Wolkenschlösser von Halbtagsheldin ================================================================================ Prolog: Lebendes Geländer ------------------------- Es wirken mit: Die Erzählerin, ein Geländer und die verrückten Ideen eines kleinen Kindes. Als kleines Kind, habe ich mir einmal einen Spaß daraus gemacht, meinen Kopf durch das Geländer unseres Treppenhauses zu stecken. Ich stellte mir vor, dass die Stäbe zu beiden Seiten meines Schädels brechen würden und war davon überzeugt, dass ich nur fest genug daran glauben musste, damit die Kraft meiner Gedanken, dies bewerkstelligen konnte. Als ich dann so mit dem Kopf zwischen den Stäben hing und sich einfach nichts verbiegen wollte, bekam ich doch ein wenig Angst. Was wenn ich jetzt für immer und ewig feststecken würde? Wenn ich nie wieder nach draußen gehen konnte und für alle Zeiten hier sitzen bleiben musste? Dabei war morgen doch Tanias Geburtstagsparty. Die durfte ich auf keinen Fall verpassen. Sie wäre furchtbar enttäuscht, wenn ich, als ihre beste Freundin, nicht auftauchen würde. Ich musste meinen Kopf also wieder hier rausziehen, aber egal wie stark ich zog und an den Stäben rüttelte, ich passte nicht mehr hindurch. Das war doch vollkommen unlogisch. Wenn mein sturer Kopf dadurch passte, musste ich ihn doch auch wieder rausbekommen können. Oder war mein Schädel durch das angestrengte Nachdenken angeschwollen? Hatte mein Gehirn sich etwa vergrößert? War ich jetzt vieleicht viel intelligenter als vorher? Das wäre toll, dann könnte Grace sich den Titel der Klassenbesten abschminken. Ich würde zu gerne ihr Gesicht sehen, wenn ich in einem Test besser abschneiden würde als sie. Aber was konnte mir mein neu gewonnener Grips schon nutzen, wenn ich doch hier feststeckte? Ich dachte angestrengt nach. In Zeichentrickfilmen, befreihten sich Leute in solchen Situationen immer dadurch, dass sie die Stäbe mit Butter einrieben. Problematisch an dieser Idee, war jedoch, dass meine Arme viel zu kurz waren, um unseren Küchenschrank zu erreichen. Ich verfluchte die Tatsache, dass ich Knochen besaß und mich nicht einfach so die zwei Stockwerke zu unserer Küche hochstrecken konnte, aber ohne Knochen würden ich hier ja auch gar nicht feststecken. Ettliche Minuten vergingen, ohne dass sich an meiner Lage erwas veränderte. Da kroch plötzlich die Panik die Innenwände meines Körpers hoch. Ich wollte nicht für immer und ewig hier sitzen bleiben. Das war langweilig und ungemütlich. Ich wollte wieder mit Ed draußen im Garten fangen spielen, in der Sonne Wassereis essen und in meinem kuscheligen Bett schlafen könnnen. Ich griff nach den Stäben des Geländers, stellte meine Füße zu beiden Seiten meines Kopfes und drückte mich mit all meiner Kraft ab. Ich spürte ein starkes ziehen im Genick, als würde sich mein Schädel vom Rest meines Körpers lösen. Bei der Vortstellung mir selbst den Kopf abzureißen und von jetzt an blind durch die Welt zu torkelen, lief es mir kalt den Rücken runter. Ich gab meinen Versuch auf und begann zu schlurzen. Es gab keinen Ausweg aus dieser Lage. Ich würde den Rest meines Daseins als lebendes Geländer verbringen und Tag ein Tag aus auf diese hässliche Tapete starren müssen. Zwei Stunden später hat mein Vater mich dann gefunden, verweint und aufgelöst. Er wusste nicht ob er mich bemitleiden, oder mich auslachen sollte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)