Demon Love von _Haruka-chan_ ================================================================================ Kapitel 1: A sleepless Night ---------------------------- Hallo :) Viel Spaß mit dem ersten Kapitel, hier eine kurze Erklärung: "..." = jemand redet //...// = jemand denkt ----------------------------------------------------------------- „Raus! Raus und lass dich ja nie wieder hier blicken!“ Mit einem lauten Krachen schlägt die schwere Tür vor mir ins Schloss. Und ich stehe da mit einem Koffer neben mir, im ströhmenden Regen. Vor meinen Haus. Aus dem meine Mutter mich soeben ausgesperrt hat. Man hats ja gehört. Stocksauer stampfe ich die Stufen hinauf und hämmere gegen die Tür. „Das kannst du doch nicht machen Mutter! Ich bin deine Tochter! Du kannst mich nicht einfach rauswerfen!“ Ich warte. Keine Antwort, nichts regt sich. „Verdammt mach die blöde Tür auf!!“ brülle ich und schlage wie eine verrückte darauf ein. Plötzlich höre ich ein Klicken. Hab ich doch noch Glück gehabt? Aber es ist nicht die Tür die geöffnet wird, sondern das Fenster im ersten Stock. Meine Mutter streckt ihren Kopf heraus und ruft zurück: „Ich habe es dir bereits gesagt Abbygale, dieses Mal bist du eindeutig zu weit gegangen! Ich habe immer all deine dämlichen Aktionen mitgemacht und dich ständig in Schutz genommen, habe dich vor den anderen immer verteidigt und so dankst du mir das? Mir reicht es entgültig! Du bist eine Schande für die Familie!“ und mit diesen Worten knallt sie das Fenster zu und lässt mich einfach im Regen stehen. „Na schön! Dann mach doch was du willst! Ist mir doch egal wenn du hier vergammelst!“ Ich drehe mich um, schnappe mir meinen Koffer und stampfe wütend davon. //Was denkt die sich eigentlich, ihre eigene Tochter hinauszuwerfen?! So bin ich nunmal! Ich bin einfach nicht dafür geschaffen, in schönen Kleidern durch die Gegend zu laufen und sich immer zu benehmen! Das bin einfach nicht ich!// In meiner Wut habe ich gar nicht aufgepasst, wohin ich gelaufen bin und jetzt stehe ich mitten im finsteren Wald, allein und mir ist kalt. Mein dünnes, weinrotes Kleid macht die Sache nicht unbedingt besser. Für einen Moment spiele ich mit dem Gedanken, den Weg zurück zum Haus zu suchen und mich irgendwie reinzuschmuggeln, aber ich verwerfe den Gedanken sofort wieder. Ich bleibe stur! Soll meine Mutter doch kommen und mich suchen! //Hoffentlich macht sie sich Sorgen und bereut was sie getan hat!// Ich gehe einfach ziellos weiter, immer tiefer in den Wald hinein. Eigentlich habe ich schon ein bisschen Angst, aber das würde ich nie zugeben. //Reiß dich zusammen Abby! Du hast zu viele Geschichten gelesen! Hier ist nichts und Angst im Dunkeln hast du schon nicht mehr seit du 6 warst!// Energisch schüttle ich den Kopf und zwinge mich weiterzugehen. Doch je weiter ich gehe, destso mehr habe ich das Gefühl, als würde ich im Kreis laufen. Außerdem ist es kalt, sehr kalt. Und den Koffer muss ich auch noch mitschleppen! Völlig verzweifelt will ich schon aufgeben, als ich plötzlich ein Licht sehe! Oh mein Gott hier lebt tatsächlich noch jemand! Ich packe den Koffer fester und renne auf das Licht zu. Vor mir sehe ich ein riesiges Herrenhaus, im europäischen Stil gebaut, mit einem großen Garten und es ist von einem hohen Eisenzaun umgeben. Super! Ich drücke die Klinke des Eingangstores hinunter. Verschlossen. //Mist, mist! So komm ich da nicht rein! Aber wenn ich noch länger hier draußen bleibe, wer weiß was dann passiert. Besondere Situationen erfordern besondere Maßnahmen, oder? Der Zaun ist nicht besonders hoch, das einzige Problem sind die Spitzen die oben hinausragen. Mit meinem durchnässten Kleid wird es nicht gerade einfach sein, da drüber zu klettern. Was solls. Ich nehme den Koffer mit beiden Händen, trete ein paar Schritte zurück, nehme Anlauf und schmeiße ihn über die Mauer. Mit einem dumpfen Aufprall, den hoffentlich niemand gehört hat, landet er auf der anderen Seite. Jetzt gibt es kein zurück mehr. Es regnet immer noch und es ist rutschig. Vorsichtig strecke ich meine Hand aus und ergreife das kalte Metall. Stück für Stück klettere ich nach oben und bemühe mich, nicht nach unten zu schauen. Jetzt kommt der schwierige Teil. Ich packe das Gitter fester und schwinge mich mit aller Kraft nach oben. Leider nicht hoch genug. Der Saum meines Kleides bleibt an einer Stange hängen und ich verliere meine Balance. Ich versuche mit noch mit meinem Fuß irgendwo abzustützen, aber zu spät. Mein Kleid reißt und ist jetzt um mindestens 50cm kürzer und ich schlage ungebremst auf dem Boden auf. Jetzt liege ich im Dreck und mein rechter Knöchel tut weh. //Vielleicht sollte ich einfach liegen bleiben// denke ich mir, während der Regen unsanft auf mein Gesicht prasselt. //Nein, nein, nein! Gib nicht so einfach auf! Du bist Abbygale Shadow Fall, du gibst nicht so einfach auf!// Ich setze mich auf und ziehe mich an der Mauer hoch. Mein Knöchel fühlt sich an als würde er brennen und ich muss die Zähne zusammen beissen, um nicht zu schreien. Ich packe meinen Koffer und humple auf das eindrucksvolle Haus zu. //Es wird doch wohl irgendwo ein Kellerfenster oder eine Hintertür geben, wo ich mich unauffällig einschleichen kann//, denke ich mir und tatsächlich finde ich ein Kellerfenster das nicht richtig zugemacht wurde. Vorsichtig und ganz langsam, um keinen Lärm zu machen, drücke ich es auf ich spähe hinein. Nichts zu sehen. Ich lausche. Nichts zu hören. //Gut, dann kanns ja losgehen.// Ich stecke ein Bein durch das Fenster und lasse mich langsam and er Mauer hinuntergleiten, bis ich wieder festen Boden unter den Füßen habe. Mir entfährt ein kurzer Laut, weil mein Knöchel mittlerweile nicht nur schmerzt, sondern jetzt auch noch anschwillt. Ich reiße mich zusammen und ziehe meinen Koffer auch noch durch das Fenster und setzt ihn leise auf dem Boden ab. Das einzige Licht, ist das Mondlicht, was den Raum nur sehr spärlich erleuchtet. Ich taste mich voran, bis ich auf etwas stoße, was sich wie eine Kiste anfühlt. Mittlerweile ist es so dunkel, dass ich nicht mal meine eigene Hand vor Augen sehen kann. Langsam gehe ich rückwärts, bis ich wieder bei meinem Koffer bin. Da mir nichts anderes übrig bleibt, lege ich mich kurzerhand neben ihn und versuche die aufwallende Panik, die in mir hochkommt zu unterdrücken. Ich liege mitten in der Nacht, in einem fremden Haus, mit einem verstauchten, vielleicht sogar gebrochenem Knöchel, komplett durchnässt in einem Keller. Irgendwie hatte ich mir meinen Tag anders vorgestellt. //Morgen wird schon alles gut.// sage ich mir und schließe erschöpft die Augen. Ich bin todmüde. Mein letzter Gedanke, bevor mir die Augen zufallen ist, ob es in diesem Keller wohl Spinnen gibt. Kapitel 2: Simply one hell of a Butler -------------------------------------- Ich öffne die Augen und blinzele in das grelle Licht. //Wo zum Teufel bin ich?!//, ist mein erster Gedanke, doch dann fällt es mir auch sofort wieder ein. Ich habe zwar nicht die geringste Ahnung wem dieses Haus gehört, in das ich eigentlich ja eingebrochen bin, aber mir ist das herzlich egal. Ich muss mich jetzt erstmal um meinen Knöchel kümmern. Die Sonnenstrahlen, die durch das Fenster fallen erhellen den Raum genug, damit ich mich umsehen kann. Anscheinend bin ich in einer Art Abstellkammer gelandet, denn hier stehen haufenweise Kisten, die sich manchmal sogar bis zur Decke stapeln. Auf vielen liegt eine Staubschicht, daher nehme ich an, dass hier unten schon länger niemand war. Umso besser für mich. Ich werfe einen Blick aus dem Fenster. Der Himmel ist noch rosa, daher muss die Sonne erst vor ca. 10 Minuten aufgegangen sein. Es wäre vielleicht besser, wenn ich mich wieder vom Acker mache, denn es liegt nicht unbedingt in meinem Interesse, vom Hausbesitzer entdeckt zu werden. Denn dieser wäre mit Sicherheit nicht erfreut über meine Anwesenheit. Ich öffne meinen Koffer und suche nach meinem Nachthemd. Nachdem ich es gefunden habe reiße ich es in Streifen und verbinde meinen Knöchel damit. Ist zwar nicht sonderlich professionell, aber besser als gar nichts. Ich schiebe den Koffer in die hinterste Ecke und stelle noch ein paar Kisten davor. Ich kann ihn jetzt nicht mitnehmen, aber ich werde ihn irgendwann holen. Jetzt muss ich erstmal hier raus. Ich hieve mich hoch und klettere aus dem Fenster. Ich teste kurz, wie sehr ich meinen Fuß belasten kann. Ein bisschen rennen müsste ich schon können. Ich sehe mich nochmal um und sprinte dann los. Auf das große Tor zu. Als ich nur noch 2 Meter davon entfernt bin höre ich plötzlich eine Stimme hinter mir. „Dürfte ich fragen wer Sie sind? Und was Sie so früh am morgen auf dem Anwesen der Phantomhives machen?“ Scheißeee!! Okay jetzt ganz ruhig bleiben, nur nicht die Nerven verlieren. Ich drehe mich ganz langsam um und was ich sehe raubt mir doch tatsächlich den Atem. Nur wenige Schritte von mir entfernt steht ein bildschöner großer Mann mit glänzenden schwarzen Haaren. Er ist größer als ich und er trägt einen schwarzen Frack, ein Butler also. Ich schätze ihn so um die 25 Jahre, bin mir aber nicht wirklich sicher. Mein Blick wandert zu seinen Augen. Wunderschöne, rötliche Augen. Sie haben etwas fesselndes, etwas magisches. Ich bin so fasziniert, dass ich mich für einen Moment vollkommen darin verliere. Doch dann reiße ich mich zusammen und finde auch meine Sprache wieder. „Nun ja... das ist eine längere Geschichte.“ //Na toll und mehr fällt dir nicht ein?!//, denke ich mir und suche fieberhaft nach einer Ausrede. Moment mal! Er hat doch vorhin Phantomhive gesagt, nicht wahr? „Ich möchte Earl Phantomhive sprechen! Deshalb bin ich hier!“ Ich hebe den Kopf noch etwas, um meinen Worten Nachdruck zu verleihen. „Nun gut.“ Er verbeugt sich, und deutet mir mit einer Handbewegung ihm zu folgen. „Normalerweise kommen unsere Gäste eher am Nachmittag und kündigen sich vorher an.“ sagt er und blickt mich leicht spöttisch an. //Was denkt der sich?!// Ich ignoriere diese Bemerkung und er führt mich ins Haus. Durch die imposante Eingangshalle, extravagante Flure, vorbei an den vielen Gemälden und das so schnell, dass ich keine Zeit habe es auf mich wirken zu lassen. Schon stehen wir vor einer Holztür und er klopft an. „Junger Herr. Wir haben einen Gast.“ Okay, so war das eigentlich nicht geplant. Ich hatte eigentlich vor, unterwegs irgendwie abzuhauen, aber zu spät. Ich muss mir schnell was einfallen lassen. „Herein.“, dringt eine Stimme vom inneren des Zimmers zu uns vor. Der Butler öffnet die Tür und ich trete ein. Es ist offensichtlich das Arbeitszimmer. Vor dem großen Fenster am Ende des Raumes steht ein Schreibtisch und dahinter... sitzt ein Junge! Der Knirps ist wahrscheinlich gerade mal 12 oder 13! Hab ich irgendwas verpasst?! Ich muss wahrscheinlich ziemlich bescheuert aussehen, wie ich da mit zerzausten Haaren, meinem zerknitterten Kleid vor ihm stehe und ihn anglotze. Auch gut. Der Earl ist ein Kind. Tja, wie sagt man so schön, das Leben ist voller Überraschungen! „Junger Herr. Diese Frau hat sich unbefugt auf eurem Grundstück aufgehalten. Um 6 Uhr morgens. Außerdem verlangte sie euch zu sprechen.“ Er verbeugt sich leicht und tritt ein paar Schritte zur Seite. Earl Phantomhive ist wie gesagt ein Junge, etwa 12 Jahre, hat blau-graue Haare und seine Augen sind kalt und stechend blau. Zumindest das eine, denn das andere wird von einer schwarzen Augenklappe verdeckt. Er sieht mich durchdringend an. „Ich bin Earl Ciel Phantomhive. Und wer seit ihr, dass ihr euch anmaßt einfach so mein Grundstück zu betreten?“ fragt er. Wie bitte?! Der Knirps hat ja ein freches Mundwerk für sein Alter! Aber ich kann ihm ja wohl kaum verraten, wer ich wirklich bin! „Ich bin Abbygale.“, gebe ich zur Antwort und mach einen kleinen Knicks. „Abbygale wer?“, gibt er hochnäsig zurück. „Primes!“, sage ich schnell. „Abbygale Primes ist mein Name.“ „Und was führt euch so früh zu mir?“. Diese unglaubliche Arroganz in seinen Augen, ich halts nicht aus. Tja, aber warum bin ich hier? „Arbeit. Ich suche Arbeit!“ Das war nun wirklich nicht sehr überzeugend, aber was solls. „Ich möchte hier als Hausmädchen arbeiten. Ich brauche das Geld dringend, um Medikamente für meine kranke Schwester zu kaufen.“ Ich habe zwar wirklich eine Schwester, aber der Rest ist alles gelogen. „Ich bitte euch inständig!“ Ich verbeuge mich nochmal. Ich spüre seinen Blick der mich durchbohrt. „Geleite die Dame nach draußen.“ sagt er und widmet sich seinen Papieren. Ich habe schon die Hoffnung, dass ich jetzt gehen kann, aber zu früh gefreut. „Zeig ihr ihr Zimmer und führe sie herum. Ich überlasse sie dir. Und jetzt geh und stör mich nicht weiter.“ „Ganz wie ihr wünscht.“. Dann schaut er zu mir. „Wenn sie mir nun freundlicherweise folgen würden.“ Mir bleibt ja wohl nichts anderes übrig. Also haste ich ihm hinterher, denn er hat wirklich ein ganz schönes Tempo drauf. „Mein Name lautet übrigens Sebastian Michaelis.“ Ich nicke. „Sehr erfreut.“ Ein leises lächeln umspielt seine Lippen. Schließlich bleibt er vor einer Türe stehen. „Das hier ist ihr Zimmer. Kleidung liegt bereit. Ich werde warten und sie dann herumfrühren und ihnen alles zeigen.“ Der Kerl macht mich verrückt. Er hat so eine seltsame Ausstrahlung, so... anders. Als wäre er nicht von dieser Welt. „Okay. Und sag bitte einfach Abbygale zu mir. Oder Abby.“ Warum lächelt er denn jetzt schon wieder?! Da kann man doch echt nur den Kopf darüber schütteln. Ich betrete das Zimmer und schließe die Tür hinter mir. Es ist nicht sehr groß, doch gemütlich. Links an der Wand steht ein Bett und ein kleines Nachtschränkchen. Weiter hinten ein Schreibtisch und vor dem Fenster am Ende des Raumes steht eine Komode. Auf der rechten Seite stehen noch einige Bücherregale, ansonsten ist der Raum leer. Auf dem Bett liegt eine Hausmädchenuniform. Das ist seltsam. Wer hat die dahin gelegt? Es wusste doch niemand, dass ich kommen würde! Ich wusste das ja vor einigen Stunden selbst noch nicht! Naja, jedenfalls ist die Idee, hier zu arbeiten, gar nicht so schlecht. Ich habe eine Unterkunft und eine Beschäftigung und meine Mutter wird mich hier bestimmt nicht finden. Meine Mutter tut mir ehrlich gesagt nicht leid, nur meine kleine Schwester Cho. Sie wird es bestimmt schwer haben, aber vielleicht kann ich ihr ja trotzdem irgendwie helfen. Ich seufze und ziehe mich um. Vor dem Spiegel zupfe ich noch ein bisschen hier und da, bis ich zufrieden bin. Es klopft. Sebastian. „Bist du fertig?“, höre ich ihn fragen. „Ja, ich bin gerade fertig geworden.“ rufe ich zurück. Er öffnet die Tür und kommt auf mich zu. Er mustert mich einen Moment und nickt dann. „Gut.“ ist sein einziger Kommentar. Ich will gerade fragen was genau ab jetzt meine Aufgaben sein werden, da drückt er mich ganz plötzlich ohne Vorwarnung gegen die Wand. Das alles geschieht so schnell und nur im Bruchteil einer Sekunde, das ich nicht mal den Hauch einer Chance habe zu reagieren. Ich wehre mich heftig, doch er ist unglaublich stark und ignoriert meine Versuche ihn zu treten. „Du bist nicht einfach nur ein ganz normales Mädchen nicht wahr? Du bist eine Adlige. Die Art wie du redest, wie du dich verhälst, wie du dich bewegst, und die Tatsache dass du so früh am Morgen draußen rumläufst lassen darauf schließen, dass du ausgerissen bist.“ Er sieht mir durchdringend in die Augen. Das alles sagt er so ruhig und gelassen, dass man meinen könnte er würde mit mir über das Wetter plaudern. Für einen Moment stockt mir der Atem. Zum einen, weil ich erstaunt, ja eigentlich sogar entsetzt bin, dass er das herausgefunden hat und zum anderen, weil er mir so unglaublich nah ist, dass ich seinen Atem auf meinem Gesicht spüren kann. Seine roten Augen ziehen mich in ihren Bann und irgendwo in mir regt sich ein Gefühl. Es ist fast so als würde ich diese Augen kennen. Als hätte ich sie schonmal gesehen. Es fühlt sich so vertraut an. //Reiß dich zusammen Abby!//, denke ich mir energisch. Ich fühle mich wie eine Gazelle, die von einem Raubtier in die Enge getrieben wird und wenn ich jetzt nicht aufpasse, werde ich gleich gefressen. Aber jetzt kann ich es auch nicht mehr leugnen, er würde mir ohnehin nicht mehr glauben. „Ja es stimmt. Ich bin eine Adlige und bin ausgerissen. Ich habe meine Gründe.“, sage ich und lege mein gesamtes Selbstvertrauen in diese Worte. Es beeindruckt ihn nicht im geringsten. Im Gegenteil, er grinst mich spöttisch an. „Du hast also deine Gründe? Na dann will ich dich nicht aufhalten.“ Er lässt mich los und ich verliere beinahe das Gleichgewicht. „Dann komm. Ich zeige dir das Anwesen und stelle dich dem Personal vor.“ Als wäre nichts geschehen geht er voraus. Diese Überheblichkeit, wie ich das hasse! Aber wie es aussieht wird er mein Geheimnis für sich behalten. Vielleicht ist er doch gar kein so übler Kerl. Vorerst zumindest. Kapitel 3: Welcome to the Phantomhives -------------------------------------- Sebastian führt mich hinunter in die Eingangshalle. Am Fuße der Treppe stehen vier Personen. Ich hatte etwas mehr erwartet. Aber nachdem der Earl sich als Kind entpuppt hat, wundert mich nichts mehr. Obwohl die vier ein seltsames Quartett abgeben. Der Erste ist ein Junge mit blonden Haaren und einem unschuldigen Lächeln. Er hat fünf rote Spangen im Haar, was auf den ersten Blick doch etwas seltsam aussieht, und von einer Schnur um seinen Hals baumelt am Rücken ein Strohhut. Neben ihm steht ein Mädchen mit rot-lila Haaren und einer großen, runden Brille und Hausmädchenuniform. Der Mann neben ihr hat blonde Haare, eine Zigarette im Mund und eine Art Schutzbrille um den Hals hängen. Außerdem trägt er eine Schürze. Und als letztes in der Reihe steht ein kleiner, sehr seltsamer Mann mit Butleruniform und einer japanischen Teetasse in der Hand. Wo bin ich hier nur gelandet?! „Hört mal her. Wir haben einen Neuzugang im Personal. Das hier ist Abbygale Primes und sie ist unser neues Hausmädchen. Sie wird größtenteils Maylene unterstützen, aber auch andere Aufgaben erledigen. Bitte kümmert euch um sie.“ Und mit diesen Worten lässt Sebastian mich einfach mit den vieren zurück und überlasst mich meinem Schicksal. „Ohhh wie schööön, endlich jemand neues! Ich bin Finny, der Gärter.“ sagt er Junge mit dem unschuldslächeln und umarmt mich so fest, dass ich das Gefühl habe, dass mir sämtlich Knochen gebrochen werden. „Ja das ist toll, dann bin ich nicht mehr so alleine. Oh, und ich bin übrigens Maylene.“, sagt das Mädchen mit der Brille und lächelt. Ich werde immer noch erdrückt. „Finny, is gut lass sie leben.“ kommt nun der Dritte mir zu Hilfe. Sofort lässt Finny mich los. Ich atme erleichtert auf. „Danke.“, keuche ich und Finny kratzt sich verlegen am Hinterkopf. „Haha tut mir leid, ich war nur so aufgeregt.“ „Schon gut.“, sage ich und ignoriere meine schmerzenden Rippen. „Ich bin übrignes Bard, der Chefkoch hier. Und das hier...“ er deutet auf die kleine Gestalt neben ihm, „... das hier ist Tanaka.“ Der kleine Mann blickt auf. „Ho hoho“ sagt er nur. „Ähm... freut mich auch euch alle kennenzulernen. Nennt mich einfach Abby.“ gebe ich zurück. „Na dann komm ich zeige dir zuerst den Garten.“ ruft Finny freudig, packt mich am Arm und zieht mich mit, sodass ich beinahe durch die Luft fliege. „Moment mal Finny! Sie soll mir helfen, also sollten wir ihr zuerst das Haus zeigen!“ wirft Maylene ein. „Quatsch die Küche ist das Wichtigste!“, gibt Bard dazu. „Ho hoho“, dringt noch von irgendwo Tanaka's Stimme zu uns durch und schon bin ich mitten in einer Diskussion, welcher Teil des Hauses am Wichtigsten ist und wer mich zuerst herum führen darf. In was für einem Irrenhaus bin ich eigentlich gelandet? Nach drei Stunden tun mir sämtliche Knochen weh und ich habe das gesamte Anwesen von oben bis unten kennengelernt, aber ich verlaufe mich andauernd. Es ist mittlerweile Mittagszeit und ich soll Bard beim Kochen helfen. Zuerst schneiden wir das Gemüse. Sebastian kommt vorbei uns bringt uns das Fleisch. Ich nehme es entgegen und will es in den Ofen schieben, da hält Bard mich auf. „Das geht doch viel schneller mit dem hier.“ sagt er und holt einen Flammenwerfer hervor. „Bist du vollkommen bekloppt?!!“, kreische ich und springe ein paar Schritte zurück. „Wir sollen kochen und nicht die Küche einäschern!“ Sowas hab ich ja noch nie erlebt! Allein die Idee ist doch schon vollkommen hirnvebrannt! „Dachte halt so geht es schneller...“ sagt er und zuckt mit den Schultern. „Wenn du danach Asche löffeln willst.“ Ich seufze entnervt. „Ich mach das Fleisch und du kümmerst dich um das Gemüse, okay?“ Ich will gar nicht wissen, was er noch so auf Lager hat. Nach einem normalen und vor allem genießbaren Mittagessen, helfe ich Maylene beim Putzen. Wie sich herausstellt ist sie ziemlich tollpatschig, aber im Grunde eine liebenswürdige Person. Allerdings lässt sie andauernd das Geschirr fallen, und ich bin beinahe von einer Leiter gefallen, weil sie so gezittert hat. Als ich später am Tag nach draußen in den Garten gehe, um Finny zu suchen, werde ich beinahe von einem fliegenden Baumstamm erschlagen. Das war wirklich unheimlich, vor allem weil niemand zu wissen schien, woher der kam, aber doch alle irgendwie eine Ahnung hatten. Alle, außer mir. Am Nachmittag erzählte Sebastian mir, dass ein Gast aus Italien zum Dinner kommen würde und er höchste Perfektion erwarte, woraufhin die drei eine Aktion starteten und mich mitreinzogen. Sie wollten Sebastian übertrumpfen und ihm „immer einen Schritt vorraussein.“ Das ging komplett nach hinten los und auf wundersame Weise konnte Sebastian dann doch noch alles retten und so standen wir um Punkt 6 Uhr abends tiptop vor dem Anwesen und warteten auf die Ankunft unseres Gastes. Schließlich fährt die Kutsche vor und Sebastian öffnet die Tür. „Herzlich Willkommen im Hause Phantomhive.“ sagt er mit einem lächeln. „Herzlich Willkommen.“ sagen ich und die anderen im Chor. Tanaka führt unseren Gast, Herr Damiano, zu seinen Gemächern und wir anderen wollten nun das Abendessen vorbereiten. Keiner von uns, auch ich nicht, wusste so wirklich wie Sebastian das Abendessen retten wollte, doch offensichtlich hatte er schon eine Idee. Unten in der Küche drückt Bard mir erstmal zwei kleine Kartons in die Hand. „Hier halt mal.“ Uff. Die sind doch etwas schwer. Bard macht sich am Fleisch zu schaffen und Sebastian gibt Anweiungen. „Sebastiaaaaaan!!“ höre ich Maylene's Stimme rufen. „Ich hab den Auftrag ausgeführt!! Alles so vorbereitet wie du es gesagt hast!“ Sie rennt in die Küche, sieht mich zu spät und rempelt mich an. Durch die Kartons verliere ich das Gleichgewicht, sie rutschen mir aus der Hand und ich kippe nach vorne. Doch anstatt auf dem Boden zu landen, werde ich von Sebastian aufgefangen. Die beiden Kartons hat er ebenfalls aufgefangen, in jeder Hand einen und ich, ich liege in seinen Armen und mein Gehrin weigert sich logisch zu denken. Es ist beinahe so als würde seine Ausstrahlung mich vollkommen fesseln und ich kann meinen Blick nicht von seinem Gesicht lösen. „Hast du dich verletzt?“ fragt er, und seine Stimme holt mich wieder in die Realität zurück. Schnell richte ich mich wieder auf. „Nein, alles okay. Vielen Dank!“ Ich nehme ihm die Kartons wieder ab. „Dann ist gut. Maylene, sei in Zukunft vorsichtiger.“ Er wirft ihr einen strengen Blick zu. „J-ja Sebastian.“, sagt sie. Dann rennt sie mir hinterher, denn ich bringe die Kisten nach unten in die Abstellkammer. Auf dem Weg entschuldigt sie sich mindestens tausendmal und obwohl ich ihr mindestens genauso oft erkläre, dass es schon okay wäre, beschäftigt mich etwas ganz anderes. Sebastian. Was ist das für ein komisches Gefühl, was ich in seiner Gegenwart spüre? Dieses vertraute Gefühl? Warum reagiere ich so seltsam auf ihn? Warum setzt mein Verstand aus, wenn ich ihm in die Augen sehe? Ich kann mir das alles nicht erklären. Es verwirrt mich. Ich schüttle den Kopf. Jetzt ist nicht der Zeitpunkt um sich darüber Gedanken zu machen. Es ist wichtiger, dafür zu sorgen, dass der Gast zufrieden ist und außerdem geht es meinem Knöchel schlechter. Ich werde in den nächsten Tagen zu einem Arzt gehen, aber das muss warten. Ich stelle die Kisten ab und gehe mit Maylene zurück. Ein Blick aus dem Fenster verrät uns, dass Ciel und Herr Damiano draußen beim Dinner sind und von Sebastian bewirtet werden. Wir wollen gerade zurück in die Küche gehen, da kommt uns Bard entgegen. „Hey da seit ihr ja! Sebastian hat gesagt, dass wir uns zurückziehen können. Er wird alles weitere erledigen.“, sagt er fröhlich und geht wieder. Ich ziehe mich ebenfalls in mein Zimmer zurück. Ich lasse mich erschöpft aufs Bett fallen. Ich bin todmüde. So viel Arbeit bin ich nicht gewöhnt. Aber hier ist es immer noch besser als daheim. Ich schließe die Augen und denke an meine Schwester Cho. Ich liebe sie sehr. Vielleicht schleiche ich mich nochmal nach Hause und besuche sie, damit sie weiß, dass es mir gut geht. Aber zurück will ich trotzdem nicht. Ich drehe mich auf die Seite und schließe die Augen. Erstmal ausruhen. Ich schrecke hoch. Ich habe gerade einen furchtbaren Schrei gehört. Oder habe ich mir das nur eingebildet? Ich nehme eine Kerze und gehe aus dem Zimmer. Es ist schon dunkel draußen und in Flur sind keine Lichter. Ich sehe mich um. Es ist eine unheimliche Atmophäre und ich bekomme eine Gänsehaut. Plötzlich sehe ich aus dem Gang zu meiner Rechten ein weiteres Licht. Sebastian! „Ist alles in Ordnung?“. Er sieht mich fragend an. „Ja... alles in Ordnung. Ich dachte nur, ich hätte etwas gehört. Aber ich habe mir das wahrscheinlich nur eingebildet.“ sage ich. Er lächelt. „Dann ist es ja gut. Aber wie geht es deinem Fuß? Du solltest ihn verarzten lassen.“ „W-was?“ Wie zum Teufel hat er das schon wieder herausgefunden?! Wenn das so weitergeht, weiß er bald noch wo ich herkomme! „Das ist nichts schlimmes.“ sage ich schnell. „Achja? Das glaube ich aber nicht.“ Er spricht mir ruhiger Stimme und drängt mich langsam in mein Zimmer bis ich vor meinem Bett stehe und nicht weiter zurückweichen kann. „Warte einen Moment.“ Er verlässt das Zimmer und kommt kurz darauf mit Verbandszeug zurück. Er kniet sich vor mich und zieht mir den Schuh aus. Er tastet vorsichtig meinen Knöchel ab. Dann verbindet er ihn sorgfältig. Ich kann nur faszniert zusehen. Es ist fast als wäre ich in Trance. Als gäbe es nur ihn und mich. „So ist es besser. Allerdings solltest du trotzdem noch damit zum Arzt gehen.“ Er steht auf und lächelt. „D-danke.“, ist alles was ich momentan hervorbringe. „Ich wecke dich dann morgen früh. Gute Nacht, Abby.“ sagt er noch und geht. Erst Minuten später finde ich meine Sprache wieder. „Gute Nacht.“, flüstere ich, und obwohl er nicht mehr hier ist, habe ich das Gefühl, als könnte er meine Worte trotzdem hören. Kapitel 4: White Roses ---------------------- „Hat man sich einmal vom Glauben abgewandt, ist einem der Zutritt zum Reich Gottes auf ewig versagt.“ „Wir beide wissen, dass Gott nicht existiert. Und wir beide wissen, dass dieses Reich eine Lüge ist.“ „Ich frage dich nochmals. Ist es dein Wille? Begehrst du diesen Vertrag?“ „Mehr als alles andere.“ „So sei es. Nun denn, dann äußere deinen Wunsch, und der Vertrag ist besiegelt.“ „Meinen Wunsch? Nun gut, mein Wunsch lautet: Ich will so sein wie du, dein Blut soll durch meine Adern fließen und dein Geist soll mein Geist sein. Auf ewig aneinander gebunden, ohne Angst vor dem Tode, sollen wir unser Werk gemeinsam fortsetzten. Befreie mich aus meiner sterblichen Hülle und mache mich zu einer von euch.“ „So sei es. Der Vertrag ist mit deinem Wunsch besiegelt. Auf ewig.“ Blinzelnd öffne ich die Augen. Ich habe gestern Abend vergessen, die Vorhänge zuzuziehen, daher scheint die Morgensonne durch das Fenster direkt in mein Gesicht. Ich gähne und strecke mich und ziehe mich dann um. Nachdem ich meine Hausmädchenuniform angelegt habe, verlasse ich mein Zimmer und laufe durch das Anwesen. Die tickende Uhr in der Küche verrät mir, dass es fünf Uhr morgens ist. Allerdings ist noch niemand wach, nichtmal Sebastian. Daher beschließe ich, mich noch einmal etwas im Garten umzusehen. Finny hat mich gestern zwar herumgeführt, doch ich hatte nicht genug Zeit alles in Ruhe zu betrachten. Nachdem ich eine Weile zwischen den Blumenbeeten entlaggelaufen bin, sehe ich zwischen den Bäumen plötzlich ein schmiedeeisernes Tor. Ich drücke es auf und finde mich in einem wunderschönen Rosengarten wieder. Er ist umgeben von hohen Büschen und Sträuchern, sodass es so wirkt, als wäre man umgeben von einem Meer aus Rosen. Die meisten Rosen sind weiß, meine Lieblingsblumen. Ich betrachte die schönen Blumen. Sie sind makellos, ich finde nicht ein welkes Blatt. In nahezu vollendeter Perfektion blühen sie nebeneinander, eine schöner als die andere. Sanft fahre ich mit dem Finger über ein Blütenblatt. „Weiße Rosen stehen für Reinheit und Unschuld...“,flüstere ich leise und stocke. „...aber auch für Abschied und Tod. Sie ist das Symbol des Geheimnisvollen.“, beendet stattdessen eine andere Stimme für mich den Satz. Erschrocken drehe ich mich um, denn ich glaubte eigentlich, dass ich alleine wäre. Es ist Sebastian! Ich hätte nicht gedacht, dass er die Blumensprache kennt. „Du bist so früh schon auf?“ sagt er mit einem fragenden lächeln. „Ja, ich hatte die Vorgänge nicht zugezogen und bin deshalb schon so früh wach.“ erkläre ich. Er kommt näher und stellt sich neben mich. „Verstehe. Magst du die weißen Rosen?“ Jetzt da er dirket neben mir steht, werde ich doch etwas nervös. Ich habe Angst etwas falsches zu sagen, aber gleichzeitig habe ich das Gefühl, ich könnte mit ihm über alles reden. „Ja, die weiße Rose ist meine Lieblingsblume.“ antworte ich schließlich. Er lacht. „Was für ein Zufall. Meine auch.“ Ich muss lächeln. Ja die weiße Rose passt zu ihm. Denn geheimnisvoll ist genau das Wort, dass ihn beschreibt. Geheimnisvoll, magisch, faszinierend und anziehend. Er hat ein wunderschönes lächeln. Ich weiß selbst nicht, warum ich auf einmal über solche Dinge nachdenke, früher hat mich sowas nicht interessiert, doch etwas an Sebastian ist anders. Das spüre ich ganz deutlich. Er bemerkt meinen Blick und lächelt. Ich spüre, wie mir eine leichte Röte ins Gesicht steigt und drehe meinen Kopf etwas zur Seite, damit er es nicht sieht. Doch dann hält er mir eine weiße Rose hin. „Du kannst sie dir in dein Zimmer stellen, wenn du möchtest.“ Im ersten Moment bin ich überrascht über das plötzliche Geschenk, doch ich freue mich sehr darüber. „Vielen Dank, das werde ich machen.“ Ich hätte nicht gedacht, dass Sebastian so nett sein könnte. Anfangs kam er mir nämlich etwas hochnäsig vor, aber offensichtlich habe ich mich geirrt, Ich hole mir eine schöne Vase und etwas Wasser und stelle die Rose auf meine Komode vor dem Fenster. Die Sonnenstrahlen, die durch das Fenster fallen, lassen die Blütenblätter leuchten und es sieht wirklich schön aus. Zu diesem Zeitpunkt wusste ich noch nicht, welch große Bedeutung die weiße Rose wirklich hatte, doch ich würde es bald erfahren. Und so verließ ich nichtsahnend mein Zimmer, nicht wissend, dass bald so einiges auf mich zukommen würde. Mehr als ich mir je erträumt hätte. „Leute, ich hatte eigentlich etwas anderes vor!“ Ich versuche mich aus dem Griff von Finny und Maylene zu befreien, aber erfolglos. Die beiden haben mal wieder eine „supertolle“ Idee und ich bin leider Gottes ein Teil davon. Und jetzt schleifen sie mich runter zur Haupthalle. „Ach was, das wird bestimmt lustig!“ sagt Finny fröhlich. Fragt sich nur für wen. Bard wartet mit Tanaka schon ungeduldig auf uns. Neben ihm steht ein Karton, dessen Inhalt ich nicht sehen kann. „Alle Mann angetreten!“, sagt Bard und Maylene und Finny salutieren während ich überlege ob ich wegrennen soll. „Wir müssen die Ratten loswerden! Und ich habe einen grandiosen Plan!“ Achja die Ratten. Die dämlichen Viecher stiften ein ganz schönes Chaos. Aber ich dachte wir heuern einen Spezialmann an, um dieses Problem zu lösen und machen es nicht selber. „Hier ist eure Ausrüstung.“ Bard reicht jedem von uns zwei Mausefallen und ein Netz. Er selbst hat noch zwei Kochlöffel bei sich und Finny drückt er zusätzlich noch eine Katze in die Hand. Moment mal, seit wann ist die überhaupt hier?! „Hey, hey was soll das werden?“ frage ich, denn um ehrlich zu sein bin ich nicht gerade begeistert von ihrem Plan. „Wir werden Sebastian ein für alle mal zeigen, dass wir nicht so dumm sind wie er immer glaubt!“ Jetzt ist er richtig in Fahrt. „Wir werden das Rattenproblem lösen! Mir nach!“ Und schon rennt er los, Tanaka hinterher und Maylene und Finny ziehen mich einfach mit. Hilfeeeee! Nach zwei Stunden sinnlosen rumgerenne machen wir endlich eine Pause und begrüßen die ankommenden Gäste. Ciel's Tante Angelina Durless, Madame Red genannt ist eine Frau mit roten Haaren und allgemein trägt sie eigentlich nur rot. Sie ist Ärztin und Ciel liegt ihr sehr am Herzen. Auch wenn sie etwas aufbrausend, energisch und selbstsicher ist, ich mag sie irgendwie. Weitere Gäste sind der Chinese Lau und Ran-Mao. Lau ist eher ruhig und wirkt gelassen, allerdings hat er seine Augen fast immer geschlossen. Zumindest sieht es für mich so aus. Er hat schwarze, kurze Haare und seine Kleider sehen edel aus. Seine Begleiterin Ran-Mao sagt so gut wie gar nichts und folgt ihm wie ein Schatten. Auch sie hat schwarze, lange Haare und eine Blume im Haar, aber irgendwie errinert sie mich an einen Tiger, irgendwas raubkatzenmäßiges. Alle drei zusammen können doch etwas anstrengend sein, habe ich den Eindruck, denn Ciel zieht sich bereits nach kurzer Zeit zurück. Sebastian gab mir den Auftrag ihm ein Stück Kuchen und Tee auf sein Zimmer zu bringen. Ich schiebe den Servierwagen vor mir her und klopfe an der Tür. „Junger Herr, ich bringe euch den Kuchen.“ Keine Antwort. Vielleicht hat er es nicht gehört. Ich drücke die Klinke runter und trete ein. Oh mein Gott!! Was ist denn hier passiert?! Das Zimmer ist vollkommen verwüstet, die Schränke sind durchwühlt, das Fenster steht sperrangelweit offen und die Vorhänge flattern in der sanften Brise. Vorsichtig gehe ich ein paar Schritte weiter. Plötzlich höre ich ein Geräusch. Ich will mich umdrehen, doch dann presst mir jemand ein Tuch an den Mund und mir wird schwarz vor Augen. Als ich wieder zu mir komme, habe ich keine Ahnung wo ich mich befinde. Doch was ich sofort merke, ist das ich gefesselt bin. Meine Hände sind hinter dem Rücken zusammen gebunden und auch meine Füße kann ich nicht bewegen. Ich liege auf dem Boden und als ich mich umsehe sehe ich nur ein paar Meter weiter Ciel Phantomhive! Er ist ebenfalls gefesselt. „Na unser Prinzesschen ist also auch aufgewacht.“ Ich blicke nach oben. Die Stimme gehört einem Mann mit blonden Haaren und einer großen Narbe im Gesicht. Seinen Namen habe ich vergessen, aber er war noch heute morgen bei uns zu Gast. Ja genau, er hieß Azzurro und ist Italiener. Aber was ist hier los? Was wird hier für ein Spiel gespielt?! „Ich ahnte, dass ihr es seid.“ Earl Phantomhive hebt den Kopf. Offensichtlich haben sie ihn geschlagen, denn es sind noch Blutspuren in seinem Gesicht. „Tja nun ist es zu spät. Aber wir können immer noch verhandeln. Ihr sagtet heute morgen, ihr hättet den Schlüssel zum Lagerhaus. Gebt ihn her und ich lasse eure Diener leben. Ich habe meine Leute bereits postiert.“, sagt Azzurro und zündet sich eine Zigarre an. Ciel lächelt. „Dann kann ich nur hoffen, dass ihr eure Wachhunde gut dressiert habt.“ Azzurro schlägt ihn ins Gesicht. „Aufhören!“ schreie ich, denn er setzt schon erneut an. Jetzt dreht er sich um und sieht mich an, als hätte er eben erst bemerkt, dass ich hier bin. „Wenn ich du wäre würde ich die Klappe halten! Wir haben dich nur mitgenommen, weil du sonst zu schnell Alarm geschlagen hättest. Also sei still, wenn du noch ein bisschen weiterleben willst.“ Das war deutlich. Ich muss irgendetwas unternehmen. Plötzlich geht die Tür auf und zwei Männer kommen herein. „Sollen die Wachposten sich aufstellen?“ fragt er eine und Azzurro bejaht. Die Tür geht wieder zu und ich höre, wie die Männer Anweisungen brüllen. Sofort laufen alle los. Durch die geschlossene Tür höre ich die Schritte. Es sind so viele! Das sind bestimmt 100, wenn nicht sogar 200 Leute! Selbst wenn ich also Azzurro überwältigen könnte, an den ganzen Wachposten käme ich niemals vorbei. Ich muss mir was anderes ausdenken. Doch dann klingelt auf einmal das Telefon. Azzurro nimmt ab. „Hallo? Ihr seid es.“ Stille. „Was soll das heißen ihr seit gescheitert? Hey! Hey antwortet mir!“ Offensichtlich ist irgendetwas schiefgelaufen, denn die Stimmen aus dem Telefon hören sich panisch an. Aber das heißt ja auch, dass den anderen nichts passiert ist. Zum Glück. Aus dem Telefon dringt ein Schrei und dann ist alles ruhig. Azzurro sieht jetzt nervös aus. „Hey! Hallo? Antwortet gefälligst, was ist los?“ Es knackt und dann dringt plötzlich eine mir bekannte Stimme durch den Hörer. Es ist Sebastian! „Hallo? Ich gehöre zum Hause Phantomhive. Könnte es sein, dass mein Herr und unser Dienstmädchen bei ihnen zu Gast sind? Ich würde sie abholen kommen.“ Was?! Das war wohl ein Scherz! Sebastian wird nichteinmal in die Nähe dieses Anwesens kommen, die Wachposten würden ihn schon in 200 Meter Entfernung erschießen. Aber das weiß er ja gar nicht! Ich muss ihn warnen. Azzurro ist noch entsetzt und ich sehe das als meine Chance. Mit all meiner Kraft schmeiße ich mich gegen ihn, sodass er hinfällt. Das Telefon rutscht ihm aus der Hand und baumelt jetzt vor mir hin und her. „Komm nicht!“ schreie ich und bin selbst überrascht wie viel Verzweiflung in meiner Stimme liegt. „Geh zur Polizei! Aber komm nicht alleine! Das sind mindestens zweihundert! Komm bloß nicht! Du wirst sonst...“ Weiter kann ich nicht sprechen, denn Azzurro reißt mich zurück und hält mir eine Pistole an die Schläfe. „Seit still oder das waren deine letzten Worte!“ Er hält mir mit der anderen Hand den Mund zu und spricht zum Telefon. „Wenn du nicht bis Sonnenuntergang hier bist und mir den Schlüssel gebracht hast, stirbt die Kleine!“ Mit diesen Worten legt er auf und verpasst mir einen Schlag auf den Hinterkopf. Sofort verliere ich das Bewusstsein. Als ich meine Augen öffne, dröhnt mein Kopf immer noch von dem heftigen Schlag. Ich sehe nur verschwommen und nehme auch die Stimmen nur undeutlich wahr. Ich bin noch ziemlich benommen und es fällt mir schwer meine Gedanken zu sammeln. Doch dann geht plötzlich die Tür auf. Auch wenn ich momentan nicht richtig sehen kann, erkenne ich doch sofort, dass es Sebastian ist. Er hat meine Warnung ignoriert. Aber wie ist er hierher gekommen? Wie kam er an den Wachposten vorbei? Was geht hier eigentlich vor sich?! Doch bevor ich mir noch weitere Gedanken darüber machen kann, höre ich mehrere Schüsse und ich sehe alles nur noch in Zeitlupe. Ich sehe wie die Kugeln durch die Luft sirren, wie sie Sebastian treffen, wie das Blut spritzt und wie er zu Boden fällt. Ich weiß nicht ob in dem Moment ein Laut aus meiner Kehle gekommen ist, doch ich habe geschrien. Ich schrie aus vollem Hals, rief Sebastians Namen und meine Seele fühlte sich an, als würde sie verbrennen. Langsam wurde alles schwarz und das letzte was ich sah war Sebastians lebloser Körper. Mein Kopf schmerzt. Noch ist um mich herum alles schwarz, doch ich höre Stimmen im Hintergrund. Als ich schließlich die Augen aufschlage, ist das erste was ich sehe Ciel's Gesicht. Erschrocken fahre ich hoch und sehe mich um. Ich bin in meinem Zimmer auf dem Phantomhiveanwesen. Verwirrt schaue ich mich um. Und was ich sehe haut mich um. Nur wenige Zentimeter neben Ciel steht Sebastian, vollkommen unversehrt und lächelnd mit einer Tasse Tee in der Hand. Im ersten Moment, denke ich, ich würde träumen, doch mir wird klar, dass ich wach bin. Halluziniere ich etwa? Entgeistert starre ich Sebastian an, der mir nun freundlich eine Tasse Tee reicht. Ich habe Angst, dass ich, wenn ich meine Hand ausstrecke ins Leere fasse, denn ich habe doch gesehen wie er erschossen wurde! Das waren bestimmt fünf Kugeln, das überlebt niemand! Ich überwinde mich und greife nach seiner Hand. Sie existiert. Sebastian existiert. Er lebt. Ich bin so geschockt, dass mir beinahe die Kinnlade runterklappt. „Alles in Ordnung, Abbygale?“ höre ich Ciel's Stimme und diese holt mich aus meiner Schockstarre. „Duuuu!“ rufe ich und starre immer noch Sebastian an. Ich greife erneut nach seiner Hand, damit ich mir das auch wirklich nicht eingebildet habe. „Du lebst!“ „Enttäuscht dich das?“, fragt er und bietet mir weiterhin die dampfende Teetasse an. „D-du warst tot!! Ich habs gesehen! Du wurdest erschossen! Ich weiß es!“ Ich muss verrückt wirken wie ich da rumbrülle. „Wie du siehst ist Sebastian wohlauf. Er kam mit der Polizei. Alles wurde geregelt. Wahrscheinlich hast du dir das nur eingebildet.“, entgegnet Ciel mit ruhiger Stimme. „I-ich nein! Ich habs gesehen!“, beharre ich weiter doch Ciel steht auf. „Kümmere dich um sie. Sie muss so schnell wie möglich wieder fit werden, damit sie arbeiten kann.“ sagt er noch an Sebastian gewandt, verlässt das Zimmer und ignoriert meine Ich-habs-aber-gesehen-Rufe. Sebastian stellt die Teetasse auf meinem Nachtschränkchen ab. „Du warst tot!“, sage ich nochmals und sehe ihn an. „Und wie kommt es dann, dass ich hier vor dir stehe, Abby?“ fragt er und richtet nun seine gesamte Aufmerksamkeit auf mich. „Das weiß ich auch nicht!“, sage ich trotzig, doch innerlich kommen mir Zweifel. Werde ich tatsächlich verrückt? Oder verbergen die zwei etwas vor mir? Jetzt bin ich noch verwirrter als zuvor. Habe ich es mir tatsächlich nur eingebildet? Aber was war das für ein seltsames Gefühl, kurz bevor ich wieder ohnmächtig wurde? Als würde meine Seele brennen. Bei dem Gedanken daran schaudere ich und lasse mich erschöpft zurück auf das Kissen sinken. Ich werde die beiden nicht weiter mit Fragen löchern. „Hier trink den, er hilft. Es wird dir schon morgen wieder besser gehen.“, sagt Sebastian lächelnd und reicht mir den Tee. Er ist immer noch warm und schmeckt etwas bitter, doch ich habe Durst und stürze ihn in zwei Zügen runter. Ich verkrieche mich halb unter der Decke und höre, wie Sebastian leise die Vorhänge zuzieht. Ich bin müde. Er kommt wieder zu meinem Bett. „Schlaf jetzt und ruh dich aus, dann bist du morgen wieder fit.“, sagt er, lächelt und geht aus dem Zimmer. In dem Moment als er sich umdreht, bin ich versucht nach seiner Hand zu greifen, aber nur für den Bruchteil einer Sekunde, dann reiße ich mich wieder zusammen. //Was ist nur los mir mir?//, frage ich mich und schließe die Augen. Kapitel 5: Sir Randall ---------------------- Als ich aufwache, höre ich das muntere Vogelgezwitscher, dass von draußen hereindringt. Ich drehe mich auf die andere Seite. Eigentlich würde ich am liebsten weiterschlafen, aber ich fühle mich viel besser als gestern und ich sollte wieder arbeiten und den anderen helfen. Ich stehe auf und ziehe mich an. Ich sehe noch ziemlich verschlafen aus und meine Haare sind ganz durcheinander. Ich seufze. Mein Gott, war das ein Tag gestern. Und vielleicht bin ich ja wirklich verrückt? Naja was solls. Ich laufe hinunter in die Küche. Sebastian und die anderen sind schon wach. Aber im Gegensatz zu ihm, sehen alle drei, genau wie ich, noch ziemlich verschlafen aus. Ich gähne und nuschle ein „Guten Morgen“, was mit einem Gähen und Stöhnen beantwortet wird. „Guten Morgen Abby. Fühlst du dich besser?“, begrüßt mich Sebastian. „Ja, Danke.“, sage ich und lasse mich neben Maylene auf die kleine Holzbank fallen. Maylene hat den Kopf auf den Tisch gelegt und döst vor sich hin, Bard zupft an seiner Schürze und Finny schnarcht munter vor sich hin. Von Motivation ist hier wirklich keine Spur. Sebastian reicht mir einen Tee. Dann klatscht er in die Hände. „Nicht so langsam Leute! Maylene, du deckst den Tisch. Bard, nimm Finny und fangt schonmal an das Unkraut zu jäten. Tanaka... trinken Sie einfach weiter ihren Tee.“sagt er. Maylene schlurft zur Tür raus und Bard klemmt sich Finny wie ein Paket unter den Arm. Der schläft einfach weiter. Nicht zu fassen! „Abby du hilfst mir beim Früchstück.“, fügt er noch hinzu und ich nicke. Eine Weile herrscht Schweigen zwischen uns. Jeder arbeitet vor sich hin. Ich bin einerseits zu müde und andererseits grüble ich immer noch vor mich hin. Ich war so felsenfest davon überzeugt, dass Sebastian erschossen wurde. Hatte ich wirklich eine Art Halluzination? „Wir bekommen heute Nachmittag Besuch.“, bricht er schließlich die Stille. „Wer kommt denn? Madame Red?“, frage ich neugierig. Ich mag Madame Red. Sie ist mir sehr sympatisch. Ich setze mich einen Moment und trinke einen Schluck von meinem Tee. „Nein, diesmal nicht. Es ist Sir Arthur Randell, der Polizeichef von London.“ Ich verschlucke mich und muss husten. Sir Randall?! Oh nein!! Er war oft zu Besuch auf unserem Anwesen, also kennt er mich gut. Außerdem war meine Mutter wahrscheinlich schon längst bei ihm, und wenn er mich hier sieht, schleift er mich nach Hause zurück. Das muss ich unbedingt verhindern! „Ahh, könnte ich den Nachmittag möglicherweise frei bekommen?“, frage ich vorsichtig. „Warum denn? Hast du was vor?“, fragt er, dreht sich um und sieht mich an. „Alsoo, nicht direkt. Es ist nur...“, fange ich an und suche fieberhaft nach einer Ausrede. „Du möchtest ihm nicht begegnen?“, beendet Sebastian meinen Satz. Ich nicke. Er seufzt und setzt sich zu mir. „Das bedeutet mehr Arbeit. Aber nun gut, du bekommst frei, wenn du mir erzählst warum du hier bist. Du bist eine Adlige, also aus welchem Grund arbeitest du an so einem Ort als Hausmädchen?“ Ich schaue ihn verblüfft an. Das hätte ich nun wirklich nicht erwartet. „Ich wurde rausgeworfen.“, gebe ich schließlich zu. Sebatian schmunzelt. „Was hast du angestellt, dass du rausgeworfen wurdest?“, hakt er nach. Ich grinse. „Willst du das wirklich wissen?“, frage ich. Bei der Errinerung an die Aktion muss ich lächeln. „Es interessiert mich brennend.“, gibt er zu und lächelt. „Nun ja, das war so...“ Als ich fertig erzählt habe, lacht er und sieht mich dann an. „Das hätte ich gar nicht von dir erwartet.“, sagt er. „Ich auch nicht.“, sagt plötzlich eine andere Stimme und ich zucke so hefitg zusammen, dass mir beinahe die Tasse aus der Hand gerutscht wäre. Ich drehe mich um, und Ciel steht im Türrahmen. Oh neiiiin! Ich warte darauf, dass er mich in hohem Bogen rausschmeißt, aber im Gegenteil er sieht belustigt aus. „Keine Sorge, ich werfe dich nicht raus.“, sagt er lachend. Puh, Glück gehabt. „Junger Herr, warum seid ihr schon wach? Euer Frühstück ist noch nicht fertig.“, sagt sebatsian und steht auf. „Pah! Ich habe heute viel zu tun. Außerdem kommt Sir Randall zu Besuch, mit dem muss ich mich auch noch abgeben.“, meint Ciel und schnaubt verächtlich. Anscheinend kann er ihn nicht besonders gut leiden. Auch ich stehe auf. „Das Frühstück ist gleich fertig.“, sage ich und mache mich wieder an die Arbeit. Am Nachmittag bleibe ich in meinem Zimmer. Sir Randall wird nicht zum Abendessen bleiben, sondern nur zum Tee. Also muss ich einfach für einige Stunden hier bleiben. Es ist sowas von langweilig, aber es ist zu riskant im Haus rumzulaufen. Für's erste beobachte ich Finny, wie er im Garten arbeitet. Er summt irgendwas vor sich hin und ich muss lachen. Er ist schon ein lustiger Kerl. Nach einer Stunde bekomme ich Hunger. Ich durchsuche mein Zimmer, aber ich finde nichts essbares. Nach einer weiteren Stunde liege ich auf meinem Bett und starre die Decke an. Eine halbe Stunde später halte ich es nicht mehr aus und öffne vorsichtig die Tür. Ich hab so Hunger!! Ich muss irgendwas essen. Ich schleiche die Treppe hinunter und husche in die Küche. Ich schnappe mir ein Brötchen und mache mich auf den Weg zurück. Ich will gerade die Treppe wieder hochlaufen, da höre ich plötzlich Stimmen aus dem Zimmer neben mir. Die Tür ist nur angelehnt und ich kann gut verstehen, was sie sagen. „Dann wäre das ja geklärt.“, sagt die erste Stimme. Das ist Sir Randall!! „Ja. Damit hätten wir alles, oder?“, entgegnet die zweite. Das ist Ciel. „Nicht ganz. Ich hätte noch eine Frage an euch.“, sagt Sir Randall. Das wäre jetzt die Gelegenheit zu verschwinden, aber aus irgendeinem Grund bleibe ich stehen und lausche mit klopfendem Herzen. „Es geht um ein vermisstes Mädchen. Ihr Name ist Abbygale Shadow Fall. Sie ist vor ein paar Tagen verschwunden. Ihre Mutter ist krank vor Sorge.“ erklärt Randall. Mir bleibt fast das Herz stehen. Warum spricht er Ciel darauf an?? Und was soll das heißen ich wäre „verschwunden“? Meine Mutter hat mich rausgeschmissen!! Wahrscheinlich hat sie Angst, dass die Geschichte unserem Ruf schadet und hat behauptet, ich wäre entführt worden oder so. Ich fass es nicht! Gespannt lausche ich weiter. „Und was hat das mit mir zu tun?“, fragt Ciel verärgert. Randall räuspert sich. „Wir vermuten, dass die Londoner Unterwelt ihre Finger im Spiel hat. Wenn Ihr etwas hört, dann meldet es bitte der Polizei.“, sagt Randall. „Das werde ich.“, meint Ciel gelangweilt. Ich höre, wie die beiden aufstehen. „Wir hoffen, dass das Mädchen bald gefunden wird. Ihre kleine Schwester ist wirklich sehr besorgt um sie.“, sagt Randall noch. Sie nähern sich der Tür und ich sprinte los, die Treppen hoch und hetzte so leise es geht in mein Zimmer. Ich setzte mich aufs Bett und knabbere an dem Brötchen. Warum hat Randall Cho erwähnt? Es macht mich traurig, ich wollte sie nicht zurücklassen. Aber was hätte ich tun sollen? Aber ich vermisse sie. Ich möchte sie sehen. Schnell schüttle ich den Kopf. Das geht nicht. Ich käme zwar ins Haus rein, aber ich glaube kaum, dass ich wieder rauskommen würde. Und ich will nicht wieder zurück. Ich gebe zu, dass es mir hier viel besser gefällt. Hier fühl ich mich freier. Ich möchte hier bleiben. Ich seufze. Mensch, warum ist das alles so kompliziert? Da klopft es an der Tür und Sebastian kommt herein. Bevor ich irgendwas sagen kann schaut er mich belustigt an. „Du hast gelauscht.“, sagt er. Scheiße! Wie hat er das wieder rausbekommen?! „Jap“, gebe ich zu, denn abstreiten würde eh nichts bringen. Ich erkläre ihm, wie es dazu kam und er nickt und setzt sich zu mir. „Du vermisst deine Schwester, nicht wahr?“, fragt er. Ich nicke. „Sie muss ziemlich einsam ohne mich sein. Aber ich kann auch nicht einfach nach Hause marschieren, um ihr Hallo zu sagen. Aber ich würde gerne nochmal mit ihr reden, um ihr zu erklären, warum ich nicht mehr nach Hause komme.“, gebe ich zu. Es macht mich traurig. Aber ich weiß nicht was ich tun soll. Ist es falsch zurückzugehen, damit es Cho besser geht, oder ist es egoistisch, nicht nach Hause zu gehen? Ich weiß es nicht. „Das ist dir sehr wichtig, oder?“, fragt Sebastian. Ich nicke wieder. „Ich werde mal mit dem jungen Herrn reden, vielleicht lässt sich da etwas machen.“, meint er. „Wirklich?“, frage ich. „Das wäre toll.“ Später am Abend *Sebastian's Sicht* Warum hatte er dem Mädchen etwas versprochen? Und dazu noch soetwas seltsames? Sie hatte so traurig und niedergeschlagen ausgesehen. Nein, daran hatte es nicht gelegen. Aber woran dann? Er hätte es nicht tun müssen. Die einzigen Befehle, die er ausführte, bekam er vom jungen Herrn, das war seine Aufgabe. Nicht mehr und nicht weniger. Er machte jeden Tag seine Arbeit und ließ sich dabei durch nichts ablenken. Er schüttelte den Kopf. Das hatte nichts zu bedeuten. Wahrscheinlich war es nur Mitleid gewesen. Doch er wusste, dass das nicht stimmte. Er hatte sich auf irgendeine Weise für sie verantwortlich gefühlt und hatte ihr helfen wollen, deshalb hatte er ihr versprochen mit Ciel zu reden. Nicht zu fassen. Naja, er würde es zumindest versuchen müssen. Aber erst morgen. Er löschte die Kerzen und dann war es dunkel im Haus. Kapitel 6: Sisters ------------------ „Das wird ganz sicher ein Festmahl!“ „Bard, um Himmels Willen pack den Flammenwerfer weg!!“, schrie Maylene. „Das wird kein gutes Ende nehmen!“ „Ach das bisschen Feuer wird schon keinen Schaden anrichten.“, antwortete er grinsend. Ich stand neben den beiden und starrte fassungslos auf den Flammenwerfer und das rohe Stück Fleisch auf dem Tisch. Ich war im ersten Moment so geschockt gewesen, dass ich nichts weiter tun konnte, als die beiden einfach anzustarren. Jetzt hatte ich mich allerdings wieder gefasst. „Ich seid doch alle wahnsinnig!!!!“ brüllte ich und versuchte mit Maylene, Bard den Flammenwerfer abzunehmen. Der wollte allerdings nicht locker lassen. „Jetzt seid nicht so pingelig!“, murrte Bard. „Pingelig?!!“, kreischte ich. Der hat sie doch nicht mehr alle! Mit vereinten Kräften entrissen Maylene und ich Bard den Flammenwerfer und rannten aus der Küche. Irgendwie mussten wir das Teil loswerden und Bard davon überzeugen, den Herd zu benutzten. Auf dem Weg in die Haupthalle begegneten wir einem verwirrtem Sebastian, der uns nachblickte wie wir den Gang entlang hetzten, Tanaka, der uns mit seinem üblichen „ho ho ho“ begrüßte und Ciel, der uns entsetzt anstarrte, als wir an ihm vorbeirauschten. Tja, das war eben der Alltag im Hause Phantomhive. „Ich bin so fertig.“, seuftze ich und ließ mich in der Küche auf die Bank fallen. Wir hatten jetzt eine kleine Pause und Maylene und ich nutzten sie, um uns auszuruhen und etwas zu essen. Ich muss zugeben, dass die Arbeit in diesem Haus ziemlich anstrengend ist. Da kommt plötzlich Sebastian herein. „Abby, kommst du mal bitte kurz?“, fragt er und ich stehe auf und folge ihm. „Was gibt’s?“, frage ich. Er senkt die Stimme. „Der junge Herr, lädt deine Familie heute zum Abendessen ein, unter dem Vorwand, dass er mit ihnen über dein Verschwinden reden möchte. Deine Schwester wird dabei sein. Ich werde dir eine Gelegenheit verschaffen, mit ihr zu reden.“ Ich bin komplett sprachlos. Wie hat er das hinbekommen? Einfach unfassbar. Aber ganz gleich, wie er das geschafft hat, ich bin ihm unglaublich dankbar. Ich hätte nicht gedacht, dass ich eine Chance bekommen würde, Cho zu sehen. „Danke.“, flüstere ich. „Danke!“ Bis zum Abend werde ich das reinste Nervenbündel. Meine Stimmung schwankt von überschwänglicher Freude, zur Panikattacke und dann wieder Gelassenheit. Ich darf meiner Mutter nicht über den Weg laufen. Und ich will sie auch gar nicht sehen. Als die Kutsche vorfährt, spüre ich einen Stich im Herzen. Meine Mutter, eine große und stolze Frau steigt aus der Kutsche und hinter ihr... ein kleines, zartes silberhaariges Mädchen. Meine Schwester, Cho. Ihren schwarzen Umhang hat sie wie immer bei sich und sie schleicht beinahe wie ein Geist hinter unserer Mutter her. Ich kann es kaum erwarten sie zu sehen. Aber jetzt muss ich erstmal warten. Sebastian hat mir gesagt, er hätte eine Idee und ich solle ihm vertrauen und seinen Anweisungen folgen. Und jetzt sitze ich in einem der unzähligen Gästezimmer und starre aus dem Fenster. Warten. Die Sonne versinkt langsam hinter dem Horizont und färbt den Himmel rot, orange und geld. Als würde er in Flammen stehen. Da öffnet sich plötzlich mit einem leisen Klack die Tür und ein Cho's Kopf schiebt sich durch die Tür. Mit großen Augen schaut sie mich an. Ich schaue zurück und dann lächle ich und breite die Arme aus. „Na komm her, Kleine.“, sage ich und Cho rennt auf mich zu und umarmt mich. Ich streichele ihr über den Kopf. „Ich hab dich auch vermisst.“, sage ich. Ich bin unglaublich erleichtert. „Warum bist du hier, Schwester?“, fragt sie und schaut mich an. Nicht vorwurfsvoll oder enttäuscht, sondern einfach aus Neugier. Ich lächle und seufze dann. „Tut mir leid.“, sage ich. „Mutter hat mich praktisch rausgeschmissen und ich bin abgehauen.“, erkläre ich. Sie legt den Kopf schief. „Mama hat gesagt, du wurdest entführt.“, sagt sie. Das hätte ich mir denken können! „Keine Sorge ich bin freiwillig hier. Und ich kann auch nicht einfach wieder zurück.“, antworte ich. „Das heißt du bleibst hier?“, fragt Cho. Ich nicke. Sie klammert sich an mich. „Dann bleibe ich auch hier!“, sagt sie und setzt sich demonstrativ auf den Boden. „Das geht nicht.“, sage ich traurig. „Warum nicht?“, fragt sie quängelnd. Ich schmunzele. Obwohl Cho fast genauso alt ist wie Ciel sieht man doch einen deutlichen Unterschied. Allerdings ist sie auch nur so, wenn wir zwei alleine sind. „Wie willst du das denn anstellen? Mutter würde uns beide finden.“, sage ich. Sie schweigt. „Du möchtest also wirklich hierbleiben?“, fragt sie schließlich. „Obwohl der Butler ein Dämon ist?“ Ich lache. „Ja möchte ich.“ Sie steht auf und umarmt mich. „Wenn du das möchtest, dann ist das okay. Ich werde mit Mama wieder zurückgehen. Aber nur, wenn ich dich besuchen darf!“, sagt sie. Ihre goldenen Augen blicken mich erwartungsvoll an. „Das kann ich dir nicht versprechen, aber ich werde es versuchen, okay?“, sage ich. Sie nickt. „Abby, erzähl mir was.“, sagt sie schließlich und macht es sich auf meinem Schoß bequem. Nach nur kurzer Zeit klopft es leise an der Tür. Sebastian betritt den Raum. Cho muss wieder zurück, sonst fällt es zu sehr auf. Zuerst will sie nicht gehen und versucht, sich zu verstecken, aber ich kann sie überzeugen. „Hier nimm das mit.“, sage ich und gebe ihr meine Halskette. „Sie bringt dir Glück.“ Cho betrachtet faszieniert die feine Kette, die in den letzten Strahlen der untergehenden Sonne glänzt. Ich lächle und streiche ihr über den Kopf. „Bis bald, okay?“ Sie nickt und geht dann mit Sebastian nach draußen. Ich blicke ihr nach und frage mich, ob sie klarkommen wird. Cho hat kein gutes Verhältnis zu unserer Mutter. Okay, ich auch nicht, aber ich konnte mich eigentlich immer recht gut verteidigen. Sie nicht. Ich habe Angst, dass Mutter sie schlecht behandeln könnte, jetzt wo ich nicht mehr da bin. Bin ich nicht unglaublich egoistisch? Für mein eigenes Wohl, lasse ich Cho im Stich. Um ehrlich zu sein, komme ich mir ziemlich mies vor und habe ein schlechtes Gewissen. Aber es tut so gut aus diesem Haus und von den ganzen Leuten mal Abstand zu haben. Hier bei den Phantomhives habe ich meine Ruhe und kann endlich ein ganz normales Leben führen, so eins, wie ich es mir immer gewünscht habe. Okay so normal ist es hier auch nicht. Aber alle sind nett zu mir. Und Maylene und ich sind gute Freundinnen geworden. Finny ist ja auch ganz lieb und Bard hat manchmal seine ganz eigene Weise die Dinge anzugehen. Sebastian kann man mit Worten nicht beschreiben und Tanaka... ist eben Tanaka. Ich mag sie alle und es gefällt mir hier, auch wenn ich weiß, dass ich nicht sehr lange hier sein kann. Irgendwann werde ich nach Hause zurück müssen. Nach einigen Stunden höre ich endlich das klappernde Geräusch der Kutsche. Meine Mutter und Cho sind soeben wieder losgefahren. Es ist stockfinster draußen und der Mond steht schon hoch am Himmel. Ich stehe auf und strecke mich. Es wurde ganz schön langweilig hier zu warten. Da klopft es plötzlich und die Tür geht auf. Ciel und Sebastian kommen rein. Ciel sieht irgendwie ziemlich... fertig aus. „Deine Mutter ist eine schwierige Frau.“ meint er und setzt sich erstmal. „Wem sagst du das?“, murmle ich. „Ich danke euch dafür. Cho hat sich auch sehr gefreut.“, sage ich. Ciel lächelt. Ziemlich zufrieden sogar. „Das freut mich. Ich weiß auch schon was ich als Gegenleistung will.“ Eigentlich hätte ich mir das ja denken können, oder? Ich seufze innerlich. Der Kerl macht auch nichts, wenn es für ihn keinen Vorteil hat. „Und was wollt ihr als Gegenleistung?“, frage ich. „Du wirst morgen Abend mit zu einem Ball kommen und etwas für mich herausfinden. Ich brauche deine Hilfe und die bist wie geschaffen dafür. Sebastian wird dir später alles erklären.“ Und mit diesen Worten steht er auf und verlässt den Raum. Ich frage mich, was um alles in der Welt ich herausfinden muss. Und ich bete, dass ich das auch hinkriegen werde, denn ich will nicht wissen, was sonst passiert. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)