Anatolien von Ninja_Lady_Jae (Türkei/Byzanz) ================================================================================ Kapitel 3: ----------- Was euch vielleicht schon aufgefallen ist, ich lass Sadık und Rūm in den Kapiteln immer mit einander sprechen und das hab ich auch vor so beizubehalten. Ich finde es so viel interessanter und nicht so langweilig wie wenn ich einfach nur einen Text Geschichte runtereiern würde.   Das ‘c‘ in Mengücek wird wie ‘dsch‘ gelesen. Erinnert euch, ‘ç‘ war ein tsch.   _ _ _ _ _   Ende 11. Jahrhundert Bey   Es entstanden kleine und große Herrschaftsfamilien um die Burgstädte die eingenommen wurden, welche vom Seldschukischen Reich unabhängig waren. Wie wenn sie aber in Anatolien nicht nur das Land sondern auch die Denkweise ihrer eigentlichen Besitzer übernommen hätten, standen sich diese Beys nicht immer friedlich gegenüber. Allianzen wurden in späteren Zeiten gewechselt wie manch einer seine Socken wechseln würde, je nachdem welches Lager gerade wo am meisten Profit sah.   Rūms Lage half das ein wenig, ihre Kaiser versuchten bei den Schlachten gegen das eine türkische Bey immer ein anderes auf ihre Seite zu ziehen. Ihr großer Widersacher war aber immer noch das Großseldschukische Reich, denn sein Sultan wusste wie zu handeln war.   Was aber für die türkische, in diesem Fall sogar stark die osmanische, Geschichte für die Zukunft sehr von Bedeutung sein sollte, fand hier ihren Anfang: blutige Erbschaftskriege. (Es half nicht, dass es keine islamische Regelungen und Gesetze für einen politischen und/oder militärischen Anführer und seinen Nachfolger gab)   Schon der Sultan Malik Shah musste gegen seinen eigenen Bruder in den Krieg ziehen um seinen Thron sichern zu können. Er hatte aber auch in seiner Familie Leute die ihm ebenfalls seinen Titel streitig machen wollten, so sehr sogar, dass ihn seine eigene Frau (eine von ihnen) vergiftete. Nach seinem Tod zersplitterte das einstige Großreich mit den größten Teilen in Persien, Syrien und in Anatolien.   Oder wie die Türken diese Halbinsel nannten, Rūm.   Rūm wartete nicht unweit einer Stadt die von dem jungen, hitzköpfigen „Nomaden“ erobert wurde. Wie er sich als Nomade im tiefsten Inneren bezeichnen konnte, obwohl sein Volk keinerlei Probleme hatte sich in eine Stadt zu integrieren, war ihr ein Rätsel. Überhaupt war er ihr ein Rätsel, sein ganzes Wesen entwich ihrem Verständnis von dem was sie waren.   Und Sadık hatte keine Skrupel das auszunutzen und sie auf neueste Arten zu nerven, nur weil er es konnte. Sogar dieses Treffen heute könnte dazu gehören, denn zum ersten Mal hatte er dazu aufgerufen. Also wartete sie und versuchte sich vorzustellen in was für einem Zustand er sich befinden würde. Schmerzen die seinen Kopf in zwei reißen wollten? Krieg in seinen Gedärmen? Knochen die bei der leichtesten Belastung in Trümmer fielen?   „Guten Morgen, Rūm. Wie ich sehe bist du nicht älter geworden seit dem letzten Mal wo wir uns getroffen haben.“ Natürlich würde keiner ihrer Vermutungen zutreffen, egal wie sehr sie es sich wünschte. So viel Glück hatte sie nicht.   „Solltest du nicht mindestens Kopfschmerzen haben, während sich deine türkischen Soldaten die Köpfe einschlagen?“ Sagte sie eher trocken, während sie unbewusst versuchte eine Falte an ihrem Auge zu glätten. Sadık antwortete darauf mit einem kräftigen Lachen, wie wenn diese Annahme absolut absurd wäre.   „Die kämpfen doch für mich! Warum sollte mir das wehtun?“   „Du lebst einfach nicht richtig.“ Sagte Rūm leise für sich selbst.   „Aber der Grund warum ich hier bin! Für deine Ehren, natürlich! Du weißt ja, das Seldschukische Reich hat seinen Zenit erreicht und macht jetzt Platz für neue Reiche.“   „Es hat sich selbst auseinandergerissen.“   „Natürlich, weil es ja so groß war, erstrecken sich diese neuen Beys auch weit außerhalb deines ehemaligen Landes.“   „Lass mich nicht wieder über Respekt sprechen!“   „Und um dir den höchsten Respekt zu zollen, hat mein Volk hier in Anadolu- ich meine natürlich eins meiner Völker hier, sich einen ganz besonderen Namen gegeben.“   Sadık machte eine kleine Pause, vielleicht um zu sehen ob sie selbst drauf kommen würde und nach kurzer Überlegung, gab Rūm nach und schaute ob sie es erraten könnte: „Meinst du die Danischmenden?“ Fragte sie dann.   „Nein. Der Name ist doch nicht besonders, ich meine besonders im Bezug auf dich.“   Sie seufzte weil das wahrscheinlich anstrengender wird als erwartet. Was für neue türkische Herrscherfamilien gab es denn noch? „Mengücek?“   „Streng dich jetzt aber bitte endlich mal an.“   Langsam wurde sie wütend und Sadık schaute sie nur mit einem kleinen entschuldigenden Lächeln an, aber langsam hatte sie es, glaubte sie. Wie hießen denn jetzt die einen ganz weit im Osten nochmal? „Saltuk von… Arzan… er-Rūm?“ Arzan er-Rūm war die Stadt wo sie residierten.   „Fast! Ein Wort war schon richtig, aber ich geb‘ dir noch einen Tipp.“ Wenn alle Treffen mit ihm die er arrangierte so endeten, würde sie das nächste Mal in ihrem Schloss bleiben und lieber ein paar Trauben essen. Das kam ihr produktiver vor. „Dieses neue Bey trägt immer noch den Namen vom alten Reich.“   Seine Antwort kam ihr so vor wie vieles was er sonst noch so sagte: schwer zu begreifen und in Rätseln erzählt, aber sie glaubte es langsam zu durchblicken: „Also, dieses kleine Teilreich vom Großseldschukischen Reich nennt sich immer noch Seldschuk?“   „Ja! Langsam kommst du drauf.“   „Und das was ich vorhin richtig hatte, war…“   Plötzlich weiteten sich ihre Augen und füllten sich dann mit großer Wut: „Oh, nein! Deine Barbaren haben sich nicht meinen Namen gegeben!“   Sadık nahm ihren kleinen Wutausbruch natürlich nicht ernst: „Oh, ja! Merk dir den Namen der Rūm-Seldschuken! Ich hab das Gefühl, dass die noch so einiges in Zukunft erreichen werden.“   „Ich fass es nicht wie ihr meinen Namen schon für alles Mögliche verwendet.“   „Jetzt sei doch nicht so.“ Versuchte er sie dann etwas aufzumuntern: „Eigentlich müsstest du doch Stolz sein, schließlich tragen wir deinen Namen und dein Erbe fort.“   „Wenn man davon absieht, dass du eigentlich Roms verfälschten Namen benutzt-“   „Wir werden dich in allen Ehren halten und das ist eine Sache für was ein Name wichtig ist.“ Rūm erinnerte sich an ihr erstes Gespräch mit ihm, wo sie ihn nach seinem Namen gefragt hatte. “Solange der Name weiterlebt, wird es immer eine Geschichte geben auf die man zurückblicken wird und sich fragt was geschehen sein muss, dass es jetzt so heißt.“   Manchmal war sie überrascht, dass in dem Nomaden mehr steckte als nur ein stumpfer Krieger der sinnlos Land erobern wollte. Sie drehte sich dann um und machte sich auf den Weg wieder zurück nach Hause, immer noch etwas wütend auf ihn. „Wenn die Rūm-Seldschuken fallen, werden auch sie meinen Namen in der Geschichte nicht weiter bringen.“   „Ich kann nicht versprechen, dass sie es nicht tun werden, aber wenn sie großes erreichen, werden sie in Erzählungen noch lange weiterleben.“   Ohne darauf zu antworten, ging sie weg, allerdings ruhiger als noch vor einem Moment.   „Viel Spaß in Konstantiniyye!“ Rief ihr Sadık noch zu. Es ging ihr aber schon auf die Nerven, wie er all die Namen die sie für ihre Sachen hatte, einfach verfälschte und auf seine Weise aussprach. Später hörte sie dann von der großen Rivalität, eigentlich sogar der Feindschaft, der Rūm-Seldschuken mit den Danischmenden. Sie ging sogar Allianzen mit dem jeweiligen ein um gegen den anderen zu kämpfen.   Nicht sie persönlich, nein. Es gab für diese Beys keine Repräsentanten, denn Sadık war aus ihr unerklärlichen Gründen, für alle der Repräsentant. Es sollte dann noch über 150 Jahre dauern, bis er seine erste große Niederlage, von seinem ‘Bruder’ sogar, einstecken musste.   Jetzt aber wollte sie sich dran wagen. Besser gesagt ihr Kaiser Alexius I Komnenos bat den Papst um Hilfe gegen die Türken und zur Rückeroberung der heiligen Städte in Palästina. Das was jetzt kam wurde dann unter dem ersten Kreuzzug bekannt.   _ _ _ _ _ _ _ _ _ _   AN: Eigentlich wollte ich den 1. Kreuzzug auch noch mit reinschreiben, hab es aber dann an dieser Stelle beendet, ist ja auch schon lang genug.   Ich hoffe die Sache mit den Beys war verständlich, kleine und große Herrscherfamilien die militärische Macht hatten. Ich hatte auch lange Zeit den Unterschied zwischen dem Seldschukischen Reich und den Rūm-Selsdchuken nicht geblickt.   Saltuk von Arzan er-Rūm: das ‚er‘ vor Rūm ist der arabische Artikel und wird wieder vorne mit der Zunge gemacht. Arzan er-Rūm schleifte später zur Stadt Erzurum ab.   Konstantiniyye ist der arabische Name für Konstantinopel und wurde noch bis in 19. oder 20. Jahrhundert verwendet. Anadolu ist der türkische Name für Anatolien.   Ein virtuelles Schulterklopfen für diejenigen die erraten wer Sadıks ‚Bruder‘ ist, der später einaml auftauchen wird, so Mitte 13. Jahrhundert.     Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)