Am I strong enough? von queermatcha ================================================================================ Kapitel 1: ----------- „Ich liebe dich, Taka. Schon lange.“ „Ich liebe dich auch, Toru. Du weißt gar nicht, wie sehr.“ Diese Worte vom Vortag gingen Taka immer wieder durch den Kopf. Der Sänger saß auf der Kante von Torus Doppelbett, noch immer nackt, während der blonde Gitarrist weiterhin schlief, dabei sogar leise schnarchte. Taka hatte diese Worte ernst gemeint. Er liebte Toru wirklich, von ganzem Herzen. Lange hatte er sich nicht getraut, seinem besten Freund zu sagen, dass dieser viel mehr für ihn war. Aber dann war es Toru gewesen, der als Erster seine Gefühle dem Lockenkopf gegenüber gestanden hatte, und Taka musste die berühmten drei Worte nur erwidern. Eigentlich war es ein ganz normaler Beste-Freunde-Abend gewesen. Es war Tradition geworden, dass Taka und Toru sich einmal die Woche trafen – wenn sie nicht gerade tourten, natürlich nur – um einen Abend mit Bier, DVDs und etwas leckerem zu Essen zu verbringen. Nur die beiden, und oft waren an diesen Abenden Melodien oder Texte für ihre Songs entstanden. Normalerweise verliefen solche Abende ganz ruhig, ohne besondere Vorkommnisse, aber an diesem Freitag hatte Toru sich schon am frühen Nachmittag seltsam benommen, als sie sich getroffen hatten, um Lebensmittel für den Abend zu kaufen. Der Blonde war ungewöhnlich still und zurückhaltend gewesen, und Taka hatte sich schon gewundert. Auch, als sie dann später gekocht hatten, war es so gewesen, und der Sänger hatte beschlossen, seinen besten Freund nach dem Essen auf sein merkwürdiges Verhalten anzusprechen. Aber irgendwie hatte Taka sich nicht recht getraut, und so waren sie nach dem Essen doch erstmal im Wohnzimmer auf der Couch gelandet, um eine DVD zu gucken, welche Taka mitgebracht hatte. Schweigend hatten sie den Film verfolgt, obwohl dieser nicht allzu spannend war. Die angespannte Atmosphäre gefiel Taka überhaupt nicht und er wollte wieder mit Toru herumalbern und Witze reißen, wie sonst auch. Nach knapp zwei Stunden war der Film dann endlich zuende gewesen, und nachdem der Abspann begonnen hatte, wollte Taka Toru fragen, was los ist. Aber der Blonde kam ihm zuvor. „Ich muss mit dir reden, Taka.“, hatte der Leader nur gesagt und Taka mit so ernstem Blick angesehen, dass der kleine Sänger hatte schlucken müssen. Nur wenige Augenblicke später hatte Toru Taka seine Liebe gestanden – und Taka hatte diese Liebeserklärung erwidert. Daraufhin schien Toru der Fujiyama vom Herzen gefallen zu sein, denn seine Gesichtszüge hatten sich unglaublich entspannt, und er war Taka direkt um den Hals gefallen. Der Rest des Abends hatte dann darin bestanden, dass sie sich erst vorsichtig geküsst und dann liebevoll miteinander geschlafen hatten. Alles, was Taka sich jemals erträumt hatte, war wahr geworden, als er Torus raue Finger und seine weichen Lippen überall auf seinem Körper hatte spüren können. Noch nie hatte er sich von jemandem so sehr geliebt und akzeptiert gefühlt, und Toru hatte alles getan, damit der kleine Sänger sich gut fühlen konnte. Eng aneinander gekuschelt waren sie nach einem langen Liebesakt eingeschlafen, und nun saß Taka am Bettrand und hatte Probleme damit, seine Gefühle zu ordnen. Er liebte Toru über alles. Er wollte auch mit ihm zusammen sein. Aber was, wenn es nicht klappte? Was, wenn seine Liebe zu dem Blonden doch nicht stark genug war? Ihre Band war in Gefahr, wenn ihre Beziehung nicht klappen würde, ebenso ihre Freundschaft. Also quasi alles, was Taka wichtig war. Und selbst wenn alles gut laufen würde – wenn die Presse Wind davon bekäme, dass er und Toru ein Paar waren, dann würden sie alle von den Medien regelrecht in der Luft zerrissen werden. Homosexualität war in vielen Teilen Japans ein absolutes Tabu-Thema, und ein Bekanntwerden ihrer Beziehung würde eventuell auch das Aus der Band bedeuten. Und mal abgesehen von der Band… war eine Beziehung es wert, seine Freundschaft zu Toru aufs Spiel zu setzen? Der blonde Gitarrist war, gemeinsam mit Hiroki, der wichtigste Mensch in Takahiros Leben. Ihn zu verlieren, war das Schlimmste, was der kleine Sänger sich vorstellen konnte. Leise seufzend drehte Taka sich um, weil Toru sich im Bett geregt hatte. Der Gitarrist aber war nicht aufgewacht, sondern hatte nur seine Schlafposition ein wenig geändert. Als er die entspannten Gesichtszüge des Jüngeren erblickte, kamen Taka auf einmal die Tränen. Er konnte die Band – seine neue Familie – einfach nicht aufs Spiel setzen. Er konnte es einfach nicht. Energisch wischte er sich mit dem Handrücken über die Augen und erhob sich, um sich anzuziehen. Das tat er leise, um Toru nicht zu wecken. Nachdem er dann in seine Klamotten geschlüpft war, lief er in die Küche. Dort schnappte er sich von einer kleinen Pinnwand, die neben der Küchenzeile hing, einen Zettel. Auf diesen schrieb er ein paar Worte, ließ den Zettel auf dem Küchentisch liegen. Dann schnappte er sich seinen Rucksack. Gerade, als er die Haustür öffnete, hörte er Torus Stimme. „Taka?“ Der kleine Sänger schluckte schwer und bekämpfte die Tränen, die in seine Augen treten wollten, bevor er schnell aus der Tür schlüpfte und diese hinter sich zu fallen ließ. Als Toru aufstand, lag Taka nicht mehr neben ihm. Gähnend fuhr sich der Leader mit der Hand übers Gesicht und setzte sich auf. In der Wohnung war es still, und er fragte sich, wo sein Liebster nur hin verschwunden war. Die Erinnerung an den letzten Abend und die letzte Nacht zauberte ein sanftes, überglückliches Lächeln auf die fein geschwungenen Lippen Torus. Endlich, nach mehreren Jahren, in denen er heimlich in seinen besten Freund verliebt gewesen war, hatte sich sein Wunsch erfüllt – er und Taka waren ein Paar. Niemals hatte Toru zu träumen gewagt, dass Taka genauso fühlte wie er selbst, und umso glücklicher war er nun. Nicht ahnend, dass der Lockenkopf gerade an der Wohnungstür stand, schwang Toru die Beine aus dem Bett und erhob sich. „Taka?“, rief er in die Wohnung hinein, konnte dann hören, wie eine Tür leise geschlossen wurde .Leider war das Geräusch aber zu leise, als dass er genau hätte sagen können, um welche Tür es sich handelte. Toru schnappte sich seine Shorts und schlüpfte hinein, bevor er aus dem Schlafzimmer in den Flur tapste. Nun waren nur noch seine leisen Schritte zu hören, als Toru kurz ins Wohnzimmer blickte, dann ins Badezimmer. Weil Taka dort nicht aufzufinden war, lief er als Letztes in die Küche. Auch dort war kein kleiner Sänger zu sehen, aber ein Zettel auf dem Tisch. Etwas verwundert runzelte Toru die Stirn und griff nach dem Zettel, um zu lesen, was darauf stand. Es tut mir leid, Toru. Es geht nicht. Wir können nicht zusammen sein. Das würde alles kaputt machen. Ich wollte dir niemals wehtun, und es tut mir wirklich leid. Unsere Nacht war wunderschön, aber ich möchte, dass wir sie vergessen und alles so bleibt, wie es vorher war. Bitte verzeih mir. Taka Mit jedem weiteren Wort, das Toru las, zog sich Torus Herz mehr und mehr zusammen. Das konnte doch nicht wahr sein. Das konnte nicht Takas Ernst sein. Der blonde Gitarrist blickte sich um. War das nur ein Scherz des Lockenkopfes? Taka würde doch bestimmt gleich aus irgendeinem Versteck gesprungen kommen und Toru lachend mitteilen, dass das nur ein dämlicher Witz war und sie natürlich jetzt ein Paar wären. Der kleine Sänger spielte seinen Bandmitgliedern gern mal den einen oder anderen Streich, warum sollte das jetzt nicht auch so sein? „Taka! Ich bin darauf reingefallen, du kannst jetzt rauskommen!“, rief er laut in die Wohnung hinein, aber es kam keine Antwort. Kein kleiner Sänger, der ihm mit einem sanften Lächeln auf den vollen Lippen entgegen gelaufen kam. Kein Taka, der ihn umarmte und küsste. Kein Taka, dem Toru seine Liebe zeigen konnte. „Scheiße, das kann doch nicht dein Ernst sein…“, murmelte Toru und lief sofort ins Wohnzimmer, um sein Handy zu holen. Er wählte Takas Nummer und ließ es klingeln. Mit jedem weiteren Hupen am anderen Ende der Leitung stieg sein Puls, und als Taka abhob, fing Toru sofort an zu sprechen. „Taka! Wo bist du denn? Ich hab‘ deinen Zettel gefunden. Sehr lustiger Scherz, aber ich konnte nicht wirklich darüber lachen.“, schilderte der Blonde. Taka schwieg kurz, und dann war seine Stimme nur leise zu hören. „Das ist kein Scherz, sondern mein voller Ernst. Ich möchte keine Beziehung. Es tut mir leid…“ Bevor Toru etwas darauf antworten konnte, hatte Taka auch schon aufgelegt. Geschockt starrte der blonde Gitarrist sein Handy an, musste erst mal realisieren, was da überhaupt passierte. Nach dieser wunderschönen Nacht gemeinsam mit Taka und der Euphorie darüber, dass der Sänger seine Liebe erwiderte, wurde Toru jetzt sehr unsanft auf den Boden der Tatsachen zurück geholt. Er versuchte direkt, Taka noch einmal anzurufen, aber der Sänger drückte ihn weg. Niedergeschlagen sank Toru aufs Sofa hinab, legte sein Handy beiseite und vergrub das Gesicht in den Händen. Das konnte doch einfach alles nicht wahr sein… Das Herz des Blonden klopfte immer noch stark, aber das fühlte sich nicht mehr angenehm an, und Toru spürte auch, wie sich Tränen in seinen Augen sammeln wollten. Eigentlich hoffte er, das alles nur zu träumen und in ein paar Augenblicken in Takas Armen aufzuwachen. Aber natürlich geschah das nicht, und der Gitarrist wurde mit jeder Minute, die verstrich, verzweifelter. Wie konnte Taka ihm das nur antun? Warum hatte er überhaupt mit ihm geschlafen, wenn er das alles dann doch lieber vergessen wollte? Als sie Sex gehabt hatten, war Taka unglaublich liebevoll, zärtlich, aber auch fordernd gewesen und Toru hatte die Gefühle, die der Sänger in ihm ausgelöst hatte, in vollen Zügen genossen. Niemals hatte er damit gerechnet, dass ihre erste gemeinsame Nacht auch ihre letzte sein würde. Nach diesen Gedanken konnte Toru ein paar Tränchen nicht zurückhalten, die über seine Wangen liefen. Er wischte sie mit der Hand weg und erhob sich dann. So schnell wollte Toru nicht aufgeben, und so schnell würde er den Menschen, den er über alles liebte, auch nicht aufgeben! Eine knappe halbe Stunde später stand Toru vor der Tür zu Takas kleiner Wohnung. Der Lockenkopf lebte nur zwei U-Bahn-Haltestellen entfernt, und freute sich normalerweise, wenn Toru ab und an unangekündigt vorbei schaute. Aber an diesem Tag war dem blonden Leader richtig schlecht, als er vor der Tür stand und auf den Klingelknopf, auf dem „Morita“ stand, drückte. Nichts. Natürlich nicht. Erneutes Klingeln von Toru. Wieder nichts. Nachdem auch nach dreimaligem Klingeln nichts passierte, hämmerte Toru mit der Faust gegen die Tür. „Taka! Mach bitte die Tür auf!“, rief der Blonde. Plötzlich konnte er ein leises Geräusch hinter der Tür hören – das hieß, Taka war Zuhause. „Bitte! Taka! Ich höre doch, dass du da bist! Bitte lass mich rein!“, rief Toru erneut und klopfte noch einmal an der Tür. Ein erneutes Rascheln war zu hören. „Toru…“, ertönte dann Takas Stimme, die ziemlich gedämpft klang. „Bitte geh. Ich möchte nicht mit dir reden.“ Der Gitarrist legte die Hände an die Tür und lehnte seine Stirn ebenfalls daran. „Nein, ich werde nicht gehen.“, sagte er dann und hob den Blick wieder . „Das kann es doch nicht gewesen sein. Bitte, ich möchte mit dir über die Situation sprechen! Wir bekommen das hin!“ Toru versuchte, Taka dazu zu überreden, die Tür zu öffnen. „Toru! Hör auf damit!“, kam es dann aber nachdrücklicher von Taka und der Gitarrist konnte hören, dass sein Freund weinte. „Mach es uns doch nicht noch schwerer, als es ist.“ Aber Toru dachte gar nicht daran. Er ballte die Hände zu Fäusten und ihm traten erneut die Tränen in die Augen. Als Taka ihn erneut darum bat, zu gehen, schlug der Gitarrist mit der flachen Hand gegen den Türrahmen. Ihm reichte es nun wirklich, und Toru fühlte sich einfach nur unglaublich verletzt. „Warum entscheidest du das einfach allein nach dem, was gestern passiert ist? “, fragte er mit lauter, verzweifelter Stimme. Ihm war vollkommen egal, dass ihn wahrscheinlich die Nachbarn hören konnten. „Du hast gesagt, du liebst mich! Hast du auch nur für eine Sekunde darüber nachgedacht, wie ich mich jetzt fühle?!“ Ein leises Schluchzen entwich Torus Kehle, als daraufhin keine Antwort kam. Langsam aber sicher schlichen sich Zweifel bei dem Gitarristen ein, ob Taka ihn wirklich so sehr liebte, wie er es am Vortag behauptet hatte. „Sag doch was, Taka…“ Auch jetzt konnte Toru nichts hören. Wie Taka ihn behandelte, verletzte ihn unglaublich, und der Gitarrist stieß sich nach ein paar weiteren Augenblicken von der Tür ab und lief mit hängenden Schultern die Treppen zum Erdgeschoss hinab. Immer wieder wischte er sich über die Wangen und auch, wenn er nicht mehr weinen musste, fühlte er sich einfach nur schrecklich. Vor einer knappen Stunde hatte er sich noch wie der glücklichste Mensch der Welt gefühlt, und nun wollte er sich einfach nur verkriechen, am Liebsten für mehrere Wochen. Todunglücklich fuhr Toru zurück nach Hause und vergrub sich direkt wieder in seinem Bett. Dort aber roch es nach Taka, und das machte alles nur noch viel Schlimmer. Toru wünschte sich sogar, niemals mit Taka geschlafen zu haben – seitdem spürte er die Liebe zu dem Lockenkopf nur noch stärker. Nachdem Toru sich fast zwei Stunden schlaflos in seinem Bett herumgewälzt hatte, erhob er sich und lief ins Wohnzimmer. Dort schrieb er Taka erstmal eine SMS. Taka, bitte melde dich bei mir. Wovor auch immer du Angst hast, lass uns darüber reden. Wir finden eine Lösung. Darauf kam natürlich auch keine Antwort. Toru wusste ja nicht mal, ob der Sänger sein Handy wieder eingeschalten und diese Nachricht überhaupt gelesen hatte. Im Laufe der nächsten Stunden schrieb Toru Takahiro immer wieder Textnachrichten, aber der kleine Sänger meldete sich einfach nicht. Der blonde Gitarrist hatte den schlimmsten Liebeskummer seines Lebens. Am frühen Nachmittag klingelte es plötzlich an seiner Tür, und wie von der Tarantel gestochen sprang Toru auf, um dieses zu öffnen, in der Hoffnung, Taka wäre doch zurück gekommen. Aber es war nicht Taka, der vor seiner Tür stand, sondern ein gut gelaunt vor sich hin grinsender Alexander, beladen mit zwei randvollen, weißen Plastiktüten, wie man sie im Convini bekam. Trotz seines Ausstiegs bei ONE OK ROCK waren Toru, Taka, Tomoya und Ryota immer noch sehr gut mit ihrem ehemaligen Leadgitarristen befreundet und sie versuchten auch, sich regelmäßig mit ihm zu treffen. „Hey, Toru!“, grüßte der junge Amerikaner fröhlich. „Lange nicht gesehen!“ Dann aber runzelte er leicht die Stirn. „Was machst du denn für ein Gesicht? Du scheinst ja nicht sehr begeistert davon zu sein, mich zu sehen, hm?“ Toru seufzte nur leise. „Tut mir leid. Ich… bin gerade ziemlich durch den Wind.“ Dass mit dem Blonden etwas nicht stimmte, merkte nun auch Alex. Er nickte. „Darf ich reinkommen? Dann kannst du mir erzählen, was los ist.“ Toru erwiderte das Nicken und trat beiseite. Der großgewachsene Amerikaner zog seine Schuhe aus und durchquerte den Flur, betrat dann Torus Wohnzimmer. Er stellte die beiden weißen Plastiktüten auf dem Couchtisch ab und nahm auf dem Sofa Platz, wartete darauf, dass Toru sich ebenfalls setzen würde. „Und jetzt erzähl doch mal…“, fing Alexander an und musterte Torus Gesicht, das verdächtig danach aussah, als hätte der Leader geweint. „Was ist los, hm? Ist etwas passiert?“ Toru hob den Blick und nickte langsam. Er wusste, dass Alex ein ziemlicher Chaot und Quatschkopf war, aber wenn sie ihn brauchten, war er absolut verlässlich. Und selbst er, der sonst so kindliche und aufgedrehte ehemalige Leadgitarrist, war in den Jahren, in denen sie sich kannten, etwas erwachsener geworden. „Ich… ich weiß gar nicht, wie ich anfangen soll.“, sagte Toru leise und seufzte erneut. Dann blickte er fest in Alex‘ Augen und sprach es einfach aus. „Ich liebe Taka. Und er liebt mich auch.“ Damit hatte der junge Amerikaner nicht gerechnet und war sichtlich überrascht. „Ihr… ihr liebt euch? Also jetzt im romantischen Sinne?“ Erneutes Nicken von Toru, und Alex fuhr sich durchs Haar. „Wow, also das kam jetzt unerwartet. Aber… das ist doch nicht schlimm? Im Gegenteil, es ist doch schön, wenn er deine Gefühle erwidert?“ Dass Alex kein Problem damit hatte, dass da zwei Männer ineinander verliebt waren, ließ Toru ein wenig lächeln. Aber irgendwie hätte es ihn auch gewundert, wenn sein langjähriger Freund ihn für so etwas verurteilt hätte. „Ja, eigentlich ist das schön. Wir… wir sind uns gestern auch näher gekommen.“, fuhr Toru fort und blickte Alex an. Dieser nickte, verstand, was Toru damit sagen wollte. „Aber heute Morgen ist er dann verschwunden, als ich noch geschlafen habe und hat mir nur einen Zettel geschrieben. Er meint, eine Beziehung zwischen uns würde alles kaputt machen. Ich bin natürlich direkt zu ihm gefahren, aber er hat mir nicht mal die Tür geöffnet.“ Bei den Gedanken daran, dass Taka ihn einfach so wieder weggeschickt hatte, schluckte Toru schwer und blickte in seinen Schoß. Da spürte er auf einmal, wie Alex ihm eine Hand auf die Schulter legte und diese sacht drückte. „Ich weiß nicht, wovor Taka Angst hat…“, sagte er und als Toru zu ihm aufblickte, lächelte er ihn aufmunternd an. „Aber wenn er dich wirklich liebt, dann wird es ihm jetzt genauso schlecht gehen wie dir. Er hat vielleicht Angst vor einer eventuellen negativen Reaktion der Öffentlichkeit, oder dass die Band darunter leidet.“ Mit einer fahrigen Handbewegung rieb Toru sich leicht den Nacken. „Ich weiß. Ich kann das ja auch verstehen. Aber es verletzt mich, dass er einfach unser Ende bestimmt, bevor alles überhaupt angefangen hat, und dass er das einfach über meinen Kopf hinweg tut.“ Als sich eine kleine Träne von Torus Auge löste und über seine Wange rollte, schlang Alex nun kurzerhand beide Arme um den Blonden, drückte ihn sanft an sich. „Ach Mensch… Dich so zu sehen ist echt hart, Toru. Ich hoffe für euch beide, dass alles gut wird. Du darfst aber auf keinen Fall aufhören, um Taka zu kämpfen, hörst du? Du schaffst das schon…“ Tröstend streichelte der Amerikaner Torus Rücken, und dieser nickte. „Ja, ich werde so schnell nicht locker lassen. Danke, Alex.“ Alexander grinste breit und kniff Toru spielerisch in die Wange. „Schnapp ihn dir, Tiger!“ Daraufhin lachte Toru das erste Mal, seit er den Zettel gefunden hatte, und boxte Alex leicht in die Seite. „Idiot.“ Nachdem er noch lange mit Alex gesprochen hatte, beschloss Toru, Taka erst am nächsten Tag wieder aufzusuchen. Er wollte dem Vokalisten Zeit geben, nachzudenken. Nach einem kleinen Abendessen badete der blonde Gitarrist, bevor er sich früh ins Bett begab. Während er sich immer wieder hin und her wälzte und nicht einschlafen konnte, ahnte er nicht, dass Alex sich nach dem Besuch bei ihm direkt auf den Weg zu Takahiro gemacht hatte. Natürlich öffnete der Lockenkopf auch Alex nicht, als dieser klingelte – wahrscheinlich dachte er, Toru würde wieder vor der Tür stehen. Also zog Alex einen Block und einen Kugelschreiber aus seinem Rucksack und schrieb Taka eine Nachricht. Der kleine Sänger schlief gerade, als es erneut klingelte. Nach Torus Besuch hatte er sich in seinem Bett vergraben und eine gefühlte Ewigkeit lang geweint, bevor er in einen unruhigen Schlaf gedriftet war. Dieser wurde nun durch das Klingeln unterbrochen, aber Taka stand nicht auf. Er zog sich die Decke über den Kopf und bald kullerten wieder Tränen über seine geröteten Wangen. Es zerriss ihm das Herz, Toru so abzuweisen, aber er hatte vor den Konsequenzen einer Beziehung mit ihm einfach Angst. Taka war nicht mutig genug, auf sein Herz zu hören, und das machte ihn und den Menschen, der ihm am meisten bedeutete, unglücklich. Nach einiger Zeit hörte das Klingeln auf, und Taka traute sich, das Bett doch zu verlassen, um sich etwas Tee in der Küche zu kochen. Als er dann den Flur durchqueren wollte, fiel ihm ein Zettel auf, den wohl jemand unter der Tür hindurch geschoben haben musste. Der kleine Sänger zwang sich, weiter in die Küche zu gehen. Dort füllte er den Wasserkocher und stellte ihn an, und dann konnte er seine Neugier nicht mehr in Zaum halten. Takahiro lief doch in den Flur und hob den Zettel auf, las, was in krakeliger Handschrift – die nicht Torus war, wie er sofort erkannte – darauf geschrieben war. Hey, Kleiner! Was machst du denn für Sachen? Ich war eben bei Toru und der heult sich wegen dir die Augen aus dem Kopf! Er liebt dich, du kleiner Trottel, und er hat mir gesagt, dass du ihn auch liebst. Ich weiß, du hast Angst und ich kann das auch verstehen – obwohl ich ja finde, zwei Männer, die zusammen sind, das ist vollkommen normal! – aber sprich doch wenigstens noch mal mit ihm. Ihn verletzt es total, dass du nicht mit ihm sprichst. Und er meint es wirklich ernst mit dir – und nein, er hat mich nicht geschickt, falls du das jetzt denkst. Sei lieber froh, dass er deine Gefühle auch erwidert. Also, lange Rede, kurzer Sinn: Beweg deinen kleinen Hintern und schnapp ihn dir! Alex Die flapsige Ausdrucksweise des Amerikaners ließ Taka ein wenig lächeln, aber gleichzeitig kamen ihm auch wieder die Tränen. Ihm war bewusst, dass er Toru mit seinem Verhalten sehr wehgetan hatte, und eigentlich wollte er das natürlich nicht. Seufzend ließ er den Blick noch einmal über die Zeilen schweifen, die ihr ehemaliger Leadgitarrist ihm da geschrieben hatte. „Ich bin so ein Idiot…“, murmelte er dann und legte den Brief beiseite. Dann machte er sich erstmal seinen Tee und während er diesen in der Küche nippte, schaltete er mal wieder sein Handy ein. Dieses teilte ihm mit, dass er 13 SMS und 8 verpasste Anrufe von Toru hatte. All diese SMS las er nun, und sie beinhalteten liebevolle Nachrichten wie Ich liebe dich, und ich möchte nicht ohne dich sein müssen, aber auch traurige oder wütende, wie Bitte rede doch mit mir. Ich weiß nicht, was ich tun soll… oder Ich finde es einfach nur unglaublich unfair von dir, dass du mich nicht an der Entscheidung beteiligst, Taka!. All das zu lesen, machte den Sänger nur noch trauriger, und er fühlte sich wie der schrecklichste Mensch auf der Welt. Toru war so lieb und zärtlich zu ihm gewesen, und was machte er? Gab ihm einen Tritt in den Hintern. Nachdem Taka alle SMS gelesen hatte, erhob er sich und zog sich an. Es war zwar schon nach 22 Uhr, aber der kleine Sänger wollte jetzt doch mit Toru sprechen. Er konnte ihm ja nicht ewig aus dem Weg gehen. Schnell zog er sich an, schnappte Schlüssel und Geldbörse und verließ seine Wohnung. Toru lag in seinem Bett und starrte an die Decke, als es auf einmal erneut klingelte. Eigentlich wollte Toru nicht aufstehen, denn um diese Uhrzeit würde wohl niemand wichtiges klingeln – und Taka schon gar nicht. Die Hoffnung hatte der Blonde schon aufgegeben, nachdem der Sänger seine unzähligen Textnachrichten einfach ignoriert hatte. Das Klingeln aber hörte nicht auf, sondern ertönte in immer kürzeren, penetranten Abständen. Irgendwann gab Toru einen Laut der Frustration von sich, bevor er die Decke von sich schob und aufstand. Der Gitarrist lief – nur in Shorts – in den Flur. „Ruhe!“, brüllte er regelrecht. „Hier wollen Leute schlafen!“ Daraufhin war es kurz still. Gerade, als Toru zurück in sein Schlafzimmer gehen wollte, ertönte eine Stimme aus Richtung der Wohnungstür. „Toru? Ich bins, Taka…“ Sofort war der Blonde wie erstarrt und blickte ungläubig zur geschlossenen Tür. „Taka?“, fragte er laut, und dann klopfte es leise. „Ja, ich bins, Taka. Lässt du mich bitte rein, Toru? Ich möchte mit dir reden…“ Eine Mischung aus Freude und Wut beherrschte den Blonden in diesem Moment. Und die Wut überwog. „Warum sollte ich dich reinlassen?“, fragte er, und seine zu Fäusten geballten Hände zitterten leicht. „Du hast mich heute doch auch einfach weggeschickt! Dir war doch total egal, wie es mir geht!“ Jetzt, wo Taka doch plötzlich aufgetaucht war, war Toru doch ziemlich wütend. Wenn es ihm passte, dann wollte Taka auf einmal reden, aber ansonsten ignorierte er ihn einfach? Das gefiel dem Gitarristen ganz und gar nicht, und er fühlte sich, salopp gesagt, verarscht. Dann aber hörte er etwas, womit er nicht gerechnet hatte. Taka schluchzte und klopfte erneut. „Bitte… Es tut mir leid. Ich wollte dir nicht wehtun. Ich… ich weiß doch nur nicht, wie ich mit der Situation umgehen soll. Ich hab‘ Angst…“ Die Angst und Verzweiflung in Takas Stimme traf Toru mitten ins Herz, und auch, wenn er immer noch wütend war – er konnte Taka so unmöglich wieder weg schicken. Mit wenigen Schritten erreichte er die Tür, entriegelte und öffnete sie dann. Er erblickte einen verweinten, kleinen Sänger. Takahiros Wangen waren ganz rot vom Weinen, seine Augen geschwollen. Den Menschen, den er liebte, so zu sehen, tat Toru unglaublich weh, und er trat zur Seite. „Komm rein.“, sagte er leise. Taka nickte und betrat die Wohnung, lief dann auch direkt ins Wohnzimmer. Toru schloss die Tür hinter dem Lockenkopf und folgte seinem besten Freund dann. Mit hängenden Schultern und in sich selbst versunken, saß Taka schon auf der Couch. Toru setzte sich demonstrativ nicht direkt neben seinen Freund, sondern nahm in dem Sessel Platz, der der Couch gegenüber stand. Prüfend blickte Toru den Sänger an und war innerlich zerrissen, schwankte gefühlsmäßig zwischen ‚Taka einfach um den Hals fallen‘ und ‚Taka mal so richtig die Meinung sagen‘. „Also… ich…“, fing Taka an, sprach mit leicht kratziger, belegter Stimme, „Ich wollte dir nicht wehtun, Toru…“ So ganz nahm Toru Taka das nicht ab. „Du hast gesagt, du liebst mich.“, sagte der Blonde mit ernster Stimme. Taka nickte. „Stimmt das denn überhaupt?“ Als Toru das fragte, blickte Taka ihn erschrocken an. Wieder wurden seine Augen ganz feucht und große Tränen lösten sich aus ihnen. „Natürlich stimmt das!“, gab Taka zurück und fuhr sich mit dem Handrücken über die Wangen. Toru beugte sich nach vorn, hatte die Ellenbogen auf den Knien abgestützt. „Und warum hast du dann erst mit mir geschlafen, um mich dann einfach so abzuservieren? Ohne mich überhaupt zu fragen, was ich denke?“, fragte der Gitarrist nun mit etwas sanfterer Stimme. Betreten blickte Taka auf seine Hände, die er im Schoß gefaltet hatte. „Ich… ich weiß es nicht.“, gab er leise zu. „Ich hab‘ Angst, dass… Dass eine Beziehung zwischen uns die Band gefährden könnte. Und unsere Freundschaft.“ Traurig und hilflos blickte Taka Toru an. „Ich will dich nicht verlieren, Toru. Du bist der wichtigste Mensch in meinem Leben.“ Diese Erklärung ließ Toru seufzen, aber er lächelte sanft. „Das bist du für mich auch, Taka.“, sagte er daraufhin. „Und genau deswegen glaube ich daran, dass wir es schaffen können. Nicht nur als Freunde, sondern als Paar. Denn ich liebe dich über alles, verstehst du?“ Nun funkelte so etwas wie Hoffnung in den dunklen, beinahe schwarzen Augen des Sängers. „Glaubst du wirklich, dass das klappen kann?“, fragte er noch einmal nach und Toru nickte. „Ja, ganz sicher. Wir sind doch schon als Freunde ein super Team. Wir verstehen uns gut, haben dieselben Interessen, dieselben Einstellungen – und rein zufällig sind wir noch beste Freunde. Ich könnte mir niemanden vorstellen, der besser zu mir passen könnte, als du. Und ich möchte auch mit niemand anderem zusammen sein als mit dir, Taka.“ Toru erhob sich von dem Sessel und umrundete den Couchtisch, um sich neben seinen Sänger zu setzen. Er griff nach Takas Hand und drückte sie sanft. „Gib uns eine Chance. In der Öffentlichkeit bleiben wir die besten Freunde, denn das muss außer unserem engsten Kreis ja niemand wissen. Damit habe ich kein Problem, wenn ich nur mit dir zusammen sein darf. Das ist mir das Wichtigste.“ Mit einem sanften Lächeln nickte Toru Taka aufmunternd zu und hob seine freie Hand, um dem hübschen Sänger die feuchte Spur der Tränen von den Wangen zu wischen. Taka wirkte von den Worten des Jüngeren ziemlich überwältigt, aber seine vollen Lippen zierte ein erleichtertes Lächeln. „Ich liebe dich, Toru. Ich liebe dich wirklich. Und ich möchte uns eine Chance geben.“ Genau das waren die Worte, die der Leader hören wollte. Er schlang die Arme um Takas zierlichen Körper und zog ihn sanft an sich, fühlte sich nun wieder wohl. „Danke, Taka. Wir werden das schaffen, da bin ich ganz sicher.“ Taka nickte leicht und schmiegte sich in die Arme seines jetzt-wieder-Freundes. Nachdem sie eine ganze Weile so auf dem Sofa gesessen und sich in den Armen gehalten hatten, erhoben sie sich. Toru griff nach Takas Hand und dann begaben die beiden jungen Musiker sich in das Schlafzimmer des Gitarristen. Wenige Augenblicke später lagen sie in Torus Bett, hielten sich in den Armen. Vom vielen Weinen erschöpft, schlief Taka auch kurz darauf ein. Toru währenddessen hielt den Sänger liebevoll in den Armen und genoss seine Nähe, bevor auch er irgendwann ins Reich der Träume fand. Dabei lag auf seinen Lippen ein glückliches Lächeln. -Ende- Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)