Say What?! von LittleDestiny (Version 2.0) ================================================================================ Prolog: -------- Es sollte wohl nicht sein. Blue war keines dieser Mädchen, die sich kontrollieren ließen. Blue war nicht sehr mädchenhaft, leicht aufbrausend und launisch. Phill drehte sich um und ging. Phill war ihr Freund gewesen. Die Betonung lag hier auf WAR. „Ehrlich, jetzt hat der mit MIR Schluss gemacht“, murmelte sie säuerlich. Irgendwie hatte sie es schon seit langem geahnt. Phill und Blue waren schon mehr als 4 Jahre ein Paar gewesen. Beide hatten sich in der Schule kennengelernt. Er war zwei Jahrgänge über ihr, jetzt aber Student. Seither lief alles schief zwischen den Beiden. Sie hatten sich auseinander gelebt. Es wunderte sie, dass sie bei diesem radikalen Schlussstrich, der von Phills Seite ausgegangen war, nicht mehr empfand als diese: „Na toll, dass auch noch heut“. Die zweite dämliche Sache, die sich an diesem schon fast herbstlichen Augusttag zugetragen hatte, war dass sie aus dem Wirtschaftskurs rausgefolgen war. Das lautstarke diskutieren mit ihrem besten Freund Ben hatte sich die Frau Lehrerin etwa 15 Minuten mit angehört, danach flog Blue im hohen Bogen aus der Klasse. Wirtschaftsnote somit also ade. Sie hockte sich in den Sand, in den sie bis vor 2 Minuten noch mit Phill gestanden hatte. Dann hatte er kurz Schluss gemacht, sie hatte sich erschrocken und dann geschmollt. Jetzt war fast schon wieder alles in Ordnung, als sie ihren Blick über das weite Meer richten konnte. Hier an der Bucht verfiel sie in einen Trancezustand, wenn sie den sanften Wellen beim Schlagen auf den Sandstrand zuschaute. Blues Name kam nicht von ungefähr. Sie war eine leidenschaftliche Schwimmerin, eine Meerjungfrau, eine Kaulquappe im Fischteich, wurde sie kein Bindegewebe besitzen, hätte sie schon Schuppen auf der Haut. Zu Haus warten sicherlich ihr Bruder und ihr Vater auf sie. Eine Mutter gab es in dieser lustigen Dreierrunde leider nicht. Diese hatte Blue und die zwei Männer vor etwa 10 Jahren verlassen. Blue war die einzige weibliche Person im Haus und so musste sie auch nach klassischer Frauenrolle im Haushalt agieren. Manchmal kam es Blue so vor, als ob ihr Vater gar nicht in die verlorengegangene Frauenrolle hineinwachsen wollte. Vehement sträubte er sich gegen sämtliche Mutterpflichten. Dass er seine Frau verloren hatte, oder vielmehr das sie ihm weggelaufen war, hing noch immer nach 10 Jahren an ihm. Blue fuhr sich nachdenklich über die Lippen. In diesem Moment fühlte sie sich planlos und verunsichert. Jetzt, wo sie keinen Freund mehr hatte, fühlte sie sich zwar befreit, aber zu wissen, dass es jetzt keine geplante Zukunft gab, zog ihr allmählich den Boden unter den Füßen weg. Eigentlich war es doch so geplant, dass sie im nächsten Jahr ihren Abschluss machte und dann an die Selbe Uni ging wie Phill. Jetzt auf die gleiche Uni, wie dieses Dummbrot, zu gehen und ihn wohlmöglich bei einen seiner Tussiraubzüge beobachten zu müssen, schien ihr ziemlich dämlich und dazu auch noch langweilig zu sein. Was gab es noch für Alternativen? Wo wollte sie hin? Was wollte sie werden? Blue war keine Musterschülerin. Sie war nicht sonderlich begabt, hatte kein Musiktalent, musste beim Kopfrechnen immer noch die Hände zum zählen heimlich benutzten, ließ öfters den Schmorbraten anbrennen, konnte jedoch gut in einen Schreibblock diverse Flüssigkeiten verteilen, ohne zu wissen wo die genau und zu welcher Zeit herkamen. Jetzt war Phill weg und irgendwie auch ihr Antrieb etwas aus sich zumachen. Ihre Füße tauchten in die salzige Flüssigkeit vor ihr und sie watschelte bis zum Knie ins Meer hinein um ihr erregtes Gemüht etwas abzukühlen. Hier in der Bucht war nach 22 Uhr sowieso kein Mensch mehr anzutreffen. Es war die Bucht ihres Vaters. Hatte er vererbt bekommen. Keine 30m von ihr stand auch noch eine alte Hütte. Dort lagerte sie und Ben immer ihre Surfbretter und Schwimmsachen. Sie seufzte laut. Das Wasser schwabbte stärker an ihre Waden heran. In der untergehenden Sonne blickte sie hinaus und vernahm plötzlich eine Unregelmäßigkeit auf dem Meer. Einige Blasen stießen an die Wasseroberfläche und durch jene stieß erprobt ein Schopf, der im selben Moment eilig den Mund empor ragte und nach Wasser schnappte. Hastig zog der junge Mann seine Taucherbille von der Nase und warf sie neben sich ins Wasser. Blue hockte erstarrt am Wasserrand. Er bemerkte recht schnell, dass er nicht allein war. „Er hat …rote Haare“, wisperte sie skeptisch. Bei näherer Betrachtung erkannte sie auch, dass er einen Neoprenanzug trug. Es war fast 22 Uhr, was hatte der Kerl so spät noch auf dem Meer zu suchen? Sein Haar war am unteren Kopfkranz kürzer als auf dem Haupt. Ja wirklich, seine Haare sahen aus wie von der Lava geküsst. Er grinste als er sie erblickte. „Du hast blaue Haare“! Ja da hatte er recht. Blue hatte blaue Haare. Kapitel 1: Glitzerndes Silber ----------------------------- Er wischte sich über das Gesicht und schnaufte außer Atem. Blue blickte ihn von der Seite an, als er sich schließlich in Bewegung setzte und an ihr vorbeischritt. Seine Augen ließ er erst von ihr, als sie aus seinem Sichtfeld verschwunden war. Blue bemerkte eine leichte Schwingung durch ihren Körper fahren. Sie blickte an sich hinab und erkannte, dass sich über ihre Haut ein leichter Schauer gelegt hatte. Er trug keine Schwimmflossen. Ohne Schwimmflossen zu tauchen war sehr Kräfte zehrend. „Du bist nicht von hier“, rief sie ihm hinterher. Er blickte sich kurz um und lächelte belustigt. „Wie kommst du darauf“? Blues Unbehagen wuchs. Dieser Typ hatte etwas Arrogantes an sich. Er schien sie fast zu verhöhnen. „Dein Schädel wäre mir aufgefallen“, murmelte sie und ihre Augen zogen sich verächtlich zu einem Schlitz zusammen. „Ist es also als Fremder nicht erlaubt im Meer schwimmen zugehen“. Blue ballte ihre Fäuste. Immer schön sachlich bleiben Blue. Wer weiß aus welchen schwierigen Familienverhältnissen dieser Typ stammte, dass er keinerlei Manieren besaß. „… was ist? Gehört dir etwa diese Bucht“? Grinste er und bückte sich hinunter um etwas Sand in die Hände zu nehmen. „Mir nicht, aber meinem Vater. Also wage es ja nicht auch nur einen Kippenstummel in den Sand zu versenken“. Blue drehte sich schnippisch von ihm von blickte zurück aufs Meer. „Bright, richtig“? Sie spürte seinen Atem in ihrem Nacken. Ihre Augen weiteten sich erschrocken. Wie konnte er sich so schnell hinter sie stellen? Sie hatte ihn noch nicht einmal kommen hören. „Was…“? Blue spürte eine Hand auf ihrer Schulter. „Bring mich zu deinem Vater Blue“! Wisperte er leise. Blues Vater war noch sehr jung geblieben. Er war groß gewachsen, lief immer mit einem Dreitagebart herum. Vor sich schob er schon die ersten Anzeichen von einem Wohlstandsbauch, dem man mit den Jahren, in dem man auch etwas bequemer wurde, so vor sich hin trug. Blue hatte von ihm die großen grünen Augen geerbt. Blues Vater arbeitet als Maschinenbauer in einem Montagewerk für Autoteile, nahe der Stadt. Er brachte also auch genügend Geld nach Haus. Jener blicke Blue und ihre neue Begleitung entgeistert an der Tür stehend an. Der junge Mann mit den roten Haaren blieb zunächst etwas abseits hinter Blue stehen. „Was soll das? Hättest du mich nicht schon früher einweihen können Schatz? Wie wäre es mal mit einem Warnschuss: Dad, ich hab da jemanden kennengelernt. Und was ist mit Phill? Der studiert doch… wie kannst du den denn in den Wind schießen“? Hysterisch wackelte Blue‘s Dad mit den Händen über dem Kopf hin und her. „Nein Dad! Der Typ hier will etwas von dir. Er ist mir unheimlich. Schick ihn weg“! Eilig drängelte sich Blue hinter ihren Vater und lugte skeptisch hinter seiner Schulter hervor. Dieser Typ war furchtbar unheimlich. Sein Blick konnte morden, da war sie sich sicher. Er war so kalt und grau, als ob er etwas zu verbergen hatte. Sie blickte zu ihrem Arm. „Immer noch diese Gänsepelle“, grollte sie und zog ihre Arme fester um sich. „Er ist komisch. Er wollte zu dir. Ich konnte ihn nicht abschütteln. Er meinte es ginge um die Bucht“. Blues Vater nickte und hob die Hand um den roten Jungen näher heranzuwinken. „Kommandant Bright“! Im Neoprenanzug richtete sich der junge Mann auf, schlug die Hacken zusammen und salutiere vor ihm. Blue blickte missverstanden zu ihrem Vater und ihr wurde klar, dass hier ein gewaltiger Redebedarf von Seitens ihres Vaters bestand. „Dad, ich wünsch auf der Stelle eine Erklärung“, grollte Blue. Sie trat vor ihren Vater und nahm ihre typische Erwartungshaltung ein. „Junger Mann, wer schickt dich und was willst du von mir“. Etwas hatte sich im Gesicht von Blues Vater schlagartig verändert. Blue spürte, dass er allmählich etwas verunsicherter wurde. „Mein Name ist Tai. Ich bin Leutnant der Special Body Force Einheit. Ich bin gekommen, um ihre Tochter mit mir zu nehmen“, antwortet der Rothaarige sogleich in geballter Armylautstärke. „Ich wünsch auf der Stelle eine Erklärung… Sirr Kommandant VATER“! Dieser jedoch stoppte Blues Wutanfall erprobt, in dem er nach ihrem Arm griff und sie barsch anfuhr. „Sei jetzt still“! Dieser Tai wollte sie mitnehmen? Wohin wollte er sie mitnehmen, und wozu? „Ist die Zeit etwa gekommen Leutnant“? Dieser nickte und überreichte Blue‘s Vater ein Schreiben. Während Beide um den Familienesstisch saßen und sich unterhielten, blickte Blue heimlich um die Wohnzimmerecke und beobachtete das Geschehen. Ihr Vater redete wütend auf den Jungen mit den roten Haaren ein, doch dieser blieb eisern und schüttelte im Takt den Kopf. Sie blickte auf das Schreiben auf dem Boden, welches ihr Vater wohl in Wut zusammengeknüllt und achtlos in die Ecke gefeuert hatte. „Das ist etwas Ernstes“, murmelte sie und schlich langsam zum geknullten Blatthaufen, um der Sache auf den Grund zu gehen. Ihr Vater hatte sie lauthals auf ihre Zimmer geschickt, aber Blue war keine 16 Jahre mehr, so dass sie sich schon lange nicht mehr wirklich etwas von ihm sagen ließ. Langsam richtete sie das weiße Papier in ihren Händen und las die ersten Zeilen: „Kommandant Gordon Bright nach Vertrag 1.3, abgeschlossen am 18.1.1998, unter dem §4….. … gesetzlich verpflichtet die wissenschaftlichen Forschungsergebnisse…. …aufgrund von militärischem Handlungsbedarf in den nächsten 6 Monaten… … Es konnten keinerlei technische Alternativen gefunden werden. Ihre Tochter Blue Bright, deren DNS als Translationsmedium für den Prototypen Body 1.0 verwendet wurde, ist folglich dazu verpflichtet in den Dienst der Force Einheit einzutreten. Aufgrund ihrer mentalen Eignung ist sie verpflichtet weitere Forschungsversuchen beizuwohnen… Mit dem Bau der Body Force- Einheit haben Sie sich ein Leben lang bereiterklärt, ihren Dienst im Sinne des Friedens fortzuführen. Aufgrund der emotionalen Sachlage weichen wir jedoch davon ab. Wir bestehen somit ausdrücklich auf den ausschließlichen Verbleib ihrer Tochter Blue Bright bei der Special Force Body Einheit!“. Waren solche Verträge überhaupt übertragbar? Unfassbar, das war eine Art Kaufvertrag. Ihr Vater hatte Sie vor 16 Jahren einfach an die Special Force verhökert. Mit eiligen Schritten huschte Blue zur Tür und zog sich ihre Schuhe über. „Werden wir doch mal sehen wer hier wen mitnimmt. Nicht mit mir“! Leise ließ sie das Schloss aus der Haustür fallen und mit leichtem Knarren versuchte sie so leise wie möglich ihren zierlichen Körper und die langen blauen Haare durch den Haustürschlitz zu zwängen. „Fräulein Bright, das würde ich an ihrer Stelle nicht tun“, raunte es hinter ihr und über ihre grünen geweiteten Augen blickte sie in den Schlot einer Silber glitzernden Knarre, die Tai ungeniert auf sie, noch im Wohnzimmer stehen, gerichtet hatte. „Scheiße“! Blue rutschte hastig durch die Haustür und knallte diese hinter sich zu. Er würde es nicht wagen abzudrücken. Drauf ankommen lassen wollte sie es auch nicht. „Wedelt der auch noch einfach mit so na Knarre herum, dieser Halbstarke, VERFLUCHT“! Hastig sprang sie über die nächste Hecke in den Garten ihrer Nachbarn. Da es schon spät war ließen sich diese Gottseidank nicht blicken. Blue als Heckenspringerin vor einem wildgewordenen Pumuckelsoldaten wegrennend würde sicherlich für ziemlich viel Zündstoff in der Straße sorgen. Zumal die Bright‘s schon öfters von der Nachbarschaft angezählt wurden, weil ihr Vater alt zu gerne am Sonntagmittag die Kettensäge raus kramte und die Hecken damit schnitt. „Bleib stehen“! Hört Blue es hinter ihr pfeifen. „Klar doch, ich bin gleich soweit“, kreischte sie verächtlich und setze schon zum nächsten Sprung über eine Rosenhecke an. Siegessicher hob sie ihre Beine und blickte prüfend auf das nächste Grundstück. Sie hatte noch nicht einmal den Fuß aufs Gras setzten können, schon kickte sie Tai von der Seite aus der Bahn. Benommen kam Blue auf dem Gras liegend wieder zu sich. „Autsch“. Ihr Arm blutete. Ein Dorn hatte sich in ihr Fleisch gebohrt. Den Arm entlang mit einem schmalen Schnitt lief leichtes Blut bis zu ihrem Ellenbogen. Sie spürte seine Hand auf ihrem Knöchel und etwas Kühles an ihrer Stirn. „Stehenbleiben hab ich gesagt“, knurrte er und Blue blickte in sein Gesicht, welches sich zu einem amüsierten Lächeln verzogen hatte. Kurz unter ihrem Augen drückte er den Schaft in ihre Wange. „Muss ich erst rabiat werden Blue“? Sie wollte aufstehen und abermals vor ihm davonrennen, doch er packte sie an der Schulter und drückte sie zu Boden. „Macht dir meine Waffe keine Angst“? Seine Augen verrieten Blue, dass er sich mehr erhofft hatte. Seine Knie bohrten sich auf ihre Waden und noch immer drückte er seine Waffe unentwegt und auffordernd in ihr Gesicht. Sie spürte seinen Atem, als er mit Hilfe des kalten Metalls ihre Wange zur Seite drehte und ihr ins Ohr flüsterte. „Ich habe Menschen schon so oft diese Waffe zwischen die Augen gehalten und immer haben sie um Gnade gewinselt. Du weißt nicht wie viele Menschen schon durch dieses Ding gestorben sind. Macht dir das keine Angst“? Er redete mit ihr ganz anders, als mit ihrem Vater. Es machte sie wütend wie respektlos er sie behandelte. „Du würdest es nicht wagen mich abzuknallen. Wieso bist du erst den weiten Weg durchs Meer gekommen, um mich jetzt einfach umzulegen, weil ich dir nicht gleich gehorche“? Sie grinste, weil sie wusste, dass sie Recht hatte. „Und außerdem, du würdest mir nichts antun können, das spüre ich“, flüsterte sie und griff mit der rechten Hand nach der Waffe, um sie sanft zu Boden zu drücken. Seine grauen Augen waren weit aufgerissen. Er war entsetzt wie Recht sie hatte. „Das alles nützt dir herzlich wenig. Es ist wie es ist und nun steh auf und komm besser freiwillig mit dir, sonst wird es schmerzhafter als du es dir das momentan noch in deiner kleinen hübschen Birne so ausmalst“. Ruppig riss er sie empor und zog aus einer kleinen Tasche, die an seinem Neoprenanzug befestigt war, einen Stift hervor. „Ich habe also Recht. Deine Knarre und deine Drohungen kannst du dir getrost sparen. Ich scheine dir so wichtig zu sein, dass du vehement androhst mir Schmerzen zu bereiten, es aber nicht tust. Wohl im Killerseminar geschlafen“? Blue schlug seine Hand beiseite und blickte Tai fest in die Augen. Ob er sich reizen ließ? „Mit deinem Aufgeblase kommst du nicht weit bei mir“, säuselte sie nahe an seinem Nacken. Ihre Hand wanderte langsam an ihm hinab. Im Augenwinkel glitzerte das silberne Metall in Tais Händen. Ihre kalten Finger legten sich um sein Handgelenk. „Du hast eine Art Personalakte über mich gelesen und dich gleich in mich verliebt, stimmt‘s“? Ihre Fingerkuppen zogen sanft hinunter in Richtung der Waffe. Sie roch sein Haar, als ihre Lippen fast sein Ohr streifen. „Ist es nicht so Tai“? Jede Sekunde hätte sie ihm das Metall aus der Hand geschlagen, doch er schloss seinen Arm hart um ihre Schultern und presse den Stift gegen ihren Hals. Ein leichtes Knacken war zu hören, dann sackte sie mit weit aufgerissenen grünen Augen in seinen Armen zusammen. Ihr Kinn rutschte an seiner Schulter hinab und zwischen den immer trüber werdenden Blick sah sie seine grauen traurigen Augen. „Stimmt nicht ganz. In der Akte steht nichts darüber geschrieben, dass du ein hartnäckiges, theatralisch Miststück bist“. Seine Worte verstummten leise in ihrem Ohr. Kapitel 1/ ENDE Kapitel 2: Medium-Roulette -------------------------- Kapitel 2/ Medium-Roulette Die Hölle war das, was sich gerade in ihrem Kopf abspielte. Mit jeder Minute, die Blue wacher wurde, schwabbte ein immer aufdringlich werdender Würgereiz in ihr empor. Ihre Wange rieb auf einem rauen Untergrund hin und her. Es musste Holz sein, zumindest roch es danach. Müde schlug sie ihre Lieder auf und durch das gleisende Licht erkannte sie tatsächlich einen Holzuntergrund. „Verdammt“. Ihr Hals pulsierte. Der Mistkerl hatte sie betäubt, mit seinem komischen Allzweckkuli. Das hatte sie nicht erwartet, dabei wäre es ihr sicherlich 2 Sekunden später gelungen diese Klette vor die Knarre zu bekommen. Aber das war wohl sehr optimistisch von ihr geplant worden. Er war so furchtbar schnell und leise. Er musste eine Kampfausbildung haben. „Das ist so gemein“. Ein leicht rotziges Gefühl stieg in ihr empor. Das leise Kreischen von Möwen erinnerte sie an die Bucht. Als Blue ihren Kopf langsam hob und ihren Blick über den Holzboden wandern ließ, erkannte sie eine schmale Reling. War sie etwa auf einem Boot? „Bist du endlich wach ja“? Sie vernahm Tais Stimme in der Ferne und langsame Schritte. Seine Hand legte sich auf ihre Schulter und er drehte sie sachte auf den Rücken. Blue blinzelte noch immer von der hellen Sonne und erkannte schließlich seinen Schopf im Himmelsblau auftauchen. Ihre Glieder waren wie gelähmt. „Lass das“! Winselte sie leise. Langsam erkannte sie die Konturen seines Gesichtes und auch die roten Haare wurden aus den Schattenumrissen erkennbar. Er richtete sie auf. Seine grauen Augen musterten sie gründlich. Wenn sie es nicht besser wüsste, saß da ein ganz anderer Mann vor ihr. In der Dunkelheit konnte sie ihn nicht exakt erfassen. Jetzt bei Tag sah Tai viel erwachsener aus. Er musste weit älter sein als sie. Vielleicht 5 bis 6 Jahre. Sein Bartansatz und seine zerzausten Haare machten ihn etwas schmuddelig. Tais graue traurige Augen jedoch waren die Selben. „Lass das hab ich gesagt“! Vehement griff Blue um sich und verbannte ihren Kidnapper aus ihrer Nähe. Er grinste und fuhr sich durchs Haar. „Hast mich ganz schön auf Trapp gehalten. Als du noch geschlafen hast, fand ich dich richtig niedlich“. Ihr stieg etwas Röte ins Gesicht. „Pah, du Perverser! Fass mich ja nicht nochmal an“! Er hob beide Hände und grinste. „Dein Vater hat sich einverstanden erklärt, dich auf die Insel mitzunehmen. Na ja, ihm blieb ja auch nichts anderes übrig“, erklärte Tai und blickte über die Reling hinaus aufs Meer. „Die Insel“? „Dort ist ein Stützpunkt der Force. Auch Forschungseinrichtungen und der Großteil der Special Force Bodyeinheit. Ich werde dich zu meinem Vorgesetzten bringen, dann sehen wir weiter“, erklärte er weiter. Blue blickte sich um. Sie waren wirklich auf dem offenen Meer. Wie konnte ihr Vater das bloß zulassen? „Wieso hat sich mein Vater dazu bereiterklärt? Das kann doch nicht sein Ernst sein“! Blue wurde wütend. Etwas in ihr befürchtete, dass ihr Vater sie doch nicht so sehr liebte, wie er ihr es früher immer versichert hatte. Sie wusste auch noch nicht einmal im Entferntesten, dass er beim Militär gewesen war und auch noch so einen hohen Grad besaß. Wieso hatte er ihr das verschwiegen? Sie konnte sich wage daran erinnern, dass ihr Vater und ihre Mutter damals zusammengearbeitet hatten. Es war auch etwas mit Maschinen, aber sie hatte es nie in Zusammenhang mit dem Militär gebracht. „Und was will die Special Force Einheit so Dringendes von mir“, brummte sie. Tai hatte eine schwarze Hose und ein schwarzes Hemd an. Es sah, so musste Blue zugeben, besser aus als sie es sich eingestehen wollte. Der Wind wehte sanft durch sein Haar und er strich es sich leicht hinters Ohr, als er wieder zu ihr blickte, um ihre Frage zu beantworten. „Du bist ein Medium“! Geil, sie konnte bestimmt wahrsagen oder Liebeskerzen gießen und Zaubertränke brauen. „Braucht ihr Hilfe bei etwas? Verstorbene Großväter? Ärger mit der Umwelt? Sind wohlmöglich Gefühle mit im Spiel“. Blue machte eine schnippische Bewegung. Tai ließ sich jedoch wie erwartend nicht davon provozieren. „Ich rate dir dringend deinen Fernsehkonsum zu verringern. Es wäre langsam mal angebracht dein Wissen in Fachschriftzeitungen zu erweitern. Bei der Force wird jemand als Medium bezeichnet, der mit einer sogenannten biologisch-organisch-dynamischen Maschine, also einer B-O-DY Maschine kommunizieren kann“. Was heißt hier Fernsehkonsum verringern? Tai hielt sich wohl für besonders geil, nur weil er super cool mit einer Waffe herumfuchteln konnte. „Ja super, kann ich aber nicht. Noch nie mit so nem Ding geredet, geschweige denn mal getroffen. Sorry Kleiner. Kannst mich gleich an der nächsten Haltestelle wieder raus lassen“. Er lachte leicht. „Dein Vater hat dich nie aufgeklärt, nicht war“? Blue schüttelte mürrisch den Kopf. Das war wohl der Hauptgrund, wieso sie hier ahnungslos und noch leicht betäubt auf einem kleinen Fischkutter hockte und sich kidnappen ließ. „Dann warte, bis wir die Insel erreicht haben. Dort wirst du dann wohl die Informationen erhalten, die dir zustehen“. Er stand wieder auf und ging in die Kajüte, die zwei Treppen tiefer unter Deck lag. Dort nahm er ein Funkgerät und brabbelte wirre Koordinaten hinein. Blue wurde mulmig. Der Himmel bedeckte sich langsam und im gleichen Zuge auch ihre Stimmung. Sie spürte noch immer die Betäubung, wahrscheinlich konnte sie kaum aufstehen, aber das war wohl von Tai so beabsichtigt. Sie war schließlich eine gute Schwimmerin. So garantierte er, dass sie ihm nicht ein zweites Mal einfach vor der Nase wegsprang. Der kleine Kahn ankerte nach etwa 45 Minuten in einem kleinen Hafen. Blue erblickte nur die Hälfte der Insel, weil sie noch immer auf den Boden hockte und nicht richtig aufstehen konnte. Zu der Lähmung gesellte sich Übelkeit und Herzrasen. Tai stand vor ihr und reichte ihr die Hand. Sie hatte keine Lust jetzt mit ihm fröhlich von Bord zu hüpfen, also wandte sie abweisend ihren Kopf ab und blickte stur in eine andere Richtung. Man hörte ihn nur verärgert schnaufen. Im Augenwinkel erkannte sie, dass er sich vor sie gehockt hatte. Seine Hände griffen unsanft nach ihrer Hüfte und im selben Moment lag sie über seiner Schulter. „…was…“? Sie spürte seine Knochen, die sich in ihren Magen bohrten. Etwas schwerfällig stemmte er sich auf die Beine und wackelte mit ihr von Bord. Blue wagte es nicht sich umzudrehen, also blickte sie mit leichten Tränen in den Augen dem Boot nach, welches sachte vor Anker lag und immer keiner wurde. Erst als sie fremde Stimmen vernahm blickte sie in Laufrichtung und er kannte große dunkle Männer in schwarzen Anzügen. „Oh die Men in Black“? Es war eine Art Hanger, eine große Halle die nicht weit vom kleinen Hafen das erste besiedelte Gebäude der Insel war. Eilig liefen ein paar Männer hin und her und Tai blieb langsam stehen. Er zog sie von seiner Schulter zu Boden bis sie schließlich langsam auf eigenen Beinen stand. Im selben Moment aber klappen ihre Knie zusammen. Blue wusste nicht ob es an der Betäubung lag, oder an der Angst, die sich langsam durch ihre Glieder fraß. Sein Arm drückte sie jedoch sicher an sein schwarzes Hemd. „Wieso heulst du schon“, raunte er scharf. Tai’s Stimme war wieder etwas abfälliger geworden. Seine Armystimme. Blue biss sich wütend auf die Lippen. „Arschloch“. Im selben Moment spürte sie jedoch auch Verlegenheit. „Kid, so früh hätte ich nicht mit dir gerechnet“! Eine dunkle Stimme ertönte aus dem Hintergrund. Blue blickte vorsichtig hinter sich und erkannte eine Riege von schwarzen Männern, und zwischen ihnen ein älterer Mann in olivfarbender Uniform. „Kommandant“. Tai hob die Hand zur Stirn. Heute wieder so förmlich? „Das muss Blue Bright sein. Es ist schon so lange her, seit dem ich dich an der Seite deines Vaters gesehen habe. Und nun ist der Vogel zurück ins Nest gekehrt“, säuselte der alte Mann und trat näher an die Beiden heran. „Was klammerst du dich so an meinen Sohn? Hast du etwa Angst“? Lachte der oberste Führer und drehte Blue an der Schulter etwas herum. „Vergessen Sie’s. Der Typ hat mich sediert und hier her verschleppt. Freiwillig wäre ich wohl kaum mitgekommen. Hab nämlich so gar kein Bock auf diesen Spinnerverein“, keifte sie halbherzig. Ihre Beine wurden etwas stabiler und nun blickte sie in die grauen Augen des Kommandanten. Er hatte einen grauen langen Bart und eine Kappe im Gesicht. Hätte er nicht so ein vorlautes, proletenhaftes Auftreten würde man ihn fast für einen netten Opa halten. Aber tatsächlich schaute er in gewisser Weise Tai sehr ähnlich. Vor allem die Augenpartien glichen jene von Tai’s, nur mit merklich mehr und tieferen Falten. Seine rauen Hände griffen nach ihrem Kinn. „Du bist wie deine Mutter“! Was wusste er schon von ihrer Mutter! Wütend riss sie an seiner Hand und befreite sich von seiner unverschämten Annäherung. „Was soll das herumgeeiere. Ihr Sohnemann versicherte mir, dass mich hier endlich jemand mal aufklären würde“. Der Kommandant hob beschwichtigend und grinsend seine Hände. „So soll es sein! Aber jetzt nicht. Du bist noch viel zu breit von Kid’s Betäubung. Lass uns ein andermal darüber reden“! Schon hatte er auf seinen Stiefeln kehrt gemacht und schlenderte von dannen. „Kümmere dich um sie Kid“! Warf er noch Tai entgegen. Blue blickte hinauf zu ihrem Kidnapper. Der blickte etwas ratlos seinem Vater hinterher. „Das auch noch..“? Er wusste nicht so recht wie er sich um das vorlaute Mädchen kümmern sollte. Sie hatte ihn schon bis an seine mentale Schmerzgrenze gebracht. Er war sonst nicht sehr aufbrausend, aber Blue hatte es geschafft ihn für ein paar Sekunden wahnsinnig zu machen. Fast wäre sein Schaumbad übergelaufen. „O.k. Also dann Blue Bright. Du kommst dann wohl mit mir“, murmelte er unentschlossen und blickte hilfesuchend um sich. „Kann mir jemand beim Schleppen helfen“? Weit und breit waren plötzlich sämtliche Men in Black verschwunden. „Haben sich die Schweine einfach wieder verpisst. Das darf nicht wahr sein“! Blue musterte den Rothaarigen interessiert. Er sollte sie wohl lediglich abholen und auf die Insel schaffen. Die Tatsache, dass er sich jetzt um sich kümmern sollte schien ihn völlig zu überfordern. „Was ist, hast du dich noch nie um ein Mädchen kümmern müssen“? Spottete sie grinsend. „Verdammt was soll ich denn mit dir machen“? Entgegnete er etwas gereizt. War hier nicht irgendein Schminkspiegel oder ein Schuhschrank? „Was ist mit dir? Kannst du langsam wieder allein laufen“? Er gab verzweifelt auf zu grübeln und hatte sich wohl endlich entschieden was zu tun war. Blue nickte langsam. Dann lief er mit ihr den langen Sandweg hinauf. Blue blickte in einen langen Flur. Der Boden war mit hellem Parket ausgelegt. An den Wänden dominierten weiße und blaue Töne. Links des langen Flurs führte eine Treppe in den ersten Stock. Das Geländer war weiß angestrichen. An den Wänden hingen kleine Bilder von Sandstränden. Fotographie, keine Malerei. Es sah wie in einem Reisekatalog aus. Alles sauber. Tai zog sich die Schuhe aus und schlenderte rechts in die Tür hinein. „Die Küche“, murmelte er und verschwand zunächst aus ihrem Sichtfeld. Blue lugte um die Türecke und sah ihm beim Trinken aus einer großen Glasflasche zu. Als er durstig diese von seinen Lippen nahm stellte er die schwere Flasche zurück in den Kühlschrank und stieß dabei einen erschöpften Laut von sich. Er fuhr sich durchs Haar, weil er spürte, dass sie ihn beobachtete. War ihm ihre Anwesenheit so unangenehm? „Was soll ich hier“? Wolle sie leise wissen und huschte zurück in den Flur, als er auf sie zukam, um die Küche zu verlassen. Sie hatte einen anthrazit farbenden Anstrich und sah nicht danach aus, dass sie viel in Benutzung war. Kein Geschirr, keine Krümel auf dem Boden, so als ob das Haus nur ein Ausstellungsstück war. Eine weitere Tür ging nach rechts ab. „Da ist eine Couch drin“, murmelte er und deutet auf jene Tür. Wohl ein Wohnzimmer. Auch ungenutzt nahm sie an. Er griff nach dem Knauf des Geländer und zog sich die erste Stufe hinauf. Blue tat es ihm gleich. Oben angekommen zeigte er kurz nach links. „Meins“. Dann nach rechts. „Bad“. Ehe Blue die letzte Stufe der Treppe genommen hatte, öffnete er die hintere rechte Tür und zeigte mit dem Finger stumm hinein. „Das ist deins“! Blue war buff. „Ich soll bei dir wohnen“? Er zuckte gleichgültig mit den Schultern und drängte sich an ihr vorbei um seine Tür zu öffnen und sich kurz entschlossen zu verdrücken. Sie konnte nur einen kleinen Blick in sein Zimmer erhaschen. Viel gab es dort nicht zusehen. Einen Schreibtisch, mehr gab die Sicht nicht Preis. „Ich bin fertig. Du warst auch ganz schön anstrengend. Leg mich für 2 Stunden hin, dann gehen wir in den Trakt“. Somit schloss er die Tür hinter sich und Blue war allein im Flur. Sollte sie jetzt abhauen? Aber wohin? War das überhaupt sinnvoll? Wie schnell würde es dauern, bis man sie wieder geschnappt hatte? Mutig blickte sie in ihr Zimmer und war erstaunt, wie komfortabel es eingerichtet war. Ein Bett, etwa 140cm breit, ein großes Fenster, welches viel Licht ins Zimmer fallen ließ. Ein kleiner Tisch mit einer Lampe darauf. Ein Kleiderschrank. Ein Hocker und ein Teddy darauf sitzend. Ob sie hier Katalogbilder schossen? Ganz bestimmt! Oder Werbebilder für die Force? „Kommen Sie auf die Insel und erleben Sie neben Ihrer anspruchsvollen Soldatenarbeit angenehmen Komfort in einem unserer gemütlich eingerichteten Gästehäuser“. Sie ließ sich sachte auf das Bett fallen und starrte an die Wand. Worauf sollte sie jetzt warten? „Wie heißt dein Vater eigentlich? Wie soll ich ihn nennen? Sirr Kommandant Dad“? Tai hatte einen engen, gepolsterten, schwarzen Overall an. Seine Stiefel quietschten furchtbar auf dem Boden, als beide durch einen riesigen Hanger liefen, der mit meterlangen Luftschlachtschiffen gefüllt war. Alle waren sie mit dem Zeichen der Force, einer Kugel mit einem Pfeil hindurch, gekennzeichnet worden. „Kommandant Methought“! Gab er als knappe Antwort. Durch eine Schleuse hindurch gelangten sie in einen abgeriegelten Trakt. Er musste in den naheliegenden Berg eingelassen sein. Es war dimmig und stickig geworden. „Der Trakt wird strengstens bewacht. Hier werden die Body’s aufbewahrt. Du wirst auch eine Kennung bekommen, damit du dich auch ohne mich ungehindert durch die Schleusen bewegen kannst“. „Bekomm ich eigentlich auch so nen heißen Fummel wie du“? „Vermutlich“! Tai war ein Mann der tausend Worte. Über eine weitere Schleuse hindurch gelangten Beide endlich in den Haupttrakt. Vor Blue ragten nun 7m große Maschinen, die an riesigen Ankerungen befestigt waren, in die Höhe. Sie hatten Ähnlichkeiten zur menschlichen Anatomie mit Armen, Beinen, Rumpf und Kopf. Die Hülle bestand zumeist aus glänzenden, silbernen Metall. In Brusthöhe ragte eine grüne Traube aus dem Body heraus. Sie erinnerte Blue an eine Art Kapsel. „Das sind die Body’s“? Blue’s Mund wurde trocken, weil sie die ganze Zeit mit offenen Mund und Kopf im Nacken hinauf zu den metallischen Ungetümen starrte. „Du willst die doch nicht etwa steuern, oder“? Blue begriff allmählich den Zusammenhang. „Du bist doch gescheiter als gedacht“, raunte der Rote und deutet auf den dritten Body in der Riege der Metallmenschen. „Das hier wird mein Body werden“. Er sah nicht sonderlich anders aus, als die anderen 6 Stück neben ihm. Unter dem Metallmann zu stehen war noch furchteinflößender als sie nur von Weitem zu betrachten. Erst am Fuße war das Ausmaß der Größe der Riesen messbar. Blue verstand allmählich den Sinn hinter ihrem Daseins. „Ihr könnt ihn nicht bewegen. Er lässt sich mechanisch nicht steuern“, murmelte sie und berührte die glänzende Oberfläche des Metallfußes. An ihren Fingerkuppen spürte sie ein leichtes Kribbeln. „Er fühlt sich warm an“! Schockiert blickte sie zu Tai, der sie überrascht musterte. „Er reagiert sofort auf dich, das ist verblüffend“! „Biomasse, die in monatelangen Verfahrensschritten herangezüchtet wurde. Aus einer Hautzelle von der kleinen Blue Bright“! Hinter den Beiden schlenderte der Oberste Führer Kommandant Methought. „Du siehst sie nicht, aber sie versteckt sich hinter diesem Metallpanzer. Diese Technologie ermöglicht es uns eine Maschine zu trainieren. Wir können sie so formen, wie einen Athleten. Mit dem richtigen Training, mit den richtigen Nährstoffen und Zubehör lässt sich eine revolutionäre Kampfmaschine erschaffen“. Blue schritt leicht angesäuert über die Anwesenheit des unverschämten Befehlsführers beiseite. „Und wofür das Ganze“? Die weichen Barthaare des älteren Mannes kräuselten sich seinen Hals entlang. Unter dem Bart verbarg er ein zynisches Grinsen. „Um den Krieg zu gewinnen, wofür glaubst du sonst werden solch mächtige Kampfmaschinen entwickelt“? Blue blickte missverstanden zu Tai. Dieser hatte seinen Kopf von ihr abgewandt. Sie spürte jedoch deutlich, dass er wütend war. „Einen Krieg? Davon weiß ich bisher aber noch nichts. Die Gardien‘s und die Force haben doch erst vor ein paar Jahren einen Friedenspakt geschlossen“! Blue, dass musst sie zugeben, war nicht wirklich im Bilde über die poltischen Machenschaften zwischen der Ost- und Westhalbkugel. Ein Militärbund aus den östlichen Ländern, zwischen Asien und Europa, hatte sich zusammengeschlossen, um Herr über die Ausbeutung des westlichen Militärstabs namens „The Gardien“ zu werden. Die Force versuchte ihre restlichen seltenen Erden und Energieressourcen in den eigenen Reihen zu bewahren. Durch die damaligen Kämpfe an den Grenzen zu Arabien wurde schlussendlich ein Pakt zwischen den beiden Welten geschlossen. Die Ressourcen wie Öl, Gas und Kohlen waren so gut wie aufgebrauch. Die Minen der seltenen Erden konnte man an einer Hand zählen. Der illegale Handel mit Schrott war somit zu einem lukrativen Geschäft geworden. „Seit einiger Zeit rüsten die Gardien-Einheiten auf. Ein paar Informanten haben herausgefunden, dass sie ein Heer von Kriegsfahrzeugen horten. Wir nehmen an sie bereiten sich darauf vor sämtliche Stützpunkte der Force Einheit anzugreifen“. Blue stutzte. Hieße das, dass der Krieg unmittelbar bevorstand? „Wie habt ihr euch das vorgestellt? Mal eben ne Lern-DVD einschieben und schon ist Blue startklar zum drauflosballern“? Tai zischte zu ihr hinüber, sie solle sich gefälligst im Tonfall zügeln, doch sein Vater lachte lauthals über ihre Bemerkung. „Fräulein Bright, sie haben das Temperament ihrer Mutter geerbt. Damals haben wir Sie nicht ohne Grund als Proband ausgewählt. Ihr Vater stellte fest, dass sie eine erstaunliche Hirnaktivität aufweisen. Nicht etwa im Stammhirn, vielmehr im Groß- und Kleinhirn. Dort wo Sinneseindrücke verarbeitet werden und die verbale Kommunikation zustande kommt. Verstehen Sie? Ihnen ist es möglich viele Umweltreize aufzunehmen und sie zu verarbeiten“. Er deutete auf das Metallmonster. „Sie werden eine Art Übersetzerin sein für den Piloten dieser Maschine“, sagte er und richtete seinen Arm auf Tai. „ER“? Sie sollte mit dem mundfaulen Egozentriker zusammenarbeiten? „Deshalb wurde Kid auch zu Ihnen geschickt Blue. Er sollte sich sein Geschenk schon persönlich abholen“. Blue klappte das Kinn auf den Boden. Sie hatte bei Tai die ganze Zeit dieses Gefühl gehabt. Diese Gänsehaut. Ihr Körper tat so, als ob er sich gegen den Jungen mit den roten Haaren wehren wollte. Langsam begriff sie warum. „Ich konnte es mir leider auch nicht aussuchen“, maulte er als Blue ihm finstere Blicke zuwarf. Er stand ihr nun gegenüber und blickte ihr in die Augen. An Blues Fingerkuppen spürte sie wieder diese leichten Erhebungen als sie ihren Arm berührte. Sein zusammengekniffener, ernster Mund erzählte ihr eine ganz andere Geschichte als seine traurigen, müden Augen. Moment mal! Endlich begriff sie es. Ihr Körper wollte ihr nicht etwa zu verstehen geben, dass sie sich in Acht vor Tai nehmen musste. Ihre Hand streckte sich zu seinem Gesicht und sanft fuhr sie seine Wange entlang. Etwas kribbelte auf ihrer Haut, ihre Hand durchfuhr eine angenehme Wärme. „Ich… nein Du… bist aus dem Selben gemacht wie ich“! Er fühlte sich genauso an, wie der Body. Wie konnte das möglich sein? „Das stimmt, man könnte sagen wir sind Blutsverwandte“, murmelte er und riss ruppig ihre Hand beiseite. „Konntest du mir deshalb nichts antun“? Blue blickte ihn verstört an, doch Tai ließ sich nicht länger in die Karten schauen. Er wirkte angegriffen, weil sie ihn wohlmöglich durchschaute und das wollte er vermeiden. Ihr Körper hatte ihr nicht etwa eine Warnung geschickt, vielmehr ein Hinweis. Kapitel 2/ENDE Kapitel 3: Atemzug ------------------ Kapitel 3/ Atemzug Er schaufelte nun schon seit 15 Minuten wortlos die klare Suppe in sich hinein. Blue spürte, dass Tai aufgebracht war. Sie sollte ihm lieber nicht so energisch im Nacken sitzen, aber sie wollte Antworten. Wie es schien versuchte Tai diese mehr vor ihr zu verbergen als endlich mit offenen Karten zu spielen. Es musste etwas mit dieser ominösen Verbindung zwischen den Beiden zutun haben und was meinte er mit „Blutsverwandte“? „Bist du ein verschollener Bruder oder so“? Murmelte sie und duckte sich leicht hinter den Tisch, um seine gewohnt aggressive Reaktion abzuwarten. Tai kümmerte sich aber nicht länger mehr um ihr Geschwätz und schaltete auf Durchzug. Sein Kopf hob sich im selben Moment und Blue bemerkte, dass er seine Aufmerksamkeit auf etwas anderes gerichtet hatte. „Da ist ja endlich dein berüchtigtes Medium. Hast du sie dir endlich schnappen können“? Hinter Blue stand eine kleine Frau mit einer auffällig großen Oberweite. Das war nicht untertrieben: Sie hatte Wahnsinnsmöpse! „Himmel, ich seh nur Luftballons“, flötete Blue und registrierte, dass sich die beiden wohl kannten. Ihre Haare waren kurz, bis zum Ohr geschnitten und braun. Sie musste etwa 5-10 cm kleiner als Blue sein, und Blue war schon ein Winzling. „ Ja sie ließ sich nicht einfach so abtransportieren. Sehr hartnäckig das Mädchen. Du wirst Freude mit ihr haben“, brummte Tai und blickte wieder in seinen dampfenden Wassernampf. „Ich bin Lydia, die Mechanikerin des Bodys 01“. Lydia reichte Blue die Hand und lächelte leicht. Aufgrund der Tatsache, dass Lydia reichlich mehr beschenkt wurde als Blue, schaltete diese sogleich in den Zickenmodus. „Mechanikerin? Hast du auch ne große, lange Metallstange die du auf Bruchfestigkeit untersuchst, in dem du dich… da du weißt schon, dran runterschlängelst“? Lydia wurde über so viel anfänglichen Zynismus überrumpelt und blickte irritiert zu Tai. Der zuckte mit den Schultern und erhob sich. „Hab ich dir doch gesagt“! Dann verließ er den Schauplatz mit samt geleertem Teller. Lydia atmete tief ein und ließ sich neben Blue nieder. „Was ist dein Problem“? Blue blickte überrascht zur Seite. Sie hätte jetzt erwartet, dass sich Lydia wutentbrannt und schnaubend bei einem Vorgesetzten beschwert. „Ihr seid mein Problem“, erwiderte die Blauhaarige trotzig. „Gib Tai wenigstens eine Chance. Er hat so lange darauf gewartet endlich einen Body steuern zu dürfen. Was meinst du wie viel Last auf dem Sohn des Kommandanten so liegt“? Recht hatte sie schon. „Ja aber ich hab mir diese ganze Sache hier nicht freiwillig ausgesucht. Der Typ kam einfach daher und hat vor meiner Linse mit na Knarre rumgewedelt, um mich danach einfach betäubt auf ein Boot zu verfrachten und mich hier her zu verschleppen. Ich hab auch keine Bewerbung geschrieben oder dergleichen, man hat mich G.E.Z.W.U.N.G.E.N!“ Lydia seufzte erneut bei so viel Ausdrucksstärke seitens Blue laut auf. „Dein Vater hat wohl nie mit dir darüber geredet“? Fragte Lydia schließlich. „Es scheint jeder hier von der wahren Identität meines Vaters zu wissen. Nein, mein Vater hat mir dieses wichtige Detail seines Lebens leider bis zum gestrigen Tage verschwiegen“! Lydia verstand ein wenig Blues Trotzreaktionen. „Ja ist schon klar. Die Welt ist so ungerecht. Das lass aber bitte nicht an den Schachfiguren aus. Wir führen auch nur Befehle aus. Die Schachspieler sind dafür verantwortlich, dass der Befehl erteilt wurde dich einzuziehen, und nicht Tai“, damit stand Lydia auf. *Bums* Der hatte gesessen. Blue hatte keine Chance ein Gegenargument zu finden. Missmutig ließ Blue die Barbusige von dannen ziehen. Zum Abend wartete Blue auf ihren Kidnapper. In dem Ferienhaus war es furchteinflößend still. Nur die Küchenuhr vernahm man klackend aus der Küche. Blue stand am Wohnzimmerfenster und blickte hinaus zu dem, im Rot getauchten, Hangar der zum Trakt führte. Tai war seit 10 Stunden schon in diesem Gebäude. Sie hatte sich nach ihm umgehört, doch anscheinend wusste keiner über den Verbleib des Soldaten mit den traurigen Augen Bescheid. Vielleicht hatte Tai auch ihre ewige Nörgelei satt und sich vor ihr verkrochen. Ihr tat ihr Verhalten plötzlich Leid. Lydia hatte Recht. Er hatte ein trauriges Geheimnis und Blue’s theatralische Herumgekeife schien die Tatsache auch nicht ertragbarer zu machen. Was sich auch immer hinter dieser traurigen Fassade verbarg. Am Horizont endlich erblickte sie eine Gestalt den Weg hinauf schreiten. Er trug eine schwarze Hose und ein schwarzes Achselshirt, sein waren Haar zerwühlt und am Boden schleifte er eine Jacke hinter sich her. Sie wartete am Fenster, ehe die Tür ins Schloss viel und Tai anscheinend Ihre Anwesenheit im nächsten Zimmer bemerkte. Blue rührte sich nicht, zu sehr schämte sie sich für ihr kindisches Verhalten. Man hörte ihn laut ausatmen. „Blue“? Ihr Name hallte wie ein kaltes Echo durch die Zimmer. Sie brauchte nicht zu antworten, da hatte er auch schon einen Fuß ins Wohnzimmer gesetzt. „Es ist so ungewohnt, wenn jemand die Zimmer benutzt. Man spürt es schon vor der Haustür“, murmelte er und blickte auf sie. In seiner rechte Hand hielt er eine Mappe. Langsam schritt er zu ihr und ließ die Mappe auf den Wohnzimmertisch fallen. Sein Gesicht wirkte fahl und müde. Im seichten Licht der Lampe aus dem Flur erkannte Blue, dass sein linkes Auge geschwollen war. „Das hier sind Unterlagen. Du wolltest Antworten, ich habe sie dir besorgt“! Er beließ es bei diesem flüchtigen Informationsaustausch und trottete zurück in den Flur, um sich in das Obergeschoss zu verdrücken. Zaghaft hob Blue die schwarze Pappmappe vom Tisch auf. Da die einzige Lichtquelle momentan im Flur war, schlich sie langsam unter die grelle Eingangsleuchte und schlug die Mappe auf. Dort stand in Druckbuchstaben „Sachbericht vom 22.09.1998“ geschrieben. Blue überflog die einleitenden Worte und musste feststellen, dass dieser Bericht aus einem Militärkrankenhaus stammte. In den Unterlagen befand sich auch ein Steckbrief mit einem Foto von ihr. Sie musste da in etwa 4 Jahre gewesen sein. Konnte sie sich daran überhaupt noch erinnern? War sie je in einem Krankenhaus gewesen? Damals hatte sie etwas verschluckt. Eine Batterie oder so. Oder waren es doch Bauchschmerzen? Auf der nächsten Seite blickte sie ein Junge mit grauen Augen an. „Thamir Adam Inu“? War das Tai’s richtiger Name? Ihre Blutgruppen waren mit einem Marker unterstrichen worden. „Beide A, Rhesus negativ“, stellte Blue fest und blickte schließlich auf die nächste Seite. „Leukämie“? Ein Diagnosebericht von Tai. Er hatte Blutkrebs? Ein weiteres Blatt verriet Blue, dass es eine Forschungsstudie gab. Über 1 Monat lang ging diese Studie. Und Blue war es, die ihre Rückenmark und Blut an Tai weitergegeben hatte. „Blutsverwandte“? Jetzt ergaben Tai’s Worte auch einen Sinn. Sie war der ideale Spender für Tai gewesen, gleichzeitig aber hatte sie auch immense, mentale Fähigkeiten. Diese Studie wurde, nach dem Vertragsabschluss zu urteilen, mit Erlaubnis ihres Vaters durchgeführt. Der Body musste zu diesem Zeitpunkt also schon in der Entwicklung gewesen sein. War es wohlmöglich alles beabsichtigt? Wenn Tai ihre Zellen bekam, und sie ihre DNS für den Body hergegeben hatte, war er wohlmöglich auch dafür ausgewählt worden, den Body früher oder später einmal zu steuern? Sie ließ die Mappe zu Boden fallen und lief los. Überstürzt und gewillt die Bestätigung ihrer Vermutung zu bekommen, kam sie auf dem letzten Treppenabsatz zum stehen. Er hatte auf sie gewartet. Stand da im Dunklen und starrte sie an. „Und was kommt jetzt“? Blue war irritiert. Tai wirkte gereizt. „Du…“, stotterte sie doch Tai unterbrach sie barsch. „ JA ich habe Leukämie! Und fang mir jetzt ja nicht damit an wie Leid es dir tut“! „Du hast mein Blut nur bekommen, weil du den Body früher oder später steuern solltest. Es war ein Experiment, um zu sehen ob auch durch Transfusion die Reaktion des Bodys auf den Piloten übergehen kann“! Seine Hände ballten sich zu einer Faust. „Ja so sollte es auch sein. Leider habe ich nie die körperliche Verfassung erreicht, die dazu nötig war. Das Projekt wurde so schnell wieder auf Eis gelegt, wie es von deinem und meinem Vater als Hirngespinst in den Sinn gekommen war“! Sein Missfallen über diese Situation war deutlich zu spüren. Er war ein schmächtiger, drahtiger Mann. Wenn man sich die anderen Soldaten im Hangar anschaute, so waren diese weitaus kräftiger und größer als Tai. Neben ihnen sah er wie ein Junge aus. Aufgrund seiner Krankheit konnte er wohlmöglich nie das Selbe Leistungslevel erreichen, wie die anderen Soldaten. „Aber wieso wurde das Projekt wieder aufgenommen“, wisperte Blue. Tai lächelte müde. „Das Experiment mit der Rückenmarksspende und der Bluttransfusion wurde vor knapp 3 Monaten wieder gestartet. Diesmal jedoch optimierter. Es schlägt an. Ich gewinne an Kraft und Ausdauer. Deshalb hat der Kommandant auch sein o.k. für den Start des Body01 gegeben, und somit war es auch Zeit das deine Anwesenheit von Nöten ist“. Blue blickte verstohlen zu Boden. Ein Soldat der Krebs hatte. Das war schon paradox. „Siehst du deswegen aus wie ausgekotzt“? Sie deutete auf Tai’s Pfeilchen, welches mit der Zeit langsam an Farbe gewann. Er antwortete ihr nicht und verschwand wieder einmal in seinem Zimmer. Blue hatte so viel Fragen, welche er jedoch momentan noch unbeantwortet ließ. Sie spürte wie verbittert Tai war. Irgendwie nachvollziehbar, denn schließlich gab es für Tai anscheinend keinen anderen Horizont, außer diesen Body zu bedienen und ein guter Soldat zu sein, vielleicht auch ein Stückweit seinen Vater stolz zu machen. Mit dieser Krankheit würde er unter normalen Umständen wahrscheinlich niemals so leistungsfähig sein, wie es von einem Soldaten gefordert wurde. Blue wollte nicht wissen was Tai alles in sich hineinpumpen ließ, um dies zu ändern. Sie öffnete in Gedanken das Tiefkühlfach, als sie auf den nackten Sohlen kehrt gemacht hatte und zurück in die Küche gelaufen war. Da, ein Eisbeutel! Leise huschte sie wieder zurück in die obere Etage und lugte vorsichtig in sein Reich hinein. Tai hatte vergessen die Tür zu schließen. Draußen war es inzwischen finster geworden und das letzte Sonnenlicht warf nur schwache Schatten in sein Zimmer. Blue erkannte ihn auf dem Bett sitzen. Er blickte hinaus aus dem Fenster. Das Rascheln des Eisbeutels verriet sie, doch Tai entgegnete keinerlei Worte auf ihre Anwesenheit. Als sie vor ihm stand, mit dem Eisbeutel in der Hand, blickte er zu ihr hinauf und sah sie mit seinen traurigen Augen an. Sie drückte ihm Sachte den Beutel aufs Auge. „Auh… kalt“, murmelte er kleinlaut und zog ihren Arm hinunter. Auf dem Boden lag ein schmuddliges T-Shirt von Tai, Blue hob es auf und wickelte den Beutel damit ein. Wieder ein Versuch seine Wunden zu lecken. Dieses Mal schien Tai es Recht zu sein. Er seufzte leise und schloss seine Augen für einen Moment. Blue stand da und hielt ihm auf dieser Weise die Hand. Das war wohl so eine Art von Reflex. Kein Wunder bei dem Männerüberschuss bei ihr Daheim. Sie hatte schon oft die Wunden ihres kleinen Bruders versorgen müssen. Sie spürte seine Hand an ihrer. Erschrocken von dieser sanften Berührung ließ sie den Beutel los. „Danke“, murmelte der Rote nun endlich und Blue nickte zufrieden. Es war wohl besser, wenn sie ging. Ein letztes Mal blickte sie ihn an, als Blue am Türrahmen stand. Auch er hatte sich etwas nach hinten gedreht, um ihren Schritt zu verfolgen. „Glaub ja nicht das ich Rücksicht auf dich nehmen werden. … wenn wir in dieser Blechbüchse zusammen sitzen“, murmelte sie in die Dunkelheit. Dann schloss sie die Tür hinter sich. Lydia stand vor dem Hangar und erwartet die Blauhaarige mit einem überraschend freundlichen Gesicht. Hatte sie Blues Showeinlage etwa so schnell vergessen? Tai war schon im Trakt. Er hatte ihr einen Zettel geschrieben, dass Lydia für ihn die Formalitäten übernehmen würden. Sie begleitet Blue in einen Verwaltungstrakt, wo Blue also offiziell in die Force Einheit aufgenommen wurde. Bei dem Vertrag staunte sie nicht schlecht. „Grundgehalt…netto…2500 Steine! OOhhh“! Blue schnappte nach Luft. „Bei der Force wird nix abgezogen. Netto ist gleich Brutto. Nett, nicht war“? Lydia bemerkte mit Vergnügen, dass Blues Herz sich langsam für die Force erwärmte. „Krankenversicherung ist auch mit drin“? „Du bist hier bei dem Militär. Die Force hat ein eigenes Krankensystem. Das hat nichts mehr mit der staatlichen Macht zu tun“. Was sollte Blue bloß alles mit so viel Geld kaufen? Eine andere Frage stellte sich jedoch auch: Kam sie überhaupt dazu das viele Geld auszugeben? Einen netten Sarg würde sie sich mit diesem Gehalt sicher leisten können. Bei der nächsten Station wurde Blue mit den Force Basics ausgestattet. Eine ID Card für problemloses passieren der VIP Bereiche. Ein heißer Force-Fummel in Weiß. Da hier Frauen reine Mangelware waren, wurden die Wenigen in hautenge Dienstbekleidung gesteckt und zu objektiven Prostitution gezwungen. Lydia hatte auch so einen heißen Overall an. Der war aber in braun gehalten. „Wieso bin ich in Weiß. Das macht mich fett“! Lydia lächelte, als sie Blue die Registrierungsschritte an der Schleuse zeigte. Diese öffnete sich und im selben Moment stand Tai mit verschränkten Armen vor den Beiden. „Was dauert das so lange“? Er war wieder einmal etwas unpässlich. „Weiß wird nur von einem Medium getragen. Weiß hat etwas Reines und Unschuldiges, nicht war Tai“? Lydia versuchte mit koketten Augenbewegungen Tai dazu zu animieren, Blue ein Kompliment zu machen, damit diese Ruhe gab. „Weiß wie kratzbürstig“! Schon hatte er sich umgedreht und fuchtelte genervt mit der Hand herum, dass die Beiden sich endlich bewegen sollten. Blue stieß eine Dampfwolke aus der Nase und trampelte los. „Kratzbürstig…“? Während Tai nun einen Vortrag über den Aufbau des Bodys hielt und die Kopplung zum Herzen, die grüne Traube auf der Brust des Body, widmete sich Blue eingehend der Nagelpflege, in dem sich gelangweilt den Dreck unter diesen hervor puhlte. Sie hatte angenommen, dass Knall auf Fall ihre friedliche, aber auch nervige Schulzeit vorbei war. „.. aber machen wir es doch ganz einfach: Lerning by doing“! Blue war kaum mit der linken Hand fertig, da packte sie seine prickelnde Hand und schon ging die Zerrerei los. „Was? Wohin“? Blue hätte besser aufpassen sollen. Ihre latente Unaufmerksamkeit war Tai nämlich nicht entgangen. Der wollte, in einem Anflug eines emotionalen Aussetzers, Blue nun die allgemeine Vorgehensweise der Force Einheit, in Bezug auf Ungehorsamkeit und mangelnde Disziplin, vorführen. „Du willst sie ohne Vorbereitung einfach ins Herz werfen“? Lydia hielt das anscheinend für keine gute Idee. Sie stolperte zögerlich hinter den Beiden her, als Tai nun Kurs auf den Body nahm. Über ein Gerüst zerrte er Blue hinauf zum Metallmann. An einem kleinen Vorsprung konnte man nun abwärts auf die seltsame, grüne Blase blicken. Nicht sehr einladend, wie Blue fand. „Noch ein paar letzte Worte, bevor ich dich in die Biosuppe schubbse“? „FICK DICH“! Blue holte verbal sogleich die Kratzbürste heraus. Wie vor einigen Tag jedoch schon bemerkt, war sie chancenlos gegen den Soldaten Tai. Sie spürte seinen Atem in ihrem Gesicht. Seine Hände hatten sich schroff um ihre Handgelenke gelegt und er drückte sie eng an sich, um ihr böse und autoritär in die Augen zu blicken. Rütteln half da nix mehr. “Nimm das Ernst Blue. Ich habe keine Lust, dass mein Medium kaputt geht“! Er war so frech sie wieder einmal wie ein Objekt zu behandeln. Ihre Handgelenke brannten. „Tai lass sie doch. Du kannst sie nicht ohne Einweisung einfach in die Kammer lassen. Sie weiß doch gar nicht wie sie mit der Materie umgehen soll“, schrie ihn Lydia von unten an. Das schien Tai aber nicht zu interessieren. Er drängte sie an die Kante und drehte ihren Körper um, so dass sie hinabblicken musste. Seine Knie drückten sich in ihre Kniekehlen, so dass sie leicht einknickte. Vehement drückte sie sich an Tai, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren und nach vorn zu kippen. „Ich hab dich für mutiger gehalten“, flüsterte er in ihr Ohr. Wieder diese hochmutige Stimme, die Blue fast ihre Angst vergessen ließ. „Wie du willst“! Bockig schritt sie über die Kante. Überrumpelt von dieser unerwarteten Reaktion fand sich Tai an der Kante des Gerüsts kniend wieder. Er hatte sie gerade noch so an den Armen festhalten können. Blue spürte eine warme, klebrige Masse um ihre Beine. Sie steckte mit dem Unterleib in der Biomassen. Grinsend blickte sie nach oben zu Tai, der überrumpelt noch immer ihre rutschenden Handgelenkte festhielt und über den Vorsprung kauerte, um sich festzuhalten. Damit hatte er nicht gerechnet. Sie blickte ihn eisern in die Augen. „Lass schon los“, knurrte Blue. Tai zögerte. „Was ist“? Keifte sie ihm entgegen und fast erschrocken lockerte Tai seinen Griff und ließ sie in die grüne Masse einsinken. Blue kniff ihre Augen fest zusammen und hielt ihren Atem an. Wie sollte sie in so einem Schlamm überleben? Wie sollte sie etwas sehen, wie sollte sie atmen? Durch verschwommene, grünstichige Sicht erkannte sie Tais Umrisse über dem Einstieg. Er wartete sicherlich, bis sie panisch um sich schlug, damit er sich retten konnte. Niemals! Sie würde das schaffen! Alleine! Mit zugekniffenen Augen versuchte sie Luft zu holen, doch die grüne Flüssigkeit sog sich sogleich unangenehm in ihren Mund und Nase. Von dem unbehaglichen Gefühl übermannt schnappe Blue panisch nach Luft, bekam dadurch aber immer mehr Gelee in den Rachen, den sie sogleich unter Protest wieder auspustete. Es entstanden seltsame, wabblige Basen um sie herum. Mit jeder Sekunde fühle Blue die Ohnmacht auf sie zurollen, doch jetzt hatte sie nicht einmal mehr Kraft sich nach oben zu ziehen und wieder auszusteigen, wenn dies überhaupt so einfach möglich war. Sie hatte sich ja gegen die Bodyeinführung entschieden. Tai registrierte schnell, dass er hätte Blue nicht ohne kurze Informationen in das Herz steigen lassen sollen. Er zögerte 4 Sekunden, dann tauchte er mit seinem Oberkörper in die Blase und riss Blue mit sich an die frische Luft. Diese regte sich schon nicht mehr. Sie war Ohnmächtig geworden und hing bewegungslos in seinen Armen. „Scheiße“! Tai wische ihr den grünen Schleim aus dem Gesicht, nach dem er sich sachte auf das Gerüst zurückgezogen hatte. Von alleine würde Blue nicht mehr atmen können, so beugte er sich hinunter zu ihr und umschloss ihre Lippen mit seinen. In gleicher Bewegung hielt er ihre Nase zu. Mit geübter Technik sog er ihr die grüne Masse aus dem Mund, bis ihre Atemwege wieder frei waren. Nach dem Szenario würde er definitiv keinen Bissen mehr hinunter bekommen, zumal der grüne Wackelpudding auch nicht sehr appetitlich schmeckte. Lydia ließ panische Laute von sich, weil sie mitbekommen hatte, dass das unschuldige, reine Medium gerade wiederbelebt werden musste. Tai ließ jedoch nicht von Blue ab. Vehement blies er ihr nun Sauerstoff in die Lunge, bis er schließlich einen Atemzug von Blue an seinen Lippen spürte. Keine 3 Sekunden später riss diese panisch die Augen auf und fing an nach Luft zu japsen. Die Nase befreite sie sich selber, als sie röchelnd die grüne Masse halb auf Tais Füße warf. Er griff hastig nach ihrer Schulter und versuchte sie zu beruhigen und sie zu Boden zu drücken, doch sie stieß ihn panisch von sich. Ein Schallen war zu hören, als Lydia schließlich die letzte Stufe zu den Beiden hinauf erklommen hatte. Blue hatte Tai eine saftige Ohrfeige verpasst. Der blickte überrumpelt zu Lydia, und dann wieder zu Blue. Das war die Rache für die fiese Nummer mit dem Fallenlassen. Tai wischte sich über den Mund. Seine Wange brannte und sein Gewissen auch. „Wie konntest du mich einfach fallenlassen“? Keifte sie und ihre Tränen kullerten unaufhaltsam ihre Wange hinab. „Aber du hast gesagt ich solle dich fallenlassen“!! Entgegnete Tai ebenfalls mit lauter Stimme. Reflexartig wischte sich nun auch Blue den Schleim von der Wange und Mund. Dabei bemerkte sie, wie stark ihre Lippen pulsierten. Blue erkannte, dass er sie versucht hatte wiederzubeleben. Noch immer klebten Spuren des grünen Schleims an seinen Mundwinkeln. Wortlos und verletzt sprang Blue auf und verließ den Ort des Geschehens. Lydia machte ihr bereitwillig Platz. Diese hatte mit Tai noch ein Hühnchen zu rupfen. „Du verstehst nichts von Frauen, nicht war“? Wären Tai auf seine Teetasse starrte, setzte sich die Großbusige gegenüber von ihm an den Tisch. „Sie hat es so gewollt“! Versuchte er sich zu verteidigen, aber er selbst bemerkte wie aussichtlos seine Rechtfertigungen waren. „Sie hat dich testen wollen. Blue ist durchaus in der Lage zu wissen, um was es hier geht. Ihr ist klar wie wichtig sie dir pragmatisch ist. Sie will aber nicht nur als Medium gesehen werden. Sie will, dass du sie auch als Mensch schätzt und auf sie Acht gibst, sie verstehst“! Tai raufte sich durchs Haar. „Ich versteh sie aber nicht“! Während er sich mit den Finger durch sein Haar fuhr, streiften seine Lippen hin und wieder sein Handgelenk. „Sie brennen noch immer“, murmelte er und seufzte nachgiebig. „Wer“? Lydia holte ihn jedoch aus seiner Träumerei zurück. „Lydia, sie ist meine Partnerin. Ich kann keine psychische und physische Beziehung mit ihr aufbauen. Das ist bei der Force untersagt! Don’t fuck the company!“ Lydia verdrehte dich Augen. „Das habe ich damit nicht gemeint! Ihr sollt Freunde werden! Das ist es was sie von dir verlangt“! Wieder schlürfte er den langen Sandweg entlang. Es war schon dunkel und das Wohnzimmer war leicht erhellt. Er hatte sich lange nicht getraut den schweren Heimweg anzutreten. Es war schließlich eine Entschuldigung fällig. Entschuldigungen vielen ihm sehr schwer. Als das Schloss in die Tür viel horchte er in die Stille. Mit langsamen Schritten näherte er sich dem Wohnzimmer. Sein Puls beschleunigte sich und er stellte fest, wie unangenehm er seine körperliche Reaktion auf diese Situation empfand. Sie hatte sich in den Sessel gedrückt und richtete demonstrativ ihren Blick von ihm ab. Tai stand in der Wohnzimmertür wie ein kleiner Junge, der etwas angestellt hatte. Betroffen starrte er den Teppich an. Blue wurde mit Sicherheit keinen Zentimeter kleinbeigeben. Er holte einmal tief Luft. „Es tut mir Leid“. Endlich war es draußen. War einfacher als gedacht, dass musste er zugeben. Auf Blue zeigte dieser Satz jedoch keinerlei Wirkung. „Ich meine es ernst! Ich entschuldige mich bei dir. … aufrichtig“! Ja, eine aufrichtige Entschuldigung war der Porsche unter den Entschuldigungen. Das würde sie knacken. Blue’s Kopf hatte sich keinen Millimeter bewegt! Mit leicht genervtem Schnaufen trat er nun ins Wohnzimmer, um einen Blick von ihr zu erhaschen. Als er vor ihr stand, richtete sie schließlich ihren Kopf stumm zu ihm herum. „Blue. Das war nicht in Ordnung, diese Sache mit der rabiaten Einführung. Ich hätte nicht so weit gehen sollen. Es war unvernünftig und auch gefährlich“. Ihre Miene reichte fast bis zum Boden. „Ich schäme mich“, war schließlich der letzte Versuch, denn Tai jetzt aus deinem Repertoire kramen konnte. Er ging in die Hocke, so dass sie sich nun auf Augenhöhe betrachten konnten. Blue spitze die Lippen. „Ich habe schon geahnt, dass du dämlich bist, aber so dämlich ist mir unbegreiflich“! Tai wusste zwar nicht was diese Aktion mit Dämlichkeit zu tun hatte, aber er nahm an, dass Blue ihn gerade nur beleidigen wollte. „Du bist dämlich und dumm und SCHEIßE“! Das letzte Wort hatte sie ihm wütend ins Gesicht gekeift. Normalerweise beleidigte Tai niemand so primitiv, und er ließ sich das auch nicht gefallen. Er musste jedoch erkennen, dass er bei Blue seine Prinzipien getrost vergessen konnte. „O.k“, stimmte er schließlich Blue zu. Er ließ sich nun auf den Boden nieder und setzte sich im Schneidersitz vor sie. „Zuerst einmal solltest du wissen, dass diese grüne Biomasse fähig ist Sauerstoff zu transportieren. Durch das Eindringen der Biomasse in deine Atemwege ist der Austausch zwischen Schleimhaut und Biomasse gewährleistet. Du musst also zunächst dieses Gel einatmen, um darauf genügend mit Sauerstoff versorgt zu werden. Du hättest nicht so panisch hyperventilieren und erst Rechte das Zeug nicht wieder ausspucken sollen“. Blue hörte geduldig seinen Anweisungen zu. „Verstanden“? Sie nickte. Während er sich aufgewühlt durch Gesicht und Haar fuhr, spürte er ein erneutes, fast süßlich leichtes Brennen auf seinen Lippen. Ob Blue es auch bemerkte? Diese seltsame Reaktion auf seinen Körper? Wenn sie sich berührten, dann fühlte es sich fast so an, als ob ihre Nervenzellen zerplatzten würden. Je empfindlicher und dünner diese Körperstelle war, desto stärker war diese seltsame Reaktion. Er spürte ihren Blick, und als Tai hinaufblickte, ertappte er sie dabei, wie sie ihn mit eindringlichem Blick musterte. Natürlich musste sie es auch spüren. Sie war zudem noch ein Medium. Ihre Stärke war es Umweltreize besonders gut aufnehmen zu können. Er war so ein Umweltreiz. Es herrschte eine unangenehme Stille im Raum, so dass er schließlich aufstand. „Noch Frage Blue“? Sie erhob sich ebenfalls aus dem Sessel und stand nun vor ihm. „Ja! Wann fangen wir wieder an“? Sie sprach die Worte ernst und energisch. Tai musste schmunzeln. Ihren Ehrgeiz hatte er wirklich unterschätzt. Sie konnte es nicht! Der gestrige Tag steckte ihr noch in den Knochen und die Hemmung, endlich den ersten Atemzug zu tätigen, war größer als zuvor. Zumindest traute sie sich kurz die Augen zu öffnen. Tai zog an ihrem Arm und mit großer Anstrengung hievte sie ihren Kopf wieder aus der Gelatine heraus. Hilfe, das Zeug klebte in ihren Haaren wie Kaugummi. „Ich schaffe es nicht“, jammerte sie. Tai hob beschwichtigend die Hände. „Dann machen wir’s zusammen. Wirst sehen, wenn ich nicht draufgehe, wirst du es auch nicht tun. Wiederbelebung kannst du doch, oder“? Sie nickte vorsichtshalber. Das war aber eine Lüge. Er stellte sich neben sie und stütze seine Arme auf der unteren Kante der Blasenfassung ab, ehe er mit Schwung seinen roten Schopf in der grünen Brühe versenkte. Blue tat es ihm hastig gleich. Durch die milchige, grüne Sicht erkannte Blue schließlich Tai neben sich. Er hatte seinen Kopf zu ihr gedreht und schloss die Augen, ehe er mit einem beherzten Atemzug den grünen Schleim in Mund und Nase sog. Eine Weile tat sich nichts an Tais Mimik, doch Blue merkte schnell, dass bei ihm alles glatt gelaufen war. Mit einer nickenden Kopfbewegen signalisierte er Blue, dass sie nun an der Reihe war. O.k., ruhig bleiben, kein Stress. Sie schloss ebenfalls ihre Augen und konzentrierte sich. Jetzt bloß nicht kneifen, das wäre zu peinlich. Wenn der rote Drecksack das hinbekam, dann sie doch wohl auch. Das wird ein Klacks! Mit dem letzten Sauerstoff in ihrer Lunge sog sie die Biomasse ein und konzentrierte sich darauf keinen Würgereiz oder dergleichen ins sich aufkommen zu lassen. Der klebrige Brei fühlte sich ungewohnt einnehmend in Mund und Rachen an. Noch immer hielt sie die Luft an, doch nach und nach spürte sie, dass der Drang nach Luft zu schnappen in ihrem Kopf immer weniger wurde. Es klappte tatsächlich. Das war erstaunlich! Diese Erkenntnis teilte sie sogleich mit Tai, als sie ihre Augen aufschlug und zu ihm hinüberblickte. Er grinste frech und wahrscheinlich war er auch erleichtert, dass zumindest diese Hürde genommen worden war. „Siehst du, war doch nicht so schwer“. Tai strich sich die klebrige Masse aus dem Gesicht, als er Versuch nun beendet war und Beide ihre Köpfe aus dem Body gezogen hatten. Lydia kreischte erfreut etwas die Rampe hinauf. Blue brabbelte unentwegt darüber, wie wahnsinnig sie diese neue körperliche Erfahrung empfunden hatte. Das es fast etwas spirituelles hatte. Zwischen dem Schleim in ihrem Gesicht und den weißen Zähnen musterte er ihre Gesichtszüge gründlich. Sie war ein sehr fröhlicher Mensch, dass sah man heute das erste Mal. Ihr Lächeln stecke auch ihn plötzlich an. Ihre Kulleraugen waren blau und euphorisch weit aufgerissen. Mit den Händen wedelte sie unentwegt auf und ab. Er stoppte ihren Redefluss als er ihre Hand nahm. Sofort durchzog Tai dieses angenehme, kribbelnde Gefühl. Er fühlte und sah jedoch auch, wie unangenehm seine Berührung ihr war. Aus ihrem Gesicht war plötzlich die Freude entwichen und ein fast beschämtes Mädchen stand vor ihm und wusste nicht was sie von deinem Handeln halten sollte. Spürte und fühlte sie etwa so anders als er? Er zog ihr Handgelenk sanft zu sich und öffnete ihre Handfläche. An der Innenseite ihres Armes fuhr er leicht auf und ab. „Was…tust du da“? Murmelte sie fast verlegen. “Er hat eine Reinigungsfunktion, dein Anzug“. Er hatte eine Tastenkombination an ihrem Anzug betätigt, schon perlte der grüne Schleim an ihrem Hals und Schultern zu Boden. Auch im Gesicht und an den Haaren viel die grüne Masse herab. „Durch Ultraschall kann alles, was Berührung mit dem Anzug hat, von der Biomasse befreit werden. Zeitverzögernd perlte nun auch an seinem Anzug das Gelee ab. „Oh, wie praktisch. Ich hab schon gedacht ich müsste jeden Tag meine Haare waschen“, lachte sie leise. Noch immer hielt er ihren Arm fest. „Mein Anzug hat diesen Luxus leider nicht“, erwiderte nun auch Tai in die peinliche Stille. Bis er sich sicher war, dass alle Reste von seinem Körper gefallen waren, blieben die Beiden recht wortlos voreinander stehen. Lydia kam schließlich hinauf zu ihnen und zeigte Tai einen Statusbericht des Body. „Wir sind soweit dann startklar. Wann beginnen wir mit der ersten Synchronisation“? Lydia bemerkte schnell die angespannte Atmosphäre zwischen den Beiden. „Wie sieht es aus Blue, hast du heute Lust auf eine theoretische Einführung“? Kapitel 3/ENDE Kapitel 4: Connected -------------------- Anmerkung: sind im Kapitel gekennzeichnet durch: *************************** Erinnerungen *************************** Viel Spaß LittleDestiny Kapitel 4/ Connected Blue war das erste Mal in diesem großen Speisesaal. Es gab also noch andere schräge Militärtypen wie Tai. Viele von den Soldaten waren groß und kräftig gebaut. Wenn man Tai so betrachtete, musste er fast immer einen Kopf kleiner sein, als seine Kollegen. Lydia saß neben ihr und löffelte genüsslich ein Dessert. Blue beobachtet Tai, wie er mit solch einem Schrank von Mann sprach. Ab und zu wandten sich die Blicke der Männer zu den Mädchen hinüber. Blue wusste, dass dort höchstwahrscheinlich auf höchstem Niveau herumgeprollt wurde. Der große, breite, schwarzhaarige Schrank hatte, ebenso wie Tai, einen schwarzen Anzug an. „Er ist auch ein Pilot wie Tai, nicht wahr?“ Warf Blue schließlich interessiert in den Raum. Lydia reagierte irritiert und folgte Blues Blick zu Tai hinüber. „Ja ein Bodypilot. Es gibt sechs Piloten“! Tai hatte wirklich einen großen, körperlichen Nachteil gegenüber den anderen Männern. Mit der Attraktivität verhielt es sich allerdings nicht gleichermaßen. Bei diesem Gedanken stolperte sie unbewusst über eine elementare Fragestellung: Was war da zwischen den Beiden? Sie fühlte sich von Tai fast erdrückt, wenn er sie berührte und so eindringlich ansah, wie einige Stunden zuvor im Trakt. Ihr Kopf drehte sich wie ein Rad herum, so sehr durchwühlten diese Gefühle sie. „Diese Studie, an der Tai teilnimmt, wegen seiner Krankheit, wie sieht die aus“? Wollte sie schließlich von Lydia wissen. „Mh… da fragst du die Falsche. Ich habe keine Akteneinsicht und Tai spricht nicht gern über dieses Thema mit mir“, gab sie ehrlich zu. Blue bemerkte im Augenwinkel eine Gestalt an ihren Tisch herantreten. Ein Schrank stand vor ihnen und grinste sie breit an. „Hey Mädels, kann ich mich zu euch setzten?“ Er hatte nicht den Anstand auf eine Antwort zu warten, schon saß er gegenüber von den Beiden. „Hallo Blue, ich bin Georg der Pilot des Body 02. Tai hat mir schon einiges von dir erzählt“, brabbelte er gleich darauf los. Lydia rollte mit den Augen. „Nett, das der Typ doch so viel über mich weiß! Zumindest meine Blutgruppe“, konterte Blue und gab mit einem eher gequälten Gesichtsausdruck zu erkennen, dass sie kein Interesse an weiterer Konversation hatte. „Ich beneide Tai. Hätte ich so ein bezauberndes Team, würde ich bestimmt eine Auslastungsrate von 90 Prozent erreichen.“ „Bla bla bla…“ Hinter ihm tauchte Tais roter Schopf auf. Seine Miene deutete ebenfalls darauf hin, dass Georg an diesem Tisch gerade nicht geduldet wurde. „Du schaffst nicht einmal die 50 Prozent! Klotzen statt protzen , als dämliche Machosprüche zu reißen.“ Georg stand mit schweren Füßen vor ihm und blickte Tai scharf in die Augen. „Was ist dein Problem?“ Obwohl Tai mit der Nasenspritze gerade mal den Hals von Georg erreichte, stellte er sich ebenfalls wie ein revierstreitender Gorilla vor ihn. „Don’t fuck the company“, grollte Tai in an. Georg lachte auf. “Eifersüchtig Kid?” „Ich meine nicht die Mädels, ich meine mich!“ Damit stieß er den Schrank beiseite und setzte sich auf seinen Platz gegenüber den verblüften Gorillaweibchen. Georg zog von dannen, weil er bemerkte, dass nun der gesamte Speisesaal auf die Beiden schaute. „Don’t fuck the company?“ Widerholte Blue skeptisch und zog dabei ein Augenbraue tief. „Hochschlafen bringt hier wenig Punkte. Eher im Gegenteil. Es ist in der Force verboten, physische und psychische Beziehungen untereinander einzugehen“, zitierte Lydia und grinste breit, als sie dabei Tai ansah und ihn indirekt damit ansprach. Der bemerkte ihre heimliche Anspielung und drehte seinen Kopf desinteressiert zur Seite. Tai konnte sich nicht erklären, wie Lydia schon wieder die Lunte riechen konnte. Verflixte Weiber und ihr Feingefühl! Blue seufzte nur. „Recht haben sie. Das macht die Sache nur kompliziert!“ Dabei erwischte sie sich, wie sie heimlich Tais Gesichtsstatus prüfen wollte. Sie stand mit ihrem Tablett kurz entschlossen auf, weil sie fertig mit Abendbrot essen war. „Ich geh dann mal. Vorträge machen ein müde. Vor allem Tai’s Vorträge!“ Lydia folgte ihr und Beide verschwanden kurz aus Tai’s Sichtfeld. Er hatte sich die Sache etwas unkomplizierter vorgestellt. Wie sehr hatte er sich ein Medium gewünscht. Jetzt hatte er wohl eine der Besten abgestaubt, und nun schien er auch damit nicht recht zufrieden zu sein. Vor ihm, auf der Tischplatte, stellte Lydia ein Bier ab und schob es hinüber zu Tai. Der musterte missmutig die Rundungen der Flasche, ehe er sich für eine physische und psychische Beziehung mit ihr entschied und sogleich einen großen Schluck trank. „Was ist da zwischen dir und ihr, Tai“? Lydia hatte ihre Arme auf die Tischplatte gestützt und sich geheimnisvoll zu ihm nach vorn gebeugt. „Was spielt das für eine Rolle. Don’t fuck the company“, erwiderte er mürrisch und wich erneut ihrem Blick aus. „Also ist da etwas!! Ich hab‘s mir gleich gedacht, als du Blue deine Luft zugewedelt hast, gestern auf der Rampe!“ „Ich weiß nicht wovon du sprichst!“ Lydia grinste breit. So offensichtlich abstreiten machte die Sache nicht glaubwürdiger. „Blue scheint aber genau zu wissen, wovon ich spreche“, säuselte sie geheimnisvoll. Neugierig schnellte sein Kopf wieder herum zu ihr. „Wieso, hat sie was gesagt?“ Fast zu drollig, wie aufgeregt Tai auf dieses Thema reagierte. „Nein hat sie nicht. Aber sie macht aus ihrer temporären Unbehaglichkeit dir gegenüber auch keinen Hehl! Was geht da vor sich Tai? Vielleicht kann ich dir helfen! Das kann unmöglich so weitergehen. Ihr seid ein Team, ihr werdet zusammen im Krieg kämpfen. Da sollten alle Karten auf den Tisch gelegt werden“, mahnte sie ihn eindringlich. Er seufzte zustimmend. „Es gab da einen Versuch. Blue spendete das Blut für meine erste Behandlung. Es wurde so aufgearbeitet, dass ein gewisse Bruchstücke der DNA ihres Blutes in meines integriert wurde. Die Ärzte haben sich davon versprochen, meine Blutkörperchen so zu manipulieren, dass sie ihre reguläre Funktion im Organismus wieder aufnehmen können. Damals hatte es nicht den erwünschten Erfolg gebracht. Anscheinend kam es nicht zu dieser gewollten Mutation. Oder die Zellen sind einfach abgestorben. Nach den vielen Jahren hat sich jetzt jedoch herausgestellt, dass diese DNA von Blue wohl an anderer Stelle Veränderungen hervorgerufen hat. Wenn wir uns jetzt auch nur flächtig berühren, dann kommt es zu einer unangenehmen Reaktion an dieser Stelle“. Lydia machte große Augen. „Verrückt! Aber zugegeben auch irgendwie ziemlich sexy“, fing sie an zu schwärmen und schaute mit funkelnden Augen gen Himmel. „Das hat es aber nicht zu sein“, er schlug dabei etwas unsanft und aufgebracht auf den Tisch. Lydia blickte ihn erschrocken an. Langsam verstand sie Tais missliche Lage. „Du bist….“!? Lydia hielt erschrocken den Atem an, als er ihr barsch über den Mund fuhr. Auf der Krankenstation brannte nur noch gedimmtes Licht. Hastig rannte er die kalten Gänge dieser entlang. Noch immer war er aufgebracht von Lydias Erkenntnis. Sei Herz wollte sich einfach nicht beruhigen. Es war weit nach 22 Uhr, dennoch brauchte er seine wöchentliche Packung aggressive Medizin, und das sofort! Er blickte sich nach einer Schwester um. „Miss, ich brauche sofort eine Infusion“! Eine ältere Dame, die er auf dem Flur stehend aufgegabelt hatte, blickte ihn nur missverstanden an. „Aber Leutnant, es ist schon sehr spät. Die Ärzte sind alle außer Haus und nur auf Bereitschaft zu erreichen.“ Tai wirkte gereizt. „Das ist mir egal, ich trage die volle Verantwortung. Geben sie mir endlich diese verdammte Infusion!!!“ Hurtig sprang die arme Krankenschwester ins nächste Zimmer und kramte alle nötigen Utensilien aus den Schränken. Tai setzte sich auf einen Behandlungsstuhl und versuche seinen Puls etwas zu normalisieren. Nachdem die Schwester seinen diesen gemessen und Tai argwöhnisch gemustert hatte, setzte sie die Kanüle und ließ Tai schließlich mit dem Beutelinhalt alleine. Keine 30 Sekunden später sackte er langsam in sich zusammen. Die Infusion beinhaltet auch einige Synapsenhämmer. Langsam fühlte Tai sich wie nach vier Bier. Nachdem Lydia ihn dermaßen bloßgestellte hatte, weil sie ihn und seine Gefühle zu Blue durchschaut hatte, hatte er einfach das halbe Bier vor ihr stehenlassen und war fortgelaufen. Man konnte auch nicht wirklich von Gefühlen sprechen, jedenfalls keine emotionalen. Tai war sich sicher, dass Blue in seinem Kopf, gegen seinen Willen, einfach Hormone freisetzte und die ließen ihn wie ein 14 jährige im Dreieck springen. Lydia hatte weitaus mehr weibliche Reize zu bieten, doch bei Tai hatte Lydia noch nie solche Reaktionen hervorgerufen. Er erinnerte sich an die Neuronale Lehreinheit in seinem Hauptstudium. Das menschliche Gehirn ist, wie auch der Rest des Körpers, grundlegend nur aus Molekülen aufgebaut. Auch wie man fühlt, wie man denkt und wohlmöglich auch handelt wird alleine durch die molekulare Zusammensetzung der körpereigenen Stoffe bestimmt. Botenstoffe, die dem Gehirn Impulse zum Handeln und Denken geben, werden durch den jeweiligen Aufbau der Düsen bestimmt. Jeder Mixt sich somit seinen Charakter und wohlmöglich seine Vorlieben selbst. Sie musste etwas an sich haben, was seinem Organismus gefiel. Es war fast so, als ob sie ihre Botenstoffe zu ihm hinüber schickte, so dass er sich empfangen konnte. War das auch eine Eigenschaft eines Mediums? Sein Kopf hämmerte laut im Takt seines Herzschlages. Die Infusion zeigte erste, ernsthafte Wirkung. Bei so viel Chemie wurde selbst der stärkste Soldat schwach. Müde schloss er seine Augen. Selbst im Traum konnte er seine Gedanken nicht von ihr lassen. Die Krümel, vor ihr auf dem Tisch, sortierte die junge Frau gähnend und schon mehr als 15 Minuten gelangweilt in Grob- und Feinkrümel. Manchmal naschte sie auch die besonders großen Brotkrümel einfach weg. Während Blue über eine Methode grübelte, die Krümel noch effektiver und vor allem schneller zu sortieren, trottete der Rothaarige in die schmale, graue Küche hinein. Sie blickte erschrocken auf und hob ihren Kopf aus dem aufgestützten Arm. „Morgen“, summte sie und grinste dabei. Tais Augen huschten schnell an ihr vorbei und er versteckte seinen Kopf im Kühlschrank, während er nun ebenfalls ein „Morgen“ zwischen seiner zusammengeknautschten Visage presste. Sie drehte beunruhigt ihren Körper zu ihm. Was war los mit Tai? Der sonst so morgenagile Soldat brachte keinen morgendlichen Befehl wie: „DU musst mehr essen!“, „Du musst mehr schlafen“!, „Deine Sporteinheit heut Morgen war zu kurz“!, „Mach mir ein Rührei“! über die Lippen. Etwas war faul. Als Tai seinen Kopf aus dem Kühlschrank gezwängt hatte, blickte er sie durch verquollene Augen müde an. „Du hast nicht genügend geschlafen! Du musst etwas essen! Wo warst du heut beim Frühsport? Lässt es ganz schön schleifen junger Mann“, zitierte sie provokativ. Sein Körper ließ sich müde neben sie auf den Stuhl sacken. Tai vergrub sein Gesicht in den Händen und schnaufte nur laut. „Du bist gestern spät nach Haus gekommen. Habt ihr noch lange mit Lydia gemacht“? Blue beugte sich interessiert zu ihm hinüber. Sie ließ sowieso nicht locker, hatte er das Gefühl, so zeigte er bereitwillig seine aufgequollene Visage und schüttelte den Kopf. Nach kurzer Stille streckte Blue zaghaft ihre Hand nach ihm aus und fuhr durch sein rotes Haar hinunter zu seiner Stirn. Tais Augen wandten sich erschrocken zu ihren. „Hast du Fieber“? Sie spürte seine heiße Stirn, aber ihre Hände waren auch furchtbar kalt, weil in der Küche niemand die Heizung aufdrehte. Kurz entschlossen reckte sie sich hinüber über den halben Tisch zu ihm, zog mit der Hand seinen leichten Pony hinauf und legte ihre Stirn an seine. „Kein Zweifel, du hast Fieber Tai“! Ihre blauen Augen blickten hinauf zu seiner Stirn, doch er starrte sie überrumpelt und atemlos an. Er spürte ein leichtes Kribbeln durch seine Stirn rauschen. Ihre Augäpfel wanderten langsam hinunter und dann blickte sie mit ihren Ozean blauen Augen in seine. Sie musste nun auch gemerkt haben, dass etwas nicht stimmte, denn ihre Stirn löste sich nun rasch von seiner und ihre Augen wandten sich nun beschämt zur Tischplatte. Er sagte nichts, spürte nur dieses angenehme Gefühl, welches sich allmählich durch seinen Kopf fraß. Ihm war schwindlig gewesen und er hatte auch Kopfschmerzen, doch nur eine Berührung von ihr reichte ihm, damit er alle Schmerzen vergas. „Willst du zum Arzt“, fragte sie vorsichtig. Seine grauen Augen waren so kalt, dass sie eine Gänsehaut bekam. Wieso schaute er sie immer wieder so an? Das süßlich brennende Gefühl erlosch und sie konnte wieder klare Gedanken fassen. „Nein, da war ich gestern Abend. Das Fieber ist eine Reaktion auf die Behandlung von Gestern. Kein Grund also theatralisch und hysterisch zu werden. Dein morgendliches Sportprogramm umfasste heute lediglich 5 Minuten. Du bist um den Baum und dann wieder zurück gerannt“, erwiderte er brummend. „Mist….,“ erwiderte sie ertappt. Er erhob sich nach langer Bedenkzeit und verschwand rasch in die obere Etage. Keine 20 Sekunden später hatte er seine Jacke über die Schulter gelegt und kehrte zurück in die Küche. Lediglich ein Glas Wasser nahm er zu sich, dann kippe sein Kopf auffordernd in Richtung Tür. „Komm jetzt“! Murmelt er säuerlich. „Hast du dir jetzt ne Pille eingeworfen“? Blue konnte nicht glauben, dass Tai trotz seines anscheinend hohen Fiebers, mit ihr in den Trakt gehen wollte. „Das sind gute Pillen. Keine 15 Minuten und mir geht es wieder blendend“, erwiderte er und schob sie vor sich her. „Du hast nichts gegessen“! „Mach ich im Trakt. Das Futter dort ist auch viel nährreicher, als deine Brotkrümel auf dem Tisch“, sagte Tai schließlich mit letzten gutmütigen Worten, dann schlug er die Tür hinter den Beiden zu und eilte den langen Weg zum Trakt entlang. Blue konnte ihm nur mit Unverständnis hinterher hechten. Umstimmen konnte sie diesen Bock sowieso nicht. Während er im Spinnt wirklich einen Schockoriegel gefunden hatte, quälte sich Blue in den Anzug hinein. Geteilte Umkleidekabinen gab es hier nicht. Wieso auch, Mädchen waren hier so selten wie Schneeflocken in der Wüste Gobi. Blue rollte den fast gelartigen Stoff gerade über ihre Schultern, als sie Tai schwer atmen hörte. Er hockte auf dem Boden und hielt sich an der Sitzbank fest, um nicht komplett gen Boden zu segeln. Hastig zurrte sie ihren Reizverschluss nach oben und eilte zu ihm. Seine blassen Lippen hatten schon trockene Falten geschlagen und seine Augen waren zu einem schmalen Schlitz gezogen. Er vernahm ihr Gesicht nur schemenhaft. „Tai…“? In den Händen und Füßen breitete sich ein kribbelndes Gefühl aus. Tai wurde bewusst, dass sein Kreislauf gerade die Biege machte. Verdammt, gerade vor ihr! Er wollte Blue beweisen wie stark er war und auf keinen Fall Schwäche zeigen. Sie war hier schließlich das Mädchen! Doch sein Körper gehorchte ihm schon nicht mehr. Langsam sackte sein Kopf nach vorn und Blue konnte ihn sanft auffangen. „ Tai… Tai… jetzt nicht schlapp machen! Schön wach bleiben“, jammerte sie. Er spürte ihre sanfte Wärme in seinem Gesicht, als sich sein Kopf gegen ihre Brust lehnte und nun auch der restliche Körper nachgab. Blue hielt ihn panisch im Arm und versuchte durch leichte Schläge auf seine Wange ihn wieder zu sich zu bringen. Was würden Beide bloß tun, wenn sie einmal gleichzeitig das Bewusstsein verloren? Wahrscheinlich mussten sie dann ewig weiterschlafen. Die Tür des Umkleideraumes öffnete sich und ein fremder Mann betrat das Geschehen. Blue blickte durch glasige Augen hinauf zu ihm. „Bitte, hohlen Sie Hilfe! Er hat hohes Fieber.. Ein leises Surren weckte ihn aus seinem leichten Schlaf. Das Geräusch kam ihm wohl bekannt vor. Wie viel Stunden hatte er schon so regungslos in einem weißen Sag gepfercht herumgelegen und der Stille des Krankenzimmers gelauscht? Er brauchte noch nicht einmal die Augen zu öffnen, um sich zu vergewissern, wo er war. Sein linker Arm brannte. Eine Kanüle musste in ihn hineingestopft worden sein. Seichtes Licht vom Fenster blendete seine Sicht, als er schließlich die Augen öffnete und neben sich blickte. In Licht getaucht lag sie zu ihm gewandt, auf dem Rücken in einem andern Krankenbett. Durch eine summende Dialyse zog sich ihr Blut hinauf und wurde in selben Arbeitsschritten in ihn gepumpt. „Ich kann mich nicht erinnern, je in einem Krankenhaus gelegen zu haben. Schon verrückt, was man alles vergisst“, hörte er sie flüstern. Ihr blaues Haar viel leicht über ihre Wangen, als sie ihren Kopf zu ihm drehte. „Wieso tust du das?“ Flüsterte er zurück. „Weil ich dir damit helfen kann. Und du brauchst Hilfe“! Die Medikamente waren bestimmt zu aggressiv für seinen Körper. „Schon verrückt, ich verschleppe dich zu der Force Einheit und als Dank spendest du mir auch noch dein Blut“, murmelte er weiter und schloss erschöpft seine Augen. Hatte heute anscheinend sowieso kein Sinn mehr, da konnte er auch getrost weiterschlafen. „Ich bin halt ein guter Mensch. Was soll ich sagen. Ich hab‘s halt drauf“, scherzte sie. „.. aber es wird nicht einfacher werden Tai. Im Gegenteil, es wird diese Sache zwischen uns noch verschlimmern“, murmelte Blue weiter. Dabei chiffrierte sie dieses heikle Thema gekonnt. Tai wusste sofort, was ihre Worte bedeuteten. Sie hatte es also auch gespürt! „Diese Sache“? Er öffnete interessiert ein weiteres Mal seine Augen und kippte seinen schweren Kopf zu ihr zur Seite. Dort lag sie mit ihren hellen, blauen Augen und blickte ihn ebenfalls an. Beide waren sie durch einen langen Schlauch irgendwie körperlich miteinander verbunden. „… wenn wir uns berühren“. Dabei hauchte sie das „Berühren“ so angenehm aus ihrem Mund, dass Tai schon jetzt dieser süßliche Schmerz durchzuckte. Er spürte, wie seine Schneidezähne sind in seine Unterlippe bohrten. „Was hat es zu bedeuten Blue?“ Fragte er schließlich. Sie seufzte und zupfte an ihrer Decke herum. „Nun ja, den genauen biochemischen Prozess kann ich dir leider auch nicht erklären, aber es muss etwas mit den Stoffen, die unser beider Körper absondert, zu tun haben“. Hörte sich jetzt erst einmal eklig an. „Ich meine damit Botenstoffe wie Hormone, die über unsere Drüsen abgegeben werden. Bei jeder Berührung tauschen wir nicht nur Bakterien und andere Mikroorganismen aus, auf der Haut befinden sich auch eine Menge von molekularen, körperlichen Eigenkreationen. Sie sind wichtig zwischen Mann und Frau. Damit wissen wir, ob wir das andere Geschlecht bevorzugen oder nicht. Wir haben über die Jahrhunderte verlernt mit dieser Gabe unsere Partner auszusuchen. Genetisch gesehen ist dies die beste Methode sich seinen Sexpartner auszuwählen. Wir suchen uns dann nämlich diejenigen aus, die unsere eigenen Defizite am besten kompensieren können. So werden die Nachfahren nicht alt zu verschoben. Ich hab mich zu oft von schönen Haaren blenden lassen“. „Von dir kann man ja sogar etwas lernen“, stellte Tai in gewohnter Feinfühligkeit fest. „Damals waren mir meine mentalen Fähigkeiten nur einmal bewusst geworden. Meine Oma ist eines Morgens einfach nicht mehr aufgewacht. Den Tag zuvor habe ich sie besucht. Als ich den Abend vor ihr stand, und mich von ihr verabschiedete, wusste ich, dass ihr Herz diese Nacht aufhören würde zu schlagen. Ich habe es, als ich sie umarmt hatte, langsam und träge pochen hören. Als ich davon erfuhr, dass sie gestorben war, habe ich mich so furchtbar gefühlt, weil ich geglaubt hatte, es heraufbeschworen zu haben. Erst jetzt bereife ich, dass ich ihre Körpersprach einfach nur wahrgenommen habe. Ihr Körper hat mir mitgeteilt, dass er nicht mehr länger arbeiten wollte. Ich bin mir sicher, meine Oma hatte es auch gespürt“. Diese Geschichte aus ihrem Mund zu hören, ließ Tai langsam die Beziehung zwischen den Beiden begreifen. Blue vertraute ihm gerade ein Geheimnis an. Lydia hatte wohl doch Recht behalten. Die Beiden waren jetzt so etwas wie Freunde. „Wieso fühle ich diese Reaktion auch Blue? Ich bin kein Medium!“ Sie zuckte mit den Achseln. „Seh ich so aus, als ob ich Biochemie studiert habe“? Entnervt lehnte sie ihren Körper zurück ins Bett. Kaum zu glauben! Sie hatte gerade die „ultra“ traurige Geschichte ausgepackt, und Tai schwenkte keine zwei Sekunden später wieder zurück zu „back to basics“. „Was genau ist denn dein Problem Tai“? Fragte sie schließlich entnervt. Das war eine spannende Frage. Seitens Tai herrschte jetzt jedoch absolute Stille. Wie sollte er ihr das beibringen? Er wusste doch noch nicht einmal selbst was er davon halten sollte. Er mochte dieses Gefühl zwischen den Beiden irgendwie. Von der Selbsterkenntnis übermannt richtete er seinen geschärften Blick vor sich an die Krankenhauswand. Vor ihm hing ein furchtbares Bild von den Schweizer Alpen. Viel zu dunkel und viel zu altmodisch. Im Hintergrund vernahm der angeschlagene Soldat leises Brabbeln. Er mochte dieses Gefühl auf seiner Haut. Er mochte ihren Atem in seiner Nase. Er mochte den Geruch ihrer Haare. Immer wenn er neben ihr stand, nahm er ihre Reize ins sich auf und ihn durchzog dann ein angenehmes Kribbeln. Wenn Ihre weichen Fingerkuppen auf seinem Arm und ihre Lippen auf seiner Stirn lagen, dann, immer wenn sie ihn anfasste, durchzog sein Gehirn ein aufregender Reiz. Anfänglich hatte er es mit einem körperlichen Warnsignal verwechselt, jetzt wurde ihm klar, dass es vielmehr ein Alarm war: Achtung, weibliche Zielperson ist in der Nähe. ZUM ANGRIFF! „Taaai!“ Rief ihn die Stimme zurück in die Realität. Hastig drehte er sich zu ihr und starrte mit offenem Mund auf Blue, die an der Bettkante saß, und sich einen Verband auf die Armbeuge presste. Scheiße, sein Körper stand auf ihren! Er mochte Blues molekulare Absonderung! Er konnte sie gut riechen! „ .. nicht das auch noch“, stammelte er. Eine Schwester, die bis vor Sekunden noch an Blue herumgefummelt hatte, wandte sich nun zu dem verstörten Soldaten und klemmte den Schlauch von seinem Arm ab. Sie redete mit ihm, doch Tai hörte ihr nicht zu. Er blickte das Mädchen mit den blauen Haaren an und im wurde bewusst, dass es nichts anderes zu bedeuten hatte, als das er etwas für Blue empfand. Durch das weite Krankenhaushemd zeichneten sich ihre weichen Rundungen ab. Das lange, glatte Haar schmiegte sich sanft um ihre schmalen Schultern. Ihre Oberlippe war besonders weich geschwungen, ihre Unterlippe etwas schmal, aber dennoch irgendwie voll. Sie hatte diese großen, runden, blauen Augen, die ihn mit Freundlichkeit, aber auch nicht selten mit Hass anschauten. Sie hatte schöne, lange, knochige Finger. „Taai!“ Während er ihre Finger angaffte, wurde Blue anscheinend ungeduldig. „Was hast du denn? Geht’s dir nicht gut?“ Sie war genervt, dass er keinen klaren Satz mehr verfassen konnte. „Äh… ich glaub mir ist schlecht“, stammelte er und die Schwester drückte seine Hand nun ebenfalls in seine Armbeugen, als sie die Kanüle herausgezogen hatte. Er hasste normalerweise die Prozedur mit dem “Nadel rein und Nadel raus“, dieses Mal hatte er gar nicht wahrgenommen, dass da jemand an seinen Blutgefäßen herum werkelte. „Aufstehen Leutnant“, summte die nette Krankenschwester und zerrte seine Beine aus dem Bett. Er richtete seinen Körper herum und rutschte von der Bettkante zu Boden. Blue war schon an der Tür des Zimmers und zwischen dem Schleifchen, in ihrem Nacken, legte ein Spalt des Krankenhauskittels ihre Rückseite etwas frei. Im angeschrägten Profil ihres Körpers konnte er einen Blick auf ihre festen Pobacken erhaschen. Er stöhnte. „Wieso ausgerechnet du Blue“? Er verhielt sich schon seit Tagen seltsam. Hatte es etwa mit der Bluttransfusion zutun? Jetzt schwamm auch irgendwie etwas Blue in Tai herum, dass verunsicherte ihn bestimmt. Keine wusste so genau, was das Blut eines Mediums für Kräfte hatte. Aber Blue war sich sicher, solang ihm keine Brüste wuchsen war doch alles in Ordnung. Er stand kerzengerade neben ihr und presst die Brust heraus. Er hatte sich auch nicht rasiert, schon seit Tage nicht mehr. Jetzt sah er etwas schmuddelig aus. Wie ein Landstreicher. Der Kommandant, alias Daddy Tai, hielt eine feurige Rede vor versammelter Mannschaft. Die Body Einheiten wurden „scharf gemacht“. Das hieß, dass der Kampfeinsatz geprobt wurde. Die Kacke war also mächtig am dampfen. Blue kam das alles ein bisschen verfrüht vor. Sie hatte diese Blechbüchse noch keinen Zentimeter bewegt, nun sollte sie fast schon in den Krieg ziehen. Das hieß für die nächsten Tage non Stopp Arbeit. Kein nettes Pläuschchen mit Lydia nach 20 Uhr in der Cafeteria… Kein Ausschlafen bis 8 Uhr… und kein fünf Minuten Sportprogramm mehr. Erschrocken wurde sie aus ihren Gedanken gerissen, als die Soldatenmeute ein „Jawohl“ im Chor von sich brüllte und wie eine Ameisenkolonie in alle Richtungen ausscherte. „Wie steht es um die Frischlinge“? Der auffallend arrogante Unterton kam, wie Blue vermutete, vom obersten Befehlshaber Kommandant Methought. Sein langer Zausebart verbarg sein offensichtliches Grinsen, als er vor den Beiden stand und nun einen ausführlichen Erfolgsbericht aus ihren Mündern hören wollte. „Sirr, wir werden umgehend mit der Synchronisation des Bodys, des Piloten und des Mediums beginnen“, bellte Tai, der noch immer einen Stock im Hinter hatte. Blue musste zugeben doch etwas von Tais zähen Vorträgen behalten zu haben. Diese Synchronisation war eine heikle Sache. Wird sie nicht ordnungsgemäß durchgeführt, dann konnte ein Medium den Body mental durch den Fleischwolf drehen. Blue war prädestiniert dafür komplizierte Gerätschaften innerhalb von Sekunden einfach kaputt zu machen. Groß aus den Händen fallen konnte ihr die Blechbüchse zumindest nicht. Aber trotzdem befürchtete sie, dass ein Paar Schwierigkeiten auf sie zukamen. „Ich bin enttäuscht, dass ihr noch immer in Phase Eins hängt. Hat das etwa mit deinem Rückfall zutun Kid“? Der Kommandant hatte bestimmt von Tais Zusammenbruch erfahren, er war schließlich der nächste Verwandte des Rothaarigen. „Die Anwärterin Bright beteiligt sich wieder an der Therapie Kommandant“. Tai kniff die Arschbacken zusammen und hoffte auf Gnade vom König. „Interessant. Lasst uns in nächster Zeit einige Test durchführen. Hat der werter Papa vielleicht die nächsten Wochen Zeit für uns“, fragte nun der alte Mann Blue, die perplex mit den Schultern zuckte. Sie würde ihren Vater wiedersehen? Aber für welchen Preis? „Was soll das für ein Test werden? Sollen wir mit Bauklötzern Türmchen bauen, ohne die Hände zu benutzten“? Fragte sie schnippisch. Der Kommandant erwiderte mit einem verschmitzten Lachen und machte schließlich kehrt. Mit einem letzten Gruß klopfte er Tai auf die Schulter und ließ seinen Sohn überfordert zurück. Blue rümpfte die Nase. „Was war das denn gerade?“ Murmelte sie. So einen elterlichen Schulterklopfer hätte sie am wenigsten von Tais Daddy erwartet. „Zu komisch, ich glaube mein Vater mag dich“, erwiderte der Rothaarige ebenso verblüfft. Lydia wartet schon vor dem Body 01 auf die Beiden. Sie sah so unverschämt sexy und auch gleichzeitig so schlau in ihrem braunen Overall aus. Blue tat sich noch immer schwer mit ihrer neuen Dienstbekleidung. Der Overall war Haut eng und schnürte sie bis zum Kinn in eine gelartige Masse ein. Komischer Weise hatte sie nie das Gefühl zu schwitzen oder gar zu müffeln. Tais Anzug sah sehr massiv und schwer aus. An den Gelenken, wie Armen und Knie, war der Anzug durch Polsterung verstärkt. Er hatte einen dicken Gürtel um die Hüfte, in dem er seiner speziellen Tai Utensilien verstaute, wie zum Beispiel ein Messer und ein Kommunikationsgerät. Dieses Ding hatte allen Digitalschnickschnack, wie GPS und sogar ein Spiel gegen Langeweile an der Front. Sie hatte auch so ein Communicator, bloß viel kleiner. Tai lief vor ihr die Rampe hinauf. Sie spürte eine leichte Aufregung in sich. Hoffentlich wurde sie seinen Erwartungen gerecht. Blue wusste, wie viel Tai an dieser Sache mit dem Body lag. An der Blase angekommen, wartet er auf sie am Vorsprung, hinunter zur grünen Blase. Gemeinsam kletterten sie hinauf auf den Body. Mit den Füßen voran stieg Blue schließlich in das Herzstück des Bodys ein und verschwand mit Haut und Haar in der grünen Masse. Wie vor ein paar Tagen geprobt hielt sie zunächst ihre Augen geschlossen, ehe sie mit einem beherzten Atemzug den Wackelpudding in ihre Lunge zog. Das erleichternde Gefühl zu atmen stellte sich wie erwartend rasch ein und durch die grüne, milchige Sicht blickte sie hinaus zu Tai, der mit prüfendem Blick alles überwachte. Sie gab ihr o.k. , dann verschwandt er. Nach etwa einer Minute spürte sie, wie sich um sie herum die Masse zu erwärmen begann. Ein lautes Summen aus dem Inneren des Bodys ließ das Medium ängstlich zusammenzucken. Tai könnte ihr auch eine Falle gestellt haben, sie die ganze Zeit im Glauben gelassen haben, sie wäre wirklich nötig um diese Maschine zu steuern. Dabei saß sie im Magen des Metallmonsters und wurde jede Sekunde in ihre Einzelteile zersetzt. *Tai*, wimmerte sie innerlich. *Ich bin hier*. Seine Stimme hallte klar und deutlich durch ihr Unterbewusstsein. Wie war das möglich? Blue prüfte nochmals, dass sie auch ganz sicher in einer abgeschlossenen Blase saß. Auch kein Lautsprecher oder dergleichen war zu sehen. Die Membran, die sie umgab, bestand aus einer lederartigen, bräunlichen Haut. Sie war in dieser Kapsel isoliert, vernahm aber trotzdem seine Stimme. *Wie ist das möglich*? Frage Blue in sich hinein. *Das Prinzip beruht auf Schallwellen. Um dich herum befindet sich eine empfindliche Membran. Du kannst mit mir kommunizieren, weil diese Membran deine neuronalen Signale auffängt und ins Cockpit überträgt. Anders herum kannst du mich hören, weil du die Schallwellen der Membran über dein Ohr aufnehmen und übersetzten kannst*. Komplizierte Sache. *Du kannst also meine Gedanken lesen?* *Blue, wir starten jetzt die Synchronisation. Lydia, ist das System stabil?* *System stabil, Body 01 bereit für Synchronisation*, ertönte Lydias Stimme. Blue schluckte den pelzigen Brei auf ihrer Zunge angespannt hinunter. Im selben Moment durchzuckte die grüne Kapsel ein angenehmes Vibrieren. Ihre Fingerkuppen kitzelten leicht und Blue spannte ihren Rücken an, um auf die nächsten Minuten vorbereitet zu sein. *Denk daran Blue, was auch immer geschieht, trenne niemals die Verbindung mit dem Body, bevor die Synchronisation nicht komplett abgeschlossen ist*. Sein Ton war heut für Blues Geschmack etwas zu herrisch. *Verstanden.* Vor ihrem inneren Auge flimmerten erste, unscharfe Bilder vorbei. Das Vibrieren in der Kapsel wurde intensiver und die Biomasse erwärmte sich fast unangenehm heiß auf. Eine plötzliche Erinnerung durchzuckte Blues Kopf: ************************************ „Lauf weg! Lauf weg! Lauf weg“! Ein kleiner Körper drückte sich an eine kalte Stahlwand. Der kleine Junge konnte keine zwei Meter mehr sehen, zu dicht war der Rauch. Die Brücke zum Kapitän war unpassierbar. Seine Mutter musste dort irgendwo noch sein. Sirenen jaulten unerträglich laut und monoton, doch keine kam ihnen zur Hilfe. Sie schipperten wie eine Sardelle im Haibecken und es handelte sich nur noch um Minuten, bis sie erneut unter Beschuss standen. „Lauf weg Junge!“ Sein Vater schubbste ihn zornig von sich, doch der kleine Junge rührte sich keinen Zentimeter vom Fleck. „Wo ist Mutter?“ Fragte er seinen Vater. Dieser antwortet ihm jedoch nicht, er hatte ein Funkgerät in der Hand und schrie Befehle hinein. „Thamir! Thamir. Komm hier weg. Das Schiff wird sinken“! Eine ältere Frau eilte zu ihnen und nahm ihn an die Hand. „Wir müssen Mutter finden“, jammerte der kleine Junge, doch die alte Frau hatte auch für ihn kein offenes Ohr. Sie zerrte an seinem Arm und erreichte nach endlosen Metern schließlich ein Rettungsboot, in welches sie den Jungen setzte. Lautes Knarren des schmelzenden Stahls donnerte durch die Gänge des Schiffes. „ Es sinkt! Das Schiff wird sinken!“ *********************************** Dicke, schmerzende Druckwellen durchfuhren Blues zierlichen Körper. *Ich höre dein Herz schlagen*, keuchte Blue und sackte in sich zusammen, als der Impuls plötzlich verstummte. *Dein Herz… .* Gierig zog sie die Biomasse immer tiefer ins sich auf. Sie hatte Angst zu ersticken. Sie brauchte Sauerstoff. Verdammt, Blue steuerte mal wieder unaufhaltsam in Richtung Hyperventilieren. *Blue, halt die Verbindung aufrecht!* Seine Stimme hallte laut und brutal durch ihren Kopf. Nein, sie wollte das nicht! Er sollte damit aufhören. Alles tat weh, alles war so laut und so erdrückend. Es war zu viel. *Tai, ihre Werte sacken ab!! Tu was sonst verliert sie wieder das Bewusstsein*, ertönte nun auch Lydias aufgeregte Stimme. *Blue, was ist mir dir?* Er schien jetzt erst zu begreifen, dass Blue Probleme hatte. *Ich kann nicht atmen Tai*, jammerte die Blauhaarige und schlug die Hände vor ihrem Gesicht zusammen. Das weiche Gelee leitete erneut Druckwellen an ihren Körper weiter. *Bleib ruhig. Du weißt doch noch, wie wir es geübt haben. Langsam atmen, konzentrieren, den Puls senken. Versuche dich zu erinnern.* Er hatte Recht. Sie schloss ihre Augen und versuchte langsam die Panik in sich zu unterdrücken. *Ich bin hier Blue…*. Seine Stimme erklang nun angenehm sanft. *…Blue…* ******************************** Er hörte das Meer rauschen. ******************************** Erneute Bilder flackerten durch Blues Kopf. ******************************* Die Sonne war schon untergegangen und die Möwen umkreisten den Pier, auf dem er stand. In der Ferne erkannte er ein blauhaariges Mädchen. Ein Junge unterhielt sich mit ihr. Er musste, nach Akteninformationen ein enger Bekannter von Blue Bright sein. Neben ihm stand die Blauhaarige im Badeanzug und hielt dem Jungen eine Schwimmflosse ins Gesicht. In der großen, männlichen Hand hielt er ein Foto. Es war zwar schon ein paar Jahre alt, aber sie war darauf gut zu erkennen. ********************************* Diese Szene musste sich an dem Tag abgespielt haben, an dem sie sich das erste Mal begegnet waren. Er wollte sie holen. Er hatte sie die ganze Zeit beobachtet! ******************************** Im nächsten Bild blickte er in ihre großen blauen Augen. In der Hand hielt er seine kalte Waffe. Blues Augen signalisierten ihm, dass sie Angst hatte, und diese Tatsache erregte ihn. Es gab ihm das Gefühl von Macht, ein Gefühl, was er in seinem Leben nicht alt zu oft erfahren hatte. Er fixierte ihre blauen Augen… ******************************** Sein Kopf durchführ ein angenehmes Kribbeln. Er blickte hinunter in einen weiblichen Ausschnitt. Weiter hinauf erkannte er weiche, weibliche Lippen. Das Gefühl in seinem Kopf benebelte ihn und der warme Atem an seiner Nase raubte ihm den Verstand. „Du hast Fieber“, hörte er sie flüstern. ******************************** Schockiert riss das Medium, aus der Trans erwacht, die Augen auf. *Connected!* Kapitel 4/ENDE Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)