Fünf Jahre von Juju ((K)eine Freundschaft für immer) ================================================================================ Kapitel 38: Familienprobleme ---------------------------- Das Angebot, das Matt ihr gemacht hatte, hatte sie über Facebook sofort an Yolei und Sora weitergegeben und war schon gespannt, was die beiden dazu sagen würden. Am darauffolgenden Schultag regnete es immer noch und der Himmel sah so aus, als würde dieses Wetter noch mindestens einen Monat anhalten, was Kari natürlich nicht hoffte. T.K. ging sie den ganzen Schultag lang so gut es ging aus dem Weg, was Nana natürlich auffiel. Auch ihr erzählte sie eine Kurzfassung dessen, was am vorigen Nachmittag passiert war und Nana reagierte ähnlich wie Kari selbst. „Das ist ja echt unglaublich“, fand sie und schüttelte fassungslos den Kopf. „Was geht nur in ihm vor? Wieso macht er das?“ Nach der letzten Stunde packte Kari langsam ihre Sachen ein und ging nach vorn an die Tafel, um sie abzuwischen, da sie heute damit dran war. „Ich geh' schon mal, ja?“, informierte Nana sie. „Ken hat mich zum Eisessen eingeladen. Bis morgen.“ Sie lächelte fröhlich und verschwand aus dem Raum. Ein wenig neidisch war Kari schon auf dieses Glück, auch wenn sie sich für Nana und Ken freute. Sie würde auch gern mal ein paar positive Erfahrungen mit der Liebe machen und stellte es sich unbeschreiblich schön vor, zu lieben und geliebt zu werden, jemanden zu haben, mit dem man alles teilen konnte. Sie wusch den Schwamm aus und legte ihn auf den Rand des Waschbeckens, bevor sie zurück an ihren Platz ging. Dabei entdeckte sie, dass noch jemand im Klassenraum war und betont langsam seine Sachen zusammengepackt hatte. Aya. Kari beachtete sie nicht weiter, schnappte sich ihre Tasche und wollte den Raum verlassen, doch da hielt Aya sie zurück. „Yagami“, sagte sie und Kari überlegte kurz, ob sie einfach weitergehen sollte, doch sie blieb stehen und sah sie finster an, gefasst auf eine weitere Gemeinheit oder Beleidigung. Aya druckste herum, kratzte mit dem Fingernagel unsichtbaren Dreck von ihrer Schultasche und starrte auf ihren Tisch. Dann warf sie sich die Haare zurück und sah Kari wieder an. „Vielleicht kannst du beim Rausgehen mal einen Blick aufs schwarze Brett werfen.“ Misstrauisch runzelte Kari die Stirn und blieb noch kurz stehen in der Erwartung, Aya würde diesen Satz noch irgendwie erklären, doch als diese keine Anstalten machte, noch etwas zu sagen, verließ Kari einfach den Klassenraum. Sie ging die Treppe hinunter und fragte sich, was sie davon halten sollte. Was würde sie wohl am schwarzen Brett vorfinden? Hatte Aya sich eine neue Gemeinheit ausgedacht, mit der sie Kari schaden konnte? Neugierig und mit einem mulmigen Gefühl im Bauch ging Kari zum schwarzen Brett. Auf den ersten Blick konnte sie schon mal keine Fotos von sich entdecken und atmete erleichtert auf. Dann suchte sie nach etwas, das Aya gemeint haben könnte und entdeckte Ayas und ihren Namen auf einem mit dem Computer geschriebenen Text. Skeptisch begann sie zu lesen. Liebe Mitschülerinnen und Mitschüler, ich, Aya Kobari, möchte mich hiermit offiziell bei Hikari Yagami für die Gerüchte entschuldigen, die ich über sie verbreitet habe. Ich habe Dinge herumerzählt, die nicht stimmen, um ihr zu schaden und das tut mir Leid. Wenn ihr also in den letzten zwei Tagen von irgendjemandem gehört habt, was Hikari angeblich erzählt und getan hat, dann schenkt dem bitte keinen Glauben. Es entspricht nicht der Wahrheit. Das Gleiche gilt auch für die nächsten Tage, falls sich dieses Gerücht noch weiter herumsprechen sollte. Ich weiß, dass ich falsch gehandelt habe und werde es nicht noch einmal tun. Aya Kobari Ihren Namen hatte sie handschriftlich darunter geschrieben. Mit offenem Mund starrte Kari den kurzen Brief an und versuchte, sich einen Reim darauf zu bilden. Sie hätte nie und nimmer damit gerechnet, dass Aya sich bei ihr für die ganze Schule sichtbar entschuldigen könnte. War sie allein auf diese Idee gekommen? Ob T.K. sie wohl dazu gedrängt hatte? Oder hatte er den Brief vielleicht sogar selbst geschrieben? Kari drehte sich um und erblickte Aya, die sie anscheinend beobachtet hatte. Als sie Karis Blick auffing, wandte sie sich schnell ab und ging davon. Nachdenklich verließ Kari das Schulgebäude, spannte ihren Schirm auf und ging nach Hause. Was für ein seltsamer Schultag. Aber davon gab es ja mittlerweile mehr als genug. Zu Hause angekommen loggte Kari sich in ihren Facebook-Account, um zu prüfen, ob Yolei oder Sora schon geantwortet hatten. Tatsächlich hatten sie auch alle beide schon geschrieben. Die erste war Yolei gewesen. Hi Mädels, also ich finde, das ist eine coole Idee. :) Mimi mag doch die Musik von den Teenage Wolves, oder? So langsam könnten die sich übrigens mal umbenennen. ;) Und ich kenne auch ein tolles Restaurant in der Nähe der Konzerthalle, in dem es nicht so teuer ist, wo wir vorher essen gehen könnten. Da war ich letztens mit ein paar Kommilitonen. Liebe Grüße Yolei Hallo ihr beiden, ich finde die Idee auch gut. Nett von Matt, dass er dir das angeboten hat. Also machen wir das jetzt so fest? Kari, besorgst du dann die Karten? Ich bin übrigens gerade eben nach Hause gekommen. Ganz schön komisch, wieder in Tokio zu sein... Freue mich aber sehr auf Samstag. Kann es kaum erwarten, Mimis Gesicht zu sehen. :-) Tai hat mir geschrieben, dass er dafür sorgt, dass sie auch wirklich zu Hause ist, wenn wir kommen. Liebe Grüße und bis spätestens Samstag Sora Kari lächelte bei den Nachrichten der beiden und tippte eine Antwort. Dann schrieb sie eine SMS an Matt, in der sie ihn fragte, wann sie sich wegen der Karten treffen könnten und machte sich schließlich widerwillig an ihre Hausaufgaben. Bis morgen musste sie noch zwei Aufgaben zur Integralrechnung erledigen und davor graute es ihr. Sie hatte Angst, wieder nach vorn an die Tafel zu müssen, weil sie gestern so versagt hatte. Gerade, als sie wieder einmal nicht weiterkam und vergeblich nach ihrem Fehler suchte, klopfte es an ihre Tür und ihre Mutter kam herein, ohne auf die Antwort zu warten. „Warum klopfst du überhaupt, wenn du eh einfach reinkommst?“, murmelte Kari und drehte sich zu ihr um. „Ich wollte nur sehen, ob du was an hast“, antwortete sie grinsend und Kari verzog verwirrt das Gesicht. „Du hast Besuch.“ Mit diesen Worten verließ sie ihr Zimmer wieder und einige Sekunden später erschien T.K. im Türrahmen. „Hi“, sagte er leise und wirkte ein wenig unsicher. Kari erwiderte nichts, sondern sah ihn nur erwartungsvoll und auch ein bisschen verwundert an. „Kann ich reinkommen?“ Sie zuckte kurz mit den Schultern, nickte dann aber doch. Er trat in ihr Zimmer und wollte schon die Tür hinter sich schließen, doch Kari verkündete, dass sie etwas zu trinken für sie beide holen würde. Sie ging in die Küche, nahm zwei Gläser aus dem Schrank und füllte sie mit kaltem Tee. „Ist alles in Ordnung bei euch?“, fragte Yuuko, die gerade am Küchentisch über einen Stapel Zeitschriften gebeugt saß, und sah sie neugierig an. „Klar“, antwortete Kari tonlos, nahm die Gläser und machte sich auf den Weg zurück in ihr Zimmer. „Sagt Bescheid, wenn ihr irgendwas braucht“, hörte sie Yuuko sagen. „Jaja“, rief Kari zurück, ging in ihr Zimmer und schloss die Tür hinter sich. Misstrauisch warf sie einen Blick aufs Schloss. Sie würde es ihrer neugierigen Mutter glatt zutrauen, dass sie versuchte, sie zu belauschen. Sie drückte T.K., der auf ihrem Bett Platz genommen hatte, eines der Gläser in die Hände und setzte sich zurück auf ihren Schreibtischstuhl. Sie nippte an ihrem Tee, um irgendwie beschäftigt zu wirken und stellte das Glas auf dem Schreibtisch ab. „Also?“, fragte sie nach einer Weile, als T.K. keine Anstalten machte, seinen Besuch zu erklären. „Naja, mir ging diese Sache von gestern nicht mehr aus dem Kopf“, begann er endlich. Vorsichtig drehte er das Glas zwischen den Handflächen hin und her und starrte in den Tee, als suchte er nach einer versteckten Botschaft. „Mir auch nicht“, gestand Kari und schlug die Beine übereinander. „Ich wollte dir eigentlich nur sagen, dass ich verstehen kann, warum du so sauer bist. Wäre ich wohl auch an deiner Stelle“, erklärte er ohne aufzublicken. „Ich war gestern Abend noch bei Aya und hab' mit ihr geredet. Ich glaube, sie hat eingesehen, dass sie Mist gebaut hat.“ „Ich hab' den Brief am schwarzen Brett gelesen“, antwortete Kari. „Hätte nicht gedacht, dass sie sowas schreibt.“ T.K. nickte und nippte geistesabwesend an seinem Tee. Für eine kurze Zeit herrschte Schweigen zwischen ihnen, doch dann hob er den Kopf und sah sie an. „Hör mal, wegen gestern...“, er kratzte sich verlegen am Hinterkopf, „tut mir Leid. Ich wollte nicht, dass du denkst, ich hätte für sie mehr Verständnis als für dich. Und ich wollte dich auch nicht so anmaulen.“ Kari zuckte mit den Schultern. So richtig schlau wurde sie aus ihm nicht. Was sollte sie denn sonst denken bei seinem Verhalten? „Aya hat ein paar familiäre Probleme“, erklärte er weiter. „Dagegen ist die Scheidung der eigenen Eltern harmlos. Und wie du ja weißt, hatte ich in Paris auch ein paar... familiäre Probleme.“ Sein Gesicht nahm einen finsteren Ausdruck an. „Das ist eben etwas, was uns irgendwie verbindet und so hatten wir beide jemanden, mit dem wir darüber reden konnten. Sie hat mich verstanden und ich habe sie verstanden.“ Er sah Kari an. „Und das ist alles. Deswegen habe ich so reagiert. Und mehr als das ist zwischen Aya und mir auch nicht.“ Kari musterte ihn eine Weile und dachte über das nach, was er gesagt hatte. Familiäre Probleme, die anscheinend damit vergleichbar waren, dass die eigene Mutter von ihrem Freund geschlagen wurde. Wenn das stimmte, dann hatte Aya ja tatsächlich ernstzunehmende Probleme, bei denen es nicht nur um Make-up und Klamotten ging. Kari seufzte. „Ich glaube, das sieht sie aber anders.“ T.K. presste die Lippen aufeinander und nickte. „Den Verdacht habe ich inzwischen auch.“ Sie versuchte, seinen Satz und seine Mimik zu interpretieren. Fand er es nun gut, dass Aya offensichtlich in ihn verliebt war oder nicht? Glaubte er, es könnte sich jemals mehr zwischen ihm und ihr entwickeln? Wollte er das vielleicht sogar? „Aber du bist... nicht an ihr interessiert?“, fragte Kari vorsichtig und musterte ihn von der Seite. Er sah sie an und lächelte leicht. „Nein. Absolut null.“ „Tja, auf jeden Fall... danke, dass du vorbeigekommen bist und mir das erklärt hast“, schloss Kari das Thema ab. Er winkte ab. „Keine Ursache. Das war ich dir doch schuldig.“ Er stand auf, kam zu ihr und betrachtete ihre angefangenen Matheaufgaben. „Was machst du da eigentlich? Sind das die Hausaufgaben für morgen?“ „Ja, ich habe schon wieder einen Fehler gemacht und komme nicht weiter“, murrte Kari und malte ein großes Fragezeichen neben ihre bisherige Lösung. „Hm“, machte T.K. und betrachtete kritisch ihre Notizen. „Soll ich versuchen, es dir zu erklären?“ Sie blickte zu ihm auf und sah ihn mit großen Augen an. „Das wäre echt lieb.“ Mit T.K.s Hilfe war es fast schon ein Kinderspiel gewesen, die Aufgabe zu lösen und alles erschien ihr logisch und gar nicht so schwer. Doch sie wusste, sobald sie wieder eine Aufgabe allein rechnen musste, würden sich wieder seltsame Probleme auftun, mit denen sie nicht umgehen konnte. Es war bereits Abend, als sie ihn zur Tür brachte und er war schon zur Wohnungstür hinausgegangen, als er sich noch einmal umdrehte. „Ach ja, was ich dich noch fragen wollte...“ „Hm?“, machte Kari und sah ihn fragend an. „Wann feiert ihr noch mal Mimis Junggesellinnenabschied? Am Samstag?“ Kari nickte. „Und was machst du am Freitag so?“ Sie überlegte einen Augenblick, wie ihr Plan für den Rest der Woche aussah. „Ähm... nichts, glaube ich.“ „Wir haben um sechs ein Spiel bei uns in der Sporthalle. Wenn du Lust hast, kannst du ja zugucken kommen. Und hinterher könnten wir noch was essen gehen oder so“, sagte er locker und zuckte mit den Schultern. „Ja, klar. Bin dabei“, antwortete Kari ebenso locker. Erst einige Minuten, nachdem er gegangen war, drängte sich ihr der Gedanke auf, dass er sie vielleicht gerade nach einem Date gefragt hatte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)