Bestienhandbuch für Anfänger von NaBi07 (Lektion 1: Wie erziehe ich meine Bestie) ================================================================================ Kapitel 2: das Territorium -------------------------- Kapitel 1.2 – das Territorium „Nach dem Kennenlernen sollten sich Master und Bestie dem Territorium widmen. Es ist wichtig der Bestie schon von Anfang an einen speziell errichteten Rückzugsort zur Verfügung zu stellen, damit sie sich ihren Bedürfnissen entsprechend erholen kann. Allein am Verhalten innerhalb des Reviers kann man erkennen ob die Bestie ihren Master akzeptiert oder ablehnt. Manchmal kommt es vor, dass die neugeborene Bestie noch aggressive Züge an den Tag legt. Keine Angst, dass ist normal. Hier sollten Sie ihren Trainer informieren und sich über spezielle Trainingseinheiten erkundigen.“ Der Schädel brummt wie verrückt, der Rücken brennt und meine Glieder fühlen sich an wie durch den Dreck gezogen. Im Großen und Ganzen fühle ich mich also beschissen. Ende der Bestandsaufnahme. Aber wo bin ich überhaupt? Der harte Untergrund versichert mir, dass ich nicht in meinem Bett liege. Verwirrt horche ich in mich hinein. Schemenhaft erinnere ich mich an unsere Ankunft, dann an ein Fußballspiel. Das wilde Tier. Genau. Ich habe es von Susi abgelenkt und wurde verfolgt. Wurde ich gerettet? Liege ich vielleicht auf einem dieser ungemütlichen Krankenhaustische die man im Fernsehen immer sieht? Langsam öffne ich meine Augen einen Spaltbreit. Dunkelheit. Ein Klicken in unmittelbarer Nähe erschreckt mich und ich kneife meine Augen schnell wieder zusammen. Der muffige Geruch nach Schimmel und Abfall beißt mir in die Nase. Also dieser Gestank kann nicht von einem Krankenhaus kommen. Das hoffe ich jedenfalls. Wieder dieses Klicken. Ansonsten kann ich nichts hören. Vorsichtig starte ich einen zweiten Versuch und öffne wieder meine Augen. Immer noch Dunkelheit. Ich kann lediglich ein paar undeutliche Umrisse im Schatten erahnen. Meine Beine schimpfen lauthals, als ich mich erhebe, doch ewig kann ich ja nicht nur herumliegen. Beim aufstehen schießt ein heißer Schmerz in meine Schulter. Kurz dreht sich alles, aber zum Glück verfliegt das gleich wieder. Abermals versuche ich meine Umgebung einzuschätzen. Also das hier ist definitiv nicht der Wald. Aber wo bin ich denn dann? Ich breite meine Arme aus, um mein Umfeld zu ertasten. Wie ein Blinder fuchtle ich mit meinen Gliedmaßen in der Luft herum und schiebe meine Füße unbeholfen nach vorne. Und schon stoße ich mit meinem Schienbein an einen harten Gegenstand. Ich reibe es mir fluchend und versuche den Schmerz zu lindern. Das wird ein schöner, blauer Fleck! Den kann ich jetzt gerade besonders gut gebrauchen! Ich taste mich dieses Mal vorsichtiger voran um weitere Auffahrunfälle zu vermeiden. Ganz langsam. Wie im Schneckentempo. Bevor ich meine Geduld verliere und mein Tempo wieder anziehe gelange ich an einen Tisch, dann an eine Wand. Ich streiche an ihr entlang und komme endlich zu einer Tür. Angewidert ertaste ich den schleimigen Türgriff, um sie zu öffnen. Wie eklig. Gänsehaut macht sich auf mir breit. Wie ich solchen Gruselmist hasse! Hastig drücke ich die Klinke nach unten und die Tür schwingt auf. Ich hoffe auf etwas mehr Frischluft und Helligkeit. Aber alles was mich erwartet ist ein wenig Dämmerlicht und die buchstäbliche Hölle. Ich atme tief durch um nicht die Nerven zu verlieren. Das hätte ich lieber nicht tun sollen, denn so sauge ich sämtliche Keime und Dreckpartikel direkt in meine Lunge. Hustend ringe ich nach Sauerstoff und mir kommen die Tränen. Ich weiß nicht, ob sie mir aus Verzweiflung oder wegen des Reizhustens die Wangen hinab laufen. Tapfer wische ich sie weg und schaue nochmal genau hin. Meine Tür führt auf eine Art Absatz, der früher wohl einmal von einem Geländer gesichert worden war. Jetzt ragen nur noch vereinzelte Metallstreben am Rande aus dem Beton und scheinen ihre gekrümmten Finger nach mir auszustrecken. Ein Schauer läuft mir über den Rücken. Mit zitternden Knien mache ich einen Schritt nach draußen. Hoffentlich bricht hier nicht alles zusammen. Meine Füße wirbeln Staub auf und tragen mich zum Glück sicher nach draußen. Zuerst blicke ich zur Decke hinauf. Ich bin sehr schlecht im Schätzen, aber ich würde meinen, dass sich das Dach ca. 100m über mir befindet. Die Decke jedenfalls verläuft halbkugelförmig nach oben, wie die Kuppel des Berliner Reichstags. In ihr sind mehrere Fensterfronten eingelassen, die eigentlich mehr Licht reinlassen sollten als hier unten ankommt. Das Glas ist bereits an vielen Stellen zersplittert und unzählige Pflanzenranken hängen herab und verschlucken so die Sonne, beziehungsweise den Mond. Durch einige der Blätter hindurch kann ich den sternlosen Nachthimmel erkennen. Seufzend wende ich mich von der Sackgasse ab. Wenn ich meinen Blick gerade aus richte und an der Wand über mir entlang schaue erkenne ich weitere Absätze die ringförmig an den Wänden entlanglaufen. Das Ganze erinnert mich an eine Spirale die in einem zylinderförmigem Gebäude nach oben führt. Einige sind mit teilweise zerstörten Treppen verbunden. Ich schätze mal, dass das hier ein mehrstöckiges Gebäude war und man früher leicht von einer Etage zur nächsten gehen konnte. Aber jetzt verfällt alles stückchenweise. Ich taste mich vorsichtig weiter an den Rand heran und werfe einen Blick nach unten. Ein tiefer Abgrund lacht mir höhnisch entgegen. Ich kann nicht einmal den Boden erkennen. Liegt das an der Dunkelheit oder daran, dass ich viel zu weit oben bin? Ein flaues Gefühl macht sich in meinem Magen breit und ich ergreife schnell den Rückzug. Diese Ruine ist derartig geräumig, dass locker ein Helikopter landen und ohne Probleme wieder starten könnte. Wenn ich nach links blicke kann ich meine Etage weiter verfolgen. Auch sie führt ringförmig an der Wand entlang. Eigentlich könnte man einfach los laufen und so mit Hilfe der Treppen ganz schnell nach oben gelangen. Nur leider versperrt ein tiefer Abgrund meinen Weg. Scheinbar ist ein Stück von meiner Etage einfach abgefallen. Ich kneife meine Augen zusammen und versuche den Abstand einzuschätzen, muss aber leider feststellen, dass es zu weit ist, als dass ich einfach rüber springen könnte. Von hier aus kann ich vier Türen erkennen die in die Außenwand eingelassen sind und an die ich ohne große Probleme heran kommen könnte. Hinter dem Abgrund erkenne ich Schemen weiterer Türen. Was sich wohl alles dahinter verbirgt? Ein Ausgang vielleicht. Hoffnung keimt in mir auf. Nach der genauen Musterung widme ich mich der rechten Seite. Das gleiche in Grün. Wieder vier Türen. Nur kann ich hier deutlich erkennen, dass eigentlich eine Treppe nach oben geführt hätte. Doch diese fehlt komplett. Noch ein Abgrund. Ich lasse meinen Blick nochmal gerade aus schweifen. Sehr viele Meter von mir entfernt, kann ich den Rest meiner Etage auf der gegenüberliegenden Seite erahnen. Das frustrierende an der ganzen Sache ist, dass ich leider feststellen muss, dass die Treppen mir gegenüber noch intakt zu sein scheinen. Dort könnte man ohne Probleme bis zur Glaskuppel gelangen. Warum musste ich ausgerechnet auf dieser Seite der Ruine stranden? Also, welchen der acht anderen Räume werde ich zuerst untersuchen? Wenn ich es recht bedenke, habe ich schlechte Karten bei der Erkundung, wenn keines der anderen Zimmer ein Fenster vorweisen kann oder sogar eine Ausgangstür besitzt. Ich entscheide mich trotzdem erst einmal für die rechte Seite. Als ich die erste Türklinke nach unten drücken will, breche ich sie gleich ab. Was für ein gut gelungener Start. Die Tür lässt sich nun nicht mehr öffnen. Seufzend mache ich mich an die nächste. Dieses Mal untersuche ich die Klinke vorher gründlich, kann aber keinen Rost erkennen. Also drücke ich sie zart nach unten. Verschlossen. Auch nach mehrmaligem Rütteln kann ich sie nicht öffnen. Das gleiche geschieht mir mit der nächsten. Nun bleibt mir nur noch die letzte Tür kurz vor dem Abgrund. Vorsichtig mache ich einen Schritt auf sie zu. Der Boden unter meinen Füßen wirkt sehr instabil. Aber zum Glück scheint er meine 70kg auszuhalten. Endlich. Diese Tür lässt sich öffnen. Eine Wolke fauligen Atems kommt mir entgegen und zerstört meine Hoffnung auf ein Fenster. Ich kann Umrisse von alten, vollgestopften Regalen erkennen. Das alles wirkt eher wie eine Abstellkammer, als wie ein Ausgang. Ich ahne nichts Gutes. Alles was sich hier noch verbergen kann sind verschimmelte Handtücher und lebendige Wischlappen. Ich ekel mich so sehr, dass ich die Tür gleich wieder verschließe. Aus Reflex wische ich mir die Hände an meiner Khakihose ab, um mir wenigstens ein kleines Gefühl an Sauberkeit zu vermitteln. Von meinen Erfahrungen geprägt, traue ich mich kaum die verbliebenen Türen zu öffnen. Unschlüssig bleibe ich stehen. Was für ein Horrortrip. Wie bin ich nur hierher gelangt? Seufzend schüttle ich meinen Kopf. Aufgeben kommt für mich nicht in Frage. Ich rede mir neuen Mut zu und wähle die erste linke Tür neben meinem Aufwach-Raum. Ich drücke die Klinke nach unten und die Tür schwingt auf. Dieser Raum wirkt einsam und verlassen. Ich kann kaum etwas erkennen. Ob sich hier ein Weg nach draußen verbirgt? Ich bleibe auf der Hut und wage mich hinein. Meine Augen gewöhnen sich nun doch langsam an die Dunkelheit und ich kann die Umrisse der Tische und Stühle erkennen. Sie stehen kreuz und quer im Zimmer verteilt. Einige von ihnen liegen auch umgekippt auf dem Boden. Ich untersuche einen der Tische genauer und erkenne mehrere Einkerbungen. Ganz so als ob etwas mit langen Krallen daran herum geschabt hätte. Bei den Spuren fängt mein Rücken sofort an zu brennen und eine Ahnung macht sich in mir breit. Was ist, wenn dieses Tier mich hier her verschleppt hat um mich später aufzufressen? Nervös reibe ich mir über die Arme, um die Gänsehaut zu vertreiben. Das würde meinen unweigerlichen Tod bedeuten. Ich glaube, ich habe mal in einer Tierdoku gesehen, wie manche Tierarten ihre Beute mit nach hause nehmen, um sie an ihre Jungen zu verfüttern. Ob es hier noch mehr Riesen-Katzen-Bären-Wölfe gibt? Angst kommt wieder in mir auf und meine Nackenhaare stehen wie eine Eins. Wie betäubt erstarre ich auf der Stelle. Irgendetwas hatte sich doch gerade im Hintergrund bewegt. Oder bilde ich mir das nur ein? Mein Herz fängt wieder an wie wild zu hämmern. Meine Knie erzittern. Hastig lasse ich meinen Blick umherschweifen, kann aber einfach nichts erkennen. Langsam drehe ich mich um und blicke in zwei dunkle Augen. Vor lauter Schreck schreie ich auf und falle zu Boden. Das Tier brüllt mir entgegen. Dabei reißt es sein Maul weit auf. Ich kann seine Zähne nur allzu deutlich erkennen. Rasiermesserscharf blitzen sie mir entgegen. Speichelfäden fliegen mir ins Gesicht. Wird es mich jetzt fressen? Tränen kullern meine Wange herunter und ich kann mein Schluchzen nicht unterdrücken. Meine Knie zittern wie Espenlaub und Panik macht sich in mir breit. Das Brennen in meiner Schulter wird immer unerträglicher. Ich habe Angst. Verzweifelt und Schutz suchend rolle mich zu einer Kugel zusammen und ergebe mich meinen Gefühlen. Das wird mir alles viel zu viel. Ich schluchze lauthals und weine all meine Angst und Verzweiflung heraus, beiße mir auf die Lippen und schmecke mein eigenes Blut. Wie ein erbärmliches Bündel zittere ich und wimmere um mein Leben. So will ich einfach nicht sterben. Ich wollte doch nur mit den Kindern eine schöne Woche in der freien Natur verbringen und mich am Samstag zu hause wieder auf die Couch schmeißen. Die Kreatur tobt im Hintergrund und springt von Tisch zu Tisch. Sie schlägt ihre Klauen in das Holz und brüllt dabei immer wieder auf. Ich merke nicht wie die Zeit vergeht. Auch bemerke ich nicht, wie es langsam wieder ruhiger wird. Meine Gedanken haben sich verabschiedet. Ich kauere auf dem Boden und bin vollkommen erstarrt. Irgendwann versiegen meine Tränen und mir fällt die unheimliche Stille auf, die sich plötzlich wie ein zähe Decke über mir ausgebreitet hat. Vorsichtig hebe ich meinen Kopf und blicke mich um. Das Tier sitzt mir genau gegenüber und sieht mich an. Seine Augen fixieren mich. Irgendwie fühle ich mich absolut nackt, ganz so als ob es tief in meine Seele blicken würde. Scham keimt in mir auf. Ich komme mir dumm und lächerlich vor, dennoch traue ich mich nicht auch nur einen meiner Muskeln zu bewegen. Also rolle ich mich fester zusammen und versuche die Kälte zu verdrängen. Langsam verfalle ich in einen leichten Dämmerschlaf, da die Erschöpfung an mit zehrt. Keine Ahnung wie lange ich so dagelegen habe. Aber als sich meine Augen wieder öffne, kann ich die Kreatur nirgends sehen. Diese Tatsache beruhigt mich ungemein. Langsam quäle ich mich in eine sitzende Position. Ich spüre jeden Muskel in meinem Körper viel zu deutlich und zu allem Überfluss macht sich meine Blase auch noch bemerkbar. Mein Gehirn arbeitet bereits an einer Lösung, denn lange halte ich das nicht mehr aus. Ich nehme mal nicht an, dass ich hinter einer der noch nicht erkundeten Türen eine Toilette finde die man noch benutzen kann. Ich versuche mich zusammenzureißen, doch wenn man sich Mühe gibt an etwas nicht zu denken, dann tritt es nur noch stärker in den Vordergrund. Ich zwinge mich aufzustehen und meine tauben Beine zu bewegen. Ich kann ja nicht ewig in neugeborenen Stellung auf dem Boden liegen. Ich sollte die Gunst der Stunde nutzen und mich beeilen. Immer wieder schaue ich mich um, kann aber keine Spur des Tieres erkennen. Meine Panikattacke hat sich auch wieder gelegt. Etwas mutiger geworden wage ich mich zur offenstehenden Tür und horche nach draußen. Nichts. Was will dieses Tier nur von mir? Warum macht es sich die Mühe mich hier her zu schleppen? Und wo zum Henker ist dieses Hier? Sachte schleiche ich nach draußen. Die Luft scheint rein zu sein. Vielleicht sollte ich mich beeilen. Schnell nehme ich mir die nächste Tür vor. Natürlich könnte sich hinter Tor Nummer 6 wieder dieses Tier befinden, aber ich habe keine Lust mich in die Ecke zu hocken und auf meinen Tod zu warten. Wer nichts wagt, der nichts gewinnt. Also drücke ich die Klinke nach unten. Ich staune nicht schlecht als ich den Anblick vor mir in mich aufnehmen. Eine Art Schlafzimmer. Zwei Betten mit gammeligen Bettzeug und Matratze stehen sich an den Wänden gegenüber. Ein Schrank mit aus den Angeln gerissenen Türen präsentiert mir seine gähnende Leere. Der Raum scheint mir schon vor dem Verfall nicht mehr bewohnt worden zu sein. Er ist kahl und abweisend. Keine Bilder an der Wand und auch sonst kann ich keine persönlichen Gegenständige des früheren Bewohners entdecken. Mir fällt die Lampe mit kaputter Glühbirne an der Decke auf. Scheinbar gab es hier mal Strom. An der Wand neben mir kann ich sogar einen alten Lichtschalter entdecken. Auch der hat schon mal bessere Tage gesehen. Diese ganze Umgebung hier wirkt auf mich wie eine einzige Ruine. Vielleicht waren ja hier wirklich mal Menschen. Aber warum hat sich dann dieses Tier hier eingenistet? Und wo sind alle hin? Als ich mich umdrehe, um zum Ausgang zu gehen, überkommt mich plötzlich ein Schwindelgefühl. Alles dreht sich in meinem Kopf und mir bricht der Schweiß aus. Ich brauche ein paar Minuten um mich wieder zu sammeln. Verwirrt treibe ich meine Beine voran. Ich könnte schon wieder schlafen, obwohl ich gerade erst aufgewacht bin. Irgendetwas stimmt mit mir nicht. Mir ist warm. Zu warm. Und mein Rücken brennt wie Feuer. Haben sich die Kratzer entzündet? Ich versuche mich zusammenzureißen. Dieses Problem sollte ich später genauer unter die Lupe nehmen. Bloß nicht darüber nachdenken, sonst wird es nur noch schlimmer. Ich verlasse den Raum und wähle die nächste Tür. Hier lässt sich die Klinke gleich gar nicht herunterdrücken. Der Rost scheint sie bewegungsunfähig gemacht zu haben. Meine Finger sind verschwitzt und ich fühle mich echt mies. Aber es hilft nichts, ich muss mich erst einmal um meine zu volle Blase kümmern. Ich komme mit meiner Erkundungstour am Ende an. Die letzte Tür wirkt anders, als seine Umgebung. Das Metall ist dicker und robuster. Es strahlt eine gefährliche Kälte aus und jagt mir Angst ein. Ein wenig erinnert sie mich an eine mittelalterliche Brandschutztür. Merkwürdig. Viel merkwürdiger als das ist die Tatsache, dass es keine Klinke gibt. Ärgerlicherweise zieht es unten durch die Türe hindurch. Wenn das hier mein Ausgang ist, dann muss ich mir wirklich was einfallen lassen. Wenn ich meine Erfolge mal zusammenfasse, dann muss ich leider feststellen, dass fünf der neun Türen wohl verschlossen bleiben. In einem Raum hatte sich das wilde Tier eingenistet und vielleicht auch die ganzen Stühle umgeworfen. Dann war da noch die Abstellkammer, ein Schlafzimmer und zum Schluss der Raum in dem ich aufgewacht bin. Meine Blase erinnert mich penetrant daran, dass ich dringend eine Lösung brauche. Ratlos blicke ich mich um. Einen der offenen Räume muss ich mir wohl vorübergehen als Toilette einrichten. Kurzerhand entscheide ich mich für diese gammelige Abstellkammer. Als ich den Raum nochmal betrete kommt mir gleich wieder dieser muffige Geruch entgegen. Der Schimmel scheint in jeder Ritze zu kleben. Angewidert traue ich mich kaum einen Fuß in den Raum zu setzten, doch mir bleibt keine andere Wahl. Ich suche nach einer geeigneten Ecke und muss zu meinem Glück sagen, dass es hier eine Art Abflussgitter gibt. Wozu das wohl mal gut war? Egal. Ich verrichte in Rekordzeit mein Geschäft und verschwinde schnell wieder. Geschafft. Mein Schädel droht zu zerspringen und mich überkommt ein starkes Zittern. Irgendetwas stimmt hier wirklich ganz und gar nicht mit mir. Dann gäbe es auch noch ein zusätzliches Problem. Ich habe Hunger. Ich glaube kaum, dass ich hier was Essbares finden, geschweige denn Wasser auftreiben kann. Bei dem Gedanken klebt meine Zunge bereits am Gaumen fest. Wenn mich dieses Tier also nicht auffrisst, werde ich hier elendig verhungern, verdursten oder an irgend einer Krankheit sterben. Tolle Aussichten. Das hat man davon, wenn man unbedingt den Helden spielen muss. Ich hoffe nur, dass man mich nicht vergessen hat und meine Kollegen mich überall suchen werden, damit mir ein solches Ende erspart bleibt. Aber wie sollen sie mich hier finden? Ich frage mich was Susi und die anderen jetzt gerade machen? Ein Blick zur Kuppel verrät mir, dass es mittlerweile Tag geworden ist. Vereinzelte Sonnenstrahlen kämpfen sich herein und ringen um die Vorherrschaft mit der Dunkelheit. Das Dämmerlicht erhellt gerade genug von meiner Umgebung, damit ich alles etwas genauer unter die Lupe nehmen kann. Jetzt erkenne ich, dass meine Lage schlimmer ist als angenommen falls eine Steigerung überhaupt noch möglich ist. Dieser Ort hier ist total riesig! Die Abstände zwischen den einzelnen Absätzen sind viel zu groß, als dass ein normaler Mensch irgendwohin springen könnte. Außer natürlich in den sicheren Tod. Würde ich jetzt laut rufen, so bin ich mir sicher, dass mein Echo antworten würde. Ich mache auf dem Absatz kehrt und ziehe mich in den Raum zurück, in dem ich das erste Mal aufgewacht bin. Wenn ich ihn jetzt bei dem Licht betrachte, dass durch die Tür hereinkommt, wirkt er für mich plötzlich viel geräumiger. Regale, weiße Tische und gepolsterte Stühle stehen an den Wänden. Alles wirkt so, als ob jemand schnell viel Platz machen wollte. Der Boden ist grau gefliest. Die einzelnen Kacheln sind teilweise geplatzt. An manchen Stellen kann ich sogar den Beton erkennen, weil dort eine ganze Reihe des Bodenbelages fehlt. Auch hier finde ich überall Krallenspuren. Die Wände sind hingegen vollgekritzelt. Die Schrift ist zwar verblasst, doch kann ich Formeln und Zahlen erkennen. Ich versuche mir meine alten Mathekenntnisse ins Gedächtnis zu rufen, doch leider ohne Erfolg. Mathe war noch nie meine Stärke. Außerdem verschwimmt alles zusehends vor meinen Augen. Eine Weile lang betrachte ich einfach nur die Wände. Das stete Klicken weckt wieder meine Aufmerksamkeit. Ich schaue mich suchend um, aber die Quelle des Geräusches kann ich nicht bestimmen. Schulterzuckend nehme ich es einfach hin. Resigniert suche ich mir einen der Tische aus und setzte mich darunter. Was könnte ich auch anderes machen? Die gammeligen Betten reizen mich viel weniger, als der nackte, einigermaßen saubere Boden. Ich bin gefangen. Es gibt einfach keinen Ausweg. Erschöpft rolle mich zu einer Kugel zusammen und spüre eine tiefe Müdigkeit. Mein Rücken brennt wie Feuer. Ich nehme an, da ich die Wunde nicht desinfizieren konnte, dass sie sich tatsächlich entzündet hat. Die ganze Zeit schon habe ich mich viel zu verschwitzt gefühlt. Eine warme Flüssigkeit verteilt sich langsam auf meinem T-Shirt. Ich bemerke bereits die ersten Vorboten des Fiebers. Ohne Wasser oder Nahrung habe ich wirklich schlechte Karten. Seufzend schließe ich die Augen und lasse mich von dem stetigen Klicken in den Schlaf wiegen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)