Die Wahrheit stirbt zuletzt von LadyAdaia (Fanfiction zu Assassin's Creed) ================================================================================ Kapitel 9: Eine harte Lektion ----------------------------- Als Sendea die Augen aufschlug, war es noch immer dunkel in ihrem Zimmer und am liebsten wäre sie liegen geblieben, doch sie wusste, dass es bereits Morgen war. Langsam stieg die junge Frau aus ihrem weichen Bett, ein Privileg, das nicht jedem vergönnt war, da viele in Betten aus Stroh schliefen. Trotz der Renaissance, der Zeit in der Kunst und Wissenschaft zu erblühen begannen, war der Mensch noch immer so barbarisch, noch immer so naiv. Alles lief immer nur auf das Eine hinaus - zu überleben, in einer Welt, in der jeder der Gewinner sein wollte. „Wer gewinnen will, muss zuerst über seinen eigenen Schatten springen und sich seine Fehler eingestehen, bevor er sich auf dem Pfad des Siegers fortbewegen will“, die Worte von Valencia hallten in Ihrem Kopf wieder während sie sich vor dem hohen Spiegel begutachtete. Die kurze Zeit bei den Assassinen hatte sie verändert, es schien ihr nun, als würde eine neue Sendea vor ihr stehen. Ihre grünen Augen zeigten keine Furcht mehr, sie strahlten nun Selbstsicherheit und eine Ruhe aus, die sie sich selbst nie zugetraut hätte. Auch ihre Körperhaltung zeigte, dass sie trotz ihrer Verletzung an Gewandtheit gewonnen hatte, die sich mit einer gesunden Prise von Entspanntheit vermischte. Sendea war stolz auf sich und das konnte sie sich ohne zu zögern eingestehen, während sie sich daran machte ihr Assassinengewand überzustreifen. Doch bevor sie den weissen Stoff überzog begutachtete sie ihre Wunde und konnte zu ihrer Zufriedenheit feststellen, dass die Verletzung langsam zusammenwuchs, ein Zeichen dafür, dass ihr die Ruhe sehr gut getan hatte. Doch für Sendea war jetzt erst einmal Schluss mit der Bettruhe und Valencia hatte angeordnet, dass ihr Training diese Woche fortgesetzt wurde, eine gute Idee, wie sie fand Die junge Frau war mehr als froh am Leben zu sein und Stunden der Bewusstlosigkeit und Tage, die von heftigen Fieberschüben begleitet wurden überstanden zu haben. Das harte Training würde also nichts im Vergleich zu der schlimmen Zeit sein. Wie jeden Morgen versammelte sich auch heute die ganze Assassinengilde zum Frühstück in der grossen Halle. Auch wenn das Gebäude von aussen weniger imposant aussah, so konnte der Innenraum mit den grossen Räumen nur wenig die Schönheit und den Glanz verstecken, dem ihm innewohnte. Auch der lange Flur, der an den Wänden von geschichtsträchtigen Wandteppichen gesäumt wurde, hatte eine ganz persönliche Anziehungskraft. Fast schon andächtig schritt die junge Frau über den steinernen Flur, stets ein Auge für die Szenen auf den Teppichen. Viele zeigten Könige, Eroberer und hohe Geistliche, aber es gab auch welche mit wunderschönen Landschaften, die ferne Länder zeigten. Länder die Sendea gerne einmal mit eigenen Augen sehen wollte, grosse Wüsten, weite Steppen und faszinierende Berglandschaften gespickt von endlosen Wäldern. „Buongiorno Sendea“ Überrascht drehte sich die junge Frau um, sie war der festen Überzeugung gewesen alleine zu sein, nun jedoch sah sie Markus hinter sich. „Guten Morgen Signor. Es ist schön Euch wiederzusehen“, antwortete sie ebenso freundlich, wobei sie den Mann vor sich musterte. Etwas an ihm schien anders zu sein als sonst und nach genauerem Hinsehen bemerkte sie auch was. Der Assassine war nicht wie üblich in seiner weissen Montur gekleidet, sondern in einer tiefschwarzen, wie sie nur für Missionen am Abend getragen wurde, auch an seinem Waffengurt fehlten zahlreiche Wurfmesser und sein gebogener Dolch war blutverschmiert. Alles deutete daraufhin, das er wohl einen Auftrag für die Gilde ausgeführt hatte. „Die Freude ist ganz meinerseits. Nun wie geht es dir? Ist deine Verletzung bereits am bessern?“, wollte er nun wissen, während sie die Treppe zum Eingangsbereich hinunterstiegen. „Sì es wird jeden Tag besser und ich darf nun endlich mit meinem Training fortfahren“, gab Sendea zur Antwort und blieb dann stehen, während sie dem Assassinen tief in die Augen sah, „Ich verdanke Euch mein Leben Meister und... und ich weiss nicht, wie ich diese Schuld wieder gut machen könnte. Es...“ Sendea konnte es einfach nicht mehr an sich halten, sie war diesem Mann so viel schuldig, ebenso den anderen, die sie vor dem sicheren Tod bewahrt hatten. Nun war es der hochgewachsene Mann, der ihr mit einer Handbewegung Einhalt gebot und mit einer Stimme fortfuhr, als hätte er ihre Gedanken gelesen: „ Du bist mir Nichts schuldig Sendea, überhaupt nichts. Es ist meine Pflicht als dein Ordensbruder und Meisterassassine dich zu beschützen und dich unseren Weg zu lehren. Du hättest das selbe für mich getan, wenn du gekonnt hättest, dessen bin ich mir sicher.“ Seine Worte liessen keinen Zweifel aufkommen, dass er ihr vollends vertraute, ein Gefühl das ihr genau so fremd, wie bekannt war. Sendea war erstaunt, dass er sie nicht für ihr Fehlverhalten an dem Tag ihres Misslingens zurechtgewiesen hatte und es ihm nebenbei eine Freude gewesen war ihr zu helfen, ohne dabei eine Gegenleistung zu erwarten. Der überraschte Gesichtsausdruck war dem Mann wohl nicht entgangen und so lächelte er sie nur kurz an, während er ihr freundschaftlich auf die Schulter klopfte: „Sendea, wir sehen uns sicher noch später. Wie dir wohl kaum entgangen ist, hatte ich etwas zu erledigen und nun ist es an der Zeit, dass ich mich ein wenig ausruhe. A presto.“ „A presto maestro“, entgegnete Sendea und verneigte sich respektvoll, während der Assassine bereits davon rauschte. Als die junge Frau die grosse Halle betrat, waren bereits viele mit dem Essen fertig und verliessen den Raum. Allem Anschein war die Novizin wieder eine der Letzten, wie sie es in letzter Zeit so oft gewesen war. Sendea war wie immer auch heute von den römischen Säulen fasziniert, die wie vier dicke Baumstämme die hohe Decke trug, die mit wunderschönen Reliefs verziert war, die in den Sandstein eingearbeitet worden waren. Auch das grosse Glasfenster war eine Augenweide vor allem an Tagen, wo die Sonne am Zenit stand und den ganzen Raum hell beleuchtete. Doch heute sorgten vor allem Kerzen dafür, dass der Saal nicht zu düster war, was dem ganzen eine nur halb so freundliche Atmosphäre schenkte. „Guten Morgen kleine Träumerin“, begrüsste sie Valencia, als sie sich zu ihrer Lehrmeisterin setzte und ihr dabei zunickte. „Du solltest wirklich ein bisschen weniger Löcher in die Decke starren Kleine, dafür hattest du in den letzten Tagen reichlich Zeit, oder etwa nicht?“ Das verschmitzte Lächeln entging Sendea nicht und ihr wurde unwillkürlich klar, dass Valencia sie erwischt hatte, als sie den Saal begutachtet hatte. „Da habt ihr Recht, verzeiht“, gab sie zur Antwort, während sie in den roten Apfel biss. Der süsse Saft rann ihr über das Kinn, welcher sie mit einer beiläufigen Bewegung wegwischte. „Du brauchst dich doch nicht bei mir für das zu entschuldigen Sendea. Mir wäre es viel lieber, wenn wir über den Vorfall reden könnten“ Die Schwarzhaarige hatte es geahnt, das sie auf das Thema zurückkommen würde und sie hatte oft darüber nachgedacht, was sie sagen sollte. Doch nun im Augenblick der Wahrheit wusste sie nicht, wie sie die Situation erklären konnte ohne sich dabei selber in den Finger zu schneiden. Auch wenn sie es Anfangs nicht wahr haben wollte, so wusste sie nun, dass sie eine Närrin gewesen war, die sich nur nach einem gesehnt hatte. Vergeltung, Rache und der Wahrheit und nichts von alldem hatte sie erreicht. Sie hatte es nur geschafft sich beinahezu in den Tod zu stürzen und dabei die anderen zugefährden. „Ich weiss nicht wie ich meine Taten entschuldigen sollte Valencia. Ich weiss es wirklich nicht...“, begann Sendea das Gespräch, wobei sie es vermied ihrer Meisterin direkt in die Augen zu sehen. Sah man ihr zu tief in die Augen, so schien es als würde sie die Gedanken und Emotionen eines Menschen lesen, um ihn besser zu verstehen. „Hör zu ich will nicht, dass du dich entschuldigst, ich möchte das du dich erklärst, damit wir gemeinsam an dir arbeiten und eine Lösung finden können. Ich weiss das du deinem Vater böse bist Sendea, aber sich deswegen wie ein Geier auf seine Beute zu stürzen ist nun mal nicht sehr weise. Also sag mir, was hat dich in dem Augenblick bewegt, was hast du gefühlt?“ Die Stimme von Valencia war keineswegs streng oder gar von Zorn erfüllt, nein sie hatte etwas beruhigendes, was der Novizin den Anstoss gab um Mut zu fassen. „Ich fühle mich verraten und ich habe das Gefühl als hätte ich nur eine Lüge gelebt in all den Jahren, in denen ich für den Templerorden kämpfte und Leben nahm. Es waren Unschuldige die ich getötet habe, ihr ganzes Blut klebt an meinen Händen... Verdammt!“, Sendea war zum weinen zu mute und doch riss sie sich angesichts der Lage zusammen, doch die Schuld lastete schwer auf ihr und hinzu kam, das sie noch immer nicht wusste, wer für den Tod ihrer Mutter verantwortlich war. Valencia schien die Traurigkeit ihrer Schülerin mitbekommen zu haben und sah sie mitfühlend an, während sie dann meinte: „ Ich verstehe dich ja aber aus Rache zu handeln widerspricht unserem Verhalten Kleine. Wir handeln alle nicht aus Vergeltung Sendea, wir kämpfen für das Gute und für eine Freiheit, die unter der Herrschaft der Templer nicht existieren kann. Und deshalb ist es wichtig, dass du lernst die Menschen und ihre Taten zu verstehen. Dein Vater ist nicht durch und durch schlecht, auch er besitzt etwas Gutes in sich auch wenn du es in diesem Moment nicht wahrhaben willst.“ Sendea hatte ihrer Meisterin zugehört und mit jeder Sekunde die verstrich wurde sie wieder ruhiger und gefasster. Jedes Wort machte Sinn und doch war es schwierig für sie sich einzugestehen, das die Blondine nicht ganz unrecht hatte. „Versprich mir eines Sendea“, holte sie die sanfte Stimme wieder in die Realität zurück, „ handle nie wieder so unbesonnen. Und lass nicht Rache dein Wegleiter sein. Schwöre es mir bei unserer Bruderschaft..“ „Ich schwöre es bei der Bruderschaft“, gab ihr die Novizin zur Antwort, während sie nun den Kopf anhob und in die braunen Augen sah, „und bei meiner Ehre.“ Ein sanftes Lächeln umspielten die Lippen von Valencia, als sie sich erhob und meinte : „ Ich nehme dich beim Wort.“ Nachdem das Frühstück beendet war, gingen die beiden Frauen in den Westflügel des Hauptquartiers, wo sich die Bibliothek befand, ein kleiner Raum vollgestopft mit jeglicher Literatur. Angefangen von Geschichte bis hin zu Heilpflanzen, Giften und Tagebüchern von bekannten Persönlichkeiten, wie etwa Marco Polo. Auch wenn die junge Frau nicht sonderlich gerne las, so war sie doch fasziniert von der Vielfalt der Themen. „Wähle dir ein Buch aus Sendea, etwas was dich interessiert und was dir deiner Meinung nach weiterhilft. Ich möchte, dass du mir jede Woche ein Buch liest und mir dann erklärst, was du gelernt hast.“ Der jungen Frau stand der Mund offen, als sie den Auftrag ihrer Meisterin vernahm. „Das ist nicht Euer ernst, oder?“ Völlig unbeeindruckt zog Valencia ein Buch über die Mongolei aus dem Holzregal und meinte dann: „Natürlich ist das mein Ernst. In Sache Ausbildung beliebe ich nie zu scherzen Kleine und glaub mir du wirst es mir noch danken, das ich dich dazu gezwungen habe dich ein wenig mit der Literatur zu befassen.“ Sendea sah sich hilflos in dem Raum um fragte sich wie sie um alles in der Welt ein ganzes Buch in einer Woche fertig lesen konnte, es schien ihr wie ein Ding der Unmöglichkeit. Nach wenigen Minuten und endloser Suche nach dem richtigen Buch sank die Novizin schliesslich in den gepolsterten Sessel, wo Valencia bereits auf sie wartete. „Und was hast du dir ausgewählt?“, wollte sie nun wissen, wobei sie sich nicht die Mühe machte, von ihrem Buch aufzusehen. „Ich habe gedacht ich fange am Besten mit der Heilkunde an, nur für den Fall, dass mir demnächst wieder ein Speer durch den Leib gerammt wird.“ Die Stimme von Sendea hatte einen gewissen Sarkasmus angenommen, der Valencia offenbar unbekannt war, was diese mit einem erstaunten Blick zu verstehen gab. „Gut. Dann darfst du jetzt zu Emanuel gehen er wartet in den Ställen auf dich. Wir sehen uns später Kleine“ „Arrividerci maestra“, verabschiedete sich schliesslich auch Sendea und machte sich auf den Weg zum Treffen mit Emanuel. Was sie erwartete, konnte sie schon jetzt erahnen, wahrscheinlich würde er ihr eine regelrechte Moralpredigt halten, nur deshalb war Valencia so zurückhaltend gewesen. Anders konnte sie sich die Situation nicht erklären. Als die Schwarzhaarige den Stall nicht unweit vom Hauptquartier betrat, war noch keiner anwesend. Gemächlich schritt Sendea an den Boxen für die Pferde vorbei und begutachtete jedes von ihnen, wobei sie einigen sanft über die Schnauze strich. Unwillkürlich musste sie an Eero denken, der ihr seit geräumiger Zeit fehlte, doch ihr war klar gewesen, dass sie dieses Opfer bringen musste. Wäre das Pferd plötzlich aus dem Stall verschwunden, wäre das ganze zu offensichtlich gewesen und doch hoffte sie das der jetzige Besitzer ein tierlieber und guter Mensch war. Sendea blieb vor einem schwarzen Pferd, wie ihres es war stehen uns streichelte es sanft, als plötzlich Emanuel neben sie trat. „Wunderschöne Tiere für wahr, ein Geschenk Gottes“, meinte er und begutachtete das Reittier mit seinen blauen Augen, bevor er sich der Novizin zu wandte. „So wie jedes Leben ein wunderbares Geschenk ist“, er lies die Worte in der Stille wirken, bevor er ihr zunickte.„Sei gegrüsst Sendea.“ Die Schwarzhaarige zwang sich zu einem Lächeln und legte ihre Faust auf die Stelle, wo ihr Herz lag, bevor sie sich leicht verneigte. Der traditionelle Gruss eines Assassinen, der sowohl für Respekt als auch für Verbundenheit stand. „Seid gegrüsst Meister“, ihre Stimme war fest und doch hatte eine unerklärliche Nervosität ihr Innerstes erfasst, es schien ihr als würde ein Feuer in ihr brennen. Die Ungewissheit was nun kommen würde, war das Schlimme und doch wollte sie es sich nicht anmerken lassen, auch wenn sie wusste, das es bei einem Meister wie Emanuel schwer wurde jegliche Emotionen zu verbergen. Doch der Assassine wollte den Grund, auch wenn er sehr offensichtlich war, noch nicht preisgeben, denn er Schritt nun auf eine Pferdebox zu und führte das Pferd zu Sendea. „Mach dein Tier reit fertig.“ Ein kurzer, knapper Befehl, den die junge Frau sogleich ausführte, während auch Emanuel sein Pferd, ein braunes Halbblut sattelte und das Zaumzeug umlegte. Nach wenigen Minuten des Schweigens sassen schliesslich beide auf ihren Pferden. Der Assassine wandte sich noch ein mal an Sendea und hieb dann seinem Reittier die Ferse in die Seite, das sich sogleich in Bewegung setzte. Die Novizin folgte dem Ordensführer und beobachtete dabei seine Haltung. Er war angespannt und abweisender als üblich, er war nicht mehr der freundliche Weinliebhaber, mit dem man friedlich über Gott und die Welt plaudern konnte, nun sprach aus ihm der Assassine, unnahbar und eine gewisse Kälte zeigend. Dieser Emanuel war Sendea bisher unbekannt gewesen und sie wusste nicht, was sie davon halten sollte. Der Ritt in den südlichen Teil der Stadt verlief ebenso schweigend wie Ereignislos ab. Sendea konnte erkennen, dass die Häuser immer niedriger und die Gassen immer breiter wurden, desto Näher sie dem südlichen Bezirk kamen und sie konnte bereits den vertrauten salzigen Duft des Meeres ausmachen. Als sie schliesslich die letzten Häuser hinter sich gelassen hatten eröffnete sich Sendea ein wunderbarer Anblick, der ihr beinahe den Atem raubte. Vor ihr erstreckte sich eine weite grüne Wiese bedeckt mit Klee und gelben Blumen, die ihr unbekannt waren. Auch die Bäume, wunderschöne Pappeln und mächtige Ahornbäume verliehen dem Szenario mit ihren gelb-orangen Blättern eine unvergleichliche Schönheit. Hinter der grünen Wiese waren Felsen zu erkennen, auf die der Assassine nun zuritt und schliesslich abstieg. Sendea tat es ihm nach und band ihr Pferd an einen tief liegenden Ast bevor sie ebenfalls auf den grossen Felsbrocken stieg. Unter ihr ging es steil in die Tiefe und vereinzelnd konnte sie spitze Felsen erkennen, die aus der Wassermasse aufragten, sobald sich die Wellen ein wenig zurückzogen. Wie spitze Dornen ragten sie aus dem tiefen Blau empor und Sendea wurde es augenblicklich mulmig zumute. „Es gibt drei einfache Grundsätze in unserem Orden Sendea“, durchbrach der Assassine die Stille währen er die weisse Kapuze zurückschlug und die aufgehende Sonne betrachtete, die langsam über den Horizont kroch. „Der erste Grundsatz und einer der wichtigsten überhaupt ist, dass du niemals einem Unschuldigen schadest, direkt oder indirekt“, fuhr Emanuel mit fester Stimme fort, „Der zweite Grundsatz verlangt, dass du für deinen Feind ein unsichtbarer Schatten bist und das du dich ihm nie zu erkennen gibst. Sie dürfen nicht wissen wer oder was du bist, bis du dein Ziel erledigt hast.“ Der Ordensführer zeigte noch immer keine Emotionen und er hatte es bisher vermieden Sendea anzublicken. Nun jedoch wandte er sich direkt an die Angesprochene und meinte dann ernst: „Den dritten Grundsatz hast du gebrochen Sendea und wer unsere Regeln bricht, muss zur Rechenschaft gezogen werden!“ Das Entsetzten stand ihr wortwörtlich ins Gesicht geschrieben, denn sie fühlte sich als hätte man ihr einen heftigen Schlag verpasst. Doch das Entsetzten wich schnell der Angst und Sendea befürchtete das Schlimmste, nun da sie vor einer Klippe stand alleine mit einem Mann, der sich im Töten verstand wie kein anderer. Ihr Puls beschleunigte sich ins unermessliche und sie gab sich nun nicht mehr die Mühe ihre Furcht zu verbergen, es hatte sowieso keinen Zweck. Innerlich bereitete sie sich bereits auf das Schlimmste vor, als sie plötzlich die Hand von Emanuel auf ihrer Schulter spürte. Ohne es zu merken, hatte sie ihre Augen geschlossen, die sie nun langsam öffnete und dabei den Assassinen ansah, der mit seiner Moralpredigt fortfuhr: „ Die Letzte Regel fordert von uns, dass wir niemals unsere Brüder oder Schwestern unnötig in Gefahr bringen. Du hast die letzte Regel gebrochen auch wenn unwissend und nicht mutmasslich und doch bin ich gezwungen zu handeln.“ Beim letzten Satz wäre Sendea am liebsten schreiend davongerannt sie fühlte sich wieder wie in jener Nacht, als der Assassine ihre Männer getötet hatte und sie nichts weiter gewesen war als die Beute eines wilden Wolfes. Sie war genau in der gleichen Situation nur stand sie dieses Mal auf derselben Seite und ihr war klar das es kein Entkommen gab, wenn Emanuel es so wollte. Sendea spürte, wie Emanuel sie an der Schulter fasste und mit ihr auf den Rand der Klippe zuging, immer näher kam der Abgrund und immer grösser wurde die Angst. Jene Angst, die sie zu besiegen geglaubt hatte. „Fürchtest du dich?“, das leise Flüstern war nicht mehr als ein Windhauch in der Stille des Morgens. Sendea nickte nur, unfähig ihren Blick von der gefährlichen Klippe unter ihr zu lösen. Die junge Frau merkte, wie sich die Hand vor ihrer Schulter löste und der Assassine nun hinter sie trat, wobei er ihr leise ins Ohr flüsterte: „Du brauchst keine Angst zu haben. Fliegen ist Freiheit und Freiheit ist ein unbezahlbares Privileg.“ Sendea entgegnete nichts, sie war ruhig und blickte auf die aufgehende Sonne die immer wieder hinter der dicken Wolkendecke verschwand als würden diese ihre Schönheit verbergen wollen. „Es... es tut mir Leid Meister“, brachte die junge Frau schliesslich leise hervor, die Furcht war nicht zu überhören. Es kam keine Antwort uns Sendea wagte es nicht sich umzudrehen. Dann erklang ein feines Rascheln, so leise, dass ein unachtsamer Zuhörer es niemals gehört hätte und im selben Augenblick schoss ein Vogel knapp vor Sendeas Augen in die Höhe. Erschrocken wich die junge Frau zurück und begutachtete dabei das majestätische Tier, das weite Kreise über ihnen zog, während es seine grossen, schwarzen Schwingen ausbreitete. „Ein Weisskopfadler Sendea, er wohnt schon seit unserer Ankunft in einer kleinen Höhle über der gefährlichen Klippe“, die Stimme von Emanuel war nun sanft, fast schon freundlich und als er fortfuhr lag ein nachdenklicher Blick in seinen Augen, „Nimm dir ein Beispiel an diesem Vogel, er ist stark und trotzt den heftigsten Windböen. Doch das Wichtigste ist, das sich dieses Tier stets treu bleibt und ist einmal ein Artgenosse in Gefahr so hilft er ihm.“ Die junge Frau wusste nicht, ob sie auf Emanuel wütend sein sollte, oder nicht, den der Assassine hatte sich allem Anschein einen Spass daraus gemacht ihr, eine Lektion der harten Sorte zu verpassen. Vergessen würde sie diesen denkwürdigen Augenblick auf jeden Fall nicht und ihr war klar geworden, dass die Assassinenbruderschaft nur funktionierte, wenn sich jeder genau an die Vorgaben hielt und Sendea hatte nunmehr auch nichts anderes vor. „Ich dachte wirklich, dass Ihr mich töten wolltet Meister“, gab Sendea zu, wofür sie ein verschmitztes Lächeln des Angesprochenen erntete. „Dann hat die Schauspielerei also geklappt. Ich hoffe es war dir eine Lektion Sendea und fortan hoffe ich, dass ich solche Dinge nicht wiederholen muss, denn es behagt mir nicht dich so zu ängstigen.“ Sendea sass danach noch lange auf dem Felsen und begutachtete den Adler, ein Tier, dass Sendea beneidete. Er hatte so viele Freiheiten und konnte gehen, wohin er auch wollte und niemand hielt ihn auf. Eine grenzenlose Freiheit, für die die Assassinen und auch Sendea kämpften. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)