Die Magie der Worte von Feuerblut ================================================================================ Akt 13: Die Rückkehr - Der Untergang einer Liebe? ------------------------------------------------- Ein großer Schritt muss gewagt werden… Der endgültige Abschied steht nahe. Manchmal fällt das Atmen schwer und manchmal geschieht es mühelos. Manchmal ist man stark, manchmal schwach, manchmal oben, manchmal unten. Nur Maßlosigkeit und Selbstzufriedenheit führen nie zum Ziel! Es ist die Rückkehr aus dem Abenteuer einer anderen Welt, einer anderen Zeit. Man muss lernen sich wieder dem normalen Leben zu widmen, wieder mit seinen alten Freunden unterwegs zu sein. Aber… sollte man seinen Freunden aus einer verflossenen Welt nicht auch gedenken? Der Liebe gedenken, welche zum Untergang verurteilt war? Oder… war es doch ganz anders, als es den ersten Anschein hatte? Ein kleines, schwarzes Wesen kam mit einigen Kindern zur Tür hereingehüpft und ließ sich auf meinem Schoß nieder. „Mokona! Was machst du denn hier? Ich dachte, du wärst Zuhause bei Yuko-san geblieben, weil du bei meinem Auftrag nicht helfen durftest?“, fragte ich verwirrt und das schwarze Geschöpf grinste. „Mokona ist dafür da, dass Menschen, die aus verschiedenen Zeiten und Welten kommen, dieselbe Sprache sprechen! Wäre ich nicht hier, dann würdet ihr euch gar nicht verstehen! Deinen Auftrag hast du ganz allein gemacht, dabei habe ich dir auch nicht geholfen, so wie Yuko sagte!!“ „Aha…“, antwortete ich und erhob mich. Es gab doch immer noch ein Hintertürchen bei den Formulierungen… „Wir sind wirklich acht Jahre lang hier gelegen?“, wiederholte ich ungläubig und das schwarze Wesen nickte. „Ja! Yuko hat uns gesagt, dass ihr in einer Traumwelt seid, euch aber nichts passieren wird. Eure Körper haben sich überhaupt nicht bewegt, da ihr in dieser anderen Welt gelebt habt. Also haben wir gewartet, bis ihr wieder wach werdet, aber irgendwie habt ihr sehr lange gebraucht… Deswegen habe ich so lange auf Anne und die Kinder aufgepasst!“, erklärte Mokona stolz und ich verstand langsam. So war das also… „Wahrscheinlich hast du ihr nur geholfen, weil du Hunger gekriegt hast…“, vermutete ich und bekam einen unsanften Stoß von dem Wesen. „Das ist gar nicht wahr! Mokona musste Anne beruhigen! Und Mokona hat mit den Kindern gespielt! Mokona war sehr fleißig!“ „Oh ja, das war er!“, bestätigte Anne und ich strich dem Wesen sanft über den Kopf. „Das hast du gut gemacht“, lobte ich ihn. „Hast du viele Abenteuer erlebt, Watanuki?“, fragte das Wesen neugierig. „Ja, so kann man es wohl sagen…“, sagte ich beinahe etwas wehmütig. Die Erinnerung an Romeos und Juliets Tod stach immer noch unsanft in meinem Herzen. „Yuko hat gesagt, du sollst zurückkehren, sobald du aufgewacht bist! Der Auftrag sei damit erledigt!“, teilte mir Mokona mit und ich starrte ihn an. Es ging alles so plötzlich: Erst die Trennung von Neo Verona, in dem ich mich acht Monate lang aufgehalten hatte und jetzt sollte ich auch noch von William in meine Zeit zurückkehren. „Ich hatte beinahe befürchtet, dass du dich schnell verabschieden musst, Watanuki“, offenbarte William und trat näher. Er hielt das Schwert der Montagues in Händen. „Das hier ist für dich! Nimm es zusammen mit Juliets Schwert mit… damit du niemals vergisst, was wir gemeinsam erlebt haben! Aber die beiden Blumen… hätte ich gern! Zur Inspiration versteht sich! Schließlich muss ich noch einiges schreiben!“ Ich musste unwillkürlich lächeln und reichte ihm die weiße Iris und die rote Rose, im Gegenzug bekam ich noch ein Schwert überreicht. Als der Dichter näher bei mir stand bemerkte ich, dass er eine Schultertasche umhängen hatte. Er öffnete sie und zog etwas daraus hervor. „Watanuki… ich habe hier noch ein kleines Abschiedsgeschenk an dich! Du bist jeden Abend zu mir gekommen und hast mir Bericht erstattet, was du den Tag über erlebt hast. Ich habe all deine Erlebnisse aufgeschrieben und zu einer Art Tagebuch zusammengefasst. Ich glaube, dass du anhand dieses Buches deinen eigenen Wandel besonders gut nachvollziehen kannst. Ich hoffe, du verstehst genügend Englisch um es lesen zu können. Wenn nicht, muss dir eben deine kleine Himawari beim Entziffern helfen…“ William reichte mir ein kleines Buch, welches dick und vollgeschrieben war. „Er muss doch nicht Himawari damit belästigen! Ich helfe ihm! Aber nur, wenn er mir genug Sake bringt!“, bestätigte Mokona und ich funkelte es an. „Werde bloß nicht unverschämt, Kloß!“ „Ich bin kein Kloß! Mokona ist Mokona!“, antwortete das Wesen beleidigt. „Ich weiß zwar nicht, was ein Sake ist, aber du hast eindeutig Recht, Mokona!“, sagte William grinsend und ich warf nun auch ihm einen bösen Blick zu. „Du weißt nicht, wovon wir reden, aber du stimmst ihm trotzdem zu?“, fragte ich zähneknirschend. „Natürlich!“, grinste Willy und baute sich vor mir auf. „Watanuki… ich weiß zwar, dass ich in deiner Zeit schon lange tot sein werde… aber ich hoffe, dass meine Werke ihren Glanz und Zauber niemals verlieren werden. Das würde ich mir wünschen. Kannst du mir nicht verraten, ob mein sehnlichster Wunsch in der Zukunft wahr wird? Nur diese eine kleine Frage!!“ Ich sah ihn lange an, bevor ich lächeln musste. Alle warteten gespannt auf meine Antwort, ich konnte ihre Blicke auf mir ruhen spüren. „Ja, ja, das werden sie! Also gib dir auch Mühe, dass sie dem Ruhm und vor allem deiner Person gerecht werden!“, verriet ich augenzwinkernd und Willy musste grinsen. „Worauf du dich verlassen kannst!“, versprach er mir und wir standen uns nun schon lange gegenüber. Ich überwand die kurze Distanz zwischen uns und umarmte ihn. „William… Danke für alles!“, sagte ich, als ich ihn an mich drückte. „Nein, Watanuki… ich habe mich bei dir zu bedanken! Dank dir habe ich die Inspiration bekommen, nach welcher ich schon so lange gesucht hatte! Du hast deinen Auftrag wirklich zu meiner vollsten Zufriedenheit ausgeführt! Das ist mein Ernst!“, entgegnete er mir. „Das freut mich!“, antwortete ich und wir beide lächelten, als wir uns wieder gegenüberstanden. „So! Genug geplaudert! Bei Yuko wartet noch Arbeit auf dich, Watanuki!“, unterbrach Mokona die Idylle und ich seufzte. „Ich habe es gewusst…“, grinste ich gequält und das schwarze Wesen bekam auf einmal Flügel. „Mokona Modoki ist auch ganz aufgeregt! Fuiiiiiiii!!!“, sprach Mokona und ich wurde von Runen eingehüllt. „Vielen Dank, William! Du hast mir eine Welt gezeigt, von der ich noch nicht einmal zu träumen gewagt hätte!“ „Behalte sie in deinem Herzen, Watanuki! Für immer!“, rief mir William hinterher und ich nickte winkend, während sich erneut Tränen in meine Augen schlichen. Die Runen umhüllten mich nun vollständig und bildeten eine Art Tunnel, welcher oben und unten geöffnet war. Ich schwebte und drückte das Buch und die beiden Schwerter an mich. Ich dachte an das, was ich in den letzten Monaten gelernt hatte: Geschichten konnten einen fesseln, auf eine Weise, wie ich es mir nie vorgestellt hatte. Ich verspürte auf einmal die aufkeimende Lust in einer Bibliothek zu stöbern und nach Büchern zu suchen, welche mich auch so in ihren Bann ziehen konnten wie die Geschichte von Romeo und Juliet. Zugegeben, die Welt Neo Verona und das Leben ihrer Bewohner hatte sich doch sehr vom Original unterschieden, doch das Ende war dasselbe gewesen: Romeo und Juliet hatten sich geopfert, um ein Zeichen zu setzen. Für ihre Liebe… Ich hörte auf zu fallen und öffnete die Augen. Ich kniete und hielt außer meinen Geschenken noch irgendetwas umklammert. War das ein Stock, ein Stuhlbein? Nein, das fühlte sich viel zu weich an… „Was soll das, Watanuki? Sag mal… heulst du?“ Ich blickte nach oben, als ich die Stimme erkannte. Warum zur Hölle… hielt ich ausgerechnet Domekis Bein umklammert?? Wo war dieses verdammte Mokona? Ich wollte es augenblicklich umbringen. Ich richtete mich verwirrt auf. Wir befanden uns… in Domekis Bibliothek und es schien Nacht zu sein. Domeki trug einen langen Kimono und saß gerade an einem Tisch, wo er wohl noch bis eben ein Buch gelesen hatte. Ich war eindeutig wieder zurück. „Ich heule gar nicht!“, fauchte ich ihn an und wischte mir hastig über meine Augen. „Aha“, antwortete mein Gegenüber gewohnt ausführlich. „Spiel du dich ja nicht so auf! Mit dir will ich nichts mehr zu tun haben! Sich einfach so mit Himawari zu verloben…“, murmelte ich vor mich hin. „Mmh? Wovon redest du eigentlich?“, wollte Domeki wissen und legte sein Buch zur Seite. „Was liest du da überhaupt?“, fragte ich, um vom Thema abzulenken. „Na, Romeo und Julia. Wir müssen es bis morgen fertig gelesen haben, erinnerst du dich nicht mehr?“ Stimmt. Der Lehrer hatte es uns über das Wochenende so aufgegeben, die Tragödie komplett zu lesen, aber das… lag für mich schließlich schon acht Monate zurück! Ich stand auf und hob meine Geschenke auf. „Was hast du denn da? Seit wann lässt dich Yuko schwerbewaffnet durch die Gegend laufen?“ „Die sind nicht von Yuko-san, sondern Geschenke, welche du nicht einmal wertschätzen könntest, weil dir dazu die Gefühle fehlen, Eisklotz!“, Ich hob das Buch höher, „Das hier ist ein Tagebuch, geschrieben von William Shakespeare! An mich! Und niemand anders wird dieses Buch jemals in die Hand bekommen!“, erzählte ich, doch Domeki hatte mir es bereits abgenommen. „Neo Verona… Roter Wirbelwind… aha“, kommentierte er, klappte das Buch wieder zu und gab es mir zurück. „Ist das alles, was du dazu zu sagen hast?“, brüllte ich, doch er hielt sich die Ohren zu. „Ich dachte, du wolltest nicht, dass es jemand liest?“, hakte er nach und ich funkelte ihn wütend an. „Diesen Plan hast du mir zunichte gemacht, denn du hast ja bereits darin gelesen!“, keifte ich zurück und Domeki zuckte uninteressiert mit den Schultern. Ich stand vor einem Bücherregal und mein Finger schien automatisch suchend darüber zu gleiten. „Ach, Domeki…“, fing ich an, brach dann aber ab. „Mmh?“, machte der Angesprochene und ich ließ den Kopf etwas sinken, immer noch zu den Büchern gewandt. „Darf ich mir aus eurer Bibliothek mal ein paar Bücher ausleihen?“ Ich warf einen kurzen Blick über die Schulter und bemerkte, wie Domeki plötzlich überrascht aufsah. „Seit wann interessierst du dich für Bücher?“, wollte er wissen. „Ach, seit Neustem!“, antwortete ich ausweichend und er nickte. „Klar kannst du dir welche ausleihen“, sagte er und ich musste lächeln. Ich wusste, was ich sagen musste, doch die Worte kamen mir nur schwer über die Lippen: „Okay… V… V… Vielen… Dank… Domeki!“ „Bitte, bitte“, antwortete er mehr oder weniger gleichgültig, hatte Shakespeares Tragödie bereits wieder aufgeschlagen und las weiter. „Ich werde dann mal zu Yuko-san gehen und ihr sagen, dass ich wieder zurück bin!“, erklärte ich und umklammerte die beiden Schwerter fester in meiner Hand. „Wieder zurück?“ Domeki sah erneut auf. „Ja. Ich bin zurück vom Abenteuer meines Lebens!“, teilte ich ihm mit, wohl wissend, dass er mit diesen Worten nicht viel anfangen konnte und trat in die kühle, stille Nacht hinaus. Der Weg, welcher von Domekis Anwesen wegführte, war mit Blumen umrandet. Mir stach eine rote Rose ins Auge, welche ich pflückte. Direkt daneben entdeckte ich eine weiße Iris. Beide Pflanzen lagen nun in meiner linken Hand, die Schwerter und das Buch waren an meiner rechten Seite verstaut. Nun war ich so gesehen wieder vollständig. Ich schritt summend die Straße entlang. „Hallo Mokona! Wo hast du denn Watanuki gelassen?“, fragte Yuko und das schwarze Wesen grinste. „Hab ihn unterwegs verloren!“, meinte es. „Oh je… du hast wohl zu lange keinen Dimensionswechsel mehr ausgeführt, mmh? Oder warst du durch etwas abgelenkt und infolgedessen unkonzentriert?“, fragte die Hexe und Mokona schüttelte den Kopf. „Nein, Watanuki hat sich an einen bestimmten Ort gewünscht. Und da habe ich ihn hingebracht!“ „Das klingt ja spannend! Und wo war dieser „bestimmte Ort“?“, wollte Yuko neugierig wissen. „Er wollte zu gaaaaaaaaaaaaaaaanz vielen Büchern! Also habe ich ihn zu Domeki in die Bibliothek gebracht!“, erklärte Mokona beinahe stolz und hatte seine Arme verschränkt. „Oh ja, wirklich eine sehr gute Wahl, Mokona! Darauf trinken wir!“ „Darauf trinken wir! Endlich wieder Sake!“, wiederholte das schwarze Wesen und hob das das volle Glas, welches Yuko ihm gereicht hatte. Die Hexe trank einen Schluck, ebenso wie Mokona. „Na, da bin ich mal gespannt, wann der Gute hier eintrudeln wird!“, meinte Yuko grinsend und stellte ihr Sakeglas auf den Tisch, welches sie mit einem einzigen Zug geleert hatte. Ich zog meine Schuhe aus, als ich das Haus betrat. Eine Geste, wie ich sie eigentlich immer tat, doch sie war ungewohnt. In Neo Verona hatte das niemand gemacht und ich hatte es mir irgendwann abgewöhnt. „Hallo Yuko-san“, begrüßte ich die Hexe. „Hallo Watanuki. Lange nicht mehr gesehen!“, sagte die Angesprochene und nickte mir zu. „Stellen Sie sich nicht so an! Freitagabend haben Sie mich auf die Reise geschickt, jetzt haben wir gerade mal Sonntagabend!“, stellte ich ernüchternd fest und Yuko kicherte. „Also hast du bereits herausgefunden, dass hier nur zwei Tage vergangen sind? Ich musste dich doch zeitnah wiederhaben! Sonst wäre ich doch noch verhungert ohne dich! Außerdem ist Mokona wohl etwas langsamer unterwegs gewesen. In den acht Jahren, welche er bei Shakespeares Frau verbracht hat, ist er wohl alt und rostig geworden!“, vermutete die Hexe und ich wandte mich an ihren Trinkgesellen: „Apropos, du Kloß! Wo hast du mich abgesetzt, hääää? War das eigentliche Ziel nicht das Geschäft? Warum hast du mich zu Domeki geschickt? Ausgerechnet… zu ihm?“, fragte ich anklagend, doch das Wesen nahm mit zwei Händchen sein Sakeglas. „Ich weiß nicht, wovon du redest!“, meinte es unbeeindruckt und fing an zu trinken. „Apropos Domeki! Yuko-san! Was haben Sie sich dabei gedacht, mir zwei Gestalten mit dem Aussehen von Domeki und Himawari hinterherzuschicken, häääää?“, beschwerte ich mich sofort lautstark, doch Yuko winkte grinsend ab. „Das war doch nur ein kleiner Witz! Du scheinst viel erlebt zu haben, Watanuki.“ Ihr Blick blieb an meinen beiden Schwertern hängen. „Ja…“, stimmte ich ihr leise zu und strich gedankenverloren über die Waffen. „Du solltest es mir morgen erzählen, Watanuki. Du siehst sehr müde und mitgenommen aus… Geh nach Hause und ruh dich aus!“, schlug Yuko vor und ich nickte. „Ja, Sie haben Recht, Yuko-san. Ich habe morgen Schule…“ „Ich weiß. Vernachlässige deine Pflichten nicht!“, bat sie und ich lächelte. „Nein, nein. Versprochen!“, sagte ich und sie grinste. „Das heißt dann aber auch, dass du morgen arbeiten wirst, denn dies gehört schließlich auch zu deinen Verpflichtungen!“, fügte sie mit erhobenem Zeigefinger hinzu und ich nickte. „Ist gut…“, ergab ich mich, dann stand ich auf und ging nach Hause. Ich war wirklich müde. Diese ganzen Ereignisse waren sehr anstrengend gewesen… „Ich hatte euch aufgegeben, Romeo und Julia zu Ende zu lesen. Ich hoffe, das haben auch alle von euch getan! Wir sind nun auf Seite 219, letzter Akt. Hat jemand Lust, diese Szene bis zum Schluss vorzutragen?“ Ich meldete mich. „Ja, Kimihiro möchte, sehr schön!“ Ich schlug die Seite auf und räusperte mich, bevor ich zu lesen begann. Die Worte kamen mir leicht über die Lippen, als ob ich sie schon in und auswendig konnte. Ich klang beinahe etwas wehmütig, als ich zu der Szene kam, in der Julia sich umbrachte: „Julia: O willkommner Dolch! (Sie ergreift Romeos Dolch.) Dies werde deine Scheide. (Ersticht sich.) Roste da Und laß mich sterben! (Sie fällt auf Romeos Leiche und stirbt.) Letzter Akt, letzte Szene, Kirche von Verona, Romeo und Julia werden in der Kirche aufgebahrt. Prinz von Verona: Capulet! Montague! Seht, welch ein Fluch auf Eurem Hasse liegt! Dass Gott ein Mittel weiß, Ihn zu ersticken: Durch Liebe! Capulet: O Bruder Montague, gib mir deine Hand! Das ist das Leibgedinge meiner Tochter, Denn mehr kann ich nicht fordern. Montague: Aber ich Vermag dir mehr zu geben; denn ich will Aus klarem Gold ihr Bildnis fertigen lassen. Solang Verona seinen Namen trägt, Komm nie ein Bild an Wert dem Bilde nah Der treuen, liebevollen Julia. Capulet: So reich will ich es Romeo bereiten. O arme Opfer unser Zwistigkeiten! Prinz von Verona: Nur düstern Frieden bringt uns dieser Morgen; Die Sonne scheint, verhüllt vor Weh zu weilen. Kommt, offenbart mir ferner, was verborgen, Ich will strafen oder Gnad erteilen, Denn nie verdarben Liebende noch so Wie diese: Julia und ihr Romeo. (Alle ab.)“ Ich merkte den Unterschied zur eigentlich erlebten Version sofort: Bei uns war es ein wunderschön friedlicher Morgen gewesen. Die Sonne hatte den Himmel rosa gefärbt, wie ich es noch nie zuvor gesehen hatte. Und es herrschte vollkommener Frieden in Neo Verona... „Danke, Kimihiro, sehr gewissenhaft und schön vorgetragen! Was meint ihr zum Ende? Gibt es ein Happy End? Oder war es der Untergang ihrer Liebe, gesät von der Feindschaft der Familien?“ Einer meiner Mitschüler meldete sich: „Ja, ich finde, es war ihr Untergang! Romeo und Julia sind gestorben und da hat ihnen ihre Liebe im Endeffekt auch nichts mehr gebracht, weil die beiden sie nicht ausleben konnten!!“ Ich legte meinen Kopf schief und nahm den Stift von meinen Lippen, mit welchem ich bis eben noch nachdenklich gespielt hatte. Ich legte ihn in mein Mäppchen und senkte den Kopf. Ich war so gar nicht dieser Meinung… „Kimihiro? Wie denkst du darüber?“, sprach mich der Lehrer plötzlich an, er schien meine Reaktion bemerkt zu haben. Ich sah nachdenklich an die Tafel. Die Blicke meiner Mitschüler, darunter auch die von Himawari und Domeki ruhten auf mir und ich musste lächeln, als ich auf seine Frage antwortete: „Ich glaube, es gab ein Happy End. Für beide Seiten. Die Familien haben sich über den Gräbern ihrer Kinder versöhnt und Romeo und Julia leben in den Herzen ihrer Freunde weiter. Sie haben einander gefunden und niemals mehr losgelassen. Ich glaube, dass es eher ein Erfolg ihrer Liebe als ihr Untergang war! Auch, wenn im Endeffekt alles dem Untergang entgegengestrebt ist, war es nicht das unwiderrufliche Ende, sondern ein Neuanfang, der uns eine wichtige Nachricht vermittelt: Romeo und Julia… haben uns gelehrt, dass die höchste Tugend darin liegt, der Liebe und nur der Liebe zu folgen. Denn die Liebe ist der Keim der Schöpfung! Auch ihre Familien haben das eingesehen und sich vertragen.“ Der Lehrer nickte zufrieden. „Ja. Eine sehr interessante Ansicht der Dinge und vor allem auch die richtige! Genau das wollte Shakespeare damit ausdrücken! Und nun widmen wir uns…“ Meine Gedanken schweiften ab und ich sah zum Fenster hinaus. Als die Stunde um war, trat ich fröhlich aus dem Schulgebäude, wo mich die strahlende Sonne erwartete, welche den sommerlichen Temperaturen gerecht wurde. Ich schwang meine Schultasche über meine Schulter und sah zum Himmel empor. „Habe ich nicht Recht gehabt mit meinen Worten… Willy? Und ich schwöre dir, ich werde genauso um Himawaris Liebe kämpfen, wie Romeo und Juliet um ihre gekämpft haben!“, flüsterte ich leise, dann hörte ich ein Rufen vom Schultor her: „Kommst du, Watanuki-kun?“, rief Himawari und ich winkte. „Jaaaa! Ich komme schon!!“, antwortete ich und beeilte mich, zu ihr und Domeki zu stoßen. Ich sollte mich sputen, schließlich musste ich Yuko noch unbedingt erzählen, was ich alles in Neo Verona erlebt hatte! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)