You will never know me von -Rui- ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Ich fühle mich, als würde ich ersticken. Ersticken an meinen Gedanken. Diese wirren Gedanken, die sich nicht in Worte fassen lassen oder sich ordnen lassen. Sie schwirren in meinem Kopf herum, wie ein Sturm, ein Tornado. Er wartet darauf, alles zu zerstören – mit sich zu reißen. Ich würde gerne Atmen, doch es geht nicht. Widerlich, dieses Gefühl. Das Telephon klingelt – erneut. Es müsste das 6te mal nun sein. Jedes Mal schrecke ich auf, doch ich kann nicht aufstehen und es zum Schweigen bringen. Es geht einfach nicht. Stattdessen sitze ich hier, an die kalte Wand gedrückt, zitternd. Ich weiß, wer immer wieder anruft. Er ist es. Ich will ja abnehmen, doch es geht nicht, ich kann einfach nicht! Und er weiß es nicht. Er kennt mein wahres Ich nicht, er kennt nur den, den ich vorgebe, zu sein. Und eben diesen kann ich bald nicht mehr spielen. Ich bin müde, will schlafen, will, dass das alles vorbei ist. Ich weiß nicht, wie es soweit kommen konnte. Immer hielt ich jeden auf Abstand, konnte meine Gefühle unterdrücken und ihnen die kalte Schulter zeigen. So sorgte ich dafür, dass mir niemand zu nah kam und ich von niemandem abhängig wurde. Nein, abhängig bin ich nur vom rauchen. Mehr nicht. Mehr brauche ich nicht. Das Telefon verstummte – so wie die letzten 5 Male auch. Vielleicht war ich ja bald in der Lage, aufzustehen. Ich musste einfach. Ich musste das Telefon ausmachen, ansonsten würde es mich noch wahnsinnig machen. Und das konnte ich jetzt wirklich nicht gebrauchen. Ich konnte sicher sein, dass er nur über Telefon versuchen würde, mich zu erreichen, da er auf der Arbeit viel zu viel zu tun hatte und sein Chef ein wirkliches Arschloch war, der niemanden früher gehen ließ, sofern sein Haus nicht grade in Flammen aufging. Und selbst dann forderte er einen Beweis. Ich presste die Lippen fest aufeinander und konnte den Schmerz von kaputten Lippen spüren, atmete durch und stieß mich hoch. Wenigstens hatte ich es geschafft, zu stehen. Ich schwankte zu diesem verdammten Apparat und ließ es endgültig und für immer verstummen. Schon besser. Mein Blick schweifte durch den mit Vorhängen verdunkelten Raum, auf der Suche nach.. Ja, nach was? Einer Erkenntnis? Ich wusste es nicht. Ich wollte nur, dass es aufhörte. Und zwar alles. Keine Ahnung, was ich tun sollte. Wegziehen. Von vorn anfangen. Aber würde sich was ändern? Wahrscheinlich nicht. Zumindest glaubte ich nicht daran. Meine Aufmerksamkeit galt nun dem scharfen Gegenstand, der auf dem kleinen Tisch lag. Dort lag er, silberglänzend und verlockend. Wie so ein winziges Teil dein Leben kontrollieren konnte. Ich ließ mich auf mein Bett fallen – eine einfache Matratze – und griff nach dem silbernen Gegenstand, schob die Ärmel meines Oberteils nach oben und starrte auf meine Arme. Wie hässlich sie waren. Übersät mit Narben und Wunden, Schnitten und Brandnarben. Ich war erbärmlich und eben dies war einer der Beweise dafür. Es fing klein an, mit der Ungewissheit, dass es einmal so viele werden würden oder dass man so abhängig werden würde. Ich setzte die Klinge an und tat, was sich nicht vermeiden ließ. Das Blut floss schneller und in größeren Mengen, als das ich schnell genug reagieren konnte. Toll gemacht, nun hast du den weißen Teppich eingesaut. Aber was sollte mich das kümmern. Vielleicht sollte ich es heute beenden, ein für alle Mal. Klang gar nicht so schlecht. Ich war schon des öfteren kurz davor, doch immer hielt mich irgendetwas davon ab. Wahrscheinlich eine Ausrede, weil ich zu feige war. Doch dieser Gedanke, Was, wenn ich scheitere?, der war immer da. Den Schmerz konnte ich kaum noch spüren, schon zu sehr war ich an ihn gewöhnt. Ich setzte die Klinge erneut an – dieses Mal deutlich höher; an meine Pulsadern. Dieser Gedanke, es beenden zu können, ließ mich ein wenig ruhiger werden. Warum eigentlich nicht? Doch ich wurde unterbrochen. Von irgendeinem Arschloch, dass der Meinung war, lautstark an meine Haustür klopfen zu müssen. Soll ihn doch der Teufel holen, ich werde bestimmt nicht aufstehen! Es wäre sowieso nur irgendeine unwichtige Angelegenheit, die mich nicht interessierte, also warum sich noch die Mühe machen? Einfach warten, bis dieser Schwachkopf verschwindet. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)