Ein Meer voller Geschichten von Yalene (One Piece Drabbles) ================================================================================ Kapitel 1: Musik ---------------- „Daß wir die Melodie unseres Lebens selber spielen, das wünschen wir uns. Und daß sie uns, auch wenn es hier und dort mal einen Misston gibt, doch zu einem harmonischen Ganzen gerät, denn es kommt immer darauf an, daß, wie und wo man marschiert, man allerorts die Musik des Lebens hört.“ Theodor Fontane, (1819 - 1898), deutscher Journalist, Erzähler und Theaterkritiker ~    Die lieblichen Klänge einer Violine segelten über das Deck. Es war einer jener ruhigen Abende an Bord der Thousand Sunny, an dem man die laue Meeresluft genießen konnte, ohne von dem nächsten Wetterumschwung, einem Seemonster oder einer rivalisierenden Piratenbande auf Selbstmordkurs gestört zu werden.   Brooks Arme bewegten sich routiniert, entlockten dem Instrument jene Klänge, die den geneigten Zuhörer in andere Welten zu versetzen mochten. Es war niemand von der Mannschaft zu sehen. Aber das kümmerte den Musiker nicht. Jeder hatte mal eine Auszeit verdient und in jenem Moment spielte er nur für sich selbst. Musik war immerhin sein Lebensinhalt. Sie hatte ihn immer begleitet, ihm einen Halt gegeben, ihm Freud und Leid beschert. Ohne Musik war „Der Summer“ Brook nichts und niemand. Zumindest nach seinem eigenen Ermessen.   Er erinnerte sich an die Zeit an Bord seines alten Schiffes. Damit verband er so unglaublich viel Gefühl, dass es ihn selbst in der Erinnerung noch zu überwältigen schien. Jahrzehntelange Erinnerungen, größtenteils angefüllt mit Schmerz und Verlust. Er war so lange allein gewesen. 42 Jahre in Einsamkeit waren eine lange Zeit. Nur die Musik war ihm geblieben. Sie und die Erinnerungen.   Er fühlte die ihm bekannte Wärme aufsteigender Tränen und hörte beiläufig, wie die Violine eine traurige Sonate sang. Musik als Spiegel der Seele. Oftmals hatte er sie für die Freude eingesetzt, für sich selbst und vor allem auch für andere. Manchmal jedoch, wenn er wie jetzt seine Gedanken treiben ließ und sein Körper die für ihn unbewusst gewordene Handlung des Musizierens übernahm, da konnte er hören, wie traurig ihn die Erinnerungen werden ließen. Nicht alle von ihnen. Viele stürzten ihn in eine warme, freudige Wehmut. Es war alles so lang her und so viel verloren. Daher schätzte er seine Zeit auf der Sunny besonders hoch ein. In seinem Exil an Bord des treibenden Schiffes der Rumba Piraten hatte er sich nicht vorstellen können, jemals wieder fröhliche Musik zu spielen. Wenn er La Boum getroffen hätte, dann hätte er sicher „Binks Sake“ gespielt. Es war immerhin ihr Lied – und es war auch La Boums.   Und doch, wie schwer es auch gewesen war… er hätte sich von der Musik nicht abgewandt, egal wie lange die Teufelsfrucht ihn am Leben halten mochte. Brook wusste dies mit kristallklarer Gewissheit. Ohne Musik war er nichts. Sie war seine Existenz. Aber er hatte nicht zu hoffen gewagt, jemals wieder diese Verbundenheit mit ihrer lebendigen Kraft zu spüren. Seine Begegnung mit der Strohhutbande, der Kampf auf Thriller Bark, die Einladung von Ruffy – das waren helle Töne in einer langen, getragenen Ballade, die das Aufkommen einer fröhlicheren Melodie verkündeten. Wieder stieg dieses warme Gefühl sich ankündigender Tränen auf, jedoch aus einem erfreulichen Anlass. Er musste nicht mehr mit Trauer auf seine Vergangenheit blicken. Er vermisste seine alte Mannschaft, aber alles, was er erdulden musste, hatte ihn unweigerlich zu seinen neuen Wegbegleitern geführt. Und allein dies ließ jede Schwermut von ihm abfallen.   Sanji rief zum Abendessen, es kam Bewegung ins Schiff. Lachende Klänge tanzten von der Violine über das Deck, bevor sie verstummten und auch Brook sich zu seinen Freunden gesellte. Kapitel 2: Zeit --------------- „Kindheit kennt keine Zeit.“ Hans Ulrich Bänziger (* 1938), Schweizer Psychologe und Schriftsteller ~ Sanji trocknete sich die Hände an einem Tuch ab. Das mittägliche Gelage war noch nicht lange vorbei und er hatte das Spülen des Geschirrs gerade erledigt. Von draußen hörte er Gelächter. Es gehörte klar zu Ruffy, Usopp und Chopper. Der blonde Koch musste grinsen, schlenderte nach draußen aufs Deck und zündete sich auf dem Weg eine Zigarette an. Automatisch sondierte sein Blick die Umgebung und suchte nach Nami und Robin. Letztere konnte er nicht sehen. Vermutlich war sie wieder in der Bibliothek. Nami jedoch zeichnete auf dem oberen Deck an einem Tisch ihre Karten. Der Koch machte eine mentale Notiz, ihr einen Eisbecher zuzubereiten und für Robin einen Kaffee bereit zu stellen, sobald er aufgeraucht hatte. Sein Blick glitt auf das Grasbewachsene Mitteldeck. Dort tollten in der warmen Sonne die drei Jüngsten ihrer Mannschaft herum. Sanji lehnte sich auf die Reling, nahm einen langen Zug von der Zigarette und lächelte. Heute war ein guter Tag, entschied er. Sie hatten am Morgen ein kleines Scharmützel mit einem Kriegsschiff der Marine gehabt und konnten sich da ein bisschen austoben. Das stabile Hoch dieser Region ließ sie alle ein wenig entspannen, da keine schnellen Kurskorrekturen gemacht werden mussten. Und nun sah er den dreien beim Spielen zu. Es mochte infantil klingen, wenn man bei ausgewachsenen Männern, oder Fastmenschen in Choppers Fall, vom Spielen sprach. Aber Sanji konnte beim besten Willen keine bessere Bezeichnung dafür finden. Usopp hatte einen kleinen Workshop aufgebaut und bastelte eifrig an einer technischen Spielerei. Ruffy und Chopper sahen interessiert zu, freuten sich über – was auch immer es sein mochte – lachten und waren ungeduldig wie eh und je. Nebenbei schnitten sie sich gegenseitig Fratzen, was natürlich nur dazu führte, dass Usopp durch das Lachen noch länger zum Fertigstellen des Gerätes brauchte. Sanji pustete Qualm in die warme Meeresluft. Er war dankbar für Tage wie diesen. Den drei Jungs dabei zuzusehen, wie sie scheinbar wie Kinder herumtollten, ließ ihn innerlich vor Freude auflachen. Sie waren schließlich eine sehr ungewöhnliche Familie. Jeder hatte sein Bündel zu tragen, jeder hatte seine eigene traurige Geschichte zu erzählen und fast jeder von ihnen hatte eine Sache niemals gehabt: eine normale Kindheit. Sie war ihnen versagt gewesen. Manchen schon von Geburt an, anderen aufgrund der Umstände, in die sie geraten waren. Und die Beschäftigung, der sie nachgingen, war auch nicht immer eine Angelegenheit zum Lachen. Sie lachten dennoch, sie sangen, sie feierten und sie lebten. Was sich die drei teilweise bewahrt hatten war die kindliche Unschuld. Nicht immer, natürlich. Dafür war das Leben einfach zu hart. Aber die kleinen Dinge im Leben schienen sie manchmal immer noch derart hinzureißen, wie es sonst nur bei Kindern der Fall war. Die fertig aufgerauchte Zigarette steckte Sanji in ein kleines Beutelchen, was er eigens dafür mit sich führte. Der Abfall sollte schließlich weder an Deck noch im Meer landen. Er warf einen letzten Blick auf die drei jungen Männer, lächelte erneut und spürte die innere Ruhe, die dieser Tag mit sich brachte. Auf dem Weg zurück in die Küche entschied er, dass er für alle Eisbecher zaubern würde. Vielleicht sollte er auch noch eine Limonade ansetzen. Heute war schließlich ein guter Tag. Kapitel 3: Schreiben -------------------- „Worte zu schreiben heißt Seele zu zeigen.“ Natunika (*1973), Musikerin, Malerin und Autorin ~ Robin war das, was man einen Bücherwurm nannte. Das brachte der Beruf mit sich. Geschichte war geschriebenes Werk. Selbst wenn Bilder in die Wand gehauen oder darauf gemalt wurden, war es noch immer niedergebracht wie eine Schrift. Und man konnte sie lesen wie Buchstaben. Soviel war von der Geschichte ausgelöscht worden. Vernichtet von denen, die gesiegt hatten. Natürlich nicht vollständig. Nichts verschwindet vollkommen. Dennoch war es eine mühsame Arbeit, wieder alles zusammen zu tragen. Die Erbin von Ohara wusste, dass sie ihre Erkenntnisse ebenso zu Wort bringen musste. Nur etwas zu erforschen oder es für die Nachwelt zu bewahren waren zwei unterschiedliche Dinge. Piraterie, egal wie nobel sie von der Strohhutbande betrieben wurde, war eine gefährliche Beschäftigung. Mit Gefahr kannte Robin sich aus, doch hatte sie jetzt mehr zu verlieren. Ihr ganzes Wissen, vieles davon die letzten Überbleibsel ihrer Heimat, durfte nicht einfach verloren gehen. Also schrieb sie. Kaum einer von ihren Kameraden wusste etwas davon. Sie las nicht nur die unzähligen Bücher, wenn sie bis spät in die Nacht in der Bibliothek saß. Sanji hatte es bemerkt, denn oft genug brachte er ihr noch eine Kanne mit Kaffee, bevor er zu Bett ging. Er hatte es gesehen, gelächelt und nicht gefragt. Ebenso hatte Franky es mitbekommen. Er war genau so eine Nachteule wie die Historikerin. Sein Colabetrieb erlaubte es ihm, weniger schlafen zu müssen als die anderen. Und eines Nachts hatte er ihr über die Schulter gesehen, nachdem er das Licht in der Bibliothek bemerkt hatte. Er bewunderte ihre geschwungene Handschrift. Bei allem, was Robin tat, bewies sie eine zeitlose Eleganz, die einer Lady zustand. Der Schiffsbauer hatte in dem Kampf auf Enies Lobby erfahren, was für ein schweres Leben die Frau gehabt hat, bevor sie auf Ruffy und die anderen traf. Deswegen war es für ihn umso bemerkenswerter, was aus ihr geworden war. Stahlharte Nerven, verpackt in einen kurvenreichen Körper und garniert mit einem schneidend scharfen Verstand. Diese Kombination war für ihn ansprechender als es ihm lieb war. Er las still mit, als sie für sie untypisch versunken in ihrem Werk alles um sich herum vergaß. Aber das war Robin. Sobald sie Geschichte sah, war sie passioniert dabei. Das gab Franky die Gelegenheit sie zu mustern und ihr Geschriebenes zu lesen. Nach kurzer Zeit beugte er sich wieder zurück. Er war erstaunt. Diese Frau war für gewöhnlich so distanziert. Zwanzig Jahre auf der Flucht hatten sie darin geschult, mit ihren Bemerkungen vorsichtig zu sein. Das brachte eine Verschlossenheit mit sich, die nur schwer zu durchbrechen war. Franky lernte langsam, die kleinen Gesten und Blicke, Bemerkungen und ihr Lächeln zu deuten. Das konnte er nur durch Beobachten. Doch was er hier gelesen hatte, offenbarte eine neue Seite von Robin. Hier schrieb sie mit Leidenschaft für ihr Fach, mit einer Begeisterung, die er mit der seinen beim Entwickeln neuer Blaupausen gleichsetzte. Hier schrieb sie ihr Herz nieder. Deswegen wollte er es nicht heimlich über ihre Schulter gebeugt lesen. Irgendwann würde er sie danach fragen, sie bitten, es lesen zu dürfen. Wenn sie es ihm gestattete, würde er es zu schätzen wissen. Denn dadurch offenbarte sie ihm mehr von ihr, als sie sonst vermochte. Er zog sich langsam zurück. Während er langsam und leise die Tür hinter sich schloss, lächelte Robin. Ihr Blick huschte kurz dahin, wo Franky einige Sekunden vorher die Bibliothek verlassen hatte. Sie kicherte, ließ ihre Augen noch für einen Moment auf der Stelle verweilen und widmete sich dann wieder ihren Notizen. Sie fühlte Wärme in sich aufsteigen, die nicht nur von dem Kaffee kam, der dampfend neben ihr stand. Kapitel 4: Bitter ----------------- „Kinder erleben nichts so scharf und bitter wie Ungerechtigkeit.“   Charles Dickens (1812 - 1870), Pseudonym Boz, englischer Advokatenschreiber, Parlamentsberichterstatter und Erzähler   ~   Es schneite wieder heftig. Die Herde drängte sich aneinander um die wenige Wärme zu teilen, die sie aufbrachten. Unweit der Tiere lag eine kleine Form zusammengekauert auf dem Boden. Ihre blaue Nase war derzeit kaum zu sehen, immerhin war das Jungtier schon zu einem guten Teil eingeschneit. Die Augen hatte das Kleine zugekniffen, denn bei einem Wetter wie es an jenem Tag vorherrschte biss die Kälte an jeder ungeschützten Stelle. Durch den Schneesturm hindurch hörte es das gelegentliche Blöken eines der Herdenmitglieder.   Eine Herde, der er nicht angehören durfte. Warum, dass begriff das Junge nicht. Es hatte gerade erst den Verstand erhalten, um solche Gedanken hegen zu können. Diese seltsame Frucht hatte ihm die Fähigkeit gebracht und auch seinen Körper verändert. Aber dennoch war das alles neu für ihn – das Denken und Fragen.   Das Schlimme daran war, dass ihm niemand eine Antwort gab. Er war so anders. Er war immer allein. Auch vorher schon war er immer ausgeschlossen worden. Nun verstand er zumindest, warum: Er war anders. Er hatte eine blaue Nase. Warum dies jedoch schlecht war, das verriet ihm niemand. Und je länger er in der Nähe der Herde blieb, desto aggressiver wurde sie. Und je mehr Fragen sich in dem Kopf des Jungtieres bildeten, desto klarer wurde die Erkenntnis, dass er hier keine Antworten finden würde. Er war einfach zu anders.   Es gab noch viele Wesen jenseits der Herde, die anders waren. Er hatte noch keine gesehen, die wie er waren, aber vielleicht hatte er noch nicht genug gesucht. Vielleicht gab es noch andere wie ihn, mit einer blauen Nase und vielen Fragen. Vielleicht konnte irgendjemand dort draußen Antworten geben.   Der kalte Wind biss und pfiff aus jeder Richtung. Das Junge riskierte ein bisschen Schmerz, hob den Kopf an und schaute zur Herde hinüber. Nur war da keine Herde mehr. Sie waren weg und der heftige Schneefall hatte ihm keine Spuren gelassen, die er hätte verfolgen können.   Wären die Tränen nicht sofort in seinem Fell gefroren, hätte das Kleine in jenem Moment gern bitterlich geweint. Es war anders und ganz allein. Und keiner war da, um seine Fragen zu beantworten.   Kapitel 5: Mitte ---------------- „Exzentriker haben ihre Mitte außerhalb der Mitte ihrer Mitmenschen gefunden.“   Prof. Querulix (Pseudonym) (*1946), deutscher Aphoristiker und Satiriker ~   Man hatte sie die ‚schlimmste Generation’ genannt. Überall stifteten sie Unruhe und Chaos, brachten ganze Systeme durcheinander, ließen brave Bürger bei Sichtung in Panik aufschreien. In der Welt der Piraten waren sie natürlich allesamt noch Grünschnäbel. Was kannten sie schon von der Welt? Nur ihre Heimatozeane und den ersten Teil der Grand Line. Kinderspielchen, Puppenstübchen. Doch selbst da haben sie ihre Fußabdrücke hinterlassen, einige mehr, andere weniger. Manche im Guten und viele im Schlechten. Piraten… das Wort suggerierte ein gewisses Maß an Freiheit, Wildheit und Gewalt.   Das traf auch auf die Strohhüte zu. Überall wo sie hinkamen, stifteten sie Chaos. Oder brachten ganze Machtstrukturen zum Einsturz, nur um einem einzigen Kameraden zu helfen. Sie scherten sich nicht um Autoritäten, um Machtgefüge oder alteingesessene Normen. Sie taten, was sie wollten. Selbst so etwas Großes wie die Weltregierung war ihnen Schnuppe. Einige der anderen Piraten der ‚schlimmsten Generation’ hatten wenigstens davor einen gewissen Respekt. Nicht aber Monkey D. Ruffy und seine Leute.   Deswegen behielt man sie auch die ganze Zeit über im Auge. Nicht nur die Weltregierung und die Marine hatten mit jedem neuen Auftauchen der Bande ein gesteigertes Interesse. Auch die Weltöffentlichkeit nahm Notiz von dieser Piratenbande, die sich langsam über die Grand Line arbeitete und Aufsehen erregte. Man sprach natürlich auch über andere Piraten. Die vier Kaiser in der Neuen Welt waren immer ein Thema, wenn auch oftmals nebulös. Die Sieben Samurai waren Skandalfutter ohne Ende. Und die jungen Piraten, die ebenfalls hier und da auftauchten und sich entweder einen Namen durch Flucht vor und Vernichtung der Marinesoldaten oder Gefangennahme durch selbige machten.   Und doch… Nachrichten über die Strohhüte wurden mit einem gewissen besonderen Interesse gelesen. Man fragte sich, wer dieser unbekannte junge Mann war, der jemanden wie den Piratenjäger in seine Mannschaft holen konnte, der dem ‚weißen Jäger’ Smoker entkam, der Sir Crocodile besiegt hatte (egal was die Marine an dieser Stelle auch behaupten mochte) und der nicht zuletzt ein Kommando führte, dass die Gerichtsinsel der Marine, Enies Lobby, in Schutt und Asche legte.   Monkey D. Ruffy, dieser Name stand schon bald für verrücktes Chaos, denn er und seine Gleichgesinnten mochten zerstören, stehlen und alles auf den Kopf stellen, dennoch waren sie nicht so schlimm wie andere Piraten. Im Gegenteil, es gab genug Menschen, die Stein und Bein schworen, dass ihnen von dieser Bande Gesetzloser geholfen worden war. Natürlich dementierte die Weltregierung Fragen dahingehend. Es gab keine guten Piraten. Sie waren allesamt ein verbrecherisches, ruchloses Pack und selbst die Sieben Samurai wurden nur geduldet, weil sich die Weltregierung ihrer Macht bediente.   Und die einfachen Leute, die niemals einen Piraten zu Gesicht bekommen hatten und von den ganzen Ereignissen immer nur aus der Zeitung erfuhren, wussten dies. Ein Narr, wer es anzweifelte.   Dennoch… Wenn es ein Weitgereister oder ein Händler in ein neues Städtchen oder auf eine neue Insel kam und sich den einen oder anderen Abend in der lokalen Kneipe vergnügte, so konnte er davon ausgehen, alsbald auf dezente Art ausgefragt zu werden. Möglicherweise wurde ihm dazu auch eine neue Runde ausgegeben. Immerhin war man sich überall gut Freund und wenn er die eine oder andere inoffizielle Neuigkeit über eine aufstrebende Piratenbande mit einem Strohhutbewährtem Kapitän auf Lager hatte, so wehrte man sich nicht unbedingt, diese zu hören. Sie waren natürlich dennoch ruchlose Piraten, außerhalb der Normen, außerhalb des Normalen. Und in jeder Weise anders. Kapitel 6: Illusion ------------------- „Wir begraben die toten in der Illusion, dass wir leben.“   Manfred Hinrich  (*1926), Dr. phil., deutscher Philosoph, Philologe, Lehrer, Journalist, Kinderliederautor, Aphoristiker und Schriftsteller   ~   Gläser klirrten in der verrauchten Kneipe. Der Dunst war stickig und kratzte furchtbar beim Atmen, aber er war so dick, dass man kaum etwas sehen konnte. Für viele der Gäste war dies einer der wichtigsten Gründe, warum sie in diese Absteige kamen. Anonymität wurde hier groß geschrieben und die Marine verirrte sich nur selten dahin. Rayleigh genoss den Lärm um sich herum. Hier konnte man sich noch lebendig fühlen, ohne wirklich am Geschehen teilnehmen zu müssen. Der alte Mann ließ das Glas mit dem teuren Whiskey kreisen und lächelte wehmütig. Er suchte diese Spelunke nicht oft auf. Eigentlich war er hier nur an einem Tag des Jahres, um das Leben seines besten Freundes zu feiern. Oder dessen Tod, je nachdem, wie man es sehen wollte.   Für Rayleigh war Roger nicht tot. Natürlich konnte er nicht mehr mit ihm reden, lachen, trinken und schmutzige Witze reißen, aber die Person Roger war für immer ein Teil der Welt, unauslöschlich in deren Geschichte und dem Geist der Menschen. Aber dennoch fühlte Rayleigh jedes Mal diese Wehmut, wenn er an die alten Tage zurück dachte. Es war eine gute Zeit gewesen, wild und frei. Und nachdem Gol D Roger nicht mehr war, wusste Rayleigh nicht wohin mit sich. Letztendlich hatte es ihn ins Archipel vor der Red Line verschlagen. Die Zeit verging. Er verfolgte das Kommen und Gehen der Piraten, sah zu, wie die große Piratenära ihren lauf nahm und fragte sich, ob auch nur einer von diesen Grünschnäbeln das Format Rogers erreichen würde. Natürlich gab es ein paar außergewöhnliche Männer und Frauen, von denen einige gingen und andere hinzu kamen. Doch keiner von ihnen war der nächste ‚Piratenkönig’. Rayleigh nahm einen großzügigen Schluck aus seinem Glas. Sein sonst so markantes Lächeln war für den Moment verschwunden.   Er fragte sich, wie lange er wohl auf die neue Ära warten musste. Roger hatte die Kugel in Bewegung versetzt und sich in dieser Rolle wunderbar gefallen. Und Rayleigh, einer der letzten von Rogers Vertrauten, wusste, dass er den Verlauf dieser Kugel so lange wie möglich mitverfolgen wollte und musste. Er trank jeden Tag und verspielte sein Geld schneller, als er es zusammenklauen konnte. Jeder Tag ging irgendwie in den nächsten über. Etwas aus seiner Zeit machen… Das war für ihn ein fremdes Konzept geworden. Aber er konnte sich nicht aus diesem Trott losreißen. Keiner der aufstrebenden neuen Piraten weckte sein Interesse. Nur die alten Namen – Whitebeard, Shanks, Mihawk und andere des gleichen Kalibers – hielten seine Neugier. Aber wer wusste schon, wie sich die Zukunft entwickeln würde. Fisher Tiger hatte nicht zuletzt mit seiner Befreiungsaktion für großes Aufsehen gesorgt. Hier und da munkelte man, dass aus Garps und Dragons Familie ein neuer Sprössling hervorgekommen war. Und Rayleigh wollte Rogers Sohn nicht außer Acht lassen.   Er stellte das leere Glas auf den Tresen, warf ein paar Münzen hin und wankte Richtung Tür. Ja, wer wusste schon, was die Zukunft bringen würde. Kapitel 7: Liebe ---------------- „Der Mensch ist Mensch, er soll nichts tun ohne Vernunft, ohne Liebe.“ Johann Heinrich Pestalozzi (1746 - 1827), Schweizer Pädagoge und Sozialreformer ~ Vivi stand im frühen Morgenlicht auf den Palastmauern und sah hinunter. Die Spuren des Bürgerkriegs waren noch immer sichtbar. Zu dieser Stunde war außer ihr und ein paar Wachen von der Nachtpatrouille niemand auf. Alles war ruhig und friedlich. Die junge Prinzessin starrte hinunter in die Stadt, und bei ihrem Anblick kamen unwillkommene Erinnerungen. Feuer, Schreie, das manische Lachen eines Mannes, der gerade dabei war, einen anderen zu erschlagen… Es war alles so grausam gewesen. Und wofür? Weil ein größenwahnsinniger Pirat ohne Achtung vor dem Leben hinter einer Waffe her war. Sie erschauderte, als sie sich an ihre eigene Ohnmacht gegenüber diesem Mann erinnerte. All die Wut, die Verzweiflung und ein unbändiger Hass, den sie sich selbst nie zugetraut hatte. Als Kind eines Königs und von klein auf zu Diplomatie erzogen war es für sie ein neues Konzept, Hass zu empfinden. Sie hatte in ihrem Leben immer nur Liebe und Freundschaft erfahren, obwohl sie natürlich wusste, dass es Menschen mit bösen Absichten gab. Ihr Vater und auch Igaram waren immer stets darauf bedacht gewesen, sie nicht der Naivität anheim fallen zu lassen. Für Vivi war das Leben, egal von wem, immer eins der höchsten Güter gewesen. Denn wenn jemand stirbt, dann gibt es immer auch jemanden, der um ihn trauert. Doch Sir Crocodile hatte etwas in ihr verändert. Er hatte ihr diese Sichtweise genommen, denn für einige Zeit, tief im Kellergewölbe seines Casinos, ihre Freunde in einem Käfig gefangen und ihr gegenüber dieser Leben verachtende Pirat, der selbstgefällig seinen Plan vor ihr ausbreitete… für einen Moment hatte sie sich nichts sehnlicher gewünscht, als ihn sterben zu sehen. Vielleicht sogar, es selbst herbei zu führen. Ihr Blick wanderte von zerstörten Gebäuden hinüber zu bereits reparierten und ihre Stimmung wurde ein wenig besser. Sie erinnerte sich an das lange Gespräch unter vier Augen mit ihrem Vater, als sie ihm von den letzten Jahren erzählte – ihm alles erzählte, was sie und Igaram getan hatten und vor allem, wie sie sich dabei gefühlt hatte. Er hatte ihr geduldig zugehört, nur zwischendurch einige Fragen gestellt. Am Ende hatten sie in Schweigen dagesessen, jeder in seine eigenen Gedanken versunken. Dann hatte er angefangen zu reden. Er erzählte ihr von seinen Zweifeln, von seinen Befürchtungen und Ängsten, während sie weg war und er die Entwicklung im eigenen Land mit ansehen musste und kaum etwas unternehmen konnte, als die Sache ruhig zu halten. Er berichtete ihr von seiner Sorge um Cohza, als dieser wütend zu ihm kam und er ihm keinen Trost spenden konnte. Er hatte schon immer eine Schwäche für die Entschlossenheit des jungen Mannes gehabt und hatte befürchtet, dass diese letztendlich zu Schaden führen könnte. Doch er hatte niemals am Herz des Mannes gezweifelt. Am Ende gab er seiner Tochter noch einen Rat. „Hass ist ein starkes Gefühl, Vivi. Er gibt uns Stärke, aber macht uns zugleich blind gegenüber der Realität. Er verzerrt unsere Sicht der Dinge und lässt uns unüberlegt werden. Es war vielleicht wichtig für dich, dass du ihn erfahren hast und deine Verwirrung darüber ehrt dich. Ein guter Herrscher zu sein heißt nicht nur, sein Volk über sich selbst zu stellen, sondern auch Verständnis für diejenigen aufbringen zu können, die anders denken als man selbst. Und viele Menschen – zu viele – empfinden Hass. Diesem kann man nicht mit guten Worten beikommen, sondern nur mit Liebe und Vernunft. Das garantiert kein gutes Ende, aber es ist ein Schritt in die richtige Richtung.“ Für Vivi war ihr Vater einer der weisesten Männer, die sie jemals kennen gelernt hat. Daher versuchte sie, ihre Gefühle für Sir Crocodile zu bändigen, diesen negativen mit positiven zu begegnen. Sie konnte ihm nicht verzeihen, konnte nicht vergeben. Aber er hatte seine Strafe erhalten, ihm war alles genommen worden, was ihm teuer war und was er angestrebt hatte. All seine Pläne lagen in Schutt und Asche. Das musste ihr reichen. Sie dachte an ihre Kameraden auf hoher See, die mittlerweile einem neuen Abenteuer entgegen strebten. Keiner von ihnen lebte im Gestern. Nicht einer. Sie nahmen jeden Tag als neue Herausforderung und strebten nur nach dem Höchsten. Vivi wollte sich daran ein Beispiel nehmen. Die Vergangenheit war genau das, vergangen. Sie wollte sie und die damit verbundenen Gefühle hinter sich lassen. Sie würde niemals vergessen, aber sie wollte ihren Alltag lieber mit Freude und Liebe als mit Hass und Traurigkeit füllen. Vivi blinzelte der aufsteigenden Sonne entgegen und lächelte. Es tat ihr gut, den Tag so zu beginnen. Kapitel 8: Natur ---------------- "Die Natur kreiert nicht ohne Bedeutung." Aristoteles (384 - 322 v. Chr.), griechischer Philosoph, Schüler Platos, Lehrer Alexanders des Großen von Makedonien ~ Eisberg stellte geistesabwesend die Zeichenfeder an ihren angestammten Platz in einem Tintenfass zurück und ließ seinen Blick langsam von der Zeichnung vor sich auf den Tisch zum nahe gelegenen Fenster gleiten. Er konnte von hier natürlich nicht die unteren Ebenen von Water 7 sehen, konnte nicht die zerstörten Gebäude begutachten oder die klaffenden Lücken im Boden, der bei der letzten Lagunawelle ins Meer gerissen wurde. Doch er wusste, dass dies alles existierte. Genauso wie er wusste, dass es jedes Jahr schlimmer, die Verheerung immer intensiver wurde. Er hatte Franky von seinem Vorhaben erzählt, die Stadt in eine schwimmende Insel umzubauen und er hatte daraufhin gelacht. Nicht aus Häme, wie Iceburg wusste, sondern aus einer Art Ungläubigkeit heraus. Der Chef der Galley-La Company konnte das verstehen. Immerhin war es ein unglaubliches Unterfangen. Aber das hatte man damals auch über den Puffing Tom gesagt. Eisberg stand auf und ging zum Fenster hinüber, ließ sein Gesicht von der Sonne bescheinen und blickte zu dem nunmehr ruhigen, blauen Meer hinaus. Er rätselte, wo Franky jetzt war. Hatten er und die Strohhutbande schon wieder ein neues Abenteuer zu bestehen? Manchmal ertappte Eisberg sich bei der Frage, was diese Welt wohl noch alles zu bieten hatte. Wenn man in Water 7 aufgewachsen war, dann war die Aqua Laguna normal, ein wiederkehrendes Übel, eine Laune der Natur. Doch diese Laune war gefährlich und forderte den Menschen heraus. Auf ihrer Welt war alles ans Wasser gebunden. Vier große Ozeane und die Grand Line. Alles war vom Wasser umschlossen. Und mittendrin die kleinen, schwachen Menschen. Nein, so schwach waren sie nicht. Sie waren erfindungsreich, und das glich die Schwäche ein bisschen aus. Ein ganz kleines bisschen. Sie waren stur und ehrgeizig. Das mussten sie sein oder untergehen. Daher trotzten sie dem Meer und seiner Gewalt. Aber irgendwie war das alles auch unfair. Warum so schwache Wesen hervorkommen lassen, wenn sie doch immer nur ums Überleben kämpfen mussten? Iceburg lächelte bitter und wandte sich wieder seiner Zeichnung zu. Wenn es einen höheren Plan gibt, so dachte er sich, dann war es eine sarkastische Pointe, den Menschen auf diesem Meer mit hineinzuarbeiten. Kapitel 9: Falls... ------------------- "Falls der Mensch nicht morgen besser ist als heute, wozu braucht er das Morgen?" Rabbi Nachman von Bratzlaw (1772 - 1810), Urenkel des Balschem, Rabbiner und Erzähler ~ Die Sonne ging wieder einmal unter. Luffy registrierte es kaum, als er versuchte, sein Haki zu konzentrieren und Rayleighs Schlag dadurch auszuweichen. Er war nicht sehr erfolgreich damit. Doch kaum auf dem Boden angekommen rappelte er sich sogleich wieder auf, verlangte von dem alten Mann, dass er erneut angriff. Rayleigh wollte schon mit Hinblick auf den dunkler werdenden Himmel für den Tag Schluss machen und sich um das Abendessen kümmern, Luffy winkte dem ab. „Wir haben noch Zeit für ein bisschen Training.“ Der alte Mann lächelte nur und griff wieder an. Er wusste schließlich, was seinen Schützling antrieb. So ging es tagein, tagaus. Luffy hatte schon früher bewiesen, dass er in einigen Dingen unnachgiebig sein konnte. Eines davon war, zu trainieren und stärker zu werden. Wenn ihm das Leben etwas von klein auf gelehrt hatte, dann, dass es niemals einfach oder fair war und dass die Freiheit erkämpft werden musste. Und Luffy wollte frei sein. Zusammen mit seiner Mannschaft. Zugegeben, sie waren gerade nicht bei ihm, aber er wusste, dass auch sie ihr Wissen erweitern und trainieren würden. Denn sie wussten ebenso wie er, dass sie ohne das nicht weiter kommen würden. Ohne eine ständige Entwicklung und Verbesserung konnten sie nicht frei sein, nicht ihre Träume verfolgen, keine Abenteuer bestreiten. Sie würden an irgendeinem Punkt inne halten müssen, vielleicht sogar umkehren oder sterben. Luffy war bei diesem Gedanken nicht wohl. Er wollte das alles nicht. Er wollte Abenteuer bestehen, unglaubliche Dinge sehen und mit seinen Freunden Spaß haben. Mit diesem Gedanken trainierte er Tag für Tag, spürte dabei, wie er stärker wurde. Manchmal, unter einem sternenbewährten Himmel nach einem langen, anstrengenden Tag, fragte er sich, wie es den anderen wohl ergehen mochte. Zwei Jahre waren eine lange Zeit, doch er wusste, sie würden sich wiedersehen. Dieses Wissen ließ ihn abends immer mit einem Lächeln einschlafen. Er träumte dann oft vom Meer, von der Thousand Sunny, von rauschenden Festen, von Sanjis hervorragendem Essen, viel Fleisch und einem Sonnenaufgang über Raftel. Es lag noch so unglaublich viel vor ihnen und es gab so viel zu tun. Er konnte es kaum erwarten! Kapitel 10: Namen ----------------- „Nicht der Name bringt dem Manne Ehre oder Unehre, sondern der Mann dem Namen.“ Julius Langbehn (1851 - 1907), genannt der Rembrandtdeutsche, deutscher Schriftsteller und Kulturkritiker ~ Doktor Kuleha nippte an ihrem Tee und wohlige Wärme umfing sie. Nach der letzten Zeit war dies eine angenehme und entspannende Erholung. Es kam schließlich nicht jeden Tag vor, dass eine dahergelaufene Piratenbande einen König stürzt und sich ein Land selbst erfindet. Erneut nippte sie und summte eine unbestimmte Melodie. Ihr Blick fiel auf den Tisch. Dort lag der Steckbrief des Strohhutjungen, der ihrem kleinen Sohn jetzt ein neuer Captain war. Sie lächelte. Wie seltsam doch das Leben manchmal war. Obwohl Kuleha sich noch im Sommer ihres Lebens wähnte, so wusste sie doch, dass sie älter war als viele andere Menschen. Und in dieser ihr gegebenen Zeit hatte sie viel gesehen und viel gehört. Das war auch der Grund, warum sie auf einer abgeschiedenen Insel mitten auf der Grand Line auf einem hohen, unwegsamen Berg wohnte. Hier konnte einen kaum was aus der Fassung bringen. Ihre Augen wanderten über das grinsende Gesicht auf dem Steckbrief und gelangten an dessen unteren Rand, wo der Name des jungen Mannes stand. Monkey D. Luffy. Natürlich wusste Kuleha um die Familiengeschichte des Burschen. Sie hatte viel gesehen und viel gehört. Doch was sie wirklich interessierte war der Buchstabe in der Mitte des Namen. Sie schüttelte beinahe ungläubig den Kopf. Das Leben war wirklich seltsam. Und für ihren Sohn würde es nicht einfacher werden, nicht mit diesen neuen Gefährten, nicht mit dem Mann, den ein D. im Namen zierte. Die Ärztin stellte die Tasse ab, stand auf und ging die paar Schritte zum Fenster hinüber. Draußen wütete mal wieder ein Schneesturm, ganz so als würde er ihre leichte Unruhe spüren. Die Geschichte, so wusste Kuleha, hatte etwas übrig für die Personen mit dem Namen D. Ob gut oder schlecht, diese Leute hatten immer Großes bewirkt, hatten ihrer Zeit einen Stempel aufgedrückt, sie nach ihrem Willen geformt und die Vergangenheit lebendig gehalten. Nicht einmal 200 aus allen Büchern getilgte Geschichte konnte dies verhindern. Es gab einfach Mächte, die gingen über die der Sterblichen hinaus. Und ihr kleiner Sohn war nun in der Gesellschaft von einem Mann mit dem Namen D. Es versprach interessant zu werden… Kapitel 11: Verrat ------------------ "Da haben wirs; wenn ein'n wer verrät, so kann man pariern drauf, es ist ein guter Freund." Johann Nepomuk Nestroy (1801 - 1862), österreichischer Dramatiker, Schauspieler und Bühnenautor ~ Zorn, Scham und eine zutiefst empfundene Ungerechtigkeit. Das war es, was Paulie in jenem Moment verspürte. Wie konnten sie nur?! Fünf Jahre waren sie seine Freunde gewesen, seine Kameraden. Er hatte ihnen bedingungslos vertraut! Er hätte ihnen sein Leben anvertraut! Und jetzt stellte sich heraus, dass alles eine einzige, große Lüge gewesen war. All die Abende, an denen sie zusammengesessen und miteinander gescherzt haben, all die vielen Stunden zusammen an den Konstruktionsdocks, all die gemeinsame Arbeit, das gemeinsame Schaffen, auf das er so stolz gewesen war. Alles weg, alles Lüge… Sie waren hinter seinem Mentor her. Für fünf lange Jahre war das ihr einziges Streben gewesen, ohne Rücksicht auf Gefühle anderer. Sie waren eiskalt und kalkulierend. Der Gedanke machte Paulie nur noch wütender. Vermutlich spürten sie nicht einmal einen Anflug von Scham oder schlechtem Gewissen. Für sie war es eine erfolgreiche Operation, der Abschluss einer Akte, sobald sie von Eisberg das hatten, was sie suchten. Dieses verdammte, verruchte, verräterische PACK!! Sie waren schlimmer als die schlimmsten meuchelnden und mordenden Piraten! Paulie wurde vor Wut ganz verschwommen vor Augen, so sehr pumpte das Blut durch seine Adern. Sein Blick wanderte von der Decke des Rocketman zu dem Piratenkapitän neben sich. Der Dockarbeiter mochte Piraten nicht besonders, obwohl sie für ihn als Kunde nicht anders waren als ehrbare Handelsmänner oder die Marine. Aber viele von ihnen teilten die gleichen schlechten Eigenschaften, wovon Arroganz und Selbstüberhöhung nur ein kleiner Teil waren. Er wusste nicht mehr, was er von der ganzen Attentatsgeschichte halten sollte, aber eins war ihm klar: Der Strohhut und seine Leute waren keine gewöhnlichen Piraten. Er sah nicht wirklich nach viel aus, aber er hatte genauso wie Paulie Interesse an der Aufklärung der Angelegenheit. Diese zeitweilige Allianz war nicht die schlechteste Idee. Wenn er dadurch Gerechtigkeit für die Galley-La erreichen konnte, dann war es ihm die Sache wert. Dieser Verrat an seiner Familie sollte nicht ungesühnt bleiben! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)