei Männergestalten auf sie zu.

„Häh – sind das nicht?“ fragte Tom, Bill nickte: „Ja das sind diese zwei irrsinnig beliebten Studenten und Freunde von White!“

„Hey – ihr zwei. Kaulitztwins!“ rief der größere der beiden.

„Ja?“ fragten die beiden.

„Wir wollen mit euch reden.“ Sagte Aidan.

„Ja – wegen White, der Studentin, die ihr vor drei Tagen kennengelernt habt!“ sagte Damian kühl.

„Aha und warum?“ fragte Tom.

„Erfährt ihr gleich! Man seht ihr zwei fertig aus!“ merkte Aidan an.

„Wir hatten gerade eine nette Unterhaltung mit eurer Kindheitsfreundin!“ sagte Bill und rieb sich immer noch die Brust.

„Oha – sie war mal wieder sehr böse!“ lächelte Damian feixend.

„Kann man wohl sagen!“ nickten die Zwillinge.

„Gehen wir lieber ins Café, da ist jetzt fast keiner!“ sagte Aidan, Damian nickte.

Tom und Bill sahen einander an, und zuckten die Schultern – warum auch nicht.

Sie folgten den beiden Stars der Absalom Akademie und bemerkten, wie Recht Axel mit seiner Erzählung hatte. Viele wisperten sofort als sie die beiden sahen, einige starrten sie nur an und manche machten schon fast eine ehrfürchtige Verneigung. Damian und Aidan schienen das nicht einmal mehr zu bemerken. Sie gingen direkt ins Schuleigene Café, dort servierte ihnen die Kellnerin sofort ohne vorher zu fragen, die besten Drinks und verschwand wieder.

„Also?“ sagte Tom langsam.

„Also?“ fragten die beiden zurück.

Tom grinste Bill an und dieser sagte: „Was wollt ihr uns sagen? Über White meine ich?“

„Hört zu – erst einmal, müssen wir euch sagen, dass White uns vor etwa zwanzig Minuten per Handy gesimst hat, dass wir euch beide einfach mal verprügeln sollen.“ Sagte Aidan.

„WAS?“ sagte Tom entgeistert.

„Ja sie meinte als Begründung: „Ich mag ihre hässlichen Visagen nicht mehr sehen!“ und damit glaubte sie es wäre okay. Wir waren ja auch zunächst dafür, weil wir euch ehrlich gesagt nicht wirklich leiden können. Aber egal, White reagiert normalerweise nicht so auf zwei Typen, die sie kaum kennt. Daher wollten wir mal wissen, warum sie sauer auf euch sein könnte… also?“ fragte Damian.

„Tja – könnte daran liegen, dass wir sie beim frühmorgendlichen Schwimmen in der Lisenka etwas gestört haben!“ sagte Bill.

„Okay – das wäre vielleicht ein Grund euch mal ein wenig zu Piesacken, aber nicht um euch gleich das Hirn aus dem Leib zu prügeln. Was habt ihr noch mit White zu schaffen?“ fragte Aidan ernst.

„Mhm… da müssen wir euch zuerst etwas gestehen und wir hoffen, dass ihr uns nicht gleich ins Nirwana zu schlagen.“ Sagte Tom langsam.

Damian und Aidan warfen sich einen Blick zu und nickten langsam: „In Ordnung!“

„Ich hab euch zufällig belauscht, auf dem WC, vorgestern. Ihr habt darüber geredet, dass diese White Drogenabhängig ist und wieder zu koksen begonnen hat!“ sagte Bill.

Damian sah erschrocken aus, Aidan mäßig interessiert: „Mhm – wir sollten besser solche Details nicht auf einem öffentlichen Schul-WC besprechen!“ sagte Aidan.

„Gut – und weiter?“ fragte Damian.

„Wir … wir hatten selbst Mal große Probleme und durch den öffentlichen Druck damals haben wir auch Drogen ausprobiert. Sind glücklicherweise nie abhängig geworden, aber wir – besonders ich, hab dem Druck nur schlecht Stand gehalten. Es war damals relativ plötzlich mit der Bekanntheit und dem Geschrei der Fans. Ich… ich möchte White einfach gerne helfen, weil ich weiß, was es heißt, wenn es einem seelisch scheiße geht. Und White … sorry für den Ausdruck, aber White ist ein seelisches Wrack.“ Sagte Bill leise.

Damian und Aidan hatten stumm zugehört, Aidan hatte immer wieder genickt und Damian hatte immer düster geblickt, doch auch er schien zu verstehen.

„Gut – dann brauchen wir wenigstens nicht lange um den heißen Brei herumreden. Ich glaube Lily mag euch!“ sagte Aidan direkt.

Tom und Bill blinzelten verblüfft.

„Echt?“ fragte Tom zaghaft.

„Seltsame Art uns das zu zeigen, mit Fast-Arm-Ausrenken und Bauch-mit-Fuß-fast-durchtreten!“ sagte Bill sarkastisch.

„Keine Sorge – das ist fast schon liebevoll für Lily. Ihr müsst wissen –“ die beiden warfen sich einen amüsierten Blick zu.

„-uns hat sie damals auch fast umgebracht, als wir uns mit ihr anfreunden wollten. Lily ist so!“ sagte Damian unbekümmert.

Bill zog die Augenbrauen nach oben.

„Ja wirklich, Lily ist ein sehr kühler, eigentlich schon kalter Mensch. Mit zwischenmenschlichen Beziehungen wie Freundschaft oder allgemein Freundlichkeit, tut sie sich sehr schwer. Nicht das Lily nicht zu solchen Empfindungen im Stande ist, sie…“ Aidan rang nach Worten.

„….sie hatte mal einen sehr schrecklichen … „Zwischenfall“ in ihrer Vergangenheit!“ sagte Damian.

„Wir sind ganz Ohr.“ sagte Tom.

„Lily war gerade mal ein 1 Jahr alt, als ihre Eltern nachts auf dem Nachhauseweg von einem Zug erfasst und dabei getötet wurden.“ Sagte Aidan.

„Gott wie furchtbar…“ sagte Bill erschrocken.

„Ja, aber Lily erinnert sich natürlich nicht daran. Sie hatte einen älteren Bruder. Erik.“ Sagte Damian.

„Hatte?“ wagte Bill vorsichtig zu fragen.

„Ist er gestorben?“ fragte Tom traurig.

„Nun ja, das ist das Hauptproblem!“ sagte Aidan.

„Äh?“ sagten die Zwillinge.

„Es weiß keiner, ob er tot ist oder nicht!“ sagte Damian.

„Wie jetzt?“ die Zwillinge sahen verblüfft drein.

„Er verschwand auf seinem Nachhauseweg als er mit einigen Freunden seine bestandenen Uniprüfungen feierte. Das war vor ca. 3 Jahren. Er war damals 27 Jahre alt. Erik ist seitdem nicht mehr aufgetaucht!“ sagte Aidan.

„Oh Gott, das ist ja…“ sagte Tom und verstummte.

„Schrecklich…“ setzte Bill ein und Tom nickte.

„Ja – Lily hatte es sehr schwer. Erik war damals erst 10 Jahre als ihre Eltern starben, sie kamen beide gemeinsam in ein Waisenhaus und aufgrund ihres Alters wurden sie nie getrennt. Erik und Lily wurden später von dem Direktor Hanasaki betreut. Er half ihnen und Erik bekam schließlich ein Sonderstipendium hier. Er war sehr intelligent – wie Lily, aber er hatte keinen so hohen IQ.“ Sagte Damian und trank einen Schluck des leckeren Café Latte.

„Aha…und Lily? Wie hat sie das ertragen?“ fragte Tom.

„Na ja, das ist – so glauben wir – der Hauptgrund, warum Lily so wurde. Ich meine, sie war nie wirklich ein nettes Mädchen, das einen zum Lächeln bringt. Im Gegenteil, sie war stets ernst und hatte große Angst ihren Bruder zu verlieren.“ Sagte Aidan.

„Erinnerst du dich an die Nacht, als ihr Bruder nicht zurück nach Hause kam und sie eine schiere Panikattacke bekam?“ fragte Damian leise.

„Ja. Als Erik damals nicht zurückkam, hat Lily mich und Damian aus dem Bett geklingelt. Wir sind die ganze Stadt abgerannt, aber haben kein Lebenszeichen von Erik gefunden. Lily hat seit diesem Tag kein einziges Mal mehr von Herzen gelacht. Ich meine, dass war vorher zwar auch schon eine Seltenheit, aber sie hat hier und da vor Freude gestrahlt. Wisst ihr wie hübsch Lily aussieht, wenn sie lacht?“ Aidan sah melancholisch aus und die Traurigkeit strahlte geradezu aus seinen Augen.

„Die arme Lily…“ sagte Bill.

„Ja – aber!“ hielt Damian ihm den Zeigefinger vor die Nase.

Die Zwillinge wechselten einen Blick.

„- ihr zwei seid vermutlich eine größere Stütze als ihr noch glaubt. Lily hat normalerweise keinen Grund irgendjemand so dermaßen zu hassen, wie sie es bei euch beiden tut. Ergo – bedeutet das etwas!“ sagte Damian.

„Richtig und wir zwei glauben, dass ihr Lily gut tut. Ihr gut tun könntet – wenn sie euch lässt. Aber damit sie euch lässt, muss sie euch akzeptieren. Und sie wird euch nur akzeptieren, wenn ihr die „Probe“ besteht…“ sagte Aidan langsam.

„Welche Probe bitte?“ fragte Tom verdattert.

„Die Probe die sie jedem stellt, der ihr Freund sein will!“ sagte Aidan.

Damian nickte bestätigend.

„Und was für eine Probe ist das?“ fragte Bill.

„Das wird sich zeigen, wenn der Moment da ist. Lily akzeptiert Menschen nur, wenn sie etwas tun, was sonst niemals jemand zuvor für sie getan hat. Aber das sind keine Kleinigkeiten!“ sagte Damian.

„Was war eure Probe?“ wagte Tom zu fragen.

Aidan sah auf und lächelte: „Meine Probe ereignete sich mit drei Jahren. Ich erinnere mich noch gut. Lily und ich haben im Sandkasten gespielt, da hat Lily plötzlich geschrien.“ Damian trank unbeeindruckt einen Kaffee, während die Zwillinge an Aidans Lippen hingen.

„Eine Schlange hatte sich um Lilys Knöchel gewickelt. Ihr Bruder war nicht da und meine Mutter hatte im Haus zu tun. Ich weiß bis heute nicht, was es für eine Schlange war, ich weiß nur, dass die Schlange giftig war. Lily hat gezittert und die Schlange quetschte ihr das Gelenk zu. Ich hab die Schlange von Lily runtergerissen, und wollte sie ins Gras schleudern, doch dann hat die Schlange sich aus meinem Griff entwunden und hat mir fest in den Hals gebissen.“ Aidan zog seine Haare beiseite, die sehr lang waren und entblößte zwei Male am Hals. Sie waren weiß und klein.

„Lily hat geschrien, noch viel lauter als vorher. Meine Mutter ist aus dem Haus gerannt und hat sofort gesehen was los ist. Jedenfalls bin ich an diesem Tag im LKH gelandet, wo man Gegengifte in mich hineinpumpte. Lily hatte große Angst um mich. Sie wich nicht von meinem Bett, auch als ihr Bruder sagte, dass sie schlafen sollte. Als ich am nächsten Tag aufgewacht bin, war die erste die mich angesehen hat, Lily. Sie war überglücklich und hat solange im Krankenhaus gewohnt, bis ich wieder nach Hause durfte!“ Aidan trank zufrieden seinen Kaffee aus.

„Wow…“ sagte Bill.

„Auch wenn ich irgendwie Angst vor der Antwort habe – was war deine Probe, Damian?“ fragte Tom.

Damian lächelte und sagte: „Ich kenne Lily zwar genauso lange wie Aidan, aber meine Probe war erst als wir beide 8 Jahre alt waren. Lily und ich haben vor Aidans Haus gewartet, aber der Dummkopf hatte sich Hausarrest eingefangen, also mussten Lily und ich alleine spielen. Lily hat dann gesagt, sie wolle unten am Bach Fische fangen. Ich bin mit ihr mitgegangen und hab versucht es ihr auszureden. Der Bach war sehr gefährlich, überall waren wilde Tiere und auch einige sehr giftige Insekten. Lily wollte aber und dann bin ich mit. Der Bach, na ja ist so etwas wie ein kleiner Wildbach wisst ihr, er ist sehr hoch und voller spitzer Steine und kleiner Schluchten. Na ja wir sind hinunter zum Wasser geklettert. Lily war immer besonders schnell, doch an dem Tag hat sie sich vergriffen und ist ins Wasser gefallen. Ich war total panisch und hatte nur eine Möglichkeit. Ich bin ihr nachgesprungen. Das Wasser hat uns mitgerissen und Lily schrie vor Angst – sie konnte damals nämlich überhaupt nicht gut schwimmen.“ Lächelte Damian.

„Unfassbar wenn man bedenkt wie gut sie jetzt ist?“ dachte Bill.

„Jedenfalls konnte ich ihre Hand erwischen und sie mitziehen. Wir haben uns dann an einen Felsen geklammert. Am Tag zuvor hatte es heftig gestürmt und mehrere Baumstämme sind im Wasser gelegen, verkeilt und voller spitzer Späne. Jedenfalls hat sich einer gelockert und ist auf Lily zu gejagt, vom Wasser angetrieben. Ich hab Lily beiseite geschubst, der Baum hat mich erwischt und regelrecht gepfählt.“ Sagte Damian.

„GEPFÄHLT?“ riefen Tom und Bill fassungslos.

„Jup… seht ihr hier ist die Narbe!“ sagte Damian und zog sein Shirt hoch. Es war eine Zick-Zack Narbe, knapp neben seinem Bauchnabel.

„Ach du verdammte Scheiße…“ fluchte Tom geschockt.

„Lily war auch geschockt und das einzige was ich dem Baumstamm verdanke, ist, dass er mich so an den Felsen geheftet hatte, dass ich Lily fest halten konnte und wir so nicht wegtreiben konnten. Ein Wanderer hat uns dann gefunden und geholfen. Ich bin natürlich auch sofort mit einem Helikopter in ein Krankenhaus geflogen worden. Lily ist auch mir nicht von der Seite gewichen und hat solange gewartet bis ich wach war und wieder nach Hause durfte…“ lächelte Damian.

„Ach du … Fuck…“ sagte Bill.

„Jedenfalls werdet ihr auch eine Prüfung erleben. Eine Probe von Lily zu bestehen, heißt zwar sein Leben zu riskieren, aber danach wird man von ihr mit ewiger Freundschaft und Liebe belohnt. Glaubt mir das ist es wert.“ Sagte Aidan.

„Und warum glaubt ihr, dass sie uns beide eigentlich akzeptieren möchte?“ fragte Tom.

„Ganz einfach – Lily hat verzweifelt geklungen… wir haben sie natürlich angerufen und sie hat sehr traurig und verzweifelt geklungen. So redet sie nur, wenn sie sich für jedes einzelne Wort hasst, das sie sagt.“ Erklärte Damian.

„Mal ganz ehrlich – Lily hat echt viele Komplexe, mhm?“ fragte Tom.

„Ja das auf jeden Fall, aber Lily ist es wert, dass man um sie kämpft. Nur Damian und ich befürchten, dass Lily in etwas weit größerem verstrickt ist, als das wir uns das überhaupt vorstellen könne. Versteht ihr?“

„Nein nicht wirklich!“ schüttelten die Zwillinge die Köpfe.

„Lily war in den letzten Tagen sehr abwesend – sogar für sie ungewöhnlich abwesend. Sie war so… verletzlich, besorgt, und sie schien immer müde und abgekämpft zu sein.“ Erklärte Aidan.

„Mhm und ihr wollt, dass wir rausfinden, warum das so ist?“ fragte Tom.

„Lily ist immer ehrlich zu uns – sie hat gesagt, dass wir ihr vertrauen müssen. Das werden wir auch tun – aber ihr zwei müsst das nicht!“ lächelte Aidan verschlagen.

„Vertrauen ist Lily sehr wichtig. Aber wir können es nicht zulassen, dass sie sich weiterhin versucht umzubringen. Darum bitten wir euch beide um eure Hilfe!“ sagte Damian.

Bill und Tom blieben stumm, dachten darüber nach, was die Jungs ihnen erzählt hatten. Ja es stimmte, sie wollten dieser armen Lily helfen, aber die Probe schreckte sie ab. Doch sie sahen beide auf, nickten einander zu und Tom sagte: „Einverstanden!“

„Wir helfen euch und Lily.“ Sagte Bill.

„Vielen Dank – ihr glaubt gar nicht wie dankbar wir sind!“ seufzte Aidan auf.

„Eine Frage hätte ich allerdings noch!“ sagte Tom.

„Und die wäre?“ wunderten sich die beiden Studenten.

„Könnte es sein, dass ihr alle beide in Lily verliebt seid?“ fragte Tom direkt.

Damian und Aidan sahen sich an und ein schmerzvolles Lächeln breitete sich auf ihren Gesichtern aus.

„Ja…“ nickte Aidan langsam.

„Aber Lily weiß das!“ sagte Damian.

„Und was hat sie dazu gesagt?“ fragte Bill.

„Das sie weder Damian noch mich liebt und wir beide unsere Gefühle entweder nicht zeigen, für uns behalten oder für immer aus ihrem Leben verschwinden sollen. Wir haben das zweite gewählt. Ein Leben ohne Lily wäre für uns beide so leer und langweilig!“ sagte Aidan.

„Oh… das tut mir Leid!“ sagte Bill.

Die beiden schüttelten den Kopf.

„Muss es nicht. Wir haben es akzeptiert. Und deswegen beschützen wir sie so extrem. Wir wollen um alles in der Welt verhindern, dass Lily verletzt wird. Vor allem wollen wir sie vor Liebeskummer bewahren!“ sagte Damian.

„Das werdet ihr aber nicht immer können!“ meinte Bill.

„Nein – das wissen wir, aber versuchen unser Bestes!“ lächelte Aidan.

„Gut wir sind dabei!“ sagten die Zwillinge.

„Ich hoffe, dass das keinen Ärger für eure Band bedeutet. So wie es nämlich auf uns beide wirkt, seid ihr beide genauso in Lily verliebt, wie wir beide!“ sagte Aidan.

„Tja – wir sind Brüder und unsere Band und die Musik steht an erster Stelle. Wir werden es nicht zulassen, dass es da Ärger gibt. Dafür ist es uns zu wichtig!“ sagte Tom.

Bill nickte bestätigend: „Daran wird kein Mädchen der Welt etwas ändern.“

„Ach wie süß – waren wir auch mal so naiv und kindlich?“ fragte Aidan Damian.

„Ich glaube schon – nur ihr werdet es auch noch lernen. Lily zu lieben heißt, eine fast unlösbare Aufgabe zu übernehmen!“ sagte Damian.

Blut und Schnee - der Ausbruch!


 

„Lily – komm. Geh einmal nach Hause und schlaf dich aus. Du bist seit gestern ununterbrochen an den Berechnungen gesessen. Du brauchst Schlaf, Kind!“ sagte Tess liebevoll.

Sie strich Lily sanft über den blonden, schwarzen Schopf und Lily blickte Tess mit müden Augen an. Nur von Tess ließ sie sich über die Haare streicheln. Die alte Dame war für Tess wie eine Großmutter und Mutter, sie war ihr sehr wichtig.

„Aber – ich muss noch auf die Ergebnisse, der letzten, der letzten – AHHH!“ gähnte sie herzhaft.

Tess lächelte und sagte mit erhobenem Zeigefinger: „Du brauchst Schlaf – außerdem musst du dich wiedermal in der Uni sehen lassen – sonst wird noch wer misstrauisch!“

„Na gut – schon kapiert, Tess.“ Nickte Lily und stand leicht schwankend auf, sie hatte weniger geschlafen, als sie Tess hatte wissen lassen. Um genau zu sein, hatte sie über drei Tage schon nicht mehr geschlafen. Aber jetzt sah sogar sie selbst ein, dass sie so keine Leistungen mehr vollbringen konnte.

„Nacht Jungs – ich bin morgen wieder da!“ sagte Lily völlig erschöpft.

Stuart blickte hoch und lächelte: „Gut – schlaf gut, Noir!“ er blinzelte ihr zu.

„Bye Henry!“ sagte Lily nur und Henry nickte ihr ernst zu: „Ja und wag es nicht vor morgen anzutanzen – du brauchst Schlaf Lily!“

Lily nickte artig und verschwand, sie hob ihre Ledertasche auf, und zog erneut den schwarzen Mantel über die Uniform. Sie ging die Stufen der Treppe hinunter und schließlich trat sie vor das schmale Seitenhaus. Als sie ausatmete sah sie wie der Atem gefror und kleine Atemwölkchen zu sehen waren.

„Nanu?“ fragte sie erstaunt und sah hoch. Doch die beiden Seitenhäuser waren durch jeweils zwei weit hinausragende Dächer abgeschirmt und sie sah keinen Himmel. Sie spürte allerdings den Temperatursturz und sie ging Richtung Straßenbahn-Station. Da leuchtete ihr bereits die Straße hell entgegen und Lily musste kurz die Hand vor die Augen legen.

Da sah sie dass es geschneit hatte. Alles war von einer dicken Schicht weißen Nass eingefasst und es schneite noch immer in schönen, rhythmischen Flocken vom Himmel.

„Schnee…“ flüsterte Lily und hob die rechte Hand aus der Manteltasche und ließ die Flocken darauf fallen. Sie spürte die Kälte und sah zu wie die Schneeflocken zu Wasser schmolzen.

„Mist – ich brauch erst was zu essen. Ich sterbe gleich vor Hunger…“ brummte sie innerlich und gleichzeitig wurde ihr bewusst, dass sie nichts zu essen bei sich zu Hause hatte.

Sie sah einen späten Late-Shop, der noch immer offen hatte. Sie hatte einen Blick auf ihre Handyuhr geworfen und überrascht erkannt, dass es halb drei Uhr morgens war. Wenn sie wieder die Uni schwänzen würde, dann würde sie Ärger bekommen. Nicht auffallen, war allerdings das große Motto seit gestern geworden. Die Entführung von Geoffrey Stuart würde bald Schlagzeilen machen – wobei… hatte es gar schon Schlagzeilen gemacht? Lily rannte zum Shop und erstand zwei Tiefkühlpizzen, sowie die gestrige und heutige Zeitung.

„Macht 4€ 35 Cent.“ Sagte die müde Kassiererin.

Lily gab ihr das Geld und rannte weiter zu einer gerade angekommen Straßenbahn. Sie fuhr in ihr Stadtteil und stieg am Hauptplatz aus. Sie sah sich um und erkannte, dass fast niemand zu dieser Stunde auf der Straße war. Vor allem nicht in diesem Stadtteil. Sie sah sich um und ging zu dem Mehretagenhaus in dem sie mit ihrem Bruder wohnte. Nun ja, wo sie alleine wohnte. Ihr Bruder war hinter einem Panzerglasfenster in Henrys und Tess Wohnung eingesperrt. Wenn sie daran dachte, machte es stets einen Schmerzhaften Stich in ihrem Magen. Sie sperrte die Haustür auf und schlich in ihre Wohnung im zweiten Stockwerk. Sie hatte entsetzlich interessierte Nachbarn, die sich viel zu oft in ihre Angelegenheiten einmischten, als es ihnen guttat.

Sie schloss lautlos die Wohnung auf und machte just in dem Moment die Tür zu, als ihre überbehilfliche Nachbarin Shannen die Tür öffnete. Lily schloss die Tür ehe die Frau noch etwas sagen konnte und lehnte sich müde gegen die Innenseite. Doch diese unangenehme Person wagte es tatsächlich anzuklopfen.

„Miss White?“ rief sie mit ihrer nervigen hohen Stimme.

„Oh Gott nein!“ stöhnte Lily innerlich.

„Ich hab sie gesehen!“ rief sie zwitschernd und schickte ein nerviges Lachen hinterher, das Lily zur Weißglut trieb. „Verstecken ist sinnlos!“ lachte sie glockenhell.

„Gut – sie will es nicht anders!“ dachte Lily und öffnete die Tür.

„AHHH da sind Sie ja. Wissen Sie ich hab mir Sorgen gemacht – Sie waren seit zwei Tagen nicht mehr zu Hause!“ sagte Shannen Doe.

„Mrs. Doe – woher wissen Sie das bitte schön?“ fragte Lily genervt.

„Oh ich …“ Shannen lachte nur dümmlich.

„Schon gut, ich kann mir denken, dass Sie – dadurch Sie kein eigenes Privatleben haben – andere gerne bei ihrem ausspionieren. NUR Sie sollten lieber eines ganz schnell lernen.“ Sagte Lily kalt.

Shannen sah sie unsicher an und grinste wieder auf ihre extrem nervig, süßliche Art.

„ – lassen Sie mich in Ruhe und ich werde dafür keine Brandbombe basteln und in Ihre Wohnung schmeißen, wenn Sie im Flur stehen!“ damit schmiss Lily die Tür zu und Mrs. Doe ging schockiert in ihre Wohnung zurück.

„AHHH!“ stieß sie einen Seufzer aus und heizte den Backofen an, während sie sich auszog und ihre Kleider einfach zu Boden fallen ließ, während sie ins Badezimmer ging und unter die Dusche trat. Als sie herauskam, mit nassen Haaren und nur ein Handtuch um den zarten Körper gewickelt, war der Ofen heiß genug, sie schob eine Pizza in den Ofen und sah prüfend auf Uhr. Sie räumte die zweite Pizza weg und startete ihr Netbook, was wartend auf ihrem Küchentisch stand. Das Book fuhr hoch und Lily ging die Haare schüttelnd, in ihr Schlafzimmer. Auf ihrem Weg kam sie bei dem alten Zimmer ihres Bruders vorbei. Lily blieb stehen und seufzte kurz. Dann ging sie in sein Zimmer und sah sich um. Sie hatte seit jenem Tag als Erik nicht mehr zurückkam, alles genau so gelassen, wie es war. Doch heute hatte sie ein seltsames Gefühl. Lily fühlte sich seltsam, als hätte sie schon immer so eine Ahnung gehabt. Sie ging zu dem großen Schrank, indem ihr Bruder seine Klamotten aufbewahrte. Sie öffnete ihn und sah sich seine ganzen Sachen durch – alles war da bis auf seine Schuluniform, die er damals angehabt hatte, als er verschwand. Doch da sah sie sein Lieblingssakko. Sie nahm es heraus und strich über den dunklen, blauen Stoff. Sie fuhr über das aufgestickte Logo der Absalom Akademie – zwei Lorbeerblätter und ein Schwert. „Stärke, Einheit, Kraft und Loyalität…“ sagte sie leise.

Ihr Bruder hatte diesen Spruch geliebt und Lily hatte ihn deswegen gerne aufgezogen. Doch nun runzelte die Stirn und sah die ausgebeulte Seitentasche des Sakkos. Sie griff hinein. Ihr Bruder hatte das Sakko an dem Tag vor seinem Verschwinden getragen. Sie konnte sich erinnern wie er nach Hause gekommen war – er war so glücklich gewesen. Die Prüfungen waren gut gelaufen, er hatte gestrahlt.

„Ach Erik…“ seufzte sie, da spürten ihre Finger etwas und sie zog dieses „Etwas“ aus der Tasche des Sakkos. Erstaunt erkannte sie ein zusammengeknülltes Papier, es war so fest zusammengedrückt, dass Lily Schwierigkeiten hatte es ohne es zu zerreißen, aufzubekommen.

„Na so was…“ grummelte sie, da roch sie einen knusprigen Geruch und als sie auf die Uhr im Zimmer von Erik blickte, sah sie dass die Pizza fertig war. Immer noch mit dem Papier kämpfend, ging sie wieder in die Küche, legte es beiseite und zog die Pizza aus dem Ofen. Sie duftete so gut, dass Lily das Papier kurz vergaß und sich über die leckere Hawaii Pizza hermachte.

„AHHH!“ sagte sie später satt und zufrieden. Da fiel ihr Blick wieder auf das noch immer zerknüllte Papier. Sie nahm es vorsichtig in die Hand und nach einigen Minuten des Ringens, Zupfens und leisen Fluchens, hatte sie es auseinander bekommen. Sie glättete es mit der linken Hand und hielt es hoch.

„HÄ?“ entkam es ihr und sie runzelte verwirrt die Stirn.

Sie sprang auf, lief in ihr Zimmer und zog sich schnell einen BH, eine Unterhose, einen karierten Knierock an, schwarze Stulpen, dazu schwarze flache Schuhe, ein rotes Top und ein schwarzes Bolero an. Sie rannte wieder in den Eingangsbereich, schnappte sich das Papier, wickelte sich einen Schal über und kontrollierte ob sie den Herd ausgeschalten hatte. Sie stellte das Geschirr hastig in die Spülmaschine und schlüpfte in einen dicken Wintermantel. Schon war sie weg und sperrte schnell die Tür zu.
 

„Mhm – das ist nicht stimmig. Irgendetwas stimmt hier einfach nicht!“ stöhnte Stuart und ließ seinen Kopf nach hinten sinken. Tess und Henry wechselten einen Blick und Tess fragte: „Wieso? Was ist Stuart?“

„Das hier!“ er hob die neuesten Ergebnisse in die Höhe.

„Mhm?“ Tess schnappte sich das Blatt und las es sich durch. Während sie las, wanderten ihre Augenbrauen in die Höhe und ein verblüffter Ausdruck trat in ihr Gesicht.

„Henry!“ sagte sie nur und schon war er neben ihr.

Das Wesen namens Proband 3, der frühere Erik White, schlief zusammengerollt im Inneren des Gefängnisses und sah friedlich aus.

„Das ist nicht schlüssig – das muss ein Fehler bei der Eingabe des Daten gewesen sein!“ sagte Henry fest.

„Nein – ich hab diese Werte dreimal neu eingegeben – jedes Mal das gleiche Ergebnis!“ sagte Stuart matt.

„Aber … nein, das kann nicht sein. Stuart!“ er sah aufgebracht auf. Tess sah unwohl zwischen ihrem Bruder und Stuart hin und her.

„Wenn diese Ergebnisse stimmen, dann verdammt noch mal – dann haben wir ein Riesenproblem!“ sagte Henry zornig.

Tess wusste, dass Henry Recht hatte. Die Ergebnisse waren erschütternd.

„Ich weiß Cortez!“ fauchte Stuart zurück.

„Aber wenn es so ist, dann müssen wir noch schneller werden. Ich meine…“ Tess verstummte.

Hinter ihnen hatte es ein ungutes Geräusch gegeben. Tess, Henry und Stuart drehten sich um, da sahen sie es. Proband 3, Erik White, hatte seine Krallen fest in das Panzerglas geschlagen. Das hätte die drei Wissenschaftler nicht erschrocken, aber die feinen, immer stärker werdenden Sprünge im Glas waren nicht zu übersehen. Es wurde immer stärker der Druck durch die eingeschlagenen Krallen.

„Oh Gott!“ sagte Tess flüsternd. Henry und Stuart reagierten noch, und schoben Tess zur Tür hinaus, und obwohl die alte Dame wütend aufschrie, vor Verzweiflung und Wut: „HENRY! STUART!“ da krachte es bereits und ein wütendes Fauchen ertönte. Die Bestie kam wieder zum Vorschein und der Proband jaulte laut auf, und ließ ein furchtbares Geheul ertönen, wie ein Wolf.

„TESS LAUF!“ schrie Henry, und schlug die Tür zu.

Tess weinte vor Angst und rannte so schnell es für ihr Alter ging, die Treppe hinunter und rannte aus dem Haus. Sie hörte die grausamen, grauenhaften Geräusche, das Schmatzen, Knurren und Beißen. Sie wusste, sie würde ihren Bruder und ihren früheren Freund nie wieder sehen.

Tess rannte so schnell es ging, da stolperte sie ohne groß nachzudenken auf die Straße und krachte gegen einen jungen Mann.

„Huch!“ rief er und fing die zitternde, schwindlige Tess auf.

„Mam – alles in Ordnung?“ fragte er überrascht und besorgt. Doch Tess spürte die Gefahr die sich näherte und rief laut und schrie es geradezu. Alle Passanten die sich zu dieser Zeit bei der Station der Straßenbahn befanden, sahen sich um als Tess zu schreien anfing: „LAUFT! RENNT! BRINGT EUCH IN SICHERHEIT!“

Doch kaum als Tess wie eine Irre zu rennen anfing und in eine kleine Seitenstraße verschwand, und die Passanten sich unwohle Blicke zuwarfen, sprang ein schauderhaftes Wesen auf die Straße. Es sah grauenhaft aus. Es stand auf vier Beinen, wobei die hinteren Läufe seltsam deformiert aussahen. Es war schwarz und hatte ein langes Fell. Sein Gesicht war entstellt, es hatte eine hässliche Schnauze, hellblaue Augen, die wie tot aussahen und es sah noch viel grausamer aus, da sein ganzes Maul mit den spitzen Zähnen blutverschmiert war.

Eine Frau begann zu schreien und die Passanten begannen wegzulaufen. Alles schrie und versuchte zu fliehen. Doch das Wesen stieß ein lautes, grausames Geheul aus. Es brüllte immer lauter und dann stürzte es sich auf einen alten Mann und zerbiss ihm die Kehle. Immer wieder griff es an und die Leute rannten, verbarrikadierten sich in Häusern und Geschäften doch das Wesen hatte in kürzester Zeit an die 80 Menschen getötet, gebissen oder schwer verletzt. Es stieß erneut ein Heulen aus und sprang in eine Seitengasse und verschwand.

In wenigen Minuten war die Polizei und Krankenwagen wie Sanitäter und noch viel mehr Notärzte vor Ort.

„Was ist passiert?“ befragte ein Inspektor einige Überlebende, die Glück hatten, dass sie keine allzu großen Verletzungen hatten.

Doch er bekam, egal wie viele er befragte, die gleiche unfassbare Geschichte. Ein Wolfsähnliches Tier war aufgetaucht und hatte die vielen unschuldigen Menschen getötet.
 

Tess stand zitternd in einer Seitengasse und sah auf das Schlachtfeld, sie rutschte an der dreckigen Hausmauer entlang in den weißen Schnee und merkte gar nicht wie die Kälte und Nässe in ihren alten Körper drang.

Da legte sich eine Hand auf ihre Schulter und Tess zuckte zusammen, und schlug wild um sich.

„TESS!“ hörte sie eine wütende Stimme.

Tess sah sich um und sah Lily vor sich stehen, sie sah der alten Frau streng ins Gesicht, da riss sich Tess zusammen und sie atmete wieder tief und ruhig ein und aus.

„Tess was um alles in der Welt ist passiert?“ fragte Lily und setzte sich neben die Alte in den Schnee.

„Dein Bruder ist… er …“ Tess versagte die Stimme.

„Erik…“ seufzte Lily stöhnend und ihre Augen wurden dunkel vor Schmerz. Sie sah auf die blutüberströmte Straße, die vielen Leichen, die in Leichensäcke gestopft wurden und wie die Spurensicherung alles abzusperren begann.

„Tess – geh ins Krankenhaus – du siehst schlecht aus. Ich befürchte du hast dich überanstrengt!“ sagte Lily, die alte Frau nickte nur, doch dann rannten ihr die Tränen über das Gesicht und sie sagte: „NEIN! Nicht – ich… die Leute werden auf mich zeigen und mich der Polizei melden!“

„Wieso?“ fragte Lily scharf.

Tess sagte wütend: „Erik hat als erstes Stuart und Henry getötet und die beiden haben mich bevor er ausgebrochen ist noch aus dem Zimmer geschmissen. Ich bin gerannt und hab die Leute dann versucht zu warnen.“ Tränen rannten über das faltige Gesicht der alten Dame und sie schluchzte leise vor Zorn und Trauer: „Sie haben es natürlich nicht verstanden und haben sich nicht gerührt…“

„Aber wie ist das möglich? Wie konnte Erik die Panzerglasscheibe durchbrechen? Wie konnte sich der Luna-Modus so plötzlich stabilisieren?“ fragte Lily heißer.

„Ich weiß nur, dass Stuart mir und Henry fünf Minuten vor dem Ausbruch einen Ausdruck gezeigt hat. Er hat deine ausgewerteten Daten von heute Nacht ins System eingegeben und eine neue Statistik erstellt. Es waren unglaubliche Werte, Lily!“ sagte Tess.

„Ich … Komm, steh auf!“ sagte Lily und packte Tess unter den Armen. Sie zog die alte Dame ohne große Anstrengung hoch und sagte: „Wir müssen zurück ins Labor, bevor die Polizei und das FBI antraben. Steig auf!“ sagte Lily und nahm Tess Huckepack. Die Alte wog nicht wenig, doch Lily hob sie hoch als wäre sie ein Fliegengewicht. Sie nahm Anlauf und rannte mit Tess so schnell es ging über einige Seitengassen in die Seitenstraße.

„Kannst mit hochgehen?“ fragte Lily kalt.

Tess nickte, obwohl sie ahnte, wie es oben aussehen musste.

Sie gingen durch die zerstörte Eingangstür und Lily sah sich vorsichtig um. Der Innenbereich war völlig zerstört und alles war mit Blut beschmiert. Lily ging leise die Treppe nach oben und ging ins Labor. Dort musste sogar Lily sich kurz zusammennehmen und sich nicht direkt im Labor übergeben. Die schrecklich zugerichteten Leichen von Stuart und Henry brannten sich regelrecht in ihre Netzhaut ein. Lily suchte das Labor ab und nahm die neuesten Ausdrücke mit. Sie suchte alles akribisch ab und schließlich verließ sie das Labor. Tess hatte am Fuß der Treppe gewartet.

„Tess wir müssen alles abbrennen – brauchst du noch was?“ fragte Lily.

„Nein – ich hab meine und Stuarts Papiere schon geholt. In den anderen Räumen ist nichts!“ sagte Tess, die wieder die Ruhe in Person war.

„Gut – dann lass uns gehen.“ Sagte Lily.

Wenige Minuten später flammte ein hohes Feuer in dem Haus hoch und vernichtete hoffentlich alle Beweise, so wie auch Leichen. Als die Feuerwehr alarmiert durch die Nachbarn vor Ort ankam, waren Lily und Tess bereits verschwunden. Zwei Gestalten lehnten einige Meter entfernt an einer Mauer und eine schlanke Frau mit hellblauen Haaren sagte: „Es ist ausgebrochen – wir müssen die Firma warnen.“

Der Mann neben ihr nickte nur und so schnell wie sie gekommen waren, verschwanden die beiden wieder.
 

„Oh Gott – Bill sieh dir das an!“ rief Tom und als Bill aus dem Badezimmer kam, stellte Tom den Fernseher laut.

„ „…noch keine Hinweise darauf, wie dieses schreckliche Blutbad zu Stande kam. Oh dort kommt Inspektor Rauenstein. Inspektor!“ rief die schlanke Fernsehreporterin und lief auf einen großen, älteren Herrn mit leicht grauen Haaren zu. Sie hielt ihm das Mikro ins Gesicht und fragte: „Was können Sie zu dem grausamen Blutbad sagen?“ Der Inspektor schien alles andere als gewillt, doch er sagte mit tiefer Stimme: „So wie es aussieht, hat sich ein wildes Tier mitten in unserer Stadt an Menschen vergriffen und hat nach momentaner Sichtweise insgesamt 56 Menschen getötet. Mindestens 30 weitere Personen liegen nun im örtlichen LKH mit vielen, grausamen Verletzungen, viele werden es vermutlich gar nicht schaffen.“ Sagte der Inspektor.“

„Was ist-?“ fragte Bill, doch Tom schüttelte unwirsch den Arm und sagte: „PSSSST!!“

„ „Was werden die örtliche Polizei tun, um dieses „Tier“ zu finden?“ fragte die Reporterin. „Nun ja, wir haben uns bereits mit der EKO Cobra in Verbindung gesetzt. Wir können zwar momentan noch nichts Genaueres sagen, aber wir müssen sogar vor einem etwaigen Terror-Akt ausgehen. Die Cobra wird sich in den örtlichen Wäldern, in der Stadt und in den nahe gelegenen Siedlungen postieren und umsehen. Wir tun alles um diese „Kreatur“ zu finden!“ erwiderte der Inspektor. „Worauf stützen Sie die Vermutung eines terroristischen Angriffs?“ fragte die Reporterin. „Wir müssen uns auf alle möglichen Szenarien vorbereiten. Dieses Tier wurde von vielen als Wolfsähnlich beschrieben, aber unsere örtlichen Spezialisten müssen von einer sehr seltsamen Vorgeschichte ausgehen. Anscheinend stolperte eine ältere Frau mit weißen Haaren und einfachem Gewand auf die Straße und hat angeblich eine Warnung geschrien, dass alle verschwinden sollen. Wir können daher vielleicht annehmen, dass diese Frau mehr weiß. Unsere Techniker sind bereits mit speziellen Programm daran, mittels der gelieferten Beschreibungen ein Phantombild der alten Dame anfertigen zu lassen.“ Erwiderte der Inspektor. „Sie glauben dass die alte Dame vielleicht eine abgekartete Terroristin ist?“ fragte die Reporterin. „Wir sind momentan für jeden Hinweis dankbar, der uns hilft, dieses Wesen einzufangen!“ erwiderte der Inspektor knapp. „Und jetzt entschuldigen Sie mich, man benötigt mich im Revier!“ sagte Rauenstein. „Vielen Dank, Inspektor.“ Erwiderte die Reporterin und sah nun wieder direkt in die Kamera: „Wir sind nach wie vor erschüttert über das Bild hier, aus Pietätsgründen werden wir keine Nahaufnahmen von der Straße hier übermitteln. Wir möchten den Zuschauern diesen Anblick ersparen. Ich gebe zurück ins Studio!“ – Sequenzschaltung ins Studio – „Vielen Dank Elena – meine Damen und Herren wir sind genauso erschüttert wie sie, und wir werden uns rund um die Uhr nach Neuigkeiten, über die Opfer und das hoffentlich baldige Auffinden des Monstrums, Ausschau halten.“ Sagte ein Fernsehreporter.“

„Wow…“ sagte Bill und seine Augen waren weit aufgerissen, natürlich hatte man hinter der Reporterin Blicke auf die Straße werfen können und Tom schluckte.

„Das ist ja grauenhaft!“ sagte Bill und ließ sich auf das Bett sinken.

„Kannst du laut sagen…“ nickte Tom.

„Was war das wohl für ein krankes Tier?“ fragte Bill.

„Tja, ich hoffe nur die finden es bald und erschießen es.“ Sagte Tom und seine Arme zeigten eine Gänsehaut.

„Du Tom… ich hab eben eine SMS von Damian und Aidan gekriegt. Lily ist seit zwei Tagen nicht mehr in der Lisenka gewesen und keiner kann sie von den beiden erreichen!“ sagte Bill, als sein Handy ein helles Summen von sich gab.

„Oh Gott…“ sagte Tom und sein Gesicht wurde weiß.

„Komm denk nicht so – was hätte sie dort tun sollen? Die Gegend ist berüchtigt, und Schülerinnen von Lisenka ist es verboten dorthin zu gehen. Das ist das Rotlichtmilieu und die ganzen Drogen…“ Bill verstummte und sah Tom ebenfalls erbleicht an.

„Sag ich ja…“ nickte Tom.

„Das Koks…oh nein, oh mein Gott!“ Bill sprang auf.

„Was wohin willst du? Heute ist Montag, wir dürfen die Schule nicht verlassen!“ sagte Tom und sah zu wie Bill sich anzog. Draußen war es bereits dunkel geworden. Den ganzen Tag schon berichteten die Medien von der frühmorgendlichen Bluttat und die beiden hatten erst jetzt davon erfahren. Die Vorlesungen hatten bis in den frühen Abend angedauert.

„Wir müssen Lily suchen gehen!“ sagte Bill und schlüpfte aus der Uniformjacke und zog sich schnell seine geliebte Lederjacke und höhere Schneefeste Schuhe an.

Tom sah seinen Zwillingsbruder an und plötzlich nickte er: „Ja, gehen wir!“ er borgte sich von Bill eine weite Jacke und gemeinsam schlichen sie die Treppen hinunter und stibitzen sich bei der Küchentür hinaus. Sie liefen so schnell es geht, geduckt bei den Kameras vorbei und kletterten über die Mauer der Universität.

„So gut wie unsere Absalom bewacht ist, denk ich mir auch immer wieder, wovor die so Angst haben!“ sagte Tom, doch da warf er während sie liefen Bill einen trockenen Blick zu: „Jetzt kann ich es mir denken!“

„Red nicht so viel Blödsinn – wir müssen in die Innenstadt – Rotlichtmilieu!“ sagte Bill.

„Schon gut – früher hätte ich es lässig gefunden, wenn du da von selbst hingewollt hättest!“ lachte Tom, doch sie liefen noch schneller und die Sorge um Lily trieb sie an.
 

„Bill hat zurückgeschrieben!“ sagte Aidan und hob sein Handy hoch.

Damian der wie ein nervöser Tiger im Käfig auf und ab ging, war sofort bei Aidan und fragte: „Und was hat er geschrieben?“

„Sie gehen Lily suchen.“ Aidan hob seine Augenbrauen in die Höhe und Damian biss sich besorgt auf die Lippe: „Scheiße – die gehen dorthin wo der Angriff war.“ Sie sahen sich eine Zeit lang an und dann sagte Aidan: „Gehen wir jetzt auch?“ „Darauf kannst du einen lassen!“ nickte Damian und schon waren beide aus Aidans Zimmer draußen und rannten ohne was zu Aidans Mutter zu sagen, zur Tür hinaus.

„Jungs?“ fragte sie besorgt. Doch da fiel schon die Tür zu.
 

„Tess hier trink deinen Tee!“ sagte Lily während sie in ihrer Wohnung saßen und ihr Netbook erneut hochfuhr.

„Danke Lily!“ sagte Tess und rührte den Tee dennoch nicht an. Sie hatte eine Stunde geschlafen, unruhig und war mit einem lauten Schrei aufgewacht. Doch Lily hatte sie nicht eher aufstehen lassen, bis Tess Hände nicht mehr zitternden und sie nicht Gefahr lief erneut ohnmächtig zu werden.

Lily begann ein Programm zu starten, was Henry ihr installiert hatte. Sie hatte die Festplatten ausgebaut und mitgenommen. Lily hatte bis jetzt sämtliche Daten auf ihr Leistungsstarkes Book überspielt und nun betrachtete sie besorgt die Daten, von denen Tess gesprochen hatte.

„Oh Gott!“ sagte Lily.

„Ja, ich weiß!“ sagte Tess trocken.

„Das ist unfassbar – wie konnten sich die Delta-Wellen, sie sind so gewaltig!“ hauchte Lily.

„Ja und die Alpha- Wellen, sowie Betawellen sind fast vollständig verschwunden. Dafür tauchen immer wieder diese Gamma – Wellen auf. Und die beunruhigen mich am meisten!“ sagte Tee.

„Mhm…“ sagte Lily unwohl, da sagte Tess: „Warum warst du dort?“

„Was?“ fragte Lily abwesend.

Tess sah Lily fest an: „Warum warst du dort? Du solltest dich doch ausschlafen!“

Lily sah auf und blickte kalt in Tess Augen: „Ja, aber dann hab ich einen Brief von Erik gefunden!“

„WAS?“ Tess sah Lily entgeistert an.

„Ja…“ nickte Lily und reichte Tess da zerknüllte Blatt Papier. Tess runzelte die Stirn und sagte leise: „Das ist zu verschwommen…“

„Liebste Lily…“ sagte Lily leise und Tess Augen huschten mit, sie kannte den Brief auswendig, „… wenn du das liest, heißt es sie haben mich gefunden. Und wahrscheinlich werden wir uns nie wieder sehen. Ich will dass du nicht nach mir suchst. Es ist zu gefährlich. Lily, unsere Eltern sind damals nicht von einem Zug überrollt worden – es war kein Unfall. Ich will dass du das weißt, aber benutz dein Hirn und verschwinde von hier. Es wird zu gefährlich. AEVIN kann man nicht stoppen!“

„AEVIN…“ sagte Tess leise.

„Ja…“ nickte Lily.

„Was soll das bedeuten?“ fragte Tess fassungslos.

„Es bedeutet, was ich die ganze Zeit vermutet hatte…“ Lily stand auf und ging zu dem großen Fenster ihres Wohnzimmers und blickte hinunter auf die tiefverschneiten Straßen, sie dachte daran, dass ihr Bruder vermutlich noch weiterhin Amok lief und viele weitere Unschuldige in den Tod riss. „… AEVIN hat meine Eltern umgebracht. Ich weiß noch nicht den Grund, aber ich glaube, dass Erik das rausgefunden hat und AEVIN es wusste, dass Erik es wusste. Sie haben ihn entführt und haben versucht das Unangenehme mit dem Angenehmen zu verbinden. Projekt Lupos und den Spion – zwei Fliegen mit einer Klappe.“ Lily drehte sich um.

„DU meinst sie wussten, wer Erik war?“ fragte Tess.

„Natürlich wussten sie wer Erik war, und sie wussten dass ich kommen und alles tun würde, um Erik zu finden. Sie haben ihn damals vermutlich mehrere Tage hinweg beobachtet und ihn schließlich abgefangen, irgendwohin geschleppt und infiziert. Und das gleiche haben sie mit mir getan!“ sagte Lily.

Tess wollte etwas erwidern, doch der Fernseher wurde lauter, als die Nachrichten gezeigt wurden. Lily und Tess sahen zu.

„Noch immer versucht die Polizei in Verbindung mit der Spezialeinheit Cobra dieses Wesen zu finden. Bisher ohne Erfolg, doch mehrere Zeugenberichte aus dem Krankenhaus vermitteln ein grausames Bild. Anscheinend haben Verletzte, die von diesem Tier attackiert, seltsame Symptome an den Tag gelegt und in diesem Moment wird versucht, das gesamte LKH zu räumen. Wie ich gerade von einer Kollegin erfahre, ist sie im Moment vor Ort. Schalten wir ins LKH Pamhagen!“ sagte die atemlose Fernsehreporterin. Sequenzwechsel – Blick auf das LKH im Hintergrund, schreiende Menschen, Feuer – Chaos.

„Unfassbare Szenen spielen sich hinter mir ab. Chaos, Entsetzen und nun ist auch noch ein Feuer ausgebrochen. Ich habe vor einigen Minuten von einer Freundin via Handy erfahren, sie ist Krankenschwester auf der Intensivstation, dass die eingelieferten Patienten grauenhaft aussehen. Sie verhalten sich grausam, sie attackieren andere Patienten und versuchen andere zu beißen und wir haben bereits Mitteilungen erhalten, nachdem der Chefarzt bereits getötet wurde. Sie sehen Trauer und Angst, sowie blankes Entsetzen in den Augen der Geretteten. Es ist als hätte Gott die Hölle aufgerissen und Dämonen geschickt!“ schrie eine hysterische Reporterin in ihr Mikrophon.

„DENISE PASS AUF!“ hörte man den Kameramann schreien, hinter der Reporterin war eine Gestalt aufgetaucht. Sie war grausam zugerichtet, sie hatte nur einen Arm, und aus dem abgerissenen Stumpf rannte Blut. Die Reporterin mit dem Namen Denise schrie auf und ehe der Kameramann etwas tun konnte, hatte die Gestalt Denise zu Boden geschleudert. Der Kameramann ließ die Kamera fallen und man sah nur noch das fallengelassene Mikrofon auf der Erde liegen. Ein Bild wurde eingeblendet auf dem Stand „Technische Schwierigkeiten“ und ein kein Ton war mehr zu hören.

„Oh Gott….“ Flüsterte Tess. Sie sah Lily an, diese nickte düster: „Ja – die Scheiße ist übergekocht.“ Und sie sah hinaus in die Stadt, die immer mehr vom Chaos verschlungen wurde.

„Tess – ich muss, ich muss …“ Lily brach ab, doch Tess stand auf und sagte leise: „Ja – du willst Erik suchen!“

„Ich muss ihn stoppen, bevor er noch mehr Menschen beißt!“ sagte Lily und ihre Augen glänzten hell auf.

„Kind – deine Augen!“ sagte Tess.

„Oh nein …“ sagte Lily und öffnete ihren Kreuzanhänger und gab etwas Koks auf die Handfläche und mit einer raschen Bewegung hatte sie es eingeatmet. Ihre Augen flackerten nicht mehr und sie wirkte wieder ruhiger.

„Ich weiß Lily – aber wie willst du ihn finden?“ fragte Tess.

„Ich werde nicht hier rumsitzen. Tess ich gehe! Du bleibst hier, ich schicke dir per Handykamera neue Hinweise und ich hab mein Ohrfunkmikro immer drinnen – wir sind also ständig verbunden. Wenn ich weg bin, verbarrikadierst du die Tür und öffnest niemanden, außer wenn ich es bin! Verstanden?“ sagte Lily. Sie ging in den Flur und öffnete eine Schublade. Sie nahm eine geladene Pistole heraus und reichte sie Tess.

„Wenn ich es nicht bin – dann…“ sie nickte auf die Pistole.

„Gut – und Lily pass ja auf dich auf!“ sagte Tess.

„Wird schon klappen!“ sagte Lily.

Damit verschwand sie und Tess sperrte die Tür zweimal zu. Dann sah sie zum Fernseher wo immer noch das „Technische Schwierigkeiten“ – Bild eingeblendet war und sagte leise: „Lily wehe du kommst nicht mehr zurück!“ und setzte sich an den Laptop und betätigte die Kamera. Sie sah wie Lily die Treppe nach unten lief und die Haustür öffnete.

„Lily hörst du mich?“ fragte Tess in das Headset, was sie sich umlegte.

„Klar und deutlich. Ich mach mich auf den Weg in die Innenstadt – zum ersten Schauplatz. Wenn ich dort keine Hinweise finde, mach ich mich auf den Weg ins LKH!“ sagte Lily zurück.

„Gut pass auf dich auf, Kleines!“ sagte Tess und beobachtete die Kamera, gleichzeitig begann sie erneut die Daten auszuwerten in der Hoffnung es war doch nicht so schwarz in schwarz.

Was ist hier los?


 

„Gott hier sieht es aus!“ sagte Tom erschüttert. Die ganze Straße war voller Blut und anderen Dingen, die die beiden erst einmal ignorierten.

„Ich hoffe wir haben Unrecht und Lily ist gar nicht hier!“ sagte Bill.

„Ja – ich hoffe es auch!“ sagte Tom. Sie suchten die Straße mit den Augen ab, als zu ihnen ein Inspektor trat: „Hey – was macht ihr beiden hier? Das hier ist Sperrgebiet!“ Die Zwillinge drehten sich um und sagte: „Entschuldigen Sie, aber wir haben nur Angst um unsere Freundin. Wir glauben sie könnte hier sein, hier gewesen sein – bei den Angriff!“ sagte Bill.

„So, so ist sie denn eine Hure oder so etwas?“ fragte Rauenstein direkt.

„Nein – natürlich nicht!“ protestierte Tom.

„Und Drogenabhängig?“ fragte Rauenstein.

„Auch nicht!“ murmelte Bill.

„Warum sollte sie dann hier sein?“ fragte Rauenstein.

„Wir konnten sie den ganzen Tag nicht erreichen und machen uns eben Sorgen, Inspektor!“ sagte Tom zornig.

„Schon gut – aber vielleicht hat sie nur ihr Handy ausgeschalten?“ fragte Rauenstein eine Spur netter.

„Nein – das nicht…“ sagte Bill.

„Bill! TOM!“ riefen zwei Stimmen, sowohl die Zwillinge als auch der Inspektor sahen auf. Damian und Aidan kamen angerannt.

„Hey Jungs!“ riefen die zwei.

Rauenstein zog seine Stirn in Falten: „Noch mehr unerwünschte Sucher!“

„Hey Rauenstein!“ rief Damian.

„DAMIAN!“ rief er verblüfft.

„Ihr kennt euch?“ kam es von Bill und Tom verwundert.

„Klar – Rauenstein John ist mein Onkel. Mein Vater starb vor zehn Jahren an Krebs!“ sagte Damian leichthin.

„Was tust du hier? Weiß deine Mutter davon, oder deine Aidan?“ fragte Rauenstein, da ging ihm ein Licht auf: „Moment sucht ihr etwa nach dieser Lily?“ fragte er verdattert.

„Ja, die dumme Pute geht sein zwei Tagen nicht mehr an ihr Handy!“ grollte Aidan.

„Könnte sie einfach nur keinen Akku haben?“ fragte Rauenstein.

„Nein – es läutet ja. Guck mal!“ sagte Damian und zog sein Handy und wählte Lilys Nummer. Als es zu läuten anfing, hörten sie gleichzeitig ein rhythmisches Summen.

„HÄH?“ sagten alle fünf gleichzeitig und sahen sich um. Da lag ein Handy in einer kleinen Seitenstraße, neben der sie gerade standen.

„Das ist ja Lilys Handy!“ rief Damian erschüttert. Er hob es hoch und hielt es in der Hand.

„Ja – das ist ihres!“ stöhnte Aidan ängstlich. Er wandte sich an den verblüfften Rauenstein: „So viel zur Spurensicherung!“

„Jetzt wartet mal, die Spurensicherung ist gründlich. Aber die Gasse wurde schon vorher gecheckt. Ergo…“ Rauenstein blickte nun wieder sicher drein: „… war da jemand da, als die Spusi schon weg war.“

„Soll heißen?“ fragte Aidan argwöhnisch.

Rauenstein sah alle vier Studenten ernst an: „Wenn das wirklich das Handy von eurer Freundin Lily ist, heißt das, dass sie hier war. Und sie hat es hier verloren, als die Spusi bereits wieder diesen Bereich freigegeben hat.“

Alle vier starrten den Inspektor verdutzt an.

„Aber warum sollte sie das tun?“ fragte Damian verblüfft.

„Sag du es mir!“ zuckte Rauenstein die Achseln.

„Blödsinn – deine Spusi war nur schlampig beim Arbeiten!“ gab Aidan zurück.

„Red es dir ruhig ein, wenn es dir hilft. Aber ich war neben – die Spusi hat das Handy nicht übersehen – und ich bin mir auch sicher, dass eure Freundin nicht ganz ehrlich zu euch ist. Aber das erzähl ich euch ohnehin schon seit drei Jahren!“ sagte Rauenstein aufseufzend.

„Ja weil du unrecht hast!“ giftete Damian zurück.

„Meine Meinung kennst du dazu!“ sagte Rauenstein.

„Was ist los?“ fragte Tom und auch Bill sah verwirrt drein.

„Onkel Rauenstein glaubt tatsächlich, dass Lily den Verstand verloren hat, als ihr Bruder damals vor 3 Jahren verschwand.“ Verdrehte Damian die Augen.

Bill sah Rauenstein verdutzt an: „Echt?“

„Ich kenne Lily seit sie auf der Welt ist. Ihre Eltern waren damals eng mit Damians und Aidans Eltern befreundet. Auch mit mir und meiner Frau!“ sagte Rauenstein. „Also sie damals bei diesem grausamen Zugunglück ums Leben kamen, war Lily gerade mal 1 Jahr alt. Und sie und ihr Bruder Erik kamen in ein Heim – Erik war alles für Lily und Lily war alles für Erik. Sie blieben immer zusammen. Lily war zwar nie eine „Frohnatur“ aber sie war ehrlich und direkt. Seit Erik verschwunden ist, hat auch Lily sich verändert!“ sagte Rauenstein.

„Was auch ganz natürlich ist – sie hatte niemanden mehr außer Erik!“ fauchte Aidan.

„Aidan ich weiß, dass du und Damian anders darüber denkt. Ich will ja nur meine Meinung zum Ausdruck bringen! Jedenfalls hat Lily sich verändert – sie ist ernster geworden, als sie ohnehin schon war. Sie wurde … so nachdenklich und unglaublich kalt und abweisend. Außerdem habe ich sie ein paar gesehen, wie sie hier in einer Spelunke getanzt hat!“ sagte Rauenstein.

„LILY HAT WAS?“ riefen die vier im Chor.

„Ja in einer GOGO Bar – sie gehört einem Bekannten Zuhälter – hier bekannt als Jim. Ich hab öfters gesehen wie Lily rein ging. Ich kenne sie schon zu lange und zu gut, als dass ich sie nicht erkennen würde. Sie hat zwar immer einen dunklen Mantel über der Uniform angehabt aber ich hab sie immer genau erkannt.“ Sagte Rauenstein.

„Nein du musst dich irren.“ Sagte Damian fassungslos.

„Nein – es tut mir Leid, Damian. Aber es ist wahr!“ sagte Rauenstein.

„Wann haben Sie sie das letzte Mal gesehen?“ fragte Bill.

„Das war vor ca. 2 Tagen, da ging sie rein, aber ich hatte Nachtschicht und ich musste später zu einem Fall von Mann schlägt Frau, häusliche Gewalt. Ich hab nur gesehen wie sie rein ging.“ Sagte Rauenstein.

„Mhm…“ murmelte Bill und sagte: „Das ist seltsam. Seit zwei Tagen habt ihr gesagt, habt ihr sie nicht mehr erreicht oder?“

„Glaubst irgendein Perversling hat Lily was angetan?“ fragte Damian Zähne knirschend.

„Wohl kaum – das Handy zeigt, dass sie da war. Nachdem dieser Angriff war!“ sagte Bill.

Da klingelte das Handy von Inspektor Rauenstein, er hob ab und meldete sich mit: „Rauenstein?“ Er hörte zu, die Stimme schrie fast und man konnte die Hysterie merken. Er nickte kurz und sagte: „Gut – ist die Cobra Einheit vor Ort?“ Erneutes Nicken: „Ich komme!“

„Sorry Jungs ich muss ins LKH – oder zumindest in den Bereich. Die Lage ist völlig außer Kontrolle geraten, anscheinend greifen die von dem Wolf angegriffen wurden, jetzt das Personal und sogar Reporter an. Es soll sehr …“ Rauenstein brach ab und sagte: „… heftig sein. Ich muss dorthin. UND IHR ZWEI!“ sagte er an Damian und Aidan gewandt: „GEHT gefälligst nach Hause. Ihr habt um die Uhrzeit besonders HIER nichts verloren. Und ihr beiden verschwindet lieber auch!“ sagte er zu Bill und Tom.

Rauenstein ging zu seinem Auto, wurde aber unterbrochen, als das Handy erneut klingelte. Er telefonierte.

„Die greifen die Angestellten an?“ fragte Tom leise.

„Was um alles in der Welt geht hier nur vor?“ fragte Damian.

„Ich hab keine Ahnung, aber was auch immer hier vorgeht…“ Bill sah auf und erwiderte Aidans Blick: „… ich glaube dein Onkel hat Recht, Damian. Lily war hier und so wie das aussieht, hat sie was damit zu tun!“ sagte er.

„Spinnst du? Was sollte Lily bitte schön mit diesem Monster zu tun haben?“ fragte Aidan.

„Eh… Leute…“ sagte Damian leise.

„Mir kommt es so seltsam vor, als wäre das ein schlechter Traum.“ Sagte Tom betrübt.

„Ja – aber Rauenstein hat Recht. Lily war hier!“ beharrte Bill.

„LEUTE!“ sagte Damian lauter.

„Aber wo ist sie jetzt? Ich meine sie hängt an ihrem Handy. Sie würde es niemals zurücklassen!“ sagte Aidan.

„Tja, vielleicht ist sie noch irgendwo in der Nähe!“ sagte Tom die Achseln zuckend.

„LEUTE!“ rief Damian wütend.

„WAS?“ riefen die drei genervt.

„Ich wollte euch nur sagen, dass da was ist!“ sagte Damian und deutete auf eine dunkle Gasse.

„WO?“ fragte Bill.

Als er, Tom und Aidan in die Richtung der Gasse sahen, stockte ihnen der Atem und das Blut gerann in ihren Adern.

„Ach du Scheiße!“ flüsterte Bill geschockt.

Zwei rote, tief glühende Augen sahen sie aus dem Dunklen heraus an.

„Scheiße…“ wisperten Tom und Aidan.

„Lauft!“ konnte Damian noch schwach sagen.

„RAUENSTEIN LAUFEN SIE!“ schrie Bill, als alle vier gleichzeitig zu rennen anfingen.

„Was?“ fragte Rauenstein und drehte sich um. Da erstarrte er, zog seine Waffe und gab sofort einen Schuss ab. Das Wesen was noch zuvor im Dunklen gelauert hatte, sprang so schnell aus dem Schatten, dass die Kugel nicht traf.

„AHHH!“ schrie Bill und rannte so schnell seine Beine trugen.

„Hier lang!“ rief sein Zwillingsbruder. Er packte Bill beim Oberarm und zog ihn mit sich. Sie rannten so schnell es ging, Zick und Zack durch die dunklen Nebenstraßen. Aidan und Damian waren verschwunden, man hörte nur Rauensteins wütende Rufe und Schreie, dazwischen fielen Schüsse.

„DU VERDAMMTES BIEST! ICH BRING DICH UM – DU ARG!“ plötzlich zerschnitt ein Schrei voller Schmerz und Angst die Stimme von Rauenstein.

„OH Gott…“ flüsterte Bill. Er und Tom blieben stehen und sahen geschockt hinter sich.

„LAUFT!“ schrie Aidan, der einen verzweifelt aussehenden Damian hinter sich her zog und wedelte panisch mit dem freien Arm: „Das Monster hat Rauenstein getötet. LAUFT!“ schrie er und erneut nahmen die Zwillinge die Beine in die Hand.

Sie rannten so schnell es irgendwie ging, doch dann bogen sie links ab und Aidan schrie: „NEIN! SACKGASSE! VERDAMMT! Nicht jetzt. Das Mistvieh ist irgendwo hinter uns her und jetzt können wir keine Sackgasse gebrauchen!“

Da ertönte hinter ihnen ein lautes Geheul.

Wie in Zeitlupe drehten sie sich langsam um und Tom ließ einen Stöhnen des Entsetzens los.

Im flackernden Licht einer kaputten Straßenlampe stand das Wesen. Es sah wie ein mutierter riesiger Wolf aus, sein Fell war nass und verklebt. Es knurrte und von seinen Lefzen rann Blut. Doch was sie wirklich schockierte und Damian einen Wutschrei ausstoßen ließ, war der abgefetzte Arm, den das Wesen im Maul trug. Es spuckte ihn aus und er fiel in ihre Richtung.

„DU MONSTER!“ brüllte Damian.

Die Schreie ließen den Kopf des Wesens schütteln und es stieß erneut einen lauten Heuler aus. Da setzte es zum Sprung an und Tom stellte sich vor seinen Bruder. Der Wolf stieß mit voller Wucht und Anlauf gegen die vier, er biss in Damians linkes Bein und er schrie vor Schmerz auf.

„TOM!“ ängstigte sich Bill um seinen Bruder, da ließ der Wolf von Damian ab, der stöhnend vor Schmerz von Aidan aufgefangen wurde. Es wandte seinen hässlichen Kopf zu den Zwillingen.

„Oh Gott sein!“ flüsterte Bill.

Tom deckte seinen Bruder, stellte sich mutig vor ihn hin. Da sprang das Wesen auf ihn zu und Bill schrie vor Angst: „TOM!“

Da spürten beide einen festen Stoß und krachten beide zu Boden. Tom landete auf Bill und Bill sagte gequetscht: „Tom geh runter von mir!“

„Alles in Ordnung?“ fragte Tom seinen Bruder und half ihm auf.

„Ja aber was?“ die beiden sahen auf.

„WAS?“ ihnen klappte jeweils der Unterkiefer nach unten.
 


 

„Weißt du ich bin ziemlich wütend auf dich!“ sagte Lily ruhig.

Der Wolf knurrte, so gut es mit zusammengebissenem Kiefer ging. Er hatte sich in einen Gegenstand verbissen, den er allerdings nicht so leicht durchbeißen konnte wie gedacht.

„Und egal wie sehr ich dich auch liebe…“ sagte Lily kalt, der Wolf knurrte lauter: „… werde ich nicht zulassen, dass du Unschuldige tötest!“

Mit einem lauten Wutschrei zog sie das Schwert zurück, in das sich der Wolf verbissen hatte. Knurrend und jaulend wurde er einige Meter nach hinten geschleudert. Verwirrt schüttelte er mehrmals den großen hässlichen Kopf.

„Lily?“ fragten Damian und Aidan.

„Bro‘?“ Lily warf ihm einen besorgten Blick zu: „Geht’s soweit?“

„Ja – mach das Mistvieh fertig!“ sagte Aidan.

Lily sah ihn müde an. Dann drehte sie sich um und sah wie der Wolf sie wütend ansah und erneut ein lautes Jaulen ausstieß. Bill hielt sich vor Schmerz die Ohren zu – das Jaulen war so hoch, das es weh tat.

„Tess was brauchst du?“ fragte Lily kalt. Die Jungs sahen sich erstaunt an, doch eine Stimme antwortete Lily und sie sahen noch verwirrter drein.

„Mindestens eine Blutprobe – fang ihn am besten wieder ein!“ sagte eine Frauenstimme. Sie schien von Lily zu kommen. Bill sah genauer hin und erkannte einen feinen Ohrstöpsel in Lilys linkem Ohr. Sie nickte kaum merkbar. Sie hielt ein langes Schwert in der Hand und drehte es kurz so schnell zur Seite, dass das Blut, was an der Klinge haftete, nach allen Seiten wegspritzte.

„Tja, schauen wir mal.“ Sie richtete das Schwert auf den Wolf. Dieser jaulte erneut und griff an. Lily hob unbeeindruckt eine Augenbraue und wich vielleicht eine Hundertste Sekunde vorher aus, bevor sich die Zähne des Wolfs in sie schlugen. Ihre Augen folgten dem Wolfkörper, der an ihr vorbeiflog und sagte leise: „DU bist völlig von Sinnen!“ Sie zog das Schwert und hieb mit dem Griff fest in den Unterkörper des Wolfs.

Jaulend flog er erneut zurück und blieb liegen.

„So aggressiv und so wütend…“ seufzte Lily und sah wie der Wolf erneut versuchte hochzukommen.

„Tut mir Leid, aber … wir müssen dich noch einmal einfangen….“ Seufzte Lily und legte das Schwert in die linke Hand, zog mit der rechten Hand eine kleine Kugel aus ihrer Lederjacke. Bill wunderte sich ohnehin warum Lily nicht fror. Sie trug nur einen kurzen rot, schwarz karierten Rock, der knapp bis zu den Knien reichte. Schwarze Stulpen, die sie um ihre Waden geschlungen hatte, schwarze flache Schuhe in denen ihre Beine steckten.

„So – jetzt ist Schluss!“ sagte Lily und rannte so plötzlich los, das Damian und Aidan große Augen bekamen. Lily war unglaublich schnell. Der Wolf sprang im selben Moment hoch, wie Lily.

„PASS AUF!“ schrien die vier ängstlich.

Da wurden Lilys Augen schmal und ihre linke Hand zuckte nach vorne. Der Wolf erstarrte, jaulte kurz dann fiel er zu Boden und die Schwertschneide war voller Blut.

„Verzeih mir…“ dachte Lily. Sie hob die kleine Kugel hoch und drückte auf einen Knopf und ließ sie auf das Fell des Wolfes fallen. Die Kugel wurde gleißend hell und ein strahlendes Netz breitete sich über dem Wolf aus. Es glühte kurz auf und dunkelte wieder ab. Ein enges Netz hatte sich um den Wolf geschlungen und ihn regelrecht eingepackt.

„So… ab zu Tess!“ sagte Lily und hob den Wolf mittels Netz auf.

„Lily?“ fragte Damian schwach.

Sie wandte sich um und ihre Augen waren wieder größer.

„Damian…“ sie ließ den Wolf noch einmal sinken und lief zu dem verletzten Damian.

„Es tut mir Leid, ich war nicht schnell genug da.“ Sagte Lily verzweifelt und betrachtete die Wunde von Damian. Es war eine größere Bisswunde genau bei seinem linken Schienbein und so wie es aussah, hatte der Wolf ein größeres Fleischstück herausgerissen. Damian blutete stark und verzog gepeinigt den schönen Mund.

„Wo zum Teufel warst du? Wir haben uns Sorgen gemacht!“ sagte Damian wütend.

„Ich… ich… ich kann es dir nicht sagen.“ Sagte Lily schwach.

„Verdammt noch mal, Lily. Mir hat gerade ein mutierter Riesenwolf ein großes Stück Fleisch aus meinem linken Bein gerissen – also rede endlich!“ kochte Damian vor Zorn.

„Ich kann es dir nicht sagen!“ blieb Lily stur und betrachtete die Wunde.

„Hey ihr zwei Helden!“ sagte sie zu den Zwillingen. Diese waren hilflos neben ihr gestanden und zuckten zusammen. Lily sah auf und sagte: „Helft Aidan, Damian zu tragen. Wir müssen hier weg. Es wird nicht lange dauern und wir sind in Schwierigkeiten.“

„Ach so sind das noch keine Schwierigkeiten?“ fragte Damian zornig. Aidan hielt seine Hand und verzog die Miene, als Damian seine Hand so fest drückte, dass er die Knochen knacken hörte.

„Noch nicht mal annähernd so große, wie da noch welche kommen können!“ sagte Lily, da hörte sie ein lautes Stöhnen hinter ihr. Sie drehte den Kopf sofort in die Richtung und ließ ihr Schwert aus der Schwertscheide fünf Zentimeter rausragen.

Die Jungs hatten kein Geräusch gehört und Aidan fragte, während er mit Tom Damian hoch hob: „Seit wann kannst du überhaupt mit einem Schwert umgehen?“

„Seit 3 Jahren!“ sagte Lily ruhig und ihre Augen suchten die dunkle Gasse ab. Der Wolf rührte sich immer noch nicht. Doch sie spürte eine nähernde Gefahr.

„Aha und wo warst du jetzt wirklich, die letzten beiden Tage?“ fragte Aidan.

„Bei Freunden…“ sagte Lily kurz.

„Bei welchen Freunden bitte schön?“ fragte Damian zornig.

„Kennst du nicht.“ Sagte Lily und fauchte die vier an: „BEEILT EUCH!“

„Schon gut – verzeih mir dass ich ein Loch im Bein habe!“ knurrte Damian wütend.

„Du wirst bald noch mehr Löcher haben, wenn ihr euch nicht beeilt!“ sagte Lily wütend und hob den Wolf mit einer Hand hoch. Sie hielt das Schwert immer noch bereit und musterte die dunkle Gasse.

„Nicht so freundlich und mitfühlend, bitte das bin ich nicht wert!“ brummte Damian und verzog erneut das Gesicht.

„Los!“ sagte Lily knapp und ging wachsam vor. Sie war gerade mal fünf Schritte gegangen, da ließ sie ihr Schwert aufblitzen und hielt es nach rechts. Sie versperrte so den anderen vieren den Weg.

„Was ist?“ fragte Bill.

Seine Augen suchten Lilys Blick, doch sie sah eiskalt gerade aus.

„Die Schwierigkeiten sind schon da.“ Sagte sie ruhig. Da tauchte ein langer Schatten auf und so wie sich dieser bewegte, wirkte er wie ein Betrunkener Mensch.

„Was?“ fragte Tom und seine Augen wurden riesig.

„ONKEL!“ rief Damian glücklich und wollte schon auf seinen Onkel zuhüpfen, der um die Ecke getorkelt kam. Lilys Schwert blitzte auf und war wie ein Bahnschranken vor Damian herab gefallen.

„WAS?“ fragte er zornig.

„Das ist nicht mehr dein Onkel, Damian!“ sagte Lily.

„Was soll das heißen?“ fragte Damian wütend.

Doch da stöhnte das Wesen laut auf und richtete den Kopf auf. Damian fiel vor Schreck fast um. Sein Onkel war voller Blut, sein linker Arm war ein blutiger Stumpf und lag abgerissen in der Dunkelheit der Gasse. Sein Anzug war völlig zerrissen und seine Augen waren schwarz und hatten eine längliche rötliche Pupille. Sein Mund war offen und ein lautes wütendes Stöhnen kam heraus.

„AHHH!“ schrie er.

„Onkel…“ wisperte Damian geschockt.

„Das passiert mit einem, wenn man von einem Wolf getötet wird. Oder schwer verletzt!“ sagte Lily kühl.

„Was?“ hauchte Aidan und warf den Zwillingen einen bestürzten Blick zu.

„Ja… und wenn wir Damian nicht schnell zu einer Freundin von mir bringen, wird er auch so enden!“ sagte Lily.

„Oh Gott…“ sagte Damian.

Sein zweites Knie gab nach und er wäre fast umgefallen, wenn Aidan und Tom ihn nicht gestützt hätten.

Das Wesen stockte und plötzlich glühten seine Augen bedrohlich auf und er stieß ein lautes Jaulen aus.

„AHHH!“ hielten sich die Jungs die Ohren zu.

„Da seht die Verwandlung…“ sagte Lily und Damians Augen weiteten sich geschockt. Sein Onkel begann zu zucken und fiel auf seine Knie. Sein Kopf deformierte sich und wurde länglich, eine Schnauze bildete sich und Haare begannen überall auf seinem Körper zu wachsen. Seine Beine verwandelten sich in Hinterläufe eines Wolfes und eine buschige Rute wuchs aus einem Hintern. Seine Nägel verwandelten sich in Krallen und obwohl er nur eine Vorderpfote hatte, balancierte er das geschickt aus.

„AUUUUUUUUWWWW!“ jaulte das Wolfswesen auf und Lily sprang vor und schlitzte ihn auf, bevor die anderen auch nur schreien konnten. Tot viel er zu Boden und rührte sich nicht mehr.

„OH GOTT,….“ Flüsterte Damian geschockt.

„Los jetzt oder wollt ihr noch mehr mit Damians Blutgeruch anlocken?“ fragte Lily. Sie sprach in ihr Ohrmikrofon: „Tess wie sieht die Lage aus?“

„Gut – in eurer Nähe sind keine weiteren Infizierten – beeilt euch. Ich sag dir die sicherste Strecke an!“ ertönte die Stimme von vorhin.

Lily hob den ohnmächtigen Wolf höher auf ihre Schulter und sagte über ihre Schulter nach hinten: „Folgt mir – Tess führt uns!“

„Aber woher will sie wissen, wo keine „Wölfe“ sind?“ fragte Aidan besorgt.

Lily deutete nach oben, die Jungs folgten ihrem Wink und erkannten eine Überwachungskamera.

„Die polizeilichen Überwachungskameras, sie sind überall in Pamhagen aufgestellt worden, als der Bundespräsident einmal hier eine Rede gab. Sie sind nicht wieder abmontiert worden und in dieser Gegend dauernd in Betrieb. Tess hat sich in das Netzwerk der Polizei gehackt.“ Damit ging sie los und die Jungs folgten ihr. Sie kamen nur langsam voran, in erster Linie, weil Damian abwechselnd getragen werden musste. Doch nach einer Stunde kamen sie sicher in Lilys Appartement an.

Sie klopfte an und Tess fragte: „Wer da?“

„Lily…“ sagte Lily ruhig.

Die Tür öffnete sich und die Jungs erkannten verblüfft eine alte Frau, sie hatte ein Pflaster über ihrer linken Augenbraue und sah sie kühl und forschend an.

„Beeil dich!“ sagte sie an Damian gewandt und die Jungs humpelten ins Innere.

„Hier!“ sagte Lily und schraubte ihre Halskette mit dem Kreuzanhänger auf.

Damian erstarrte: „Du willst mir JETZT Koks andrehen?“ er sah sie an als wäre sie verrückt geworden.

„Schnupf das Zeug oder du gehst drauf!“ sagte Lily kalt.

Damian sah sie ungläubig an.

„Glaubst du ich kokse aus Spaß? Ich brauch das Zeug selbst, aber jetzt nimm schon!“ sagte Lily und hielt ihm das Koks unter die Nase. Damian rührte sich nicht.

„Damian vertrau mir bitte…“ sagte Lily schwach und schließlich schnupfte er das weiße Zeug durch die Nase und ein seltsames Kribbeln ging von seinem Bein aus. Er sah hinunter und sein Unterkiefer sackte nach unten. Neue Gewebezellen bildeten sich rasend schnell und in wenigen Sekunden hatte sich die Wunde geschlossen.

„WOW?“ sagte er ungläubig.

„Sag ich ja!“ sagte Lily kalt.

Sie sah die Jungs an und ging auf den immer noch bewusstlosen Wolf zu.

„Warum noch mal hast du das Monster mitgenommen?“ fragte Aidan unwohl.

„Weil wir sein Blut brauchen!“ sagte Tess. Sie reichte Lily eine lange Spritze, diese stieß sie in das dichte Fell und zapfte Blut ab. Sie reichte Tess die volle Spritze und Tess ging zu Lilys kleinem Laboratorium, dass sie sich aufgebaut hatte. Sie schwiegen während Tess die Analysen machte.

Lily zog eine Malboro Zigaretten Packung aus ihrem Schulmantel und fragte mit einer Zigarette im Mund: „Noch wer?“ Sie hielt die Packung den anderen hin. Aidan schüttelte den Kopf, Damian nahm sich eine, wie auch Bill. Tom schüttelte ebenfalls den Kopf.

Lily zog den Rauch ein und ließ ihn in kleinen Kreisen aus dem Mund steigen.

Bill brach das Schweigen: „Was zur Hölle geht hier ab, White?“ er starrte Lily an.

Diese betrachtete ihn unbeeindruckt.

„Lily!“ Aidan schlug mit wütender Faust auf den Sofatisch. Lily zog eine Augenbraue nach oben und sagte ruhig: „Wenn du meinen Tisch zerlegst, zahlst du mir ihn!“ Aidan starrte Lily wütend an.

„Seht mich nicht so an!“ sagte sie langsam: „Ich erzähl es euch eh… aber ich will erst wissen was bei den Analysen rauskommt.“ Sie sah Tess an: „Und?“

Tess winkte unwirsch ab und drückte wild auf Lilys Laptop rum, dann druckte sie etwas aus und hielt den Ausdruck dicht an ihr Gesicht. Ihre Augen wurden dunkel und stumm reichte sie ihn Lily weiter. Diese las ihn sich rauchend durch, dann sah sie auf und nickte. Sie nahm ihr Schwert und hieb dem Wolf den Kopf ab.

„WAAA!“ riefen die Jungs geschockt und sprangen in die Höhe. Doch der abgetrennte Kopf schrumpfte und wandelte sich. Es war ein blonder junger Mann und seine Augen starrten dumpf ins Nichts.

Lily seufzte.

Tess nickte: „Jup – falscher Wolf!“

„Was heißt hier falscher Wolf?“ fragte Tom entgeistert, den Blick auf den nackten Jungenkörper ohne Kopf gerichtet.

„Schon gut!“ sagte Lily und schmiss ein großes Tuch über die Leichte. Den Kopf schubst sie drunter.

„Das war leider nötig, bevor er aufwacht und uns nervt – lös ich das Problem lieber gleich.“ Sie rauchte ruhig weiter.

„Scheiße noch mal!“ fluchte Bill.

„Was geht hier ab!“ schrie Aidan wütend.

„Schon gut - …“ seufzte Lily und stand auf. Sie holte sechs Bierflaschen und gab jedem eine. Dann sagte sie nach dem ersten Schluck: „Das ist eine Familienangelegenheit, aber zunächst mal – Tess, das hier sind Damian, Aidan und die zwei Neuen – Bill und Tom Kaulitz!“ sagte sie und Tess nickte allen zu.

„Jungs, das ist Tess Cortez – eine Genforscherin der Spitzenklasse und so was wie meine Ersatzoma, also seit lieb und höflich, kapiert?“ die Jungs nickten.

Lily nahm einen zweiten Schluck, dämpfte ihre Zigarette aus und sagte: „Tja, hier geht Scheiße ab, um auf deine Frage zurückzukommen Aidan!“ sagte sie ruhig.

„Lily …“ sagte Damian.

„Schon gut….“ Lily stand auf und sagte: „Wir haben ein Problem und das nennt sich Projekt Lupos!“

Infiziert!


 

„Projekt Lupos?“ fragte Damian verblüfft.

Die jungen Männer starrten einander verblüfft an.

Lily nickte langsam: „Ja, Lupos ist lateinisch und bezeichnet im allgemeinen die Gattung der Wölfe!“

„Also weißt du was es mit diesen Viechern auf sich hat?“ fragte Bill und nickte Richtung der geköpften und zugedeckten Leiche des Unbekannten.

„Natürlich weiß ich was die hier wollen und was sie sind!“ wedelte Lily ungeduldig mit der Hand.

„UND WORUM GEHT‘ S HIER?“ rief Aidan genervt.

„Ihr wisst dass vor 3 Jahren mein Bruder Erik verschwunden ist. Und das ich, als ich ein Jahr und Erik etwa 10 Jahre alt war, unsere Eltern starben. Wir waren auf uns gestellt und kamen für zwei Jahre in ein Heim, dann sorgte der Direktor der Absalom Akademie für Erik und für mich. Seine Frau, die vor 10 Jahren an Brustkrebs starb, hat sich in erster Linie um mich gekümmert. Bis Erik alt genug wurde und sich um mich kümmerte. Jedenfalls – Erik verschwand als ich ca. 17 Jahre alt war und bereits die Matura absolvieren durfte. Ich, Damian und Aidan…“ sie blickte die Jungs an, „… suchten Erik die ganze Nacht. Als ihr mich zu Hause abgeliefert habt, war ich ein Wrack. Was ich euch nicht erzählt habe Jungs, war dass ich nicht aufgegeben habe. Ich habe die Freunde meines Bruders befragt und habe mich zwei Tage nach seinem Verschwinden in den gleichen Pup gesetzt, wie er es getan hatte. Ich bestellte die gleichen Drinks, in den gleichen Mengen und verließ ähnlich alkoholisiert zur selben Zeit wie seine Freunde ausgesagt hatten, das Pup. Ich weiß anschließend nur noch, wie ich die kleine Straße entlang gestolpert bin, dann hat neben mir ein Taxi gehalten. Der Fahrer bot an mich nach Hause zu fahren. Ich stieg ein und danach weiß ich nichts mehr. Als ich wieder zu mir kam, wurde ich von Tess betreut.“ Sie nickte zu Tess.

Aufmerksam hatten die Jungs zugehörten, da blickte Bill verwirrt auf: „Bei Tess? Wie kamst du zu ihr?“

„Tess hatte bis heute noch einen Bruder, Henry Cortez. Einen Ex-Wissenschaftler für den Bereich der Genetik. Er arbeitet bis einigen Jahren an dem Experiment Lupos mit und war einer der drei Hauptwissenschaftler. Tess war die zweite, sie ging nachdem ihr Bruder von dem Experiment abgezogen wurde. Der Dritte war ein Wissenschaftler namens Geoffrey Stuart.“ Sagte Lily.

„Moment Mal – Stuart war doch gestern in der Zeitung. AEVIN hatte sein Verschwinden gemeldet. Diese große Firma für Waffenindustrie. Ich hab gehört, die haben sich nun auf Waffenbau von Handfeuerwaffen spezialisiert.“ Sagte Tom.

„Waffenbau… ja, Handfeuerwaffen…nein…“ lächelte Lily stumpf.

„Wie jetzt?“ fragte Bill, angenehm von Lilys plötzlichem Lächeln überrascht. „Gott Damian hatte Recht –sie sieht unglaublich schön aus, wenn sie lächelt. Wie sie wohl aussieht wenn sie aus Freude lächelt?“ schoss es durch sein Hirn.

„Na ja… die gute Firma AEVIN hatte schon immer kein Problem damit, sich über die Regeln hinsichtlich Biowaffen hinwegzusetzen. AEVIN hat das Projekt Lupos ins Leben gerufen und es auch finanziert.“ Sagte Lily.

„WAS IST Projekt Lupos?“ fragte Damian genervt.

„Ich schätze der Grund für diese Mistviecher da draußen!“ sagte Aidan leise.

„Richtig Aidan. Die ganzen Wölfe die da draußen rumrennen, ist AEVINs Schuld. Projekt Lupos wurde von den obersten Chefs angefangen und auch von Henry, Tess –“ diese sah beschämt zur Seite, „- und Geoffrey Stuart initiiert. Na ja, sagen wir mal – es war zu Beginn eine eigentlich harmlose Idee. Aber …“ Lily unterbrach sich selbst und sah Tess an. „Erzähl du das doch – du bist da besser informiert.“

Tess nickte düster: „Gut, warum nicht. Also – mein Bruder hatte die Idee für das Projekt. Die Firma wollte eine Waffe auf Biologischen Gut entwickeln lassen. Auf gut Deutsch – eine lebende Waffe, ein Tier. Sie wollten eine abgerichtete Armee von diesen Tieren haben. Und weil das Markenzeichen der Firma ein weißer Wolf ist, sollte es gleich eine Art Wolf werden. Mein Bruder meinte zuerst, es wäre zu gefährlich. Wölfe waren wilde Geschöpfe, die lassen sich nicht zähmen, doch der Konzern bestand darauf. Also begann er Pläne zu entwickeln. Neue Genetische Experimente zu versuchen, war ihm immer ein Anliegen gewesen. Also fragte er mich und meinen damaligen Verlobten Geoffrey Stuart, ob wir bei diesem Experiment nicht mitmachen würden. Ich war zunächst alles andere als begeistert, doch schließlich siegte die Neugier eines Forschers. Henry, Stuart und ich bekamen ein neues Labor, mit den besten Finanzen gespickt, wir hatten eigentlich alles. Voller Mut und Forscherdrang begannen wir mit der Arbeit. Wir hatten eigentlich nie vorgehabt, dass es solche Ausmaße annimmt. Unsere Forschung begann ursprünglich mit zwei Wölfen, zwei Probanden wenn ihr es so nennen wollt. Proband 1 war ein Männchen, Proband 2 ein Weibchen. Wir haben ein Serum entwickelt, das nach mehreren Testanläufen schließlich die geforderten Resultate gebracht hat. Die Wölfe wurden aggressiver, bösartiger und ihre DNA Struktur begann sich zu verändern. Sie wurden auf gewisse Befehle trainiert und nach weiteren molekularen Veränderung gelang es uns einen sogenannten Luna – Modus zu konzipieren!“

„Was bitte für ein Modus?“ fragte Tom ratlos.

„Luna – Modus. Luna war die lateinische Göttin des Mondes und bezeichnet auch hierbei nichts anderes als den so genannten Mond-Modus. Wir haben uns hierbei einen Spaß erlaubt. Henry war von der Idee eines Werwolfs immer schon fasziniert gewesen und dachte, wenn sich die Molekulare neu strukturieren sollten, dann sollte das schon passend, während es Luna-Modus passieren. Exakt um Punkt Mitternacht sollte der Wolf mit seiner Verwandlung beginnen und diese Verwandlung sollte bis 5 Uhr Früh andauern. Danach sollte er wieder in seinen normalen Zustand verfallen und sich als ruhiger Wolf einrollen.“ Sagte Tess.

„Und was genau passiert während diesem ominösen Luna- Modus?“ fragte Aidan.

Dieses Mal meldete sich Lily zu Wort: „Während dieses Modus, ist der Wolf völlig willenlos. Er wird aggressiv und kennt nur den Drang zu töten und anzugreifen. Es sollte ein kontrollierbarer Zeitpunkt sein, indem der Wolf selbst keine Möglichkeit hat sich selbst zu kontrollieren. Nur derjenige, auf den der Wolf trainiert wird, hat die Möglichkeit den Modus frühzeitig zu beenden, dem Wolf Anweisungen zu geben oder ihn zu stoppen.“

„Aha – und wozu soll das gut sein?“ fragte Bill.

„Krieg und Zerstörungswut – dieses Projekt Lupos war streng geheim und von der Regierung abgesichert worden. Es sollte zu Nahkampfzwecken an den meist bietenden verkauft werden. Ein offenes Geschäft – natürlich in Millionenhöhe.“ Sagte Tess schnaubend.

„Oh Gott… war es AEVIN egal, wer dieses Projekt in die Finger bekam?“ fragte Damian ungläubig.

Tess zögerte: „Zunächst schon, doch dann bekamen wir Gewissensbisse, besonders mein Bruder, der zunächst unglaublich begeistert war. Doch als er erfuhr, zu welchem Zweck das Projekt Lupos überhaupt erschaffen wurde, wurde er unsagbar wütend. Er brüllte die Chefs an, und wollte mit dem Projekt an die Öffentlichkeit gehen und jeden Menschen da draußen warnen. Das sahen die oberen Bosse gar nicht gerne. Sie brachten meinen Bruder in Verruf, ließen ihn öffentlich als verrückt erklären und schafften es so ihn mundtot zu machen. Ich blieb nur aus einem einzigen Grund, ich wollte die Firma von ihnen stoppen. Doch ich folgte meinem Bruder alsbald und nur Stuart hatte noch die Chance alles zu beenden. Doch er forschte weiter, blind für meine Bitten und Vorwürfe. Doch dann begann alles aus dem Ruder zu laufen.“ Sagte Tess wütend.

„Inwiefern?“ fragte Tom.

„Ganz einfach – das Projekt wurde instabil. Die Werte der Wölfe veränderten sich ungewollt und ihr Verhalten wurde unkontrollierbar. Bald erkannte Stuart, dass das Projekt nicht mehr änderbar war oder kontrollierbar. Er vermittelte die neuen Werte an die Bosse von AEVIN. Zunächst glaubten sie Stuart nicht, doch die Analysen zeigten ein deutliches Bild. Daraufhin beschloss man – nach außen hin – das Projekt zu schließen. Die Probanden wurden angeblich getötet und verbrannt. Keiner sollte mehr von diesem Projekt erfahren. Doch dann geschah jener Tag vor ca. 3 Jahren.“ Tess sah auf.

Lilys Miene hatte sich verhärtet und sie hatte einen kalten Zug um den Mund.

„Mein Bruder fand am Morgen des 16. Januar 2009 einen umherirrenden Wolf, der grausam entstellt und seltsam aussah. Der Wolf griff ihn an. Das fand alles an einem eingefrorenen See in einem Wald, knappe 6 km von hier entfernt, an der Grenze zu Ungarn statt. Henry hat den Wolf eingefangen und in unserer Wohnung eingesperrt. Dort hatten wir ein kleines Labor eingerichtet und Henry wusste sofort, dass dieser Wolf aus dem Projekt Lupos stammen musste. Er wies die gleichen Anzeichen auf, doch als der Luna – Modus abfiel, verwandelte sich der Wolf in seinen ursprünglichen Zustand zurück. Wir waren entsetzt, wir hätten niemals gedacht, dass die Firma so weit gehen würde.“ Seufzte Tess.

„Wieso? Es war doch schlussendlich auch nur ein Wolf, oder? Moment mal…“ Damian runzelte die Stirn.

Aidan erstarrte und sah Lily an: „Das war drei Tage nach dem Verschwinden von Erik, nicht wahr?“

Lily nickte stockend.

„Aber das ist ja ein Zufall. Oder?“ Aidan sah Lily an.

Sie wandte den Blick ab.

Tess sagte: „Wie gesagt, es war grauenhaft in was sich der Wolf zurückverwandelte. Es war kein Wolf – es war ein …“ sie verstummte.

„EIN WAS?“ riefen alle vier.

Lily holte tief Luft: „Es war mein Bruder – Erik.“

Stillte trat ein – so laut wie ein Donnerschlag. Lily dröhnte die plötzliche Ruhe in den Ohren.

„Was?“ fragte Damian heißer.

Lily hob das Kinn: „Du hast schon richtig gehört – der Wolf war mein Bruder, Erik. Henry und Tess sahen zu, wie sich ein hässlicher, viel zu großer brutaler Wolf in ein hilfloses menschliches Wesen zurückverwandelte. Tess hat mir erzählt, dass Erik bereits damals nicht wirklich mehr zu erkennen war, aber er konnte noch so etwas wie menschliche Sprache hervorbringen.“

„Er sagte damals krächzend: „Lily…“ und brach zusammen. Das war sein letztes Wort, seit diesem Tag konnte er nie wieder die menschliche Sprache gebrauchen. Erik verwandelte sich in unregelmäßigen Rhythmen in einen Wolf – meist zu Beginn des Luna –Modus um Mitternacht herum. Erik schrie und die Verwandlung tat ihm unglaublich weh. Aber er hatte keine Chance.“ Sagte Tess leise.

„Wie grausam… oh Lily..“ flüsterte Aidan.

Lilys Augen schimmerten hell auf, doch sie reckte nur trotzig das Kinn.

„Jedenfalls – ist Erik ausgebrochen. Und greift jetzt unschuldige Menschen an. Wir müssen ihn finden und ihn wieder einsperren!“ sagte Tess.

„Einen Moment aber warum greifen jetzt die Verletzten andere an?“ fragte Tom, der den Durchblick verloren hatte.

Tess und Lily warfen sich einen düsteren Blick zu.

„Tja, darüber können wir nur mutmaßen. Es scheint, dass derjenige der von Erik gebissen wird, eine Art – Mutation durchlebt.“ Sagte Lily langsam.

„Sowie in Resident Evil?“ fragte Aidan.

Lily grinste schief: „Ja – so in der Art. Sie werden zwar keine Zombies im herkömmlichen Sinn, aber sie werden auf jeden Fall aggressiv und werden wie Erik zu eine Art Wolf.“

„Aha und wie genau sollen wir Erik finden? Ich meine da draußen laufen jetzt sicherlich an die dutzend Wölfe rum!“ sagte Damian düster.

Lily sah ein wenig peinlich berührt aus: „Tja, wie du gesehen hast, habe ich vorhin auch einen falschen Wolf gefangen. Das wird glaube ich die sprichwörtliche Suche nach der Nadel im Heuhaufen.“

„Großartige Aussichten!“ sagte Tom und ließ sich zurückfallen.

„Jedenfalls – ihr vier bleibt hier in der Wohnung und rührt euch nicht weg. Ich suche inzwischen Erik!“ sagte Lily und stand auf.

„Warte!“ rief Bill und sprang auf. Er packte Lily an der Hand und sie war so überrascht, dass sie ihn nur anstarrte.

„Das ist Selbstmord. Ich meine, du bist zwar super mit dem Schwert da – aber was wenn dich einer der Wölfe beißt, dann bist du auch einer und musst so eine schreckliche Veränderung durchmachen.“

Lily starrte ihn immer noch verblüfft an, dann grinste sie schief und sagte: „Das dürfte kaum der Fall sein.“ Damit streifte sie seine Hände ab und sagte: „Tess – ich bin über das Ohrmikrophon erreichbar – halt mich am Laufenden!“

„WARTE!“ rief nun auch Tom und sagte: „Geh wenigstens nicht allein!“

„Ja!“ riefen Aidan und Damian schwach.

„Sorry – aber keiner von euch wird mein Tempo mithalten können, geschweige denn mir eine Hilfe sein.“ Sagte Lily kalt und kontrollierte ihr Schwert.

„Wir lassen dich nicht alleine gehen!“ sagte Bill stur.

„Und du bist ein nerviger Kerl – aber ich glaube das habe ich bereits beim Schwimmen erwähnt!“ sagte Lily ruhig.

„Ja und trotzdem sind wir hier!“ sagte Tom und sah Lily herausfordernd an.

„Genau – warum eigentlich?“ fragte Lily ruhig.

„Na ja – wie soll ich sagen, wir wollen einfach nicht das dir etwas passiert. Ich hab es dir ohnehin schon gesagt, wir möchten deine Freunde werden!“ sagte Bill schlicht.

„Und du solltest lieber wissen, dass alle die sich meine Freunde nennen, früher oder später – verletzt werde-“ sie deutete auf Damian und Aidan, „ oder ihre Familie verlieren!“ sie nickte Richtung Tess.

„Ja aber-“ sagte Tom.

„Kein aber – glaubt mir.“ Lily wirkte auf einmal verletzlich und scheu: „Mit mir ist man besser nicht befreundet – das bringt nur Ärger!“ damit lächelte sie traurig und ging wieder zur Tür.

Bill, Tom, Aidan und Damian sahen ihr gequält nach. Tess blickte starr in den Laptop.

„Ich werde Erik finden – bleibt hier, ich hab noch was zu essen da.“ Damit winkte sie und verschwand erneut.

„Wieso hab ich gerade das Gefühl, als verschweigt sie uns immer noch etwas?“ fragte Aidan ruhig.

„Und wieso hab ich das Gefühl, dass Lily unglaublich einsam ist?“ fragte Bill leise.

„Hört zu Jungs – ihr könnt ihr ja nachlaufen.“ Meldete sich Tess zu Wort. „Aber – ich befürchte, dass hat keinen Sinn. Es wird nichts nützen. Sie wird weiterhin stur bleiben und sie hat auch Recht.“ Sie blickte auf und blinzelte ihnen verschwörerisch zu: „Ihr wäret keine Hilfe!“ damit sah sie wieder in den PC.

„Mhm – was wissen Sie, was wir nicht wissen?“ fragte Damian misstrauisch.

„Mhm…“ Tess seufzte müde auf und wischte sich über die Augen, setzte die schmale Brille wieder auf und sah sie ruhig an.

„Bitte – wir wollen Lily helfen!“ sagte Bill eindringlich.

„Mhm…“ sie sah Bill direkt an und sie sah in seinen Augen etwas aufleuchten, dass sie schon sehr lange nicht mehr bei einem Mann gesehen hatte. Sorge. Mut. Wille. … Liebe…

„Na gut – aber wenn Lily rausfindet, dass ich geplappert habe, werde ich alles leugnen. Bis auf meinem Sterbebett.“ Grinste Tess. Sie lehnte sich zurück und sah zu, wie Lily durch die Straßen lief.

„Lily hat euch doch erzählt, dass sie in dieses Taxi stieg und dann bei mir aufgewacht ist.“ Sie sah auf. „Da hat sie gelogen. Sie wachte nicht bei mir auf, sondern bei meinem Bruder. Hinter einem dickem Panzerglas.“

„HÄ?“ die Jungs sahen Tess an als wäre sie verrückt.

Sie nickte: „Ja – so ist es. Wie soll ich sagen. Lily ist nicht die, die ihr zu kennen glaubt. Sie hat sich vor 3 Jahren verändert und ist nun eine völlig andere Person.“

„Könnten Sie das ein wenig eingrenzen?“ fragte Damian.

„Tess wir wollen Lily verstehen!“ sagte Tom eindringlich, als die alte Dame schwieg.

Sie seufzte: „Gut – Lily ist … sie wurde wie ihr Bruder von AEVIN gefangen genommen und mit dem Virus des Projekt Lupos infiziert.“

Erneute donnernden Stille.

Die Jungen sahen sie ungläubig an.

„Lily… Lily ist infiziert?“ fragte Tom.

„Ja – aber dank ihres hohen IQs kann sie sich nach Belieben in den Wolf-Modus versetzen und behält auch während des Luna-Modus ihren ganzen Verstand – sie weiß was sie tut. Schon früher musste sie gegen Erik antreten um ihn wieder zur Besinnung zu bringen. Wir wissen nicht, warum Lily den Virus so adaptieren kann, wir haben nur einmal ihre Alpha-Beta-Theta und Delta-Wellen gemessen und können deswegen vermuten, dass ihr hoher IQ ihr das erlaubt.“ Sagte Tess.

„Was für Wellen?“ fragte Tom.

„Das sind Gehirnwellen.“ Erklärte Aidan. „Sie werden ganz unterschiedlich gemessen und treten auch unterschiedlich auf.“

„Ja – Alphawellen treten auf, wenn wir die Augen schließen und entspannter, passiver und unfokusierter werden. Sie produzieren ein ruhiges und wohliges Gefühl. Ähnlich wie nach einem langen Spaziergang im Wald, einem Nachmittag in der Sauna oder einem erholsamen Urlaub. Wenn Menschen gesund und ohne Stress sind, produzieren sie eine Menge dieser Alpha-Aktivitäten. Fehlt diese Alpha-Aktivität, kann das ein erstes Signal für Sorge, Stress, Gehirnschäden und Krankheit sein. In Alpha sind wir sehr kreativ. Alpha ist optimal für das Erlernen neuer Informationen, Fakten oder Daten. Also Material, das im Wachbewusstsein zur Verfügung stehen soll.“ Erklärte Tess.

„Aha und die andern?“ fragte Bill.

„Na ja Betawellen sind am bekanntesten. Sie treten auf, wenn wir in einem normalen, wachen Zustand sind, mit offenen Augen, den Fokus auf die äußere Welt gerichtet oder mit konkreten Problemen beschäftigt sind. Also wenn Aufmerksamkeit, Wachheit, Konzentration, Kognition im positiven oder Besorgnis, Ängsten, Stress, innere Unruhe vorhanden sind.“ Erklärte Damian.

„Bei Ruhe und Entspannung, die schon in Schläfrigkeit umschlagen, treten die langsamen, kraftvollen Theta-Wellen auf. Es ist der "Dämmerzustand" zwischen Wachen und Schlafen und wird oft von unpräzisen, traumartigen mentalen Bildern begleitet. Häufig stehen diese Bilder mit lebhaften Erinnerungen in Zusammenhang, vorzugsweise mit Kindheitserinnerungen. Theta öffnet den Zugang zu unbewusstem Material, zu Träumereien, freien Assoziationen, verborgenem Wissen und kreativen Ideen. Es ist ein mysteriöser Zustand und lange hatten Wissenschaftler Schwierigkeiten, diesen Zustand in Ruhe zu untersuchen, da es normalerweise schwer ist, diesen Zustand für eine längere Periode aufrechtzuhalten, da die meisten Menschen in diesem Zustand einschlafen.“ Sagte Tess.

„Und diese Delta-Wellen?“ fragte Bill.

„Och, wenn wir schlafen, dominieren die Delta-Wellen, vorwiegend in der Tiefschlafphase. Es gibt zunehmend Beweise, dass Menschen ihr Bewusstsein aufrechterhalten können, wenn sie in Delta sind. Wenn wir in Delta sind, wird eine hohe Anzahl von heilenden Wachstumshormonen ausgeschüttet; dieser Zustand hat viel mit Heilung und Selbstregeneration zu tun. Er ist die Voraussetzung für einen erfrischenden und regenerierenden Schlaf. Es ist ein tiefer traumloser Schlaf.“ Sagte Aidan.

„Okay – ich bin einigermaßen im Bilde.“ Sagte Bill und wiederholte: „Alphawellen sind die wenn man kreativ und ruhig ist, Betawellen sind beim wachen – normalen – Zustand, Thetawellen sind der Dämmerzustand und Deltawellen die traumlose Schlafphase.“ Er sah auf.

„So in etwa!“ sagte Tess.

„Okay und was hat das jetzt mit Lily zu tun?“ fragte Tom, der den Überblick verloren hatte.

„Bei Lily konnten wir feststellen, das im Gegenteil zu Erik, die gesamten Betawellen vorhanden sind, als wäre Lily in einer angeregte Diskussion. Erik hingegen sendete viele Deltawellen aus – als wäre in einem Albtraum gefangen. Unruhig und hilflos!“ sagte Tess.

„Und daher darf Lily rumrennen, als wäre nichts?“ fragte Aidan.

„So ist es. Aber auch bei Lily kommt es zu sogenannten „flackernden Schwankungen“.“ Sagte Tess.

„Was ist das jetzt wieder?“ fragte Bill genervt.

„Lily ist nicht Drogenabhängig. Um das mal klar zu stellen. Lily versucht mittels Koks diese „flackernden Schwingungen“ zu überwinden. Manchmal – wenn Lily sehr traurig ist, oder sie ihre Gefühle nicht gut genug kontrolliert, dann kann es passieren, dass das Wolfsgen in ihr durchkommt und wie Erik ist sie dann nicht kontrollierbar. Aber Lily merkt es sofort, wenn solche Schübe kommen. Deswegen hat Lily immer einen Handspiegel dabei. Ihre Augen flackern, sobald ein Schub kommt. Deswegen kann sie es relativ gut kontrollieren. Sie spürt es dann auch. Das Koks holt sie runter und gibt ihr Ruhe und Kraft. Klingt jetzt doof, ist aber so!“ sagte Tess.

„Aha…“ sagten die Jungs erleichtert.

„Gott sei Dank!“ murmelte Aidan.

„Okay und Lily hat deswegen nichts zu befürchten, weil sie schon infiziert ist?“ fragte Damian.

„Richtig – du allerdings.“ Tess deutete auf Damian und die anderen schraken auf. „Du wurdest gebissen und hast dich nur wegen dem Koks unter Kontrolle – ergo, wenn die Wirkung des Koks nachlässt bist du eine Gefahr für uns alle!“

„Heißt das ich bin immer noch infiziert?“ fragte Damian geschockt.

„Natürlich – wie hoch war dein IQ beim Prüfungsergebnis des Aufnahmetests an der Absalom?“ fragte Tess.

Damian runzelte die Stirn: „Ich glaub 165 oder so…“ er sah auf.

Tess schnalzte mit der Zunge: „Mhm nicht überwältigend viel –dürfte allerdings ausreichen!“ damit sah sie wieder in den Laptop.

„Soll das jetzt heißen, ich bin dumm?“ fragte Damian brodelnd.

Aidan klopfte ihm auf die Schulter und sagte. „Du wolltest es ja nie wahr haben.“

„HALT DIE KLAPPE DU GNOM!“ rief Damian wütend und die Zwillinge brachen in Gelächter aus.

„Tess?“ kam es aus dem Lautsprecher. Sofort quetschten sich die Jungs um Tess herum und diese sagte leicht genervt: „Ja Lily?“

„Ich bin jetzt beim Krankenhaus. Sieht übel aus – überall … na ja – du siehst es eh!“ sagte Lily und tatsächlich aktivierte Tess eine Taste und schon waren sie mittels Überwachungskameras in der erwähnten Gegend.

„Oh Gott!“ Damian hielt sich den Mund zu.

„Ich komm gleich wieder!“ sagte Aidan und rannte Richtung WC.

„Tess ich kann niemanden sehen – hast du wen auf dem Bildschirm?“ fragte Lily ruhig.

„Nein – keine Menschenseele. Die werden sich in die Richtung der Stadtmitte aufgemacht haben. Das Zentrum lockt die Wölfe an!“ sagte sie.

„Schalt mal den Fernseher an!“ sagte Lily.

Damian tat es für Tess und schon sah man ein verwackeltes Bild und eine hysterisch wirkende Reporterin.

„NOCH IMMER KEINE ENTWARNUNG! Bleiben sie ihn ihren Häusern, verriegeln sie alle Fenster und Türen und ziehen sie die Vorhänge zu. Lassen sie niemanden hinaus oder hinein. Die Regierung hat eine Ausnahmesituation ausgerufen und die Einheit Cobra versucht nach wie vor den ursprünglichen Wolf zu finden. Was wie ich vor wenigen Minuten erfahren habe ein Ding des Unmöglichen ist. Überall tauchen in der Stadt solche grauenhaften Tiere auf und versuchen so viele Menschen wie möglich zu beißen. Wie ich gerade erfahre, schickt der Präsident uns die Armee zu Hilfe. Gott – es ist furchtbar. Eine Reporterin ist noch immer da draußen und schickt uns live Bilder – Carmen?“ fragte die Reporterin und eine zweite hysterische Stimme ertönte: „Hier ist Carmen Rodriguez und ich kann nur erneut sagen, dass es eine schreckliche Situation ist. Überall laufen schwer verletzte Menschen herum, greifen andere an und überall diese Wölfe. Sie tauchen plötzlich auf und verschwinden wieder. Ich habe mich mit meinem Kameramann in dieses verlassene Café in Sicherheit gebracht.“

„Das ist furchtbar…“ murmelte Tess und sagte: „Hast du gehört?“

„Ja – klingt so wie es hier aussieht. Und am Himmel kann ich ununterbrochen die Militärhelikopter sehen. Ich muss Erik finden. Aber ich habe keine Ahnung wo ich-“ plötzlich stockte Lily.

„Lily?“ fragte Tess unruhig.

„Tess was wäre wenn Erik zum See gelaufen ist? Er wollte sicher aus der Stadt raus. Ich gehe zum See. Dort hat Henry ihn gefunden.“ Sagte Lily.

„Bist du dir sicher? Hört sich ein wenig an den Haaren gezogen an.“ Sagte Tess langsam.

„Was hab ich für Optionen? Ich könnte stundenlang herum irren und hundert Wölfe prüfen – ich versuche die einzige höhere wahrscheinliche Theorie.“ Damit drehte sich Lily um und lief so schnell es ging durch die dunklen Gassen und sprang mehrmals einfach über eineinhalb Meter hohe Zäune, als wären sie gerade mal zehn Zentimeter hoch.

„Und du bist dir sicher?“ fragte Tess.

„Nein – aber es ist eine Überprüfung wert.“ Sagte Lily.

„Gut – halt.“ Rief Tess plötzlich.
 

Lily blieb schlitternd stehen und sah sich um: „Was ist?“ fragte sie leise.

„Kleines, jetzt verstehe ich – AEVIN!“ sagte Tess.

„Weihst du mich auch ein?“ fragte Lily.

„Die frühere Forschungsstation ist in der Nähe des Sees – vielleicht…“ sagte Tess.

„WO genau?“ fragte Lily und kletterte auf einen Baum hinauf. Sie sah oben aus den Wipfeln hinaus und versuchte einen Überblick zu bekommen.

„Etwa 2km südlich davon – vielleicht ein Weg von 10 Minuten.“ Meinte Tess.

„Gut – dann mach ich mich auf den Weg!“ Lily sprang von Wipfel zu Wipfel.

„Wow – besser als Lara Croft zocken!“ sagte Damian begeistert, als sie mitverfolgten wie mühelos Lily von Ast zu Ast sprang und dabei irrsinnig schnell war.

„Ich hab auf so ein Kommentar gewartet!“ meinte Aidan und verdrehte die Augen.

„Tess sieh mal ist das die Richtung?“ fragte Lily, die den See erreicht hatte. Doch da hielt sie inne und sagte leise: „Jackpot!“

„Mhm?“ die anderen sahen genauer hin und trotz der Dunkelheit, sahen sie dank des hellen Schnees einen hellen Fleck neben dem See liegen.

„Erik!“ rief Lily geschockt und sprang noch schneller.

„Lily mach keinen Scheiß!“ rief Tess ins Mikrophon, „Vergiss nicht – Erik ist immer noch Proband 3 – er könnte gefährlich sein!“

„Schon gut!“ sagte Lily und ging näher an den liegenden Körper heran. Sie sah aufmerksam hin und her und schlicht näher. Der Körper war bleich und hatte keine Haare. Es war Erik – aber warum war er nicht mehr im Luna-Modus?

Lily ging näher und sagte leise: „Erik? Erik?“

„Erik ich bin es – Lily.“ Sagte sie und berührte ihn sanft.

Erik winselte leise und schlug die Augen auf. Sie waren zu Lilys Überraschung nicht hell sondern dunkelgrün wie früher. Er jaulte leise und stupste Lilys Hand mit der Nase an.

„Erik?“ flüsterte Lily und plötzlich vernahm sie ein Geräusch hinter sich. Sie zog sofort das Schwert und stellte sich schützend vor Erik.

Da sah sie wie zwei Gestalten aus dem Schatten traten.

„Interessant!“ sagte die Kleinere der beiden. Sie trugen Kutten wie Mönche und man sah keine Gesichter.

„Ja – zweifelsfrei. Sie hat ihn adaptiert. Oder zumindest sehr gut unter Kontrolle!“ sagte der Größere.

Lily schätzte einen Mann und eine Frau.

„Wer seid ihr?“ fragte Lily.

„Wir sind niemand. Wichtig ist dass du das gelungenste Stück des gesamten Projekt Lupos bist!“ sagte die Frau.

„Ah ja, dann schätze ich ihr beiden arbeitet für AEVIN.“ Sagte Lily und richtete die Schwertspitze auf die beiden.

„Kann man sagen – ja. Wir arbeiten für AEVIN!“ sagte die Frau leise.

„Ja, aber wir sind mehr als du glaubst.“ Sagte der Mann ruhig.

„Pah – was wollt ihr?“ fragte Lily.

Erik winselte leise und rollte sich auf die verkrümmten Knie und sah wütend zu den beiden Gestalten hinüber. Lily warf ihm einen schnellen Blick zu.

„Wir haben dich beobachtet und sind sehr erfreut, dass du dich im Gegenteil zu deinem Bruder besser mit dem Geschenk anfreunden konntest. Er winselt nur, erbärmlich – keinerlei Selbstkontrolle.“ Sagte der Mann.

„Redet so nicht über Erik – er kann nichts dafür!“ sagte Lily zornig.

„Ah ja – stimmt. Du weiß ja, er ist nicht so intelligent wie sie!“ sagte die Frau hämisch.

„Noch ein hämisches Wort und ich hack dir die Zunge ab!“ drohte Lily.

Erik starrte die beiden Kutten-Wesen wütend an und plötzlich jaulte er laut und Lily erschrak. Sie drehte sich zu Erik um und sah geschockt wie er wieder in den Luna-Modus wechselte. Erneut wurde sein Gesicht länglich, die Haare traten aus den Poren und sein Körper wurde zu einem Wolfskörper. Er jaulte auf und ließ seine Krallen ausfahren. Doch anstatt Lily anzugreifen, die neben ihm stand, jagte er auf die beiden Kutten zu. Diese bewegten sich nicht, doch da blitzte etwas auf.

„NEIN! ERIK STOP!“ schrie Lily.

Da knallte bereits ein Schuss und jaulend wurde Erik zurückgeworfen. Er knallte gegen Lily und sie versuchte ihn aufzufangen.

„Erik!“ flüsterte sie geschockt und zog sich unter ihm hervor. Sie sah wie das Blut aus der Austrittswunde rann und Erik winselte leise.

„Nein… nein…“ weinte Lily und ungehemmt flossen die Tränen.

„Lily…“ kam es krächzend aus seinem Maul, da fiel der große Kopf langsam zu Boden und Erik atmete nicht mehr.

„NEIN!“ brüllte Lily voller Zorn. Sie stand auf und nahm das Schwert in die rechte Hand. Ihre Augen glühten vor Wut und Hass. Die Trauer pumpte sich wie Gift durch ihre Adern.

„Ihr habt meinen Bruder getötet.“ Sie verstärkte den Griff und feine blaue Adern traten an ihrem Handgelenk hervor.

„DAS BÜSST IHR MIR!“ Lily griff an, sie rannte so schnell, dass sie binnen einer Nanosekunde bei den beiden Kutten waren und stieß das Schwert einmal nach links und einmal nach rechts.

Die Kutten fielen zerschnitten zu Boden. Lily wandte sich um. Die beiden Personen standen zwei Meter hinter ihr und sahen sie mäßig interessiert an.

Die Frau hatte hellblaue Haare und trug eine Art Kampfanzug. Auch der Mann trug einen und seine Haare waren schwarz. Doch was Lily schockierte waren die hellblauen Augen der beiden.

„Was?“ flüsterte sie.

„Tja, jetzt müssen wir wohl spielen!“ sagte die Frau und streckte sich.

„Schauen wir mal, ob wir es noch drauf haben?“ fragte der Mann und knackte mit den Fingerknöcheln.

„Oh Gott…“ hörte Lily Tess flüstern.

„Was ist los?“ fragten Bill und Tom.

„Wer sind die?“ fragte Aidan.

„Das sind …“ sagte Tess geschockt.

„Interessant, ihr zwei ward doch einmal normale Wölfe oder?“ fragte Lily und stand auf.

„Tja, das Serum wirkt besser als gedacht. Es verhilft Wölfen zu Menschenkörpern, und Menschen macht es zu Wölfen!“ lächelte die Frau und ihre Augen glühten auf.

„Immer wieder überraschend, wozu die Wissenschaft im Stande ist, nicht wahr?“ fragte der Mann hämisch.

„Oh ja – wirklich beeindruckend. Wenn man davon absieht, dass ihr beide gleich, das letzte Mal gemordet habt!“ sagte Lily und hob das Schwert hoch.

„Na so was, du willst mit dem Zahnstocher antreten? Nicht mit deiner wahren Natur?“ fragte die Frau überrascht.

„Na gut uns soll es Recht sein.“ Sagte der Mann.

Sie knieten sich beide hin und die Frau sah hinauf zum Mond. Dieser kam gerade hinter den Wolken hervor und irgendwo schrie ein Käuzchen. Lily sah auf und exakt in diesem Moment hörte sie die ferne Uhrturmglocke schlagen.
 

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11...
 

„Mitternacht!“ lächelte die Frau und gleichzeitig wie der Mann stieß sie ein lautes Geheul aus: „LUNA MODUS AKTIVIEREN!“ brüllte der Mann noch und Lily sah ihnen zu, wie ihre Körper länglich wurden, noch größer als sie je einen Wolf gesehen hatte. Sie waren beide unglaublich gewaltig und so groß wie ein Bär, der sich auf allen vieren bewegt.

„Faszinierend!“ sagte Lily nur kalt.

Sie hob das Schwert hoch und sagte: „Bezahlt für das Leben meines Bruders mit eurem Leben.“

Zwei gegen eine


 

Lily stand ruhig da, und wartete ab. Obwohl purer Hass durch ihre Adern wanderte und ihr Blut sich zu erhitzen begann. Ihre Hand krampfte sich stärker um den Griff des langen Schwertes und man konnte durch den Druck sehen, wie ihre Sehnen hervortraten. Der Hass brodelte noch stärker und vor allem eine unsagbare Wut mischte sich dem anderen Gefühl bei.

„AWOOOO!“ jaulte der größere der beiden ohnehin gigantischen Wölfe und sprintete los. Die Lefzen gefährlich hochgezogen, die spitzen, dicken Zähne zur Schau gestellt, und kalte, eisblaue Augen, die glänzten, als das Mondlicht hineinschien.

„AWOOO!“ sprang der Wolf auf Lily zu, die machte innerhalb einer halben Hundertstelsekunde einen Schritt nach hinten und hob das Schwert und schlug den Wolf fest in sein gewaltiges Hinterbein, was ihr am nächsten war. Jaulend flog der Wolf weiter und kam schlitternd zu stand und Blut rannte von der Wund hinab in die Erde, in den frischen Schnee. Lily stand immer noch vor der Leiche ihres Bruders und sah abwechselnd zwischen dem bereits angegriffenen Wolf und der Wölfin hin und her.

„War das schon alles?“ fragte sie leise.

Nun griff die Wölfin an. Sie schlug ihre Zähne in Lilys Schwert und verbiss sich darin. Lily hatte nur dank ihrer eigenen gewaltigen Kräfte, die Gelegenheit die Wölfin abzuschütteln und schleuderte sie so fest es ging zurück. Doch die Wölfin griff erneut an und biss wieder zu. Da spürte Lily hinter sich einen Schatten und duckte sich. Über ihr segelte nur wenige Millimeter von ihrem Kopf entfernt der große, verletzte Wolf drüber und schlug eine Rolle und landete wieder sicher auf den vier Pfoten. Dann machte er eine plötzliche Bremsung und drehte um und griff erneut an. Die Wölfin hatte sich bereits in Lilys Schwert verbissen und Lily versuchte diese abzuwehren. Doch der Biss dieser Wölfe war viel gewaltiger, kräftiger und roher als der Angriff der anderen Wölfe. Lily hatte große Probleme den Druck auszugleichen und merkte wie sie im Schnee keinen sicheren Halt hatte und immer weiter nach hinten geschoben wurde.

„Ihr seid stark, aber das bringt euch auch nichts!“ knurrte Lily zornig und konnte sich gekonnt wie eine Limbo-Tänzerin in einer 90° Biegung nach hinten strecken und sah wie das weit aufgerissene Kiefer des zweiten Wolfs erneut über sie drüber flog.

„Okay, jetzt nervt es langsam!“ dachte sie und verstärkte den Griff. Sie riss mit einer gewaltigen rohen Energie das Schwert aus dem Maul der Wölfin, die vor Schmerz aufjaulte, als das Schwert ihre Lefzen zerschnitt. Jaulend vor Pein warf sie sich mit geöffnetem Kiefer in einen Schneehaufen, zerbiss diesen geradezu und der Schnee verfärbte sich blutrot.

„Ups – hat das etwa wehgetan?“ fragte Lily grinsend.

Da spürte sie wie hinter ihr erneut ein Schatten auftauchte, doch nun war sie zu spät und der Wolf sprang sie um. Er drückte sie zu Boden und Lily konnte ihn mittels Schwert auf Abstand halten, als er immer wieder versuchte ihr die Kehle durchzubeißen.

„AWOO!“ jaulte der zweite, und die Wölfin griff wieder an. Sie biss erneut ins Schwert und dieses konnte dem erneuten heftigen Druck nicht mehr standhalten. Es zerbrach in der Mitte und die Scherben schnitten sich noch tiefer in die ohnehin blutende Wunde der Wölfin. Laut jaulend wich diese wieder zurück und schüttelte immer wieder den Kopf.

Lily hatte die Chance genützt und hatte sich unter dem Wolf hervorgezogen und schlug eine Rolle und einen Salto nach hinten und brachte sich mit dem nutzlosen leeren Griff des ehemaligen Schwertes in Sicherheit. Sie landete auf ihren Knien und blieb in einer Hocke-Position. Sie blickte auf und sah auf den Griff, den sie immer noch in der Hand hielt.

„Mhm… kräftiges Kieferchen, Lady!“ sagte Lily.

Sie wartete dieses Mal nicht ab, sondern rannte auf den großen Wolf zu und sprang über ihn weg, trat ihm dabei viermal fest gegen den Kopf und im Landeanflug, zehn Zentimeter neben der Wölfin, schlug sie den Griff so fest es ging in die bereits schwer verletzten Lefzen, der Wölfin.

Laut aufjaulend wich sie erneut zurück, da griff Lily erneut an und schlug so fest es ging auf die Wölfin mit ihren bloßen Fäusten ein. Der Wolf hatte sich inzwischen erholt und jagte auf Lily zu. Diese war so blind vor Wut und Hass über den Tod ihres geliebten Bruders Erik, dass sie den erneuten Angriff nicht spürte und ihn erst dann realisierte, als sie die gewaltigen Krallend es Wolfs mittels Schlag in ihren rechten Oberarme und rechte Hüfte spürte.

„AHHH!“ schrie sie gequält auf und spürte nur wie sie weggeschleudert wurde und im Schnee zu liegen kam.

„AWOOO!“ jaulte der Wolf und stupste die Wölfin an. Diese regte sich nur schwach und jaulte fast unhörbar zurück. Der Wolf stieß einen zornigen Schrei aus und knurrte. Er richtete seinen Kopf Richtung Lily und sprang in gewaltigen Sätzen auf sie zu. Lily lag noch immer im Schnee und als sie aufsah, sah sie bereits die Silhouette des Wolfs im Mondschein auf sie zu jagen. Sie rollte sich nur einen halben Augenschlag vor dem Angriff, weg und blieb abwartend im Schnee. Der Wolf biss in den Schnee, doch er hatte Lily gleich wieder gesehen und griff erneut ein, doch nun hatte sie einen Plan. Lily wartete noch länger, und vielleicht eine Tausendste Sekunde bevor sich die Zähne in ihre Kehle gebohrt hätten, sprang sie hoch und landete im Reitersitz auf dem Wolf.

Wütend sprang und jault er und versuchte alles um sie abzuwerfen. Doch Lily blieb standhaft. Sie spürte zwar wie ihr Blut aus ihren Wunden strömte und ihre Sicht begann bereits zu schwinden, doch sie blickte noch einmal auf die Leiche ihres Bruders.

Als ob er ihr Kraft geben würde, schlug Lily mit aller Kraft und mit auf einmal sehr viel längeren Fingernägeln – die Krallen von Wölfen gleichkamen – in den Nacken des Wolfs. Sein abgetrennter Kopf fiel zu Boden und es gab einen beinahe dumpfen, banalen Aufschlag.

Der Körper fiel um und Lily sprang herab.

Die Wölfin jaulte laut vor Schmerz, doch Lily hatte zwei ihrer Beine so stark verletzt, dass sie sich nicht wieder aufrichten konnte. Lily ging näher und hob auf ihrem Weg eine längere Scherbe des zerbrochenen Schwertes auf und kniete sich vor der Wölfin in den blutroten Schnee.

„Warum?“ fragte Lily heißer.

„Warum?“ jaulte die Wölfin zurück.

„Warum tut AEVIN das? Wieso hat sie mich und Erik infiziert?“ fragte Lily leise.

Die Wölfin bellte stockend und es hörte sich an wie hustendes Lachen. Sie sah Lily fest in die Augen und sagte knurrend: „Frag sie selbst!“

Lily hob die Scherbe und stach sie fest in die Kehle der Wölfin. Diese jaulte noch einmal auf, und viel dann tot mit dem Kopf zu Boden.

„Das werde ich…“ sagte Lily leise.
 

Lange Zeit kniete Lily neben der Leiche ihres Bruders, hielt ihm im Arm und weinte leise ohne einen Laut vor sich hin. Da hörte sie leise Schritte hinter sich und ein stöhnendes Aufkeuchen.

Dann hörte sie Schritte, knirschend im Schnee, auf sich zukommen und spürte wie eine Hand sich auf ihre Schulter legte.

„Lily….“ Sagte Bill leise.

Lily weinte stumm weiter und drückte Eriks Leiche noch stärker an sich. Bill ließ sich neben sie in den Schnee sinken. Sein Bruder Tom stand mit Damian und Aidan, der Tess auf dem Rücken trug, hinter ihm und beobachtete ihn.

Lily sah über ihre rechte Schulter zunächst lange in Bills Augen, und dann in die Augen der anderen.

„Wie sieht es in der Stadt aus, Tess?“ fragte sie leise.

„Schlecht – es gibt kaum noch einen Menschen, der nicht infiziert ist. Absalom und Lisenka haben sich gemeinsam im größeren Schloss verbarrikadiert und warten auf die Hilfe der Bundeswehr.“ Sagte Tess.

„Die Bundeswehr wird nicht viel ausrichten können!“ sagte Lily und strich sanft über Eriks übel zugerichtetes Gesicht. Man konnte den einst hübschen, jungen Mann nur noch erahnen.

Lily stand auf und legte Eriks Hände übereinander und sagte: „Wir müssen nach Lisenka.“

„Warum?“ fragte Aidan verblüfft.

„Ich gönne AEVIN keinen Triumpf – wir werden die Überlebenden aus der Gefahrenzone bringen. Lisenka wird diese Wölfe nicht lange aufhalten.“ Sagte Lily.

Bill sah sich um und begann größere Steine zu einem länglichen Rechteck um Eriks Leiche zu legen. Tom und Lily halfen. Aidan und Damian stützten die immer noch angeschlagene Tess. Schließlich deckten sie seine Leiche mit Steinen zu und legten noch Tannenzweige darüber.

Lily sah Bill an und verzog ihre Lippen zu einem schmalen Lächeln:“ Danke!“

Bill nickte nur.

„Also auf nach Lisenka?“ fragte Tom.

Lily nickte: „Auf nach Lisenka!“

„Na dann los! Die Sonne geht bereits auf!“ sagte Damian und tatsächlich schob sich die Sonne bereits über den Horizont nach oben. Rötliches, helles Morgenlicht fiel auf den frisch gefallenen Schnee. Die beiden Leichen der Probanden 1 und Probanden 2, ließen sie einfach im Schnee liegen.

„Gehen wir!“ sagte Lily.

Als sie einen letzten Blick auf Eriks Grab warf, war ihr bewusst, dass sie nun endgültig alle aus ihrer Familie verloren hatte. Schuld daran trug, laut ihrem Bruder AEVIN und Lily gab sich im orangen Licht der aufgehenden Sonne ein Versprechen.

Sie würde alle AEVIN vernichten und wenn es das letzte war, was sie tun würde.
 

Inzwischen herrschte pure Angst in Schloss Lisenka.

„AHHHH!“ schrie Selma voller Angst. Sie rannte gemeinsam mit Kathrin die Gänge entlang und schließlich erreichten sie den Hauptsaal, gleich hinter den gewaltigen Eingangstüren. „Selma! Kathrin!“ schrie Frau Sonnental und Herr Hanasaki knallte sofort die Türen zu, als er einen gewaltigen Wolf heranspringen sah. Mit voller Wucht vielen sie zu und sofort verriegelten die Computergesteuerten Sensoren die Tür. Man hörte das laute Knurren und Schnappen, sowie lautes Jaulen.

„Oh Gott…“ zitterte Selma ängstlich.

„Keine Panik – hier seid ihr sicher!“ beruhigte Herr Hanasaki die zitternden jungen Studentinnen.

„Hier sind alle Türen verriegelt, der Computer wurde von uns neu programmiert. Wir sehen die Wölfe hier auf den Überwachungskameras der Schulgänge!“ sagte Frau Sonnental mit zittriger Stimme.

„Sind wir eingekreist?“ flüsterte Kathrin, die einer Panikattacke nahe war.

„Ja…“ hauchte Frau Sonnental zurück.

Sich den Magen haltend, als wäre ihr schlecht, ließ sich Kathrin auf den Boden sinken und stöhnte leise vor sich hin.

„Was heißt das, wir sind eingekreist?“ fragte Selma scharf.

„Sieh selbst, Selma!“ sagte Sonnental traurig und deutete auf die Bildschirme der Überwachungskameras, die sie auf ihrem Laptop angezeigt hatte. Auf jedem Bild waren mehrere Wölfe zu sehen, die knurrend versuchten in das Innere des Raums zu kommen. Sie preschten gegen die Türe, warfen sich gegen das feste Material, fielen jaulend zurück, versuchten es erneut. Immer weiter, immer wieder.

„Oh Gott…“ stöhnte nun auch Selma heißer.

Kathrin sah auf und blickte in die geschockten Gesichter: „Was ist mit den anderen Studentinnen? Wir sind gerade mal an die zwanzig. Hier studieren aber an die dreihundert Studentinnen…“

Sonnental sah weg.

„Nein, sagen Sie dass das nicht wahr ist? Sie sind alle…“ Kathrins Stimme erstarb.

Selma starrte ängstlich zu Hanasaki, doch als Sonnental nicht antwortete, nickte er und sagte nur dünn: „Ja…“

„Oh Gott…“ heulte nun Kathrin los und die Tränen fielen ungebremst zu Boden.

„Kathrin, bitte beruhige dich doch!“ sagte Selma ängstlich, Kathrin begann zu schluchzen, zu husten und nach Luft zu ringen.

Hanasaki ging zu ihr, nahm sie in den Arm und hielt sie fest. „Ruhig, Kathrin – ganz ruhig atmen.“

Kathrin brauchte mehrere Minuten bis sie sich wieder beruhigt hatte, dann sah sie auf und sagte würgend: „Warum kommt uns niemand zu Hilfe? Sagen Sie bitte, dass die Bundeswehr kommt – oder die Kavallerie oder… einfach irgendwer!“

„Wir konnten vor wenigen Minuten die Bundesregierung in Wien erreichen und der Krisenstab tagt gerade. Sie schicken die besten Soldaten hierher.“ Sagte Sonnental.

Kathrins Miene wurde etwas heller: „Dann überleben wir vielleicht!“

„Vielleicht…. Immerhin-“ Sonnental sah langsam auf: „…werden es jede Stunde mehr. Es werden immer mehr Wölfe, sie haben bereits die gesamte Stadt lahm gelegt und viele Beschäftigten der Cobra Einheit erledigt.“

„Oh Gott….“ Flüsterte Kathrin wieder.

„Wieso passiert das alles nur?“ fragte Selma ungläubig, wie gelähmt.

„Das weiß niemand…“ sagte Hanasaki tonlos.

Kathrin blickte noch einmal auf den Bildschirm des Laptops und sagte weinerlich: „Wir werden alle ster-!“

„Nein!“ unterbrach Selma sie wütend und zerrte sie wieder auf die Beine.

„Sag so etwas nicht!“

Kathrin nickte halb in Trance und sie umarmten sich fest.

„Ich hoffe, dass es alles gut ausgeht.“ Sagte Sonnental leise.

Hanasaki sah sich um und erkannte auch die betroffene Stille an seinen Studenten. Sie waren wegen der Tanzstunden zu Lisenka gegangen – er mochte sich gar nicht vorstellen, was aus den anderen Studenten geworden war. Absalom war seit Stunden nicht mehr erreichbar. Alex saß wenige Meter entfernt und schien zu beten.

„Ich wünschte, dass Beten etwas bringen würde…“ seufzte Hanasaki leise.

„Das wird es!“ sagte Sonnental und drückte seine Hand: „Das wird es – ganz bestimmt!“



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Kommentare zu dieser Fanfic (1)

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Von: abgemeldet
2012-02-20T01:58:01+00:00 20.02.2012 02:58
Ich finde es schade, dass der Prolog so kurz geraten ist.
Mir persönlich fehlen Dinge wie eine genauere Beschreibungen des Handlungsortes und der Charaktere. Natürlich weis jeder wie ein Stripclub aussehen könnte aber eine Beschreibung erleichtert den Einstieg des Lesers in die Geschichte.
Der Prolog erklärt dem Leser, dass die Hauptfigur anscheinend ein beschissenes Leben hat. Man erfährt jedoch nicht warum dies so ist. Es muss natürlich nicht alles Friede, Freude Eierkuchen sein, ein bisschen weniger Klishee hätte der Geschichte jedoch gut getan.


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