Spuren im mexikanischen Sand von Yulia_Federkiel (NCIS: Los Angeles) ================================================================================ Kapitel 1: Verschwunden ----------------------- Kapitel 01: Verschwunden „So ein verdammtes Mistwetter!“ Die Stimme von Marty Deeks ertönte bereits lautstark in den Mauern des NCIS-Hauptquartiers in Los Angeles, noch ehe der LAPD-Detective überhaupt nur einen Fuß in seine derzeitige Arbeitsstelle gesetzt hatte. Oh ja, er hatte schlechte Laune – und was für eine. Mit einem Gesicht wie sieben Tage Regenwetter und zu diesem Sprichwort passenden, triefnassen Kleidern stapfte er zu seinem Schreibtisch, nicht ohne bei jedem Schritt eine kleine Wasserlache und einen gehörigen Fluch auf seinem Weg zu hinterlassen. „Morgen, Deeks“, begrüßte Sam, der bereits an seinem Schreibtisch saß, den Neuankömmling schlicht, ohne jedoch von seiner Zeitung aufzusehen. Wie alle anderen auch wusste Sam nur allzu gut, dass es für ihn in dieser Situation nur zwei Möglichkeiten gab: Entweder konnte er Deeks so lange auslachen und piesacken, bis er seine schlechte Laune zu genüge an ihnen ausgelassen hatte, oder ihn so gut es ging ignorieren, bis jemand anderes sich dieser Aufgabe annahm. Und da von Callen, mit dem er sonst immer den Detective ins Kreuzfeuer nahm, noch keine Spur zu sehen war, entschied sich Sam ausnahmsweise einmal für Letzteres. Es würde sich schon irgendjemand finden … „Hey, Deeks, bist du unterwegs in den Pool gefallen?“ Sam konnte hinter dem Sichtschutz seiner Zeitung ein leises Grinsen nicht verbergen, als Kensis spöttische Worte an seine Ohren drangen. Wie gesagt, es fand sich immer jemand … und dieses Mal hatte er sogar das Glück, als Unbeteiligter dabei zusehen zu können. Trotz des schlechten Wetters schien dieser Arbeitstag doch noch ganz gut anzufangen. „Haha“, kommentierte Deeks indes mürrisch die Bemerkung seiner Partnerin und warf ihr einen giftigen Blick zu. „Es regnet.“ Wie zur Bestätigung schüttelte er seine Haare, an deren Spitzen noch immer dicke Wassertropfen hingen, die sich nun im halben Raum verteilten. Kensi quietschte empört auf, woraufhin sich Deeks Miene zum ersten Mal wieder ein wenig aufhellte – allerdings nur für einen kurzen Moment, denn unbeabsichtigt hatte Deeks mit seiner Wasserladung auch noch etwas anderes getroffen: Sams brandneue Zeitung. „Hey! Nur weil du zu blöd warst, dir einen Regenschirm mitzunehmen, musst du dich hier nicht wie ein Köter am Strand benehmen!“ Ärgerlich besah sich Sam seiner nassen Zeitung, während Kensi Deeks ein Handtuch an den Hinterkopf schleuderte. „Wir sind hier in Los Angeles – es ist Sommer! Wer hat denn da schon einen Regenschirm rumstehen?“, versuchte sich Deeks Sam gegenüber zu verteidigen, während er seine blonde Fusselmähne mühsam mit Kensis Handtuch trocken zu reiben versuchte. „Also ich hab meinen immer im Schrank“, warf Kensi daraufhin ein. „Das war ja klar“, grummelte Deeks in ihre Richtung. „Liegt bestimmt zwischen der Pudelmütze und den Schneeschuhen!“ Kensi stemmte empört die Hände in die Hüften und war drauf und dran, noch einen giftigen Spruch unter der Gürtellinie hinterherzuschicken, als Erics wohlvertrauter Pfiff sie alle aufhorchen ließ. Sofort waren alle Streitigkeiten vergessen und die drei Agenten eilten mit raschen Schritten die Treppe hinauf in die Operationszentrale. „Morgen, Leute“, begrüßte Eric das Team in seiner üblichen guten Laune, während er mit einer Hand eifrig auf seinem Tablet-PC herumtippte. „Wir haben … wo habt ihr Callen gelassen?“ „Keine Ahnung“, murmelte Deeks noch immer mit dem Handtuch beschäftigt, „vielleicht hat er verschlafen.“ Erst jetzt wurde allen wirklich bewusst, dass sich ihr leitender Agent den ganzen Morgen über noch nicht hatte sehen lassen. Sam und Kensi tauschten beunruhigte Blicke. Callen kam schließlich nie zu spät – weshalb auch? Abgesehen vom NCIS hatte er ja praktisch kein Privatleben, das ihm auch nur annähernd einen Grund liefern konnte, sich zu verspäten. Und er war auch definitiv nicht der Typ, der sich morgens nicht aus dem Bett quälen konnte. Aber es gab noch jemanden, der mit Abwesenheit glänzte. „Eric, wo ist Nell?“, fragte Deeks verwundert und sah sich in der Operationszentrale um. Doch schon im nächsten Augenblick beantwortete sich diese Frage von selbst, als draußen lautes Fußgetrappel ertönte und eine ziemlich abgehetzte Nell in den Computerraum stürzte. „Es tut mir so fürchterlich leid, ich … ich habe …“ „… verschlafen?“, beendete Eric ausnahmsweise einmal den Satz für seine Partnerin, die sich japsend die Seite hielt und schließlich auf ihren üblichen Platz fallen ließ. „Na da scheint aber einer die Nacht durchgemacht zu haben“, meinte Deeks mehr zur allgemeinen Erheiterung denn als tatsächliche Aussage, doch auf Nells ohnehin schon erhitztem Gesicht wurde ein deutlicher Rotschimmer sichtbar. „Ich … Hetty hat gesagt, ihr müsst heute ohne Callen auskommen. Eric, was haben wir für einen Fall?“ Diese Ablenkung war zwar mehr als nur schlecht getarnt, doch für den Augenblick wirkte sie. Auch wenn Kensi sich aufgrund der stetigen Röte in Nells Gesicht und Erics kurzem, aber eindeutig eifersüchtigem Seitenblick, fest vornahm, ihre junge Kollegin bei nächster Gelegenheit auszuquetschen. „Okay, das ist Petty Officer Ian Nicholls, 34 Jahre, stationiert in Camp Pendleton“, erklärte Eric rasch und warf die Akte eines recht bullig aussehenden Marines auf den großen Monitor, zusammen mit einem Foto, das wie ein Familienbild aussah. Neben dem Petty Officer lächelten darauf eine zierliche Frau Ende zwanzig sowie ein etwa sieben Jahre altes Mädchen mit blonden Rattenschwänzen in die Kamera. „Die Frau, Emily Nicholls, wurde heute gegen 7 Uhr tot in ihrer Wohnung aufgefunden, nachdem sie gestern nicht zur Arbeit erschienen war. Die offiziellen Berichte vom LAPD stehen zwar noch aus, allerdings ist die Todesursache hoher Blutverlust nach mehreren Schüssen in den Oberkörper. Petty Officer Nicholls hat sich nach seinem Urlaub heute früh nicht zurückgemeldet. Von ihm und der gemeinsamen Tochter Nancy fehlt jegliche Spur. Laut dem LAPD fehlt sie schon seit zwei Tagen unentschuldigt in der Schule.“ Mit überaus ernstem Gesichtsausdruck verfolgten die Agents Erics Ausführungen bis zum Schluss und sahen dann fragend zu Sam, der in Abwesenheit von Callen nun das Kommando besaß. „Eric, gib mir die Akte von Emily Nicholls“, ordnete Sam schließlich an und kurz darauf flimmerte das dokumentierte Leben der Ermordeten über die Bildschirme, während Nell in ihrem üblichen Tonfall die Fakten zusammentrug: „Emily Nicholls, geboren am 2. Mai 1983 als Emilia Félix in Philadelphia, wo sie 2000 auch ihren Highschool-Abschluss mit Bestnoten machte. Hochzeit mit Ian Nicholls am 26. Juni 2002, Geburt der gemeinsamen Tochter Nancy am 10. April 2004 in New York, wo sie bis zur Versetzung ihres Ehemannes nach Camp Pendleton 2006 lebte. Einziger Eintrag in der Polizeiakte ist ein Strafzettel wegen Geschwindigkeitsüberschreitung von vor 5 Jahren.“ Sam nickte, als Nell geendet hatte. „Okay. Kensi, Deeks, ihr fahrt zum Tatort und befragt die Nachbarn. Wir brauchen Informationen über den Tagesablauf der Familie, Auffälligkeiten, Lieblingsorte und Freunde der Tochter“, erklärte er rasch. „Nell, ich brauche eine vollständige Überwachung von Ian Nicholls‘ elektronischen Fußspuren – Kreditkartenabrechnungen, Telefonate, alles. Finde heraus, was für einen Wagen er fährt und lass ihn über Kaleidoscope suchen. Eric, du kümmerst dich um den Background des Petty Officers. Suche auch nach Anzeichen für Gewaltbereitschaft und auffälliges Verhalten in der Navy.“ Kensi sah Sam zweifelnd an. „Du glaubst, er könnte seine Frau getötet haben und dann mit der Tochter verschwunden sein?“, fragte sie und runzelte skeptisch die Stirn. Sam dachte einen Augenblick nach, ehe er antwortete. „Es ist noch zu früh für Spekulationen. Aber bei Morden im häuslichen Umfeld ist der Ehepartner oftmals der Täter. Und es spricht nicht für Petty Officer Nicholls, dass er und seine Tochter verschwunden sind.“ Die Worte des ehemaligen Seals hinterließen bei jedem von ihnen ein unangenehmes Gefühl in der Magengegend. Sie alle machten ihren Job schon lange genug, um zu wissen, wie gefährlich Fälle werden konnten, in denen Kinder verschwanden. Und so war es nicht verwunderlich, dass das ganze Team sich sofort an die Arbeit machte. Während Eric und Nell in atemberaubender Geschwindigkeit in ihre Tasten hauten, machten sich die restlichen Agents auf den Weg in die Tiefgarage, wo Deeks und Kensi sofort in Kensis Wagen stiegen und davonfuhren. Sam jedoch hielt noch einen Augenblick inne und zog sein Handy aus der Jackentasche. „Hier ist die Mailbox von G. Callen. Ich bin leider zurzeit nicht erreichbar, Sie können mir aber gerne eine Nachricht hinterlassen … Piep …“ Seufzend drückte Sam die rote Taste und ließ den Motor seines Challengers aufheulen. Callen hatte sich ja wieder einmal einen wunderbaren Zeitpunkt dafür ausgesucht, seinen eigenen Angelegenheiten nachzugehen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)