Gegen den Strom des eigenen Blutes von _Shirley ================================================================================ Kapitel 5: Guten Morgen, Sonnenschein… -------------------------------------- Kapitel 5. Guten Morgen, Sonnenschein… …warum Dean gerade dieser Satz als erstes durch den Kopf spukte, als ihn ein feingliedriger Sonnenstrahl ins Gesicht schien, wusste er nicht. Obwohl ihn der neue Tag mit strahlender Pracht begrüßte, drehte er sich um und versuchte wieder einzuschlafen. Als die Hitze im Zimmer nicht mehr auszuhalten war und sein Shirt ungemütlich an seinem Körper klebte, wich auch der letzte Rest von Müdigkeit aus Dean und er räkelte sich genüsslich. Ob es Cass Anwesenheit zu verdanken war, dass er keinen unruhigen, von Alpträumen geplagten Schlaf gehabt, sondern friedlich durchgeschlafen hatte? Cass… Sein erster, wacher Blick galt der Stelle neben seinem Bett, wo glücklicherweise immer noch ein Stuhl stand. Schön, das bedeutete Cass Erscheinen war kein Traum gewesen. Aber jetzt fehlte von dem Engel jede Spur. So hatte Dean geduscht und musste zerknirscht feststellen, dass er keine saubere Kleidung mehr besaß. Gut, er trennte seine Klamotten ohnehin in zwei Lager – Benutzt aber noch tragbar und Benutzt aber schlimmstenfalls auch noch tragbar – nur bei der Unterwäsche war er etwas wählerischer. Was ihm jetzt aber auch nichts brachte, denn er hatte nichts Sauberes mehr. Seine Gedanken waren in letzter Zeit auch eher im Himmel und mal in der Hölle gewesen und nur selten auf Erden und noch seltener bei den gewöhnlichen, kleinen Dingen des Alltags. Letztlich entschied er sich für die zerknitterte Jeans, die er ganz unten in seiner Tasche gefunden und schon Ewigkeiten nicht mehr getragen hatte und ein T-Shirt das er eigentlich nie hatte leiden können. Warum es immer noch unter seiner Wäsche war, wusste er nicht. Woher er es eigentlich hatte, konnte er auch nicht mehr sagen. Aber als er es das erste Mal getragen hatte, war Sam in lautes Lachen ausgebrochen. „Alter, du siehst aus wie Freddy Krüger!“ Nie mehr also ein schwarz, rot gestreiftes Kleidungsstück, hatte er sich dabei gedacht. Heute war das Shirt zwar muffig, aber ohne Flecken und wie allen Gegenständen die Dean besaß, haftete halt auch an diesem eine Erinnerung an Sam. Dem konnte er einfach nicht entfliehen. Immer noch auf Cass Rückkehr wartend, holte Dean den Stuhl neben seinem Bett. Er war Cass dankbar, unendlich dankbar dafür das er ohne zu fragen einfach geblieben war. Er hatte kein Gespräch begonnen oder wollte Klarheit über Deans Gefühle. Nein, er war einfach auf eine Bitte hin geblieben und hatte den Rest der Nacht auf einem unbequemen Holzstuhl mit geflochtener Sitzfläche und einem schwedischen Namen verbracht. Als Dean den Stuhl zu den anderen an den Tisch zurückgestellt hatte, hörte er das typische Geräusch von flatternden Flügeln. Bevor er sich zu dem Engel umdrehte, konnte er nicht verhindern das sich wieder das Bild von Cass mit weißen, fluffigen Flügeln in seinen Geist schlich. Insgeheim wünschte er sich nichts mehr als Cass einmal mit seinen weißen Flügeln in voller Pracht vor sich stehen zu sehn. Am besten ohne Kla… „Guten Morgen, Dean“. Froh drüber seinen eigenen Gedanken zu entkommen, bevor er anfangen konnte drüber nachzudenken, drehte er sich zu Cass um. Und was er da sah, viel ihm zu Glauben schwer. Da stand sein Engel, genau so wie immer aber in einer Hand hielt er einen Becher Kaffee und in der anderen eine Tüte mit dem Logo einer Bäckereifiliale. Dean schluckte und musste sich eingestehen, das er gerührt war. Hätte man ihm in diesem Moment gebeten seine Gefühle zu beschreiben, er hätte es nicht gekonnt. Da war so viel Vertrautheit, so viel längst vergessene Liebe in dieser simplen Geste. Wie oft hatte ihm Sammy Frühstück mitgebracht? Das hatte er schon immer an seinem kleinen Bruder gemocht, dieses Wissen das da jemand war der an einen gedacht hatte, dem man wichtig war… Ob Cass überhaupt verstand was dem jungen Menschen die Tatsache bedeutete, dass er ihm Frühstück mitbrachte? Wahrscheinlich nicht, wahrscheinlich hatte er das nur irgendwo gesehen und nachgemacht. Es konnte kaum daran liegen, dass er um Deans Gefühle diesbezüglich wusste und es nur für ihn getan hatte. „Ich dachte du benötigst Nahrung“, unterbrach Cass mit seiner üblichen emotionslosen Art diesen magischen Moment. „Der Tag heute könnte für dich anstrengend werden also solltest du etwas Essen“. Damit kam der Engel auf ihn zu und stellte die Tüte und den Kaffee auf den Tisch. Dean schenkte ihm ein Lächeln, „danke Mann“, sagte er und setzte sich. Noch immer tobte ein Glücksgefühl in seinem Bauch. Ein Gefühl das er seit Sammys Tod so schmerzlich vermisst hatte. Cass sah jedoch verlegen zu Boden, als ob er sich nicht wohl in seiner Haut fühlte. „Ich wusste nicht was an Nahrung du bevorzugst und als die Frau im Laden mich fragte wie ich den Kaffee gerne hätte da…“ Cass stockte. Obwohl es der Unsicherheit des Engels keinesfalls half und obwohl Dean doch eigentlich dankbar für dessen Bemühungen war, musste er lachen. Er liebte Cass Naivität und all die Versuche des Engels sich an menschliche Gepflogenheiten anzupassen. Statt zu lachen hätte er ihn lieber bestätigen sollen, aber das hier…das alles es tat ihm so gut. „Cass mach dir keinen Kopf, ich trink alles an Kaffee und beim Essen“, Dean zuckte mit den Achseln und öffnete die Tüte, „da war ich noch nie wählerisch.“ Das schien den Angesprochenen zu beruhigen und als er Dean Essen sah, setzte er sich zu ihm an den Tisch. „Dann erzähl mal“, sprach Dean mit vollem Mund und schob noch einen Bissen nach. Cass hatte ihm ein reichlich belegtes Sandwich und Donats mitgebracht. Nicht ganz das Essen welches Sam zum Frühstücken gekauft hätte, aber schließlich war das hier auch von Cass und somit bedeutete es ihm fast noch mehr. „Gestern wurde in dieser Stadt eine Frau ermordet“, fing der Engel zu erklären an. „Ja“, kam es mampfend von Dean, „ja da hab ich am Rande was mitbekommen, eine gewisse Nina noch was. Ist das die Frau die du meinst?“ Cass nickte, „ja, eben jene Frau meine ich. Es ist mir jedoch unklar wie du davon erfahren hast.“ Dean spülte den Rest seines Sandwichs mit Kaffee hinunter. „War auch mehr ein Zufall. Daher weiß ich nichts Genaueres. Also red weiter.“ „Ich beobachte diese Stadt schon seit längerem. Hier treiben sich ungewöhnlich viele Dämonen herum und ich hab keine Ahnung warum. Trotz meiner Bemühungen das heraus zu finden.“ Cass schwieg einen Moment und musterte ein großes Brandloch in der Beschichtung des weißen Esstisches. „Dann haben Dämonen die Frau getötet und du willst wissen warum?“ „Nein“, war alles was Cass dazu sagte. Noch immer hing sein Blick an dem kleinen, schwarzen, verkrusteten Loch. Nicht verstehend warum der Engel nicht weiter sprach, kaute Dean seinen Donat und wartete gespannt. Cass war bei Dingen die einen Job betrafen nie wortkarg oder musste gar versuchen erst die richtigen Worte zu finden um seinem Gegenüber etwas begreiflich zu machen. Was immer Cass also an Informationen hatte, sie schienen nicht gerade so leicht verdaulich wie Deans Donats. „Es war kein Dämon“, sprach der Engel schließlich weiter und als er seinen Blick endlich von der Tischplatte hob und den Jäger musterte, konnte Dean darin eine gewisse Unsicherheit erkennen. Ähnlich der, die Cass im Bezug auf das Frühstück begleitet hatte. Als ob er mit einer Situation konfrontiert war, in der er sich nicht zu Recht fand. Als wäre etwas geschehen, das er nicht begreifen oder zuordnen konnte. Aber dieses Mal lag es sicher nicht am mangelnden Verständnis für menschliche Verhaltensweisen. „Die Frau wurde von einem Engel getötet.“ Dean schwieg. Den letzten Rest des mit Schokolade glasierten Donats noch in der Hand, starrte er Cass an. Noch immer sah man dem Engel seine Unsicherheit an obwohl er um eine ruhige und gleichgültige Miene bedacht war. Aber all das war ja auch für Cass neu. Vor der Apokalypse war er ein guter Soldat und Befehlsempfänger gewesen. Er hatte nie gezweifelt, nicht an Gott, dem Himmel und seinen Brüdern und Schwestern. Da war einfach der Glaube an einen Weg gewesen. Ein steinerner Weg, zugegeben. Aber einer der Hoffnung versprach, auch irgendwann aus der Dunkelheit hinaus ins helle Licht zu führen. Für Engel und Menschen gleichermaßen. Diese Illusion war jedoch zerbrochen und Cass kam es vor als hätte er sich verirrt. Er glaubte in Dean und Sam einen neuen Weg gefunden zu haben. Den Brüdern dabei zu helfen Michael und Luzifer aufzuhalten schien richtig und der Kampf dafür ehrenhaft. Aber wenn er sein Leben jetzt so betrachtete…sie hatten gewonnen. Warum fühlte sich das dann nicht nach Sieg an? Tief in sich wusste der Engel wie viele Menschen er gerettet hatte. Warum wussten seine Geschwister das nicht? Warum sah keiner die Welt mit seinen Augen? Er lebte wieder im Himmel doch war ihm dieser Ort nie so fremd gewesen. Seine Heimat fühlte sich nicht mehr an wie ein Zuhause und obwohl er unter seinesgleichen war, war er unendlich einsam. Jetzt saß er auf der Erde dem einzigen Lebewesen gegenüber bei dem er sich noch wohl fühlte. Der den letzten Rest Geborgenheit in Cass schürte. Ein Mensch der Bewiesen hatte das man ihm vertrauen konnte, der…obwohl er nicht zur Familie gehörte immer für ihn da war, ihn bestärkt hatte in all den vielen zermürbenden Dingen die der Krieg so mit sich brachte. Natürlich vertraute er Dean Winchester und je länger er mit einer Erklärung wartete, desto mehr würde der Jäger glauben, er habe nicht das volle Vertrauen des Engels. Aber daran lag es nicht. Cass hatte nur so sehr gehofft das alles irgendwie so werden würde wie früher, nein, sogar besser. Schließlich hatte er sich doch so bemüht. Trotzdem saß er jetzt hier, redete mit Dean - obwohl Raphael ihm dies untersagt hatte - und versuchte hinter dem Rücken seiner eigenen Familie herauszufinden warum eine junge Frau von einem Engel ermordet wurde. Obwohl ihn nichts davon etwas anging, es war nicht seine Aufgabe sich einzumischen oder etwas was von Oben in Auftrag gegeben wurde zu hinterfragen. Doch genau das hatte er während der Apokalypse gelernt. Selbständiges Denken und Handel und auch die Einstellung der Menschen hatte auf ihn abgefärbt. Recht und Unrecht sah er jetzt viel deutlicher als früher. Vielleicht war es Unrecht das diese Frau gestorben war, vielleicht auch nicht. Vielleicht gab es von Raphael wirklich einen große Plan – B der er Cass nicht anvertraut hatte… „He, lass den Kopf nicht so hängen. Wir wissen zwar das ein Engel die Frau getötet hat, aber nicht warum. Ich meine vielleicht war sie besessen und wollte Luzifer wieder aus dem Käfig helfen. Alter du machst dir schon wieder viel zu viele Gedanken.“ Dean hatte das Frühstück beendet und war aufgestanden. „Komm! Wir werden herausfinden was in dieser Stadt wirklich vor sich geht und dann…“ „Was dann, Dean?“ fragte der Engel, angesteckt von der Zuversicht seines menschlichen Freundes und erhob sich ebenfalls. Dean lächelte ihn an, ganz offen und scheinbar glücklich. „Dann darfst du mir von heute an jeden Morgen Frühstück mitbringen!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)