Fireflies II von Vinanti (Encore) ================================================================================ Kapitel 1: poker face --------------------- .ılıll poker face llılı. Nicky hatte ihn angerufen. Warum sie überhaupt noch seine Nummer gespeichert hatte, konnte er sich nicht erklären. Sie hatten nichts mehr mit einander zu tun, waren sich seit dem Ende ihrer Beziehung aus dem Weg gegangen. Irgendwie hatte Tyler das geschmerzt. Er mochte Nicole immer noch, nur geliebt hatte er sie nicht mehr… Cameron war an diese Stelle getreten. Und es war gut so. Nicky hatte gewusst, dass ihre Beziehung nur noch eine Frage der Zeit gewesen war, umso selbstsicherer war sie mit der Trennung umgegangen, wie es den Anschein gehabt hatte. Sie wollte ihn sprechen. Hatte gefragt, ob er Zeit hatte, ob sie vorbeikommen könnte. Tyler hatte eingewilligt. Was sollte auch schon dabei sein? Doch dass auch Aaron mitkam, hatte sie mit keinem Wort erwähnt. Dementsprechend war Tyler nicht freundlich gestimmt. Er hasste es, ihn im Studio der Fireflies zu haben. Diese Pest hatte hier nichts verloren. Zu allem Überdruss machte der Mistkerl keinen großen Hehl daraus, dass Nicole in ihm einen neuen Partner gefunden hatte. Er ließ keine Möglichkeit aus, sich ihr anzunähern, sie regelrecht zu begrabschen und abzulecken. Widerlich. Eifersucht keimte in Tyler. Es war falsch, das wusste er. Er selbst hatte schließlich die Beziehung zu Nicky wegen einer neuen Liebe beendet. Er hätte es als Erleichterung empfunden, wenn auch Nicole jemanden gefunden hätte, mit dem sie glücklich werden könnte. Aber mit Aaron wäre dies gewiss nicht der Fall. Tyler war sich sicher, dass dieser Idiot diese ganze Show abzog, um ihm eins auszuwischen. Das hatte Nicky nicht verdient… Ob sie es wusste? Dennoch musste er diese Gedanken erst einmal beiseite schieben. Das Angebot, welches die beiden ihm unterbreiten hatten, war unterste Schiene. Er beherrschte sich. Ein Wutausbruch hatte an dieser Stelle nichts zu suchen. „Ihr wollt allen Ernstes Cameron haben?“ „Der Kleine war ja gar nicht einmal so schlecht.“ Aaron zuckte mit den Schultern. Diese herablassende Art zeigte er, seit Tyler ihn kennen gelernt hatte. Er hatte nie verstanden, was Nicky an ihm fand. Schon damals nicht. „Für einen Tanz, Tyler. Gegen die Erazzer.“ Nicole versuchte zu beschwichtigen. „Vergesst es, Cam wird das Haus nicht verlassen. Auch nicht für ein einziges Battle oder was auch immer.“ Tyler schüttelte den Kopf. Er konnte nicht nachvollziehen, wie die Underdogs sich anmaßen konnten, so etwas zu fordern. Geschweige denn, verstand er ihre Beweggründe. Vor Monaten hatte er selbst ein-, zweimal für ihre Crew getanzt und das hatte nur Scherereien mit sich gebracht. „Vielleicht sollten wir ihn ganz einfach selbst fragen.“ Das dreckige Grinsen, welches sich auf Aarons Gesicht ausbreitete, würde Tyler am liebsten mit der Faust wegpolieren. „Vergesst es.“ Seine Geduld begab sich an ihre Grenze. „Einmal raus aus der Crew, in eine andere rein, da wieder raus und dann wieder in die Alte rein. Ganz einfach.“ Provokation pur seitens Aarons und das wusste er. Wahrscheinlich hoffte er insgeheim, Tyler würde darauf anspringen. Sämtliche Selbstbeherrschung musste er aufbringen, um nicht doch auf diesen hinterlistigen Mistkerl loszugehen. Denn dann hätte er etwas gegen ihn in der Hand, aber den Gefallen würde Tyler ihm nicht tun. „Auch die Erazzer wissen, dass Cameron für uns tanzt. Wirft kein gutes Licht auf euch.“ „Hauptsache wir führen die Liga an.“ Das eiskalte Wesen des Leaders der Underdogs offenbarte sich ein weiteres Mal. „Als Stärkung unserer Allianz. Ein Freundschaftsdienst, Kumpel.“ Tyler hätte am liebsten geantwortet, er solle an seinen falschen Worten ersticken, aber im Beisein Nickys bemühte er sich, nicht sein Gesicht zu verlieren. „Allianz? Was hab ich denn verpasst, hm?“ „Na, ein Tänzeraustausch zwischen zwei alliierten Crews ist doch gängige Sache.“ „Natürlich, selbstverständlich. Willst du mich vollkommen verarschen?“ Warum gab dieser Drecksack nicht einfach auf? Wieso verstand er nicht, dass Cameron nicht für die Underdogs tanzen würde? Von wegen alliiert… Tyler fielen gerade etliche Beleidigungen ein, die er Aaron an den Kopf schmeißen wollte… Allein dafür, dass er über Cam redete, als wären sie auf einem Viehmarkt, würde er ihn büßen lassen. „Wir kommen bestimmt ins Geschäft. Nenn mir deine Bedingungen und wir sprechen darüber.“ „Steck dir deine großkotzige Art sonst wohin, Aaron. Wir sind weder auf einem Sklavenmarkt, noch beim Pokern. Für mich hat sich das Gespräch an dieser Stelle erledigt. Ihr wisst, wo die Tür ist.“ Das, was sich Aaron herausgenommen hatte, war zu viel gewesen. Tyler hatte sich schon viel zu viel von diesem Bastard gefallen lassen. „Du hast eine einmalige Gelegenheit verpasst. So schnell werde ich bestimmt nicht mehr bei dir angekrochen kommen und um etwas bitten.“ Aarons Aggressivität war spürbar. „Kann ich auch gerne darauf verzichten.“ Er warf einen Seitenblick auf Nicky, die still geblieben ist. Sie wirkte verängstigt, ihr war unwohl. Tyler tat sie Leid, sie hatte sich mit den falschen Leuten eingelassen. Ohne weitere Worte verließen die beiden das Studio der Fireflies und ließen Tyler unbeachtet stehen. Er atmete erst einmal tief durch. Seine Wut war beim Anblick von Nicole verraucht. Aaron war verdammt noch mal ein Mistkerl, wie er im Buche stand. „Hey!“ Cameron kam zur Tür herein. „Hi Cam.“ „Gott, was ist denn mit dir los? Was ist passiert?“ Es war kein Wunder, dass sein Freund es ihm sofort anmerkte. Cameron war ein empfindsamer Mensch, der sah, wenn irgendetwas nicht stimmte. Doch Tyler wollte ihn damit nicht belasten, auch wenn es später wieder heißen würde, er hatte ihm etwas vorenthalten, was er hätte wissen müssen. „Schon okay. Mir geht’s gut. Wie war dein Tag?“ Cameron wusste, dass er nicht darüber reden wollte, aber zu passen schien ihm das nicht. Er antwortete nur widerwillig. „Recht entspannt, wir hatten über den Workshop in New York gesprochen und dann noch über London.“ „Erst New York, weit weg von mir, und dann auch noch ein ganz anderer Kontinent… Das wird einsam.“ Tyler mochte gar nicht daran denken, dass er Cameron für diese Zeit loslassen musste, aber es war ihm zu Liebe. Die Workshops waren das Beste, was seiner Karriere passieren konnte. „Aber es ist auf der selben Welt.“ Ein Lächeln, wie er es liebte. „Ich liebe dich.“ Tyler hatte Cameron auf seinen Schoß gezogen. Er wollte jetzt um die Nähe des Anderen wissen. Sie waren allein im Aufenthaltsraum des Studios. „Erzählst du mir wirklich nicht, was lost ist?“ Wenn er sich Cam nicht anvertrauen konnte, wem dann… „Nicole und Aaron sind ein Paar.“ Ihr Angebot ließ er wissentlich aus. „Verstehe…“ Nicky war immer ein ungeliebtes Thema Camerons gewesen. Verständlich, wie Tyler fand. Aus diesem Grund hatte er auch vorgehabt nicht mit ihm darüber zu reden. „Tut mir Leid. Es geht ja nicht darum, dass Nicky… Nein, es geht darum, dass es Aaron ist. Ausgerechnet Aaron.“ „Du hast mir nie erzählt, was dein Problem mit ihm ist.“ „Du kennst ihn.“ „Ja, er ist ein Kotzbrocken, aber das ist noch lange kein Grund ihn so zu hassen, wie du es tust.“ „Du gibt’s den Menschen zu viele Chancen, Cam. Vor allem den Falschen.“ Tyler schüttelte den Kopf. Er hatte keine Lust über alte Geschichten zu reden. „Hätte ich dir keine Chance gegeben, dich zu erklären, wären wir jetzt nicht zusammen. Also bitte.“ Punkt für Cameron. Tyler seufzte. Sein Freund hatte ja Recht. „Kurz gesagt sind wegen Aaron und seiner Crew die Fireflies erst entstanden. Unsere ersten Tänzer waren entweder von Aaron abgewiesen worden oder aber wollten sich nicht mit ihm abgeben, so lieb ihnen auch ihr Hobby war. Das kann dir Liz am besten erklären. Er kannte nichts anderes, als Sticheleien uns gegenüber, bis wir ihn eines Tages in Grund und Boden getanzt hatten. Das hat seinem Ego so geschadet, dass er es einfach nicht verkraften konnte. Auch in der Zeit nicht, als ich bei den Underdogs ein- und ausgegangen bin und zum Teil bei ihnen und mit ihnen getanzt hatte. Bis zum heutigen Tage nicht. Und irgendetwas hat er gegen mich persönlich, was sich auch auf dich auswirkt.“ „Ich komm klar damit.“ „Ja…“ Was sollte er darauf auch schon sagen? Cameron war ein Sturkopf, der nichts anderes gelten lassen hätte. „Ich komm auch mit Nicky klar.“ Tyler horchte auf. Er wusste nicht, worauf Cam hinaus wollte. „Um sie geht es doch gar nicht.“ „Sie hatte mich mal unter vier Augen sprechen wollen.“ „Was? Und das erzählst du mir nicht?“ Tyler ärgerte sich. „Du erzählst mir auch gewisse Dinge nicht. Muss ich dich daran erinnern?“ Auch dieser Punkt ging an Cameron. „Ich hielt es für das Beste, außerdem erzähl ich es dir jetzt. Sie hatte mir gesagt, ich solle auf dich aufpassen. Sie hätte es längst geahnt und wünscht uns alles Gute. Mehr nicht. Mir erschien sie sehr reif und ich war wirklich erstaunt.“ Cam strich ihm über die Haare. Eine Geste, die er sich angewöhnt hatte. Tyler schwieg. So etwas hatte er von Nicole nicht erwartet. Es überraschte ihn, beruhigte aber auch ungemein. Sie war ein guter Mensch, auch wenn es mit ihrer Beziehung nicht geklappt hatte. Er schob die Gedanken beiseite. Cameron war bei ihm, er wusste gar nicht, warum er überhaupt für so etwas seine Nerven opferte. Er zog Cam zu sich hinunter und küsste ihn sanft auf den Mund. Für nichts in der Welt würde er ihn wieder hergeben. „Willst du mir vielleicht noch etwas erzählen?“ Tyler hatte den Dunkelhaarigen wieder unterschätzt. Er liebte es, wie Cam immer für eine Überraschung gut war. Unberechenbar. „Sie wollten dich.“ Anstatt zu reden, hätte er gerade lieber einfach nur die Nähe des Anderen genossen. Eine Hand streichelte Cameron über den Rücken. Dieser ließ sich nicht beirren. „Kannst du mir das erklären?“ „Nicky und Aaron waren hier und wollten dich für ein Battle gegen die Erazzer zu den Underdogs holen. Ich hab abgelehnt.“ „Und du entscheidest über meinen Kopf hinweg. Gut.“ Cameron stand auf. Tyler realisierte es erst Sekunden später. „Du willst mir doch nicht sagen, dass du zugestimmt hättest? Du ahnst nicht, was das mit sich gebracht hätte. Cameron, bitte.“ Auch er stand auf. Er wollte keinen Streit, aber mit Cameron war es schwer über gewisse Dinge zu reden. Aber vielleicht war er selbst auch einfach nicht sensibel genug… Cam seufzte und lehnte sich an ihn. Tyler schloss die Arme um ihn, froh, dass sich die Situation so schnell wieder entspannt hatte. „Hätte ich nicht, das weißt du. Trotzdem kann ich auch für mich selbst reden. Ich bin weder dumm, noch minderjährig oder sonst etwas.“ „Du warst nicht da…“ Er fühlte sich schuldig. Cam hatte es wieder geschafft, ihm ein schlechtes Gewissen der düsteren Sorte zu verpassen. „Manchmal gefällt mir deine herrische Art sogar.“ Cameron verwickelte ihn in einen Kuss, den sich Tyler nicht entgehen ließ. Nach und nach war es ihm gelungen hinter Camerons Fassade zu schauen. Es machte ihn glücklich, immer wieder neue Seiten an seinem Freund kennen zu lernen. Es bereicherte ihre Beziehung ungemein. Cam faszinierte ihn. „Ich muss zum Bahnhof, Mom abholen. Bis später.“ „Ich werde morgen vorbeikommen.“ Cameron wurde blass. „Wirklich? Oh man, dann muss ich meine Mutter vorbereiten.“ „Weiß sie nichts von uns?“ „Doch… Aber Mom ist sehr… eigenwillig in solchen Dingen.“ „Ein Grund mehr, sie kennen zu lernen.“ Tyler küsste Cameron zum Abschied. Er war dankbar, dass sein Freund es schaffte, ihn auf andere Gedanken zu bringen. Das war es, was er brauchte und an Cam schätzte. Er war auf dessen Mutter gespannt. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)