Geminis Kampf von Schabi ================================================================================ Kapitel 5: Entwicklungen ------------------------ Kapitel V - Entwicklungen >... Und in der Dunkelheit strahlte ein Licht, heller als der Mond, heller als die Sonne. Es leitete die Verlorenen auf den richtigen Weg und brachte sie nach Hause zurück. Am Ende des Weges wartete eine mächtige Kriegerin, die ihre Macht einsetzte, um das Böse zu bezwingen und die Zukunft für alle zu sichern. ... < Dunkelheit. Seit Ewigkeiten schon Dunkelheit um sie herum. Sie wußte nicht, wo sie war, wie lange sie schon an diesem Ort verweilte und was mit ihr passiert war. Aber tief in ihr regte sich ein Gefühl, das beinahe Angst hätte sein können. Etwas mußte geschehen, das wußte sie. So konnte es nicht weitergehen. Doch so oft sie versucht hatte, aus der Welt der Dunkelheit, die wie ein Gefängnis war, auszubrechen - sie war immer wieder gescheitert. Sie war einfach zu schwach, obwohl sie einst so stark gewesen war. Plötzlich veränderte sich etwas in der Dunkelheit. Ein Licht durchschnitt die Schwärze und strahlte so wunderschön wie ein weit entfernter Stern. Sie, die sie nun schon so lange hier war, streckte die Hand danach aus und versuchte, es zu erreichen, doch sie schaffte es einfach nicht. Das Licht flackerte unstet. Bald würde es von der Dunkelheit zurückgedrängt werden. Der Mut kehrte in das Herz der Gefangenen zurück. So einfach würde sie nicht aufgeben, nicht so lange sie noch die Gelegenheit hatte, sich aus dieser Lage zu befreien. Sie öffnete den Mund und schrie und gleichzeitig sandte sie die Macht all ihrer Gedanken an das Licht. Als könne die Schwärze um sie herum auf ihre Tat reagieren, zog sie sich zusammen und verschluckte das Licht. Es war wieder dunkel. Die Gefangene schloß die Augen und spürte, wie eine Träne über ihre Wange lief. Dann verlor sie das Bewußtsein. Mitsumi schreckte aus ihrem Traum auf und starrte an die Decke. Sie war schweißgebadet und fragte sich, ob ihr Traum so schlimm gewesen war. Nein, das konnte es nicht sein, sonst würde sie sich daran erinnern. Sie warf einen Blick auf ihren Wecker. Es war vier Uhr morgens. Seufzend setzte sie sich auf. In letzter Zeit konnte sie einfach nicht mehr richtig schlafen. Und das, seit sie und Sukuite den anderen ihre wahre Identität offenbart und ihnen ihre Geschichte erzählt hatten. Es schien beinahe eine Strafe dafür zu sein. "Unsinn", schalt Mitsumi sich selbst und stand auf. Leise ging sie ins Bad, wusch sich und betrachtete sich im Spiegel. Sie war immer noch sie selbst, aber die Traurigkeit in ihren Augen schien sie zu einem ganz anderen Menschen zu machen. Sie wirkte sehr leidend, obwohl sie das gar nicht wollte. Mitsumi versuchte ein Lächeln, doch auch das lenkte nicht von ihren wahren Gefühlen ab. Man sah es ihr immer noch an. Ergeben ließ sie sich auf den Rand der Badewanne fallen und verbarg ihr Gesicht in den Händen. Sie fühlte sich, als würde ihr alles entgleiten. Beinahe, als wäre ihr gesamtes Leben zu einem Trümmerhaufen geworden. Was würde eigentlich passieren, wenn sie es nicht schaffte, die anderen zu finden? Sie wußte, daß sie hier waren, aber wo nur? Bisher hatte sie noch keinen einzigen Anhaltspunkt gefunden. Mitsumi spürte, daß ihr die Tränen kamen. Sie wollte nicht weinen, aber je mehr sie versuchte, es zu unterdrücken, desto verzweifelter wurde sie. Schließlich ließ sie den Tränen freien Lauf und wehrte sich nicht länger gegen das Gefühl der Hoffnungslosigkeit. Wie lange sie im Bad gesessen und geweint hatte, wußte sie nicht, aber ihr kam es wie eine Ewigkeit vor. Sie war es nicht gewohnt, ihre Gefühle zu zeigen, nicht einmal gegenüber sich selbst. Selbst das konnte sie nicht mehr aufrecht erhalten. Immer noch weinend ging sie zum Waschbecken und drehte den Hahn auf. Kaltes Wasser floß über ihre Finger. Sie atmete erleichtert auf, als ihre Tränen versiegten und wusch sich das Gesicht. Erneut sah sie in den Spiegel. Sie sah erbärmlich aus. Vielleicht sollte sie versuchen, noch etwas zu schlafen. Gerade wollte Mitsumi sich umdrehen, da verschleierte sich ihr Blick und sie konnte nichts mehr sehen. Sie taumelte, stieß gegen das Waschbecken und fiel der Länge nach auf den kalten Boden. Doch sie fühlte keinen Schmerz, sondern konnte sich nur auf die vollkommene Dunkelheit konzentrieren, die sie umgab. Panik stieg in ihr auf und sie schrie, als könne sie mit diesem Schrei die Schwärze vertreiben. Stimmen wurden laut. Es waren gräßlich verzerrte Stimmen - verängstigte Stimmen. Mitsumi hielt sich die Ohren zu, als sie immer lauter wurden. Aber sie waren in ihrem Kopf und sie konnte sie nicht vertreiben. Und dann hörte sie den Schrei. Und in der Dunkelheit tauchte ein Gesicht auf - blaß und kraftlos, aber immerhin kein fremdes Gesicht. Mitsumi ignorierte die Stimmen, sondern hörte nur noch auf den Schrei und auf einmal schien etwas in ihrem Kopf zu explodieren. Ein gleißendes Licht verdrängte die Dunkelheit und trotzdem sah Mitsumi immer noch das Gesicht. Und diese Augen... Diese Augen.... Sie mußte das Bewußtsein verloren haben. Als sie die Augen aufschlug, konnte sie wieder völlig normal sehen und nichts schien noch darauf hinzuweisen, daß sie eine solch intensive Vision gehabt hatte. "Geht es dir gut?" Erst nach einigen Sekunden bemerkte Mitsumi, daß sie in ihrem Bett lag. Sukuite saß neben ihr und hielt ihre Hand. Er sah sehr besorgt aus und sofort tat es Mitsumi leid, daß sie der Grund dafür war. "Ja", erwiderte sie mit leiser Stimme. Sie war heiser und fragte sich, warum. Sukuite schien durch ihre Antwort nicht besonders beruhigt zu sein. Er schüttelte den Kopf. "Es geht mir wirklich gut", versicherte Mitsumi ihm noch einmal und mußte husten, weil sie das Sprechen so sehr anstrengte. Was war denn nur geschehen? Sukuite sagte noch immer kein Wort. Sein Blick war auf den Boden gerichtet. Mitsumi setzte sich auf, umarmte ihn von der Seite und lehnte ihren Kopf an seine Schulter. Sie bemerkte, daß er sehr angespannt war. "Es tut mir leid, daß ich dir so viele Umstände mache", flüsterte sie. "Ich frage mich manchmal, ob es richtig war, dich um Hilfe zu bitten." "Bereust du es?" Sukuites Stimme war so ruhig wie eh und je und doch... Etwas schwang darin mit. Und es war nicht nur Besorgnis. Mitsumi wußte, daß sie mit der Antwort zu lange zögerte, um überzeugend zu wirken. "Nein." Die Wahrheit war, daß sie sich nicht sicher war. Sukuite seufzte und schob Mitsumi ein Stück von sich. "Ich möchte nicht, daß wir Geheimnisse voreinander haben. Ich möchte wissen, was da vorhin mit dir geschehen ist. Was du gesehen hast." Mitsumi erschrak ein wenig. Sie hatte die Vision schon beinahe wieder verdrängt. Als sie nun daran erinnert wurde, hörte sie wieder die Stimmen und den Schrei - zwar um ein Vielfaches leiser, doch sie hörte es. "Sukuite, ich..." Ihr fehlten die Worte. Wie konnte sie ihm das beschreiben? Wie konnte sie ihm klar machen, daß sie sich fürchtete? Plötzlich fühlte sie, wie sich sein warmer Körper an den ihren schmiegte. Er hielt sie ganz fest im Arm und strich ihr mit der rechten Hand übers Haar. Für eine Sekunde dachte Mitsumi an Mamoru, doch sie verscheuchte diesen Gedanken und konzentrierte sich auf ihre und Sukuites Gefühle. "Du hast so furchtbar geschrien - du hast gar nicht mehr aufgehört", murmelte er an ihrem Ohr. Seine Stimme zitterte. "Deine Augen waren geöffnet, aber du hast mich gar nicht wahrgenommen. Ich hatte Angst, daß du stirbst. Ich hatte wirklich Angst um dein Leben." Er zog Mitsumi noch ein wenig fester an sich. "Es war eine Vision. Nein..." Mitsumi löste sich von Sukuite und sah ihn verwirrt an. "Es war stärker. Viel realer. Auf einmal wurde alles um mich herum dunkel - ich meine, wirklich dunkel. Um mich herum waren Stimmen. Und dann... hat jemand geschrien. Ich habe mich auf diesen Schrei konzentriert und sie gesehen. Mitten in der Dunkelheit... war ihr Gesicht." Sukuite runzelte die Stirn. "Wessen Gesicht?" "Rurikos." Sukuite atmete scharf ein. "Bist du dir ganz sicher?" fragte er nach einer Weile. "Natürlich! Wie könnte ich mir nicht sicher sein? Wir sind miteinander verbunden." "Aber warum... Ich meine, das ist doch nicht der gewöhnliche Weg, miteinander Kontakt aufzunehmen?" Mitsumi schüttelte den Kopf und legte sich wieder hin. "Nein. Sie ist in Gefahr. Sie hat Angst. Und sie ist verzweifelt. Ich glaube, es war die letzte Möglichkeit für sie, etwas zu unternehmen." Sukuite wollte etwas sagen, doch Mitsumi sah ihn mit ernstem Blick an und flüsterte: "Ich kenne ihre Gedanken, Sukuite. Ich weiß, wo sie ist." Leise schloß Sukuite die Tür hinter sich. Als er das Wohnzimmer betrat, sah er den jungen Mann, der am Fenster stand, mit müden Augen an. "Wie geht es ihr?" fragte Mamoru. "Besser." Sukuite setzte sich auf das Sofa und schlug die Beine übereinander. "Zumindest sagt sie das. Es hat sie wohl ziemlich mitgenommen. Ich befürchte, daß sie zur Zeit nicht mehr wirklich klarkommt." Mamoru seufzte. "Es ist diese Situation, nicht wahr?" "Ich kann sie langsam verstehen, Mamoru. Sie wollte alles nicht noch einmal aufwühlen, aber ich habe gedacht, daß es vielleicht ganz heilsam sein könnte. Vielleicht habe ich mich geirrt. Seit wir hier sind... ist alles nur noch schlimmer geworden." Mamoru drehte sich wieder um und sah auf Tokyo hinunter. Seine Stimme war leise, beinahe furchtsam, als er sprach. "Wie ist sie damit umgegangen, die ganzen Jahre? Seit ich mich wieder erinnern kann, frage ich mich das die ganze Zeit. Ich fühle mich schuldig." "Das bist du nicht. Was geschehen ist, das ist geschehen, ändern kannst du es ohnehin nicht. Wen man liebt, kann man sich nicht aussuchen, wie man damit umgeht, schon. Sie hat Fehler gemacht, das weiß sie. Mit den Konsequenzen zu leben ist nicht einfach für sie, vor allem..." Sukuite zögerte. "Vor allem?" "Weil sie dich immer noch liebt." Mamoru lehnte den Kopf gegen das Fenster. Er sagte kein Wort und Sukuite war fast dankbar dafür. "Sie weiß, wo eine der vermißten Kriegerinnen ist", bemerkte Sukuite nach einer Weile. Ruckartig drehte Mamoru sich um. "Was?" "Diese Vision - oder was immer es auch war - wurde anscheinend von Ruriko geschickt." "Sailor Virgo?" Sukuite nickte. "Mitsumi weiß, wo sie sich aufhält. Und wie ich sie kenne, wird sie sich nicht lange ausruhen, ehe sie in den Kampf zieht." "Wo Sailor Virgo ist, könnten auch die anderen sein", murmelte Mamoru und ballte die Hände zu Fäusten. "Ich schlage vor, daß du die Kriegerinnen zusammentrommelst und ich mich um Mitsumi kümmere. Wir sollten bereit sein, jederzeit aufzubrechen. Das heißt... wenn die anderen das überhaupt wollen." Mamoru nickte. "Ich denke, daß es keine Probleme geben wird. Wenn sich etwas Neues ergibt, dann komm einfach rüber. Wir werden da sein." "Du willst in diesem Zustand doch nicht etwa auf die Suche nach Ruriko gehen?" Sukuite sprang um Mitsumis Bett und versuchte, sie am Aufstehen zu hindern. "Mir geht es gut, das habe ich dir schon einmal gesagt. Ich hatte eine Vision, hab ein bißchen geschrien und bin zusammengebrochen - was ist denn schon dabei?" Erneut schlug Mitsumi ihre Decke zurück und schwang die Beine aus dem Bett. "Auf dein Wort verlasse ich mich diesmal nicht!" rief Sukuite und baute sich mit verschränkten Armen vor Mitsumi auf. "Warte doch wenigstens bis morgen." "Das kann ich nicht, das mußt du verstehen." Energisch trat Mitsumi an Sukuite vorbei und ging ins Bad, um sich anzuziehen. Als sie nach einigen Minuten zurückkehrte, fing sie einen bitterbösen Blick von Sukuite auf. "Es ist mir egal, ob du böse auf mich bist, oder nicht", bemerkte sie kalt. "Sie ist eine Sailorkriegerin, meine Kampfgefährtin und vor allem meine Freundin. Ich muß ihr einfach helfen. Und zwar sofort." "Ganz allein?" "Was?" Erschrocken sah Mitsumi zu Sukuite. Er hatte sie aus der Fassung gebracht. Sie hatte fest damit gerechnet, daß er mitkommen würde. "Ich befürchte, gegen den Feind wirst du allein machtlos sein." "Aber... Gegen Daisuke haben wir schon oft gewonnen!" Mitsumi senkte den Blick. "Wieso willst du nicht mitkommen?" Sukuite trat zu Mitsumi. "Tut mir leid. Natürlich werde ich mitkommen. Ich lasse dich doch nicht allein. Es war eine dumme Idee." "Warum sagst du dann so was?" "Weil ich dachte, ich könnte dich vielleicht damit aufhalten." "Willst du etwa nicht, daß ich sie da raus hole?" Sukuite lachte bitter. "Traust du mir das zu?" Mitsumi antwortete nicht, sondern nahm ihre Jacke von der Garderobe, zog ihre Schuhe an und sah Sukuite auffordernd an. "Dann laß uns gehen." Als Sukuite und Mitsumi auf den Flur traten und Mitsumi zum Fahrstuhl gehen wollte, hielt Sukuite sie zurück. "Warte. Wir müssen vorher noch jemanden abholen." "Was...?" Zielstrebig ging Sukuite über den Flur - Mitsumi im Schlepptau. Vor Mamorus Tür blieb er stehen, klingelte und ergriff fest Mitsumis Hand, als er bemerkte, daß sie die Flucht ergreifen wollte. "Was soll das?" zischte sie ihm zu. Doch in ihrem Blick war keine Wut, sondern nur Angst. "Das wirst du gleich sehen. Es gibt nämlich Menschen, die sich um dich sorgen. Und die dir helfen wollen." Die Tür öffnete sich und Mamoru trat heraus. Er war schon bereit zum Aufbruch. Sein Blick traf Mitsumi und sie konnte nicht anders, als ihn anzustarren. Erst als sie hinter ihm Bunny und die anderen Mädchen sah, wandte sie den Blick ab. "Was für eine schöne Versammlung", murmelte sie. "Ist es soweit?" Mamoru blickte Sukuite fragend an und dieser nickte. "Warum seid ihr alle gekommen?" Mitsumi sah die Mädchen nicht an, als sie diese Frage stellte. Sie wußte nicht recht, wie sie reagieren sollte. Einerseits wollte sie nicht, daß die anderen mit ihr kämpften, andererseits freute sie sich, daß sie ihr helfen wollten. Es war Bunny, die Mitsumi antwortete. Sie trat neben sie und legte ihr eine Hand auf die Schulter. "Du bist eine von uns. Glaubst du, wir würden dich alleine gegen die Feinde kämpfen lassen, wenn wir ganz genau wissen, wie gefährlich das ist?" Rei kniff die Augen zusammen und verschränkte die Arme vor der Brust. "Bunny hat recht - aber ich weiß trotzdem noch immer nicht ganz, was ich von dieser Sache halten soll." "Das gilt für uns alle", fügte Makoto hinzu. Mitsumi schüttelte den Kopf. "Dann kommt nicht mit. Ich möchte es nicht." Mitsumi ging in Richtung Fahrstuhl davon und ließ die anderen hinter sich stehen. Es tat ihr leid, daß sie so reagiert hatte, aber sie spürte deutlich die Ablehnung der Leibgarde der Prinzessin des Mondes. Und das war unerträglich für sie. Trotzdem hoffte ein Teil von ihr, daß ihr die anderen folgen würden. Doch als sich die Türen des Fahrstuhls hinter ihr schlossen, war sie allein. Niedergeschlagen schloß sie die Augen und dachte an Ruriko. Sie würde sie retten - auch allein. Das verfallene Gebäude der alten Fabrik war zwischen den Bäumen kaum zu finden. Im Laufe der Jahre war einfach alles zugewuchert. Man hatte sich nicht mehr die Mühe gemacht, den Anschein von Zivilisation an diesem Ort aufrecht zu erhalten. Die Natur hatte das, was man ihr einst genommen und bebaut hatte, wieder erobert. Mitsumi allerdings wußte, wohin sie zu gehen hatte. Es war ein merkwürdiges Gefühl, aber keineswegs unangenehm. In Gedanken versunken bog sie ein paar Äste beiseite und stapfte zwischen den Bäumen hindurch. Noch konnte sie die alte Halle nicht sehen, doch sie war sich ganz sicher, daß sie auf dem richtigen Weg war. Was ihr Sorgen bereitete, das war ihre Kühnheit. So alleine fühlte sie sich richtig verloren. Und lebensmüde. Sie wußte ja überhaupt nicht, mit wie vielen Gegnern sie es zu tun bekommen würde. Sie hatte nicht den leisesten Schimmer, was sie erwartete. Ruriko hatte ihr außer ihrem Aufenthaltsort keine Informationen geben können. Und was, wenn das Ganze eine Falle war? Bisher hatte Mitsumi trotz intensiver Versuche niemals eine Verbindung zu den anderen Kriegern herstellen können. Warum ausgerechnet jetzt? Und wieso auf diese Art und Weise? Mitsumi seufzte. Nein, das war nicht die richtige Zeit, um über solche Sachen nachzudenken. Sie würde alles versuchen, was in ihrer Macht stand. Schließlich war sie eine Sailorkriegerin. Und sie war stark. Wenn sie daran glaubte, es schaffen zu können, dann konnte sie es auch schaffen. In einiger Entfernung tauchte die Fabrik auf. Ein eigenartiges Gefühl breitete sich in Mitsumis Magengegend aus. "Nicht aufgeben", versuchte sie sich selbst Mut zuzusprechen. Sie seufzte und schloß die Augen. "Immer daran denken, daß du es schaffen kannst." Einige Sekunden lang stand Mitsumi wie angewurzelt da und konzentrierte sich. Dann öffnete sie die Augen und sah zur Fabrikhalle hinüber. "Na dann", sagte sie entschlossen. "Macht der Zwillingssterne... mach auf!" Im Innern der Halle war es irgendwie unheimlich. Sailor Gemini fühlte sich so unwohl wie schon lange nicht mehr. Es war viel dunkler als es hätte sein dürfen und eine unnatürliche Kälte herrschte in dem riesigen Raum. "Ruriko", flüstere Gemini und atmete tief ein. Auch wenn sie Angst hatte, durfte sie jetzt nicht umkehren. Dies war vielleicht die einzige Chance. Sie durfte sie nicht verpassen. Geminis Schritte hallten von den hohen Wänden wider. Ihre Hände zitterten. Etwas war falsch. Doch erst, als die Kriegerin schon beinahe bis zur gegenüberliegenden Seite der Halle gegangen war, bemerkte sie, was. Die Person, die sie beobachtete, stand einige Meter vor ihr und versuchte nicht einmal, sich zu verstecken. Und trotzdem war sie kaum von der fast schwarzen Wand zu unterscheiden. Es war Daisuke - wie immer in Schwarz gehüllt. Gemini blieb wie angewurzelt stehen und starrte ihren Feind mit unverhohlenem Haß an. Sie wußte nicht, was sie sagen sollte, also schwieg sie einfach. "Ich habe fest damit gerechnet, daß du kommst." Daisuke trat einen Schritt vor und stemmte die Arme in die Hüften. "Hat eigentlich schon viel zu lange gedauert." Gemini schwieg. Sie hätte auch gar nichts sagen können, denn ihre Kehle war wie zugeschnürt. Tausend Gedanken rasten ihr durch den Kopf und immer wieder: "Es ist eine Falle." Sie glaubte nicht, daß Ruriko etwas damit zu tun hatte, doch daß jemand in der Lage war, den Gedankenaustausch der Kriegerinnen zu verfolgen und zu verstehen, machte Gemini unruhig. "Du sagst ja gar nichts", bemerkte Daisuke nach einer Weile überflüssigerweise. "Das bin ich von dir ja überhaupt nicht gewohnt. Hast du etwa bemerkt, in was für einer Situation du bist?" Sailor Gemini mußte plötzlich grinsen. Sie wollte es eigentlich nicht, aber Daisuke tat so überheblich, daß es wirklich peinlich wirkte. "Was lachst du so dämlich?" "Mir fiel nur gerade auf, daß du dich für einen Krieger, der bisher immer den Rückzug antreten mußte, reichlich aufspielst." Gemini verschränkte die Arme vor der Brust. "Glaubst du, ich hätte nicht damit gerechnet, in eine Falle zu laufen?" Sie wußte nicht, ob sie zu hoch pokerte, wenn sie sich so selbstsicher gab, aber Gemini beschloß einfach, alles auf eine Karte zu setzen. Insgeheim verfluchte sie sich dafür, die Hilfe der anderen abgeschlagen zu haben. In Gedanken war sie bei Sukuite und entschuldigte sich bei ihm für ihr Benehmen. "Wir werden ja noch sehen, wer hier was zu lachen hat, Sailor Gemini." Daisuke ließ die rechte Hand auf sein Schwert sinken. "Du bist gekommen, um die anderen zu retten... Aber du wirst genug damit zu tun haben, dich selbst zu retten!" "Wo sind sie?" Geminis Stimme klang so scharf, daß sie fast selbst erschrak. "Wo hast du Bastard sie versteckt?" "Ich?" Nun war es Daisuke, der grinste. "Du hast keine Ahnung, oder? Dann scheint die Verbindung unter euch Kriegern doch nicht so perfekt zu sein, wie ich angenommen hatte. Ich dachte, Sailor Virgo hätte dir mehr Informationen übermittelt, als nur ihren Aufenthaltsort." Verwirrung beherrschte Geminis Gedanken. Sie hatte schon daran gedacht, daß Daisuke nicht der Kopf der ganzen Sache war, doch sie verstand auch nicht, wer etwas davon haben sollte, die Kriegerinnen zu entführen, denn tot waren sie Virgos Gedanken nach zu urteilen nicht. Gemini beschloß, nach außen hin ihre Stärke aufrecht zu erhalten. "Wo sind sie?" fragte sie noch einmal. Daisuke machte eine beiläufig wirkende Bewegung mit der linken Hand. Zuerst geschah gar nichts und die beiden Feinde standen sich nur stumm gegenüber. Doch dann veränderte sich plötzlich die Wand hinter Daisuke: Sie verschwand nach und nach. Und dahinter wurden elf merkwürdige, schwebende Gebilde erkennbar. Es waren runde Käfige, in denen - an metallisch glänzende Stangen gefesselt - elf junge Frauen eingesperrt waren. Sie alle hatten die Augen geschlossen und wirkten leblos, doch Gemini fühlte ganz genau, daß sie noch lebten. Nur mühsam konnte die Kriegerin einen Aufschrei unterdrücken. Diese Mädchen, deren nackte Körper mit einem öligen Film überzogen waren, waren ihre elf Gefährtinnen, nach denen sie so lange gesucht hatte. "Da staunst du, was?" Stolz ging Daisuke unter den Käfigen umher. "Es ist nicht so leicht, Sailorkrieger einzusperren - aber ich habe es geschafft. Ich habe ihnen ihre Kräfte geraubt." Gemini kochte vor Wut. Sie konnte es nicht ertragen, ihre Freundinnen eingesperrt zu sehen. Was auch immer Daisuke vorhatte, sie würde es verhindern. "Du... Bastard!" schrie sie und stürmte auf den Gegner los. Sie hatte sich den Angriff vorher nicht überlegt und so konnte der schwarze Krieger ihrer Attacke leicht ausweichen. "War das alles?" fragte er hämisch und zog sein Schwert. "Wenn du kämpfen willst, dann komm her!" Daisuke erhob das Schwert und murmelte zwei ungeheuer komplizierte Worte. Dunkelheit schien sich in der Klinge zu ballen und schoß plötzlich als dunkle Energiewolke auf Gemini zu. "Castor und Pollux... fliegt!" Gemini schleuderte ihre Plasmabälle und ließ sich zur Seite fallen. Nur wenige Zentimeter neben ihr riß Daisukes Geschoß einen kleinen Krater in den Betonboden. "Du hast vielleicht ein Glück", bemerkte Daisuke kühl. "Aber es endet im Nahkampf!" Mit einem Wutschrei schwang Daisuke sein Schwert und raste auf Gemini zu. Sie sah ihn kommen, doch ihr blieb nicht mehr genug Zeit zum Ausweichen. "Schild des Pollux... schütze mich!" Ein helles Licht hüllte Geminis linken Arm für den Bruchteil einer Sekunde ein. Als es wieder verschwand, war ein silberner Schild am Unterarm der Kriegerin befestigt. Mit aller Kraft hob Gemini ihren Arm in die Höhe und fing somit Daisukes Schlag ab. Ein ungeheurer Schmerz schoß durch ihren Arm und schien ihn beinahe von innen zu zerreißen. Am liebsten hätte Gemini geschrien, doch sie biß die Zähne zusammen und rappelte sich auf. Daisuke führte einen gekonnten Schwertstreich durch und traf Gemini mit der breiten Seite seines Schwertes in den Kniekehlen. Die Kriegerin ging in die Knie und Daisuke versetzte ihr einen Tritt in die Rippen, so daß sie zusammenbrach. "Jetzt bist du am Ende, Kriegerin!" höhnte er und hob sein Schwert. "Nicht!" Eine verzerrte Frauenstimme dröhnte durch die Halle. Sie war unnatürlich laut, als wären überall im Gebäude Lautsprecher angebracht worden, um ein besonderes Klangerlebnis zu zaubern. Daisuke blickte erschrocken auf und Gemini nutzte die Gelegenheit. Mit beiden Beinen stieß sie den Angreifer von sich, hob die rechte Hand und rief: "Lichtlanze Castors... erscheine!" Eine glühende Lanze aus Licht erschien in Geminis erhobener Hand und die Kriegerin zögerte keine Sekunde, sie nach dem völlig verblüfften Daisuke zu werfen. Er mochte im Moment nicht in der Lage sein, sich zu wehren, doch in einigen Sekunden würde er wieder versuchen, Gemini zu töten. Die Lanze fand ihr Ziel und durchbohrte Daisukes Brustpanzer mit Leichtigkeit. Der Krieger kippte nach hinten über, ließ dabei sein Schwert fallen und blieb reglos liegen. Einige Sekunden lang war Sailor Gemini nicht fähig, sich zu rühren. Sie lag schwer atmend auf dem Boden, die Augen geschlossen. "Das wäre nicht nötig gewesen." Die Frauenstimme von eben war nun etwas leiser, doch immer noch beängstigend verzerrt. "Er hätte dich nicht getötet. Nicht, so lange ich es ihm nicht befohlen hätte." Sailor Gemini erhob sich schwer atmend. Der Schild an ihrem Arm löste sich auf und auch die Lanze in Daisukes Brust verschwand. Suchend sah sie sich um, doch sie konnte niemanden entdecken. Nur über sich erkannte Gemini die elf Kriegerinnen in ihren schwebenden Gefängnissen. "Wer bist du? Wo versteckst du dich?" Gemini war wütend, doch ihre Stimme brachte nur Erschöpfung zum Ausdruck. Die Stimme lachte. "Du bist stark, Sailor Gemini. Ich hatte gehofft, daß ich dich endlich kriegen würde. Aber Daisuke war zu impulsiv, um einen Kampf mit dir wirklich gewinnen zu können. Trotzdem... ist es schade um ihn. Er war ein guter Krieger." Hinter den Käfigen der Kriegerinnen, wo die Dunkelheit wieder begann, tauchte eine Gestalt auf. Es war eine Frau, so viel konnte man erkennen, denn sie trug ein weites Kleid. Allerdings blieb ihr Gesicht versteckt in der Dunkelheit. Sailor Gemini trat einen Schritt vor. "Tu das nicht, Gemini", sagte die Frau ruhig. "Wenn du versuchst, mich anzugreifen, dann werde ich deinen Freundinnen und dir Schmerzen zufügen. Und das willst du doch nicht, oder?" Gemini zögerte. "Wer bist du?" wiederholte sie ihre Frage. Die Frau lachte wieder. "Das ist eine gute Frage. Ich wüßte es selbst gerne. Einst habe ich es gewußt und mir scheint, als wäre das erst gestern gewesen, aber heute ist es nur noch eine flüchtige Erinnerung. Und was bedeuten schon Namen? Aber wenn du einen brauchst, dann gebe ich dir einen. Nenn mich Akuma." "Akuma..." Gemini sah zu den Käfigen hinauf. "Wozu brauchst du sie?" Akuma zog die Schultern hoch. "Das kann ich dir nicht sagen. Du wirst es noch früh genug erfahren. Denn bald wirst auch du in einem dieser Käfige sitzen und auf deine Bestimmung warten." "Niemals!" Sailor Gemini ballte die Hände zu Fäusten. Sie mußte sich beherrschen, nicht auf die Fremde loszugehen. Aber genau das würde die anderen in Gefahr bringen. "Was immer du auch vorhast, es wird dir nicht gelingen." "Du bist dir da ja sehr sicher." Akuma seufzte. "Aber leider reicht das nicht, um einen Kampf zu gewinnen." Akuma hob die rechte Hand. "Du bist schon so gut wie besiegt." "Das bezweifle ich!" Gemini erstarrte. Die Stimme war hinter ihr erklungen und sie kannte sie. Langsam drehte sie sich um und starrte die vier Personen an, die sich ein Stück weit hinter ihr aufgebaut hatten. "Mein Gott", stammelte sie fassungslos. "Neptun... Uranus... Pluto... Saturn..." Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)