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SchwarzWeiß

von

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Prolog

Prolog
 

„In einer Welt voller Hass, Leid und Tod. In einer Welt voller Krieg und Verzweiflung sollen zwei Kinder geboren werden, deren Schicksal sich mit dem Schicksal der Welt verbindet. Ein Kind der Dunkelheit von unbeschreiblicher Schwärze und ein Kind des Lichts, heller leuchtend als die Sonne. In ihrem 17. Lebensjahr sollen sie sich vereinen um dem Chaos entgegen zu treten.“
 

Ehrfürchtig starrten die Bewohner des Dorfes auf den großen Stein in der Mitte ihres Dorfes. Nach einem schweren Gewitter war dort eine Inschrift erschienen, die über das Schicksal der Welt berichtete. Der Stein wurde von diesem Moment an als Weltenstein bezeichnet und zu einem heiligen Ort. Lange warteten die Bewohner dieser Welt auf die Ankunft der Kinder. Doch sollten noch viele Jahrhunderte vergehen ehe sich die Weissagung erfüllen würde. Denn auch das Chaos, das größte Übel dieser Welt, hatte von dieser Prophezeiung gehört. Um seiner Vernichtung zuvor zu kommen beauftragte das Chaos einen seiner Diener alle Kinder mit besonders heller oder dunkler Aura zu töten. Denn starb eines der Kinder vor seinem 16. Geburtstag konnte sich die Prophezeiung nicht erfüllen und die Welt musste auf die Wiedergeburt des Kindes warten. Seit dem starben unzählige Menschen durch die Hand des Vollstreckers und noch viele würden ihnen folgen. Der Vollstrecker war einer der gefürchtetsten Dämonen, die je auf dieser Welt ihr Unheil trieben. Seine Brutalität und Grausamkeit wurde nur noch von seinem Meister überboten.
 

Zweitausend Jahre später war die Prophezeiung nahezu in Vergessenheit geraten. Nur noch wenige erinnerten sich daran. Zu dieser Zeit wurden in zwei weit voneinander entfernten Dörfern ein Mädchen und ein Junge geboren. Die Haare des Mädchens waren weiß wie der Schnee und ebenso rein war ihre Seele. Die Haare des Jungen hingegen waren schwarz wie die Finsternis und ebenso so finster war seine Seele. Diese Kinder wuchsen in einer kriegerischen Zeit auf und sollten bis zum Tag ihrer Begegnung von Hass und Leid geprägt sein.

Geburtstag

Geburtstag
 

An ihrem 16. Geburtstag stand Shyla vor dem heiligen Baum ihres Dorfes. Sie trug eine lederne schwarze Hose und ein ebenso schwarzes Top. Ihre Arme wurden von Schonern geschützt. An ihrem Gürtel hing ein Schwert und über ihrer Schulter trug sie einen Köcher mit Pfeilen und einen Langbogen. Heute war der Tag gekommen. Sie würde in den Schwarzen Wald gehen und dort den Dämon erlegen. Damit würde sie zu einem vollwertigen Mitglied ihres Dorfes werden und konnte endlich das Erbe ihres verstorbenen Vaters antreten. Wie lange hatte sie sich nach diesem Tag gesehnt. Entschlossen band sie ihr langes weißes Haar zu einem Pferdeschwanz und machte sich auf den Weg. Niemand war zu sehen als sie das Dorf verließ. Als sie durch das weitgeöffnete Tor schritt schloss sich dieses wie von Geisterhand hinter ihr. Ohne den Reißzahn des Dämons würde man sie nicht wieder einlassen. Sie selbst hatte es sich zur Aufgabe gemacht einen ganz bestimmtes Monstrum zu finden und zu töten, denn die Regeln des Dorfes besagten nicht welche Art Dämon man töten musste um ein vollwertiges Mitglied zu werden. Doch dieser hatte ihr etwas sehr wichtiges genommen und nun würde sie sich an ihm Rächen. Ihren Blick fest nach vorn gerichtet lief sie weiter. Es würde einige Tage dauern bis sie den Schwarzen Wald erreichen würde. Falls sie den Weg dorthin überstand, aber daran zweifelte sie keine Sekunde. Sie hatte sich jahrelang auf diese Aufgabe vorbereitet. Seitdem sie laufen konnte hatte sie mit dem Schwert trainiert und im Bogenschießen war sie eine wahre Meisterin geworden. Doch einen wirklichen Kampf hatte sie noch nie bestritten. Den Bewohnern ihres Dorfes war es verboten das Dorf zu verlassen. Nur die Krieger, die einen Reißzahn trugen durften dies. Bald würde sie auch so eine Kriegerin sein und ihr Dorf von der Tyrannei der Erhabenen befreien.
 

Zur gleichen Zeit schlich ein junger Jäger durch das Unterholz des Schwarzen Waldes. Er war mit Schwert bewaffnet. Seine schwarzen Haare hielt er mit einem Band aus seinem Gesicht. Seine schwarzen Augen funkelten als er ein leises Rascheln vernahm. Würde er endlich fündig werden?
 

Shyla erreichte nach nur drei Tagen den Rand des Schwarzen Waldes. Die Sonne ging bereits unter und so beschloss sie hier ihr Nachtlager aufzuschlagen. Sie sammelte einige Äste und Zweige aus der näheren Umgebung und schichtete sie zu einem ordentlichen Haufen auf. Dann setzte sie das Holz mit Hilfe eines Feuersteins in Brand. Gleichmäßig zuckten die Flammen empor und erhellten ihren Lagerplatz. Aus ihrer Tasche nahm Shyla ein Stück Trockenfleisch und kaute darauf herum. Es war nicht sehr lecker, nahm jedoch wenig Platz weg und war überaus nahrhaft. Nachdem ihr Hunger gestillt war nahm das Mädchen noch eine Frucht aus ihrer Tasche. Es war eine kleine Melone, die eine Menge Flüssigkeit enthielt und so ihren Durst löschte. Nun lehnte sie sich an einen Baumstamm und sah in den Himmel. „Vater, ich werde deinen Wunsch erfüllten und eine der stärksten Kriegerinnen unseres Dorfes. Ich verspreche dir, ich werden den Dämon finden, der dich getötet hat und mit seinem Fangzahn zurückkehren.“ Dann schloss sie ihre Augen und fiel in einen leichten Schlaf. Ein Ohr immer auf die Geräusche in ihrer Umgebung gerichtet, ruhte sie so bis zum nächsten Morgen. Als sie erwachte war das Feuer bereits niedergebrannt. Sie beseitigte die Reste des Lagerfeuers und achtete darauf möglichst alle Spuren ihres Lagerplatzes zu vernichten. Dann begab sie sich in den Wald. Sie war noch nicht weit gekommen, als sie plötzlich ein leises Rascheln hinter sich vernahm. Langsam drehte das Mädchen sich um, immer darauf bedacht möglichst keine Geräusche zu machen. Wieder raschelte es. Gemächlich kroch nun aus einem der Büsche eine riesige Schlange hervor. Shyla wich ein paar Schritte zurück. Die Schlange hingegen hob interessiert den Kopf und betrachtete das Mädchen mit einer gewissen Neugierde. Dann öffnete sie ihr Maul und entblößte damit ihre gewaltigen Giftzähne. Shyla lief ein kalter Schauer den Rücken herunter. Sie griff nach ihrem Schwert und als wenn die Schlange auf diesem Moment gewartet hätte schoss sie nun auf das Mädchen zu. Dieses zog gerade noch rechtzeitig die Klinge aus der Schwertscheide um den Angriff abzuwehren. Die Schlange zischte bösartig. Wieder setzte sie zum Angriff an, doch diesmal war Shyla besser darauf vorbereitet und schlug zu. Mit einem lauten Krachen schlug der tote Körper der Schlange auf. Sie hatte ihren ersten echten Kampf bestritten. Etwas angewidert besah sich Shyla nun ihr Schwert mit dem sie der Schlange den Kopf abgeschlagen hatte. Grünes Blut klebte an ihm. Das war also eine dämonische Schlange gewesen. Hätte sie sich aber auch gleiche denken können. So riesige Schlangen gab es doch gar nicht. Das Mädchen wischte mit ein paar Grasbüscheln ihr Schwert sauber und schob es zurück in seine Scheide, dann setzte sie ihren Weg fort. Ihr begegneten an diesem Tag noch weitere niedere Dämonen, doch war nicht derjenige dabei, den sie suchte. Am Abend schlug sie auf einer kleinen Lichtung ihr Lager auf.
 

Am nächsten Morgen vernichtete sie alle Spuren ihres Lagers und wollte sich gerade wieder auf die Suche nach dem Dämon machen, als plötzlich mit einem ohrenbetäubenden Krach ein gigantisches Ungetüm aus dem Wald brach. Das Monstrum hatte große ledrige Flügel und war am ganzen Körper mit schwarzen Schuppen bedeckt. Seine rotglühenden Augen richtete der Drache nun auf das Mädchen und blickte es neugierig an. „Ein Drache,“ schoss es Shyla durch den Kopf. Sie wich ein paar Schritte zurück und zog zeitgleich ihr Schwert. Wusste jedoch, dass der Stahl nicht wirklich etwas gegen den harten Panzer der Echse hätte ausrichten können. Der Drache legte seinen Kopf schief und wirkte beinahe ein wenig belustigt. „Ihr Menschen seid schon eine merkwürdige Rasse. Meinst du ernsthaft dein Zahnstocher könnte mir auch nur einen Kratzer zufügen?“ ertönte mit mal eine dunkle Stimme. Shyla sah sich hektisch um, sah jedoch niemanden dem die Stimme gehören könnte. Ungläubig sah sie den Drachen an. „Kannst du etwa sprechen?“ Der Drache schüttelte amüsiert den Kopf. „Das kann wirklich nur der Mensch. Etwas sehen und es gleichzeitig in Frage stellen. Natürlich kann ich sprechen oder siehst du hier sonst jemanden, der uns noch Gesellschaft leistet?“ „Nein. Nein, nicht wirklich.“, antwortete Shyla noch leicht irritiert. Währenddessen ließ sich der Drache auf der Lichtung nieder und betrachtete weiter neugierig das Menschenmädchen vor sich. „Nun sag doch mal. Was tust du hier? Dies ist eigentlich kein Ort für Menschen und für so junge Mädchen wie dich schon gar nicht.“ Shyla sah empört auf. Hielt dieses Ungetüm sie etwa nur für ein kleines hilfloses Mädchen? Leicht pikiert antwortete sie daher: „Ich bin auf der Jagd nach einem bestimmten Dämon. Vielleicht kennst du ihn sogar. Sein Name lautet Shimaru.“ Nachdenklich schaute der Drache sein Gegenüber an. Da hatte sie sich aber einen gefährlichen Gegner ausgesucht. „Hm. Kein leichte Beute, die du dir da ausgesucht hast. Wieso jagst du gerade ihn? Und mal was ganz anderes: Wie heißt du eigentlich?“ Shyla funkelte den Drachen wütend an. „Mein Name ist Shyla und ich habe mir meine Beute nicht ausgesucht, dass hat sie selbst getan in dem dieses Monster vor vielen Jahren meinen Vater tötete und mein halbes Dorf niedermetzelte ohne einen ersichtlichen Grund.“ Der Drache konnte die Wut des Mädchens deutlich spüren und auch ihren Willen, denjenigen der ihr solches Leid zugefügt hatte unschädlich zu machen. Traurig schüttelte er seinen Kopf. „Das wäre eine Verschwendung. Glaubst du wirklich du hast gegen einen so mächtigen Dämon auch nur den Hauch einer Chance? Lass es Mädchen. Nimm meinen Rat an und verlasse diesen Wald. Sieh ab von deiner Rache und stürze dich nicht blindlings in dein Verderben.“ „Du hast mir gar nichts zu sagen. Was verstehst du schon von meinen Gefühlen?“, schrie Shyla dem Drachen entgegen und wand sich von ihm ab. Ohne weiter darüber nachzudenken lief sie in den Wald hinein. Was verstand dieser Drache schon, was verstand überhaupt jemand von ihrem Kummer und dem Leid, was ihr wiederfahren war. Niemand würde sie je verstehen. Denn niemand wusste welche Schuld sie mit sich trug.

Jäger

Jäger
 

Währenddessen durchstreifte ein schwarzhaariger Junge den dunklen Wald auf der Suche nach seiner Beute. Jahrelang hatte er sich auf diesen Moment vorbereitet und nun war es endlich soweit. Er war ihm ganz dicht auf den Fersen. Bald würde er seine Rache bekommen. Seine Rache für all die, die ihm zum Opfer gefallen waren. Für diejenigen, die einfach zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort gewesen waren. Rache für seine Eltern, seine Geschwister und viele seiner Freunde. Schon lange war der junge Mann einem Dämon auf der Spur. Einem der gefährlichsten Dämonen dieser Welt. Noch nie war diesem Monster jemand lebend entkommen. Dass er noch lebte hatte der Junge nur seinen Eltern zu verdanken, die ihn in einem geheimen Keller ihres Hauses versteckten, bevor der Dämon angriff. Seit diesem Tag vor 10 Jahren hatte der Junge begonnen sich auf seine Rache vorzubereiten. Keiner aus seinem Dorf konnte sich mit dem Schwert gegen ihn behaupten. Ebenso war sein Können ihm Umgang mit den Wurfmessern einzigartig. Plötzlich vernahm der Junge einen lauten Schrei. Nicht unweit von ihm schien jemand in Gefahr zu sein. Welcher Tölpel hatte sich wohl in den schwarzen Wald getraut?
 

Anderenorts hatte Shyla wirkliche Probleme. Nachdem sie blindlings vor dem Drachen davon gelaufen war, stand sie nun auf einer kleinen Lichtung und war dabei in keiner guten Gesellschaft. Ihr gegenüber stand ein riesiger Spinnendämon, der dreimal so groß wie sie selbst war und offensichtlich großen Hunger hatte. Das Mädchen jedoch wollte sich nicht kampflos ergeben und schon gar nicht einfach so verspeisen lassen. Schnell zog sie ihr Schwert und hielt es schützend vor ihren Körper. „Versuch doch mich zu fressen, du zu groß geratenes Krabbelvieh“, fauchte Shyla ihren Gegner an. Die Spinne guckte ihre Beute etwas verdutzt an. Schreien war sie ja gewöhnt aber so etwas. Hoffentlich schmeckte dieses komische Wesen überhaupt, wenn es sich schon so seltsam benahm.
 

Dann setzte der Dämon zum Angriff an, schließlich wollte er nicht den ganzen Tag mit diesem Menschen vergeuden. Shyla wehrte den ersten Angriff mit ihrem Schwert ab, jedoch war es ihr unmöglich alle Beine der Spinne gleichzeitig im Auge zu behalten und so wurde ihr schon bald das Schwert aus der Hand geschlagen. „Verdammt! Was nun?“, fluchte das Mädchen leise vor sich hin. Doch ehe sie sich groß etwas einfallen lassen konnte, griff der Dämon schon wieder an und versetzte ihr einen mächtigen Schlag. Da der Schlag ein wenig unerwartet kam schlug sie gegen den nächsten Baum und schrie vor Schmerzen auf. Gerade als sie sich wieder aufrappeln wollte, drückte sie die Spinne schon wieder zu Boden. Doch bevor das Monstrum Shyla verschlingen konnte verharrte es mit einem Mal in der Bewegung. Dann blickte es ungläubig und schon im nächsten Moment kippte die eine Hälfte der Spinne nach links und die andere nach rechts. Verwirrt blickte Shyla auf den zerteilten Spinnenkörper.
 

„Na das war aber ganz schön knapp“, sagte in diesem Augenblick ein junger Mann, der nun hinter dem Spinnendämon hervor trat. Dann fiel sein Blick auf das Mädchen, das immer noch auf dem Boden saß. „Du bist verletzt“, merkte der Junge an. Das Mädchen rührte sich keinen Millimeter als er gesprochen hatte. Sie stand scheinbar unter Schock. Behutsam bewegte sich der Schwarzhaarige auf sie zu. Als er nur noch einen Meter von ihr entfernt war, sprang das Mädchen plötzlich auf. „Autsch.“ Mit schmerzverzerrtem Gesicht hielt sie ihren Arm. An welchem nun das Blut herablief. Sie musste sich bei dem Zusammenstoß mit dem Baum die Haut aufgerissen haben. Der Junge trat wieder einen Schritt auf sie zu und sagte dabei mit ruhiger Stimme: „Zeig mal her. Das muss bestimmt verbunden werden.“ Automatisch wich das Mädchen wieder einen Schritt zurück. Was wollte dieser Fremde bloß von ihr. Shyla hatte von klein auf gelernt keinem Fremde zu vertrauen, egal wie nett er schien. Daher sagte sie nun mit kühler Stimme: „Danke, dass du mich gerettet hast. Aber ich hätte diesem Dämon auch alleine fertig gemacht. Ich brauche deine Hilfe nicht.“ Mit diesen Worten drehte sie sich um und wollte die Lichtung verlassen. Doch waren ihre Beine von dem Schock noch so wacklig, dass sie gleich umknickte und gefallen wäre hätte der Junge sie nicht festgehalten. „Soso. Du kannst kaum geradeaus laufen und dann willst du so einem Dämon besiegen?“ Seine Stimme klang sehr belustigt und auch ein Grinsen konnte er sich nicht verkneifen. Shyla riss sich abrupt los, musste sich aber sogleich wieder an einem Baum festhalten, da ein heftiger Schmerz ihren linken Knöchel durchzog. „Mist verdammter“, fluchte sie leise.
 

Scheinbar hatte sie sich jetzt auch noch den Knöchel verstaucht. Missmutig blickte sie den Jungen an. Er hatte rabenschwarze kurze Haare, wobei ihm einige Strähnen frech ins Gesicht fielen. Um seine Hüfte hatte er an rotes Tuch geschlungen an dem sein Schwert befestigt war. Seine Hose und sein Oberteil hingegen waren ebenfalls schwarz. Shyla konnte sich nicht helfen, aber irgendetwas an diesem Jungen war seltsam. Er schien von einer dunklen Aura umgeben zu sein. Schließlich sah sie seine Augen und erschrak. Sie waren pechschwarz und strahlten eine unglaubliche Traurigkeit aus. Augenblicklich senkte sie ihren Blick, dabei fielen ihr die Wurfmesser auf, die an seinem Bein befestigt waren. Shyla war so darin vertieft sich den Jungen genauer anzusehen, dass ihr sein prüfender Blick gar nicht auffiel. Auch er betrachtete neugierig das Mädchen vor sich. Noch nie hatte er jemanden mit so weißen Haaren gesehen. Zudem strahlte sie irgendwie von inne heraus. Zu dieser hellen Aura passten ihre schwarzen Kleider so ganz und gar nicht.
 

Langsam trat der Junge nun zu der Stelle an der noch immer das Schwert des Mädchens lag. Er ob es auf und begutachtete es ausgiebig. „Keine schlechte Arbeit. Aber es fehlt dir scheinbar an Übung, um hiermit entsprechend um zugehen“, sagte er während er auf Shyla zu ging. Als er bei ihr angekommen war hielt er ihr das Schwert entgegen. Schmollend nahm sie ihm das Schwert ab. Dabei trafen sich zum ersten Mal ihre Blicke. Der junge Mann sah fasziniert in zwei rubinrote Augen, die ihn misstrauisch betrachteten. „Mein Name ist Raven und wie heißt du?“, fragte er sie schließlich. Shyla drehte trotzig den Kopf beiseite und versuchte stattdessen vorsichtig ihren linken Fuß zu belasten. Doch wieder zuckte sie vor Schmerz zusammen. Raven trat noch einen Schritt an sie heran und nahm sie schließlich ohne Vorwarnung auf den Arm. Shyla wollte sich sofort wieder losmachen, doch er hielt sie fest und sagte: „Ich kümmere mich um deine Verletzungen. Beweg dich nicht so viel.“ Mit diesem Worten trug er Shyla zu einem nahegelegenen Bach und setzte sie dort so ab, dass sie sich mit dem Rücken an einem Baum anlehnen konnte. Dann besah sich Raven auch schon die Verletzung an ihrem Arm. Sehr tief war die Wunde zwar nicht, aber sie musste gewaschen werden. „Warte hier einen Moment“, sagte Raven und schon war er zwischen einigen Bäumen verschwunden.
 

Verwirrt blickte das Mädchen dem Schwarzhaarigen hinterher. Sie wusste nicht was sie tun sollte. Eines war jedoch klar, sie war im Moment auf seine Hilfe angewiesen. Mit diesem Knöchel konnte sie sich unmöglich allein durch den Wald schlagen. Kurz darauf kam der Junge auch schon wieder zurück und trug über seiner Schulter zwei Taschen. Shyla erkannte ihre, die sie bei dem Kampf verloren haben musste, sofort wieder. Wieder ließ sich Raven neben dem jungen Mädchen nieder, er öffnete seine Tasche und holte ein weißes Tuch hervor. Dieses tauchte er sogleich in den Bach und begann damit ihre Wunde zu reinigen. Shyla verzog das Gesicht als sie das Brennen der Wunde spürte. Reflexartig wollte sie ihm ihren Arm wieder entziehen, doch er hielt sie fest. „Die Wunde muss gereinigt werden, sonst entzündet sie sich“, sprach der Raven ruhig während er weiterhin die Verletzung versorgte. Nachdem der Dreck aus der Wunde entfernt war, entnahm Raven seiner Tasche einen kleinen Behälter. Diesen schraubte er auf und tat etwas von der darin enthaltenen Salbe auf die Verletzung des Mädchens. Danach verband er sie und richtete wieder das Wort an Shyla: „Die Salbe wird den Heilungsprozess beschleunigen. Du solltest jedoch darauf achten den Arm im Moment nicht zu sehr zu belasten.“ Er hatte sehr ruhig gesprochen und nachdem er nun mit ihrem Arm fertig war ließ er ihn wieder los.
 

Jetzt machte er sich daran Shylas Stiefel aufzuschnüren. Vorsichtig zog er den Stiefel von ihrem Fuß und das Mädchen musste einen Schmerzensschrei unterdrücken. Mit schmerzverzerrtem Gesicht betrachtete sie ihren Knöchel. Er war geschwollen und die Haut um den Knöchel begann sich bereits blau zu verfärben. „Das sieht gar nicht gut aus“, murmelte Raven besorgt und besah sich den Knöchel behutsam von allen Seiten. Dann begann er Shylas Fuß abzutasten. Tränen des Schmerzes schossen ihr in die Augen, aber sie versuchte keinen Laut von sich zu geben. Schließlich ließ Raven ihren Fuß vorsichtig sinken und sah dem Mädchen in die Augen. „Du scheinst Glück zu haben. Der Knöchel ist scheinbar nur leicht verstaucht und nicht gebrochen“, richtete er wieder das Wort an sie. Shyla jedoch hielt seinem Blick nicht lange stand und blickte noch einem kurzen Augenblick beiseite. Dann spürte sie wieder seine fürsorglichen Hände an ihrem Bein. Auch den Knöchel versorgte er mit einer Salbe und legte ihr einen festen Verband an, damit sie den Fuß nicht allzu sehr bewegen konnte. Nachdem er fertig war stand er auf und begann damit ein wenig Feuerholz zu sammeln.
 

Shyla beobachtete Raven stillschweigend. Als er schließlich das gesammelte Holz aufeinanderschichtete und er es anzündete, richtete sie das Wort an ihn: „Shyla.“ „Wie bitte?“ verwirrt sah Raven das Mädchen an. Als sich ihre Blicke trafen wiederholte sie ruhig: „Shyla, das ist mein Name.“ Sie lächelte ihn kurz an und wendete dann schnell wieder den Blick ab. Doch etwas an ihrem Lächeln war unwirklich gewesen. Es erreichte nicht ihre Augen. Nachdenklich betrachtete Raven das Mädchen. Was machte sie überhaupt hier?

Gespräche

Gespräche
 

Als Shyla am nächsten Morgen erwachte sah sie sich verwirrt um. Im ersten Moment wusste sie nicht wirklich wo sie war. Sie wollte schon aufstehen, als sie wieder den Schmerz in ihrem Knöchel wahrnahm. Er war zwar wesentlich schwächer als noch am Tag zuvor, doch Laufen würde sie damit wohl immer noch nicht können. Sie sah sich auf der kleinen Lichtung um. Sie war offenbar allein. „Wo Raven wohl hin ist?“, fragte sich das Mädchen leise. Doch da trat der Gesuchte schon zwischen den Bäumen hervor. In seiner Hand trug er ein paar Pflanzen. Als er ihren neugierigen Blick bemerkte, dreht er sich zu ihr um. „Ich habe nach ein paar Heilkräutern gesucht. Deine Wunden müssen neu verbunden werden.“ Nachdem er eine Schale aus seiner Tasche genommen hatte, setzte er sich an den kleinen Bach. Der Schwarzhaarige tat ein paar von den Kräutern in die Schale und träufelte etwas Wasser drauf. Dann nahm er einen Stößel zur Hand und begann einen Sud zuzubereiten. Shyla sah ihm die ganze Zeit über stumm zu.
 

„Du sprichst wohl nicht sehr gerne?“, fragte Raven sie mit einem Mal neugierig. „Ich wüsste nicht was ich mit dir zu bereden hätte“, erwiderte das Mädchen beleidigt. Was dachte sich dieser Junge überhaupt. Sie musste doch nicht gleich jedem ihre Lebensgeschichte auf die Nase binden. „Nun du könntest mir zum Beispiel verraten was du hier machst?“, Raven sah sie neugierig an. Überrascht schaute sie den Jungen an. „Was geht dich das an. Ich könnte dich dasselbe genauso gut fragen“, antwortete sie barsch. Dieser Junge war ihr immer noch nicht so ganz geheuer. Man half doch nicht einfach irgendwelchen Leute ohne einen Zweck zu verfolgen. Raven sah sie an. Er konnte deutlich das Misstrauen in ihren Augen sehen, aber er sah auch noch etwas anderes und das jagte ihm einen leichten Schauer über den Rücken. Hinter der kühlen Fassade verbarg dieses Mädchen anscheinend einiges. Schließlich wandte er sich wieder seinen Kräutern zu, begann aber kurz darauf auf die Frage des Mädchens zu antworten: „Ich bin auf der Jagd nach einem Dämon. Er hat mein Dorf überfallen und meine Familie getötet. Dafür werde ich ihn töten.“ Shyla konnte deutlich den Zorn aus seinen Worten heraushören. Auch wurden seine Bewegungen aggressiver. Er hieb nun richtig auf seine Kräuter ein.
 

„Dann sind wir aus demselben Grund in diesem Wald. Auch ich suche einen Dämon. Shimaru um genau zu sein. Er tötet meine Familie und das nur weil…“, abrupt brach sie ab. Wie kam sie dazu einem völlig Fremden fast ihr schreckliches Geheimnis anzuvertrauen. Nur durch ihre Schuld war Shimaru in ihr Dorf gekommen. Nur weil sie so unvorsichtig und stur gewesen war mussten so viele Menschen sterben. Sie spürte wie die Tränen in ihr aufstiegen und wandte hastig ihr Gesicht ab. Sie wollte nicht vor einem Fremden weinen. Sie wollte vor niemanden irgendwelche Schwächen zeigen. Raven hatte scharf die Luft eingesogen, als Shyla Shimarus Namen genannt hatte. „Dann haben wir den gleichen Feind“, sagte er nun an Shyla gerichtet und stand auf. Mit der Schale in seiner Hand kam er auf sie zu und ließ sich vor ihr nieder. Erstaunt hatte das Mädchen aufgeblickt, als sie Ravens Worte vernommen hatte. „Den selben Feind“, wiederholte sie leise. „Ja“, sagte Raven nun immer noch darum bemüht seine Wut zu unterdrücken, „vielleicht sollten wir uns diesen Bastard gemeinsam vornehmen.“ In seine Augen trat ein wilder Ausdruck und Shyla konnte seinen Zorn und seine Trauer fast körperlich wahrnehmen. „Ja, vielleicht sollten wir das“, erwiderte sie nun und man konnte auch in ihrer Stimme deutliche Wut hören.
 

„Aber jetzt nicht. Du bist momentan nicht dazu in der Verfassung gegen irgendjemanden zu kämpfen“, sprach Raven nun wieder sanft und nahm ihren verletzten Arm in die Hand. Behutsam wickelte er den Verband ab und begann die Reste der Salbe vom Vortag abzuwaschen. Dann trug er neue Salbe auf und verband ihren Arm wieder. Dasselbe tat er mit ihrem Knöchel. Die ganze Zeit über betrachtete Shyla den Jungen. Ihn umgab in der Tat eine dunkle Aura, als sie seine Wut gespürt hatte konnte sie sie sogar einen Moment lang sehen. Trotzdem sie hatte merkwürdigerweise keine Angst vor ihm. Ob es nun daran lag, dass er sie Gestern gerettet hatte oder ob es einen anderen Grund dafür gab wusste sie nicht. Doch sie fühlte ganz deutlich, dass sie ihm vertrauen konnte. Dass hatte sie schon gestern bemerkt, als er sich zum ersten Mal um ihre Wunden gekümmert hatte.
 

Seitdem ihre Eltern gestorben waren, war ihr niemand mehr so nahe gekommen. Die Bewohner ihres Dorfes hatten Angst vor ihr, dass hatte sie immer gespürt. Sie hatte sowieso die seltsame Gabe die Auren der Menschen um sich herum wahrzunehmen und auch ihre Gefühle zu erahnen. Aus diesem Grund hatte sie sich auch immer von den meisten Menschen ferngehalten. Doch dieser Junge, der gerade dabei war den neuen Verband um ihren Knöchel zulegen, war anders. Er hatte scheinbar keine Angst vor ihr, aber er verachtete sie auch nicht, das war deutlich zu sehen.
 

„Warum tust du das eigentlich für mich? Ich habe dich nicht darum gebeten?“ Aufgrund ihrer erbosten Stimme blickte Raven erstaunt auf. Ihre rubinroten Augen funkelten und als das Sonnenlicht auf ihre weiße Haut fiel, schien diese leicht zu leuchten. Verwirrt sah er sie an. „Wieso verachtest du mich nicht, wie alle anderen auch?“, ihre blutroten Augen funkelten gefährlich und er begann zu verstehen. Sie war eine Albino und diese galten als schlechtes Omen. Sie brachten Unglück über jene, die sich in ihrer Nähe aufhielten. Sie waren angeblich heimtückisch und versuchten andere auszunutzen. Wer sich auf einen Albino einließ würde unweigerlich einen qualvollen Tod sterben. Langsam stahl sich ein kleines Lächeln auf seine Lippen. Ja, sie war eine Außenseiterin genau wie er. „Wieso sollte ich dich verachten. Ich habe keinen Grund dazu“, meinte er nun ruhig. „Aber…“, begann Shyla, doch wurde sie sogleich von Raven unterbrochen. „Nichts aber. Ich glaube diesen ganzen Quatsch von wegen schlechtes Omen und so weiter nicht. Du bist nicht so wie die anderen Menschen und deshalb haben sie Angst vor dir. Sei ihnen nicht böse, sie können nichts dafür. Auch mich meiden die Menschen aus meinem Dorf. Sie sagen ich würde die Dämonen mit meiner düsteren Aura anziehen und nur darum hätte Shimaru unser Dorf angegriffen. Du siehst wir haben nicht nur den Feind gemeinsam, sondern auch unsere Einsamkeit.“ Traurig senkte Shyla den Blick. Sie verstand was er meinte.

Plötzlich spürte sie seine Hand an ihrer Wange. Erschrocken blickte sie auf und sah direkt in seine dunklen Augen, die nun eine unglaubliche Traurigkeit ausstrahlten. Mit seinem Daumen wischte er eine einzelne Träne von ihrer Wange und wandte sich dann wieder ab. „Ich wollte dich nicht traurig machen. Du sollst nur wissen, dass du nicht alleine bist.“ Shyla wollte gerade etwas erwidern, als auf einmal ein Drache zwischen den Bäumen hervortrat. Raven zog sofort sein Schwert, bereit dem Ungestüm entgegenzutreten. Doch Shyla hielt ihn zurück. Sie hatte den Drachen wiedererkannt.
 

„Du schon wieder?“, überrascht sah sie den Drachen an und sagte dann an Raven gewandt, „Raven lass ihn in Ruhe. Er wird uns nichts tun.“ Widerstrebend ließ der Schwarzhaarige daraufhin sein Schwert sinken, behielt es jedoch vorerst in der Hand. Schweigend betrachtete er wie der Drache sich nun gemütlich niedersinken ließ. Es schien dem Jungen fast so als würde er dabei lächeln. Dann richtete der Drache das Wort an Shyla und Raven riss vor lauter Überraschung den Mund weit auf. „Du lebst also noch. Ich hatte mir schon Sorgen gemacht.“ Der Drache besah sich das Mädchen nun noch einmal genauer. „Aber anscheinend waren diese Sorgen auch nicht ganz unbegründet. Du bist verletzt“, stellte er kurz daraufhin fest. „Nur ein paar Kratzer“, erwiderte das Mädchen. „Aber ohne Raven hätte ich wohl als Spinnenfutter geendet.“ Der Drache blickte nun den Jungen an und richtete daraufhin das Wort an ihn: „Dann muss ich mich wohl bei dir bedanken, dass du meine kleine Freundin gerettet hast. Doch was machst du hier überhaupt. Dies ist kein Ort an dem man für gewöhnlich auf Menschen trifft und nun sehe ich hier gleich zwei.“
 

„Wir verfolgen beide dasselbe Ziel“, antwortete daraufhin Shyla an Ravens Stelle. Der Drache schüttelte scheinbar traurig den Kopf. Raven steckte nun endlich sein Schwert wieder ein und ließ sich neben Shyla nieder. Leise fragte er sie: „Woher kennst du diesen Drachen denn überhaupt?“ „Ich bin ihm gestern begegnet, kurz bevor diese Riesenspinne mich verschlingen wollte. Er ist nicht gerade begeistert davon, dass ich Shimaru jage und bei dir wird ihm das gewiss auch nicht besser gefallen. Er meinte ich würde mein Leben verschwenden.“ Der Drache hatte den beiden Menschen aufmerksam zugehört und nickte nun bedächtig mit seinem großen Kopf.
 

„Das ist ja auch wahr. Ihr seid noch viel zu jung um einen so sinnlosen Tot zu sterben. Ihr müsst noch viel stärker werden, um einen solchen Gegner zu bezwingen. Im Moment würdet ihr keine zwei Sekunden gegen ihn bestehen. Außerdem werden ihr ihn hier nicht mehr finden. Shimaru verließ vor drei Tagen diesen Wald. Es heißt er wurde zu seinem Meister gerufen.“ Entsetzt blickten die beiden den Drachen an und sprachen wie aus einem Mund: „Wie jetzt? Er ist nicht mehr hier?“ Der Drache prustete laut los vor Lachen. Wie entrüstet diese Menschen doch klangen. „Dachtet ihr etwa er würde auf euch warten. Ihr solltet lieber froh sein. So bleibt euch Zeit zum trainieren. Denn Training habt ihr bitter nötig.“ Jetzt waren die beiden Menschen sichtlich verwirrt. „Training? Und wer sollte uns trainieren? Du etwa?“, brachte Raven schließlich aufgebracht hervor. Was glaubte der Drache denn, was er sein ganzes bisheriges Leben getan hatte. Der Drache spürte die Wut des Jungen und auch blieb ihm seine dunkle Aura nicht verborgen. „Nein, ich bin bei weitem nicht in der Lage zwei Hitzköpfe, wie euch zu trainieren. Wenn unsere kleine Lady wieder ganz fit ist, solltet ihr euch auf die Suche nach einem alten Freund von mir machen. Er wird euch trainieren. Doch seid gewarnt. Er wird euch nicht so ohne weiteres empfangen. Ihr müsst seiner würdig sein.“ „Und wo finden wir diesen Freund?“, fragte daraufhin Shyla ungeduldig nach. „Geht in Richtung des nördlichen Gebirges, ihr werdet ihm auf dem Weg dorthin begegnen. Wenn ihr ihm würdig seid, wird er sich euch zu erkennen geben“, antwortet der Drache mit einem geheimnisvollen Lächeln. Dann stand er auf und verließ die beiden Menschen.



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