Fantasien der Nacht von Lilime ================================================================================ Kapitel 10: die Neue auf Dock 1 ------------------------------- Corii zog ihre Jacke enger um ihren zitternden Körper. Es war bereits Nacht geworden, aber dennoch stand sie hier, auf dem höchsten Punkt von Water Seven, nahe der Spitze des gigantischen Springbrunnens. Seit ihrer „Flucht“ von der Insel waren jetzt fast 8 Jahre vergangen. Es war, als hätte sich in Laufe dieser Zeit nichts verändert und doch war etwas anders. Ohne jeden Zweifel war die Stadt noch dieselbe, aber sie war es, die sich verändert hatte. Aus dem damals zwölfjährigen Kind war eine wunderschöne junge Frau geworden. Coriis große, nebelgraue Augen, ihre vollen, leicht geschminkten Lippen und ihre geraden Nase wurden von nachtschwarzem hüftlangem Haar umrahmt. Doch nicht nur ihr schlanker Körper und ihr Gesicht war über die Jahre erwachsen geworden. Mit ihren 20 Jahren war sie Altersgenossen schon sehr weit voraus. In der Zeit bei der Marine hatte sie schon so gut wie alles gesehen und getan. Nie hätte sie sich damals vorstellen können, nie wünschen können, was nun heute Wirklichkeit ist. Kaum hatte sie mit zwölf aus Geldsorgen auf einem Marineschiff angeheuert, wurde sie von dem Kapitän auch schon ins Hauptquartier geschickt wurden, um dort trainieren zu können. Corii hatte nie erfahren, warum er das getan hatte, aber beschweren würde sie sich nie, dafür war sie ihm einfach viel zu dankbar. Wer weiß schon, was aus ihr geworden wäre, wenn sie auf dem Schiff geblieben wär? Nein, sie war froh darüber, die Chance bekommen zu haben, mehr aus ihren Leben zu machen. Und bei Gott, dass hatte sie. Denn Corii stand kurz davor, die jüngste Vize-Admirälin zu werden, die es je gab. Nun gut, vielleicht nicht kurz davor, schließlich war sie erst vor kurzem befördert wurden, aber sie war sich sicher, dass es nicht mehr lange dauern würde. Anfangs hatte sie einige Schwierigkeiten gehabt, sich einzufügen und war von Ausbilder zu Ausbilder gereicht wurden, da diese mit ihrer doch oft schweigsamen Art einfach nicht klar kamen. In der ersten Zeit hatte sie sich oft gefragt, warum man sie nicht einfach hinausgeworfen hatte. Vize-Admiral Monkey D. Garp verriet ihr bei einem Treffen jedoch, dass Sakazuki da seine Finger mit im Spiel hatte, so unglaublich das auch war. Schließlich landete sie bei Smoker, dem weißen Jäger. In den Jahren, in denen sie unter seinem Kommando gestanden hatte, war er nicht nur ihr Mentor, sondern auch ihr bester Freund und Verbündeter geworden. Mit ihm konnte sie reden, und was sie am liebsten tat: streiten. Ihr Temperament und ihre cholerische, subversive Art sind nur ein paar Gründe, warum sie oft mit dem Kommodore aneinander geriet. Dazu ist noch zu sagen, dass es wirklich niemanden gab, mit dem sie sich so gerne und so oft in der Wolle hatte, wie mit ihm. Tashigi verglich sie dann meist mit einem alten Ehepaar, wofür sie von Smoker jedes Mal einen Blick kassierte, bei dem selbst Corii nicht gerade selten eine Gänsehaut bekam. Doch trotz allem brachte sie ihm mehr Achtung entgegen, als irgendjemand anderen. Natürlich respektierte sie auch Sengoku und alle die ihr höher gestellt waren. Doch im Gegensatz zu anderen hatte sie keine Angst, sich mit einem der Admiräle anzulegen, wenn ihr etwas nicht passte, was ausgerechnet der berüchtigte Admiral Roter Hund anscheinend sehr an ihr schätzte. Sie war sich sicher, dass ohne Smoker sicherlich einiges anders verlaufen wäre. Durch ihn hatte sie zum Beispiel ihre Liebe zum Wissen entdeckt. Egal was es war, sie wollte immer genau wissen, was dahinter steckte. Mit ihren zwanzig Jahren übertraf ihr jetziger Wissensstand den ihrer älteren Kollegen bei weiten. Und ihr Durst nach mehr war noch lange nicht ausgeschöpft. Aber ihre Studien mussten warten. Zuerst musste sie ihren Auftrag beenden. --------- Still schweigend verließ der Unteroffizier Coriis Elternhaus. Er hatte gerade den Befehl von ihr bekommen, mit der Crew ins Hauptquartier zurück zu kehren. Sura Corii seufzte leise, bevor sie sich den Gurt ihrer Pistole fest um die Hüften festzog. Sie war kein Freund von Schusswaffen, doch manchmal war es doch notwendig, sie zu benutzen. Am liebsten kämpfte sie mit Dolchen, oder ihren über alles geliebten Unterarmklingen, die mit der Zeit zu ihrem Markenzeichen geworden sind. Obwohl sie die Benutzung von Pistolen und Co im Kampf als eher unpersönlich empfand (und sie nahm jede kleine Auseinandersetzung persönlich) so müsste sie jetzt doch darauf zurückgreifen. Es bestand nämlich die Gefahr, dass sie ihre Mission abbrechen musste, sollte einer der auf Dock 1 eingeschleusten Cyperpol-Agenten sie erkennen. Zwar konnte sie nicht von sich behaupten, eine unbekannte Persönlichkeit zu sein, doch sowohl Aka Inu, als auch sie waren guter Hoffnung, dass man sie in Zivil nicht erkennen würde. Corii seufzte und zog sich eine schwarze weite Jacke an, die ihre Waffe ein wenig verdeckte. Zum Schluss sah sie in den großen Spiegel, der über der Kommode, dem Bett gegenüber, hing. Lässig fuhr sie sich noch ein paar Mal durch ihre schwarzen Harre, die ihr in seidig glänzenden Wellen über den Rücken flossen. Eilig verließ sie das Haus und kniff wegen dem grellen Sonnenlicht reflexartig die Augen zusammen. Sobald sie sich einigermaßen an die Helligkeit gewöhnt hatte, ging sie schnellen Schrittes in Richtung Dock 1. Man hatte ihr dort einen Job besorgt, aber natürlich nur zur Tarnung. Was sie jedoch machen musste, wusste sie noch nicht, aber wie schlimm konnte es schon werden? Innerlich seufzte sie noch einmal auf und sagte sich immer wieder, dass sie ja, sobald ihre Arbeit hier beendet war, wieder ins Hauptquartier zurückkehren konnte. Sakazuki selbst hatte ihr den Auftrag gegeben, die Aktivitäten der Cyperpol 9, die zurzeit auf der Insel agierten, ein wenig zu überwachen. Als Begründung gab er Sengoku gegenüber an, dass er ihnen nicht mehr so richtig vertraue, seit sie vor fünf Monaten die Piratin Nikara haben entkommen lassen. Coriis Stimmung sank gewaltig, als sie an Nicky dachte. Die Schwester des CP-Agenten Ecki war noch vor ungefähr drei Jahren auch bei der Marine gewesen. Doch sie konnte sie nie so wirklich mit den Ansichten und Entscheidungen der Marine identifizieren und hatte sich deshalb für das Leben als Gesetzlose entschieden. Ein wirklich trauriges Schicksal, wie Corii fand, wenn sie daran dachte, dass sie Nicky eigentlich immer sehr gemocht hatte. Sie würde sogar wagen zu behaupten, dass sie beste Freundinnen gewesen sind. Doch die Dinge hatten sich geändert. Corii schloss kurz die Augen. Gerne hätte sie ihre Freundin mal wieder gesehen und mit ihr geredet, doch sie musste sich eingestehen, dass dies ein Ding der Unmöglichkeit war. Denn wenn es wirklich einmal zu einem Zusammentreffen kommen sollte, dann musste sie an ihre Pflicht denken und die hieß, alle Verbrecher zu verhaften. Piraten standen da natürlich ganz weit oben auf der Liste. Seufzend blickte sie zum Himmel auf und hoffte stumm, dass es niemals dazu kommen würde. Sie sah wieder nach vorn und hatte noch nicht einmal ganz das Galley-La Gelände betreten, da wurde sie auch schon aufgehalten. „Stop mal! Wer bist du und was willst du hier?“, wurde sie von einem Mann, dem eine Zigarre im Mundwinkel hing, gefragt. Er war ganz in blau gekleidet und seine blonden Haare wurden von einer orangenen Skibrille zurückgehalten. „Ich bin Corii. Ich arbeite hier.“, sagte sie schlicht. „Ah, du musst die Neue sein. Komm, ich bringe dich zu Herrn Eisberg.“, sagte er darauf freundlich. „Nicht nötig, Paulie. Ich bin bereits hier.“ Überrascht drehte sich Corii um und sah in das Gesicht eines 38-jährigen Mannes mit blauen Haaren. „Guten Tag, Miss Corii. Es freut mich, sie hier begrüßen zu dürfen.“ „Freut mich auch, Herr Eisberg.“, sagte sie und schüttelte seine dargebotene Hand. Erst da bemerkte sie die blondhaarige Frau, die hinter ihm stand. Das muss Kalifa sein, dachte sie und musterte sie eingehend. Die Stimme ihres vorrübergehenden Chefs unterbrach ihr Gedanken. „Ich werde ihnen jetzt ihren Arbeitsplatz zeigen. Kalifa wird sie dann in ihre neuen Aufgaben einweisen.“ Er machte eine Handbewegung in Richtung seiner Begleiterin. Also hatte Corii recht gehabt, mit ihrer Vermutung. Und obwohl kein Zweifel bestand, dass dies die einzige Frau in der Cyperpol 9 ist, war es dennoch unglaublich, wenn man ihr gegenüber stand. Corii nickte knapp und folgte beiden dann ins Hauptgebäude. Auf dem Weg dorthin erntete sie einige undefinierbare Blicke der Dockarbeiter. Eisberg führte sie durch die Gänge in einen Raum, in dem ein Schreibtisch und viele Regale mit unzähligen Ordnern standen. Oh nein, dachte Sura Corii. Bitte keine Schreibtischarbeit. Als sie sich an den ganzen Schreibkram bei der Marine erinnerte, mit dem sie sich herum schlagen musste, bekam sie eine Gänsehaut. Die Schwarzhaarige hätte wirklich alles gemacht, selbst diesen verdammten Fußboden geschrubbt (obwohl dieser es theoretisch nicht nötig gehabt hätte). Aber was sie überhaupt nicht mochte, war sie mit so einer Zettelwirtschaft beschäftigen zu müssen. Um genau zu sein, hasste sie es wie die Pest und Sakazuki wusste dies ganz genau. Dieser Köter, dachte sie. Sicherlich wollte er sie dafür bestrafen, weil sie im letzten Sommer einen seiner Befehle nicht ausgeführt hatte. Dabei war ihr das damals ganz und gar nicht leicht gefallen. Sie hatte vorher seeehr intensiv darüber nachgedacht. Zwar mehr darüber, wie sie es ihm am schonendsten beibringen sollte, als darüber, ob sie den Befehl missachten sollte oder nicht. Doch wen kümmerte das schon? „So, das ist ihr neuer Arbeitsplatz.“, wurde Corii plötzlich von Eisberg aus ihren Gedanken gerissen. Da sie nicht wirklich etwas zu erwidern wusste, nickte sie nur. „Kalifa wird sie jetzt genau in ihre Aufgaben einweisen.“, fuhr er fort. „Ich werde jetzt zum Rathaus gehen, habe noch einiges zu erledigen. Wenn sie irgendwelche Fragen habe, scheuen sie sich nicht, sie zu stellen.“ Er verabschiedete sich noch, bevor er verschwand. Kaum war er weg, sah Kalifa sie prüfend an. Ob die Agentin wusste, wer sie war? Fast hätte sie vor Erleichterung laut aufgeseufzt, als Kalifa desinteressiert mit den Schultern zuckte und dann anfing mit reden: „Nun ja, ich denke, dass ich dir nicht allzu viel erklären muss. In den Ordnern findest du alle Auflistungen unserer Einnahmen und natürlich auch der Ausgaben. Aber es wäre wohl am besten, wenn du alles einmal genau durchgehst. Unser letzter Buchhalter war nicht gerade sehr genau, wenn es um die Finanzen der Company ging.“ Mit großen Augen sah Corii die Blondine an, was diese jedoch nicht bemerkte. Buchhaltung. Oh. Mein. Gott. Das durfte doch nicht wahr sein. Zwar wusste sie, wie man die Buchhaltung eines Geschäftes führte, aber sie hasste es noch mehr, als irgendwelche elenden Formulare auszufüllen. Bevor sie vor einigen Jahren Water Seven verlassen hatte, hatte sie sich, trotz dessen, dass sie noch so jung war, ein wenig um die Buchführung des ehemaligen Geschäftes ihres Vaters kümmern müssen, aber dies täglich verflucht. Zum Glück war es nur ein kleines Geschäft, daher war immer nie viel zu tun gewesen. Doch die Galley-La Company war riesig, was bedeutete, dass es auch viel für sie zu tun gab. Man musste sie wirklich hassen, dachte sie und unterdrückte nur schwer ein Seufzen. „Okay, ich werde mich so schnell wie möglich an die Arbeit machen.“, sagte sie und war überrascht, dass ihre Stimme nicht so gequält klang, wie Corii sich gerade fühlte. „Mach das.“, sagte Kalifa und drehte sich um. „Ich werde vor deinem Feierabend noch einmal vorbei schauen und mich erkundigen, wie weit du bis jetzt gekommen bist.“ Kaum hatte sie genickt, war die Blondine auch schon verschwunden und ließ Corii allein. Diese nahm es sich heraus einmal laut zu seufzen und fasste sich an die Stirn. Admiral oder nicht, dafür würde Sakazuki früher oder später so leiden müssen, wie sie in dem Moment. Es entwich ihr ein letztes Seufzen, bevor sie sich an die Arbeit machte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)