Rebellen sterben jung. von HunterLeon (Freundschaft über den Tod hinaus.) ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Den Kopf in den Händen, die Beine angewinkelt mit den Füßen ans Holz gepresst, saß sie da und beobachtete den grünhaarigen Schwertkämpfer, wie er immer wieder die riesige Hantel hob und senkte, nur um diesen Vorgang mehrere Male über wiederholte. Es war lange her, dass sie ihn gesehen hatte. Und noch länger das er sie gesehen hatte. Doch dazu würde es nicht mehr kommen, nie wieder würde er sie erblicken. Und auch für sie war es heute das letzte Mal. Nur noch diese Stunde war ihr vergönnt. Und dafür hatte sie hart kämpfen müssen. „Warum?“ „Weil es das neue Gesetz besagt.“ Ihr Gegenüber schien nicht diskussionsbereit. Als er sich von ihr abwenden wolle, versperrte sie ihm, mit ihrem ausgestreckten Arm, den Weg. Langsam hob sie ihren Kopf an und blickte ihn aus dunklen, blauen Augen an. Der großgewachsene Mann, musste aufgrund ihres vor Wut verzehrten Gesicht und ihrer Entschlossenheit die in ihren Augen zu lesen war, schlucken. Das war ihm noch nie passiert, dass einer seiner Schützlinge ihm wiedersprach. Das hatte sich bisher nie jemand getraut, nicht einmal die älteren. Und dann kam dieser Jungspund eines Engels. Noch ein Kind, würde er nicht schon seit Jahrhunderten selbst einer dieser Welt sein, würde er sich wohl möglich fragen, warum ein so junger Mensch hatte gehen müssen. Doch war sie nicht die jüngste seiner Schützlinge, es gab viele die weniger Zeit auf der Erde vergönnt gewesen waren, wie ihr. Aber sie war die erste die sagte was sie dachte und versuchte ihren Willen durchzubringen. Aber anders hatte er sie nicht kennengelernt. Als sie bei ihm gelandet war, hatte sie getobt. Auch das war etwas was sie von den anderen Unterschied. In all den Jahren, die er nun schon hier war, hatte er oft mitbekommen, wie die Leute reagierten wenn sie ankamen. Doch sie passte nicht ins Schema. Normalerweise wurde geweint, gejammert, nachgefragt warum es ausgerechnet einen selbst getroffen hatte. Manche verhandelten sogar. Nie wurde es auf Anhieb akzeptiert. Doch sie, hatte nicht einmal gesagt, dass sie doch noch zu jung sei, sie hatte herum gewütet, dass sie noch ein Versprechen einzuhalten hatte. Eines Tages war sie auf ihn zugekommen und hatte ihn dreist gefragt, ob es nicht eine Möglichkeit gäbe die Lebenden zu sehen. „Ich meine, wirklich nur sehen. Reden und so ist mir nicht so wichtig. Nur sehen.“ Er hatte ihr geduldig versucht zu erklären, dass das nicht ginge. Doch sie war hartnäckig geblieben, hatte nicht aufgehört ihn zu löchern. Schließlich hatte er ihr genervt, das goldene Buch gegeben. Dort waren alle gesetzte ihrer Welt aufgeschrieben. Eigentlich war er in dem Glauben gewesen, das dicke Buch hätte sie abgeschreckt, doch zwei Tage später, hatte sie ihm das Buch vor die Nase gehalten. Triumphierend grinsend hielt sie einen Finger auf einen Absatz. Ungläubig hatte er eben diesen durchgelesen, und musste ihr Recht geben. Es war indirekt erlaubt. Ein wirkliches Verbot gab es nicht, das hatte dem Mädchen gereicht. Seit diesem Tag vor dreizehn Jahren hatte sie mehr Zeit auf der Erde verbracht, als ihrer Welt. Immer an seiner Seite. Immer da, ohne das er es wusste. Anfangs schien er ihre Anwesenheit noch zu bemerken, doch umso älter er wurde umso mehr schien er sie zu vergessen. Er wollte es ihr schonend beibringen, schließlich war sie einer seiner Schützlinge. Doch sie hatte stur den Kopf geschüttelt und wütend mit den Füßen aufgestampft. „Nein! Er hat mich nicht vergessen. Er wird mich nie vergessen! Wir haben uns ein Versprechen gegeben, er wird der Beste! Und deshalb wird er mich nie vergessen. Durch diesen Schwur sind wir verbunden!“ Doch vor nicht allzu langer Zeit, hatte er sie aufgesucht um ihr mitzuteilen, dass sie ihn nie wieder sehen würde. Der hohe Rat hatte ein neues Gesetz verfasst. Der heutige Tag, würde als der in die Geschichte ihrer Welt eingehen, an dem es für immer untersagt war, dass einer der ihren die Welt der Menschen betrat. Für einen kurzen Augenblick waren ihr die Gesichtszüge entglitten, doch keine Minute danach war sie wütend zum Saal des hohen Rates gegangen, hatte die großen Flügeltüren aufgestoßen und die versammelten Ratsmitglieder angeschrien. „Was fällt ihnen ein uns so zu übergehen. Ich bin nicht die einzige die noch Freunde und Familie auf der Erde hat. Wir wollen doch nur sehen, wie es ihnen geht. Ob sie weiter leben ohne uns, ob sie glücklich sind. Oder ob sie in Depressionen versinken und ewig trauern. Wenn wir da sind, auch wenn sie es nicht wissen, helfen wir ihnen. Durch unsere bloße Anwesenheit, verhindern wir das sie in ein Tief versinken aus dem sie alleine nicht heraus kommen. Und was mich angeht, die Zeit der Trauer ist für meine Hinterbliebenen vorbei, aber dennoch will ich sehen, wie mein bester Freund unseren Traum erfüllt.“ Doch trotz dieser kleinen Rede, in der sie für das einstand was ihr und so vielen andern wichtig war, hatte es nichts genützt. Der hohe Rat ließ sich nicht beirren, ihr Wort stand über dem jedes einzelnen. Sie sah ein dass sie verloren hatte, aber einmal wollte sie noch bei ihm sein. „Nur noch heute. Eine Stunde länger nicht. Aber ich, und auch all die anderen, wollen uns noch verabschieden. Bitte, nur eine Stunde, danach nie wieder.“ Er wusste nicht, wie dieses Mädchen mit dem Körper einer elfjährigen, es geschafft hatte. Aber die Ratsmitglieder hatten ihren Wunsch genehmigt. Und jetzt nutzte er zum ersten Mal, seit sie ein Schlupfloch gefunden hatte, dieses Gesetz. Das Gesetz das nur noch wenige Minuten andauern würde. Und wofür? Um ihr zu zusehen, wie sie diese wenigen Momente gebrauchte. Sie saß da auf der Rehling des Piratenschiffes mit einem Löwen als Gallionsfigur. Sah einfach nur verträumt zu einem grünhaarigen, jungen Mann. Dies musste ihr bester Freund sein, von dem sie so oft gesprochen hatte. Er wollte sich gerade abwenden, da geschah etwas womit er nicht gerechnet hatte. Der Grünschopf ließ seine Trainingsgeräte sinken und setzte sich neben sie. Und dann fing er an zu sprechen, leise, aber laut genug als das sie es hören konnte und auch er, der mit einem guten Gehör gesegnet war. „Das ist das letzte Mal, oder? Ich weiß nicht, ob ich es mir einbilde, oder ob du wirklich da bist. Aber seit deinem Tod, fühlte ich mich nie anders als zu deinen Lebzeiten. Keine Leere, keine Trauer. Und oft, eigentlich immer, fühle ich mich beobachtet. Und das begann nicht mal eine Woche nach deinem überraschenden Ableben. Du warst immer da, oder? Ich habe dich nie vergessen, und werde es auch niemals. Das letzte Mal, das spüre ich. Ich werde es wahr machen. Meinen Traum, deinen Traum, den unseren.“ Er sah, wie das zierliche Mädchen, nickte. Stolz blitze in ihren blauen Augen auf. Dann hörte er noch ein weiteres Mal, die tiefe Stimme des Grünhaarigen. „ Weißt du, als du starbst empfand ich es als ungerecht, aber heute weiß ich, dass es seinen Grund hatte. Denn Engel leben ewig. Du warst nie einer, immer anders, immer aufs kämpfen und siegen aus. Unterschieds dich von den anderen Mädchen unseres Dorfes. Du warst ein Rebell. Und Rebellen sterben jung.“ Erneut nickte sie, verschwand dann. Denn ihre Zeit mit ihm war nun endgültig abgelaufen. Auch er entrann der Welt der Lebenden und kehrte zurück in die Welt, die er seit Jahrhunderten bewohnte. Dieses Mädchen hatte sich also schon zu Lebzeiten immer unterschieden von all den anderen, auch nach ihrem Tod tat sie das auch noch. Eben ein richtiger Rebell. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)