Dukra Velniu von lupineia ================================================================================ Kapitel 1: ----------- „Dean! Komm her!“ Langsam wollte ich nach Hause, raus aus dem Laubwald, weg vom matschigen Boden, vom ständig fallenden Regen durchweicht. Ich mochte den Regen, er hatte etwas Reinigendes, als ob alles Negative von dir gewaschen wurde. Aus diesem Grund hatte ich meinen blauen Regenschirm auch nicht aufgespannt, hatte ihn nur mitgenommen, da meine Mutter es verlangte. Natürlich war ich jetzt total durchnässt, doch machte mir das herzlich wenig aus. Meinen Überlegungen wurden ein Ende gesetzt, als ich die schmatzenden Schritte Deans vernahm. Ich ging in die Hocke, so wie es mir beigebracht wurde. Dann spürte ich den Schmerz, unglaubliche Bauchschmerzen. Ich hielt mir den Bauch, fiel auf den nassen Boden, bevor ich mich zu einer Kugel zusammenrollte, um diesen Schmerz einzudämmen. Ich nahm die Umwelt nicht mehr wahr, befand mich in einer Art Trance, in der nur dieser höllische Schmerz war. Ich wusste nicht, wie lange ich in dem Schlamm lag, aber immer würde ich mich an diese Schmerzen erinnern. Erst ein Winseln ließ mich aufschrecken. Dean hatte sich neben mich gelegt und stupste mich nun mit seiner weichen Schnauze an. „Ist gut, mein Dicker“, gab ich liebevoll von mir, einen Schmerzenslaut unterdrückt. Die pechschwarze Dogge legte ihren Kopf schief, glaubte mir anscheinend nicht, weswegen ich mir ein zusätzliches Lächeln abrang. Dann versuchte ich aufzustehen, doch musste ich mehrmals meine Versuche abbrechen, da mir meine Beine in Folge der Bauchschmerzen den Dienst versagten. Als ich dann doch endlich stand, war ich froh, den Schirm mitgenommen zu haben. Dieser stützte nun fast mein ganzes Gewicht, während ich mich auf den Weg nach Hause machte. Mein Hund blieb den kurzen Weg treu neben mir. Er sah so aus, als ob er sich Sorgen machen würde. Ich konnte mich kaum bewegen. Wenn ich meine Beine bewegte, musste ich mir ein Aufkeuchen verkneifen. Ich übersah den Bordstein vor unserem Haus und stolperte die Auffahrt entlang. Die Stufen des Podestes vor der Haustür glichen der Hölle. Die Schmerzen, die mir vom Bauch aus in die Beine fuhren, waren unbeschreiblich, doch irgendwie schaffte ich es bis zur Tür. Wie gewohnt schloss ich diese auf und setzte mich auf die Treppe. Nachdem ich meinem Haustier die Pfoten geputzt hatte, stand ich auf und ging in mein Zimmer, welches im zweiten Stock lag. Komischerweise hatte ich dabei keine Schmerzen mehr. Ich wunderte mich, wieso die Schmerzen so plötzlich aufgehört hatten. Bis eben noch konnte ich mich kaum bewegen, doch nun, im Haus, war es so, als ob es diese qualvollen Minuten des Schmerzens gar nicht gegeben hatte. Ich versuchte eine Erklärung für dieses Phänomen zu erdenken, doch mir fiel den ganzen Abend nichts ein. Als ich dann nun ins Bett musste, da morgen wohl oder übel Schule war, fiel mir beim Umziehen etwas auf. Auf meinem Bauch waren ganz deutlich Runen zu sehen. Runen, die heute morgen noch nicht da waren. Mit einem unguten Gefühl legte ich mich schlafen. Müde tastete sich meine Hand nach dem Wecker auf meinem Nachtisch. Im Radio lief gerade irgendein Song aus den 80ern. Vielleicht sogar 'Modern Talking'. Ich wusste es nicht so genau. Müde schleppte ich mich auf ins Badezimmer, um mich fertig zu machen. 40 Minuten später kam ich frisch geduscht und wach wieder in mein Schlafzimmer, wo ich mir meine Jeans-Hotpants und ein bauchfreies rosafarbenes Top schnappte, es mir anzog und dann meine Schultasche packte. Dann musste ich auch schon los zur Schule. Schnell schnappte ich mir meine rosanen Pumps und stöckelte zur Bushaltestelle am Anfang der Straße, in der mein Haus stand und in der der Eingang zum städtischen Wald lag. In der Schule wurde ich dumm angeguckt, sowohl von den Schülern, als auch von den Lehrern. Ich wusste nicht, wieso. Ich hatte doch nichts an mir verändert. Mein Kleidungsstil war gleich, ich hatte immer noch strahlend blaue Augen und mittellange, straßenköterblonde Haare. War es, weil ich vergessen hatte, mich zu schminken? Oder war es wegen..? Da fielen mir diese Runen wieder ein. Wahrscheinlich deswegen. Wieder fing ich an zu rätseln, was das ganze gestern zu bedeuten hatte. Wie konnte so einfach ein Tattoo entstehen? „Hey, Lili! Wo hast du denn dieses Tattoo her?“, wurde ich gefragt. „Gestern wie von Zauberhand erschienen, Hannah.“ Immer noch war ich in Gedanken bei eben diesem Mysterium, als es zur Stunde klingelte. Zur gleichen Zeit fing an, irgendetwas 'Dance Again' von Jennifer Lopez zu trällern. Dieses Etwas war mein weißes Smartphone. Schnell nahm ich es raus. Jemand hatte mir eine SMS geschickt. Jemand Unbekanntes. Ich klickte auf lesen, nachdem ich mein Handy auf stumm geschaltet hatte: Do you want to know what the runes mean? Kapitel 2: ----------- Geschockt starrte ich auf diesen Satz. Wer?! Panisch blickte ich mich im Klassenraum um, auf der Suche nach dem Scherzbold, doch erblickte ich nur das normale Treiben. Alle saßen entweder auf den Tischen, die in Reihen standen, oder waren am Fenster und unterhielten sich miteinander. Hannah starrte mich komisch an, doch ich ignorierte es, bekam es in meiner Panik nicht richtig mit. Wer hier wusste von dem Vorfall gestern? Oder hatte es wirklich damit zu tun, war dementsprechend also kein Spaß, den sich jemand aus der Klasse erlaubt hatte? Kurzerhand war mein Entschluss gefasst und ich schickte dem Unbekannten ein einfaches „Ja“, wie er auf Englisch, da ich mir immer noch nicht sicher war, ob das nur ein Scherz war. Um dies zu überprüfen, blickte ich mich wieder um, um zu gucken, ob jemand sein Handy rausholte, aber niemand tat etwas in der Richtung. Dafür bemerkte ich die huschende Menge, jeder wollte schnellstmöglich an seinen Platz. Dieses Spektakel konnte nur bedeuten, dass uns unser lieber Mathelehrer mit seiner Anwesenheit beglückte. Schnell packte ich mein Smartphone weg, bevor ich die restliche Klasse nachmachte und aufstand, um Herrn Klug zu begrüßen. Er hatte schütteres, langes, graues Haar, welches in einem Kranz um seine Halbglatze wuchs und matte braune Augen, die einen immer enttäuscht anblickten, egal was man tat. Sein sonstiges Äußeres war nicht erwähnenswert. Ein hellblaues Hemd, das nicht wirklich seinen Bierbauch kaschierte, grüne Hosenträger, hellbraune Cordhosen und dunkelbraune Mokassins. Gerade war der 60jährige damit beschäftigt, uns Aufgaben an die Tafel zu schreiben, die wir lösen sollten, während er unsere Hausaufgaben einsammelte. Das Einsammeln dauerte meist die ganze Stunde, während wir meist schon nach den ersten 15 Minuten dabei waren, Hausaufgaben für die nächsten Fächer zu machen. Gerade war ich mit der vorletzten Rechnung fertig geworden, alles war still, als plötzlich irgendetwas anfing, einen Song von Jennifer Lopez zu spielen. Sofort waren alle Blicke auf mich gerichtet, hatte doch nur ich diesen Klingelton. Schamesröte stieg mir ins Gesicht. Ich hatte doch tatsächlich vergessen, mein Handy stumm zu schalten! Mittlerweile hatte auch der Älteste in diesem Klassenraum bemerkt, das die nervige Musik aus meiner Richtung kam. Schnell holte ich den Übeltäter aus meiner hellroten Umhängetasche. Ein Blick auf das Handy ließ mich erkennen, dass der Fremde geantwortet hatte: Go outside! Then I'll tell ya more. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dieser Person vertrauen zu können, woher es auch immer kam. Erst jetzt schaute ich auf. Herr Klug starrte mich enttäuscht aber auch abwartend an. „Entschuldigung. Wird nicht wieder vorkommen.“ Zufrieden mit der Antwort drehte sich der Mann wieder um, um die restlichen Hausarbeiten, welche noch mehr als die Hälfte zählten, ein. Eigentlich hätte ich weiterarbeiten müssen, doch konnte ich mich seltsamerweise nicht mehr konzentrieren. Mein Verstand, eher meine Neugier, wollte eine Antwort auf das Rätsel. So kam es, dass ich mitten im Unterricht aufsprang, raus auf dem Schulhof rannte und mir dort ein ruhiges Plätzchen suchte. An der abgeschiedenen Ecke, die für die Oberstufe reserviert war, blieb ich, da niemand da war. Sofort drang mein Klingelton wieder in meine Ohren. Woher wusste dieser Mensch, dass ich draußen war? Beobachtet mich der Unbekannte? Diesen Gedankengang verschob ich erstmal, da ich nun endlich des Rätsels Lösung wissen wollte. Hastig öffnete ich die Nachricht: Put one hand on the runes and say Dukria velniu. Ich sollte also eine Hand auf die Runen legen und... Bitte was sagen?! Was war das bitteschön für eine Sprache? Litauisch? Zum vierten Mal an diesem Morgen hörte ich die Stimme J.Los . Langsam aber sicher nervte mich dieser Klingelton. Schon wieder der Fremde: Do it! Woher das denn jetzt schon wieder? Wieder bekam ich das eigenartige Gefühl, dem Fremden vertrauen zu können, welches mich schon dazu gebracht hat, nach draußen zu flüchten, konnte man schon sagen. Es wäre, als ob ich diese Person in meinem tiefsten Inneren schon lange kennen würde. Also tat ich, wie mir befohlen. Ich legte die rechte Hand auf die Runen und sagte diese komischen Wörter. Mein letzter Gedanke war, dass dieser Typ mir so einiges erklären muss. Dann hüllte mich Finsternis ein. Nicht so, dass ich in Ohnmacht falle, sondern einfach nur eine Dunkelheit, die mich noch nicht mal die Hand vor Augen sehen lassen wollte. Nach ein paar Sekunden verflog dieses Etwas aber wieder. Das Erste, was ich bemerkte, war, dass meine Haare nicht mehr offen waren. Sie waren zu einem strengen Pferdeschwanz zusammengebunden. Ungläubig wollte ich mit meiner linken Hand danach tasten, als ich die Fingernägel sah. Sie waren schwarz lackiert, dabei konnte ich mich daran erinnern, gerade eben nur Klarlack drauf gehabt zu haben. Ich führte meine Hand, immer verwunderter, weiter zum Zopf. Als ich die Haare nach vorne nahm, erblickte ich schwarze lange Haare, die mir wahrscheinlich, trotz des hoch angesetzten Pferdeschwanzes, bis zum Hintern reichten. Ich blickte an mir runter. Statt meinem pinken Oberteil trug ich jetzt ein schwarzes Bandeau-Top, welches unter der Brust anfing, schräg zu fallen, also meinen Bauch zu enthüllen. Auch hatte ich nicht mehr meine Hotpants an, sondern jetzt zierte meine Hüfte ein schwarzer Lederminirock. Meine Pumps hatte ich soweit behalten, nur waren diese jetzt schwarz und rote Bänder gingen von ihnen aus. Diese zogen sich wie Ranken meine schlanken Waden entlang, immer im Kreuz, wie die Bänder von Ballettschuhen. Doch am heftigsten verwirrte mich mein Accessoire, falls man es überhaupt so nennen durfte: Ein Katana in schwarzer Scheide und einem mit rotem Tuch überzogener Griff. Wieder ertönte mein Klingelton: And now, I want to explain you but you have to come here. Say Vartai pragare. Kapitel 3: ----------- Ich hatte mir den Teufel immer wie in diesen Comics vorgestellt: Ein rotes Männchen mit rotem Schwanz und rotem Dreizack und Hörnern auf dem Kopf. Nun das war nicht der Fall, höchstens zum Teil. Er war groß, um die 1,90m, hatte eine schlanke Taille und ein breite Schultern, außerdem kein Gramm zu viel auf den Rippen. Seine Bauchmuskeln würden jeden Bodybuilder vor Neid erblassen lassen. Seine Beine steckten in einer schwarzen Hose, als Schuhwerk hatte er schwarze Militärstiefel. Nun, einen Dreizack und die Hörner auf dem Kopf hatte er wirklich. Dann sein Gesicht. Blutrote Augen, verführerisch geschwungene Lippen und das alles umrundet von zerwühltem schwarzen Haar, in dem man leichte Wellen erkennen konnte. Genau so sah der Teufel aus. Genauso stand er vor mir. „Du darfst mich übrigens Luzifer nennen, Lilith.“ Nun, ich wunderte mich immer noch, wo ich überhaupt war. Es war warm, trotzdem nicht zu warm, in jeder Ecke prasselte ein Feuer vor sich her. Es wäre eine schöne Atmosphäre gewesen, wären da nicht die Schreie gefolterter Menschen. „Und ich heiße dich herzlich willkommen in meinem Reich: der Hölle!“ Nun wäre das wo geklärt, nur wie war ich hierher gekommen? Als ob er meine Gedanken lesen konnte, wahrscheinlich konnte er dies auch, fing der Mann an, zu erklären: „Ich habe dir diese Nachrichten geschickt. Du bist eine Dämonin, eine sehr starke Dämonin, muss ich sogar sagen. Und nun wollte ich, dass du dein richtiges zu Hause kennen lernst, Lilith.“ Wieso nannte er mich eigentlich bei meinem ganzen Namen? Und das erklärte nicht wirklich, es warf mehr Fragen auf. Wieder erriet, oder las, er meine Gedanken. „Dein bisheriges Leben baut in keinster Weise auf einer Lüge auf. Nur ist die Zeit gekommen, dem Herrscher der Unterwelt zu dienen, also mir. Ich gebe die Aufträge, die du erfüllst. Egal, ob es nun darum geht, jemanden zu retten oder jemanden zu töten. Dazu musst du aber erst mit unserer Arbeitsweise vertraut gemacht werden. Da ich aber keine Lust dazu habe, wir das jemand anderes machen.“ Damit gab er einen Wink und eine stille Frau mit roten Haaren betrat den Platz. Sie hatte auch blutrote Augen und trug, wie der Teufel oder ich, schwarz. Nur hatte sie, statt Minirock oder Hose ein Kleid an. Das Kleid war lang, hatte nur einen Ärmel und war mit roten Streifen durchsetzt. „Hallo, ich bin Jane, Sekretärin des Teufels und ab heute deine Ausbilderin, Lilith“, stellte sie sich vor. Was ich anscheinend nicht mehr brauchte. Der Herr der Hölle nickte einmal höflich, bevor er in einen der vielen Gänge verschwand. Ich wendete mich wieder der rothaarigen Schönheit zu. „Du musst wissen, es gibt verschiedene Arten von Dämonen. Gefallene Engel, Incubus, Succubus, Azazel sind nur Beispiele. Du weißt doch, was das für Arten sind, oder?“ Schweigend hörte ich ihrer Erklärung zu und schüttelte schließlich den Kopf. „Nein, ich glaube, ich kann nur mit den gefallenen Engel etwas anfangen.“ Kurz runzelte Jane die Stirn, dann seufzte sie und klärte mich auf: „Incubus sind Dämonen, die menschliche Frauen verführen. Succubus sind die weiblichen Gegenstücke. Azazel sind Wüstendämone, was bedeutet, dass sie mit Sand arbeiten, statt mit Feuer, wie die Asmodai. Das ist die verbreitetste Rasse, sie sind unsere Feuerakrobaten. Gefallene Engel gibt es sehr wenige und können eigentlich anderen Rassen zugeordnet werden, doch werden sie das nicht. Schließlich gelten sie als unser Adel. Der Teufel selbst ist ein gefallener Engel. Sie werden übrigens Juodas Angelas genannt. Es ist die Sprache der Hölle, mit der wir uns nur noch teilweise verständigen können. Nur einige Bezeichnungen sind noch in dieser Sprache. So auch unsere Attacken. Ich selbst werde dir nicht wirklich beim Training helfen können, Lilith, denn du bist ein Juodas Angelas und ich ein Succubus. Wir benutzen also nicht dieselben Techniken“, beendete sie ihren Vortrag. Ich hatte schweigend zugehört, nickte, um ein Lebenszeichen von mir zu geben. Ich musste jetzt erstmal das Ganze verdauen, es war sehr viel auf einmal. Ein paar Tage, ich glaube, es waren fünf Tage, später waren wir endlich zum praktischem Teil meiner Ausbildung angelangt. Ich hatte mich relativ schnell damit abgefunden, ein Dämon zu sein, nur verstand ich nicht, wieso ich zur adligen Rasse gehörte. „Ich werde dir jetzt die wichtigste Attacke unseres Seins beibringen, also pass auf. Diese Attacke kann jeder, bis auf die Azazel, da diese nicht mit Feuer hantieren.“ Hastig setzte ich mich ordentlich hin, versuchte mein ganzes Denken nur auf das, was kommen würde, zu lenken, als ich ein Wort in der Höllensprache vernahm: „Skaistykla.“ Übersetzt bedeutete es Fegefeuer. Schnell wich ich dem Feuer aus, das meine Meisterin auf mich lenkte. Meisterin, seit dem dritten Tag nannte ich sie so. Das Feuer hatte die Form einer waagerechten Säule mit einem ungefährem Durchmesser von einem Meter angenommen. Sogleich wollte ich es auch einmal ausprobieren. Ich nahm die gleiche Stallung wie Jane an: Beine leicht gespreizt auf dem Boden, das Linke schräg vor dem Rechten, die rechte Hand an meine Hüfte gelegt und die linke Hand ausgestreckt. Nachdem auch ich das magische Wort ausgesprochen hatte, kam auch aus meiner Hand eine Feuerwalze. Leider hatte diese nur den Durchmesser eines Bleistiftes und das Durchhaltevermögen eines Toasts. Na ja, Übung macht den Meister, wie man so schön sagt. Kapitel 4: ----------- Verschlafen öffnete ich meine Augen und erblickte den roten Samt des Himmelbettes. Ich war also in meinem Zimmer. Meinem Zimmer, das mir hier von Luzifer zur Verfügung gestellt wurde. Ich war also noch in der Hölle.Ich blickte mich um. In der rechten Ecke von mir aus stand ein Schreibtisch aus Ebenholz. Der dazugehörige Stuhl war mit rotem Samt überzogen, der kleine Schreibtischmülleimer war aus Metall und war rot lackiert. Die Wände waren aus schwarzem Marmor. Direkt neben dem Schreibtisch war eine große, schwarze Flügeltür, die bestimmt so an die 20kg wog. Wie auch der Mülleimer waren die Klinken aus rot lackiertem Metall. Links davon war noch eine kleinere schwarze Tür, ebenfalls aus Ebenholz, die ins angrenzende Badezimmer führte. Zu meiner Rechten war ein schwarzer Nachtschrank. An der gleichen Wand, an der auch der Schreibtisch war, stand auch ein großer dreiteiliger Kleiderschrank. Die beiden äußeren Türen waren Schwarz, wobei ein rotes Rankenmuster hervorstach. Die mittlere Tür bestand aus einem riesigen Spiegel. Das Bett, in dem ich lag, hatte ein schwarzes Gestell, die Matratze war auch mit einem schwarzen Laken bezogen, die Decke und die Kissen waren rot. Murrend schälte ich mich aus eben dieser Decke und schlurfte ins Badezimmer. Dieses war nicht schwarz und rot eingerichtet, sondern ganz in weiß. Die weiße Badewanne stand mitten im Raum. In der hinteren rechten Ecke stand eine Regendusche, die genug Platz für Zwei bot. Das Waschbecken war direkt neben der Tür, die von dieser Seite auch weiß war, angebracht worden. Die Toilette war nochmal in einem extra Raum. Schnell verrichtete ich meine Morgenwäsche, ehe ich mich vor den imposanten Kleiderschrank stellte und die linke Tür öffnete. Darin befanden sich Dessous, Röcke und Hosen. Ich wählte schwarze Spitzenunterwäsche, wobei ich darauf achtete, dass der BH keine Träger hatte, und einer Spitzenstrumpfhose. Dann ging ich zur mittleren Tür, wofür ich zwei große Schritte benötigte. Hinter dieser Tür befanden sich Kleider. Ich nahm mir ein rotes Minikleid heraus. Es war ein Corsagenkleid. Der Rock ging mir nur bis knapp unter meinen Hintern. Weiter unten, hinter derselben Tür befanden sich meine neuen Schuhe. Allesamt hatten sie Absätze. Schnell hatte ich herausgefunden, dass es hier so etwas wie Chucks nicht gab. Als ich endlich fertig war, stieß ich eine der Flügeltüren auf. Mein Zimmer war am Ende des ersten Obergeschosses. Es war die Etage, die eigentlich für den Teufel reserviert war. Ich wusste nicht, wieso ich hier ein Zimmer beziehen durfte. Ich ging den Flur entlang, wobei meine Stiefeletten auf dem schwarzen Marmor, der überall, außer in den Badezimmern, verlegt worden war, klackerten. Auf der Mitte meines Weges kam lautes Gestöhne an mein Ohr. Es verriet mir, dass ich heute auf meine Ausbilderin warten musste. Gemächlich schritt ich die große Treppe herunter und lief aus dem mindestens 5m hohem Eingangsportal. Auf meinem Weg zum Trainingsplatz begegnete mir, wie jeden Tag, den ich in der Hölle verbracht hatte, niemand. Bis auf Jane und Luzifer kannte ich noch keinen weiteren Dämon. Meine blutroten Augen nahmen die Umgebung nicht mehr wahr, rätselte ich doch wieder, was Dukra velniu bedeutete. Man hatte es mir bisher noch nicht gesagt. Beim Trainingsplatz angekommen, fing ich mit dem Aufwärmen an. Das war nicht so einfach mit diesen Absätzen, aber ich hatte Glück, dass meine Trainerin mir einen kleinen Trick gezeigt hatte. Nach dem Aufwärmen beschloss ich, den Faustkampf weiter zu trainieren. Ich hatte schon im Alter von 5 Jahren mit dem Kickboxen angefangen, was mir jetzt zu Gute kam. Ich deutete gerade einen Roundhouse-Kick an, als meine Ausbilderin auf mich zugelaufen kam. Ihr rotes Haar war noch zerzaust und ihr Kleid war wahrscheinlich nur schnell übergeworfen worden. „Was möchtest du heute machen?“, begrüßte sie mich wie jeden Tag zum Training. „Schwertkampf“, war meine knappe Antwort. Ich hatte zwar mein Schwert schon gezogen gesehen, doch noch nie geschwungen. „Da kann ich leider nicht helfen. Das Schwert ist dem Adel vorbehalten.“ Verstehend nickte ich. Dann würde ich mir das einfach selbst beibringen, musste ja nicht so schwierig sein. Silbern schimmerte die Klinge im Licht der Hölle, als ich anfing das Katana zu schwingen. Schweigend betrachtete mich die Bettgeschichte des Teufels bei meinem Training. Ich wusste nicht, ob ich es richtig oder falsch machte, aber ich meinte, mich damit wenigstens verteidigen zu können. Nur wie ich einen Auftrag mit diesem Schwachsinn, was es in meinen Augen war, erledigen sollte, war mir ein Rätsel. Hatte ich doch bestimmt noch nicht mal gegen eine mickrige Ratte eine Chance. So machte ich einfach weiter, bis ich nicht mehr konnte. Irgendwann am späten Nachmittag ließ ich mein Schwert in die Scheide zurückgleiten. Für heute reichte mir das Training. Schließlich tat ich seit Tagen nichts anderes mehr. Wie es wohl Dean, Ma, Hannah und den anderen ging. Ob sie mich vermissten? Ich wand mich Jane zu, die immer noch dort stand, wo sie war, als ich angefangen hatte. „Kann ich eigentlich auch wieder nach Hause?“, fragte ich leicht traurig. Nun, wo ich einmal an sie denken konnte, wo ich genug Zeit dazu hatte, traf mich das Heimweh mit voller Wucht. „Natürlich, du musst nur zur Ankunftshalle, der Atvykimas, gehen. Dort sagst du dem Angestellten, den Ort und die Zeit, wohin du möchtest und ab geht's!“, lächelte sie mich sanft an. „Ich kann auch die Zeit bestimmen?“, hakte ich nach, bekam auch sogleich die Aantwort: „Du kannst nur bedingt die Zeit auswählen. Entweder du hast noch nicht gelebt oder du warst zu diesem Zeitpunkt im Himmel oder in der Hölle.“ Wieder nickte ich, hob die Hand zur wortlosen Verabschidung und machte mich auf dem Weg zum Ort, der mich nach Hause bringen würde. Die anderen Dämonen ignorierend ging ich die Hauptstraße der Stadt entlang. Am Anfang dieser Straße war mein Blick ungläubig. Eine Stadt in der Hölle. Die ersten Schritte tat ich noch voll Bewunderung und versuchte alles auf einmal zu erblicken. Erst als ich die ersten komischen Blicke zugeworfen bekam, erinnerte ich mich an die Worte, die mir noch gesagt wurden, bevor ich den Trainingsplatz verließ: „Du darfst dir nicht anmerken lassen, dass du neu bist. Auch darfst du keine anderen Dämonen grüßen, nur andere Juodas Angelas, verstanden? Frag nicht, wieso, es gehört sich einfach so. Und wenn du einen anderen Gefallenen triffst, duze ihn gleich. Nur der Teufel muss normalerweise gesiezt werden.“ Also hatte ich eine Maske der Uninteresse auf mein Antlitz geschoben und stolzierte die Straße entlang. Um mein Ziel zu erreichen, musste ich nur geradeaus gehen. Aus den Augenwinkeln sah ich etwas schwarz aufblitzen. Neugierig geworden guckte ich gezielter in die Richtung und sah eine Scheide. Ich blickte hoch, wo mir ein männliches Gesicht in die Augen sprang. „Hallo“, wollte ich im Vorbeigehen grüßen, wurde jedoch schnell von einer herannahenden Klinge unterbrochen. Kapitel 5: ----------- Die umstehenden Leute hielten erschrocken den Atem an. Aus reinem Selbstschutz zog ich mein Katana samt Scheide, womit ich den Schlag abwehrte. Dabei zeigten die silbernen Runen, dieselben wie auf meinem Bauch, welche ich erst an meinem zweiten Tag hier bemerkte, genau in die Richtung des Angreifers. Seine Mimik war ein Wechselspiel aus Emotionslosigkeit und Überraschung, wobei Zweiteres überwog. Erst jetzt hatte ich Gelegenheit, ihn genauer unter die Lupe zu nehmen. Dunkelrotes, fast schon schwarzes Haar umrahmte ein schmales Gesicht mit einem markanten Kinn. Die blutroten Augen, die das Erkennungsmerkmal der Dämonen waren, waren leicht geweitet und die sinnlich geschwungenen Lippen leicht vor Unglaube geöffnet. „Entschuldigt meine Voreiligkeit. Ich wusste nicht, wer Sie sind“, ließ er endlich von sich hören, bevor er sein Schwert zurücknahm und eilig verschwand. Nun war es an mir, ihm geschockt nachzuglotzen. Wieso hatte er mich gesiezt? Kopfschüttelnd befestigte auch ich wieder mein 'Accessoire' am rechtmäßigen Platz. Um mich herum nahm ich das ganze Getuschel wahr. Es fing an, wenn ich nah und hörte auf, sobald ich außer Sichtweite war. Daraus schloss ich, dass meine Wenigkeit gerade eben für ziemlichen Gesprächsstoff gesorgt hatte. Während ich also die Hauptstraße, in der sich, wie bei uns, Supermärkte, Modeboutiquen, Kosmetikshops, Kiosks und ähnliche Geschäfte aneinanderreihten, entlang latschte, versuchte ich mit mäßigem Erfolg diese tratschenden Stimmen auszublenden. Fast am Ende der Straße, ich konnte das weiße Schild mit der Aufschrift 'Atvykimas' sehen, als mir der Kragen platzte. Ich war vor meiner Verwandlung nicht aufbrausend, ich war ruhig und konnte mit Tratsch umgehen, ohne auszurasten. Ich war selber eine Tratschtante. Umso mehr verwunderte mich meine Tat selbst. „Was zum Henker ist mit mir?! Hört sofort mit diesem Scheiß auf!“ Sofort legte sich eine beängstigende Stille auf die Einwohner der Höllenstadt, bevor sie noch heftiger als zuvor miteinander tuschelten. Hier und da schnappte ich etwas wie „Eine Joudas Angelas, die mit uns spricht!“ oder „Sie ist die!“ auf. Wieder versuchte ich es, wenigstens die letzten Schritte zu ignorieren. Ich schaffte es auch einigermaßen, schaute nur noch einige Passanten mit einem tödlichen Blick an. Erst nach dieser Quälerei war ich endlich an meinem Ziel. Groß ragte da Gebäude vor mir auf, mindestens 5 Meter hoch waren die Wände. Die Tür war halb so hoch und aus Ebenholz gemacht, mit silbernen angelaufenen Scharnieren. Ich seufzte einmal tief durch und stieß dann das Tor auf. „Hallo, was kann ich für dich tun?“, würde ich höflich empfangen. Ich musterte die Dame vor mir. Ein Anzug, schwarz, mit einem Bleistiftrock. Sie hatte schwarze Haare mit roten Strähnen, die ihre blutroten Augen, die Kennzeichen der Dämonen waren, zur Geltung brachten. Ein Schwert sah ich nicht, aber ich dachte mir nichts dabei, da sie ja eine Angestellte dieser Halle war. Trotz dessen fasste ich mich kurz: „Menschenwelt, Pausenhof des Gymnasiums in Ginninstadt, 13:15 Uhr.“ Empört über dieses Verhalten sah sie mich an. Doch schlagartig änderte sich ihre Mimik, als sie mein Katana in Augenschein nahm. Sie nickte also nur kurz, ehe sie sich an den Rechner, der wie ein Normaler bei uns aussah, setzte und auf die Tastatur eindreschte. „Das 2. Tor links.“ Nickend machte ich mich auf den Weg zu besagtem Tor und trat es einfach auf. Dann ging ich zügigen Schrittes nach Hause. Alles sah aus, wie es war, als ich verschwunden war. Es war ja auch nur ungefähr drei Stunden her, dass ich in die Hölle gegangen war. Lächelnd machte ich mich auf den Weg in die Klasse, um meine Schulsachen zu holen. Wie zu Schulbeginn wurde ich angestarrt, weswegen ich kurz an mir herunter sah und bemerkte, dass ich noch meine schwarz-roten Sachen an hatte, genauso wie ich mein Schwert noch immer bei mir trug. Das würde Ärger geben. Schulterzuckend ging ich in die Klasse, die gerade Schluss hatte. Geradewegs ging ich auf meine Sachen zu, nahm sie mir, als mich meine Sitznachbarin und beste Freundin Hannah stoppte: „Was haben Sie mit Lilis Sachen vor?“ Ich bemerkte, wie die anderen die Luft anhielten. Sah ich so furchterregend aus? „Was geht dich das an, Mädel?“, knurrte ich schon fast. Wenn ich schon furchteinflößend war, konnte ich das auch ausnutzen. Kurz sah ich die Angst meiner Freundin, meinte sogar, sie riechen zu können, bevor sie ihren ganzen Mut zusammennahm: „Ich bin ihre beste Freundin! Ich möchte wissen, was du mit Lilis Sachen vorhast!“ Spätestens jetzt hielten alle im Raum die Luft an. Die ersten fielen schon in Ohnmacht. Fast ließ mich die Tatsache grinsen, doch ich beschloss, etwas anderes zu tun, bevor noch die ganze Klasse medizinisch versorgt werden muss: „Was glotzt ihr so?! Versorgt doch eure Weicheier von Kameraden!“ Ich wandte mich wieder der braunhaarigen Schönheit zu: „Ah, die beste Freundin? Dann musst du Hannah sein.“ Hier setzte ich eine dramatische Pause. „Ich soll dir ausrichten, dass du dir keine Sorgen zu machen brauchst.“ Damit schritt ich zur Tür und zog, hoffentlich, siegreich von dannen. Ich wartete nicht mehr auf ihre Reaktion. Ich ging durch die Straßen meiner Heimat in Richtung Wald. Er war schon immer ein beruhigender Ort gewesen. Konnte ich kein Mensch mehr werden? Mein altes Aussehen zurückerlangen? Ich wusste nicht mal, ob ich das dort unten ansprechen durfte. Meine Freunde hier wollte ich nicht verlieren. Selbst Hannah hatte mich nicht erkannt. Und was war mit Mama oder Dean? Würden die beiden mich erkennen? Ich seufzte. Den ganzen Weg hatte ich nicht über meine Schritte geachtet, sodass ich jetzt vor meinem Haus stand. Ein rotes Backsteinhaus mit roten Schindeln und weißen Fensterrahmen. Durch das Küchenfenster konnte ich Dean sehen, der sich von der generell weiß gehaltenen Einrichtung deutlich abhob. Ich schluckte und betätigte die Klingel der Haustür. Als 'Fremde' konnte ich ja nicht einfach den Schlüssel benutzen. Die polternden Schritte meiner Mutter, die die Treppe runterkam, konnte ich laut und deutlich vernehmen. „Ja?“, hörte ich eine außer Atem geratene Stimme, als die Haustür aufgemacht worden war. „H-hallo“, brachte ich raus. Mein Entschluss, meine eigene Mutter zu belügen, geriet ins Wanken. Ich konnte doch nicht die Frau, die mich großgezogen hatte, anlügen! Eben diese musterte mich einige Zeit, bis sie genau ein Wort sprach: „Scheiße.“ Kapitel 6: ----------- Die Frau vor mir schlug die Hände vor ihren Mund, während ich sie mit großen Augen ansah. „Wie?“, brachte ich hervor, als mir auch schon geantwortet wurde: „Lili, komm rein.“ Stumm nickte ich, bevor ich ihr ins Wohnzimmer folgte. Es war ein heller Raum. Weiße Wände, weiße Möbel. Als Farbklecks hielt eine kirschrot gestrichene Wand her. „Wie hat er von dir erfahren?“, fing Sabine Müller das Gespräch an. Verständnislos blickte ich sie an, fragte sogar nach, wenn sie meinte. „Dein Vater, Luzifer.“ Nun war es an mir, geschockt zu sein: „W-was?! Der Teufel ist mein Vater?!“ Meines Mutters Augen strahlten Verwunderung aus, die jedoch ziemlich schnell in Wut umsprang. „Dieser Idiot hat es dir nicht gesagt? Was bildet der sich bitteschön ein?“ Doch schnell fasste sie sich wieder: „Was ist eigentlich passiert?“ Und so erzählte ich ihr alles: Von den Nachrichten über meine Ankunft und mein Training, bis hin zum Treffen mit Hannah, wobei mir die Tränen kamen. Liebevoll nahm meine Mama mich in den Arm. „Ach, Kleine. Das wird schon wieder.“ Irgendwie glaubte ich ihr. In ihrer Stimme war so eine Glaubwürdigkeit, die nur Mütter haben. Durch ihre Worte einigermaßen beruhigt, stieg Mut in mir auf. Ich würde mein altes Leben wiederbekommen! Nur dazu musste ich erstmal zurück zu....... meinem Vater. „Ich geh' schlafen, Mama. Ich hab' acht Stunden Training hinter mir.“ Die Müdigkeit brach über mich herein. Meine Augenlider konnte ich nur noch schwer davon abhalten, zuzufallen. Ich schlürfte die Treppen hoch und öffnete die erste Tür links. Empfangen wurde ich, wie in jedem Raum in diesem Haus, von weißen Wänden und weißen Möbeln. Hier waren die Farbtupfer häufiger und Aquamarinblau, nicht kirschrot. Meine Augen registrierten das vertraute Bild nur nebenbei, wichtiger war für mich jetzt, aus diesen Sachen zu kommen und mich in mein gemütliches Bett zu legen. Am nächsten Morgen wachte ich mit einem schönen Gefühl auf. Die Augen hielt ich geschlossen, wollte noch nicht aufstehen, viel zu gemütlich war das Bett. Aber trotz dieses herrlichen Gefühls stieg Unglaube in mir auf. Seit wann träumte ich denn davon, dass mein Vater Luzifer war? Das hätte er mir doch bestimmt gesagt. Aber es war schön, meine Mutter im Traum gesehen zu haben, falls sie denn noch so aussah. Schließlich war ich nun mehr als eine Woche verschwunden. Sie machte sich bestimmt Sorgen. Eine kalte, nasse Schnauze legte sich an meine Wange, kurz darauf wurde ich nach allen Regeln der Kunst abgeschlappert. „Dean, lass das!“, brachte ich lachend hervor. Kurz darauf saß ich senkrecht im Bett. Dean?! Seit wann war mein über alles geliebter Labrador-Rüde denn in der Hölle? Erst da schaute ich mich um. Meine Augen nahmen kein schwarz wahr, nur weiß und blau. Ich war zu Hause, in meinem Zimmer. Was bedeutete, dass mein Traum kein Traum war. Also stimmte es, dass Luzifer mein Erzeuger war. Ich schluckte. Wie sollte ich mich nun verhalten? Ich beschloss, dass so zu verdauen wie sonst auch. Ich schleppte mich also ins Bad, nahm nebenbei ein paar Klamotten mit. Wie ein normaler Mensch aussehend kam ich wieder hinter der Badezimmertür hervor. Graue Capri-Jogginghose aus Stoff und ein weinrotes Top bedeckten meinen Körper. Dazu schnappte ich mir meine Sporttasche und zog meine grauen Sportschuhe an. Auf dem Esszimmertisch lag eine kleine Notiz: «Bin im Dojo, Lili». Komisch guckte der Besitzer des hiesigen Dojos, als das Mädchen vor ihm ihre Mitgliedskarte auf den Tresen legte. „Was ist denn mit dir passiert? In einen Farbeimer gefallen?“, neckte er mich sogleich. Ich imitierte ein Lachen: „Haha. Nein, ich hatte oder habe einige Probleme zu Hause. Deswegen sehe ich jetzt so aus.“ Ich sah ihm an, dass er mehr wissen wollte, doch er hielt sich zurück. Ich wusste auch gar nicht, wie ich das erklären sollte, wenn irgendjemand fragt. „Wann ist eigentlich der nächste Kenjutsu-Kurs?“, fragte ich den eingewanderten Japaner. Dieser überlegte einen Augenblick, ehe er verlautete, dass ein Kurs in einer Stunde anfangen würde. „Wieso interessiert dich das?“, hakte er nach. „Ich brauch Schwerttraining. Frag bitte nicht, wieso.“ Er war so nett. Die ganze Zeit, in der ich dort war, hielt er seinen Mund, stellte keine einzige Frage. So verbrachte ich an die 4 Stunden in den verschiedenen Trainingshallen, bis ich völlig erschöpft in die Umkleide ging. Freudig begrüßte Dean mich, als ich wieder da war. Meine Mutter wartete im Wohnzimmer auf mich. Sie hatte Kaffee gemacht, was bedeutete, dass sie reden wollte. „Ja, Mama?“, fing ich gleich an, „was ist denn?“ Ertappt guckte sie auf den Boden. „Ich möchte nochmal wegen Luzifer mit dir reden, Kleines.“ Seufzend ergab ich mich meinem Schicksal. „Es tut mir so Leid, dir nie etwas über deinen Vater gesagt zu haben, nur... Wie hätte ich anfangen-“ Bevor das zu sehr ausartete, griff ich ein: „Ma, ich hätte dir wahrscheinlich eh nie geglaubt, wenn du es mir verraten hättest, also kannst du dir das sparen. Es war, ist und wird nie deine Schuld sein. Wenn, dann Luzifers. Der hätte sich mal etwas um seine Tochter kümmern können. Bitte, dich trifft da überhaupt keine Schuld.“ Die nächsten Tage verbrachte ich im gleichen Schema: Aufstehen, frühstücken, ins Dojo gehen, mit dem Hund raus, Abend essen. Viel mehr machte ich diese Tage nicht. Ich versuchte meinen Kopf leer zu halten, um nicht zu viel über meinen Vater nachdenken zu müssen. Dann kam der Tag, an dem Ma mir sagte, dass ich nun zurück könne. Kapitel 7: ----------- Ich ging ohne Zögern die Hauptstraße entlang. Die Empfangsdame der Atvykimas hatte ich ignoriert, was mir im Nachhinein Leid tat, schließlich konnte sie ja nichts dafür. Ich hielt genau auf den schwarzen Palast, der etwas abgelegen lag, zu. Doch kurz davor blieb ich noch einmal stehen, um tief durchzuatmen, bevor ich das große Portal aufstieß. Luzifer saß auf einer roten Ledercouch, die er sich wahrscheinlich extra dahinstellen hat lassen. Ich hatte die Eingangshalle ohne jegliches Mobiliar kennengelernt. Noch einmal atmete ich tief ein und aus, bevor ich mich auf den Weg in mein Zimmer machte. Solange ich nicht wusste, wie ich dem Teufel gegenübertreten sollte, ignorierte ich hin. Das hatte ich auf dem Weg hierher beschlossen. Doch Satan wusste davon natürlich nichts. „Hallo, Lilith. Willkommen zurück. Wie war dein Ausflug in die Menschenwelt?“ Ich antwortete nicht. „Auch egal. Ich möchte dich allerdings in Zukunft darum bitten, mein Einverständnis zu holen. Dämonen dürfen eigentlich nur wegen eines Auftrages an die Oberfläche.“ Innerlich fuhren meine Gefühle Achterbahn, Verletztheit, Freude, Trauer und Wut kämpften um die Oberhand, doch äußerlich ließ ich mir hoffentlich nichts anmerken. Falsch gedacht. „Lilith, was ist los?“, fragte mich mein Vater mit besorgter Stimme. Dadurch brach die Mauer. „HALT DEINE KLAPPE!“, schrie ich ihn an und wollte einfach auf mein Zimmer stürmen, hätte mich der Angesprochene nicht zurückgehalten. Tränen liefen mein Gesicht runter. Als er diese sah, nahm er mich in seine Arme. Nun fing ich an zu schluchzen. Nach ein paar Minuten, ich hatte mich immer noch nicht ganz beruhigt, schaute ich auf und fragte ganz einfach: „Warum hast du mir nicht gesagt, dass du mein Vater bist?“ Kurz verspannte sich sein Körper. „Du warst bei Sabine, nicht wahr?“, stellte er schon mehr mit monotoner Stimme fest, als zu fragen. Ich nickte stumm, noch immer weinend. Ich spürte sein Seufzen mehr, als dass ich es hörte. „Ich wollte es dir ja sagen, aber ich dachte, ein Schock zur Zeit genügt. Zu Hören, du ein Dämon bist, muss für dich sehr schlimm gewesen sein. Ich wollte dir Zeit lassen, dich einzuleben“, sprach er mit sanfter, tröstender Stimme. Ich vergrub mein Gesicht in seinem fehlenden Oberteil. Meine Emotionen spielten immer noch verrückt. Nachdem auch endlich de letzten Tränen meinerseits versiegt waren, strich mir mein Vater noch einmal beruhigend über den Rücken. „Ich lasse dich jetzt etwas deine Gedanken ordnen, ja?“, fragte er noch immer mit sanfter Stimme. Wieder nickte ich nur stumm, traute ich mich noch nicht zu sprechen, aus Angst wieder anzufangen, zu weinen. So lösten wir uns aus der Umarmung. Erst da bemerkten wir, oder zumindest ich, dass Jane in den Raum gekommen war. Sie lächelte mich warm an. „Bin wieder da, Jane“, begrüßte ich sie mehr oder weniger lächelnd. Auch sie kam auf mich zu. Nur umarmte sie mich nicht, sondern schlug mich. Oder sie versuchte es. Mein Training im Dojo war nicht umsonst geblieben. „Ah, sehr schön. Du bist besser geworden!“, lobte sie mich. „Sei froh, dass ich dir nicht dir Hand abgeschnitten hab“, knurrte ich gespielt beleidigt. „Bin in meinem Zimmer.“ Das war nun fast einen Monat her. Ich hatte viel dazu gelernt. An den Wochenenden hatte ich Pausen vom Training gemacht und war zu meiner Mutter gegangen. Auch hatte ich Hannah aufgeklärt. Nur grob, nie würde sie mir das mit Teufel oder Hölle glauben. Sie weiß, dass ich jetzt bei meinem Vater lebe und so aussah wie ich aussah. Sie hat es relativ schnell akzeptiert. Doch nun wollte mein Vater mir meinen ersten Auftrag geben und davor hatte er noch etwas geplant. Ich hörte die Menge der Höllenbewohner schon sehr früh. Er wollte mich offiziell als seine Tochter und Thronerbin vorstellen. Aus diesem Anlass hatte ich mir ein langes Ballkleid aus hellrotem Stoff angezogen und meine langen Haare zu einer aufwendigen Frisur hochgesteckt. „Bist du soweit?“, fragte er mich. Auf mein Nicken, ging er voraus auf einen Balkon, der der Stadt zugewandt war und Ausblick auf einen riesigen Platz bot. Schwungvoll wurden das Tor dorthin von zwei Schlossdienern geöffnet und Luzifer schritt auf den Balkon. Sofort hörte man Geklatsche und Jubel. „Ich möchte euch heute jemanden vorstellen. Sie ist etwas ganz Besonderes für mich!“ Die vorher still gewordene Menge fing an zu tuscheln. Die unten versammelten Dämonen dachten bestimmt an eine Frau. Wieder schallte Satans Stimme über den Platz. „Meine Tochter und Thronerbin: Lilith!“ Auf dieses Stichwort hin folgte ich dem Höllenfürsten auf den Balkon, wo auch mich Jubel und Geklatsche empfing. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)