Misfits: Herzkönig von Hushpuppy ({boyxboy}) ================================================================================ Kapitel 36: Nur mit ihm ----------------------- Es war einer dieser Träume, bei denen man wusste, dass man schlief, doch die sich so real anfühlten, dass man sie für nichts auf der Welt aufgeben wollte. In meinem Traum lag ich auf Gaaras Bett und sein gut aussehendes Gesicht mit grün-braunen Augen und dem verwegenen Grinsen auf blutleeren Lippen, nahm mein Blickfeld komplett ein. Dann spürte ich seine Lippen auf meinem Körper. Überall. Am Hals, auf dem Schlüsselbein, auf der Brustwarze, über dem Bauch, an den Innenseiten meiner nackten Oberschenkel und schließlich zwischen meinen Beinen. Küsste mich solange bis ich hart war und keuchte und ich fühlte mich wie im siebten Himmel. Doch plötzlich hörte er auf, erschien wieder über mir und sagte: „Ich kann nicht länger so tun als wäre nichts gewesen. Es tut mir Leid, Lukas, aber ich habe was mit Sheila am Laufen.“ Ich weiß nicht, was mich geweckt hatte: Der Schock, der mich im Traum übermannte oder das weibliche Stimmorgan, das kreischend die Luft zerriss. Überfordert wachte ich auf, mein Kopf dröhnte, meinen Augen waren noch nicht richtig aufgeschlagen, doch irgendwie fand ich mich stehend in Noahs Wohnzimmer wieder. Ich konnte nicht einmal sagen, ob ich die wenigen Stunden Schlaf auf dem Boden neben der Couch und gemeinsam mit Simon auf der Couch verbracht hatte. Seinen zerzausten Kopf und die vor Müdigkeit winzigen, tiefbraunen Augen waren das Erste, was ich wirklich wahr nahm, bevor ich die Frau erkannte, die an der Eingangstür stand und einen hochroten Kopf hatte. „WIE UM ALLES IN DER WELT SIEHT ES HIER AUS?!“, kreischte sie völlig aus der Fassung. Donnernd ließ sie die Tasche fallen, die sie zuvor getragen hatte, dann blickte sie sich hektisch um und schrie uns an, dass wir das Haus verlassen sollten. Ich war noch nicht in der Verfassung dazu logisch nachzudenken. Sie holte sich in der Küche einen Besen und begann mit dem Stiel nach uns zu schlagen. Ich sah wie sie Kaito gegen den Hinterkopf traf als er überstürzt das Haus verließ. Um nicht ebenfalls getroffen zu werden, entschied sich Schifti kurzerhand dazu ein Fenster im Wohnzimmer aufzumachen und dort raus zu klettern. Simon und ich folgten ihm schnellst möglich. Innerhalb weniger Sekunden war die Straße vor Noahs Haus gesäumt mit knapp fünfzehn Jugendlichen. Einige Momente lang wusste niemand, wo er hin laufen wollte, dann entschieden wir uns alle nach rechts zu rennen. Immer weiter weg von dieser durchgedrehten Frau, die uns noch hinterher schrie, dass sie beim nächsten Mal sofort die Polizei rufen würde und unsere Eltern würden auf jeden Fall von diesem Wochenende erfahren. Erst als wir zwei Blocks zwischen uns und sie gelegt hatten, wurden wir langsamer und mir wurde jäh bewusst, dass ich barfuß war. Beinahe wäre es mir peinlich gewesen, doch dann schaute ich die Anderen an und erkannte, dass niemand die Zeit gefunden hatte sich anzuziehen. Keiner trug eine Jacke oder Schuhe, Kaitos Oberkörper war nackt, Sheila trug nur eine Unterhose und darüber ein weites Shirt, Sam hatte als Oberteil nur ihren BH und Schifti war bloß in Boxershorts. Zur Abwechslung war ich der Erste, der anfing zu lachen. „Scheiße, bin ich durch“, prustete ich und die Meisten stimmten mit ein. „Ich weiß überhaupt nicht, was gerade passiert ist“, klagte Marc. „Wer war das überhaupt?“ „Hannahs Mutter“, antwortete Kaito. Gaara zog neben ihm sein Oberteil aus, damit Sam es sich überziehen konnte. Der Anblick seiner nackten, schlanken Muskeln machte mich wuschig. Er bemerkte meinen Blick und grinste verwegen. Dieser Blödian. „Oh“, machte Florian und verzog verlegen das Gesicht. „Eigentlich wollten wir noch alles aufräumen, bevor die Eltern wieder kommen, oder?“ „Das haben wir wohl irgendwie nicht geschafft“, stellte Schifti überflüssigerweise fest. „Aber wisst ihr was.“ Er schlug in die Hände und ging los. „Es geht mir am Arsch vorbei. Ich entschwinde nach Hause. Meine Sachen hole ich mir ab, wenn die Furie weg ist. Adios.“ „Du hast deine Schülerkarte für die S-Bahn gar nicht dabei“, rief Florian ihm hinterher, doch Schifti winkte bloß mit der Hand ab. „Da wird doch eh kaum kontrolliert!“ „Also ich hätte meine Sachen schon gerne wieder“, sagte Simon als Schifti weg war. „Mein Zug fährt heute und ich habe keine Ahnung wie viel Uhr wir haben.“ „Stimmt ja.“ Die Worte klangen seltsam hohl, als ich sie aussprach. Seltsamerweise war mein Kater heute nicht so schlimm wie er sonst in den letzten zwei Wochen gewesen war. Vielleicht war ich auch noch nicht richtig wach, doch fühlte ich mich gerade als wäre ich vierzehn Tage lang in einer Traumwelt gewandelt und mit der Erkenntnis, dass Simon wieder nach Hause fuhr, wurde ich hart aufgeweckt. Die Realität verpasste mir mal wieder einen Faustschlag direkt ins Gesicht. Obwohl es gemein war, hoffte ich, dass Simon seinen Zug schon verpasst hatte, dann würde er wenigstens noch ein bisschen länger bei mir bleiben. Ich war nicht dazu bereit meinen besten Freund schon wieder gehen zu lassen. „Sollen wir wieder zurück gehen?“, fragte jemand unsicher. Es waren noch Leute da, die ich vor Noahs langer Party noch nicht gekannt hatte, doch ihre Namen hatte ich schon wieder vergessen oder sie mir erst gar nicht gemerkt. „Irgendwie wäre das schon peinlich“, stellte ein Mädchen fest. „Ich will aber mein Handy wieder haben“, protestierte Samantha. „Lasst uns einfach zurück gehen!“ Wir schlurften zurück, denn insgeheim war es jedem von uns peinlich wieder halbnackt dort aufzukreuzen. Vor dem Haus saß Noahs Vater auf einem Trolli und begann zu lachen als er uns kommen sah. Man sah ihm sofort an, dass er mit Noah verwandt sein musste. Sie hatten die gleichen, blonde Haare, die gleichen, sanften Gesichtszüge und diese verblüffend blauen Augen. „Ich müsste euch fotografieren“, grinste er. Hannahs Mutter hörte man bis auf die Straße toben. „Noah hatte eben versucht euch hinterher zu rennen, aber Regina hatte ihn schneller eingefangen als ich reagieren konnte. Ich habe mich noch nicht ins Haus getraut. Seid ehrlich, wie schlimm sieht es aus?“ Erinnerung an die letzten Nächte kamen hoch und mir fiel ein, dass wir uns Spaghetti Bolognese gemacht und dann eine Essensschlacht im Wohnzimmer veranstaltet hatten und, dass Schifti und Marc bei einer gespielten Rauferei die Gardinen herunter gerissen hatten, dass Teller zur Bruch gegangen waren und die mit Bier gefüllte Shisha – Vase im Flur in tausend Teile zerschellt war. Ich erinnerte mich daran, dass ich morgens um drei Uhr auf das Gäste – WC gehen wollte, doch dort bereits jemand damit beschäftigt gewesen war, die Badewanne voll zu kotzen. Und jemand kam auf die Idee man könnte betrunken dieses Spiel spielen, bei dem man sich ganz lange im Kreis drehen und dann zu einem bestimmten Punkt los rennen musste. Jeder begann mit 'Äh's und 'Öh's und druckste ein wenig herum in der Hoffnung keine Antwort geben zu müssen. „Ich würde ja selbst schauen gehen, aber ehrlich gesagt, habe ich gerade ein wenig Angst vor Regina. Eben meinte sie kurz, da Noah mein Sohn ist, soll ich ihn zusammen stauchen und jetzt schreit sie ihn doch an.“ „Sollten Sie das nicht irgendwie verhindern?“, fragte Marc. „Nein, ich glaube schon, dass er das verdient hat, aber ich kann so etwas nicht. Ich bin wirklich schlecht darin meinen Kindern für irgendetwas Böse zu sein.“ Er stand seufzend auf und zögerte ein wenig. Ich wunderte mich erst, dass er 'Kinder' gesagt hatte, dann fiel mir wieder ein, dass Noah eine Zwillingsschwester hatte, die bei ihrer gemeinsamen Mutter lebte und sich hier nie zeigen ließ. „Will nicht jemand von euch reingehen und nach euren Sachen fragen?“, wandte er sich uns zu. „Gaara vielleicht?“ „Ich glaube nicht, dass ich das überleben werde“, meinte Gaara nur dumpf. „Na schön...“ Noahs Vater ging rein. Nach wenigen Minuten hatten wir unser Zeugs zusammen, zogen unsere Schuhe und Jacken an, packten Handys und Brieftaschen ein und verabschiedeten uns von einem missgelaunten Noah und einer verlegenen Hannah. Als ich Noah zum Abschied umarmte, erinnerte ich mich auch wieder daran, dass Fynn und Sheila miteinander rumgemacht hatten. „Ist Fynn schon früher gegangen?“, fragte ich Noah, der bestürzt drein blickte und ein wenig den Anschein machte am liebsten heulen zu wollen. „Ja, der ist nur ein paar Minuten bevor die hier aufgeschlagen sind, Heim gegangen. Er wollte sich heute noch mit seinem Bruder treffen.“ Bruder oder Liebhaber? Aber die Frage sprach ich nicht aus. Betrunken wäre Noah in einem günstigeren Zustand gewesen, um ihm mitzuteilen, dass sein Freund ihn hinter seinem Rücken betrog. Trotzdem hatte ich ein sehr schlechtes Gewissen als wir abzogen. Mit jeder Station in der S-Bahn wurden wir weniger, unsere Wege trennten sich beim Umsteigen. Als wir uns von Gaara und Kaito verabschiedeten, die gemeinsam zu Gaara gehen wollten, verabschiedete dieser mich mit einem sanften Kuss auf die Wange. Danach flüsterte er mir ganz nahe ins Ohr: „Bitte denk schnell nach.“ Ich spürte das süßliche Brennen auf der Wange und das Hauchen seines heißen Atems noch eine ganze Weile an meinem Ohr und eventuell schmunzelte ich sogar. Solange bis Simon fragte: „Was machen wir jetzt mit Noah und Fynn?“ Bevor ich antwortete seufzte ich schwer und ließ den Kopf gegen die ruckelnde Fensterscheibe fallen. Die Sonne hatte sich heute dazu entschieden breit über Berlin zu scheinen und ihre Strahlen tänzelnden wild in den Fenstern. Auf den Straßen herrschte das übliche Verkehrschaos. „Ich weiß es nicht“, stöhnte ich und fühlte mich müde und erschöpft. „Ich habe weder Lust lange damit zu warten noch es Noah überhaupt zu erzählen.“ „Ich weiß, was du meinst“, sagte Simon. „Aber verheimlichen sollten wir es auf gar keinen Fall.“ „Natürlich nicht. Ich denke ich fahre direkt zu Noah, nachdem ich dich zum Zug gebracht habe... oder haben wir noch genug Zeit, dass du mitkommen kannst?“ „Dann hätten wir auch gleich da bleiben können“, murmelte mein bester Freund und warf einen kurzen Blick auf die Uhr auf seinem Handy. „Nein, dafür haben wir keine Zeit mehr. Wir müssen bei dir schnell meine Sachen zusammen packen und dann direkt los zum Bahnhof... meinst du deine Mutter könnte mich fahren?“ „Heute ist Sonntag, oder?“ „Ja.“ „Nein, sie hatte heute Nachtschicht, wahrscheinlich schläft sie und ich will sie ungern wecken.“ „Okay, dann muss es so gehen.“ Wir schwiegen uns den Rest der Fahrt in Müdigkeit und Erschöpfung an. Obwohl meine Augen schwach waren und ich am liebsten geschlafen hätte, arbeitete mein Kopf ohne Unterlass und malte sich aus, wie ich Noah am Besten von dem Gesehenen berichten sollte. Auf jeden Fall musste ich ihn anlügen und ihm sagen, dass ich es mit eigenen Augen gesehen hatte. Noah traute ich noch zu, dass er aus lauter Angst Fynn zu verlieren und verletzt zu werden, behauptet, dass Simon zu betrunken war, um zu erkennen, wer da knutschte. Vielleicht würde er das sogar über mich behaupten. Ich musste verhindern, dass wir über das Thema in einen Streit geraten, aber wie teilte ich Noah die Sache sanft mit? So oder so würde es ihn hart treffen, besonders nachdem er noch einen solchen Anschiss kassiert hatte. Okay, das Leben hatte mich wieder. Die letzten zwei Wochen Feierei war wirklich ein Urlaub gewesen, jetzt ging wieder das gewohnte Chaos los. Endlich stiegen wir aus und gingen im Eilschritt die Straße entlang. Alex war Zuhause und machte einen dummen Scherz darüber, dass wir wohl anstrengende Nächte hinter uns gehabt hätten. „Habt ihr überhaupt geduscht?“, fragte sie und schaute mich eindringlich an. „Ja, habe ich.“ Gestern... aber auch nur, weil Schifti mir aus versehen einen Cocktail übergeschüttet hatte. Die Tür zum Badezimmer hatte ich natürlich abgeschlossen, aber irgendwie hatte ich die ganze Zeit über gehofft, dass Gaara trotzdem reinkommen und mit mir unter die Dusche steigen würde. Alleine der Gedanke brachte mich in helle Erregung. Aber davon erzählte ich Alex natürlich nichts. Ob sie sich auch schon dachte, dass ich schwul war? Sowie es sich Genesis und Lynn bereits gedacht hatten? Wir packten Simons Koffer mehr schlecht als recht und waren schon halb aus dem Haus als uns einfiel, dass seine PS3 noch in meinem Zimmer stand, doch die Zeit reichte nicht mehr um sie abzubauen. Simon meinte, das wäre egal, ich könnte sie solange behalten bis entweder er noch mal her kam oder ich noch einmal zu ihm runter fuhr, doch ich wusste bereits jetzt, dass er diese Entscheidung spätestens morgen bereuen würde. Den Weg zum Hauptbahnhof legten wir wieder in der Straßenbahn zurück und langsam bekam ich Hunger. Ich überlegte gerade mir etwas zum Essen am Bahnhof zu kaufen, da fragte Simon in leiser, verlegener Stimme: „Sag mal, Lukas, ehm... also... was ist denn eigentlich jetzt mit... Gaara und dir?“ „Was soll mit uns sein?“, fragte ich, obwohl ich genau wusste, was er meinte. Mein Herz pochte schneller und mir wurde ganz heiß. „Naja, da läuft doch was“, sagte Simon mit einem schiefen Grinsen. „Ich hatte erst geplant zu versuchen dich irgendwie mit Genesis zu verkuppeln, aber jetzt, da ich zu hundert Prozent weiß, dass du schwul bist, finde ich, dass du lieber mit Gaara zusammen sein solltest. Er ist cool drauf, sieht gut aus, soweit ich das als Heterosexueller sagen kann, hat Humor und scheint sich sehr für dich zu interessieren. Wieso also nicht mit ihm zusammen sein?“ „I-Ich weiß nicht“, stotterte ich. „I-Ich meine, ich bin noch gar nicht – also – ich weiß doch nicht -“ „Doch, du weißt, dass du schwul bist“, betonte Simon bestimmt. „Du weißt es ganz genau, du hast nur irgendwie Schiss davor zuzugeben, dass du auf Gaara stehst.“ „Ich steh gar nicht -“, wollte ich mich empören, doch Simon unterbrach mich sofort. „Ich habe doch gesehen wie du seinen Oberkörper angeschaut hast, als er Sam sein Shirt gegeben hat und als du und Gaara gemeinsam in seinem Zimmer verschwunden sein, habt ihr mit Sicherheit nicht nur miteinander gesprochen. Ich bin dein bester Freund, Lukas, du kannst mich nicht belügen.“ Er grinste mich überlegen an und ich gab mich griesgrämig geschlagen. Am Bahnhof fanden wir Simons Gleis schnell und stellten fest, dass der Zug zwanzig Minuten Verspätung hatte. Somit hatte er noch einmal Zeit mich wegen Gaara zu fragen. Er quetschte mich nicht aus, er stellte gelegentlich die Frage in den Raum, ob ich bereit für eine Beziehung wäre. Nach einigem Überlegen antwortete ich: „Ja.“ „Mit Gaara?“, fragte er und ich sagte: „Nur mit ihm.“ Damit hatte ich meine Gefühle gegenüber Gaara geordnet. Über Lautsprecher wurde verkündet, dass der Zug einfuhr und Simon und ich blickten uns gleichermaßen blass und leer an. Gerade bereute ich, dass wir zwei Wochen lang durch gefeiert hatten. Gerade wollte ich die Zeit zurück drehen und jede dieser wertvollen Minuten nur mit Simon und mit niemand anderem verbringen und mit ihm Stunden um Stunden reden, bis wir gemeinsam unsere Probleme bewältigt hatten. Stattdessen hatte Simon mir nur gesagt, dass es doch beim Drogen nehmen und Alkohol trinken gerade darum ging, die Probleme beiseite schieben zu können. Aber danach kamen sie wieder. Das taten sie immer. „Jaa, dann sehen wir uns“, sagte ich mit hohler Stimme. Ich konnte nicht sagen, wie ich mich fühlte. Doch, eigentlich fühlte es sich an als würde jemand gerade sehr langsam einen Teil von mir entfernen, in diesen Zug stecken und weit weg schicken. „Wir telefonieren oder skypen dann wieder und dann treffen wir uns spätestens in den Sommerferien, denke ich. Ich wollte auf jeden Fall noch mal runter kommen und ganz solange sind die Ferien ja nicht mehr hin... zwei Monate, drei Monate... ich weiß es nicht genau.“ Überrascht zuckte ich zusammen als Simon mich aus heiterem Himmel in den Arm nahm. Nicht kurz, wie bei einer Begrüßung oder Verabschiedung, sondern lange und fest. Ich erwiderte die Umarmung, spürte wie er das Gesicht in meine Schulter grub und merkte dann erst, dass er weinte. „Simon, was ist denn?“, fragte ich bestürzt. „Ich vermiss dich so, scheiße nochmal“, brachte er hervor und löste sich von mir. Mit dem Jackenärmel wischte er sich die Tränen von den gebräunten Wangen und atmete einige Male tief durch um sich zu beruhigen. Er war unglaublich gut darin seine negativen Gefühle zu unterdrücken und so hatte er die Tränen bekämpft als sie mir selbst in die Augen stiegen. Da ich anders als Simon war und jedes Weinen bei mir in einen ungesunden Heulkrampf überging, den ich nicht mehr kontrollieren oder stoppen konnte bis ich vor Erschöpfung keine Tränen mehr zu vergießen hatte, musste ich meine Gefühle im Keim unterdrücken. „Ich dich ja auch“, sagte ich und spürte diesen verdammten Kloß in meinem Hals. „Aber wir ziehen doch bestimmt irgendwann wieder zusammen. Wenn das Abitur erst mal geschafft ist, haben wir alle Möglichkeiten, oder?“ „Ja, wenn ich das Abitur überhaupt schaffe“, meinte Simon und lachte verbittert. Mittlerweile stand der Zug neben uns und die ersten Fahrgäste stiegen ein. „Klar, machst du das. Aber jetzt, bevor ich anfange zu heulen -“ „Ja, tut mir Leid.“ „Du brauchst dich nicht zu entschuldigen.“ Wir umarmten uns noch einmal, diesmal kurz, dann stieg Simon ein. Ich blieb noch solange mit einem zerrissenen Gefühl in der Brust am Bahnsteig stehen bis der Zug los fuhr. Mein Teil entfernte sich immer weiter von mir und hinterließ ein leeres Gefühl. So. Und zum krönenden Abschluss werde ich dann noch zu Noah fahren und ihm von Fynn und Sheila berichten. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)