Wings of emotion~ von Wei_Ying (Ereri~) ================================================================================ Prolog: Dream ------------- Meine Sicht war vernebelt. Meine Augenlider waren schwer. Was war das für ein ermüdendes Gefühl? Ich kann mich an nichts erinnern. Ich saß auf der Couch, eingekuschelt in einer warmen Decke, und richtete meinen schwachen Blick nach vorne. Meine Mutter stand da. Fröhlich wie man es von ihr kannte tischte sie grade das Essen auf. „Eren, komm bitte und setz dich, du musst etwas essen!“ sagte sie lächelnd zu mir. Doch ich verspürte keinerlei Hunger und generell fühlte sich alles um mich herum so… surreal an. Als wär alles nur ein Traum. Ich versuchte, einen Schritt von der Couch aufzustehen, doch meine Beine waren schwer, sie wollten nicht. Stattdessen übermannten mich meine Müdigkeit und meine Gedanken – bis sich die Erinnerung und die Wahrheit in mein Herz bohrte – meine Mutter… war längst tot. Ich riss blitzartig die Augen auf, verspürte ein Gefühl des nicht enden wollenden Fallens, und sah es vor mir wie einen Film. Diese Bilder. Die Bilder von jenem Tag, der mein Leben und das Leben der übriggebliebenen Menschheit auf den Kopf stellte. Als wie aus dem Nichts dieses riesige monströse Geschöpf über die fünfzig-Meter hohen Schutzmauern auf uns mit einem derartig verhassten Blick herabstarrte, dass es mir eiskalt den Rücken runterlief. Und wie dieser Monstertitan das Tor zerstörte und damit ein nachfolgendes Blutbad anrichtete. Am meisten aber blieb die Erinnerung an das stecken, was mit meinem Heim und meiner Mutter passierte. Ohne irgendwas dagegen ausrichten zu können, musste ich mitansehen, wie mein Heim komplett zerstört wurde, und meine Mutter einem besonders schäbigen Titan zum Opfer fiel. Gefressen bei lebendigem Leibe – bei dem Gedanken blutete mir erneut das Herz und brachte mich zur Weißglut. Ich verabscheue diese Wesen wie sonst nichts und ich würde niemals Ruhe finden, bis ich nicht jeden einzelnen dieser Ungeheuer vernichtet habe! Argh! Auf einmal verspürte ich jäh einen stechenden Schmerz am Hinterkopf. Als wär ich gegen eine harte Steinmauer geknallt. Alles um mich herum verschwamm und verfärbte sich schwarz… „Eren!!!“ Der angesprochene Junge lag auf einem einzelnen Bett unten in einer Gefängniszelle. Und er war nicht allein. Er wurde feste und nicht grade zimperlich gegen die hintere felsige Wand gedrückt – von einem kleinen, aber starken und grifffesten Mann mit schwarzem Mittelscheitel. Eren brauchte einen Moment, um zu begreifen, was geschah. Als er den Mann vor sich erkannte, stockte sein Atem und er zuckte ängstlich zusammen. „Du Tölpel bist also endlich zu dir gekommen, was…?“ zischte der kleinere von beiden. Eren selbst war so fest von ihm im Haltegriff, dass er sich nicht bewegen konnte. Auf seiner Stirn bildeten sich dichte Schweißperlen. In seinen Augen spiegelte sich gehörige Angst. „R-Rivaille-heichou“ stammelte er. „Was ist… passiert? Warum bist du hier?“ Der Schwarzhaarige verzog seinen klassischen, emotionslosen Blick etwas zu einer erniedrigenden Miene. Eren zuckte erneut. Er hatte gehörig Respekt vor Rivaille, dem wohl stärksten Soldaten der Menschheit. Dieser ließ etwas von ihm und verdichtete noch mehr seinen Blick. „Was ich tue? Natürlich auf dich biestiges Stück Dreck aufpassen, was auch sonst?“ Rivaille richtete sich auf und ging langsam auf die Zellentür zu. „Du hast hier grade einen Mordsaufstand veranstaltet. Natürlich gucke ich nach, ob du nicht wieder zum Titan wirst, du Made!“ Sein niederschmetternder Tonfall ließ Eren zurück aufs Bett herabsinken. Er krallte sich an der Decke fest und biss sich hart auf die Lippe. Seine Platzwunde am Hinterkopf ignorierte er gekonnt, denn der seelische innere Schmerz war stärker. Er erinnerte sich just wieder an seine grausame Fähigkeit. Dass er sich – unfreiwillig – den Mächten der Wesen bediente, die er am meisten hasste. „Guck nicht so entsetzt. Wir haben es ja alle gesehen… und vergiss nicht, solltest du die Kontrolle verlieren, werde ich dich töten!“ fauchte Rivaille finster, drehte seinem untergestelltem den Rücken zu und verließ ohne weiteres die Zelle. Wie vom Blitz getroffen hockte Eren da auf seinem Bett und stellte einmal mehr fest, wie kaltherzig dieser Mann doch war. Er kam sich ihm gegenüber vor wie ein Monster. Wie etwas, was gar nicht existieren dürfte und nur Unheil bringt. Er hasste diese eiskalte Art von Rivaille – und doch traute er sich nicht, sich zu wehren. Ihm zu widersprechen oder sich zu verteidigen, wo er doch sonst kaum Probleme damit hatte. Er wischte seine braunen Vorderhaare zur Seite und schaute, immer noch von Angst gezeichnet nach unten – und der Blick auf seinen Körper ließ ihn noch mehr erschaudern als zuvor.. Kapitel 1: Lost Mind -------------------- Eren glaubte nicht, was er sah – was er an seinem eigenen Körper entdeckte und es ließ ihn beim Gedanken daran, dass er vorhin von Rivaille geweckt wurde, noch mehr erstarren. Er war gänzlich nackt – naja fast, um seinen Intimbereich, sein Geschlechtsteil verdeckend, war ein Stück Tuch gebunden. Es sah aus wie eines der Putztücher, die Rivaille bei seinen Großputzaktionen benutzte. Sein Oberkörper war zudem mit einigen Narben gezeichnet, an die Eren sich nicht erinnern konnte. Zugegeben, sie könnten auch bei diversen Kämpfen gegen Titanen entstanden sein, aber aufgrund der Tatsache, dass sie alle irgendwie gleichmäßig aussahen und besonders um seinen intimen Bereich waren viele Kratzer vorhanden. Ob Rivaille damit irgendwas zutun hatte? Immerhin hatte der Corporal ihn schon des Öfteren verprügelt – besonders das eine Mal, das erste Mal bei jener Gerichtsverhandlung, die ihn hierher geführt hatte. Ob er wieder handgreiflich wurde, während Eren schlecht geträumt hatte? Darüber nachzugrübeln, bringt nichts. Nach einigen Minuten hörte er auch schon Schritte. Sofort setzte Eren sich grade und gehorsam aufs Bett und deckte dabei seinen massakrierten Oberkörper zu. Doch nicht Rivaille stattete ihm einen kontrollierenden Besuch ab, eine fröhlich umhertänzelnde Brillenträgerin erschien vor seiner Zellentür. „H-Hanji..“ stotterte Eren verwundert, aber andererseits war es keine Seltenheit, dass diese braunhaarige, leicht verrückte Frau nach ihm Ausschau hielt. Sie ist in der Titanenforschung tätig und entwickelte einen nahezu bahnbrechenden Enthusiasmus, wenn es um die riesigen Wesen geht. Natürlich hatte sie aufgrund seiner Verwandlungsfähigkeit auch an Eren einen Narren gefressen. „Eren~ Wo bleibst du denn, hat Rivaille dir nicht bescheid gesagt?“ Eren schüttelte den Kopf, nachdem er die schrille Stimme Hanjis vernahm. „Heute steht wieder Großputz auf dem Plan~ ich weiß, ich würde auch lieber meiner Titanenforschung weiter nachgehen~“ Grade diese besessene Betonung auf das Wort ‚Titan‘ ließ Eren zusammenzucken und kurzweilig dachte er daran zurück, als die brünette Frau vor der Zelle ihn eine ganze Nacht lang über ihre Forschungsergebnisse und ihre Faszination für die riesigen Wesen zugetextet. Wenn es nach ihr ginge würde sie sich am liebsten ein paar Titanen als Haustier halten. Auch wenn diese Vorstellung für Eren das absolute Grauen wär. „Na Eren, kommst du nun mit~?“ Eren erschrak, als er bemerkte dass Hanji neben ihm stand, seine Hand festhielt und ihn mit einem irren Blick anlächelte. Wieder einmal hatte er sich in Gedanken verloren, das passierte ihm echt verdammt oft. Eren richtete sich auf, ließ ihre Hand los und taumelte ein wenig aus dem Bett hinweg zur Zellentür. Hanji folgte ihm ruckartig. „Geht’s dir nicht gut?“ Der Junge winkte ab und stützte sich leicht an der Seitenmauer auf. Ihm war immer noch leicht schummerig, aber das würde sich gleich schon legen. Andererseits war es vielleicht gar nicht so schlecht bei seiner fraglichen Konzentrationsfähigkeit momentan, dass sie heute nur Putzen mussten, und nicht auf Titanenjagd gehen. Nachdem er sich schnell ein Hemd überzog und froh war, dass sie nicht weiter auf seine Vernarbungen einging, ging Eren mit Hanji ohne weitere Worte rauf zu dem Rest der Truppe. Die Soldaten musterten den braunhaarigen Jungen wie gewohnt skeptisch. Vorne am Tisch aber zog Rivaille allerdings Erens komplette Aufmerksamkeit auf sich. Dessen grimmiger, stechender Blick bohrte sich förmlich durch sein Herz und ließ ihn wie so oft innerlich erstarren. Völlig gefesselt von Rivailles kaltem Blick bemerkte Eren auch nicht, dass hinter ihm Commander Erwin stand, aufgebaut und stramm nach vorne blickend – vor kaum einer anderen Person zeigte Rivaille so viel Anstand wie vor diesem. Besagter, großer, standhafter blonder Mann machte eine hinweisende Handbewegung in Richtung Eren, der sich sofort ihnen allen gegenüber setzte. „Der Plan für unseren großen Frühjahrsputz…“ errang Rivaille dunkel das Wort und legte seine Beine demonstrativ übereinander, während sein Blick durch den Konferenzraum schweifte. Eren und den anderen anwesenden war der Sauberkeitsfimmel des Corporals bekannt. Alle wussten einfach, selbst Erwin, das war sein Metier. Manchmal störten ihn scheinbar einzelne Staubkörner an den Steinwänden. Er musste wirklich Adleraugen besitzen, wenn er diese überhaupt erkennen konnte. Ohne Eren oder seinen Vorgesetzten Erwin anzublicken, teilte Rivaille in seiner üblich lässigen, düsteren Art die anderen Mitglieder verschiedenen Bereichen zu. Hanji, die immer mal wieder wie ein aufgescheuchtes Huhn auf ihrem Stuhl rumhopste, wurde Erens Kellerraum zugewiesen, was diese mehr als rührte. „Eren……“ Rivaille starrte dem Jungen nun so dermaßen ernst an, dass dessen Herz in die Hose rutschte. „Du kümmerst dich um MEINEN Bereich.“ Der brünette Junge brauchte ein paar Momente, um das zu begreifen. Rivaille überließ ihm die Verantwortung für dessen Wohneigentum? Warum wurde ihm diese Ehre zu teil? Er hatte diesen Raum bis dato noch gar nicht betreten dürfen. Doch bevor er widersprechen konnte, schickte der kleine Mann mit dem Mittelscheitel den Rest in ihre Räume, wechselte vielsagende Blicke mit Erwin, der einverstanden schien mit dessen Entscheidung und verließ mit einem Da-hat-er-sich-sicher-was-bei-gedacht-Es-ist-alles-in-Ordnung- Blick hinunter zu Eren ebenfalls den Raum. „Komm mit. Und keine Widerworte!“ Rivaille erhob sich, marschierte mit scharfem Blick zu dem perplexen Eren rüber, zog ihn unsanft am Hemd und beförderte ihn grob in sein Reich. Dabei ließ er es sich auch nicht nehmen, ihn ein bisschen durch die Gegend zu schubsen. Eren spürte auf eine Art angestaute Wut aufkochen, darüber, wie er immer wieder mit ihm umsprang, aber irgendwas gefiel ihm auf seltsame Weise auch an seiner harschen Umgangsweise. Er landete in einem hellen, gelüfteten Raum, der einen interessanten, frischen Duft ausstrahlte. Ganz anders als in seinem Keller unten. Eigentlich war an diesem Raum nichts auszusetzen, groben Dreck fand Eren auch auf Anhieb nicht. „Ich möchte, dass du ordentlich durchlüftest, meine Bettwäsche im Baderaum nebenan ordentlich wäschst, die ekelhaften Krümel aus den Steinritzen entfernst…. Und natürlich alles blitzeblank putzt!“ befahl ihm Rivaille und stellte ihm beiläufig einen Eimer, Lappen und Besen vor die Nase. „Rivaille-heichou…“ – „Tu was ich dir sage!“ entgegnete der Schwarzhaarige ihm sofort, schlug mit der Faust auf dem Tisch und entschwebte, ohne Eren weiter anzublicken, ins Bad. Sich in Gedanken fragend, warum ausgerechnet er nun Rivailles Gemach putzen durfte, raffte sich der brünette junge Mann auf und wischte über den Holztisch. Dabei brachte er einen nie da gewesenen Drang zur Perfektion auf, auch bloß keinen Krümel zu übersehen. Vollkommen in Gedanken versunken drehte Eren sich ruckartig zum Fenster und schien irgendwie verdrängt zu haben, dass neben ihm noch ein Wassereimer stand. Volle Möhre stolperte er über den Eimer, schmiss diesen dabei selbstverständlich um, stieß einen spitzen Schrei aus und landete nach einer holprigen Rolle Vorwärts mit dem Allerwertesten vorran an der Gegenüberliegenden Wand. „V-Verdammt!“ knirschte er und versuchte vergebens, sich aus der wahrscheinlich ulkig aussehenden Position zu befreien. Der halbe Boden war mit Wasser und Schaum durchnässt und auch ein Teil von Rivailles edlem Stoffteppich war davon getroffen. Dummerweise hatte derjenige das natürlich bemerkt und stiefelte, noch in Unterwäsche vom Baden, in sein Zimmer. Ein mehr als angenervtes Knurren erfüllte den Raum. „EREN JAEGER, was hast du nun schon wieder angestellt, hä?!“ brummte Rivaille bitterböse. Seine Stimme zitterte richtig vor Wut. Eren seufzte. Er ahnte Schlimmes. Er spürte innerlich schon wieder richtig die Schmerzen von der letzten Prügelattacke seines Corporals, als er neulich ausversehen Wein auf seine Jacke verschüttet hatte. „E-Es tut mir leid… H-Heichou..“ murmelte der Junge, immer noch auf dem Rücken gegen die Wand gelehnt. Rivaille trat mit einem seiner finstersten Blicke, die er aufsetzen konnte, neben ihn. „Du bist echt eine Plage für die Menschheit!!!“ – „AAARGH!“ das schwarzhaarige Aggro-Bündel trat dermaßen hart gegen Erens Beine, dass es gehörig knackte, er aber immer sich aus seiner Positon kugeln konnte. An seinem Oberschenkel hatte er nun im Gegenzug mindestens eine Prellung, so sehr schmerzte es. Viel Zeit zum einrenken hatte Eren aber nicht, Er wurde unsanft an seinen Haaren hochgezogen und blickte direkt in die kalten Augäpfel von Rivaille. Dessen todernster Blick sprach Bände. Erens Herz raste – vermutlich vor Angst vor der nächsten Attacke. Aber er war zu gelähmt, sich auch nur in irgendeiner Weise zu wehren. Manchmal würde er wirklich lieber einem Titanen gegenüberstehen, als seinem Corporal, wenn dieser wütend war. Auf Ansage boxte Rivaille ihm mit voller Wucht in den Magen. Eren flog durch den Raum und prallte an der anderen Steinwand auf. Dabei spuckte er einen ganzen Becher Magensäure aus. An seiner Stirn, die an der Wand gepresst war, wie seine ganze linke Körperhälfte, tat sich eine Platzwunde auf, das Blut tropfte langsam die Wange herunter. Ein wenig benommen klebte er an der Steinwand. Mit Schmerzen an sämtlichen Gliedmaßen, am Kopf und in der Magengegend. Er bekam auch nicht mit, wie Rivaille mit einem genugtuenden Schnalzen den Raum verließ, an ihm vorbei ins Bad ging um sich weiter fertig zu machen. „Stehst du kleiner Bastard vielleicht mal wieder auf?Wir haben nicht ewig Zeit!“ Eren zuckte, riss die Augen auf, drückte sich von der Wand weg und schaute verwirrt nach oben. Seine Platzwunde hatte sich fast von selbst wieder geschlossen, seine Schmerzen hatten auch deutlich nachgelassen. Geheiligt seien einmal seine titanischen Heilkräfte. „Weil du Bengel ja scheinbar zu nichts fähig bist, hab ich mich um den Rest des Raumes gekümmert…“ zischte Rivaille schnell und lässig, er beugte sich zum jüngeren runter und musterte ihn. Eren war immer noch leicht verwirrt. „Heichou….?“ Rivaille drückte ihn hoch und sah auf das eingetrockete Blut an der Wand, was ihn offenbar gehörig störte. Eren taumelte zum Tisch und versuchte, die Situation zu rekonstruieren. Wie war er nochmal in der Wand gelandet? Sekunden später fiel es ihm wieder ein. Er tollpatschiges Etwas stolperte über den Eimer, verursachte ein Chaos und brachte Rivaille zum Ausrasten. Scheinbar musste er eine ganze Zeit weggetreten sein, denn von dem Chaos war nichts mehr zu sehen. Der Corporal hockte indes immer noch vor dem Blutfleck an der Wand und wischte diesen mit einer engelsgleichen Ruhe weg, was man von ihm kaum denken könnte. Eren entging auch nicht, wie sich seine Wange leicht rosa färbte. Was hatte er getan? Da war doch nicht etwa Alkohol im Spiel? „Heichou… Es tut mir immer noch leid… dass ich Ihnen immer wieder solche Umstände mache…“ murmelte Eren kleinlaut. Rivaille reagierte zunächst kein bisschen darauf. Erst, als er alles Blut von der Wand geputzt hatte, stand er auf, ging ohne Worte zu dem Jüngeren rüber, holte einen weiteren, noch frischen Lappen aus seiner Uniformtasche und strich Eren damit über dessen Gesicht. Dieser wurde augenblicklich verlegen rot. „Da sind noch Blutreste“ hauchte Rivaille monoton, und zog sanft seine Bahnen mit dem Tuch über Erens heißgelaufene Wange. Kaum zu glauben, dass er in der Lage war, so hauchzarte Bewegungen zu machen. Dabei verstand Eren selbst nicht, weshalb er eigentlich errötete, und erstrecht nicht, warum sein Herz einen gewaltigen Sprung machte, als sich ihre Blicke trafen. War es immer noch aus Angst, dass er ihm nach wie vor böse war? „Komm mit!“ Rivaille zog Eren nach der Säuberungsaktion, ohne dass dieser Widerworte geben konnte, einfach am Arm herüber in sein Schlafgemach. Er setzte den Jüngeren demonstrativ auf sein Bett. „Was haben Sie vor mit mir?“ – „Halt einfach deinen Rand und sei gehorsam…“ – „Aber H-Heichou“ – „Sei still, hab ich gesagt!“ fauchte Rivaille kalt und hielt Eren an dessen Hemd fest. „Du kleine miese Ratte… Seitdem du hier bei uns bist, machst du ständig Ärger… Seitdem du hier bist, leben hier alle in Angst, dass du wieder zum Monster wirst….“ Der Ton des Älteren verdunkelte sich immer mehr. Eren schluckte. Als Rivaille sich seiner Wange näherte, färbten sie sich noch röter. Was war eigentlich los?! „Seitdem du hier bist, verliere ich immer mehr den Verstand!....“ flüsterte der Kleinere seinem Untergebenen ins Ohr. Erens Herz raste noch mehr. Er war wie gelähmt. Gab es den nächsten Prügel… obwohl er jetzt wirklich nichts getan hatte? Rivaille legte seine Arme ruckartig um seinen Bauch, platzierte seinen Kopf auf Erens Schulter und streichte ihm über den Rücken. Der jüngere glaubte gar nicht, was sich da grad abspielte. Hatte er ihn grade nicht noch in die Wand geprügelt? Woher nun die liebenswerten Berührungen? Das hatte Rivaille noch nie gebracht. Eren war das mehr als unangenehm. Sein Herz aber drückte mehr als hart gegen die Brust und ein Kribbeln breitete sich in seinem Bauch aus. „Heichou….“ Murmelte Eren schüchtern und verwirrt. „G… Geht’s Ihnen nicht gut? Wegen mir?“ – „Eren, es wird Zeit, dass du mich bei meinem Namen nennst!“ entgegnete ihm der Ältere bestimmt. „Und nun… leg dich einfach hin, entspann dich….“ Sein Körper konnte gar nicht anders, als gehorsam zu sein. Errötet, verwirrt und schockiert legte Eren sich in das große, frisch gemachte Bett des Corporals. Dieser ließ kurz von ihm, setzte sich neben ihn aufs Bett und begann langsam, sein Hemd vom Oberkörper zu ziehen. Eren erhaschte einen kurzen Blick in seine Augen. Von Wut war nicht mehr viel zu sehen. Sie wirkten eher… nach Begehren. Er schluckte nochmals gehörig, seine Hand zitterte und ein ungutes Gefühl legte sich über das Kribbeln im Magen. Es verschwand, als Eren Rivailles muskulösen, makellosen Oberkörper betrachtete. Die Augen des Jüngeren begannen zu funkeln. Ja. Er war ein streitsüchtiger kaltherziger Rüpel. Aber einer von der unglaublich hübschen Sorte. Es war schließlich auch das erste Mal, dass der Junge ihn halbnackt betrachtete. Der Anblick blockierte sein ganzes Denkvermögen. Eren war vollkommen fasziniert von Rivaille in dem Moment. So sehr wie niemals zuvor. „Vergib mir, Eren…“ Das Gesicht des braunhaarigen Soldaten ähnelte dem einer Tomate. Er konnte sich nicht mehr bewegen; war den Begierden Rivailles vollkommen unterworfen. Dieser legte sich, nur noch in Unterhose, direkt neben seinen Schüler, presste einen Finger unter Erens Kinn und schob diesen mehr oder weniger in seine Richtung. Wieder trafen sich die Augen der beiden. Beider Herzen sprangen gleichzeitig auf in diesem Moment. Eren kniff seine Augen augenblicklich zu vor Scham und langsam aufkeimender, innerer Erregung. Dieser Rivaille war doch viel zu schön für diese Welt!!! Just in dem Moment spürte der Junge nur noch wie sich fremde feuchte Lippen auf seine pressten. Kapitel 2: Violence ------------------- Er war nicht mehr aufzuhalten. Gänzlich überflügelt von seiner Wolllust lag Rivaille über Eren, seine beiden Hände neben dessen Kopf abgestützt. Mund an Mund, Lippe an Lippe. Der Ältere schien vollkommen besessen zu sein von seinem Schüler. Er schob genüsslich seine Zunge in Erens Mund, erforschte dessen Innenleben, und züngelte mit seiner. Der Junge selbst war so überwältigt von allem, dass er gar nicht in der Lage war, sich zu wehren. Blitzartig zuckten merkwürdige Hitzeströme durch seinen Körper; Er fühlte sich ganz heiß und wurde immer erregter. Ein Gefühl was er noch nie erlebt hatte. Er genoss es. Es war… wie in einem Traum. Eren begann, in den Mund des gegenübers zu stöhnen. Und dieses ‚Spiel‘ war wohl nur der Anfang. Rivaille fuhr, selber bereits ziemlich erregt, unter das Hemd des Jüngeren und streichelte hauchzart drüber. Dabei nahm er das unbändige Herzrasen in seiner Brust mehr als wohlwollend auf. Er riss seinem Untergebenen das Hemd quasi vom Leib, begann zu schwitzen und vor nicht enden wollender Begehr für ihn am ganzen Körper zu glühen. Eren selbst schwitzte immer mehr, ließ alles zu, was Rivaille mit ihm tat, und fasste ihm dann selbst zittrig an den Oberkörper. -KNACK- Ein Geräusch, ein ruckartiges Wegzucken von Erens Leib des Corporals, ein herzloses Entreißen dieses göttlichen Gefühls der Begierde. Rivaille sprang auf, runter vom Bett, und schnellte zur Tür, als er von außen marschierende Schritte wahrnahm. Schnell warf sich der kleine Mann ein Shirt und ein Tuch über. Sofort klopfte es hart gegen die Tür. Eren lag da, schweißnass und vollkommen fertig, auf dem großen Bett und verstand nicht, was eigentlich passierte. Am anderen Ende der Tür wartete Erwin, und das nicht etwa, um frohe Kunde zu verrichten und auch nicht einfach aus Spaß an der Freude. Sein Blick war ernsterfüllt und er wurde nicht erfreuter, als er den immer noch schwitzenden Rivaille vor sich sah. „Heb dir jegliche Erklärungen dafür für später auf“ betonte Erwin ernst und bestimmt, während er den verschwitzen Körper seines Gegenübers skeptisch beäugte. „Wir haben ein dringenderes Problem. Ein paar Kämpfer unserer Einheit haben sich gegen den Befehl auf einen Ausritt begeben!“ Rivaille räusperte sich und setzte seinen üblichen kalten Blick auf. „Man sollte diesen Idioten schnellstmöglichst eine Lektion erteilen“. Er wandte sich um, ohne zu Eren oder seinem Vorgesetzten zu blicken. Er zog sich ohne Weiteres seine Uniform über. „Es wäre fatal, noch mehr unserer Männer wegen einer solchen Sinnlosigkeit zu verlieren. Völlig planlos in die Horden Titanen da draußen reinreiten ist das dümmste, was man tun kann… es hilft nichts. Komm, Rivaille, wir bereiten schnellstmöglichst alles zur spontanen Mission vor!“ orderte Erwin standhaft. „Was machen wir mit Eren Jaeger?“ – „Er soll mitkommen. Es wäre ein Fehler, ihn alleine hier zurückzulassen!“ antwortete der blonde Recke prombt auf Rivailles Einwurf. Dass jener Eren auf dessen Bett lag, bemerkte Erwin gottseidank nicht…. So machte es zumindest den Anschein. „Er müsste doch noch bei dir sein, oder nicht, Rivaille? Du hattest ihn doch für dein Gemach eingeteilt“ – „Eren ist grade im Bad beschäftigt. Ich werde dem Rotzlöffel schon alles Wichtige einleuchtend machen.“ Abwinkend driftete Erwin ab, nickte vielsagend und marschierte zurück nach unten; Den Rest der Truppe zusammenstauchend, um sie für diese unerwartete Mission bereit zu machen. Immer noch lag Eren vollkommen paralysiert auf dem Bett. Er realisierte einfach das Geschehene nicht. „Du hast es mitbekommen, nicht?“ dröhnte die Stimme des Schwarzhaarigen, der den Schlafsaal wieder betrat und zu ihm rüberschielte. Eren, immer noch verwirrt, bejahte es einfach mal. Wirklich mitbekommen hatte er es wegen seiner Schockstarre allerdings nicht. „Los, runter da und zieh dich an, dreckiges Balg!“ warf ihm Rivaille mit abwertender Stimme an den Kopf. Ja, das war wieder der üblich beleidigende Rivaille, den Eren die ganze Zeit schon kannte. Das vorhin musste er irgendwie geträumt haben. Welch schöner und schauriger Traum zugleich. Sofort tat Eren wie ihm geheißen, ging ganz schnell und schamvoll aus dem Raum und schlich herunter in seinen Keller. Wie gut dass alle anderen grade nicht mehr in den Gängen rumwuselten und alles wirklich sauber schien. Auch in seiner Kellerzelle, wo Hanji ihr Werk vollrichtet hatte. Eren streifte sich schnell seine Klamotten samt seiner Uniform über und trocknete seinen Schweiß etwas ab. Er traf sich mit den anderen der Einheit im Besprechungsraum, nachdem ihn eine aufgeregte Hanji unten abfing. Viel Zeit für große Pläne hatten sie nicht. Erwin fasste sich kurz, skizzierte einen Formationsplan an eine Tafel, dem sie alle Folge zu leisten hatten. „Ich werde Eren in meine Obhut nehmen, wenn es genehm ist!“ warf Rivaille völlig aus dem Zusammenhang gerissen ein und nippte gelassen an seiner Teetasse, als ob er irgendwelche Gefühlsregungen verstecken wollte. Eren muckte auf. Was soll das denn schon wieder? Traute ihm der Corporal etwa das Reiten nicht mehr alleine zu?! Ein Raunen durchflog den Raum. „Wir sollten das geringstmögliche Risiko eingehen, nicht? Ich bin hier der stärkste unter uns. Sollte Herr von und zu Jaeger seine Kontrolle verlieren, mache ich kurzen Prozess. Das kann ich keinem von euch so einfach zumuten…nicht?“ erklärte er düster. Die anderen anwesenden schienen vermehrt froh darüber, dass ihnen nicht die Obhut für Eren aufgehalst wurde, Hanji war einwenig enttäuscht, und Erwin zunächst irritiert. Nach ein paar Sekunden des Schweigens bestätigte dieser Rivailles Aussage. „Es stimmt. Er soll ja auch keine Dummheiten alleine anstellen“ Ohne weiteres machte sich die ganze Mannschaft einsatzfertig. Ausgerüstet mit ihrem 3D Manöver-Gear marschierten alle aufgebracht aus dem Schloss zu ihren Pferden. Eren wurde die ganze Zeit eindringlich von Rivaille und Hanji beäugt. Er seufzte. Nervtötend war es, wie ein kleines, unfähiges Kind behandelt zu werden, welches man am besten niemals aus den Augen lassen sollte. Sie stiegen auf ihre Reittiere. Als Eren aus Gewohnheit zu seinem Ross Kurs nahm, hielt Rivaille ihn am Handgelenk fest. „Ich sagte, du kommst mit mir, Dummerchen!“ Erens Wangen färbten sich unbemerkt rosa. Der Schwarzhaarige Mann saß bereits auf seinem Pferd. Er zog Eren gewaltig auf seinen Sitz mit drauf und befahl ihm, sich an seinem grünen Cape ein bisschen festzuhalten. Der Jüngere leistete dem Folge. Oder vielmehr tat sein Körper grade so ziemlich alles, was Rivaille ihm sagte. Als würde er sich nach Körpernähe sehnen. Im Geiste gefiel Eren das Ganze überhaupt nicht. Er wollte am liebsten seine Klappe aufreißen und sich beschweren, aber ihm saß ein ungewöhnlich dicker Kloß im Hals. Erwin voran, Rivaille mit Eren hinterher und die anderen an den Seiten platziert, ritten sie auf Ansage los. Eren krallte sich förmlich in die Seiten des Älteren. Er wollte es ja schließlich so. Sie machten sich auf, das sichere Gelände des Schlosses zu verlassen. Auf geht‘s auf eine spontane Erkundung außerhalb der Mauern – oder vielmehr eine spontane Suchaktion. Nicht weit fern waren auch schon die ersten monströsen Riesen zu sehen. Sofort scherte die Gruppe entzwei in westlicher und östlicher Richtung. Sie wollten die Titanen umrunden; Das war nicht das erste Mal, dass sie so vorgingen. Alle hielten Ausschau nach menschlichen Reitern. Eren biss sich mehr oder minder auf die Unterlippe, als er über das Feld blickte. Diese absoluten Ungeheuer von Titanen, die dort umherstapften. Welch unbändigen Hass er auf sie schob und wie sehr er förmlich das Feuer unter seinen Nägeln spürte. Er zwickte Rivaille unabsichtlich durch diese Triebe in die Seiten, doch den störte das scheinbar kaum. Er war wohl vollkommen auf die Mission fixiert. Es knallte plötzlich, Eren zuckte hoch und blinzelte. Verdammt, schoss es durch seine Gedanken, Diese Dreckstitanen haben uns wohl entdeckt!! In der Tat. Rivaille bremste augenblicklich ab, sodass Eren unglücklich mit seiner Nase voran seinen Rücken rammte und sich sein Unterleib in dessen Kampfausrüstung drückte. Zwei nackte Riesenmenschen watschelten geradewegs auf die insgesamt fünf Soldaten zu. Eren schaute auf und knirschte gewaltig mit seinen Zähnen. Diese lechzenden, irren Gesichter dieser Wesen. Ein Anblick des Grauens. „Wir kämpfen!“ rief Rivaille ernst und bestimmt den anderen zu und hielt mit einer Hand die von Eren hinter ihm. Die Hitze in dessen Körper war richtig zu spüren. „Bleib hinter mir!“ zischte der Kleinere sofort. Noch einmal trafen sich die Blicke der Männer. Erens sonst so kullerartigen smaragdfarbenden Augen schienen Blitze zu entfachen, so dermaßen hasserfüllt waren sie. „Auf keinen Fall stürzt du dich ins Gefecht!“ -RUMMS- „RIVAILLE-HEEICHOUUUUUU!!!“ hallte ein kreischender Schrei. Einer der anderen Soldaten, aschblond und schon was älter, blieb neben dem angesprochnen stehen und deutete hitzig auf das, was sich vor ihnen abspielte. Sekunden später stieß sich der Mann hoch in die Luft mithilfe seiner Ausrüstung. Direkt vor ihnen war ein Titan, und er hatte bereits einen anderen Kämpfer der Formation in seinen Griffeln eingequetscht. Mühselig versuchte er sich aus der unschönen Situation rauszukloppen, doch im Grunde hatte er bereits verloren. Ist man einmal in den Händen eines Riesen, wartet auf einen quasi nur noch der Tod. Ein grausamer Tod. Gefressen bei lebendigem Leibe. Der andere Soldat wirbelte um den zweiten Titan rum, der im Hintergrund auf seine Beute lauerte. Nur knapp konnte er den Angriffen des Monsters ausweichen. Er fixierte die einzige Schwachstelle, die die Titanen besaßen: Den Nacken. Weiter dem Schauspiel zusehen wollte Eren nicht mehr. Er kochte vor Wut und vor innerlicher Verzweiflung. Immer und immer wieder werden Menschen, Verwandte, Freunde oder einfach nur Mitstreiter vor seinen Augen verschlungen. Nie konnte er etwas dagegen tun. So durfte, nein, so konnte es unmöglich weitergehen! Als der Riese Rivaille und ihn im Blickfeld hatte und nicht mehr lange fackelte, bis er auch die beiden greifen würde, warf der Kleinere kurze Sekunden einen Blick zur Seite. Der Letzte der anderen Soldaten ritt zu ihnen, um Abhilfe zu leisten. Scheinbar aber ahnte sie blitzschnell, worauf Rivaille hinauswollte. Er boxte seinen Schüler, der gerade im Begriff war, sich in deinen Finger zu beißen, mit voller Wucht gegen die Lungen und schlug ihn dann hart mit dem Griff seines Schwertes gegen die Stirn. Eren sackte sofort zusammen und wurde in einer schnellen Bewegung von dem anderen Soldaten aufgefangen. Blitzschnell driftete dieser ab und begab sich auf die Flucht. Das alles passierte binnen weniger Sekunden. Das war auch nur gut so, denn wäre Rivaille auch nur zwei Sekunden langsamer gewesen, dann hätte der Titan ihn und Eren womöglich gegriffen gehabt. Sofort stieß sich der kleine, aber starke Mann vom Pferd hoch, das Tier wurde von der ganzen Wucht der Attacke des Zehn Meter großen Ungeheuers umgeschmissen. Rivaille schoss einen seiner Haken während einer imposanten Luftfahrt, vorbei an den Armen des Titanen, direkt in den Nacken, und segelte sofort, als gäbs keine leichteren Übungen, in Pirouetten schlagend, mit seinen Schwertern fest in der Hand, auf die angepeilte Stelle zu. Punktgenau traf er dabei den Nacken des Riesen und schlitzte diesen in einer weiteren eleganten Flugeinlage auf. Währenddessen erkannte er im Augenwinkel, dass sein Kumpane, der mit dem anderen Titan beschäftigt war, in der Klemme steckte und just in diesem Moment von dem Siebenmeter Monster erwischt wurde. Im Flug nahm Rivaille auch den anderen Feind ins Visier, schoss sich hoch in die Luft, peilte den Nacken des Titans an. Gottseidank, denn dadurch wurde das Monster abgelenkt, kurz bevor er im Begriff war, den verzweifelten Soldaten zu verspeisen. Ungeachtet der hungrigen aufgerissenen Augen des Riesen ließ Rivaille sich erneut, wie eben schon, wie ein Pfeil auf den Nacken nieder und schlitzte diesen in einer kreisenden Bewegung auf. Es sah so leicht und locker aus, man konnte richtig erahnen, dass dieser Mann der Beste aller menschlichen Krieger war. Die riesigen Wesen fielen mit einem Donnern zu Boden, heißer Qualm stieg aus ihnen auf. Rivaille landete elegant auf der Wiese und gabelte mit einem herablassenden Blick, der in Etwa Welch unfähige Kämpfer ich doch in meinen Reihen habe aussagte, seinen bärtigen Kumpanen auf, der zitternd vor Schock am Boden gelegen hatte und sich seinen Oberschenkel festhielt. Die beiden stiegen trotzdem auf ihre Pferde. Rivaille erstickte all seine Trauergefühle für die bei diesem Gefecht verstorbenen Soldaten im Keim. Zu oft hatte er das bereits erlebt, zuviel Schlimmes und Verderbliches hatte er schon mit eigenen Augen gesehen. Umso mehr hat sich der Schwarzhaarige, besonders seit diesem einen bestimmten Tag, geschworen, jegliche Gefühle dieser Art sofort zu verdrängen. Die Augen des Corporals blickten über das weite Feld. Hier und da tratschten in der Ferne noch ein paar Titanen, aber sie waren sehr weit entfernt. Farbiger Rauch stieg in den Himmel auf. Dort mussten die anderen sein. Wie es wohl Eren ergehen mag? Glücklicherweise ritt der Soldat, der Eren in seiner Obhut hatte, nicht in den nächstbesten Titan, sondern in Hanji und deren Kollege rein. Der braunhaarigen Brillenträgerin stockte zunächst beim Anblick Erens der Atem. „Mach dir keine Sorgen um ihn, es geht ihm sicher gut…“ murmelte der Reiter und hielt Eren fest in seinen Armen. „Ich mache mir vielmehr Sorgen um die anderen.. und vorallem auch um Heinz-Gerd und Wilhelm.. habt ihr sie gefunden?“ Hanji schüttelte enttäuscht den Kopf, während sie ein Rauschsignal in den Himmel schoss. „Es wird langsam dämmerig. Wir sollten unsere Zelte die Nacht aufstellen und morgen weitersuchen“ Es wurde in der Tat immer dunkler, die Sonne begab sich allmählich hinter den Horizont. Die Titanen, die sich nachts für gewöhnlich zurückzogen, entfernten sich immer mehr aus der Sichtweite der Reiter. „Tschüühüssi~“ piepste Hanji in Richtung derer und machte eine winkende Handbewegung. Ja, diese Frau hatte aber auch teilweise einen komischen kranken Titanenfetisch, den niemand so recht verstehen wollte. Eren wurde auf eine Decke gelegt. Noch immer war er nicht bei Bewusstsein. Hanji legte ein wärmendes Tuch auf seinen Bauch und funkelte ihn fasziniert an. Die Aufbauarbeiten an den Zelten begannen, als auch endlich Erwins Trupp auftauchte. Rivaille und sein Mitstreiter ließen weiter auf sich warten. Es war dunkel, kein Titan mehr in der Nähe, der für Gefahr sorgen könnte. Die Truppe machte es sich vor einem Lagerfeuer bequem. Sie tranken etwas Wasser aus ihren Fläschchen und aßen ein bisschen von ihrem mitgeschleppten Brotproviant. Hanji jedoch war die ganze Zeit bei Eren, den sie in einem Zelt gelegt hatten und passte auf ihn auf. „RIVAILLE-HEICHOU!“ dröhnte es von draußen. „Gottseidank ist Ihnen nichts passiert!!“ Hanji lünkerte raus. Rivaille kam angetrottet, sein Kollege neben an ihm abgestützt. Mit müdem Gesichtsausdruck blickte er an der Mannschaft vorbei hinüber zu dem Zelt, wo Hanji und Eren drin waren. Der Oberschenkel des Mitkämpfers wurde sofort verarztet, während dieser, mit schwacher Stimme, den Verlust der anderen Soldaten beklagte. Was natürlich die allgemeine Trauerstimmung nicht hob. Nein, im Gegenteil, es flossen zum Teil wieder einmal Tränen. Keine der Missionen verläuft wirklich mal reibungslos. Das wurde ihnen allen wieder einmal klar. „Oi, E-Eren!“ Rivaille trat mit verwundertem Blick ins Zelt. Hanji hockte da und bemerkte, wie der Corporal scheinbar kurz ein erleichtertes Durchschnaufen andeutete. Er war wohl sehr froh, dass seinem Schüler weitestgehend nichts fehlte. Er lag immer noch da und atmete leise ein und aus. „Ich passe auf ihn auf, ja? Bitte… lass mich… lass uns eine Weile allein, ja?!“ prustete Rivaille für ihn ungewohnt hastig. Hanji kicherte deswegen kurz und begab sich wieder nach draußen. Sie dachte sich nicht viel dabei, denn jetzt war es ihr größeres Anliegen, ein bisschen die Stimmung außerhalb am Feuer zu heben. Manchmal schaffte sie es mit ein bisschen Albernheit, andere Menschen zum Schmunzeln zu bringen. „H…Heichou…?“ Eren blinzelte, zuckte mit seinen Fingern und erkannte direkt Rivaille, der neben ihm saß, ihn fast traurig beäugte und vor Schreck wohl grade die Hand von seiner runtergelegt hatte. Sie war aber eindeutig gewärmt. „Erstens…“ begann der Ältere mahnend. „…ich heiße immer noch Rivaille, auch für dich. Also nenn mich auch so! Und zweitens… bist du immer noch eine verdammt lahme Ente. Dass du erst jetzt wieder aufwachst… tse“ Er wischte sich daraufhin ein bisschen Dreck von der Lippe. Eren musterte unterdessen verwirrt seine Umgebung. Er erkannte, dass er in einem Zelt lag. Aber warum? Was war mit ihm passiert. „H-Hei…. Ich meinte, Rivaille… was ist überhaupt los hier?“ Er konnte sich nur noch vage daran erinnern, wie er mit seinem Vorgesetzten zu einer Mission aufgebrochen und losgeritten war. Und ein paar Titanen erblickt hatte, die ihm auch jetzt grade, beim Gedanken an sie, immer noch den Magen schwer wie Stein werden ließen. Hatte er sich wieder in einen Titan verwandelt und die Mission ins Chaos gestürzt? „Du bist wirklich nicht der Hellste, was?“ feixte Rivaille und zwickte ihm in sein Bein. „Wie dem auch sei…“ Er bemerkte indes, wie die Truppe draußen sich scheinbar nun schlafen legen wollte. Das Gepolter und Gewusel, was von draußen kam, war ihm mehr als bekannt. Niemand kam aber ins Zelt um nach den beiden zu schauen. Eren richtete sich auf, hüstelte und sein Magen ließ ein gehöriges Grummeln hören. Ohne Aufforderung sprang Rivaille auf, ging zu einer der Lederbeutel, die sie mitgenommen hatten, und holte ein Stück Körnerbrot hervor. Der kleine Mann steckte sich selbst ein Stück in den Mund, trabte zurück zu Eren und beugte sich mit kühlem Blick zu ihm runter. Zunächst verstand Eren dies nicht ganz, aber er vermutete, dass Rivaille ihn sicher wieder ärgern wollte. Er aß was von seinem Proviant, mit voller Absicht vor ihm und seinem hungernden Magen. Doch dem war nicht so. Der brünette Junge bemerkte, wie Rivaille ihm ein Stück näher kam. Und wie er plötzlich ebenfalls ein Stück Brot im Mund stecken hatte. Dieses komische, fürsorgliche Verhalten vom Corporal..da war es wieder! Wie heute Mittag bereits…. Was hat das nur zu bedeuten? Er wollte… er wollte ihm doch wohl etwa nicht wieder auf den Mund küssen?! Kapitel 3: Heart stolen ----------------------- -RUMMS- Rivaille drückte Eren unangekündigt nach zu Boden. Kein Kuss. Der Junge musste wohl wirklich geträumt haben. „Hör zu, Eren…“ flüsterte Rivaille ernst und bedenklich. „…du bist ein kleines, fieses, ungemein grausames Miststück“ Der brünette schluckte. Beleidigungen war er nur zu gewohnt, aber jetzt ergaben seine Verhaltensweisen für ihn gar keinen Sinn mehr. Konnte er sich mal entscheiden, ob er jetzt fürsorglich oder gemein zu ihm war? Dennoch, Erens Herz schlug bei der drückenden Berührung seinerseits schon wieder ein ganzes Stück schneller. „Ich… ich werde… ja, ich werde dir nun etwas anvertrauen, was Commander Erwin nicht mal weiß. Warum ich das einer dummen Nuss wie dir sage, weiß ich selber nicht genau. Aber ich muss es tun, bevor du mir noch vollkommen meinen Verstand raubst!“ Rivaille hüstelte und hielt Eren mit seiner starken Hand am Boden liegen. Der Junge wurde wieder leicht rot. Was folgte denn nun? Er bereitete sich auf das Schlimmste vor. „Ich habe dich, als ich dich das erste Mal richtig sah, wirklich und wahrhaftig als kleines nutzloses Balg gehalten. Ich fragte mich, was an einem Kind wie dich denn so besonders sei.“ Der Ältere näherte sich ihm noch mehr. „Als ich die Sache mit deinen Titanenkräften erfuhr, hatte ich sogar leichten Respekt vor dir. Dir Ungeheuer!“ hauchte er ihm mit düsterer Stimme ein. „Nicht, dass das immer noch so ist und ich im Notfall dich jederzeit töten müsste“ Eren schluckte erneut. Sein Herz pochte ihm bis zum Hals. Ja, es war ihm nicht neu, dass er wegen der Verwandlungsfähigkeit von Rivaille und von fast allen für ein Monster gehalten wurde und es immer noch wird. Deswegen passten sie auch auf ihn auf wie auf ein kleines, unbändiges Kind. Die Gefahr eines erneuten Kontrollverlusts war zu groß. Er dachte daran, dass seine Adoptivschwester Mikasa selbst mal erklärte, dass er sie angegriffen habe. Nach einer Atempause setzte der schwarzhaarige Mann fort und drehte Erens Kopf in seine Blickrichtung. Er schaute ihm böse funkelnd, aber auch angespannt in die Augen. „Wie dem auch sei… Sicher erinnerst auch du dich noch an den Kampf gegen diesen femininen Dreckstitan, gegen den du gekämpft hast“ – „Natürlich…“ Erens Augen flackerten böse auf bei Erwähnung dessen. Sein Hass stieg ihm hoch und lieferte sich einen Kampf mit seinem schnellen, wohlig schlagenden Herz. „Annie… Warum…“ – „So sehr mich das selbst wurmt, aber ich kann deinen Hass an dieser Stelle mehr als nur gut nachvollziehen, Eren.“ Die Augen des Corporals weiteten sich ein wenig. „Sag mal, Eren…“ begann er von neuem und wurde immer nuscheliger. „Wirke ich… für dich… wirke ich wie ein emotionsloses Tier?“ Die smaragdgrünen Augen des Jungen leuchteten kurz auf. Mit der Frage hatte er gar nicht gerechnet. Er dachte darüber nach. Ja, Rivaille zeigte kaum Emotionen, und wenn, dann war es die pure Verachtung. Und Eren hatte gehörigen Respekt vor seiner Person genau deshalb, hinzu kam noch dessen unglaubliche Kampfkraft. Wie oft hatte er von ihm das Maul poliert bekommen. Wieviele kreative Beleidigungen hatte er ihm schon an den Kopf geworfen. Es waren eigentlich genug Gründe da, dass Eren seinen Vorgesetzten nicht ausstehen können müsste. Aber dennoch folgte er seinem Willen, was der für gewöhnlich extrem sturköpfige Junge bei sonst kaum jemandem tat. Und auch jetzt ließ er alles über sich ergehen. Besonders seit den letzten Tagen aber bemerkte er so eine wohltuende Aura, die von ihm ausging. Irgendwas faszinierte ihn trotz allem an diesem Mann. „Oi, Eren? Wie lautet die Antwort?“ „N-Nein“ kam es leise aus Erens Mund. Es war, als hätte sich sein Mund selbstständig gemacht. Das wollte er so direkt nicht sagen. „Du bist doch nicht so schwer von Begriff, wie ich geahnt habe…“ zischte Rivaille immer tiefgründiger. Noch näher kam er seinem Schüler. Ihre Nasen berührten sich beinahe. Bei beiden legte sich ein rötlicher Schleier auf die Wangen. „Eren, in Wahrheit wissen wir gar nichts über uns gegenseitig, ich weiß nicht, was dir in deiner Kindheit widerfahren ist und über mich weißt du im Grunde auch überhaupt nichts. Glaub auch nicht, dass ich dir nun meine Lebensgeschichte offenbare. Es ist so, dass ich diese selbst bewusst verdränge…“ Der Ältere tippte Eren unter das Kinn. Hauchzart. Wieder glich der Junge im Gesicht einer Tomate. Auch, weil die Augen von Rivaille in diesen Sekunden so viel Seelenleben zu offenbaren schienen, wie noch nie zuvor. „Ich bin nicht emotionslos, und es ist mir wirklich was wert, dass du es bemerkt hast. Ich schütze mich lediglich selbst vor meinen Gefühlen. Schwere Zeiten sind es, in denen wir uns befinden. Ich bin der stärkste Krieger der Menschen. Ich trage eine gewisse Hoffnung der Menschheit auf meinen Schultern. Da muss ich standhaft und nunmal auch ein eiskalter Titankiller sein. Da ist einfach niemals Zeit und Platz für solch menschliche Dinge und Schwächen wie Emotionen… und doch waren und sind sie tief im Innern immer da gewesen“ Eren blinzelte ungläubig, ein paar Schweißperlen bildeten sich auf seiner Stirn. Ihm wurde auf einmal von innen heraus ganz warm. „Seit jenem Tag, an dem es geschah, hat sich diese Angewohnheit noch um ein vielfaches verstärkt. Ich weiß nicht ob du es bemerkt hast, Eren, aber… diese Schlacht gegen den weiblichen Titan… der Verlust unserer kompletten Spezialeinheit dabei… es hat mir wirklich mein Herz zerrissen. So etwas habe ich seit Jahren nicht mehr erlebt. Es gab Momente in diesem Kampf, wo mir meine Emotionen fast zum Verhängnis wurden.“ Eren, dessen Herz warm, groß, aufgeregt und auch wütend zugleich hämmerte, schien leichte Feuchtigkeit in seinen Augen auszumachen. Es war faszinierend. Unglaublich. Berührend. „Petra…“ flüsterte Rivaille nun richtig bedrückt. „Sie war… eine ganz besondere Person für mich. Ich hatte es seit Ewigkeiten nicht, und es ist auch irgendwie absurd. Aber ihre fröhliche, hoffnungsvolle, vertraute Art… was mir an anderen Menschen manchmal auf den Senkel ging, sie hat mir damit einfach gezeigt, was es heißt, trotz alledem ein freudiges Leben zu führen. Was es heißt, Etwas für jemanden zu empfinden. Vertrauen aufzubauen. Ja, ich habe ihr vertraut. Mehr noch als Commander Erwin, den ich doch schon so viele Jahre länger kenne und tatsächlich auch respektiere für seine Führungsqualität… Petra war noch anders. Ich mochte sie wirklich unheimlich gern.“ Eren lag da, rot wie Blut im Gesicht, und wusste gar nicht, was er großartig denken sollte. Jegliche Emotionen flammten in seinem Herzen auf. Er hatte die junge Kämpferin der Spezialeinheit mit ihrer aufgeweckten Art auch liebgewonnen, aber Rivaille kannte sie wohl schon etwas besser. Seine Augen funkelten. Den Männern war gleichzeitig aber bewusst, dass Petra dem weiblichen Titan zum Opfer fiel und in der Schlacht ums Leben kam. Schier gleichzeitig bluteten ihre Herzen innerlich. „Wenn es einen Menschen gegeben hätte, den ich immer an meiner Seite gewollt hätte dann wäre es Petra gewesen… Das Geschehene ist nicht wieder rückgängig zu machen. Sie ist tot.“ Rivaille schluckte deutlich hörbar. Es war wohl Tränenwasser, welches er um keinen Preis an die Außenwelt lassen wollte. Aber sein Blick verriet alles. Dieses Ereignis hatte ihn innerlich zerrissen. Wohl mehr als alles andere. Zittrig trocknete er eine Träne, die aus Erens Auge kullerte. Seine Wangen brannten. „R-Rivaille…Heichou…“ winselte Eren mitfühlend. Rivaille legte einen Arm auf seinen Rücken. Zart, wie man es niemals erwarten könnte von ihm. Er blickte seinem Schützling in die Augen. Ganz tief, funkelnd, emotional. „Eren, das was ich jetzt sage, behalte es für dich!“ Seine Stimme zitterte. „Nach dieser Sache… ich wollte einfach nie wieder für irgendwen irgendwas empfinden. Ich gewöhnte mir noch mehr an, einfach alles an Gefühlen sofort zu verdrängen. Einfach alles als Tatsache abtun. Einfach alles so hinnehmen wie es ist. Wenn mal ein Soldat von einem Titan verspeist wird. Es geht nicht ohne Opfer… so ist der Krieg, den wir führen, redete ich mir stetig ein.“ Er legte vorsichtig eine Hand auf Erens Brust. Das Gepolter daraus ließ ihn erwärmen. „Aber… dann… kamst DU ins Spiel. Nachdem ich dich erst nur für ein Unterbelichtetes Balg gehalten habe und dich damals nur aus disziplinären Gründen aus der Verhandlung rausgeprügelt hatte…weil ich mir einen Spaß daraus machte, ein Energie und Gefahrenbündel wie dich erziehen zu wollen… Seitdem du aber hier bist, umwirbt dich eine seltsame Aura. Du bist immer noch ein Idiot, ein Tollpatsch, ein Dummerchen, ein… DRECKIGES Insekt. Aber… Besonders seit dem Tag, der mich innerlich zerrissen hatte… Irgendwas hast du getan… dass ich… obwohl ich es nie mehr tun wollte… immer mehr für dich empfunden habe, trotz alledem“ Wieder verließen ein paar Tränen Erens Augen. Er glaubte das einfach gar nicht. Das konnte doch nur noch ein Traum sein. So etwas von Rivaille zu hören? Das war unglaublich. Undenkbar. Die Stimme des Corporals wurde immer unsicherer, wich immer mehr von dem harschen Tonfall von sonst immer ab. „Ich… verdammt, Eren….“ Er schluckte, legte langsam und behutsam seinen Kopf auf Erens Schulter und achtete darauf, ihm mal nicht wehzutun. „Ich liebe dich, Eren…“ Das Herz des Jungen blieb für Sekunden stehen, ehe es in die Hose rutschte. Damit hätte er gar nicht gerechnet. Er glaubte das einfach nicht. Das ging doch gar nicht. Das ergab keinen Sinn. Das musste er träumen. Der Kuss gestern war schließlich auch nicht so ganz real. Für ihn. Geliebt werden von einem Mann? Als männliches Wesen? Und dann auch noch von Rivaille, der ihn schon mehrfach krankenhausreif geprügelt hatte? Vollkommen abnorm. Er musste sich verhört haben. Fünf Minuten reagierte Eren nicht darauf. Dann hielten seine Hände Rivaille, der selber nun feuerrot anlief, fest und drückten ihn richtig an sich. Er spürte, wie Rivailles Herz mindestens genauso schnell schlug wie seines. Der Schwarzhaarige begann, genüsslich mit seiner heißen Zunge an Erens Hals zu lecken, als dieser ihn nicht wegstieß. Da war er wieder. Rivaille, der überwältigt war von einer Wollust, durchtrieben von der unbändigen Gier nach Eren. Wie schon heute Mittag. Das war kein Traum, das war real. Der Ältere streichelte sanft, im Takt mit seiner schnellen Atmung, über Erens Rücken und leckte weiter über seinen Hals. Der Junge wehrte sich nicht. Während er da lag und die genüsslichen Berührung Rivailles über sich ergehen ließ, dachte er über dieses merkwürdige Verhalten nach – und darüber, weshalb es ihm selbst so ein wohliges Gefühl gab. So sehr er in all der Zeit immer wieder von ihm verprügelt wurde, so oft er beleidigt wurde, so sehr aber wollte er auch seine Nähe. Liebe und Hass empfand er. Ganz komisch. Was ging da nur vor sich mit seinen wirren Gefühlen? Rivaille aber hörte mit seinen Streicheleinheiten nicht auf, er ging noch weiter und schaffte es wieder, Erens Sinne zu vernebeln. Er begab sich vom Hals weg zum Mund, legte seine Lippen auf diesen, und fuhr mit seiner Zunge in seinen Mund. Seine linke Hand vergrub er indes, heiß stöhnend, unter Erens Hemd. Sein Rücken war warm, drückte die ersten hitzigen Schweißperlen hervor. Eren tat nichts weiter, als innerlich heiß zu laufen, an Rivailles Zunge zu lutschen und es einfach zu genießen. Sein Vorgesetzter aber war vollends erfüllt von Begierde. Er schob das Hemd des Jüngeren sanft, aber dennoch kräftig, nach unten, sodass sich dessen leicht verschrammter, gut gebauter Oberkörper offenbarte. Zudem plumpste Erens Schlüsselbund, welches er einst von seinem Vater bekommen hatte und er eigentlich immer an einer Kette um den Hals trug, hervor. Heute Mittag hatte er es definitiv nicht um. Der Corporal beachtete dies in seiner unbändigen Gier aber nicht weiter. Er strich dem Jungen langsam das Hemd ab. Dabei züngelte er hitzig mit ihm und stöhnte mit ihm im Gleichschritt. Die Hände des Jüngeren halfen wie von selbst bei der Ausziehaktion mit. Jetzt begannen Erens Gliedmaßen, selber in Aktion zu treten. Er griff nach Rivailles schwitzigem Hemd und strich keuchend darüber. Der Ältere aber legte nun richtig los, gefesselt von Erens hitzigem Charme. Schnell zischte seine Hand in seine Hose. Eren zuckte kurz zusammen, machte aber mit seinen Streicheleinheiten weiter. In ihren Mündern, die immer noch verbunden waren, sammelten sich Unmengen an Speichel. Die Haare beider Männer klebten vor Schweiß an ihren Stirnen. Der Brünette war bereits auf einem hohen Level erregt, wie Rivaille in seiner Hose spürte. Sein Herz hüpfte erneut, als er über den Hügel in der Unterhose drüber strich. Dabei wurde er selber grade mehr oder weniger von seinem Oberteil getrennt. Die Augen beider waren mittlerweile zusammengekniffen und zuckten gelegentlich. Was Rivaille jetzt aber machte, brachte Eren und vorallem dessen Herz gänzlich in Wallung. Mit einem Finger drückte er seine Unterhose nach unten, um in seinen Intimbereich vorzudringen. Aus Reflex drückte Eren seine Beine einwenig zusammen, als der Schwarzhaarige dessen Schamhaare kitzelte. Er tastete sich noch weiter vorwärts. Und gelangte nun mit seinen warmen Fingern an das Geschlechtsteil des Jungen, welches starr aufgestellt war vor Erregung. Er selber keuchte so sehr, dass er kaum noch Luft bekam und Rivaille deshalb kurz mal seinen Mund von Erens Lippen runternahm. Aber welch ein unfassbares Gefühl durchfloss die beiden Männer. Der Ältere reibte sanft an seinem Glied und sabberte gefühlt seinen kompletten Speichel aus. Sein gegenüber speite Luft, seine Finger zitterten und alles war nur noch schweißnass, heiß und klebrig. Aber für beide ein schier unglaubliches, ein richtig befreiendes Gefühl, in der keiner der beiden auch nur noch ansatzweise an Titanen oder der fast ausgerotteten Menschheit dachte. Sie schwebten im siebten Himmel und zogen weiterhin ihr erotisches Spiel durch. Mittlerweile waren beide bis auf die Unterhose ausgezogen. Eren war jetzt schon am Ende seiner Kräfte. Aber noch nie hatte er sich so dermaßen erlöst und frei gefühlt wie jetzt. So unbeschreiblich schön war alles, was Rivaille mit ihm machte. Der Corporal richtete seinen erhitzten Körper langsam auf und trat, mit einem heißen Blick runter zu dem immer noch herzhaft stöhnenden Jungen, zum nächsten Akt an. Eren lag nun mehr nackt da, denn ohne Bedenken hatte der Ältere dessen Unterhose abgestreift. Er kniete sich nieder, fixierte das immer noch steife Geschlechtsteil und befeuchtete dieses anschließend – mit dem Mund voran. Jetzt gab Eren einen kurzen, spitzen Schrei der Erregung von sich, die Arme des Jungen zitterten mehr denn je. Rivaille war dermaßen leidenschaftlich bei der Sache, wie man es von ihm wohl selten sah. Er lutschte, schleckte und sabberte in Erens Intimbereich rum, wie es ihm gefiel und der Junge war nicht mehr imstande, sich irgendwie zu wehren. Er wollte es ja auch gar nicht. Nach weiteren prickelnden fünf Minuten aber fiel Rivaille plötzlich seitlich weg, mit seinem verschwitzten Kopf an Erens Brust angelehnt, klebte förmlich daran und um seinen Mund herum war eine weiße, matschige Flüssigkeit angeklebt, die er bei der Aktion aufgesaugt haben muss. Er bewegte sich aber kaum noch, sondern atmete langsam ein und aus, hatte seine Augen geschlossen und sein Arm rutschte an Erens nasser Brust herunter. Scheinbar war er nun eingeschlafen. Eren selbst lag noch da, mit aufgerissenen Augen, vollkommen nackt, prustete so lange, bis er wieder vernünftig Luft bekam. Ihm war immer noch ganz heiß, er fühlte sich einem Vulkan ähnlich. Und klar denken war die ersten Minuten auch nicht drin. Was ist hier eigentlich geschehen… Rivaille-heichou? Warum bin ich nackt? In meiner Menschlichen Gestalt? So darf mich niemand sehen, das war mir klar, und schnell löste ich mich von Heichou, der sich an mich angelehnt hatte und irgendwie knuffige, schnurrende Geräusche von sich gab. Dabei war ich natürlich vorsichtig, ich wollte ihn in dieser Situation um keinen Preis wecken. Schnell zog ich mir meine Klamotten über, setzte mich neben Rivaille und fragte mich, warum auch er so entledigt war. Ok, ich wusste oder ich ahnte es. Er hatte mir seine Gefühle offenbart. Er hatte mich auf den Mund geküsst. Er hatte mich mit allem verwöhnt, was er konnte. Und ich selbst genoss es auch noch, pfui deibel. Dennoch war es für mich wie ein intensiver, wundervoller Tagtraum voller Fantasien mit Heichou. Ja, er war ein wunderschöner, ein sauberer, ein perfekter Mann, mit Traumkörper. Dessen Schönheit konnte ich mich einfach nicht entziehen… Ja, Heichou… ich liebe dich auch. Ein gefährliches Knacken von draußen riss Eren aus seinen träumerischen Gedanken. Hoffentlich wurden sie nicht erwischt…! Kapitel 4: Friends ------------------ Der Junge schnaufte. Das Knacken hatte wohl keinerlei Bedeutung, niemand kam und schaute ins Zelt, wo es zwischen den beiden Männern heiß hergegangen ist. Die ganze Nacht lag Eren wach und beobachtete den ruhig schnurrenden Rivaille. Er aß noch ein bisschen was von seinem Proviant, um seinen warnend knurrenden Magen ein bisschen zu füllen und deckte daraufhin seinen Vorgesetzten, der immer noch in Unterhose da lag, wärmlich mit seinem eigenen Umhang zu. Er selber war kaum müde und auch immer noch viel zu aufgeregt von dem Treiben letzten Abend, dass er kein Auge zubekommen könnte. Er trabte im Zelt umher, zündete die nächste Kerze an, um sich Licht zu spenden. Zudem warf er immer mal wieder einen Blick nach draußen. Es war dunkel. Auch in allen anderen Zelten. Titanen waren auch nicht zu sehen. Eren genoss diese wenigen Momente, in denen es draußen wirklich mal nach Frieden aussah. Eine Welt, in der man sich frei bewegen konnte. Eine Welt, in der man umher reisen konnte, auf Gebirge steigen konnte, an eine riesengroße Wasserfläche namens Meer reisen konnte, in der man einfach alles sehen konnte, was die weite Welt hergab – ohne Furcht vor dem Bösen. Ohne hinter Mauern eingesperrt zu sein. Eren träumte von einer solchen Zukunft. Einer Zukunft für die Menschheit, ohne Titanen. Die Auslöschung dieser Monster, die bereits den Großteil der Menschen auf dem Gewissen hatten, war sein Lebensziel. Er blickte zurück auf Rivaille. Auch er musste, wie Eren nun wusste, viel durchmachen. Ein wohliges Gefühl breitete sich in seinem Herzen aus, als er daran dachte, zusammen mit Rivaille auf Weltreise zu gehen. Er liebte und verehrte ihn wirklich. Und von jetzt an würde er alles für seinen Vorgesetzten tun. Er würde ihn nicht im Stich lassen! Bis zum Morgengrauen beschäftigte sich Eren damit, die Kleidung des Corporals zu waschen. Dreck konnte Rivaille bekanntlich gar nicht ausstehen. Bevor die ersten Soldaten sich langsam aus der Nachtruhe begaben, verschwand Eren wieder in sein Zelt. „Oi Eren!“ Rivaille war aufgewacht und begrüßte ihn mit einem irritierten und leicht angenervten Blick. „Was bin ich für ein wertloses Stück, wenn ich schon in deinem dreckigen Loch übernachten muss!“ Er wischte sich seinen Sabber vom Mund und wunderte sich ob seiner Fas-Nacktheit. „Eren….!“ Der Junge winkte peinlich berührt ab. Schließlich hatte er gestern mit all den Berührungen angefangen! „Rivaille-heichou, ich hab damit nichts zu tun! H-Hier sind Ihre Klamotten, ich hab sie extra gewaschen die Nacht!“ Ohne Worte nahm der Kleinere sein Hemd und seine Uniform an sich, zog sie sich rasch an und schaute mit Bedacht nicht zu Eren. Verdutzt stand der Junge da. Ihm war die ganze Situation und die letzte Nacht ja schon etwas peinlich. „Ist alles in Ordnung, Hei“- „Psscht!“ zischte Rivaille, zog Eren nah an ihn heran und funkelte ernst. „Das, was letzte Nacht geschehen ist… kein Sterbenswörtchen darfst du verraten, ist dir das klar, du Insekt?!“ Erens Herz hopste wieder hoch. „Ja!“ flüsterte er aber gewissenhaft zurück. „Solltest du von unserer kleinen Liebelei irgendwas erzählen, garantier ich für nichts, du kleines Miststück! Das bleibt unter uns!“ Er drückte den perplexen Eren wieder weg von sich und erhob seine Stimme wieder zu einem harschen Ton. „Und jetzt wasch dich gefälligst noch mal ordentlich ab und komm! Die anderen warten sicher schon auf uns!“ Er drehte dem Jüngeren den Rücken zu und verließ das Gemach. Draußen war die Sonne dabei, aufzugehen. Sie hatten für ein ausführliches Frühstück kaum Zeit, da auch die Titanen sehr bald aus ihren Verstecken wieder hervorkriechen würden. Ein bisschen Fleisch und Kartoffeln gab es aber dennoch. Eren kam mit einem gezwungenen Lächeln aus seinem Zelt und begrüßte seinen Trupp. Jedoch bekam er lediglich von Hanji ein nervtötend fröhliches „Guuuten Morgen~ “ als Antwort, ihre Augen, die durch die Brillengläser noch größer wirkten, funkelnden beängstigend. Seltsamerweise fehlten ausgerechnet Rivaille und Erwin in der Runde. Eren zuckte die Achseln, sicher war es wieder eine Planbesprechung. Er setzte sich aus Gewohnheit ein bisschen abseits von der Mannschaft auf die Erde. Immerhin ließen sie dem Jungen ein bisschen vom Essen übrig, einfach aus gezwungener Höflichkeit, denn ansonsten hielten sie ihn immer noch mehr oder weniger für ein Monster, dem man nicht über den Weg trauen sollte. „Rivaille, es gibt da etwas, dass ich dich fragen muss“ Erwin hatte den Schwarzhaarigen ohne Ankündigung in sein Zelt geordert. Dieser sah gespielt emotionslos bis angenervt zur Decke. „Dein Verhalten in letzter Zeit stößt mir teilweise ein bisschen bitter auf. Vorallem… gegenüber Eren.“ Bei Erwähnung des Namens konnte Rivaille ein kurzes Schlucken nicht unterdrücken. „Und was gibt es da für ein Problem?“ gab er dann betont genervt zurück. „Mir fällt auf, dass du in letzter Zeit oft den Drang zu entwickeln scheinst, Zeit mit dem Jungen alleine verbringen zu wollen. Ich weiß, natürlich steht er unter einer gewissen Beobachtung, und dir ist auch die Obhut zum Teil aufgetragen.“ Erklärte Erwin und gestikulierte wild, denn sein Gegenüber verdrehte nur die Augen. „Aber grade in letzter Zeit häuft sich das… und, um es mal auf den Punkt zu bringen, der gestrige Abend, als du mit ihm zusammen ins Zelt verschwunden bist…“ Wieder ein Schlucken des Corporals, seine Wangen färbten sich zu seinem Ungunsten leicht rosa. Erwin suchte den Blickkontakt und ihm entging auch nicht das ganz leichte Aufleuchten seiner Wangen. Der blonde Hüne ließ sich aber nicht aus der Ruhe bringen und fuhr souverän fort. „Ich habe dich und Eren gesehen. Nicht viel. Und auch nicht lange. Aber allein schon die Geräuschkulisse, die ich im Vorbeigehen mitbekommen habe, lässt mich nichts Gutes erahnen. Sag, Rivaille…“ Der angesprochene starrte förmlich wie besessen an die gegenüberliegende Wand, im Versuch, dass sein Blick nicht vom Commander eingefangen wird. Seine Wangen aber waren errötet. Sein Schauspiel von über-Bord-geworfenen Gefühlen wollte nicht so recht funktionieren. „Sei ehrlich: Hast du dich an dem Jungen vergriffen? Eine Affäre mit ihm gehabt?“ Rivaille starrte wortlos gradeaus. Wieder schluckte er. „Das waren reine Disziplin-Maßnahmen, nichts weiter“ antwortete er dann gekonnt mechanisch. Wahrscheinlich sogar eine Spur zu mechanisch, denn Erwin kaufte ihm diese Lüge so nicht ab. „Rivaille, darf ich dich daran erinnern, dass Eren noch minderjährig ist?“ „Ich weiß“ Der Kleinere von beiden blickte nun, sich einer gewissen Schuld bewusst, zu Boden. „Der Junge ist für solche Aktionen, wie das, was ich gestern mitbekam, noch nicht reif. Und mal ganz davon abgesehen… Wie verstörend muss es für den Armen sein, wenn er von einem Mann wie dir einfach mal sexuell belästigt wird, oder wie du es ausdrückst, ‚Disziplin-Maßnahmen‘ durchführst! Das ist kriminell und ungesund, verstehst du?“ Rivaille reagierte nicht weiter auf die einschlagenden, strengen Worte Erwins. Er sah bedröppelt zu Boden. So hilflos wirkte dieser Mann wirklich selten. Er realisierte, dass er sich nicht weiter mit Lügengeschichten aus der Nummer rauswursten konnte. „Oder empfindest du wirklich etwas für den Jungen?“ Der Commander legte eine Hand auf die Schulter des Kleineren. „Ich bin nicht bei der Militärpolizei und kann auch nicht über dich und über Eren richten, aber ich empfehle, dich von ihm zu distanzieren – gefühlsmäßig auf jeden Fall. Erstens befinden wir uns immer noch in einer prekären Situation, wir haben tagein tagaus mit Menschenfressenden Monstern zu tun, also liegt darauf auch unser gesamtes Augenmerk! Und Zweitens solltest du auch an Eren selbst denken. Er will es womöglich gar nicht. Du könntest ihn damit völlig verwirren oder gar Angst machen. Und ihn gar traumatisieren mit solchen Aktionen! Es ist nicht verkehrt, eine gewisse Fürsorge zu bringen, genauso wenig wie Disziplin und Ordnung. Solange alles seine Grenzen hat! Das beherrschst du im Normalfall wie kein Zweiter, als tu es auch weiterhin!“ Daraufhin driftete der Blonde ab hinüber zu seiner Ausrüstung. Rivaille stand da wie angewurzelt. Ihm liefen mehrere Schauer über den Rücken. Warum schaffte er es einfach nicht wie sonst, einfach cool zu bleiben und sich nichts anmerken zu lassen? Ihm fehlten jegliche Worte. Natürlich hatte Erwin Recht und er selbst wusste das auch. Aber in seinem Herzen stach es gewaltig. „Wir reiten heute zurück zum Schloss. Es hat keinen Sinn, ohne Plan und Muster nach den Vermissten zu suchen. Noch mehr Tote können wir uns nicht erlauben“ erklärte der Commander standhaft. „Sammel schon mal den Trupp zusammen und mach dich bereit, Rivaille!“ Der Corporal schlenderte, alle Emotionen runterschluckend, hinaus und mimte den kühlen Befehlshaber. Ohne Eren, der im Hintergrund bei Hanji hockte, eines Blickes zu würdigen, teilte er seiner Mannschaft den Plan mit und marschierte demonstrativ zu seinem Pferd. Alle anderen machten es ihm nach, denn man erkannte am Horizont bereits die ersten Titanen entlangstapfen. Eren machte es ihnen ebenso nach, lief mit fragendem Blick an Rivaille vorbei, doch der beachtete ihn in Etwa so sehr wie ein Stück Luft. Das Verhalten von ihm wurde für den Jungen immer unschlüssiger. Was soll denn jetzt diese Igno-Schiene? Ein anderer Teil der Soldaten baute in Windeseile die Zelte ab, sammelten ihr Hab und Gut ein, ehe alle in Formation traten. Unter Erwins Kommando steuerten dann alle übrig gebliebenen Männer zurück in Richtung Schloss. Dem Hort der Sicherheit für alle. Eren durfte sogar wieder selbst reiten, auf eines der Pferde, welches zuvor einem der verstorbenen Krieger von gestern gehörte. Das hatte schon was von humorloser Ironie, aber was sollte der Junge auch anderes tun? Zu Fuß ist nicht. Und Rivaille hatte eben auch all seine Fragen bezüglich Das-Aufpassen-auf-das-böse-dumme-Kleinkind- Eren gänzlich ignoriert. „Was ist denn nun mit Walter und Herbert?“ – „Es hat keinen Sinn, nach ihnen zu suchen, wenn wir keinerlei Hinweise haben!“ warf Erwin direkt bestimmt auf die Frage einer der Reiter. „Noch mehr Leute können wir nicht sinnlos an Titanen verfüttern. Die Überlebenschancen der beiden ist nun ohnehin nur noch sehr gering. Also erstmal Rückzug!“ Ihnen stellten sich gottseidank keine Titanen mehr in den Weg. Alle sie waren weit genug entfernt. Und da sie gottseidank auch nicht die intelligentesten und schnellsten Wesen waren, brauchten sie sich grade nicht zu fürchten. Aber es wartete dennoch eine Überraschung, besonders auf Eren, der die ganze Zeit wegen der plötzlichen Ignoranz seines Vorgesetzten nachgrübelte. Er wurde jäh aus der Trance gerissen, als sie in sichere Gefilde einritten und dort bereits Mikasa und Armin standen. Erens Freunde aus seiner Kindheit – Erstere gehörte so gesehen zu seiner Familie. Für ein paar Sekunden verdrängte der brünette Junge Rivaille und dachte daran, dass er in letzter Zeit gar nicht mehr so viel mit ihnen gemeinsam verbracht hatte. Wehmütig gestand er sich ein, zuletzt wirklich sehr fokussiert auf den Corporal gewesen zu sein. Zur Begrüßung gab es von Mikasa eine deftige Schelle. Sie verstand es auch bestens, Eren gerne mal ordentlich zurecht zu stutzen – wenn auch mit Gewalt. „Wie kannst du dich einfach so in Gefahr begeben?“ fauchte sie grimmig. Armin wollte sie kurzzeitig aufhalten, doch der blonde Junge war sich der unbändigen Durchsetzungsfähigkeit des Mädchens bewusst. Sie war, vor allem wenn es um ihren Adoptivbruder Eren ging, äußerst geladen und würde ihn um jeden Preis beschützen wollen. Armin war sich nicht mal mehr sicher, ob sie einfach einen sehr starken Bruderkomplex hatte, oder ob sie wirklich so sehr in ihn verliebt war, dass es schon an Besessenheit grenzte. Er wusste nur, dass die beiden ein sehr schweres und besonderes Schicksal verband. „Einfach so, ohne dich mal bei uns zu melden. Schäm dich!“ Eren lief verlegen rot an, kratzte sich am Hinterkopf und lächelte zurückhaltend. „Es ist ja alles gut gegangen“ Mikasa seufzte, schüttelte entnervt den Kopf und hätte ihn am liebsten direkt von seinem Trupp weggeschleift. Dabei war noch nichtmal klar, was sie heute noch für Aufgaben zu erledigen hatten. Gemeinsames Training stand auf dem Plan, und dazu sollten sich auch alle Mitglieder des Aufklärungstrupps, zu denen Eren und Rivaille angehörten, sich versammeln. Der brünette Junge wurde nahezu festgekettet an Mikasa, die seinen Arm permanent festhielt, während sie zu einem großen Platz gingen. Ein bisschen amüsant sah das ja schon aus. Eren ließ sie das einfach mal machen, er kannte dies ja schon zur Genüge von ihr. Ein immer noch großer Haufen Soldaten stand da in Reih und Glied bereits, als die drei Kindheitsfreunde ankamen. Ein paar freudige und zuvorkommende Blicke strahlten ihnen entgegen. Einige der Soldaten kannten sie ja schon durch ihre Ausbildungsjahre. Es war schön zu sehen, dass es ihnen gut ging. Vorne, auf einer Art Bühne, standen ein paar Männer vor ihnen aufgebaut. Erwin und Rivaille waren auch mit von der Partie. Sie alle salutierten zunächst, ehe Erwin das Wort kurz ergriff. Erens Augen konnten nicht anders, als diesen kleinen schwarzhaarigen Mann mit dem Mittelscheitel zu beobachten, der mit kaltem Blick durch die Runde blickte. Sie alle sollten ein bisschen ihre Muskeln stählen und ein paar Bodenskills trainieren. Im Grunde aber drehten sich derartige Trainingsmethoden in erster Linie darum, wie sich die Krieger untereinander verhielten. Mikasa krallte sich förmlich an Eren fest. „Naaa, ihr?“ brachte die beiden eine heuchlerisch klingende Männerstimme hinter ihnen auseinander. „Oh, hallo Jean!“ begrüßte Armin freundlich den großgewachsenen jungen Mann, der zu Eren und Mikasa herabsah. Seine engen Augen wirkten, als wollen sie den brünetten Jungen auf der Stelle wegscheuchen. Ja, Er und Eren hatten sich seit Beginn an immer schon schnell in den Haaren gehabt. „Ach du wieder..“ seufzte Eren genervt. Als Jean gerade wieder mit einem Wortgefecht ansetzen wollte, wurden die Jungs von Armin unterbrochen. Schließlich ging es darum, dass sie trainieren und den Befehlen folgten – ohne Streit und Rumblödelei. Irgendwie schaffte er es, die beiden temperamentvollen Streithälse auseinander zu bringen. Auch wenn sie sich noch nichts gesagt hatten – die Blicke gegenseitig hätten schon wieder morden können. Also machten sie sich alle auf ihre Weise warm. Aufmerksamkeit erregte zunächst ein Mädchen zwei Reihen weiter vorne, aus deren Uniformjacke eine Kartoffel plumpste. „Immer wieder dasselbe mit dir! Wir haben dir doch verboten, immer das ganze Essen bei dir zu bunkern!“ mahnte einer der Aufseher streng zu der jungen Frau, die etwas bedröppelt die Kartoffel wieder einsammelte. Dabei setzte sie einen Blick auf, wie ein Meerschweinchen, dem man sein Futter vor der Nase wegnimmt. „D-Darf ich die hier wenigstens Essen, ich fall sonst noch vom Fleisch…“ hechelte das Mädchen nervös, während ihre Braunen Vorderhaare ihr ins Gesicht fielen. „Sie können auch gerne einen Bissen abhab“- „Lass die Spielereien! Es wird gegessen, wenn wir das sagen, klar?“ demonstrierte der kahlrasierte Mann, entriss ihr die Kartoffel und tippte sich auf die Brust, um das Wir in seinem Satz zu betonen. Der Dackelblick von ihr half da auch nicht mehr weiter. Der Soldat marschierte weiter nach vorne und ließ sie wie bestellt und nicht abgeholt da stehen. „Schon gut, mach dir nichts draus, du hast noch Vorrat!“ sprach ihr ein kleingewachsener Junge mit großen, ausdrucksstarken Augen und ganz kurzen, silbrigen Stoppelhaaren zu und klopfte ihr aufmunternd auf die Schulter. Eren, der grade eine kurze Verschnaufpause einlegen wollte und sich von der Sache hat ablenken lassen, seufzte. Auch die beiden kannte er noch aus seiner Ausbildungszeit, sie hatten sich in den Jahren kaum verändert. Diese Erkenntnis jagte ihm ein leichtes, erfreutes Schmunzeln ab. „EREN!!!“ dröhnte Mikasa von hinten, riss ihn aus seinen Gedanken und schubste ihn auffordernd nach vorne. „Was ist nur los mit dir? Ständig bist du irgendwie geistesabwesend, noch mehr als man von dir gewohnt ist!“ Eren seufzte. Irgendwie war er ja wirklich nicht auf der Höhe, er merkte immer mehr, dass er die Nacht durchgemacht hatte. Und immer wieder musste er zu Rivaille, der gerade mit einem Besen über die Bühne fegte und dabei die Ruhe weg hatte, rüberblinzeln. Für das Training hatte er keinen Kopf. Und das bemerkten Mikasa und Armin leider sehr schnell. Dazu kannten sie ihn, der eigentlich immer sehr ehrgeizig im Training war, zu gut. Als gerade keiner der Aufseher zu ihnen sah, pflanzten sich die beiden Kindheitsfreunde zum nachdenklichen Jungen am Boden. „Eren, bitte sei ehrlich. Irgendwas stimmt doch nicht mit dir!“ Die beiden versuchten, ihm eindringlich in die Augen zu blicken, doch Eren sah zu Boden. Er durfte niemandem etwas von seiner Affäre mit Rivaille erzählen, auch ihnen nicht. „Es ist alles ok, ich bin nur ein bisschen müde“ murmelte er leise und begutachtete seine Schuhe. „Du verheimlichst uns etwas, das merken wir doch genau“ unterstrich Armin einleuchtend die Aussage von Mikasa eben. „Du musst uns nicht zwingend alles sagen, aber wir machen uns nur Sorgen um dich. Wir sind deine Freunde, du kannst uns auch vertrauen, dass wir nichts weitersagen“ flüsterte der blonde Junge ruhig und aufmunternd. Eren schluckte, denn er wusste, dass Armin einen scharfen Verstand hatte und ihm solche Sachen sicher nicht entgingen. Er würde alle Lügen als solche enttarnen. „Ich…ich verstehe es ja selber nicht… Aber in letzter Zeit spielen meine Gefühle einfach verrückt…“ gab Eren zu, er wurde rosa auf den Wangen und vor seinem geistigen Auge machte sich das Bild des halbnackten Rivaille breit. Mikasa schluckte und wurde ebenfalls rot. „Ich möchte da am liebsten auch gar nicht weiter drauf eingehen, bis ich das alles selber verstanden habe…ihr braucht euch keine Sorgen zu machen, mir geht’s sonst soweit ganz gut. Und meinen Titan hab ich auch unter Kontrolle.“ Sagte Eren flüsternd zu den beiden neugierigen Jugendlichen, und stand wieder auf, ohne die beiden anzusehen. Der Kahlrasierte Aufpasser hatte die drei ins Visier gefasst und steuerte auf sie zu. Mikasa und Armin blickten sich vielsagend an, sie blushte noch einwenig stärker, ehe sie sich zusammenrissen, um mit ihrem Training fortzufahren. Die nächsten Stunden verbrachte die komplette Legion mit dem Training. Eren bemühte sich, einfach mitzumachen und sich nichts weiter anmerken zu lassen. Doch bekam er teilweise von Jean einige Denkzettel verpasst, den das sehr amüsierte. Der brünette Junge war einfach unkonzentrierter als gewohnt. Hinzu kam noch, dass Rivaille ihn den ganzen Tag lang komplett ignorierte. Auch abends, als sich alle beim gemeinsamen Essen trafen. Eren suchte unabsichtlich den Blickkontakt, das Gespräch, doch der kleine Mann behandelte ihn wie Luft und wirkte durchgängig kühl und abweisend. Nichtmal mehr beleidigen wollte er ihn anscheinend. Sie aßen, allesamt müde, genüsslich die Portion Fleisch. Über das Mysterium wegen Erens Verhalten redete niemand mehr, Mikasa und Armin lenkten ihn mit Alltagsgesprächen ab. Sogar für den ein oder anderen Lacher wurde gesorgt. Sasha und Connie, so hießen die beiden Soldaten, die heute Vormittag beim Training zuerst negativ aufgefallen waren. Sie waren von Natur aus lockere Gesellen und immer für einen Spaß zu haben. Sasha, das braunhaarige Mädchen, hatte sich dank ihres überaus großen Appetits und ihrer Schwäche für Kartoffeln und Brot ein gewisses, komödiantisches Image in der Truppe ‚erarbeitet‘. Eren seufzte, während seine Augenlider immer schwerer wurden. Er selbst wär gerne auch einfach lockerer, fröhlicher, würde mit der ganzen Situation, in der sie sich befanden, am liebsten einfach um einiges entspannter und weniger verkrampft umgehen. Aber er war einfach ein sturer, naiver und teils tollpatschiger Heißsporn, das gestand er sich ein. Er könnte niemals wegsehen, davonlaufen, sich mit dem Leben hinter irgendwelchen Mauern abfinden, geschweige denn so zu tun, als sei alles Friede, Freude, Eierkuchen und schön und lustig. Eren, der während des abendlichen Speisens immer mehr seine gewaltige Müdigkeit von der durchzechten letzten Nacht zu spüren bekam, legte seinen rechten Arm und seinen Kopf auf den Holztisch. Mikasa und Armin dachten sich nicht viel weiter dabei und aßen zunächst weiter. „Ey, das ist noch nicht dein Bett, Eren!!“ rief Jean feixend herüber zu dem brünetten Jungen. Dessen Augen waren aber nunmehr zugefallen und großartig reagieren, mit Ausnahme eines leisen Seufzers, tat er auch nicht mehr. Mikasa blickte entnervt zwischen ihm und Eren hin und her und stupste ihren Adoptivbruder vorsichtig in die Schulter. Der rührte sich jedoch gar nicht. „Eren. Verarsch mich nicht. Du kannst doch jetzt nicht hier nicht einfach einschlafen am Tisch!!“ Sie tippte ihn mehrmals, immer fester in die Schulter, doch der Junge gab nur immer mehr schnurrende Geräusche von sich. Die Situation zog die gesamte Aufmerksamkeit der vielen Soldaten an sich. Auch die von Rivaille, der an einem ganz anderen Tisch saß, nun aber linste auch er finster herüber. Jean und ein paar andere begannen zu kichern und ernteten Blicke des Todes von Mikasa. „Wir sollten ihn am besten hier weg in ein Bett bringen“ schlug Armin vor, nickte Mikasa zu, ehe die beiden sich Eren griffen, sie ihn sanft über ihre Schulter legte. Ganz schön schwer war er über die Jahre geworden, dachte sich das schwarzhaarige Mädchen stöhnend. Armin half ihr bei der Aktion, ehe die beiden, unter spöttischem Applaus seitens Jean sowie ein paar anderen Männern den Saal verließen. „Vielleicht ist er ja schwer verliebt“ murmelte Armin, als sie in einem Gang waren. „Das würde sein seltsames Verhalten irgendwo erklären, genauso wie die Tatsache, dass er ja selber meinte, er kommt mit seinen Gefühlen nicht zurecht.“ Mikasa wurde tomatenrot auf den Wangen. Sie hüstelte. „Haha, als ob…“ „Warum auch nicht?“ erwiderte Armin gestikulierend. „Wir befinden uns in einem passenden Alter dafür. Vergiss das nicht. Auch wenn ich mich frage, welches Mädel denn die Glückliche sein könnte…“ Mikasa wurde noch röter und sah demonstrativ weg. „Hier geht’s entlang“ den beiden stockte gewaltig der Atem, als wie aus dem Nichts plötzlich kein Geringerer als Rivaille neben ihnen auftauchte. Er stolzierte vorraus, über das Gelände, ohne sie großartig weiter anzusehen. Der Corporal lotste die beiden bis herunter zu Erens Kellerraum. Er schloss ihnen alle Türen auf und zeigte mit einer Handbewegung, dass sie den Jungen einfach auf sein Bett legen sollen. Geredet wurde aber nicht. Eren bekam von alledem nichts mit, so tief war er in der Traumwelt versunken. Als er von Mikasa auf sein Bett gelegt wurde, entwich seinem sabberndem Mund ein gehauchtes ‚Heeeichoouuuuuu~‘, was jeder mitbekam. Mikasa blickte ihn verstört an, Armin zuckte die Achseln. Rivaille aber brachte seinem Untergebenen einen Teufelsblick entgegen. „Geht, ihr zwei, ich kümmer mich um den Dreckspatz“ zischte Rivaille gewohnt kühl. „Eine kurze Frage hätte ich noch an Sie“ Mikasa blieb neben ihm stehen, blickte ihn einleuchtend an, und zog seine Aufmerksamkeit auf sich. „Ist Ihnen nicht entgangen, dass Eren sich in letzter Zeit seltsam verhält? Stimmt das, dass er in letzter Zeit keinen Kontrollverlust mehr hatte und nicht zum Titan geworden ist?“ „Das warn zwei Fragen“ entgegnete Rivaille ihr genervt. Bei beiden begannen aber die Wangen zu glühen. „Nein, natürlich ist mir aufgefallen, dass dieses Balg scheinbar immer unkonzentrierter ist als ohnehin schon, zum Kotzen sowas. Und nein, wenn er zum Titan geworden wär, hätte ich ihn wohl bereits eliminiert“ Ohne Weiteres verwieß Rivaille die beiden aus dem Raum. Armin entging nicht das leichte Lächeln, was sich auf dem sonst so düsterem Gesicht des Älteren bildete, als er zu Eren sah. Aber dennoch gingen er und Mikasa, mit düsterem Blick zurückschauend, zurück zum Saal. Was er da bei Rivaille wahrnahm, behielt der blonde Junge an ihrer Seite aber zunächst mal für sich. Ein paar Momente für sich und Eren wollte der Corporal noch haben. Er setzte sich aufs Bett, nahm die Hand des Jungen in seine und beobachtete ihn, wie er seelenruhig weiterschlief. Sanft streichelte Rivaille ihm über die Hand. Auch wenn viele Angst vor ihm hatten, und der Mann selber auch über die Zerstörungswut, die Eren in seiner Titanengestalt aufbringen konnte, wusste, in diesem Moment grade strahlte der Junge eine engelsgleiche, wohltuende Aura aus. „Eren, mein kleiner Scheißer…“ murmelte er in sich gehend. „…Ich fürchte, so wie das momentan läuft, hat das mit uns beiden keine Zukunft. Ich… ich liebe dich wirklich, aber jetzt müssen wir erstmal wieder voneinander weichen. Zuviel Aufsehen haben wir schon erregt.“ Er stand auf, hob vorsichtig seinen Arm nach oben, und gab ihm einen leichten Kuss auf die Hand. „Schlaf gut, Eren. Morgen wartet auf dich ein anstrengender und interessanter Tag“ Mit einem leichten, aber echten Lächeln verschwand Rivaille aus der Kellerzelle. Viel geschah an diesem Abend nicht mehr. Über Eren redete niemand mehr. Zumindest machte dies den Anschein. Zeitig verschwanden alle in ihr für sie gedachtes Quartier. Rivaille entschwebte, mit einem Stück reinerem Gewissen, nach oben, in sein frisch duftendes Gemach. Ja, morgen war ein bedeutender Tag für Eren – und demnach auch für ihn. Kapitel 5: Birthday ------------------- Erstmal vorab danke für die vielen Kommentare und Favoriten, das freut mich echt, dass die Geschichte doch Gefallen findet. :) *knuddel* ------------------------------------------- „Heichou!!!“ Schweißgebadet, nahezu kerzengrade, stand Eren im Bett, ehe er sekundenspäter auf seinen Allerwertesten zurückfiel. Er wischte sich seinen braunen Pony aus dem Blickfeld und seufzte gehörig. „Nur ein Traum…was träume ich in letzter Zeit nur für einen Schwachsinn…“ Der Junge blickte, nachdem er sich die Augen rieb, verwundert durch den Raum. Er brauchte einen Moment, um zu begreifen, dass er ja gestern Abend einfach im Esssaal eingeschlafen ist. Jemand muss ihn hierhergetragen haben. Sein Herz rummste. Er dachte wieder an Rivaille. Und wurde rot. Wie spät war es eigentlich? Eren stand auf, streckte sich erstmal, ehe er aus seiner Zelle raustrat. Immerhin vertrauten sie ihm mittlerweile so sehr, dass sie ihn nicht mehr ans Bett anketten mussten, wie ein mörderisches Raubtier. Und auch durfte er eigenständig seine Zelle verlassen. Am Ausgang aber stand für gewöhnlich jemand Wache. Heute aber wartete auch an der Ausgangstür niemand auf ihn. Er zuckte die Achseln und stapfte ins Bad. Auch im Bad war niemand. Entweder war es so früh, dass alle anderen noch im Bett waren, oder so spät, dass sie unterwegs waren. Und ihn hatte natürlich wieder niemand geweckt. Wenn nicht grade Hanji, oder in letzter Zeit eben auch oft Rivaille auf brutale Weise das übernahmen, dann tat es keiner. War wohl sehr amüsant für alle, sich später über ihn lustig zu machen, weil er ja wieder einen Termin verschlafen hat. Irgendwann, dachte sich der Junge bissig, ja irgendwann lässt er einfach mal in der ganzen Runde seine Titanenmuskeln spielen. Er zog sich in seiner Zelle ein frisches Hemd an und beäugte den Wäschestapel in der Ecke skeptisch. Da durfte er sich ja die nächsten Stunden auch noch drum kümmern. Er stöhnte. Dazu kam noch die fast gespenstische Stille. Wo waren denn nur alle? Genervt stapfte Eren hoch. In den Gängen war ebenfalls niemand. Langsam wurds unheimlich. So ganz unbewacht ließen sie doch sonst nie das Gelände zurück! Kurzzeitig blieb das Herz des Jungen stehen. Sie wurden doch nicht alle von Titanen gefressen?? Ohne dass er irgendwas davon mitbekam? Das konnte nicht sein, sonst würde er selber doch nicht mehr hier so rumlaufen können! Jedenfalls war es draußen bereits hell, die Sonne war dabei, aufzugehen. Allzu spät konnte es auch noch gar nicht sein. Er steuerte auf den Gemeinschafts- und Esssaal zu. Ohne Bedenken stieß er die Tür auf, in Erwartung, dass auch hier niemand ist. Und fiel anschließend, einen halben Herzinfarkt erleidend, nach hinten. Hanji, Mikasa, Armin, Sasha und Connie lauerten direkt, mit einem breiten Grinsen, hinter der Tür. Und bei dem Grinsen blieb es nicht. „Aaaaalles Gute zum Geburtstag, Eren!!“ iekste Hanji hocherfreut, die anderen begleiteten sie leise, von hinten näherten sich weiter Soldaten. Der Junge saß völlig überrumpelt am Boden. Ja, er wusste, er hatte heute Geburtstag, aber das hatte er selber noch nie an die große Glocke gehangen. Na toll, heute auf den Tag vor sechzehn Jahren wurde er geboren, und, hat das sonst bisher wen gejuckt? In den vergangenen Jahren hatten ihm nur Mikasa und Armin gratuliert, sonst niemand. Das hatte ja auch niemanden weiter zu interessieren. „Komm schon, Eren, steh auf und lass dich einfach mal drücken “ jappste die aufgedrehte Brillenträgerin, zog den Jungen hoch und knuddelte ihn wie ein Kuscheltier. Er errötete vor Scham. Mikasa machte es ihr daraufhin nach, ging dabei aber ein ganzes Stück sensibler und sanfter zu Werke. Ihr Herz drehte, auch für Eren merklich, spürbar auf und schlug Purzelbäume. Hintereinander weg gratulierten ihm auch Armin, Connie und Sasha herzlich, letztere drückte ihm einen Korb voller gesäuberter Kartoffeln in die Hand. Soviel Herzlichkeit war fast zuviel für den Brünetten, der sonst immer gemieden wurde von fast allen. Sogar Jean fasste sich ein Herz und stand direkt hinter der Fünfergruppe. „Alles Gute, Altes Haus!“ schmiss der Hüne ihm mit breiter Brust entgegen und klopfte ihm auf dem Rücken. „Vergiss nicht, solange du uns als Mensch gegenüberstehst, sind wir auf einer Seite!“ Eren konnte nicht anders, als ihn vollkommen perplex anzusehen. Ihm fehlten die Worte. Denn hinter Jean warteten die nächsten Gratulanten. Zum Beispiel auch die beiden großen, stämmigen Männer Reiner und Berthold, die eher selten in großen Runden zu sehen waren. Sie sprachen ihm mit einem feisten Lächeln ihre Glückwünsche aus. Eren kannte auch diese beiden bereits aus seiner Trainingszeit. Rivaille aber war nicht unter den ersten Gratulanten, was seinem Herzen einen kleinen, unabsichtlichen Stich gab. „D-Danke, ihr alle, aber…“ stammelte der überwältigte junge Mann. „…wir haben doch bestimmt besseres zu tun, als den Geburtstag von einem unbedeutendem Wesen wie mir zu feiern..“ faselte Eren verlegen. Im nächsten Moment fiel er wieder nach hinten, als in seinem Gesicht ein Putztuch landete. Ehrfürchtig schritten die Soldaten auseinander, um ihn durchzulassen. „DU bist alles andere als unbedeutend, naiver Trottel!!“ An der Ausdrucksweise und der Stimme erkannte Eren direkt, dass Rivaille in Aktion getreten war und nun vor ihm stand wie eine Bank. „Glaubst du etwa, ich passe auf jemand UNBEDEUTENDEN auf?! Pah!“ Er blickte ihn, tief in die Seele schauend an. Eren musste einfach kurz lächeln und leicht erröten deswegen. So angsteinflößend seine Augen immer aussahen, so wusste er doch mittlerweile, was Rivaille innerlich für eine Persönlichkeit war. Diese Tatsache machte ihn einfach noch hübscher als ohnehin schon. „Planbesprechung!“ Der Corporal drehte ab, fischte zuvor sein Putztuch auf und ging herüber zu seinem Tisch. Commander Erwin saß neben ihm und hatte nur ein seichtes Lächeln für Eren übrig. Alle anderen platzierten sich ebenfalls an ihre Tische. Eren, dessen Magen gewaltig grummelte, machte sich an den Kartoffeln in seinem Korb zugange. „Heute steht praktisches Training mit eurem 3D-Manöver Gear an, ich werde euch alle nachher nach draußen geleiten“ verkündete Erwin gewohnt trocken wie immer. Ein Raunen strich durch den Raum. Sie waren doch keine Auszubildenden mehr, sie konnten doch alle mit ihrer Ausrüstung umgehen. Dennoch mussten sie dies immer und immer wieder trainieren. Man kann ja nie gut genug gerüstet sein im Kampf gegen echte Titanen. „Versammelt euch heute Abend gegen Dämmerung wieder hier im Raum, habt ihr verstanden? Na dann, macht euch bereit, rüstet euch für das Training!“ Sofort standen alle auf, Eren hatte seine erste Kartoffel nicht mal runter, da wurde er bereits vom Platz gescheucht. „Und passt besonders auf unser kleines Geburtstagskind hier auf, dass er auch ja keine Faxen macht.“ Er deutete dabei auf Mikasa und Armin, die im Grunde so oder so immer in Erens Nähe waren. Erwin verschwand daraufhin mit Rivaille in einen Nebenraum. Ohne dass sonst noch viel mehr passierte, machten sich alle Soldaten Trainingsbereit. Sie wurden auf ihren Übungsplatz geführt, wo bereits die ersten Titanattrappen warteten. Der Ort passte wunderbar für das Training im Umgang mit ihrem Manövrier-Gerät, denn ringsrum waren einige große Bäume gewachsen, auf denen sie sich festharken und landen konnten. Nacheinander begannen sie alle, sich hochzuschießen mithilfe ihrer Ausrüstung, sich an einem Ast festzuharken, sich daraufhin den Nacken der Attrappe vorzuknöpfen und diesen im Flug aufzuschlitzen. Für alle Anwesenden eine mehr oder weniger unspektakuläre Übung. Armin gehörte wieder mit zu einem der langsamsten im Feld, er war generell mehr der Taktiker, als dass er großartige Kampfkraft besaß. Eren beherrschte diese Übung widerrum ganz gut, in ihm braute sich, weil er sich nur schon wieder die Gesichter der Titanen vor dem geistigen Auge vorstellte, ein ganzer Haufen Wut zusammen, die er in Trainingsehrgeiz ummünzte. Aber er hatte sich gottseidank insofern unter Kontrolle, dass er selber nicht gleich zum Riesen wurde. Mikasa war generell, grade dafür, dass sie ein Mädchen war und auf dem ersten Blick eher zierlich wirkte, ungeheuer konsequent und ein echtes Naturtalent im Kämpfen. Von der Stärke her wurde sie von manchem annähernd auf den hohen Thron von Rivaille gesetzt. Sie schlitzten nacheinander ein paar der Attrappen auf, gaben ihr Bestes und niemand tanzte dabei aus der Reihe. Eren war schlicht und ergreifend bedeutend wacher als am Vortag und das merkte man auch. Und Rivaille war nicht im Sichtfeld, der ihn ablenken könnte. „Eren, ich muss dir etwas sagen“ Mikasa schnappte den Jungen in einer Pause kurz und nahm ihn beiseite. Sie wurde einwenig rot. An ihrem roten Schal zupfend, blickte sie ihn aus emotional aufgewühlten Augen an. Sie wollte immer noch geklärt wissen, was das Verhalten gestern von ihm sollte. Und sie wollte scheinbar sonst niemanden dabei haben. „Ich weiß, du wolltest gestern nicht darüber reden, und nein, du musst mir immer noch nicht ins Detail erklären, was los ist. Es gibt da aber etwas, was ich dir schon seit Jahren mal sagen wollte. Ich möchte, dass du dir das einfach zu Herzen nimmst und darüber nachdenkst“ Eren schluckte. Leicht begann, sein Herz zu zittern. Mikasa wurde noch eine Spur rötlicher, schob sich den Schal, der sie immer wieder an den Schicksalhaften Tag erinnerte, der sie und Eren in eine Familie zusammengeführt hatte, über ihre Nase. Sie hatte diesen Schal an jenem Tag von ihm geschenkt bekommen und seither sah man das Mädchen kaum noch ohne dieses wärmende Stück – selbst im Sommer. „Immer und immer wieder denke ich daran zurück, wie wir uns damals getroffen haben… es war und ist bis heute immer noch ein schwerer Tag für mich, den ich niemals vergessen werde. Es ist auch nicht zu entschuldigen, was mit meinen Eltern passiert ist… aber darüber darf ich auch nicht zuviel nachgrübeln… Ich bin aber dennoch, und das merke ich auch heute immer mehr, dir bis heute unendlich dankbar für das, was du für mich getan hast. Ich weiß nicht, ob ich hier sonst so überhaupt noch stehen würde, was mit mir sonst passiert wär.“ In ihren Augen bildete sich Feuchtigkeit, sie blushte noch deutlicher, dass man es unter dem Schal fast sehen konnte. Eren merkte auch diesen Stich in seinem Herzen, als er an besagten Tag zurückdachte. „Auch nach all den Jahren, nach den schrecklichen Vorkommnissen in unserer gemeinsamen Familie, nach den schlimmen Angriffen der Titanen, nach all diesen Verlusten, den die Menschheit seitdem ertragen musste… und besonders, nachdem du selber zum Opfer derer wurdest… und ich ernsthaft glaubte, du seist tot…“ Sie begann, zu schluchzen, ihr Herz aber schlug hoch bis fast unter den Mund und ließ ihre Stimme erzittern. Ihr Gegenüber schnaufte, blickte leicht schräg hinunter und kaute auf seiner Lippe. „…ich merkte, wie unglaublich wichtig du mir warst und immer mehr wurdest. S-So sehr… Eren… i-ich sehe dich… als mehr als nur e-einen großen Bruder an…“ Sie schluchzte, schluckte Tränen runter, nahm all ihren Mut zusammen. Sie nahm zittrig die Hand des Jungen, der sie entrüstet anblickte. Seine Augen weiteten sich leicht und wurden in der Tat ebenfalls feucht. „Als viel mehr… Du bist mein E-Ein und Alles… E-Eren… Ich liebe dich… über alles…“ Sie fiel ihm, nun doch einige Tränen weinend, auf die Brust. „Ich m-möchte dich nie, nie wieder missen, nie wieder Todesangst um dich haben… D-Denn wenn du nicht mehr bist, werde ich nie wieder glücklich sein!!!“ Eren hielt sie, leicht zitternd fest und stand erst mal da wie vom Blitz getroffen. Das war nun schon die zweite Liebeserklärung binnen zwei Tagen, die er naiver Heißsporn bekam. Und doch fühlte es sich bei seiner Adopitivschwester gänzlich anders an als bei Rivaille. Das Herz des Jungen wurde schwer, er bekam Mitleid mit dem Mädchen, welches scheinbar einen ganzen Packen angestauter Gefühle an ihm ausweinte. Sie war seine gefühlte Schwester, seit Jahren kannten sie sich, verstanden sich, bis auf unbedeutende Nickelichkeiten, so gut miteinander, wie es Eren mit niemandem zuvor tat. Sie war ihm auch sehr wichtig, und doch sah er in ihr mehr eine Schwester, auf die er sich verlassen konnte. „Ich werde diese Monster allesamt auslöschen eines Tages, und dann ist alles gut, versprochen“ zischte Eren ruhig, aber angespannt. „Und niemand von uns wird dabei sein Leben mehr lassen!“ Er nahm sie kurz in die Arme. Und sah, wie einer der Trainingspartner die beiden entdeckte und auf sie zu steuerte. Es handelte sich dabei um keinen geringeren als Armin. „Hey ihr beiden, wir sollen uns mal alle kurz treffen und uns besprechen, kommt ihr?“ rief er winkend. Eren ließ ab von Mikasa, die immer noch verheult aussah und am liebsten vor Scham komplett im Schal versunken wär. Aber es hilft ja nichts, sie mussten weitertrainieren. Einen gewissen Stein vom Herzen hatte sie sich allerdings abgeredet. Sie hatte Eren ihre starke Liebe gestanden, und das tat vorerst wirklich gut. Als Eren und Mikasa wieder zurückkamen, wurden sie von einem überaus finsteren Blick seitens Jean begrüßt. „Frauenaufreißer, pah“ grunzte er, zu seinen Ungunsten ein bisschen zu laut, aber schnell trat der weitere Plan auf dem Programm und riss die Aufmerksamkeit der Anwesenden an sich. Noch einmal wurde die Truppe auf eine Schar Titanattrappen losgelassen. Diese Art des Trainings wurde einfach so oft eingesetzt, dass es nicht mehr großartig erwähnenswert war. Die Soldaten schlitzten, mit heißen Willen und teils großem Ehrgeiz, die Holztitanen nieder, bemerkten, dass sie alle durchaus Profis waren im Umgang mit ihrer Ausrüstung, und dass sie gewappnet sind für die nächste, richtige Expedition in die weite Welt. Sie waren die Aufklärungslegion – ihre Mission war es einfach, außerhalb der Mauern die Welt zu erforschen, die Titanen zu beseitigen und, das gehörte zum Wunsch all der Menschen, den Ursprung derer zu ergründen. Dank Erens Fähigkeit, sich in einen der Riesen zu verwandeln und sich deren Kräfte zu bedienen, gilt der Junge als der Schlüssel zu diesem Mysterium. Zudem birgt dieser Schlüssel, den Eren meist um den Hals gekettet hatte und einst von seinem Vater als wichtiges Relikt überreicht bekommen hatte, bevor dieser aus mysteriösen Umständen verschwand und seit Jahren nicht mehr gesehen war, ebenfalls ein großes Geheimnis. Es wurde bereits dämmerig, als die Kämpfer sich langsam zurückzogen. Sie sollten sich ja im Esssaal alle wieder versammeln, was ein stück weit ungewöhnlich war. Als Eren reintrat, überraschte ihn ein gedeckter Abendtisch, an denen die vielen Soldaten alle dranpassten. Zumindest verhältnismäßig gedeckt. In der Mitte stand ein Kuchen aus Hefeteig, und ein Zettel lag davor ausgebreitet mit ‚Alles Gute zum Geburtstag, Eren ‘ draufgekrackelt. Eindeutig Hanjis Handschrift. Der Junge war perplex, alle anderen setzten sich und ließen ihm den Platz vorne mittig frei. Was war das denn? Brauchten diese Idioten extra einen Tag wie seinen Geburtstag, damit sie mal freundlich zu ihm waren? Können sie es sonst nicht mal sein? Eren seufzte, irgendwie war ihm das alles nicht geheuer. „Lasst uns ein bisschen feiern“ stieß Erwin, eine Flasche Wein hochhaltend, in die Runde. Es war bekannt, dass der blonde Mann sehr gerne Alkohol trank und damit Rivaille das ein oder andere Mal schon zur Weißglut getrieben hatte, weil er fast nichts davon vertrug. Die meisten der Anwesenden gossen sich Wasser und Tee in ihre Tassen, denn die meisten waren noch minderjährig. Auch wenn sie heute wirklich mal ganz freundlich zu ihm waren, außer Mikasa, die immer noch sentimental war, und Armin wollte sich keiner so recht mit Eren beschäftigen. Eher sporadisch nahm er einen Bissen vom Kuchen. Nachdem er noch kurz über das Training gesprochen hatte, ließ auch Armin von dem Jungen und schnappte sich eines seiner vielen Bücher. Mikasa begann, sich an seiner Schulter anzulehnen. Hanji indes schwärmte lauthals am Tisch von ihrer für alle vollkommen lebensmüden Vorstellung, in Frieden mit ein paar Titanen zusammenleben zu können, sie wie Haustiere zu behandeln und mit ihnen zu reden. Eren schüttelte den Kopf. Sie für Forschungszwecke gefangen zu halten, akzeptierte er vielleicht grade noch, aber mit ihnen ein Gespräch aufbauen zu wollen war doch absoluter Irrsinn, ganz zu schweigen davon, dass er nicht glaubte, dass sie überhaupt sprechen konnten oder gar die Menschensprache verstanden. „Oi, Eren~“ Das Herz des Jungen pochte plötzlich schneller. Das war Rivailles Stimme neben ihm. Hatte er endlich die Igno-Schiene beiseite geschoben?? „Willst du nicht was abhaben?“ Eren schluckte. Rivailles Wangen hatten ein gefährliches Rose angenommen, seine Augen wirkten matt und unecht. Er hatte schon einiges an Alkohol intus, wenn er so sprach. Er hockte neben ihm und hielt ihm ein Glas mit dicklicher Flüssigkeit entgegen. Der Junge schaute skeptisch, aber mit auffallend feurigen Wangen runter zu ihm. Noch nie hatte er etwas Alkoholisches getrunken, irgendwas daran ließ ihn immer wieder erschaudern. „Komm schon, kleines Geburtstagskindchen~ Du bist jetzt alt genug für ein Glas“ Eren zuckte zurück, stieß dabei Mikasa unbeabsichtigt von der Schulter und überlegte. Warum eigentlich nicht, er wusste schließlich nicht, wie er reagierte, wenn er mal einen Schluck aus seinem Glas nippte. Mikasa setzte sich erschrocken auf ihren Stuhl und beobachtete im Hintergrund das Geschehen. Dass er in dem Moment einen indirekten Kuss mit dem Corporal einging, verdrängte Eren mehr oder weniger. Ein feuriger, schmelzender, extrem süßer und im Abgang scharfer Geschmack breitete sich in seinem Mund aus. Rivaille lächelte süffisant. Im Nächsten Moment aber war der kleine Mann wieder eiskalt, als er den Jungen vor sich am Nacken griff und ihm ohne Nachfrage den Rest des ganzen Glases einschenkte. Eren verschluckte sich beinahe. Von dem Mädchen hinter ihm gab es gewohnterweise böse Blicke. Sie hasste es manchmal echt, wie Rivaille mit ihrem Bruder umging. Dieser setzte sich anschließend, nachdem der Schwarzhaarige ihn losließ, grade hin und merkte sofort, wie sich leichte Sterne vor seinen Augen bildeten und in seinem Kopf sich alles leicht drehte und waberte. „Sie haben ihm nicht ernsthaft etwas von diesem Schnaps trinken lassen, oder?“ fauchte Mikasa ungläubig. Rivaille stand auf, sah sie düster an und blickte auf sie herab. „Ach was. Das ist nur eine Übung~ Einmal im Leben muss er da durch, ich will sehen, wie er mit Alk zurechtkommt~“ Seine Augen zuckten vielsagend zur Seite, in Erwins Richtung. Der Commander war grade dabei, mit einem seiner Nebenmänner zu kuscheln, zu tratschen, dass er ja total der Meister im Klarmachen von Frauen wäre und lachte zwischendrin immer mal wieder das matte Holzbraun des Tisches aus – kurzum, er war sturzbetrunken von nur ein paar Gläsern. „Alles ist immer nur eine Übung, natürlich… Eren, geht’s dir gut?“ Mikasa versuchte, dem Jungen in die Augen zu blicken. Er hockte da auf dem Stuhl wie ein verfaulter Apfel. Er blickte leer nach unten und seine Hände zitterten leicht. In Wahrheit war dies der krampfhafte Versuch, sich gescheiht zu konzentrieren und an irgendwas sinnvolles zu denken, doch scheinbar war der Alkohol bereits dabei, seine Sinne zu vernebeln. Er konnte nicht mehr klar denken und sehen, aber er wollte seine Schwester auch nicht zu sehr damit konfrontieren. Er leierte daher ein leises „Ja, is alles ok“ in ihre Richtung. Rivailles Augen blitzten bedrohlich. „Ich kümmer mich ein bisschen um ihn, wenns genehm ist~“ nuschelte der Mann, nahm Eren, der schlapp wie ein benutztes Tuch sich ohne Wehr an ihm aufstützte und rot anlief, und blickte in Richtung der finster dreinblickenden Mikasa. „Keine Sorge, ich tu ihm nicht weh und fass ihn auch sonst nicht an. Ich pass nur auf, dass er keine Dummheiten anstellt, er ist schon nüchtern tollpatschig und dreckig genug“ Rivaille nahm hielt ihn, mit steigerndem Pulsschlag, fest und transportierte ihn nach vorne auf einen Stuhl. Eren selber bekam das nur noch so halb mit, wurde tomatenrot, was aber die wenigen, nüchternen Soldaten als Trunkenheitserscheinung deuteten. Verschwommen nahm er den eindringenden Blick des Corporals wahr. Es war schön. Auch deshalb, weil der Junge in dem Moment einfach mal sich nicht den Kopf über irgendwas zerbrach. Er konnte das grad einfach nicht. Er genoss es, wie Rivaille, selber merklich angeheitert, ihm zart über die feurigen Wangen strich. Wenigstens jetzt, wo alle wirklich mal gut drauf waren, feierten, lachten, keinen Gedanken an Titanen oder Kämpfen verschwanden, was wirklich ein seltenes Bild in der Truppe war, da konnte der Mann seine Hingezogenheit zu seinem Schüler etwas ausleben. Naja, fast alle waren erheitert. Mikasa saß noch einige Zeit bedröppelt und angewidert von Rivaille auf ihrem Stuhl, ehe sie sich nach stöhnendem Blick in die Runde, ein paar letzten Worten zu Armin, der die ganze Zeit wie gefesselt sein Buch las, aus dem Raum begab. Ihr wurde das wohl alles zu blöd. Armin folgte ihr nach ein paar Minuten besorgt, doch das erregte kaum Aufsehen. Eren bekam von Rivaille stattdessen ein weiteres Glas eingeschenkt. Der Junge machte das einfach so mit. Er war zu froh, dass der Ältere ihn nicht weiter ignorierte und genoss es einfach. Selten fühlte er sich so frei von jedem Gedankengang, so frei von Sorgen, so wohl, in der Nähe seines Vorgesetzten zu sein. Sein Herz hämmerte wie verrückt bei jeder Berührung des anderen Mannes. Erens Sichtfeld verringerte sich merklich weiter, irgendwie begann jetzt endgültig, alles zu wabern, zudem fühlte er sich, als würde seine Seele teils aus seinem Körper entweichen. Es war aber dennoch unheimlich schön, wie Rivaille ihn weiter mit seinen Händen wärmte, auch wenn er sein Gesicht nur noch sporadisch wahrnahm. Der Abend streckte sich hin, Eren wurde von seinem Corporal mit zwei weiteren Gläsern abgefüllt – da alle aber selbst erheitert waren und nicht auf das Tun der beiden achteten, merkten sie das gar nicht. Erwin war mittlerweile so dicht, dass er halb auf dem Tisch lag, diesen zusabberte und Liedchen trällerte. Hanji, die ja schon ohne Alkohol eine durchgeknallte Ader auslebte, sprang auf ihrem Stuhl herum und brüllte rum, als wolle sie damit Titanen anlocken. Der Rest feierte ebenso ausgelassen. Eren saß, vollkommen fertig, mit gesenktem Kopf und leeren Augen, wie ein Waschlappen auf dem Stuhl und wurde von Rivaille betascht. Der viele Schnaps hatte den Jungen in einen zombieartigen Zustand versetzt, er bekam nichts mehr mit. Mikasa hockte in ihrem Zimmer, auf einem Bett, und war fertig mit sich – sie hatte ihr Gesicht gänzlich im Schal vergraben und winselte. Der Abend ist gar nicht so verlaufen wie erhofft. Seit Wochen und Monaten hatte sie sich vorgenommen, Eren an seinem Geburtstag ihre Liebe zu gestehen. Sie wusste immer noch nicht, ob er davon irgendwas zurückgab, ob es wirklich stimmte, dass Eren zurzeit selbst Liebeskummer empfand. Am meisten Angst aber hatte sie davor, dass er durch den Alkoholeinfluss womöglich alles heute Geschehene vergaß. Dieser böse, unsäglich unanständige Rivaille!! So sehr wie in diesem Moment hatte Mikasa ihn noch nie gehasst. Das war schlimmer für sie als jede Prügelattacke seinerseits. „Was ist denn los? Es gefällt dir auch nicht, was der Corporal wieder mit Eren anstellt, seh ich das richtig?“ Armin hatte sich zu ihr gesetzt und hatte eine Hand auf ihre Schulter gesetzt. Es ist schon lange her, seit er das sonst so nervenstarke Mädchen dermaßen aufgelöst gesehen hat. Sie schilderte ihm unter Tränen ihre Angst. „Er wird das schon nicht vergessen. Wenn du magst, kann ich da auch mit ihm drüber reden, und zumindest versuchen, etwas mehr rauszufinden“ – „Nein… das ist eine Sache zwischen mir und ihm… ich weiß, du bist unser bester Freund, aber…“ Armin seufzte. „Naja, was anderes. Ist dir auch aufgefallen, dass Reiner und Berthold schon wieder gefehlt haben am Tisch? Ich finde es mehr als seltsam, dass die beiden sich so oft einfach abkapseln…“ Mikasa schüttelte den Kopf, winselte weiter in den Schal hinein und war einfach nur untröstlich. Der Versuch, vom Thema abzulenken, hat nicht so hingehauen wie erhofft. „Mach dir keinen Kopf wegen Eren. Ruh dich drüber aus und morgen ist wieder ein neuer Tag.“ Der blonde Junge wuschelte ihr durch die Haare, stand auf und verließ den Raum. „Gute Nacht, Mikasa“ Auf dem Weg zurück in den Gruppensaal bemerkte er ein leichtes Vibrieren unter seinen Füßen, was er zunächst als Gepolter der Feiernden vermutete. Doch das Vibrieren wurde immer stärker und gleichmäßiger. Er schreckte auf, sein Magen drehte sich um und er fing an zu zittern. Schnell warf der Junge einen Blick aus dem Fenster. Es war bereits dunkel geworden. Und eigentlich waren sie an dem Ort generell in Sicherheit vor den Titanen. Es konnten eigentlich keine der Monster unterwegs sein! Woher aber kam dieses Rummsen? Armin schluckte, ihm wurde schlecht und sein Essen würgte sich den Hals hoch. Ein großes Wesen, höher als das Schlossgelände, baute sich in der Ferne gefährlich auf. Ein Titan, definitiv, aber auch der einzige in Sichtweite. Und er war definitiv keine Einbildung! Denn lauten Schrittes näherte sich das gehäutete, nackte Wesen, welches an die fünfzehn Meter sicher rankam. Wie kam der denn hierher? Schnell, und ohne größere Vorwände, raste der blonde Junge zum Gruppenraum. Es lauerte Gefahr. Große Gefahr. Wenn der Titan das Gebäude erreicht, müssen die Soldaten einsatzfähig sein! Im Gruppenraum aber herrschte reges Treiben. Als Armin die nachricht weiterverbreitete, reagierte kaum jemand darauf. Das durfte nicht wahr sein!! War denn hier niemand mehr nüchtern? Bei dem Wort Titan müsste es eigentlich sofort klingeln!! Ausgerechnet Rivaille, der Eren neben einen Sandsack in der Ecke platziert hatte und diesen ruhig und sanft mit Streicheleinheiten bedeckte, als wäre der Junge dessen persönlicher Zuhälter, trat vor dem Blonden und starrte ihn finster wie eh und je an. Das Rose an seinen Wangen verschwand. Er schnippste, drehte sich um und erregte die Aufmerksamkeit der Masse. Zumindest von denen, die noch einigermaßen bei Sinnen waren. Der Mann war kaltblütig und für manch einen unausstehlich, aber er hatte eine Autorität, die in diesem Moment vielleicht von unschätzbarem Wert waren. „Los, Abmarsch, Ausrüsten und nachsehen!“ befahl er. Tatsächlich – viele der Männer und Frauen bewegten sich sofort zu ihm hin und waren noch bereit genug, was Armin etwas beruhigte. Doch das Stampfen des Titans wurde immer stärker. Und die Soldaten, die der Alkohol außer Gefecht gesetzt hatte, bereiteten ihm immer noch Sorgen. Auch Eren, der bis auf ein gelegentliches Stöhnen nicht weiter reagierte. „Du, Kleiner, kümmer dich um Eren, diese miese unfähige Kackbratze~ du bist ja eh kein sonderlich großartiger Kämpfer“ zischte Rivaille mit Eiseskälte zum eigentlich ein paar Zentimeter größeren Armin. Er hätte mit seiner Stimme ein Gewässer einfrieren können, so dermaßen kalt wurde dem Blonden Jungen. Etwas enttäuscht, aber ein vertrauendes Lächeln dem Mann entgegenbringend, begab sich der Junge zu Eren herüber. Zu gerne hätte er sich wirklich mal in einem Kampf bewiesen, dass er mittlerweile kein Feigling mehr wie einst ist. Aber es war wohl wirklich schlauer, jetzt auf Eren und die anderen aufzupassen. Hanji sprang aufgedreht zu ihm hin. „Kommt jetzt ein Titaaan~ zu mir??“ – „Ja, wir werden angegriffen, aber ich hoffe, dass Corporal Rivaille und die anderen sich um ihn kümmern werden. Er war immerhin alleine“ antwortete Armin standhaft bleibend. Wie konnte diese Frau immer so von diesen Wesen schwärmen? Sie stürzte sich Hals über Kopf aus dem Raum raus zu den Soldaten. Armin nahm den nach Schnaps riechenden Eren auf die Schulter. Er war so abgefüllt, dass er nicht mal mehr aufstehen konnte von selbst. Seine halbgeöffneten Augen waren leer und nach außen hin gerötet, er gab ein Rülpsähnliches Geräusch von sich und seine Haare waren ganz durcheinander gekräuselt. Irgendwie ein schreckliches Bild, selbst wenn er nach einer Schlacht aus dem Nacken und warmen Körper seines Titans austrat, wirkte er fitter. Rivaille und ein Haufen Soldaten, unter ihnen auch Jean, Connie und Sasha, die noch halbwegs bei sich waren, hatten sich schnell ausgerüstet, in Uniform geworfen und traten heraus. Sofort sprang ihnen das riesige Wesen, welches vielleicht noch Zehn Meter vom Schloss entfernt war, auf. Das Monster nahm die Menschen auch sehr schnell ins Visier. Es war schon mehr als fragwürdig, wie dieser Titan so einsam und allein hierhin gekommen war. Und die Tatsache, dass er jetzt stoppte und genaustens die Menschen mit seinen engen, goldgelben Augen, unter die Lupe nahm, machte das alles nicht weniger rätselhaft. Rivaille hatte seinen Untergebenen schnell binnen Sekunden einen Plan mitgeteilt. Ein Teil der Kämpfer verzog sich wieder, der Rest, Rivaille vorran, formatierte sich, ließ den Titan nicht aus den Augen und manövrierten sich auf Kommando mit ihrer Ausrüstung hoch auf die Dächer und umliegende Bäume. Der Titan stapfte, mit fiesem, stechenden Blick, auf das Schloss langsam zu. Das Vibrieren, welches die strammen Tritte des Riesen verursachten, ließ das Adrenalin der Soldaten schnell in die Höhe schnellen. Jetzt mussten sie vollends konzentriert bei der Sache sein, jetzt galt es. Jeder noch so kleine Fehler wird bestraft und das wussten sie alle ganz genau. Der Riese baute sich vor ihnen auf. Jederzeit wird er zugreifen. Die Soldaten aber blieben auf ihrem Posten, keiner von ihnen tanzte aus der Reihe um sich den Nacken des Titans vorzuknöpfen. Es war wie jedesmal ein Kampf um Leben und Tod, den sie hier bestritten. Rivaille stand mittig auf einem Haus, war äußerlich die Ruhe und die Konsequenz selbst, hielt seinen rechten Arm in die Höhe, als wolle er jederzeit den Angriff frei geben. Was mag der Titan als nächstes tun? Er war mehr als streng fixiert auf Rivaille, dessen Herz zu rasen begann. Es war nur noch eine Frage der Zeit, wann er ausholen sollte, um ihn auffressen zu wollen… Kapitel 6: Rivalry ------------------ „Armin?“ Eren blinzelte, sah mit vernebeltem Blick zur Seite und erkannte neben ihm seinen blonden Freund. Dieser war erleichtert, dass der Brünette zumindest wieder halbwegs zu sich kam nach dem Alkoholschock. Irre Kopfschmerzen und ein begrenztes Erinnerungs- und Denkvermögen aber waren bei dem Jungen immer noch vorhanden – ebenso war ihm einwenig schlecht. „Was is hier los?“ fragte er nuschelnd. Just in dem Moment bebte es gewaltig. Erens Herz zuckte auf, sein Unterbewusstsein war noch größtenteils intakt und sofort erahnte dieses die Nähe eines Titans. Er sprang auf und torkelte direkt zurück. „Eren, lass, setz dich bitte hier hin und ruh dich aus, du bist nicht fit für einen Kampf“ Armin stand neben ihm und hielt ihn fest. Obwohl der Junge offensichtlich noch immer alkoholisiert war, baute sich in ihm eine Wut auf. Er wehrte sich sogar gegen den Haltegriff seines Freundes. „Corporal Rivaille und die anderen kümmern sich schon darum. Bitte, Eren, begeb dich nicht unnötig in Gefahr!!“ Der Junge knirschte mit seinen Zähnen und hatte wirklich Mühe, ruhig zu bleiben. Seine größte Schwäche war es mitunter, dass er, besonders in Konfrontation mit Titanen, sehr schnell an die Decke ging. Bei Erwähnung von Rivailles Namen schleckte er sich kurz über die Zunge und ließ ein stöhnendes, sabberndes „Heeeiichou~…“ hören. „Heeeichou… ich will… dich…“ Eren fiel auf die Knie, seine Hände zitterten und seine Wangen färbten sich weinrot. Armin ließ ihn vor Schreck los. Wieder ein Rummsen, welches das Geschehen gerade wirklich passend untermalte. Der Blonde verstand das Verhalten nicht wirklich. „Was ist mit dir und Rivaille? Was willst du von ihm??“ drückte der wissbegierige Junge hervor. „Iiiiich….“ Zischte er, zog sich mühsam an einem vor ihm stehenden Stuhl wieder hoch, wär fast abgerutscht und blickte seinen Freund an, als stünde dieser seiner Liebschaft im Weg. „Ich wills ihm geben~ so richtig… dieser geeilen Sau~ Heiiiiichou~“ Erens Stimme klang seicht und gezogen wie selten. Schockiert fiel nun Armin zurück auf seinen Allerwertesten. ‚Das muss der Alkohol sein, in normalen Zustand würd Eren so etwas niemals sagen‘ dachte er, richtete sich auf und gab ihm einen Klaps. „So leid es mir tut, aber ich glaube, ein bisschen Ruhe kann dir grade wirklich nicht schaden. Komm mit.“ Wie ein Zombie ließ Eren, den eine plötzliche Müdigkeit befallen haben musste, sich hinterherziehen. Aber der Blonde steuerte nicht auf das Kellergeschoss, in dem Eren sonst immer untergebracht war, zu. „Los jetzt!!!!!!!!!“ Rivaille wirbelte durch die Luft, während er laut und deutlich diesen Befehl herausschrie. Wie auf Knopfdruck war der blitzschnelle, starke, eiskalte Mann dem Griff des Titans ausgewichen, der ganz eindeutig ihn im Visier hatte. „Wird gemacht!!!“ jubelte Hanji, eine Etage tiefer, voller Stolz. Auf einmal schossen, verdeckt hinter Gebüschen, hinter einer Kiste, und von überall herum Haken auf den Riesen zu. Der Plan konnte nur aufgehen, denn während Rivaille das Wesen ablenkte und dessen Fokus auf sich nahm, konnten die Soldaten unten sich für den Fang vorbereiten. Denn dadurch, dass dieser Titan nachts, alleine und genau hier aufgetaucht ist, musste er ein besonderes Exemplar abgeben – Grund genug, ihn für Forschungszwecke gefangen zu nehmen. Für Hanji ein willkommenes Unterfangen. Die Haken hatten sich in den hitzigen Körper des Monsters eingebohrt und diesen an großartigem Bewegen gehindert. Rivaille landete elegant auf den Haaren des Feindes, trat verabscheuend darauf rum und ließ sich ein abwertendes „Dreckiges unwürdiges Mistvieh“ ab. Viel bewegen konnte sich der Titan nicht mehr. Er richtete seine dunklen, hungrigen Augen nach oben, auf der Suche nach seiner Beute. Der Corporal machte eine schwunghafte, eindeutige Handbewegung. Hanji, die wusste, was das hieß, sprang freudig umher. Das riesige Wesen sollte in die Forschungsabteilung befördert werden, auf dessen großem Platz er nicht der erste Titan sein sollte. Zuvorkommenderweise gelang dies bei diesem Monstrum erstaunlich gut und problemlos. Rivaille überließ alles weitere dem Rest, nachdem er die ganze Aktion aus der Ferne beobachtet hatte. Er musste zugeben, er war stolz auf seinen Trupp, zumindest dem Anteil, der hier mitgewirbelt hatte. Sie verstanden seine Befehle, seine Denkweise mittlerweile so gut, dass bei Kämpfen und Gefangennahmen einzelner Titanen alles so reibungslos und ohne Verluste ablief. Seine Pläne waren eben einfach die besten. Gerade, wenn Erwin außer Gefecht war, handelte er sich den größten Respekt ein. Auf dem Weg zurück dachte er aber, zum eigenen Erschrecken, nicht an das Wohl seiner Kameraden oder sich selbst, sondern an Eren. Er fasste sich an den Kopf und wischte seine Haare zur Seite. Er wollte das nicht, aber der Junge spukte in letzter Zeit so verdammt oft in seinen Gedanken rum. Dabei hatte er sich doch schon darauf geeinigt, nicht mehr so oft an ihn zu denken oder gar an eine mögliche Beziehung zu glauben. Eine Beziehung? Mit seinem männlichen Schüler? Das war völlig absurd. Und dreckig. Und menschenunwürdig. Er schob den Gedanken dem Restalkohol, der sich in seinen Zellen befand, zu und verdrängte in gewohnter Manier jegliche Gefühle. Er ging streng, und ohne irgendwem Bescheid zu sagen, rauf in seine Stube. Soll Commander Erwin doch morgen in aller Frühe auf dem Tisch erwachen und sich Vorwürfe machen. Wie soll er sonst aus seinen Eskapaden lernen? Seufzend machte Rivaille es sich im Bad bequem. Er liebte es, sich den Dreck auf diese Weise von den Schultern zu waschen – nichts gab ihm ein wohligeres Gefühl, als einfach nur sauber und rein zu sein. Den Abend machte er nichts weiter, als die Zeit für sich und seinen Reinheitsfimmel zu nutzen. Die meisten anderen der Krieger kehrten wohlauf zurück, ein oder zwei blieben bei Hanji, die unbedingt die Nähe des festgeketteten Titanen brauchte. Zudem wollten sie auch einwenig über das riesige Wesen wachen, denn es war schonmal so, dass gefangengenommene Titanen des Nachts getötet wurden. Es wäre unglücklich, wenn das wieder passierte – nicht nur für die Fetischistin und Forscherin Hanji, sondern auch für den ganzen Aufklärungstrupp. Sie wollten immer noch herausfinden, was es mit den Wesen auf sich hatte. Den anderen Soldaten ging es soweit gut, sie waren müde, und gingen gähnend auf ihre Zimmer. - Wumms - „Argh“ Eren zuckte zusammen, hielt sich den Ellenbogen und stöhnte. Er musste sich an der Bettkante gestoßen haben. Und war wohl genau davon wachgeworden. Aber warum? Er blinzelte und sah in die Helligkeit, die in dem Raum erstrahlte. Das war nicht sein Keller, das erkannte er sofort. Der Junge richtete sich mühsam auf, presste seine Hand auf die Stirn, um die starken Kopfschmerzen irgendwie zurückdrängen zu wollen, und warf einen Seitenblick auf ein anderes Bett, welches neben seinem stand. Sein Herz hüpfte. Darin lag Mikasa, eingekuschelt und immer noch im Land der Träume befindend. Warum war er in diesem Raum? Und wo war Armin dann? Eren konnte sich an nichts erinnern, was gestern Abend abging. Das letzte, was er wusste, war, dass eben jene Mikasa ihm ihre Liebe gestanden hat. Und ihm war nicht wohl bei der Sache. Oft hatte er solche Gedächtnisaussetzer, wenn er eine Titanenverwandlung hinter sich hatte. „Nein.. bitte nicht…“ Er knackte, innere Aggressionen abbauend, mit den Fingern. Er hasste sich so sehr dafür, dass er sich in dieser Form manchmal nicht unter Kontrolle hatte. Rivaille würde ihn sicher eines Tages wirklich umbringen deswegen! Moment – Rivaille! Eren sprang auf, taumelte erstmal gegen den Stuhl, auf dem eine Decke und ein Kissen lagen, warf letzteres unabsichtlich runter bei der Aktion. Ihm war leicht schwindelig, und mühselig tastete er sich zur Tür vor. Dabei beförderte der kleine Tollpatsch sein Knie gegen den Türrahmen, er ignorierte seine Schmerzen bedingt durch die Trotteligkeiten aber in seinem inneren, unerklärlichen Drang, unbedingt Rivaille aufsuchen zu wollen. Nein, er wollte Mikasa nicht wecken und sie mit seiner Anwesenheit erschrecken. Dumm nur, dass sie durch seinen Krach bereits geweckt wurde und das Mädchen einen kühlen, beobachtenden Blick auf den rauseiernden Eren warf. Vielleicht begegnet er ja auch irgendwo Armin. Im Bad war zumindest jemand, er konnte das Platschen von Wasser vernehmen. Eigentlich wollte Eren kurz stehenbleiben, um zu schauen, wer denn die Person im Bad war, doch seine Füße trugen ihn weiter. Er – oder vielmehr sein Unterbewusstsein – sehnte sich nach Rivailles Nähe. Gegen diese Gedanken konnte der junge Mann gar nichts unternehmen. Aus Rivailles Mund hören, dass er nichts Böses angestellt hatte letzten Abend, das wäre jetzt die Erleichterung. Mit seiner einzigartigen, kalten und warmen Stimme zugleich. Aus seinen faszinierenden, stechenden, fast leuchtenden Augen strahlend. Dieser schöne, disziplinierte, gepflegte kleine Mann mit der aggressiven, eiskalten Ader konnte ihn einfach nicht anlügen! Eren kam schnell an Rivailles Gemach an, stand vor der Holztür und klopfte, ohne irgendwelche Hintergedanken daran zu hegen, dass sein Vorgesetzter ihn ja gerne mit Prügel bestrafte. Mit einem undefinierbaren Blick wurde der Junge von Rivaille begrüßt. Es war irgendwas zwischen seiner üblich verachtenden, einer überraschten und entsetzten Miene. „Oi Eren, schon so früh wach?“ feixte der Mann während er sich lässig an den Türrahmen lehnte. Sein Schüler grinste verlegen, wurde rot und nickte. Eigentlich war er ja mehr ein Langschläfer und immer einer der letzten, der morgens antanzte. Rivaille dagegen war um diese Uhrzeit für gewöhnlich immer schon putzmunter, so auch heute. Der brünette Junge verrenkte seine Arme ganz hektisch, was wohl ein Salutieren andeuten sollte, presste seine Brust raus und wollte ein obligatorisches „Immer zu ihren Diensten, Heichou!“ herausprusten, doch der kleine Mann nahm ihn, zog ihn an seinem Hemd stramm nach vorne und schmiss ihn fast in sein Gemach. Dabei fiel der verpeilte Junge auf die Knie. „Nich so förmlich, du kleines Biest!“ Rivaille ging mit blitzenden Augen um ihn rum, als wollte er den ohnehin schon auffallend nervösen Jungen noch mehr in die Knie zwingen. Wie ein Schoßhund blickte Eren kniend zu ihm hoch. „So, und jetzt guck nicht so abartig süß!“ Rivailles Wangen färbten sich dezent in Rosa. „Sag mir lieber, was du von mir willst! Putzen? Schläge?“ „N-Nein, Heichou!“ Der brünette sah ihm tief in die stechenden Augen, sein Herz schlug wie wild. „Ich möchte wissen, was gestern Abend passiert ist! Ich weiß nichts mehr davon…“ Der Corporal stöhnte, als wär er enttäuscht, dass er nicht ein bedeutsameres Anliegen hatte. „Habe ich wieder die Kontrolle über mich verloren? Bin ich zu einem Titan geworden??“ „Nein“ antwortete der Ältere sofort und schaute demonstrativ weg. Sofort schnaufte Eren erleichtert. Und dafür kommt dieser erbärmliche Bengel extra so früh angekrochen? Fragte der schwarzhaarige Sauberkeitsfanatiker sich in Gedanken. Es ist unglaublich, wie kann ein dummer, naiver Idiot wie er nur so außergewöhnlich… süß und anziehend sein… Nur schon so wie er da kniet… Der Mann kaute auf den Lippen und schluckte die Gedanken runter. Er durfte seine Gehobene Stellung nicht verlieren, schon gar nicht jetzt. „Du hast den Alkoholtest nur… alles andere als bestanden, mein kleiner Hosenkacker“ Eren sah verwirrt nach oben. Alkoholtest? „Ich hätte ja kaum gedacht dass du noch weniger verträgst als der Commander…“ Mit bohrendem Blick ließ sich Rivaille auf die Höhe von seinem Schüler nieder. Wieder trafen sich ihre Augen. Beide wurden rot und glühend auf den Wangen. „Es war ein Test, wieviel Alkohol du verträgst, falls du das irgendwie nicht begriffen haben solltest“ zischte er. Dass dies auch den Nebeneffekt hatte, dass der Ältere mit seinem Untergebenen aufgrund dessen Trunkenheit intimere Dinge anstellen konnte, ohne dass dieser es bemerken würde, verdrängte er schnell wieder. „Es ist völlig normal und es sollte uns allen auch bewusst sein, dass die alkoholischen Getränke aufputschen, aber auch widerrum sehr schnell schläfrig machen, aber vorallem nach und nach Gehirnzellen abtöten, weshalb man bei zuviel Konsum gerne mal alles vergisst~“ erklärte Rivaille lehrerhaft. „Warum ich dir das so sage? Weil ich der Meinung bin, dass du in Zukunft die Pfoten von Alkohol lassen solltest. Du hast dich in dem Zustand nämlich nicht mehr im Griff. Wenn da irgendwas falsch läuft, dann könnte das wirklich eskalieren!“ Eren nickte, legte dabei die Stirn einwenig in Falten und nahm sich vor, diesem Rat zu folgen. Ohne dass der Junge sich zur Wehr setzen konnte, zog ihn der Ältere rasch zu sich, legte seine Arme um ihn und drückte vorallem ihre beiden wild rasenden Herzen aneinander. „Versprich mir, dass du keine Dummheiten anstellst und auf mich erwachsenen Mann hörst, wenn ich dir so etwas sage, ja? Ich müsste dich umbringen, wenn es eskaliert.. und jetzt mal ganz ehrlich, ich möchte niemals in die Situation kommen müssen, dich töten zu müssen…!“ „Ja, Rivaille-heichou, ich verspreche es und geb mir Mühe!“ sagte Eren ehrlich, einen Stich im Herzen spürend. Er wollte ihn nicht noch mehr enttäuschen. Am besten nie wieder. „Und jetzt geh dich gefälligst duschen!! Du riechst nach Schweiß!“ fauchte Rivaille, ließ mit einem Klapps auf die Brust von ihm und verwieß ihn aus seinem Zimmer. Ohne noch irgendwas zu sagen, gehorchte Eren dem und verließ mit einem verlegenen Verbeuger den Raum. Der Junge schloss seufzend die Tür, hüstelte und schlug sich daraufhin gehässig auf die Stirn. Er wollte ihn doch unbedingt noch gefragt haben, wie und warum er in Mikasas Zimmer gelandet ist. Er ärgerte sich immer wieder darüber, dass er in all seiner Aufregung manches einfach verpeilte. Eine richtig blöde Angewohnheit. Mit hängendem Kopf trabte Eren in Richtung seiner Kellerzelle. Dabei wurde er von Mikasa und Armin beobachtet, welche am anderen Ende des Flures standen und ihm gefolgt waren, weil er sich ja einfach aus dem Schlafzimmer gestohlen hatte. Das Mädchen knirschte mehr denn je mit den Zähnen. Ihr Herz blutete. Da hatte sie ihm endlich ihre Gefühle gestanden und jetzt hatte ihr Bruder nur Augen für diesen unmöglichen Rivaille! Während Eren sich mit ein paar Eimern Wasser abduschte und säuberte, erwachte nach und nach die ganze Mannschaft. Auch Erwin kam zu sich und staunte nicht schlecht, als er sich auf dem Holztisch im Gruppenraum wiederfand. Eine solche Schlafposition hatte er auch selten gehabt. Schnell reinigte er den Tisch von seinem Sabber, zog sich ordentlich an, um seine Autorität wieder aufzubauen. Wie jeden Morgen sollten sich alle versammeln in diesem Raum. Auffällig verhielt sich von ihnen niemand, bis auf die Tatsache, dass Mikasa sich, anders als gewohnt, nicht neben Eren setzte. Rivaille hatte seinem Commander noch schnell etwas ins Ohr geflüstert, ehe dieser auf den Tisch klopfte und um Aufmerksamkeit bat. „Alle mal herhören. Gestern Nacht hatte es einen unvorhersehbaren Zwischenfall gegeben.“ Eren muckte auf, sein Herz raste und er hörte genauer hin. Hatte Rivaille ihm wirklich die Wahrheit gesagt? „Um es noch einmal zusammenzufassen, gestern Nacht wurde unsere hiesige Unterkunft von einem Titan angegriffen, was sehr ungewöhnlich ist und wir deshalb beschlossen haben, diesen gefangen zu nehmen und zu untersuchen“ Ein zustimmendes Raunen durchhallte den Raum. „Gibt es bereits Hinweise oder konntest du etwas besonderes beobachten an ihm, Hanji?“ Die angesprochene Frau hüpfte auf ihrem Stuhl rum, als konnte sie ihre Berichterstattung kaum abwarten. Ihre Augen glitzerten hinter der Brille. „Ja! Dieser Titan ist in der Tat kein gewöhnlicher seiner Rasse~“ Sie stand auf, legte einen Haufen Zettel vor sich ab und war ganz erpicht darauf, weiter zu sprechen. Als hätte sie die Sensation schlechthin entdeckt. „Ich hatte das außergewöhnliche Gefühl, dass der Titan alledem zuhörte, was ich erzählt habe, er hat sogar auf etwas geantwortet!“ Verlautbarte Hanji mit außergewöhnlicher Entzückung. Das war in der Tat besonders. „Er hat mich nicht als sein Futter angesehen wie meine anderen Titanchen, er kannte sogar meinen Namen!! Ist das nicht wundervoll?“ Wie vom Blitz getroffen blickten auf einmal alle, auch Rivaille, zu Eren herüber. Der winkte sofort verlegen ab. Selbst wenn hinter diesem Titan auch ein Mensch steckte, er wusste nichts davon. Er verstand ja selber nicht mal, weshalb er überhaupt eine solche Fähigkeit besaß. Mikasa sah als einzige demonstrativ von ihm weg. „Scheint jedenfalls eine der intelligenteren Exemplare zu sein“ fuhr Erwin standhaft fort. „Hanji, du forschst weiter und findest bitte möglichst unbeschadet heraus, ob der Titan ein solcher ist, wie der, in den Eren sich verwandelt, sprich, ob wir es im Grunde mit einem Menschen zu tun haben. Pass natürlich immer auf, aber das weißt du ja. Wir können dir und ein paar Assistenten doch sicher diese Aufgabe anvertrauen, oder?“ Hanji funkelte noch deutlicher hinter ihrer Brille hervor und nichts würde sie lieber tun, als den ganzen lieben langen Tag mit einem Titan abzuhängen. Sie nickte aufgeregt und konnte sich wohl keine glorreichere Aufgabe vorstellen. Sie war definitiv eine der verrücktesten unter den Soldaten mit diesem Tick. „An euch anderen: Wir bereiten uns auf die nächste große Expedition vor. Wir haben immer noch eine große Mission zu erfüllen. Eren ist auch nicht ganz ohne Grund hier und das wissen wir alle. Morgen zum Sonnenaufgang werden wir aufbrechen. Nutzt also den heutigen Tag als Vorbereitung und eventuelles Training. Und alle, bis auf Hanji und ihre Abteilung, kommen mit.“ Sein strammer Blick wanderte erneut herüber zu dem brünetten Jungen mit der Titanenverwandlungsfähigkeit. Alle anderen warfen sich gegenseitig entrüstete Blicke zu. „Wir dürfen Eren auf keinen Fall unbeaufsichtigt lassen. Er ist der Schlüssel zu dem Geheimnis um die Titanen, das dürfen wir nicht außer Acht lassen.“ Ein Raunen hallte durch den Saal. Eine von Sashas Frühstückskartoffeln plumpste zu Boden. Und Jean schaute mit einer derartig todeswütigen Mimik zu Eren rüber, als wolle er ihn allein dafür schon töten, dass er ständig wie etwas besonderes behandelt würde. „Wenn ich euch mal um die Aufmerksamkeit bitten dürfte…“ erhob Rivaille das Wort, Erens Herz sprang erhellt auf. „Ich würde gerne eine besondere Gruppierung unter meine Fittiche nehmen, die heute auch unter meiner Aufsicht sich vorbereiten wird. Das ist ein Befehl, also tut was ich euch sage.“ Erklärte er kühl wie immer. „Jean, Sasha, Connie, Mikasa, Armin und… Eren“ Bevor er den Namen des Letzteren aussprach, setzte er eine bedenkliche Pause ein. „Ihr kommt mit mir, verstanden?“ Die Angesprochenen erhoben sich, salutierten und verbeugten sich, der brünette Protagonist konnte sich ein kurzes Grinsen nicht verkneifen. Sie gingen in Reih und Glied aus dem Raum, die anderen teilten sich ebenfalls auf. Keiner von ihnen, bis auf Sasha und Connie, die sich gegenseitig Witze erzählten, redete ein Wort. Mikasa würdigte Eren keines Blickes. Man sah ihr förmlich an, dass ihr Herz dabei war, endgültig zu brechen. Zu zersplittern in alle Einzelteile. Seit Jahren war sie in ihren Adoptivbruder verliebt, sie hatte es ihm endlich gestanden, doch scheinbar juckte es den Jungen überhaupt nicht. Er brach ihr richtig das Herz in dem Moment. Sie konnte ihn einfach nicht ansehen. Jean, der etwas hinter ihr lief, tat sie ungemein leid. ‚Eren, du strohdummer, hitzköpfiger Arsch, merkst du wirklich gar nix?‘ dachte er sich zähneknirschend. Er fühlte sich selbst zu dem Mädchen hingezogen, doch dies zuzugeben, war ihm mehr als unangenehm. ‚Nie werde ich verstehen, was sie von diesem blöden Eren will! Sie sollte besser zu mir kommen, ich werde sie niemals so enttäuschen!‘ „So, aufstellen und tun was ich euch nun sage!“ befahl Rivaille, als sie auf einem großen Platz ankamen. „Ihr werdet jetzt untereinander ein bisschen kämpfen. Ich möchte da etwas ganz bestimmtes mit testen“ verlautbarte der raffinierte Corporal, der offenbar wieder irgendeinen Plan ausheckte. "Habt ihr so etwas in der Art nicht schon in eurer Ausbildungszeit gehabt? Also schaut nicht so entsetzt drein, ihr Küken. Ich teile euch ein“ Seine mystischen Augen funkelten, wodurch sein Blick noch grimmiger wirkte. „Hört auf mich, oder es setzt Todesstrafen, verstanden?“ Als wüsste er von deren natürlicher Rivalität, bekam Eren den großen, stämmigen Jean als Gegner, der sich bereits auf eine Schlägerei mit seinem heimlichen Erzfeind freute. Die beiden hatten sich schon öfter, auch in Rangeleien und Prügeleien in der Wolle. Da war ein Trainingskampf ja wohl keine Besonderheit oder etwas, wo man nicht auch mit all seinem innerlich aufgebauten Hass zur Sache gehen konnte. Der braunhaarige starrte seinen Gegenüber aggressiv an. „So, Pferdefresse, wird Zeit, dir mal wieder ein bisschen dein großes Maul stopfe!“ – „Das sagt der Richtige du kleiner Spast!!“ giftete Jean zurück, fixierte Eren, der keine drei Sekunden später, natürlich wütend geworden, mit der Faust ausholend zu ihm sprintete. Jean wich dem bedächtig aus, hielt Erens hitzige Faust mit seinen Händen auf, registrierte im Augenwinkel, wie der Junge hochsprang, um nachzutreten. Der Tritt Erens schleifte ihn lediglich an seiner Wange, so schnell konnte er noch reagieren. Jean griff mit eisernem Willen, es dem Kleineren Giftzwerg unbedingt beweisen zu wollen und vielleicht einen guten Eindruck bei Mikasa hinterlassen zu wollen, das Bein seines Gegners, klemmte es fest und griff mit der anderen Hand nach seinen Haaren. Doch Eren zappelte dermaßen wild, dass er sich aus dem Klammergriff befreite, sich auf seinen Händen abstützte und dabei noch gegen Jeans Kinn treten wollte. Der wich dem wieder, schnell reagierend aus, ärgerte sich innerlich über den missglückten Versuch des Haltegriffs, dachte sich aber indes schnell eine neue Strategie aus. Eren sprang hastig zurück auf seine Beine, drehte sich schnell um und holte erneut zum Schlag aus. Der Größere aber bewegte sich zunächst gar nicht, er ließ die Faust seines Gegners auf sich zu kommen. Das erbrachte genau den erwünschten Effekt, unterbewusst bremste Eren ein bisschen ab in der Schnelligkeit, irritiert durch die Reglosigkeit seines Gegenübers. So hatte Jean genug Zeit, einfach in die Hocke zu gehen, seine Beine elegant nach vorne zu schmeißen und schaffte es so, den Kleineren erneut von seinen Füßen zu holen. Eren fiel auf seinen Hintern, klammerte sich aber so stark an Jeans Uniformjacke fest dabei, dass er ihm diese fast auszog. Aber jetzt schaffte es der langsam äußerst angepisste größere Junge, seinen Gegner an den Haaren zu packen und ihn wie eine Puppe daran hochzuziehen. Eren starrte ihn bitterböse aus großen, feurigen Augen an. Seine Zähne versprühten Funken. Seine Faust zitterte. So, als ob er sich jederzeit in die Hand beißen wollte und somit die Titanenverwandlung auslösen könnte. Es fiel dem brünetten richtig schwer, nicht vollkommen auszuticken und dies zu tun. Jean legte ein fieses Lächeln auf, ehe er ihm rücksichtslos mitten in den Schritt trat, wohl genau Erens intimen Bereich trat und dieser mit einem ganz schrägen Gekreische nach hinten sprang und sich dort festhielt. Er war aber so definitiv außer Gefecht gesetzt. „Tse, Mistblag. Denken kann durchaus nützlich sein im Kampf, aber dazu bist du ja nicht in der Lage…“ feixte Jean erhobenen Hauptes. Und driftete ab, jedoch konnte er Mikasa durch die Aktion nicht sonderlich überzeugen. Sie starrte ihn verurteilend an. Alle anderen aus der Gruppe hatten den beiden im Übrigen bei ihrem kleinen Gefecht zugesehen, auch Rivaille empfand es fast als unterhaltsam, er stand mit verschränkten Armen an einen Baum gelehnt und trat nun in Aktion. Eren knirschte, innerlich vor Wut kochend auf die Zähne, hatte sich langsam wieder von dem mörderischen Schmerz in seinem Intimbereich erholt und wirkte wie ein heißblütiges Raubtier in einem Tigerkäfig, der jederzeit zubeißen könnte. Sein Temperament und seine gegenwärtige Wut auf Jean ließ den Erdboden dampfen. „Na, na, sachte, Eren“ sagte Rivaille lässig zu ihm und fasste ihm auf den verschwitzten Kopf. Eren drehte sich zu ihm und hatte wirklich Mühe, ruhig zu bleiben und nicht wie wild um sich zu schlagen. „Jetzt kämpfen wir. Ich bin noch nicht beeindruckt von dir, also los, schlag nur zu wenn du kannst“ Mikasa im Hintergrund schnaubte, aber sie war nach wie vor nicht bereit, auch nur einen Schritt auf Eren zuzugehen momentan. Der Junge stand mit zitternden Knien und immer noch zornig auf, an seinen Schläfen konnte man die Wutadern pulsieren sehen. „Was wollt ihr eigentlich alle von mir, hä?!“ fauchte er aggressiv. „Macht es euch etwa immer wieder Spaß, mich einfach so zu verletzen, ohne darauf zu achten, wie es mir dabei geht?? Gebts doch zu, ich bin für euch wirklich nur ein Monster, nur ein Stück Dreck, nicht wahr?!!“ Seine Augen brannten förmlich, er war ganz heiß angelaufen, es bildeten sich Tränen. Er zitterte am ganzen Leib. Die anderen traten mit skeptischer Mimik zurück, denn in der Situation könnte er jederzeit zum Titan werden. „Schlag mich, lass deinen ganzen Hass auf uns Menschen nur an mir aus, mein kleiner Scheißer. Ich langweil mich schon“ Rivaille gähnte und strahlte eine derartige Ruhe und Coolness aus, dass man eigentlich nur noch den Hut ziehen konnte. Denn Eren wirkte grade wirklich mehr wie ein tollwütiger Titan und weniger wie jemand der menschlichen Seite. „Eure verschissene Scheinheiligkeit!!!! ARGH!!“ brüllte der braunhaarige, sprang auf und holte zu einem extrem Wuchtigen Schlag aus. Auf Rivailles kühlem Gesicht huschte ein angedeutetes Lächeln. Er wehrte den Schlag seines Schülers mit seinem Unterarm ab, es tat tatsächlich ein bisschen weh und war mindestens eine Prellung, Erens Faust konnte doch ganz schön hart sein, musste der kleine schwarzhaarige Mann zugeben. Er steckte weitere Schläge seines Untertanen weg, alle sie hinterließen kleinere Schürfwunden, doch wirklich anhaben konnte er Rivaille mit den Angriffen nichts. Der Corporal stand da wie der Fels in der Brandung, wich einem Teil von Erens Schlägen elegant aus, fing andere widerrum ab und schien fast Spaß an der ganzen Situation zu empfinden. Im Hintergrund behielten sie ihren Respektabstand, Jean kicherte in sich hinein, weil Eren ja wieder einfach nur kopflos auf seinen Gegenüber einpreschte und wohl einfach nicht dazulernte, Mikasa konnte gänzlich nicht mehr hinsehen und begutachtete, innerlich mehr und mehr am Zerbrechen, den Steinboden. Jetzt endlich konterte Rivaille mit einem festen Fausthieb gegen Erens Wangenknochen und beendete das Kreuzfeuer auf seine Gestalt. Der Junge fiel neben ihn auf die Knie und stöhnte. Der kleine schwarzhaarige Mann war ohne Zweifel der Stärkste der Menschen, ein Schlag von ihm kann schon ganze Knochen brechen. So auch nun scheinbar den Kiefer seines Schülers, denn dieser spuckte auf der Stelle Blut. Dagegen waren die Schrammen an den Armen und Oberkörper des Mannes lachhaft. Mit seinem Fuß schob er den leicht verschobenen Mund des Jungen nach oben. Sein Blick kam dem einer gestrandeten Ratte gleich. „Test bestanden, Dumpfbacke. Und nun erheb dich“ zischte Rivaille herabblickend. Eren richtete sich auf, brauchte ein bisschen, um festen Stand zu bekommen. Dieser Schlag jedoch bewirkte, dass er einigermaßen runter und wieder zu Sinnen kam. Wie schon einst in dieser viel bedeutsamen Gerichtsverhandlung. Sein Mund war voller Blut gelaufen und wieder fehlten ihm zwei Zähne. „Ihr, trainiert weiter, ich kümmer mich um das Insekt hier, klar?“ befahl Rivaille, und zog den perplexen, verwundeten Eren mit sich und verschwand mit ihm hinter zwei Bäumen. Wie befohlen stählten die anderen der Gruppe untereinander ihre Körper. Sie waren alle so heilfroh, dass die Situation nicht eskaliert ist. Armin warf hin und wieder einen Blick zurück, doch sein Kindheitsfreund und Rivaille waren nicht zu sehen. Er fand das alles mehr als verdächtig. Dabei übte er ein bisschen mit Jean, dessen Ego richtiggehend aufblühte, Faustkampf. Er hatte es Eren sowas von gezeigt. Das machte ihm eine mächtig breite Brust. Zumindest, bis er auf die tieftraurige Mikasa blickte, die für ein Training keinen Kopf zu haben schien. Das fiel allen anderen schnell auf. Jean räusperte sich. Das war die einmalige Gelegenheit. Für ihn war klar, sie war furchtbar enttäuscht von Eren. Sie sollte spätestens jetzt von dem Kerl lassen und sich jemand anderen anvertrauen, sagte sich der aschblonde Recke und ging als einziger auf sie zu. Armin war ganz froh, dass er sich jetzt ein Herz nahm, denn er wusste, wenn das Mädchen diese Stimmung hatte, konnte er mit ihr nicht mehr reden. „Was willst du?“ murmelte sie finster, als sie Jean an ihrer rechten Schulter ausmachte. Der große Junge legte bedächtig einen Arm um sie, lief leicht rose an und schluckte. „Was ich will? Dir sagen, dass du dich ruhig auch mir und den anderen anvertrauen kannst, wenns dir schlecht geht. Du bist zerknirscht wegen.. Eren, richtig?“ Mikasa zuckte, ihre Augen blitzen und sie stöhnte. Nach wenigen Sekunden aber nickte sie. „Hör zu, mir ist ganz bestimmt nicht entgangen, dass der Bursche dir ganz wichtig ist, immerhin seit ihr ja sogesehen Geschwister!“ Er räusperte sich. „Naja, zugegeben, ich bin selber oft sehr grob zu ihm, aber das liegt auch daran, weil mich seine Dummheit und Einstellung manchmal wirklich aufregt. Der Kerl beißt sich damit immer ins Eigene Fleisch…“ Er würgte ab, als er eine Träne aus ihrem Auge kullern sah. „Komm schon, sei dir sicher, selbst wenn er dir aus eigenem Ego-Trip den Rücken kehrt..ich werde dir immer zuhören und dir beistehen, auch wenn ich so vielleicht nicht immer wirke“ Jean sprach so leise, dass es niemand anders mitbekam. Ohne weitere Worte schluchzte Mikasa all ihre Tränen runter. Sie musste stark bleiben, solange sie noch lebt und wenigstens ein Teil der Freunde hinter ihr stand. Niemals aber könnte sie Eren aufgeben, dazu liebte sie ihn viel zu stark mit all seinen Macken und Fehlern. Aber für den Moment tat ihr diese ungeahnte Nähe von Jean wirklich gut. Eren wirbelte herum, pflanzte sich leicht entnervt an den Baumstamm und starrte zu Rivaille hoch. Seine Kieferschmerzen ließen bereits nach. Aber er blickte einfach nicht mehr durch, was der Mann nun eigentlich von ihm wollte. Sie hatten doch schon so wundervolle intime Momente. Warum aber musste er trotzdem immer noch so niederschmetternd zu ihm sein? „Heichou…“ schnaufte er. „Was war das für ein Test eben?“ Der Mann hockte sich hin und schaute ihm kühl in die Augen. Das klassische Erröten beider folgte. „Ein Test, der mir bewiesen hat, dass auch bei dir Dödel noch nicht alles Hopfen und Malz verloren ist“ erklärte er leise und bedächtig. „Du bist richtig wütend geworden, hast uns mit einem Tonfall angebrüllt, der fast den Boden zum Vibrieren gebracht hätte… aber du hattest trotzdem nicht die Absicht, dich in einen Titan zu verwandeln. Was mir zeigt, dass du immer noch bei dir selbst warst. Und, das wage ich mal so salopp zu behaupten, du hast endlich nach Jahrzehnten gefühlt nen minimalen Fortschritt gemacht.“ Eren schluckte. Er musste wohl akzeptieren, dass er als Titanenwandler diese Sonderstellung im Team hatte. Das man ihn wohl aus Sicherheitsgründen solcher Persönlichkeitstests unterziehen musste. Da musste er wohl durch, auch wenn ihm diese Sonderbehandlung niemals schmecken wird – will er aber aktiv und effektiv gegen die Titanen antreten, musste er die vollkommene Kontrolle über sich haben. „Ihr tut das also alles nicht, weil ich für euch ein Monster bin, sondern“- „Du bist irgendwo ein Monster, ja. Aber du bist auch – und das vergiss nie – unsere größte Hoffnung aufs Überleben!“ Rivaille schnippste dem jungen Mann gegen die Stirn. Irgendwo, in sich drin, in seinem Herzen, hegte der Ältere einfach nur den sehnlichen Wunsch, Eren immer bei sich zu haben. Und jetzt, wo sich die Augen beider erneut trafen und sich mit feurigem Blick anschauten, gestand Rivaille sich wieder einmal ein, dass er wirklich Gefühle für seinen Schüler hatte. Sein sonst so kühlwirkendes Herz hüpfte auf. Eren selbst starrte fast besessen zurück und wurde rot. Es knisterte, fast so laut, dass man es in dieser beengenden Stille hören konnte. Der Junge konnte nicht anders, als ein leichtes Lächeln zurück zu geben. Was er an sich nicht oft tat, das Herz des Jungen war einfach durch all die schrecklichen Momente, die er erleben musste, zu geschädigt, um mit Freude durchs Leben zu gehen. Warum auch immer, dachte Eren wieder an diverse Szenen zurück, die seine innere Wut wieder aufstiegen lassen – das Bild von früheren Freunden vor Augen, wie sie als Titanenfutter endeten. „Oi, Eren… nicht“ Rivaille strich eine Träne, die plötzlich aus seinem Auge kullerte, vorsichtig ab. „Sauber gefällst du mir bedeutend lieber als vollgedreckt, weißt du das?“ Erens Herz hüpfte. Er zitterte und wurde rot. Rivailles sanfte, innere liebevolle Seite, wobei er besonders schätzte, dass er sie ihm zeigte, kam wieder hervor. Ohne Vorwarnung berührten die Lippen des Schwarzhaarigen die von Eren. Feucht wurde es auf seinem Mund, Warm wurde ihm ums große Herz. Es reichte aber aus, um die Sinne des jungen Mannes wieder zu vernebeln, um schon wieder die Erregung hervorzurufen. Dabei wollte er das eigentlich gar nicht – schon gar nicht hier. Rivaille aber ließ nicht von ihm. Mit seinen warmen Händen umschlung der Corporal den Hals seines Schülers, wärmte ihn und die Blutadern, die dadurchflossen. Seine Zunge fuhr wieder in seinen Mund und erforschte dessen Innenleben. Eren gab sich dem Hin, spürte die Schmetterlinge in seinem Bauch Achterbahnen fliegen und vergaß spätestens jetzt auch alle schrecklichen Gedankengänge und Erinnerungen an böse Titanenangriffe für einen Moment völlig. Er begann schon wieder zu stöhnen, Sabber braute sich in seinen Mundhöhlen zusammen und zerschmolzen mit dem Speichel, den sein Vorgesetzter ihm gab. Der Jüngere stütze sich zittrig am Boden ab und drückte sich gegen den Baum, Rivaille blieb ganz nah an ihm und hielt den Kuss so verbissen fest, als hinge sein Leben davon ab. Er konnte sich auch nicht zurückhalten und spreizte seine Beine, sodass er mit breitgelegten Oberschenkeln auf Erens Schoß hockte. Bei diesem konnte man auch deutlich den Hügel, der zwischen dessen Beinen hervorkam, erkennen, der durch die heißen Berührungen sich erst so aufstellte. Aber nichts anderes hatte der Sauberkeitsfanatische Mann im Sinn. Seine Vernunft, die er eigentlich immer beherrschte wie ein Meister, verließ ihn in der inneren Sehnsucht nach Eren und seinem Körper. Heiß an seiner Zunge schlürfend, fuhr der Mann in die Hose seines Schülers. Dieser ließ ein krächzendes Stöhnen von sich, setzte bereits zwischendrin mit der Atmung aus und schwitzte. Seine Hände hatten den Rücken des Schwarzhaarigen umarmt und fuhren zittrig und erregt auf und ab. Rivaille erreichte, hitzig und voller Leidenschaft keuchend, das Geschlechtsteil seines Untergebenen, flauschte dabei das verschwitzte Schamhaar von ihm und streichelte über den ganzen Bereich. Seinen Schüler machte das mehr als heiß, die Schweißperlen liefen in Strömen über sein glühendes Gesicht, Sabber entlief seinem Mund und seine Hände konnten einfach nicht anders, als lüstern in die Hose des Älteren zu greifen. Eren streifte ihm zittrig und stöhnend immer mehr die Hose runter und gab Rivaille die heißen Berührungen, die er bekam, teilweise zurück, dabei tätschelte er ihm grob über den Hintern und massierte diese Gegend. Alle Beide waren so von ihrer gegenseitigen, inneren, heißen Liebe und Leidenschaft erlegen, dass sie in ihrer eigenen rosaroten Welt waren und ohne Rücksicht auf Verluste immer intimer zur Sache gingen. Die anderen Soldaten waren gerade dabei, zu trainieren, waren einige Meter von den Bäumen, hinter denen sich die beiden Männer verschanzt haben, entfernt und achteten gar nicht auf das, was sie trieben. Zumindest fast alle. Armin war bereits sehr schnell wieder am Ende seiner Kräfte, klinkte sich einwenig aus und wollte sich zunächst nur ausruhen. Unbedenklich trabte der Blonde einige Schritte zur Seite um zu rasten, doch von hier konnte er im Augenwinkel etwas betrachten. Armins Herz fiel vor Schreck in die Hose, er ging auf die Knie, stützte seine Hände stramm in den Erdboden und schrie einen stummen Schrei heraus. Was er sah, war so ziemlich mit das Schockierenste, seitdem Eren ihn damals aus dem Mund des Titanen geschmissen hatte und selber gefressen wurde. Er musste mehrfach hinsehen, um das wirklich zu registrieren: Eren und Rivaille haben eine Affäre. Sie waren… doch nicht etwa schon zusammen, ein Liebespaar, ein schwules Pärchen noch dazu? Ungläubig starrte der blonde Junge des Erdboden an, es fiel ihm wie Schuppen von den Augen. Das war es also, was Eren so ablenkte, das war es, warum sein Kindheitsfreund unter anderem heute Morgen das Zimmer des Corporals aufgesucht hatte anstatt ihn oder Mikasa zu befragen. ‚Das ist die Person, in die Eren verliebt ist… Aber… warum?‘ fragte Armin sich im Innern, denn damit hätte er niemals gerechnet. Eren und Rivaille hatten die Außenwelt gänzlich aus ihren Gedanken gestrichen. In diesen Sekunden gab es für sie nur noch sich und ihre Liebschaft. Der Ältere war soweit fortgefahren, dass er von Erens Mund abgelassen hatte und hinunter in seinen Intimbereich gewandert war. Dem Jüngeren lief der Sabber nur weiter so aus dem Mund, er stöhnte immer schneller und lauter. Das Gesicht des Älteren war in Erens Halbgeöffneter Hose vergraben und er lutschte an dessen feuchten, aufgestellten Glied und genoss es in vollen Zügen. Dabei klammerte sich der Schwarzhaarige besessen an dessen Beine fest. Klar denken war nicht drin bei beiden. „H-Heichouuu“ krächzte Eren, halb am Ersticken. Durch seinen ganzen Körper zog sich eine elektrisierende Hitze, er zitterte, er schwitzte und zuckte. Rivaille ließ von seinem Intimbereich ab, sein Mund war ganz weiß und vollgeschleimt. Nicht auszumachen war, ob es nur Sabber war oder vielleicht auch andere austretende weiße Flüssigkeiten. Doch nicht mal an Sauberkeit dachte der Ältere gerade. „Gibs mir…“ stöhnte er, selber schweißgebadet und glühend. Rivaille drehte sich um, legte seinen Rücken zittrig frei und posierte sich so, dass Eren quasi nur noch ‚zustechen‘ musste. Dieser, selber vollkommen im Rausch, verstand instinktiv sofort, was sein Vorgesetzter wollte. Er nahm ihn, drückte den gut gebauten, nahezu schrammenlosen und schönen Rücken des Älteren an sich und drang unten rum so schnell in ihn ein, dass beide kurz aufschrien. Der Junge sabberte den anderen Rücken voll, beide zitterten, schwitzten, und doch war es mit das schönste und göttlichste Gefühl, was sie je verspürten. In einer Zeit, wo die Menschheit nahezu ausgerottet war und sie im Grunde tagtäglich ums Überleben kämpften, waren solch wunderschönen Momente rar gesät, weshalb beide das intensiv und leidenschaftlich durchzogen. Ohne zu ahnen, dass Armin ihnen die ganze Zeit zusah. Für den jungen blonden Strategen war spätestens der Anblick dieses Eindringens zuviel. Es lähmte ihn. Niemals hätte er gedacht, dass ihn so etwas mal erstarren lassen könnte. Doch jetzt schrie Armin, dessen Herz in den Oberschenkel gerutscht war, laut auf, fasste sich an den Kopf und starrte völlig entsetzt in den Himmel. Und er erregte die Aufmerksamkeit der anderen Soldaten. „Was…?“ riefen Mikasa und Jean im Chor. Letzterer hatte permanent diesen Rotstich auf den Wangen. Armin stand auf. Wie ein Zombie trat er zu ihnen rüber. Unmöglich konnte er ihnen sagen, was er zwischen Eren und Rivaille beobachtet hatte. Er fühlte sich schon wieder so schlecht, wie ein Spion, wie jemand, der nur im Weg war. Dabei hatte der blonde Junge das gewiss nicht mit Absicht gesehen. „Ach, nur ein Tagtraum. Ich musste nur wieder an den Titan von gestern denken, macht euch keine Sorgen“ murmelte er mit der Gewissheit, dass es eine Lüge war. Eine Notlüge, um sich, Eren oder sonst wen zu schützen. Sie hatten genug andere Sorgen. „Macht ruhig weiter“ er winkte ab, lächelte süffisant und verlegen. Mikasa seufzte. Sie ahnte, irgendwas hatte er bemerkt, und irgendwas hat Eren schon wieder getrieben. -PAMM!- Es blitzte. Es rummste, wie aus dem Nichts. Wieder schrie Armin vor Schreck, alle anderen richteten ihren Blick auf ihn. -RUMMS!!- Es bebte leicht. Die Augen der Soldaten wirbelten panisch herum. Ein Titan? War es vielleicht Eren?! Armins Herz schlug ihm heftig gegen den Hals, die Angst breitete sich aus. Seine Augen sahen aus der Nähe des Schlosses dichten, grauen Qualm aufsteigen.. Kapitel 7: Resumption --------------------- Danke für die ganzen Favoriteneinträge und Kommis, das freut mich immer ungemein 3 *kekse geb* Hier nun endlich das neue Kapitel... viel Spaß damit -------------------------------------------------------------- Den Soldaten stockte der Atem beim Anblick der Rauchwolke und augenblicklich ruhten die Blicke von ihnen auf Eren und Rivaille, die wie von der Tarantel gestochen hinter dem Baum hervorkrochen. „Verdammt“ fluchte der Corporal in den Wind, sprintete rüber zum Schloss und ließ Eren wie bestellt und nicht abgeholt zurück. Der Rest sah sich daraufhin verdächtigen Blickes um. Ein Titan war nicht aufgetaucht, den hätten sie gesehen und er hatte sicher schon einen Teil des Gebäudes zerstört. Der Rauch kam zudem aus dem Innenhof, wie sollte da ein Titan hinkommen, wenn nicht Eren sich verwandelt hätte? Ungeachtet von Mikasa, die Schnurstracks und pflichtbewusst zur Problemstelle schnellte, stand der braunhaarige Junge immer noch schwitzend am Baum. Ihm ging das alles viel zu schnell. Er musste den Gefühlsrausch mit Rivaille von eben noch verarbeiten. Die mögliche Gefahr schien ihm noch gar nicht bewusst. „Eren, komm mal schnell mit, da muss irgendwas passiert sein!“ rief Armin ihm panisch im Vorbeigehen zu. Der Junge wischte sich nervös durch die Haare, schnaufte und schluckte. Dann endlich schenkte er der Rauchwolke am Himmel Beachtung. Sein Herz sprang auf. Er wusste, dass das aus der Nähe des Ortes aufstieg, wo Hanji ihre Experimente mit den Titanen durchführte und sie gefangen hielt. Durch die aufgewühlte Menge drängelte sich Eren schnell durch, hastete durch die Gänge und kam fast als erstes in den Hof. Da stand Rivaille. Fast reglos. Vor ihm dichter Qualm. Das Herz des Jungen schlug Purzelbäume, teilweise wegen der Anwesenheit seines Vorgesetzten, aber auch aus Angst vor dem, was sich hinter dem Rauch verbarg. Hinter sich machte der Brünette Junge einige gellende Rufe und Panikattacken aus. „H-Heichou….!“ Der Nebel lichtete sich und Eren bremste abrupt ab – vor Schock. Hanji lag da, neben dem Pfahl, wo sie offenbar den Titan von gestern festgehalten hatte. An ihrem Unterleib klaffte ein blutendes Loch, ebenso hatte sie eine Platzwunde an der Stirn, die Brille war auf einer Seite zerscheppert. Ein Anblick, der wieder mal Erens Magen gehörig ins Schwanken brachte. „Bleib zurück“ befahl Rivaille gewohnt kühl. Eren wollte ihm die Hand, die er vor den Jüngern hielt, wegschlagen. Zu aufgebracht war der Braunhaarige. „Was ist passiert??!“ dröhnte er panisch mit aufgerissenen Augen. Der Corporal hinterließ ein kurzes, feixendes Lächeln. Erens übermäßiges Temperament, es war auf eine Art furchtbar nervtötend wie amüsant. „Es…es ist alles gut… mit mir…“ krächzte die Wissenschaftlerin vor ihnen schwach. „Die kriegen mich schon wieder hin… aber mein Willi… Er ist… verschwunden“ „Du meinst bestimmt den Titan!!“ gröhlte Eren laut, schubste seinen Vorgesetzten leicht weg und kniete sich vor ihr. Dieser erdolchte ihn daraufhin mit seinen Augen – so etwas gehörte sich gar nicht, abrechnen aber würde er eh erst später. Das Wohl Hanjis schien auch ihm wichtiger in dem Moment. Die ersten Sanitäter kämpften sich glücklicherweise zu ihr durch. „Dabei war… er so freundlich… er kannte meinen Namen… er dachte nichtmal daran, mich zu fressen…u-und“ – Eren machte eine abrupte Handbewegung, die bedeutete, dass Hanji sich ruhig verhalten sollte und am besten still da liegen blieb. Eine schwere Aufgabe für die sonst so überdrehte Frau. Rivaille bedachte seinen Schüler weiterhin mit drohenden Blicken, aber seine Wange färbte sich rot. „…Ich glaube, er hat verstanden, w… was ich gesagt habe… Vielleicht…. Vielleicht“ – Sie stoppte und spuckte röchelnd Blut. Eren hechelte. „Wir lassen dich erstmal behandeln, gleich treffen wir uns alle im Gruppenraum. Scheint eine wichtige Info zu sein… und auch du Stinker wirst aussagen“ verlautbarte Rivaille kühl, zog Eren harsch an dessen Hand hoch und von Hanji weg, die weiter versorgt wurde. Der Junge war damit aber nicht zufrieden. Er wollte mehr wissen. Jetzt. „Heichou, was soll“- „Sei still, Bengel. Halte dich gefälligst mal an einen Befehl!“ schnaubte der Ältere betont mechanisch. Im Moment zeigte er wieder mal die eiskalte Schulter. Die anderen wuselten auch, nachdem sie von der Lage erfahren hatten, herbei in den Raum. Tatsächlich waren bis auf Hanji und ein paar Sanitäter alle anwesend. Bis auf die seit drei Tagen verschollenen Soldaten Walter und Herbert. Erwin als ihr Anführer stand vornean und wies die Soldaten auf ihre Plätze. Eren aber behielt er vorne am Tischkopf, genauso wie Rivaille. Die Autorität des blonden Recken war bemerkenswert. Eren wusste, dass er schon seit einigen Jahren in dem Aufklärungstrupp aktiv war und auch schon seit längerer Zeit dort eine tragende Rolle spielte. Fast jeder sah zu ihm auf. Während vor Rivaille die meisten vielmehr Angst haben und dessen Befehlen zum großen Teil aus Angst vor Bestrafung folgten, taten sie es bei Erwin aus Bewunderung und Vertrauen. „Werte Mitstreiter und Untertanen, die Lage wird immer prekärer“ sprach er mit starker Stimme. „Wir, als Aufklärungslegion sind die Hoffnung der Menschheit. Es ist an der Zeit, wieder in Aktion zu treten und den gemeinsamen Schritt außerhalb der Mauern zu wagen. Wir haben noch wichtige Missionen zu erfüllen und können uns nicht ausruhen“ Ein Raunen zog durch den Raum. Sie alle waren sich ihrer Verantwortung bewusst, und auch darüber, wie sehr am Rande von Leben und Tod sie agierten. Ehrfurcht machte sich breit, auch in Eren. Aber in dessen Herz entflammte just in dem Moment wieder dieser Wille, dieses eingebrannte Ziel… die Auslöschung der Titanen. Er begann wieder zu knurren. „Tsch“ zischte Rivaille in Richtung des angespannten Braunhaarigen. Dann wurde Hanji auf einer Trage liegend in den Raum gefahren. Sie lächelte schief, immer wieder rutschte ihr die Brille von der Nase. Ein kurzer Schockmoment für die Meisten. „Zunächst aber gibt es nun eine Berichterstattung von Hanji Zoe und Eren Jaeger bezüglich der Vorfälle gestern und heute“ fuhr Erwin bestimmend fort. Hektisch fuhren die Arme von der Titanenfetischistin durcheinander. Sie wiederholte hechelnd und mit einem irren Funkeln in den Augen ihre Erkenntnisse von Eben. „…ich… ich meine damit… das womöglich nicht alle Titanen~ die Absicht haben… uns zu verspeisen…“ stammelte sie schwach, jegliche Schmerzen aus der Bauchgegend verdrängend. „Die Absicht hab ich auch nicht!!!!“ warf Eren plötzlich ein. Und kassierte dafür eine Kopfnuss von Rivaille hinter ihm. Der Junge zuckte und knurrte erneut. Jean stöhnte laut und angenervt. „Lass sie doch erstmal ausreden“ „Ich… ich glaube, wenn wir gründlich weiter forschen… und Kontakt mit ihnen aufnehmen… vielleicht reden sie j-ja mal mit uns…“ summte Hanji stockend, mit einem Blick, als hätte sie im Lotto gewonnen. Eren und einige andere seufzten im Chor. ‚Na klar, Freundschaft mit Titanen schließen, das werde ich niemals..!‘ schoss es durch den Kopf des Brünetten. „Ich hoffe, m-meinem Willi geht es gut… Und er kommt… zu mir zurück…“ keuchte die Brillenträgerin mit Wahnsinnsblick. In ihrem Auge aber bildete sich eine Träne. „Darf ich??“ Eren richtete sich, innerlich immer mehr kochend, auf. Niemand widersprach ihm. Erwin nickte kurz. „Ich glaube, dass das hinter dem Titan ein Mensch steckt!!!“ polterte er wie aus der Pistole geschossen und blickte aggressiv in die Runde. Alle, bis auf Mikasa, die es vorzog, ihre Schuhe zu begutachten, starrten ihn entsetzt an. „Ich hab ihn nicht gesehen und dummerweise weiß ich auch nicht, wie genau das gestern abgelaufen ist… aber es ist hier niemand zu Schaden gekommen..und vorallem kannte er Hanjis Namen“ Rivaille hüstelte. „Und er wollte sie nicht fressen, sondern scheint sie anderweitig verletzt zu haben…“ Die stechenden türkisfarbenen Augen des Jungen wanderten durch die Reihen, als wolle er mit seinem Blick Verdächtige ausfindig machen. „Es kann gut sein, dass sich hier unter uns noch ein anderer Titan Shifter außer mir befindet!!“ Seine Stimme brannte, ein paar der Anwesenden zuckten zusammen deswegen. Die Blicke der Soldaten waren allesamt unauffällig, beängstigt bis hin zu Ich wars auf keinen Fall. Verdächtig wirkte niemand. „Das ist nur eine Behauptung“ mutmaßte ein blonder, gut gebauter muskulöser Mann in die Runde und durchbrach das Fünfminütige Schweigen. „Bevor wir dafür keine Handfesten Beweise haben, ist es kontraproduktiv, Panik zu schieben oder jeden Einzelnen haltlos zu verdächtigen“ erklärte Reiner, der stämmige Hüne, vor dem auch einige Respekt hatten. In ihrer Ausbildungszeit war er bereits jemand, dem man im Grunde vertrauen konnte und verlässlich war. Ein Soldat wie er im Buche steht. „Das stimmt!“ rief Jean und gestikulierte wild. Gegen Eren zu argumentieren, das war immer wieder eine Genugtuung für ihn. Ein allgemeines Bejahen folgte. Armin jedoch fixierte mit seinem prüfenden Blick immer noch Reiner. Bevor der aufgewühlte Eren protestieren konnte, ergriff Erwin wieder das Wort. „Konzentrieren wir uns auf unsere Mission. Morgen in aller Frühe werden wir in geschlossener Truppe zur nächsten Expedition aufbrechen. Mit dem Ziel, bedeutendes Wissen über die Titanen zu erlangen und Mauer Maria zurückzuerobern und wieder aufzubauen!“ Diese bedeutenden Worte unterstreichend, salutierte der Commander stolz. Alle, auch Eren, wenn auch mit einem äußerst genervten Blick, machten es ihm nach. Sogar Hanji in ihrer Liegeposition. „Nun, stärkt euch nochmal und dann macht euch bettfertig. Morgen in aller Frühe treffen sich ALLE wieder hier. Und es verspätet sich KEINER, verstanden?!“ „Jawohl, Commander!“ antworteten die Soldaten im Chor, mehr oder minder motiviert. Ohne noch ein stärkendes Wort zu Eren zu sagen, verschwanden Rivaille und Erwin aus dem Raum. Der brünette Titanenwandler verließ, nachdem er sich ein bisschen Brot und Milch auftischte, auch schnell den Raum. Er verabschiedete sich mit einem kurzen „Nacht“ in Richtung Mikasa und Armin, wo nur letzterer zurück grüßte. Am Abendtisch entstanden es wie so oft Diskussionen, es würde teilweise über Eren getuschelt und gelästert(wobei sie immer darauf achteten, dass er nicht im Raum und Mikasa außer Hörweite war). Sasha und Connie waren auch an diesem denkwürdigen Abend für das Witzekabinett gut und Armin widmete sich erneut einem seiner vielen Bücher. Eren warf sich in seiner Kellerzelle aufs Bett und stöhnte. Er hasste es einfach so sehr, wenn man seine Meinung weder akzeptierte noch ernst nahm. „Argh!!“ Zornig knallte er sein Essen auf den kleinen Holztisch neben seinem Bett, wodurch ein Teil der Milch auf dem Boden landete. „Diese Pisser! Die schnallen auch nichts!!“ Er verschlang seine Mahlzeit gegenwärtig aggressiv und versuchte, sein Augenmerk auf die morgige Mission zu lenken. Was schwierig war, immer wieder kamen dem Jungen diese feisten Blicke der Menschen da oben in den Sinn. Oder, noch schlimmer, dieser erfrierende Blick von Rivaille. Das Herz des Jungen brannte. Es half doch alles nichts. Vielleicht war es nun wirklich das Beste, einfach eine Nacht darüber zu schlafen und morgen fit für den Aufbruch zu sein. Gähnend kuschelte er sich daraufhin in sein Bett ein und nach wenigen Minuten war er tatsächlich in das Reich der Träume gesunken. „Eren!!“ Ein schriller Schrei. Ein berstender Schmerz. Ich riss die Augen auf, nur um zu sehen, dass ich mich in einem Luftleeren Raum befinde. Ich… ich fühlte mich so leer. Bin ich etwa im Kampf gefallen, vielmehr verschlungen worden? „EREN JAEGER!!! Komm her!!“ Mein Herz wurde kalt, als ich zuerst die Stimme Rivailles um mich erkannte und daraufhin einen deftigen Schlag im Nacken spürte. Mein Oberkörper war gänzlich nackt und an fast allen Stellen dort brannte es. Doch ein Wort herausbringen konnte ich nicht. „Ich bring dich um!!!!!!!!“ Sofort drehte ich mich um, spürte das Adrenalin durch die Adern rauschen, sprang zur Seite und speite Luft. Was war nur in Heichou gefahren, warum wollte er mich plötzlich töten? Als ich meine Finger nervös zusammendrückte, fiel es wie Schuppen von den Augen. Ich hatte die Kontrolle verloren, ich bin wieder zum Titan mutiert obwohl ich es nicht wollte. Ich habe womöglich Kameraden auf dem Gewissen. Ich… ich hasse mich so sehr für all das… für meine Kräfte, für meine Hilflosigkeit. Die Welt war nur ungerecht. Gepeinigt wartete ich darauf, wie Heichou mich jede Sekunde um die Ecke bringen würde. Ich würde mich nicht wehren. Es hatte keinen Sinn, ich habe mich, ich habe euch, und vorallem die Liebe von Rivaille-Heichou verspielt und verloren. Nichts passierte, Stille herrschte vor. Ich schloss meine Augen und dachte noch einmal an alle meine Freunde, allen Voran Mikasa und Armin… Immer noch nichts…. „EREN!!!“ Unterdessen brach allmählich der Morgen an. Für Sechs Uhr war das Treffen der Mannschaft geplant und in der Tat hielt sich auch so ziemlich jeder daran. Rivaille war einer der ersten, die da waren, wie so oft, doch schnell bemerkten sowohl er als auch die besorgten Mikasa und Armin, dass Eren fehlte – als einziger. Direkt bildete sich eine Wutader auf der Schläfe des Corporals. Bevor sie sich in großer Runde grüßten, räusperte sich der Mann und grummelte vor sich hin. „Entschuldigung, soll ich nicht vielleicht mal nach Eren schauen?“ – „Ich kümmere mich um dieses Drecksblag!“ entgegnete Rivaille der Aussage von Armin. Das Getuschel startete von Neuem. Mit einer Wut darüber, dass Eren offensichtlich wieder verschlafen hatte, marschierte der Sauberkeitsfetischist nach unten. „Dieses… Miststück…“ knurrte er. Innerlich mischten sich bei dem Schwarzhaarigen Wut und Verzweiflung zusammen. Ausgerechnet heute. Warum konnte dieser Junge nicht an so einem wichtigen Tag mal pünktlich sein und die Ordnung wahren?! Wie erwartet lag Eren noch immer eingekuschelt in seinem Bett und reagierte auch nicht auf die Ankunft Rivailles. Seine Augen waren geschlossen, jedoch zusammengekniffen und er atmete auffallend schwer. Wutentbrannt schritt der Schwarzhaarige auf den Jungen zu. Er riss sich aggressiv eines seiner Tücher aus der Tasche und holte zu einem peitschenartigen Hieb auf Erens Gesicht aus. Er stockte aber, als er ein wimmerndes ‚Heichou.. ich… ich will nicht sterben….‘ des Jungen vernahm. Die Schweißperlen auf seiner Stirn fielen ihm ebenso auf wie eine Träne, die aus dem rechten Auge seines Schülers tropfte. Sich Gefühle abschüttelnd, schlug Rivaille dennoch zu, ausgesprochen hart traf er dessen Wange und ihm entfuhr ein strenges „EREN!! WACH AUF DU BENGEL!!!“ – „AAAAAH!!!“ Der Angesprochene zuckte zusammen, iekste und hielt abwehrend eine Hand vor sein Gesicht. Da er scheinbar immer noch in einem wohl merkwürdigen Traum steckte, riss der Corporal ihm unsanft die Decke vom Leib, schubste seinen Untergebenen dabei an die Bettkante und voller innerer Wut trat der Mann auch noch nach. Eren knallte mit seinem Hintern voran auf den Steinboden, seine Wirbelsäule knackte bedenklich und seine Hand, auf die er sich unterbewusst abstützen wollte, brach. Sein Kopf verfehlte bei dem Fall nur knapp den kleinen Holztisch, ein paar braune Haare streiften diesen. Der Junge kreischte kurz auf. Ehe er endlich begriff, dass die Schmerzen, die ihn grade lähmten, real waren. Rivaille ging, einwenig stolz auf sich, um das Bett rum, pfefferte die Decke zu Boden und starrte seinen Schüler kalt wie Eis an. Dieser zitterte am ganzen Leib, biss die Zähne vor Schmerz zusammen und weitete seine geröteten, großen Augen. Aber immerhin war er endlich wach. „Das sollte dir eine Lektion sein, kleiner Scheißer!“ fauchte Rivaille kühl und niederschmetternd. Eren bekam kein Wort raus, er konnte sich vor Schmerzen kaum noch rühren, aber seine Augen fixierten Rivaille fast gehässig. „Und jetzt hiev dein Hintern endlich hoch und komm zum vereinbarten Treffen!! Es wird Zeit, dass du endlich mal dazulernst, du Gör!!!“ Der Corporal tritt feste und machtvoll mit seinem Fuß auf, worauf Eren sich tatsächlich mühsam nach oben zog. Seine rechte Hand aber hing nach außen geknickt in der Luft und war nicht benutzbar. Zumindest, solange seine Heilkräfte nicht einsetzten. Der Junge wurde von seinem Vorgesetzten wie ein unartiger Hund vor sich her gescheucht, denn gerade gehen konnte er mit seinen paar Rippenbrüchen auch nicht. Mehr als Gestöhne und wütendes Geknurre war von ihm nicht zu hören. Um 20 nach Sechs war dann auch endlich die ganze Mannschaft versammelt. Als Eren mit seinen ganzen Verletzungen den Raum betrat, wurde er mit teilweise Gelächter begrüßt, wodrauf er nur angewidert schnaubte. Dann aber erhob Erwin das Wort und zog die Aufmerksamkeit auf sich. „Wie ich sehe sind nun endlich alle beisammen“ Die blauen Augen des Commanders zuckten zur Seite, wo Hanji immer noch auf der Trage lag und schief grinsend in die Runde winkte. Ihr Blick wirkte so, als würde sie einem Titanen nacheifern wollen. „Heute brechen wir zur nächsten großen Expedition auf. Der Plan steht bereits. Sobald ihr alle eure Ausrüstung, euren Proviant und eure Kleidung zusammen habt, klär ich euch auf und danach kann es auch schon losgehen!“ erläuterte der blonde die nachfolgenden Tagesabläufe kurz und knapp. Daraufhin salutierten sie alle mit einem gewissen Stolz. Eren zwinkerte, legte wie alle anderen seine Faust erhobenen Hauptes auf die Brust und fokussierte vor seinem geistigen Auge das Mauertor und schüttelte jegliche Schmerzgefühle und sein Trübsal mit einem kräftigen Schlucker ab. Bei einer solchen Mission mussten die Menschen alle zusammenhalten. Zugute kamen auch wieder seine Heilkräfte, denn die Knochen seiner rechten Hand schienen bereits nahezu zusammengewachsen zu sein. Auf Kommando hin schwärmten die Soldaten pflichtbewusst in ihre Zimmer zurück, schmissen sich in ihre Uniformen und warfen sich ihr grünes Cape über, dessen Rückseite die Flügel der Freiheit zierten, das Logo der Aufklärungseinheit. Eren nahm, von allen Wunden geheilt, zuvor noch eine schnelle Dusche, weil er sich jetzt wirklich schon länger nicht richtig gesäubert hatte und insgeheim nicht gänzlich seinen Stand vor Rivaille verlieren wollte. Reichte schon, dass er diesen mit seiner Langschläfer-Krankheit schon wieder zur Weißglut getrieben hatte. Der Junge erhoffte sich, dass er bei dieser Mission wirklich von Nützen sein kann und vorallem den Corporal von seinen Fähigkeiten in Menschengestalt überzeugen kann. Jedoch stand an erster Stelle das Überleben. Gewissenhaft legte er sich seine 3D-Manöver-Ausrüstung an, achtete darauf, dass er auch alles dabei hatte, was er für eine lange Reise und bevorstehende Kämpfe gegen Titanen brauchte und ging bepackt hoch zu den Räumen der anderen. Tatsächlich waren die meisten fertig und warteten bereits auf dem Hof, Armin aber schien auf seinen Freund gewartet zu haben, und winkte ihn herbei. Er konnte sich nicht helfen, aber dieses fast sonnige Lächeln des Blonden war wie Balsam auf die Seele für Eren. Vorallem seit Mikasa ihn zu meiden scheint und Rivaille immer mehr in seinen Fokus gerückt ist, und ein gut gelaunter Geselle war dieser nun wahrhaftig selten. Armin sprach seinem Kumpel noch einmal Mut und das absolute Vertrauen seinerseits aus, ebenso stärkte Eren auch das manchmal etwas problematische Selbstbewusstsein des Gegenübers, dessen Pläne und Strategien aber wirklich von großem Wert sein konnten. Auf dem Hof erläuterte Erwin grob die Formation, die Vorangehensweise an die Mission und appellierte nochmal an die Konzentration, die von jetzt an bei ausnahmlos jedem gefordert war. Möglichst gering sollte die Anzahl der Opfer sein, stehe man doch symbolisch für die Hoffnung der Menschheit. Sich innerlich gut vorbereitet, besattelten sie ihre Pferde und brachten sich in Formation. Die verfressene Sasha warf sich zwischendrin immer mal wieder eine Kartoffel in den Magen, Mikasa ging Eren weiterhin demonstrativ aus dem Weg. Hanji, ein paar Sanitäter und ein paar frischere Mitglieder der Einheit blieben als Einzige zurück. Hoch zu Pferd begaben sich die Männer und Frauen der Einheit in Richtung Tor, welches bereits auf Vorbereitung geöffnet wurde. An vorderster Front ritt Erwin auf seinem auffallend weißen Ross und führte das Tempo an. Rivaille war dicht hinter ihm, und Eren war ein bisschen eingekesselt von den Leuten, die ihm am Nächsten standen. Das erste Mal seit Stunden trafen sich sein und Mikasas kühler Blick. Als er in ihre grauen Augen sah, konnte er nicht anders, als leicht zu lächeln. Irgendwie begann er es tatsächlich zu vermissen, mit ihr zu reden, und er merkte mehr denn je, dass sie sich vernachlässigt fühlen konnte. Armin, Sasha und Connie waren auch bei ihm in der Nähe. Er dachte an die allererste Expedition zurück, als man ihn fragte, ob er Angst hatte. Seine klare Antwort war damals Nein, auch wenn er schon einen gewissen Respekt davor hatte. Aber sein Wille war immer schon übermäßig, der Junge dachte an seinen Traum, die Außenwelt zu sehen und zu erkunden, da konnte er einfach keine Angst mehr verspüren. Diese Titanen mussten sterben. Das stand für Eren fest wie der Fels in der Brandung. Sie schritten durch das Tor, mit ehrfürchtigen Blicken der Menschen im Nacken. Ihre Verantwortung war groß, und doch waren diese stolzen Kämpfer das Sinnbild der Hoffnung. Erwin zog das Tempo an und forderte die Aufmerksamkeit. Alle schauten konzentriert nach vorne. Sie hatten wieder einmal ihre sicheren Gefilde der Mauern verlassen, ab jetzt könnten ihnen wieder überall Titanen entgegen kommen. Erens Herz raste. „Oi, Eren!“ Der Junge erstarrte kurz, neben ihm war auf einmal Rivaille, der sich hatte zurückfallen lassen. „Überlebe… bitte“ hauchte er ihm denkbar ernst und leise zu, für Eren stand die Zeit kurzweilig still. Er schaute ihn an… war das der Anflug eines Lächelns auf dem üblich blassen Gesicht des Corporals…? Kapitel 8: Survive ------------------ Fasziniert von dem leichten Lächeln in Rivailles Gesicht, welches dem Jungen einen Stich im Herzen gab, wäre Eren beinahe mit seinem Pferd in das Hinterteil des Vordermannes reingeritten. Er erschrak kurz und richtete seinen Blick nach vorn. Sie waren bereits viele Meter außerhalb und in der Ferne erkannte Eren auch bereits die ersten Titanen, unterwegs auf Beutezug. Direkt wurde es in seinem Magen wieder flau. Wie in Erwins Plan beschrieben scherten die Reiter aus und teilten sich in zwei Gruppen auf. Eren, dicht umrundet von den anderen, folgte seinem Vorgesetzten fast blind. Seine Augen fixierten den Schwarzhaarigen so sehr, dass es ihm schwer fiel, sich auf die nähernden Titanen und der eigentlichen Mission zu konzentrieren. Er bemerkte auch erst mit Verzögerung, dass sie auf einen Wald zuritten. Mikasa ritt die ganze Zeit neben ihm, bedachte ihren Bruder mehrfach skeptischen Blickes und immer wieder gab ihr sein Verhalten Fragen auf und es schmerzte ihr im Herzen. Sich vor den anstürmenden Riesen schützend, stürmte der Truppe in den Wald. Rivaille musste gar nicht großartig kommandieren, die Soldaten hinter ihm folgten ihm einfach geschwind auf die Bäume. Mithilfe ihrer Ausrüstung beförderte sich auch Eren ziemlich schnell auf einen Baum, war dabei aber auch nicht sehr geschickt, da er offensichtlich darauf fixiert war, auf dem selben Ast wie sein Vorgesetzter zu stehen. Der Junge rutschte mit einem Fuß halb nach hinten, und hätte er sich nicht mithilfe einer ulkigen akrobatischen Einlage, bei der er übel auf seinem Gesäß aufkam, gerettet, hätte er womöglich bereits als Titanenfutter enden können. Denn drei der Wesen waren ihnen in den Wald gefolgt. Einer von ihnen bewegte sich auf allen Vieren fort. Ein ‚unnormaler‘ Titanentyp, wie man solche mit spezieller Fortbewegung, Haltung, Handlung, Aussehen und anderen Merkmalen bezeichnete. Aber zum Glück waren sie alle drei für ihre Spezies gemessen eher klein, keiner überragte die Sieben Meter Marke, womit die Soldaten vorerst in Sicherheit waren. Die beiden Aufrechtgehenden Riesen hatten sich an zwei dicke Baumstämme gepresst, ihre hässlichen, hungernden Gesichter und ihrer großen, aufgerissenen Augen hatte die Beute entdeckt und sie versuchten, mit ihren Händen nach ihnen zu schnappen. Für die anwesenden Menschen ein immer wieder fragwürdiges, aber auch belustigendes Schauspiel. Eren sah mit zerknirschtem Blick zwischen den Titanen und Rivaille hin und her. Die Kämpfer rührten sich nicht und behielten zunächst in vermeintlicher Ruhe den Überblick. Andere Titanen waren nicht zusehen. „Wo ist der dritte jetzt?“ rief Jean wild umherwirbelnd vom gegenüberliegenden Ast aus, Erens Herzschlag begann wieder, wie verrückt zu pulsieren. Tatsächlich, der abnormale Titan war nicht mehr zu sehen. Warum wartete Rivaille auch so ewig mit dem Tötungsbefehl? Es war doch verrückt für sie, nahezu jeden Titanen gefangen zu nehmen, der auch nur irgendeine spezielle Verhaltensweise aufzeigte. Sie töten wäre für ihn das Einfachste! Die Hand des Jungen zuckte, aber er weigerte sich vehement, seine Titanenwandlung auszulösen, das würde nur unheilvolles Chaos verursachen. „Ihr da oben haltet die Stellung und konzentriert euch auf den Unnormalen!!“ befahl der Corporal nun endlich mit eisiger, aber effektiver Stimmgewalt. Die zehn höherstehenden Soldaten positionierten sich unweigerlich in Kampfhaltung und zogen ihre Klingen. „Und wir kümmern uns um diese Drecksviecher hier!“ Rivaille sprach in deutlichen, ernsten Ton und sein Blick drückte so sehr auf Erens Gewissen, dass es wehtat. Er durfte bloß keinen Fehler machen. Und er musste um jeden Preis seine Emotionen unter Kontrolle halten. Er nickte ihm zu und mit einem Mal schossen mehrere Soldaten nach unten, hochkonzentriert, das Adrenalin in den Adern spürend. Aber was sollten sie auch anderes tun. Sicher nicht auf Verstärkung der Riesen warten. Oder sich direkt fressen lassen. Mit einem irren wutentbrannten Gebrüll stürzte sich Eren auf den Nacken des Titans unter ihm. Ein weiterer Soldat flog in hohem Bogen über ihn her und versuchte, die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Der monströse Riese polterte irritiert einen Schritt nach hinten, ehe er mit einer Hand irgendwo zwischen Eren und dem anderen griff. Der Junge zischte mit einer Schraube an einigen Haarspitzen des Wesens, welches nun mehr oder weniger um sich schlug und die Situation nicht einfacher machte, vorbei und feuerte einen Haken in Richtung seines Nackens, allerdings landete der Haken mehr auf der Schulter, zudem wäre Eren jetzt beinahe geschnappt worden. Hektisch zog sich der Junge an das umhertrampelnde Monster heran und kreuzte angriffslustig die Schwerter. Noch bevor der Titan sich umdrehte, um nach Eren zu schnappen, spaltete der brünette Junge ihm mit viel Blutgewirbel den Nacken. Dabei brüllte er kampfeslustig und adrenalinerfüllt rum. Einer weniger! Hektisch keuchend, ein paar Blutspritzer an der Uniform beklagend, schwang Eren sich durch den aus dem toten Titanenkörper aufsteigenden Qualm und erkannte im Augenwinkel, dass Mikasa soeben den anderen Riesen zur Strecke bringen konnte. Einen kleinen, inneren Erfolg für sein Ego konnte er verbuchen. Fast euphorisiert zielte Eren wieder auf ein paar höhere Äste, um sich erstmal wieder in Sicherheit zu bringen, doch ein scheppender Knall hinter ihm durchbohrte dieses Vorhaben. Es gab in Reihen der Soldaten mehrere Aufschreie. Eren wirbelte herum, sein Herz schlug ihm plötzlich bis zum Hals und ihm schwante Böses. „Corporal Rivaille!!“ hörte er eine quietschende Frauenstimme rufen. Eren schnaubte und landete aufgrund einer plötzlichen Schockstarre mitten auf dem toten Körper des anderen Titans. Rivaille hockte am Boden, seine Ausrüstung schien beschädigt, denn sonst würde er wohl kaum in Angesicht der Feinde auf dem Boden kauern. Noch mehr aber erschreckte den Jungen der blutende Arm seines Vorgesetzten. Wie war ausgerechnet ihm das so passiert? Rivaille war im Kampf gegen gewöhnliche Titanen absolut unfehlbar. „Duuu!“ quietschte die Mädchenstimme über ihm lauthals. Eine blonde Kämpferin hatte sich über ihn in die Luft geworfen, Sekunden später legte sich ein großer Schatten über sie alle. Es ging alles so verdammt schnell, dass Eren kaum mitkam. Verdammt. Sie hatten die Situation aus ihrer Kontrolle verloren. Über seinen Kopf sprang der abnormale Titan plötzlich hoch in die Luft und entfesselte damit ungebremst Windstöße. Er hatte nun das blonde Mädchen fixiert, die ihm vor lauter Tumult fast in den Mund gesprungen wär. Jean schlidderte indes nur knapp an dem Nacken des Monsters vorbei, der die Haken in einem weiteren hohen, fast Froschartigen Sprung abschüttelte. Der aschblonde Junge landete etwas unsanft auf seinen Knien und wirbelte, mit einem zu Tode genervten Stöhnen sofort wieder rum, um den Riesen nicht aus seinen Augen zu verlieren. „Christa!! Weg da!!“ Beherzt sprang eine große Person mitten durch Erens Sichtfeld und schaffte es, das blonde Mädchen zu fangen und aus der Schussbahn zu befreien. Der Titan hatte sie fast gegriffen und um Haaresbreite zerquetscht. Doch so landete das Monster mit einem Scheppern auf dem Boden direkt neben dem paralysierten Eren. Jetzt hatte ihn das hässliche Geschöpf ins Visier genommen. Der Junge schnaubte, er spürte einen immensen Hass in sich aufflammen. Seine Hand zitterte. Ein Teil in seinem Kopf rief ihm zu, er solle sich verwandeln, doch seine Vernunft siegte – noch. „EREN!!!!!! DU DRECKSBALG VERPISS DICH VON DA!!!!“ Eren zuckte, sein Atem setzte aus. Rivailles Stimme! Der Junge zuckte, drehte sich, am ganzen Leib zitternd um und sah seinen Vorgesetzten humpelnd, aber mit einem unbändigen Drang, auf sich zu marschieren. Es rummste plötzlich, Rivaille und Eren verloren kurzzeitig den Halt und Ersterer bekam nur noch schwer Luft. Wieder war der Titan in die Höhe gesprungen – und seine Augen waren groß und versprühten die pure Essenslust. Kurz bevor Rivaille seinen schockierten Schüler erreichte, der scheinbar mit sich und seinem Drang, sich verwandeln zu müssen, kämpfte. Die Bilder der letzten großen Expedition schossen sich ins Gedächtnis des Jungen. Diese Bilder, als der weibliche Titan Rivailles Spezialeinheit gänzlich auslöschte und sie wie Fliegen zerlegt hatte. Bilder des puren Grauens, sein Herz wurde schwer wie Stein und er konnte sich nicht rühren – und das obwohl der Titan ihn – und auch Rivaille – jede Sekunde schnappen könnte. „EEEEREEEEN!!!!!!!!!!“ Überhastet zog der Corporal den Jungen an dessen Umhang weg. Der Junge spürte ein Ziehen im Hals, ein Stechen im Bein und er erstickte fast, als Rivaille ihn aus der Gefahrenzone schmeißen wollte. Doch etwas schnappte den Braunhaarigen an dessen Fuß und zog ihn in Windeseile in die Luft nach oben, sein Magen drehte sich mehrfach um, und ihm wurde auf der Stelle ganz flau. Der Titan musste ihn erwischt haben! Verflixt. Eren schnappte nach Luft, geistesgegenwärtig schoss er seine Haken nach unten, in der Hoffnung, sich direkt wieder losreißen zu können, doch das Vieh drückte und um fasste nun mit einer unsäglichen Kraft die Beine, dass ihm vor Schmerz fast schwarz vor Augen wurde. Nein! Ein Schrei des Monsters dröhnte dermaßen schrill und laut durch den Wald, dass es jegliche Adern gefrieren ließ. Ein Poltern verstärkte dies, Eren ballte sich binnen einer Millisekunde die Faust und wollte sich augenblicklich in seinen Finger beißen, doch dadurch, dass der Titan ihn plötzlich ruckartig runterriss, verfehlte er mit seinem scharfen Gebiss seinen Daumen knapp und ratschte sich stattdessen den Arm auf. Eine sofortige Titanenwandlung könnte ihn jetzt am Ehesten retten! Das musste klappen! Vollkommen durch den Wind geschossen, mit mindestens zehn Knochenbrüchen in den Beinen, Schmerzen der Hölle und sicher nicht mehr weit vom Mund des gefräßigen Riesen entfernt, setzte der völlig aufgelöste Junge wieder zum Biss an – Und fiel, ehe er die Verwandlung auslösen konnte, einige Meter herab und kam mitten in einem Gebüsch auf. Gottseidank landete er einigermaßen weich und brach sich nicht viel mehr als ohnehin schon. Aber was war passiert, wenn er jetzt weder gefressen wurde noch selber zum Riesen geworden war? Der Junge spuckte seinen halben Mageninhalt aus, spürte seine eigenen Beine kaum noch und die Schmerzen vernebelten ihm immer mehr die Sinne. Die Dunkelheit der Ohnmacht übermannte ihn mehr und mehr. Er kratzte mühsam den Dreck unter sich zusammen und wartete, obwohl das kaum sein konnte, darauf, dass er gefressen würde. „H-Heichou… v…vergib mir….“ Keuchte er kraftlos und voller Reue. Er verdiente wohl wirklich nichts anderes als den Tod. … „Was tun wir jetzt am besten, Corporal Rivaille?“ – „Wir versorgen den kleinen Bastard noch ein bisschen, und dann kämpfen wir weiter gegen diese bestialische Horde da unten… was denn sonst, tse?“ Eren blinzelte, ihm fielen einzelne Sonnenstrahlen direkt in die Augen. Der Schmerz in seinen Beinen hatte deutlich nachgelassen, dennoch zog und brannte es immer noch ganz schön in seinen Gelenken. Unter ihm vernahm er lautes Getrampel, und besonders gemütlich lag er auch nicht. Sein Blick wanderte umher. Bei einem kleinen Mann mit schwarzen Mittelscheitel und verbundenem Arm blieb er stehen. Rivaille! Er starrte finster herab und richtete seine Ausrüstung. „Ist hoffentlich wieder funktionsfähig“ stellte er herablassend fest und wischte mit einem kleinen Tuch über den Gasbehälter. Es ging ihm wohl körperlich gut genug, dass er seinen Sauberkeitswahn zur Genüge ausleben konnte. Das beruhigte Eren tatsächlich ein Stückweit. „Eren!!!“ rief ihm eine wohlbekannte Frauenstimme von der Seite zu. „Du bist wieder zu dir gekommen… geht’s mittlerweile mit deinen Beinen?!“ – „M…Mikasa…“ er sah mit feuchten, leicht geröteten Augen zu ihr hoch. Nach Ewigkeiten hatte sie wieder mit ihm gesprochen. Er wollte sich schnurstracks erheben, um die Lage noch einwenig zu checken, doch seine Schwester hielt ihn zurück. „Du liegst hier auf einem Ast und unter uns sind hungrige Titanen! Pass auf dass du dich in deinem Zustand nicht zu sehr rührst!“ Eren tat wie geheißen, auch wenn ihn für gewöhnlich diese Bemutternde Art Mikasas total nervte. Aber sie verhielt sich ihm gegenüber wieder vollkommen typisch, und das beruhigte ihn. Die Tatsache, dass unter ihm weitere Riesen lauerten, ließ ihn innerlich aber wieder aufkochen. „Du dreckiges…. Widerliches…“ Rivaille hatte sich erhoben und blickte bösartig zu Eren hinab. Dessen Herz begann direkt wieder mehr, gegen seinen Hals zu pochen. „Mach das nie wieder!!!!!“ Er war im Begriff, seinen Fuß einfach demonstrativ auf Erens kaputtes Knie zu drücken und ihm Schmerzen der Strafe zuzufügen, doch dazu fehlte dem angsteinflößenden Mann scheinbar schlichtweg die Ruhe und Zeit. „Begibst du dich noch einmal in eine Solche Gefahr, bist du M-A-U-S-E-T-O-D!! Kapiert?!“ Er wies Mikasa auf, sich wieder in Kampfposition zu stellen. Mit einem letzten sorgenvollen Blick auf ihren Bruder tat sie wie befohlen und entschwebte zu einem anderen Ast. Rivaille drehte ihm den Rücken zu, blieb aber noch ein paar Sekunden auf dem Blattgewirr unter ihm stehen und blickte nahezu majestätisch auf Eren zurück. „Bleib hier und rühr dich ja nicht vom Fleck, du Mistkerl!“ drohte er ihm finster, sein eisiger Blick unterstrich diese Aussage perfekt. Eren nickte ehrfürchtig. „M-Moment! Heichou… was ist mit dem Abnormalen??“ warf er seinem Vorgesetzten gehetzt hinterher, als dieser grade zum Gehen ansetzte. „Den haben wir gekillt!“ schnaubte Rivaille kurz, und dann war er auch schon verschwunden, ehe Eren weiter nachhaken konnte. Schnaufend und noch immer ohne großartig Gefühl in den Unterschenkeln zu spüren, lehnte sich der Junge langsam zurück und schlug, wütend über sich selbst, gegen den Nebenliegenden Ast. Er hatte es schon wieder verbockt und war nun gezwungen, tatenlos daneben zu liegen, während seine Kameraden da unten um ihr Leben rangen. Besonders um den angeschlagenen Rivaille machte er sich Sorgen. Er knirschte verzweifelt mit den Zähnen, aber da er so unmöglich aufstehen konnte, war es wirklich sicherer, liegen zu bleiben. Er lugte stattdessen mit einem Auge durch das Ast- und Blättergewirr unter ihm. Nicht sehr weit unter ihm kratzte ein Haufen hungriger Titanen an der Holzrinde des Baumes und lauerten auf die Menschen da oben. Am liebsten hätte Eren ihnen von oben direkt in die hässlichen Fratzen gekotzt. Der Junge knurrte und wünschte sich nichts weiter, als dass seine Mitkrieger aus ihnen Kleinholz machen. Mehr als inständig hoffen und an sie glauben konnte er nicht. Wie auf Knopfdruck streckte Rivaille die Hand in die Höhe und blas zum Angriff. Alle unverletzten Soldaten waren in Reih und Glied auf den Bäumen versammelt und Parallel sprangen sie hinab, umkurvten geschickt die greifenden Hände der Titanen. Ein wirres Gemetzel folgte, die Titanen streiften wild umher, grabschten nach den kleinen Menschenwesen, doch keiner von ihnen ließ sich erwischen. Rivaille drehte in altbekannter Manier besonders viele Pirouetten in seinem Flug, ignorierte seine Armverletzung vollkommen und schoss mit einer Affengeschwindigkeit auf zwei Riesen zu, die zusammengeknubbelt nach Beute suchten. Hie und da schrien manche Kämpfer aus, alle sie waren hoch konzentriert, diese Monsterwesen nieder zu strecken. Mit einer nahezu unglaublichen Leichtigkeit schlitzte Rivaille den beiden Geschöpfen den Nacken auf und tötete sie, noch bevor diese ihn überhaupt in ihr Visier nehmen konnten. Mikasa machte es ihm gleich und brachte ebenfalls zwei Titanen zu Fall. Ein Schrei von der Seite forderte nun deren Aufmerksamkeit. Jean hatte ein paar Millisekunden nicht aufgepasst und war in die Fänge eines Titans geraten. Am Bein hielt das Wesen den Soldaten fest und sicher fackelte es nicht lange, um ihn sich in den Mund zu schieben. Der aschblonde Soldat schrie auf, versuchte sich, vehement sich mit seinen Händen rauszukloppen, doch die Finger des Titans waren stärker und drückten immer mehr zu. Heldenhaft sprang Mikasa dann vom nächsten Baum und zielte auf eben diesen Titan, der sich sein Futter bereits zurecht gelegt über das stinkende, große Maul hielt. Jean zappelte trotz immer stärkerer Schmerzen im unteren Körperabschnitt wie ein Fisch, den man an Land gezogen hatte und wollte sich nicht aufgeben. AAAAAAH!- Sich auf das schlimmste vorbereitend, kniff Jean die Augen zusammen, schrie und fiel plötzlich, wie ein Pfeil geradewegs nach unten. Für ihn waren die letzten Sekunden wohl gezählt. Er würde seinem besten Freund aus Trainingszeiten in den sicheren, grausamen Tod folgen. Sein einziger und letzter Trost. Schwärze erfüllte sein Herz. „JEAN!! Los, auf mit dir!“ Der junge Mann zwinkerte und fand sich nicht im Inneren eines Titans, sondern vor einem Gebüsch auf dem Schlachtfeld wieder, wo mehrere Riesenkörper tot aufeinander gestapelt waren und garstig riechenden Dampf ausstießen. Als er eine angestrengte Mikasa erblickte, hüpfte sein Herz. War er doch nicht gestorben? Auf Rivailles Befehl hin legte Mikasa ihre wärmenden Arme um den verletzten Jungen, der seine bestialischen Beinschmerzen durch die wohltuende Umarmung des Mädchens fast vergaß. Schnaufend beförderten die beiden sich wie alle anderen nach oben. Dort saßen die Kämpfer, die sich erstmal mit ein wenig Wasserproviant stärkten und neue Flüssigkeit tankten. „Und dabei dachte ich, du wolltest Eren mal wieder voraus sein“ zischte Mikasa neckisch rüber zu Jean, der nur entnervt stöhnte. Im Kampf gegen die widerwärtigen Titanen herrschten andere Gesetze, da war die Gefahr für jeden in Etwa gleich. Mit Eren wollte sich der junge Mann dennoch niemals auf eine Stufe stellen, schon gar nicht in Beziehung mit Mikasa. Dass Jean nun dorthin geschleppt wurde von ihr, wo bereits Eren kauerte und sich immer noch immense Vorwürfe machte, verbesserte seine Laune auch nicht grade. Eine Astbreite neben seinem Erzfeind wurde der Aschblonde gelegt. Mikasa sah zwischen den beiden Jungs hin und her, die sich gegenseitig bereits wieder einige giftige Blicke zu warfen. „Sonst sind alle ok?!“ wollte der Braunhaarige wissen, dessen Ungeduld in der Stimme förmlich zu explodieren schien. Das Mädchen wurde leicht rot auf den Wangen, nickte ihrem Bruder versichernd zu und verschwand dann, um Verband und Sanitärmaterial zu holen. Dazu sprang sie, nachdem sie sich umgesehen hatte, nach unten zu ihren Pferden, die sich etwas entfernt vom Weg in dem Wald geparkt hatten. Sie waren darauf trainiert, immer weit genug weg vom Schlachtfeld zu sein, damit sie samt der Beladung nicht ausversehen von Riesen zertrampelt werden. Ansonsten waren die Tiere für Titanen vollkommen uninteressant. Schnell schnappte sie sich alles Wichtige an Sanitärmaterial und zog sich wieder zurück hoch auf die Baumwipfel. Eren und Jean bedachten sich unterdessen durchgängig angreifender Blicke. Wie Hund und Katz verhielten sie sich immer wieder. „Hätte dich der Dreckstitan doch einfach gefressen!“ – „Spinnst du jetzt völlig?! Keiner von uns ist es wert von nem Titan geschluckt zu werden!!! Soweit kommts noch ey!“ giftete Eren aggressiv auf Jeans angewiderter Aussage zurück und ballte seine Fäuste. Sein gegenüber hatte die Finger wie Krallen in den Ast gefahren, um sich irgendwie davon abzuhalten, einfach auf den Braunhaarigen draufzuspringen und ihn vom Baum zu schubsen. „Ständig weißt du alles besser… und wenns dann drauf ankommt stehste nur dumm rum und verlässt dich auf andere… aber dann sone verdammte große Fresse haben! Wie ich das nicht ausstehen kann!!“ Eren schlug wutentbrannt eine kleine Einkerbung in den dicken Holzast auf dem er lag und brachte diesen gefährlich zum Vibrieren. „Das sagt der Richtige, du heuchlerischer Schleimer!!!!“ brüllte er aufgebracht. „Ich werde Mikasa schon davon abbringen, weiterhin auf sonen Vollhorst wie dich zu setzen! Eines Tages wird sie hinter MIR stehen!!“ – „Wer steht wohl hinter wem, na, Jean?“ Der angesprochene Junge verstummte jäh und seine Gesichtsfarbe veränderte sich in ein hitziges Rot. Die Gestalt Mikasas war hinter ihm aufgetaucht, bewaffnet mit Verbänden und anderem Pflegematerial. Erens Mundwinkel zuckten triumphierend nach oben. Da hat sie ihn wirklich übel ertappt! „N-Nichts- I-Ich hab gar n-nix gesagt… vergiss es e-e-einfach“ stammelte er vollkommen wirr und peinlich berührt. „Es tut jetzt auch nichts zur Sache, ich werde euch beide gleich pflegen, im Moment seid ihr beide meine Verbündeten auf Soldatenebene“ erklärte die junge Frau ruhig und begutachtete Jeans Beine, die von Drückspuren, blauen Flecken, Blutergüssen und Schrammen nur so übersäht waren. Und im Gegensatz zu Eren heilten seine Wunden nicht von selbst. Während Mikasa ihn geduldig verarztete, wurde Jean noch viel verlegener. Er spürte seine Schmerzen wohl kaum, wenn er das Mädchen anblickte. Sein Gesicht, welches Eren sonst eher an den eines durchgeknallten Pferdes erinnerte, sah nun so aus, als würde er einen Engel auf Erden betrachten. Nachdem alle Soldaten sich gesammelt, ihre Kräfte zurückerlangten und sich genesen haben, versammelten sie sich zusammensitzen auf den Ästen, um einen neuen Plan zu entwerfen. Erens Beine waren wieder vollkommen ganz und er könnte sich von selbst fortbewegen, während Jean immer noch unter Schmerzen umher getragen werden musste. Die nächste Ungerechtigkeit, die ihm übel aufstoßen ließ. „In einer Stunde ungefähr wird die Sonne untergehen“ verlautbarte der offenbar wieder kerngesunde Rivaille mit ernstem Blick. „Wir sollten die Zeit nutzen und noch ein ganzes Stück weiter voran kommen!“ Er ließ seinen Blick nach rechts schweifen. Die Richtung, in die sie weiter reiten mussten. „In zwei Tagen sollen wir uns mit Erwins Trupp an dem eingerissenen Mauertor treffen. Wir dürfen nicht versagen… Also, alle bereit?! Los jetzt, auf!“ Sie salutierten allesamt im Gleichschritt und wenige Augenblicke später ließen sich alle Mann herab zu ihren Pferden. Auch der verletzte Jean wurde nicht zurückgelassen, auf einem Pferd reiten war soeben noch drin für den jungen Mann. Und so fackelten sie nicht lange, begaben sich zurück auf den Weg, hielten Ausschau nach umherstreifenden Titanen, doch zum Glück waren keine Monster zu sehen. Ein Ziel vor Augen habend ritten die Freiheitskämpfer weiter ihren Weg durch den Wald. Viel stieß den jungen, von Rivaille angeführten Menschen, nicht zu auf ihrem Ritt. Eren schweifte gelegentlich mit seinen Gedanken ab und dachte dabei nicht selten an seine eigenartigen, anzüglichen Gefühle für Rivaille. Er musste sich damit im Klaren werden. Er musste ihm unbedingt sagen, dass diese Intimlichkeiten für den Jungen wie Balsam auf der Seele waren, in schweren Zeiten wie diesen. So sehr ihm der Corporal immer wieder drohte oder ihm mit Schlägen Zucht und Ordnung einprügelte, so sehr liebte er ihn auch und ihn faszinierte vieles an dem Mann. Ja, das nächste Mal, wenn sie beide unter sich waren, würde er es ihm sagen. Der Anblick der untergehenden Sonne, die Weitsicht auf ein weites Feld, in dessen Ferne sich Titanen allmählich von der Bildfläche wegbewegten, verriet ihnen das Ende des langen Waldes. Rivaille stoppte ab, hielt den Rest seiner Mannschaft an und verordnete, dass sie hier am Waldrand ihr erstes Nachtlager aufschlugen. Es war bereits dunkel geworden, da teilte Rivaille die Zeltordnung ein. Sich zu zweit ein Zelt teilen, kam aufgrund Platzmangels nicht infrage. Eren hoffte dennoch, dass der Corporal ihn mit zu sich nahm. „Heinz-Gerd, du kommst mit zu mir und dem Jaeger-Bengel!“ verlautbarte Rivaille einem älteren, aber immer noch frischen und erfahrenen Krieger. Auf dessen Kampfkraft und Erfahrung man immer zurückgreifen konnte, wenngleich er nicht der Anführertyp war. Eren tappste ihm, innerlich lächelnd, hinterher und machte sich neben dem weißen Zelt seines Vorgesetzten breit, indem er seine Ausrüstung dort lagerte. Rivaille selbst seufzte nur angenervt. Sie nahmen ein letztes, kleines Mahl am Abend, ehe sie sich im Nachthimmel bettfertig machten. Zumindest die, die nicht Nachtwache schieben durften. Rivaille sah Eren bedächtig an. Am liebsten würde er das Risiko nicht eingehen und ihn für zweieinhalb Stunden unbewacht draußen dahin vegetieren lassen, wo ihm wer weiß was passieren könnte. Aber Pflicht ist Pflicht und dies gilt für jeden der Truppe. Es gab immerhin noch drei andere, die auch für die erste Nachtwache zuständig waren und im Fall der Fälle würden sie Alarm schlagen. „Sieh zu, dass du wach bleibst, und keinen Unsinn baust a la ich werde zum Titan… sonst kill ich dich, verstanden?!“ befahl der Corporal ihm mit durchbohrendem Blick, in seinen stählernen Augen spiegelten sich aber mehr und mehr Sorgen. Verlegen salutierte Eren, nickte und versprach, dass er seine Aufgabe dieses Mal verlässlich erfüllte. Zusammen mit dem älteren Heinz-Gerd, der nur noch wenige gräulich-braune Haare auf seinem Kopf hatte, verschwand der Ordnungsliebhaber im Zelt, doch noch einmal trafen sich die Blicke der beiden. Erens Herz pochte ihm bis zum Hals, denn selten sah er Rivaille so tief in die Augen wie in diesen paar Sekunden. Es war als hätte er ihm wieder, wie sonst so verdammt selten, seine Seelenwelt eröffnet. In den Augen des Corporals waren ganz klar Sorgen und Angst um seinen Schützling abzulesen. Aber auch erkannte der Junge einen gewissen Glanz der Zuneigung, den man für gewöhnlich niemals wahrnahm bei ihm. Es waren nur wenige Augenblicke, aber diese jagten dem Braunhaarigen Jungen ein ehrliches, herzliches Lächeln ab. Einen seltenen Glücksmoment wie diesen nahm er gerne auf in Zeiten des täglichen Überlebenskampfes. „Ich…liebe… dich, Heichou…“ flüsterte er ganz leise und fasziniert von der Ausstrahlung des Mannes und wurde dabei tomatenrot. „Sach ma, haste grade ein Reh gesehen oder was ist los, kleiner Spast??“ Erens aufgewärmtes Herz brach fast entzwei, als er die provozierende Stimme Jeans neben sich hörte. Er durfte doch jetzt nicht ernsthaft zweieinhalb Stunden mit diesem Angeber am Hals verbringen…? Kapitel 9: Deceptive Love ------------------------- „Auch das noch….“ Eren schlug sich, empört über sein unwahrscheinliches ‚Glück‘, vor die Stirn. Seine Laune, die grade eben für ein paar Sekunden einen Lichtblick der Faszination erlebt hatte, war wieder in die untersten Kelleretagen gerutscht. Warum musste, von allen Soldaten der Aufklärungseinheit, ausgerechnet Jean neben ihm Wache schieben??! „Haste n Problem, oder was?“ feixte der Angesprochene spöttisch und konnte sich ein fieses Grinsen nicht verkneifen. Eren versuchte, all seine Provokationen zu ignorieren, ließ sich vor dem Zelt auf den Hosenboden fallen und starrte dem aufgehenden Mond entgegen. Zum Glück waren Titanen ja nicht nachtaktiv, dieser Tag hatte ihn schon wieder zu schaffen gemacht und großartig Lust zu kämpfen, hatte er grade auch nicht. Dennoch – man weiß ja nie, was nachts so passieren könnte, darum ist es wirklich besser, jemanden als Wachposten einzusetzen. Eren seufzte und kratzte gelangweilt die Erde neben sich mit seinen Händen zusammen. Jean am Nebenzelt kicherte die ganze Zeit in sich hinein und dem braunhaarigen Titanenwandler entging nicht, wie er begann, einen Monolog mit sich selbst zusammen zu nuscheln. Heckte er wieder irgendeinen Plan aus? Mit einem Auge blickte Eren immer wieder auf die Sanduhr, die neben ihm platziert war. Wenn die Zeit abgelaufen war, könnte er endlich rein und seine Ablöse rausschicken, doch die Zeit verging in diesem Moment so unsagbar langsam. Der Junge kickte mit seinen Füßen ein paar Steine vor sich hin und her und in seinem Geiste stellte er sich vor, wie Titanen sich, ähnlich wie die Steinchen, einfach gegenseitig ausbremsten. Und unter seinen Schuhen geplättet, zertrampelt und zermatscht würden. Dass sie die Grausamkeit des Todes am eigenen Leibe erfuhren, und zwar allesamt. Für den Braunhaarigen eine genugtuende Vorstellung. Langsam schaltete Eren die Umwelt immer mehr von seinen Gedanken ab, verdrängte, dass Jean in seiner Nähe war und wurde durch die drückende Langeweile und Warterei immer müder. Er wusste, er musste wach bleiben, aber immer mehr merkte der Junge, wie seine Augenlider schwer wie Stein wurden. Er gähnte ausgiebig und streckte sich, und versuchte, an irgendwas zu denken, was spannend genug war, dass er sich von seiner Müdigkeit ablenken konnte. Jean nebenan hatte sich etwas zur Ruhe gesetzt, um seine immer noch angeschlagenen Beine zu schonen und hatte sich insgeheim überlegt, wie er seinen Erzfeind am besten ärgern konnte. Mit einem feisten Grinsen bemerkte er, dass Eren von Müdigkeit zerfressen schien. Er hatte darauf gelauert, dass dies passierte. ‚Ich weiß schon was feines… oh da wird er sich schön Prügel vom Corporal einhandeln… nicht nur weil er einpennt, sondern auch, weil er von Dreck und Schlamm überhäuft ist…haha!‘ Er richtete sich unter ziehenden Gelenkschmerzen auf die Beine, wäre fast wieder zusammengesackt, konnte sich aber an einer Zeltleine etwas festhalten. In seiner Hand hatte er in den letzten Minuten in einer Art Tasche aus Blättern die Erde zusammengekratzt und darauf geachtet, auch ein paar Regenwürmer mitzunehmen. Als er von der Seite ein gleichmäßiges Atmen des braunhaarigen Jungen vernahm, räusperte sich Jean und kicherte leise. Eren war tatsächlich eingeschlafen, seine Augen waren gänzlich zugefallen und er war nach hinten an eine Zeltstange angelehnt. Perfektes Timing, denn jetzt konnte Jean seine kleine Gemeinheit ohne vermeintliche Probleme durchführen. Er humpelte zu ihm herüber und ließ, nachdem er sich etwas abstützte, den Dreck leise auf seine wuscheligen braunen Haare rieseln. Zum Glück bemerkte sein Erzfeind bislang nichts davon. Jean lachte höhnisch in sich hinein und war sich sicher, dass auch seine Angebetete Mikasa einen Dreckspatz eher ablehnte. Unter leisem Geräusper wagte sich der aschblonde Krieger bis zur Wange des anderen vor und begann dort, langsam einen Teil des Schlamms abzustreifen. Nicht, dass es so aussehen sollte, dass er auch nur irgendwelche intimen Streicheleinheiten mit Eren eingehen wollte. Sicherheitshalber drehte Jean sich um und stellte erleichtert fest, dass sich die anderen Wachposten einen Feuchten für seine Taten interessierten. Leicht angewidert davon, auf dem Gesicht des Brünetten rumzupatschen, legte er einen Regenwurm in halb geöffneten Mund. Schnell zog Jean die Hand zurück und putzte sie sich erstmal an dem sonst reinweißen Zelt Levis ab. Der Junge vor ihm hatte bereits leicht zu sabbern begonnen. Gerade als Jean sich umdrehen wollte, um sich noch mehr Streiche auszudenken, erschreckte ihn ein plötzliches Röcheln von Hinten. ‚Mist, warum muss dieser Bengel ausgerechnet jetzt husten?!‘ Wie eine Katze bei Gewitter huschte Jean, während seine Unterschenkel gefährlich knackende Geräusche von sich gaben, zurück zu seinem Platz vorm Zelt. „H…Hast du damit irgendwas zutun, Pferdefresse??!“ Eren schaute ihn, böse und anmahnend funkelnd, aus geröteten Augen an und hatte einen halb zerkauten Regenwurm in der Hand. „E-Eh nein“- Jean winkte ab und sah vollkommen unschuldig tuend in den Himmel. „Natürlich!!! Tu mal nicht so scheinheilig du Spinner!“ Wütend schmiss der Braunhaarige ihm den Wurm vor die Füße. „Verdammt..“ murmelte Jean leise. „Aber ich muss dir schon fast dankbar für diesen Pseudo-Streich sein“ meinte Eren kratzig, hustete und sah weiterhin mit angreifender Mimik zu dem Größeren. Er strich sich mühsam den Dreck von der Wange. „Dankbar dafür, dass du mich mit der Scheißaktion geweckt hast, bin wohl wirklich kurz weggepennt!“ Aufgebracht richtete Eren sich auf und marschierte zu einer kleinen Pfütze, die er neben dem Zelt erkannte. Damit versuchte er unter angepisstem Gestöhne, den kitzelnden Dreck aus seinen Haaren zu entfernen. Er wusste wie sehr Levi es hasste, wenn man Dreck in sein Zelt schleppte. Die Zeit zog sich weiterhin wie Gummi. Jean war beleidigt in einen Winkel neben sein Zelt getigert, von wo aus er Eren nicht sehen konnte. Der Plan ging ja mal voll in die Hose. Aber mehr und mehr reimte sich der aschblonde Junge etwas aus dem Verhalten des Kleineren zusammen. Er rieb sich genüsslich die Hände, als ihm ein interessanter Gedanke kam. Eren selbst brachte die Zeit für sich rum, in dem er nicht nur sich säuberte, sondern auch bemüht die von Jean hinterlassenen Flecken vom Zelt wegputzte. Er hatte zwar lange nicht so einen Spaß an dieser Tätigkeit wie sein Vorgesetzter, aber immerhin hielt ihn die Bewegung dabei wach. Zweieinhalb Stunden waren vergangen. Es geschah draußen im weiten Feld vor ihnen nichts Erwähnenswertes. Der Braunhaarige war erleichtert und warf direkt mal einen Blick innerhalb des Zeltes. Während Heinz-Gerd laut schnarchte und alle Viere von sich gestreckt hatte und in der Position nicht grade Ästhetik ausstrahlte, lag Levi wie ein Katzenbaby eingerollt an der Seite und schnurrte ruhig vor sich hin. Er konnte so niedlich sein, wenn er wollte. Eren lächelte, sein Herz ging auf, und langsam kroch er hinein. Es bedurfte lediglich eines kleinen, ehrfürchtigen Tätschelns des Jungen auf der Wange des Schwarzhaarigen, um diesen aufzuwecken. „Oi Eren…“ murmelte er kratzig, setzte seinen üblichen düsteren Blick auf, wobei seine natürlichen Augenringe noch stärker waren als ohnehin schon. Mit einem leichten Schulterklopfer, einem prüfenden Blick auf den Jungen und einem Seufzen schwebte er nahezu leichtfüßig aus dem Zelt. Ein bisschen enttäuscht war er schon, dass Levi nicht mehr mit ihm sprach, aber Regeln waren nun mal Regeln. Einer musste immer draußen stehen, da war für Zwischengespräche keine Zeit. Fünf Minuten später hatte sich Eren in die Ecke gelegt und war in die Traumwelt versunken. … Ein Kratzen, ein tiefer Schnitt auf dem Rücken riss ihn aus den Tiefen seiner leeren Träume. Als Eren erwachte, konnte er sich an den Inhalt dessen nicht mehr erinnern. Eine Kälte überfiel ihn. Er schrie auf, zitterte und fand sich in einem engen Zelt wieder. Erschreckt drehte er sich um und sah, dass sowohl er als auch Levi bis auf die Unterhose ausgezogen waren. Der Corporal lag dicht an ihm und starrte ihn beinahe besessen aus stählernen Augen an. Erens Herzschlag schoss in die Höhe. Ohne Worte drückte Levi den Jungen noch näher an seine heiße Brust. Der Rücken des Brünetten war immer noch oder schon wieder an der einen oder anderen Stelle vernarbt und er konnte sich die Herkunft derer nicht ganz erklären, da Narben eigentlich schnell verheilen sollten. Er dachte aber auch nicht weiter darüber nach, denn just in diesem Moment spürte er eine heiße Feuchtigkeit an seinem Hals. Eren lief beinahe am ganzen Körper rot und hitzig an. Wieder hatte sein Vorgesetzter ihn überrascht, wieder schien er nicht von der Anzüglichkeit des Jüngeren weg zu kommen. Dieser stöhnte und fackelte nicht lange. Im Augenwinkel erkannte er, dass Heinz-Gerd nicht mehr im Zelt war und nun Wache stand. Zeit für die beiden, ihre heimliche Liebschaft auszuleben. Eren wandte sich um, drückte den bissigen Levi kurz von sich, schnappte ein bisschen Schweiß am Kleineren auf und zog dann zittrig das Kinn von ihm ein bisschen nach oben. Wie ein Äffchen klammerte der Ältere sich sofort um den verschwitzten Bauch des Anderen und drückte ihn erneut an sich. Eren selbst setzte von sich aus seine Lippen, heiß stöhnend auf die des Kleineren. Sie schoben nahezu gleichzeitig ihre Zungen in die Mundhöhle des Gegenübers, kitzelten sich damit genüsslich und tauschten Speichel aus. Die Gedanken beider färbten sich rosarot, die sonst so unterschiedlich schlagenden Herzen vereinten sich. Die Unterhosen beider zogen sich fast wie von Geisterhand aus, sodass sich augenblicklich ihre Geschlechtsteile berührten und sich aufstellten. Ein bisschen unpraktisch war es ja schon, dass sie beide männlich waren und sich mit ihren Gliedern gegenseitig eher im Weg waren. Es hinderte die beiden aber nicht, sich weiter innig an sich zu drücken. Dieses Mal aber war Eren nicht mehr passiv. Selten genug hatte er solch emotional romantische Liebeleien erlebt. Selten genug ging jemand soweit und wickelte den Jungen in einen Mantel der Begierde. Egal, wie sehr Levi ihn zurechtstutzte und prügelte. So sehr wie sonst nie merkte Eren, wie sehr er diesen Mann trotz allem begehrte und wie dankbar er ihm für diese Streicheleinheiten war. Für einen kurzen Moment einfach mal alles vergessen. Die Titanen. Das eingemauerte untröstliche Leben der Menschen. Die ständige Todesangst. In diesen Sekunden entsprangen nur noch Funken der Liebe in seinen Herzen und seinen Gedanken und dies versuchte er, so gut es ging zu zeigen. Schnell wurde es bei beiden feucht zwischen den Beinen. Ihre Geschlechtsteile rieben aneinander und streichelten sich quasi gegenseitig, die beiden Männer küssten sich dabei innig und waren mehr als heiß bei der Sache. Sie besabberten sich, umarmten sich, zogen sich aus, bis sie gänzlich nackt waren und nun fast übereinander lagen. Dabei bemerkten die beiden nicht, wie die Zeit verflog. In nicht mal zehn Minuten würde Heinz-Gerd reinkommen und sie wecken wollen. Eren, voller Leidenschaft und gänzlich Levis heißem Charme erlegen, stöhnte laut auf. Weiße Flecken zierten beide Unterleibe. Und sie waren nassgeschwitzt. Aber der Keucher des Braunhaarigen war etwas zu laut. Heinz-Gerd, der wie eine Statue vor ihrem Zelt stand und sich sonst nicht rührte, zuckte und wandte sich um. Er schien Erens Stimme bei dem Geräusch erkannt zu haben. Und sie alle waren ja direkt in Alarmbereitschaft, wenn er derartige seltsame Geräusche von sich gab. Immer musste man Angst haben, dass so etwas eine Titanenwandlung auslöste. Heinz-Gerd entschied sich aber, für die beiden Liebenden zum Erleichtern, für das Warten vor dem Zelt, würde er in Zehn Minuten doch eh reinschauen. „Aaaaah“ Noch einmal jaulte Eren, nachdem Levi ihn plötzlich von sich weg gedrückt hat und ihn neben sich hingelegt hat. Erstmal in Ruhe ausatmen. Erstmal wieder zur Besinnung kommen. Der Corporal schleckte sich, gedanklich ins Zelt zurückbringend, über die Lippen. Eren neben ihm erinnerte in diesen Sekunden mehr an eine überanstrengte, plattgefahrene Katze als an einen Soldaten im Überlebenskampf. Und er war noch immer splitterfasernackt, während der Schwarzhaarige seinen Schweiß und andere Flüssigkeiten mit einem angewiderten Gesicht von der Haut wischte. „Du hast es einfach nicht drauf, kleiner Scheißer…“ murmelte er neckisch. Und ließ ein kurzes Kichern hören. Nicht dass er es insgeheim nicht genoss. Aber ein bisschen aufpassen könnte er mit seinem Samenerguss ja schon. Davon ganz abgesehen, dass er für Levis Verhältnisse zu weichlich zu werke ging. Während er sich zügig in neue Klamotten und Uniformen warf und ihm nichts von einer heißen Nacht anzumerken war, lag Eren immer noch verschwitzt und nackt neben ihm. Seine Atmung hatte auch noch nicht Normalfrequenz erreicht. Wie süß und hilflos er doch da lag. Levi schüttelte sich räuspernd. Wie konnte ein Monster, einer, der die Gestalt eines Titans mit sich trug, so niedlich sein? Von draußen raschelte es langsam. Es war Zeit zum Aufbruch, weswegen der Corporal seinem Schüler dezent in die Seite trat. „Mach, dass du hochkommst, Bengel, sonst schöpfst du hier Verdacht….“ Ließ er entnervt hören. Mit erschrecktem Herzen schoss der Braunhaarige hoch. Er keuchte noch immer, doch es stimmte, er musste sich schnellstmöglich ankleiden. Denn Sekunden später linste auch schon Heinz-Gerd herein. „Oh ihr seid ja wach“ seine kratzige Stimme hallte trocken durch Zelt, Eren hatte sich zügig eine Decke über sein Geschlechtsteil gezogen und fing an zu zittern. „Der Stöpsel hier ist ein bisschen lahmarschig und morgenmuffelig, also schau nicht so entsetzt!“ reagierte Levi auf den irritierten Blick des fast glatzköpfigen Mannes. „In Fünf Minuten komm ich mit dem Kleenen hier raus“ Viel mehr Zeit hatten sie in ihrem strengen Zeitplan auch nicht. Der immer noch leicht vernebelte Eren nickte verlegen, ehe er sich endlich Kleidung überzog. Auf Drängen des fast nervösen Levis, ein kranker Eren war nicht grade nützlich bei einer Mission wie dieser. Noch weniger als ohnehin schon. Ein paar Minuten blieben den Soldaten, zum Frühstücken(was in ihrem Fall ein Stück Brot und Wasser war), zum Waschen, und überhaupt zum Wachwerden. Letzteres stellte das wohl größte Problem für den jungen Titanenwandler dar. Wie oft er sich heute morgen schon wieder die Augen rieb, sich streckte und gähnte und nicht so ganz auf der Höhe war. Das waren sie aber von ihm mehr als gewohnt. Die Sonne jagte bereits ihre ersten Strahlen über den Horizont. Lange bis zum Erscheinen der Riesen dauerte es nicht mehr. Eren und Levi ließen sich nichts anmerken, der Ältere beriet sich zum Großteil mit Heinz-Gerd über ihr heutiges Vorgehen und blickte immer mal wieder kühl über das Feld. Eren wurde umringt von Mikasa und – weil er ihn ja einfach nicht in Ruhe lassen kann – Jean. Das Mädchen drängte all ihren Groll vorerst weg, denn den konnte sie im Kampf überhaupt nicht gebrauchen. „Ist bei euch wieder alles in Ordnung?“ – „Klar~“ flötete Jean funkelnd und streichelte sich über sein immer noch leicht schmerzenden Unterschenkel. Hauptsache wieder versuchen ein scheinheilig freundliches Bild gegenüber Mikasa abgeben, dachte sich Eren genervt. „Ich bin ja nich sone Pussy wie der hier. Ohne seine Heilkräfte würde er doch den ganzen Tach lang rumjammern… nich wahr?“ Eren sah weg. Er hatte sowas von keine Lust mehr auf die Provokationen von ihm. Mikasa legte eine Hand auf die Schulter ihres Bruders. „Ich weiß, Eren verhält sich komisch in letzter Zeit.. aber das heißt noch lange nicht, dass ihr euch dauernd behaken müsst!“ „Ich glaube dein ach so toller Freund hier verheimlich uns was“ stellte Jean hochnäsig fest. Eren schob die Hand Mikasas weg, hauchte ihr ein ganz stilles „Es tut mir leid“ ins Gesicht, zog dabei ein trauriges Gesicht und zog von dannen, genauer gesagt zu seinem Pferd. Jean grinste süffisant. Noch besser, jetzt war er mit Mikasa alleine. „Ich weiß nich, aber irgendwie hats der Typ in letzter Zeit dauernd mit Corporal Levi“ Das Mädchen seufzte vernehmlich. Jean setzte zur erneuten Philosophie an. „Vielleicht sind Frauen… vorallem so wundervolle wie du… einfach nich seins“ Irgendwo hatte er ja nicht unrecht, Eren hatte in der Tat mit sich selbst ausgemacht und bemerkt, dass er einen Mann liebt. Was er sich selbst nie gedacht hätte, denn bis vor einigen Tagen hätte er es noch für eigenartig empfunden, jemanden gleichen Geschlechts zu küssen, geschweige denn intimere Dinge zutun. Er hatte zuvor nur Respekt vor Levi, aber in letzter Zeit verbreitete sich dieses wohlige Gefühl in seinem Herzen. Sogar, wenn er nur an seinen kühlen, teuflischen Blick dachte. Selbst das empfand der Junge mittlerweile als attraktiv. Zügig bauten sie ihre Zelte ab, machten sich und ihre Ausrüstung einsatzbereit, sattelten die Pferde und positionierten sich startklar. Eren schluckte, denn bereits jetzt erspähte er weit hinten die ersten Titanen, die hervor kamen. Ab jetzt galt wie so oft höchste Konzentration! Wie bereits gestern ritten sie in dichter Formation los. Innendrin war Eren. Dem Jungen wurde einmal mehr bewusst, welch tragende Rolle er auf dieser Mission spielen musste und überhaupt auch. Bloß keine Fehler mehr durfte er machen. Sein Atem setzte bereits vor Anspannung wieder leicht aus. Was auch geschah, sie mussten zusammenbleiben, durften Eren niemals aus den Augen verlieren. Und so schnell es ging vom weiten Feld in das nächste Waldgebiet oder noch besser, ins nächstbeste Dorf. Auf flacher Ebene ist es nahezu ein Ding der Unmöglichkeit, mit Einsatz der 3D-Manöver-Ausrüstung gegen die Titanen zu kämpfen. Wer dies versuchte, unterschrieb quasi sein Todesurteil. Die Soldaten ignorierten alle Riesenmonster, die die Ebene entlangstapften, und ritten in hohem Tempo vorraus. Hie und da stand mal ein Baum, aber ein sicherer Kampfplatz war dies trotz allem nicht. „Aaaaah!!“ Eren wandte sich erschreckt um. Die ersten Titanen hatten wohl Menschenfleisch gewittert und die Truppe entdeckt. Von hinten kamen gleich fünf Exemplare donnernden Schrittes auf sie zugetrampelt. Einer von Ihnen war dreizehn Meter groß, ein anderer eher sehr klein und besonders schäbig, und einer krabbelte, wie schon der Abnormale gestern, auf allen Vieren hinter ihnen her. Was diesen blöderweise einen ganzen Tick schneller machte als die anderen. Er holte mehr und mehr auf und war schon fast in Reichweite der Soldaten. Eren biss sich, während er und die anderen das Tempo erneut erhöhten, auf die Lippen. Ginge es nach ihm, würd er die Gefahr von hinten am liebsten sofort bannen. Adrenalin durchschoss seinen Körper und ließ ihn fast erzittern. In der Ferne erkannten sie zwar ein paar Ruinen, welche einem ehemalig bewohnten Dorf gehörten, aber auch einige weiter umherstreifende Titanen. Sie mussten in Windeseile in dieses Dorf kommen! Levi peitschte sein auf Tempo gedrilltes Pferd nach vorne und zog die anderen mit sich. Nun waren schon Acht der Riesenmonster hinter ihnen her. Von denen einer just in diesem Moment nach vorne sprang und nach den Menschen griff. Heinz-Gerd, der ganz hinten den Abschluss bildete, wurde nur knapp verfehlt, sein Pferd sprang ob der Fallgewalt des Titanen kurz in die Höhe. Wenn ein Riese zu Boden knallte, kam dies immer einem Erdbeben gleich. Was die Flucht auch nicht erleichterte. Doch der erfahrene Mann entkam und puschte sich nach vorne. Der Vierbeinige Abnormale, dessen besonders große Augen vor Hunger und der vor sich gesichteten Beute beängstigend funkelten, setzte zum Sprint an. Erens Herz raste, er schnappte nach Luft und kämpfte gegen den inneren Drang an, seine Zähne einfach in seine Hand zu fleischen. Und zum Titan zu werden, um die Gefahr von hinten einfach mit eigenen Händen in die Schranken zu weisen. Eine Welle krachenden Winds warf den Jungen just vom Pferd, er prallte voller Wucht auf den Boden. Ein Haufen Schreie begleiteten ihn dabei. Er selber konnte nicht mehr schreien, denn ihm wurde jegliche Luft aus den Lungen gepresst. Und nicht nur er fiel. Mikasa fand er plötzlich auch neben sich an den Erdboden gepresst. Ein großer Schatten erschien über ihnen. Nein, warum jetzt, sie waren so kurz vor der Stadt angekommen. „SCHEIßE!“ hörte Eren die Stimme Jeans rufen. Ein Teil der Truppe war weitergeritten zur Dorfruine. Außer die Gestürzten Eren und Mikasa, deren Pferde vollkommen wirr und schockiert durcheinander galloppierten. „VERDAMMT, WO IST JAEGER, DIESER ROTZBENGEL!!!???“ donnerte die Stimme Levis. Er war auch hier. Er suchte den Jungen, der starr vor Schreck auf dem Boden hockte und zusah, wie der Haufen Titanen sie erkannten und vor sie traten. Die Pferde schritten indes davon. Mikasa schluckte und sah sich vehement nach einer höher gelegenen Landestation um. Dabei zog sie Eren ruckartig mit. Wieder ein Schrei. Ein Titan griff nach ihnen. Die beiden jumpten vollkommen hektisch grade noch weg. Wieder ging alles viel zu schnell. Eren rollte sich hektisch ab, erkannte in der Ferne, wie Heinz-Gerd in den Fingern des Abnormalen Titans steckte und sich um jeden Preis befreien wollte. Nein, um ihn konnten sich die beiden jetzt nicht kümmern, denn die nächsten beiden Hände sah Eren schon auf sich zu kommen. Er hatte es wieder vergeigt. Er sah wieder nur noch die letzte Chance darin, sich zu verwandeln. Ehe ihn etwas am hals weg zog, er wieder einen Schrei vernahm. Die Augen zusammenkneifend und sich die Hand vor den Mund positionierend, wartete Eren weitere zwei Sekunden. Bis auf ein Poltern neben ihm hörte er nichts. „EREN!!!!“ Mikasa schrie lauthals, wieder warf ihn etwas um. Levi huschte an seinen blinzelnden Augen vorbei. Was ging denn jetzt wieder ab hier!? Dass ein großer Teil der Titanen bis zum Dorf zu den anderen vordrang, bekamen sie nicht mal mehr mit. Für den Jungen aber wurde das langsam zuviel. Er zitterte am ganzen Leib, riss die Augen auf, sah, wie ausgerechnet Levi mit strammen Blick vor ihm war. Ein undefinierbarer, tiefgehender, bohrender Blick. Mikasa schrie, doch das überhörte Eren vollkommen. Plötzlich wurde der Mann vor ihm hochgerissen. Von gleich zwei Riesen, die an seinem Mantel zogen. Levi drehte sich, konnte kurzzeitig sich befreien, in dem Moment griff einer der Titanen nach seinem Bein, erwischte es, zog daran. Erens Herz wurde schwer wie Stein, als er es sah. Und hart wie Metall. Und es rutschte ihm in die Hose. Nicht Levi. Aber auch nicht er selbst. Er fiel nach vorne. Eine Millisekunde geriet der Schlüssel, der an seiner Kette hing in sein Blickfeld. Die Worte seines verschollenen Vaters schossen sich in sein Gedächtnis. Er solle diesen hüten wie ein Schatz. Er würde eines Tages von enormer Wichtigkeit sein. Eines Tages, an dem er ein großes Geheimnis rund um die Titanen, welches im Untergrund von Erens Heim aufbewahrt sein musste. Der Braunhaarige jappste. Er konnte nicht aufgeben. Er durfte nicht aufgeben. War er es nicht auch einst, der Mikasa beibrachte, dass man nur mit dem Kampf bis zum Schluss siegen konnte?! Dass er mittlerweile in den Fängen eines Titans steckte, hatte er gar nicht mitbekommen. Das dieser Titan bereits seinen Arm abgerissen hatte, auch nicht direkt. In die Hand beißen war nicht mehr. Voller Schmerz, sowohl körperlich, das Blut floss aus seiner Schulter herab wie ein Wasserfall, als auch seelisch, ließ Eren einen dermaßen lauten, wütenden, durchringenden Schrei ab. Dabei tritt er hart gegen einen Zahn des Riesen, der seinen Mund bereits hungrig geöffnet hatte. Noch einmal schrie der Junge aus vollem Hals, als würde er damit all seinen angestauten Hass, die angestaute Wut und jeglichen Schmerz, den die Menschheit erfahren musste, von sich schreien. „AAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAHHHH!!!!“ Er fiel. Zwischen Blut, Todesschmerzen, die alles an ihm gefrieren ließen und dem Tode vor Augen. Sicher rutschte er grade blindlings in das Innere des Titanen. Es war vorbei. … Kapitel 10: Screaming --------------------- Sein Schädel brummte und er spürte die Hälfte seines Körpers nicht mehr, als Eren langsam wieder sein Bewusstsein erlangte. Er versuchte, die Augen zu öffnen, doch mehr als ein grelles Licht konnte er nicht ausmachen vor sich. Ein unschönes, merkwürdiges Gefühl. Großartig bewegen konnte der Junge sich auch nicht mehr, er war wie gelähmt, einzig sein linker Arm kribbelte fürchterlich. War er wirklich tot, war dies der Himmel? Eren schüttelte, soweit er es konnte, seinen Kopf, er war sich so sicher, dass er bei seinem Tod in der Hölle landet. Er hörte Mikasa aus der Ferne schluchzen. Mikasa… hoffentlich war sie noch am Leben! Womöglich würde sie grade um ihn weinen. Solange sie auf der Erde bei den Lebenden weilte, war es ihm auch recht. Das Gesicht Levis drängte sich vor Erens geistiges Auge und ließ sein Herz in hohem Bogen hüpfen. Was war mit ihm? Der Junge schnappte nach Luft, hatte aber kurzweilig das Gefühl, zu ersticken. Wenn Levi sterben würde, hätte die Menschheit ihren stärksten, und für den Jungen zweifelsohne auch den faszinierensten, schönsten Krieger verloren. Und ohne ihn und seiner eigenen Person hätten die Titanen schon viel leichteres Spiel. „Für emotionales Geblubber ist jetzt keine Zeit!“ Eren schluckte. Die Stimme gehörte Levi! Und sie klang so kühl wie eh und je. Aber lebendig. Sicher will sein Unterbewusstsein ihn beruhigen. „Dieses Balg sollte nur mal so langsam zu sich kommen… sonst wird’s wirklich eng!“ Eren zuckte plötzlich hoch, begann zu husten und zu würgen. Er spuckte Blut, aber auf einmal merkte er seinen Körper wieder. Und er erkannte, trotz verschwommenen Blick, dass er in einem hölzernen Raum lag und ihm die Sonne entgegen strahlte. Und im nächsten Moment hatte er die schwarze Haarpracht Mikasas im Gesicht. Sowie ihre warmen Arme um seinen schlaffen Körper. „Sieh an, wenn man vom ‚Teufel‘ spricht… er ist wach.“ Bemerkte Levi von der Seite trocken. Erens Herz hüpfte und er begriff allmählich, dass er lebte. Er verstand nur nicht, warum. Er drehte unter Kopfschmerzen der Hölle seinen Kopf zu Levi, der ihn abwertend anblickte. Doch sein gegenwärtiger Anblick jagte Eren dennoch ein Lächeln ab. Heichou ist… sogar wundervoll, wenn er fies schaut… dröhnte es so durch die Gedanken des Jungen. Mikasa schluchzte vernehmlich, ehe Levi sie sachte wegdrückte, sich neben den Jungen hockte und mit seiner kühlen Hand die von Eren packte. Erst jetzt fiel dem Jungen auf, dass er einen verbundenen Arm hatte und leicht hinkte. Ebenso zierten seine Lippen Blutüberreste. „Sag, Eren…“ begann er geheimnisvoll. Während Eren bemerkte, wie die Sonne in feurigem Licht unterging. „Warum hast du uns deine Fähigkeit verschwiegen?!“ Der Junge zuckte und seine Augen wanderten irritiert zwischen denen Mikasas und seines Vorgesetzten. Wieder zog sich ein bestialischer Schmerz durch seine Schläfe und der Braunhaarige biss sich knirschend auf die Zähne. Er dachte daran zurück, dass er, im Angesicht eines Titans, einen irren Schrei abgefeuert hatte. Danach verschwanden seine Erinnerungen. Er war sich doch so sicher, dass er von dem Riesen verschluckt wurde. Oder hatte er sich doch wieder selber in einen verwandelt. Es war ja nichts Neues, dass er im Anschluss daran einen Gedächtnisverlust erlitt. Levi stöhnte angenervt. „Tu nicht blöder als du bist, Dreckfalte. Als du so schrill geschrien hast, hat das Mistvieh von Titan mich losgelassen, nachdem ich mich etlich lang versucht habe, zu befreien. Diese Hackfresse war aber auch nervtötend. Schon beschissen, wenn man sich immer alleine um alles kümmern muss. Ich kann auch nicht jeden einzelnen Riesen töten. Zeitverschwendung, tse. Das mu“- „Heichou…“ unterbrach ihn Eren mit verwirrter Stimme. Sein linker Arm zuckte. Die stählernen Augen des Corporals stachen förmlich dessen Herz ab. So hübsch und so gruselig zugleich war der Mann. „Jaja, deine Fähigkeit, Ungeduldsknubbel…“ Seine Augen blitzten auf. „Du hast die Titanen mit deinem Schrei aufeinander gehetzt! Schnallst du das jetzt endlich? Es ist von immenser Bedeutung, dass wir von einer solchen Fähigkeit erfahren!!“ drückte der Mann ihm ein. Erens Herz wurde schwer und seine Kopfschmerzen nicht weniger. Es war ja schon seit geraumer Zeit für ihn sowohl totaler Mindfuck als auch eine extreme Bürde, ein Titanenwandler zu sein, aber die Monster sogar selber steuern können? Das ergab keinen Sinn. Das war vollkommen absurd. „Ich habe keine Ahnung, wie ich das gemacht hab, Heichou! Wirklich nicht…“ Levi blickte stöhnend zur Seite und setzte einen Was-weiß-der-Dummdödel-denn-mal-Blick auf. Er wieß Mikasa auf, aufzustehen, drehte sich um und wandte sich von Eren ab. Er ging zur Tür und verließ den Raum, aber warf einen letzten, prüfenden Blick zurück. „In fünf Minuten ziehen wir weiter!“ hörten sie ihn befehlend ausrufen. Der Braunhaarige schüttelte sich verwirrt. Mikasa blieb vorerst bei ihm. „Wo sind wir hier überhaupt? Was ist passiert, wie geht’s den anderen?!“ wollte Eren aufgebracht wissen. Seine Schwester pflanzte sich neben ihn, legte ihn sanft wieder hin, als solle er sich wenigstens für kurze Zeit noch ausruhen. „Wir sind in einem verlassenen Haus im Dorf. Die Titanen haben sich gottseidank selber eliminiert und hier scheinen sie uns nicht zu wittern. Ich hatte echt Angst um dich, Eren.. ich hab dich, nach deinem Brüller, halb zerfetzt am Boden liegen sehen. Das sah wirklich nicht gut aus… Corporal Levi hat schnell reagiert und wir haben dich in diese Hütte hier gebracht“ erzählte sie knapp mit emotionalem Unterton. Eren wurde ungewollt rot auf den Wangen. Mikasa tat es ihm direkt gleich und schenkte ihm ein Lächeln. Unecht beäugte der Junge dann seinen immer noch kribbelnden linken Arm, der nachgewachsen war. Ein paar Platzwunden schlossen sich bei ihm binnen weniger Minuten, aber ganze Gliedmaßen brauchten schon zwei bis drei Stunden, bis sie ganz nachwuchsen. Und ein schönes Gefühl war dies nie. „Leider haben wir zwei Männer verloren…“ erklärte sie belegt. Eren seufzte. „Unter anderem Heinz-Gerd.“ Murmelte sie zittrig und unterdrückte eine Träne, die aus ihrem Auge herausbrechen wollte. Ihr Bruder blickte gefasst auf und verdaute auch diesen Happen nur schwer. Immerhin war dieser Mann einer der erfahrensten Krieger, der sicher schon einige Missionen erlebt und viele Titanenschlachten gesehen hat. Man erzählte sich, dass lediglich seine zurückhaltende Art Schuld war, dass er keinen höheren Rang in der Legion erklommen hatte. Von der Statur her wirkte er noch standfester als Reiner. Auch wenn er einen halben Kopf kleiner als dieser war. Eren versuchte, aufzustehen, ehe er beim ersten Schritt fast zur Seite kippte. Leicht schwindelig war ihm immer noch. Aber noch mehr Schwäche durfte er nicht zeigen. Mikasa nahm mit herzhaftem Lächeln seine Hand und führte ihn aus dem Raum. Eren gefiel dieses Bemuttern von ihr zwar nach wie vor nicht, aber sich darüber aufzuregen half ja auch nichts. Er sah herüber zu einem anderen Heubett und erspähte sofort die Leiche von Heinz-Gerd, oder viel mehr den Unterteil des noch vorhandenen Körpers. Und der Kopf. Dazwischen nur ein blutbeflecktes Tuch. Jetzt wurde dem Jungen leicht flau im Magen. Viel Zeit zum Trauern war nicht. Gegen Abend trat der Rest der Truppe nach draußen. Sofort sahen sie sich nach Titanen um, doch bis auf ein paar, die in weiter Ferne über das Feld zogen, war keiner zu sehen. Ein paar Minuten Ruhe. Langsam kam auch Eren wieder zu Kräften und stellte etwas erleichtert fest, dass seine Kumpanen aus der Trainingszeit alle noch lebten. Jean, ja auch Jean zählte irgendwo dazu. Die kleine, hübsche Blondine Christa lächelte ihn an. Sie hatte so etwas Erhellendes an sich, das gab Eren zu, jedoch war blond nicht so sein Fall. Sie war in den Armen der größeren, burschikosen Ymir, die quasi immer treu ergeben bei der blonden Schönheit zu finden war. Sie schaute wie üblich geheimnisvoll drein. Aber doch hatte der Anblick der drei eine beruhigende Wirkung auf Eren. Besonders groß war das Dorf nicht, in dem sie ihre Pause eingelegt hatten. Während Eren einen Bissen von einer Stange Brot nahm, die er von Mikasa gereicht bekommen hatte, ertönte die harte Stimme Levis. „Wenn ihr alle von dem Brot gegessen habt, brechen wir sofort ins nächste Dorf auf. Lasst euch eines gesagt sein: Bleibt zusammen und passt, verdammt noch mal, auf Eren auf! Wir können leider nicht davon ausgehen, dass der Bengel Kontrolle über diese merkwürdige Gabe erhält und sie immer einsetzen kann. Deswegen: Wenn uns die Titanen kriegen, kämpfen direkt alle mit. Aber auch nur dann, wenn Eren in Gefahr gerät, Verstanden?“ Die anderen Krieger willigten skeptisch ein und nahmen ebenfalls einen Bissen von dem gleichen Brot, von welchem bereits Eren aß. Viel Verpflegung konnten sie nie mitnehmen bei ihren Expeditionen. Da war die Aufklärungseinheit verglichen mit den anderen Legionen um einiges ärmer dran. Sie trommelten die verbliebenen Pferde zusammen, stellten sich in Formation auf und schritten fort. Gut, dass es bereits wieder auf die nächste Nacht zuging, was bedeutete, dass sich die Titanen zur Nachtruhe zurückzogen. Eren fragte sich, wohin die unübersehbar großen Wesen eigentlich verschwanden, aber im Augenblick war er darüber sehr froh. Vom sicheren Innenbereich war der Trupp mindestens einen Tagesritt entfernt. Einfach umkehren kam, trotz immer noch fortwährender Kopfschmerzen, nicht infrage. Gewillt, endlich einige Antworten auf seine Fragen zu erhalten, richtete der braunhaarige Junge seinen Blick stramm vorwärts. Levi ließ ihn dabei kaum aus den Augen. Sie ritten über mehrere Ebenen, mehrere Felder, hie und da mal eine steinernde Ruine und dort mal ein kleinerer Wald. Besonders bewohnt sah die Gegend nicht mehr aus. Und vorallem bei Nacht hatte das hier alles eine gespenstische Stille. Eren war fast dauerhaft in Gedanken, wofür er sich am liebsten direkt eine gescheuert hätte. Es war für ihn schwer genug, sich auf dem Pferd zu halten und nicht herunterzurutschen, vom Tempo mal ganz abgesehen. So sehr drückten die Schmerzen in seinem Kopf. Dabei Grübeln war mit Sicherheit nicht hilfreich, und doch dachte er während des Rittes ständig an seine intimen Minuten mit Levi. Ein Seufzen vor ihm riss ihn kurz aus der Trance. Im Mondlicht konnte man, noch sehr weit in der Ferne, einen ganz dünnen Strich am Horizont erkennen. Erens Augen weiteten sich. ‚Mauer Maria…‘ schoss es durch seine Gedanken und sein Herz flackerte auf. Das Ziel näherte sich. Wenn auch nur langsam. Viel geschah nicht, ehe sie erneut an einer verlassenen Stadt anhielten. Die Sonne würde bald aufgehen, und bevor sie sich in die nächste Schlacht begäben, brauchten sie alle eine kurze Stärkephase. Levi hielt an, tauschte einen ungewöhnlich tragischen Blick mit seinem stämmigen Mann aus und stieg lässig von seinem Ross herab. Eren wusste, dass er ein engerer Kamerad Heinz-Gerds war, denn oft waren sie zusammen unterwegs. Sie verbrachten die Zeit bis zum Tagesanbruch in einer zerstörten verlassenen Hütte, aßen wieder ein bisschen was und ruhten sich aus. Erens Kopfschmerzen verschwanden zum Glück immer mehr. „Wir befinden uns zurzeit in Heinz-Gerds Heimatdorf, oder zumindest dem, was davon übrig ist.“ Sagte Levi leise und trocken, während seine Augen mit angewidertem Blick auf die steinernde Wand starrten, in dessen Rillen sich Dreck und Moos tummelten. „Haltet euch gleich auch an das, was ich euch gestern angewiesen habe!“ Alle stimmten nickend zu. Niemand wagte es sich, zu widersprechen, auch wenn Mikasa ihm nahezu dauerhaft mit finsterem Blick bedachte. Die Stimmung der Soldaten war mehr denn je in eine imaginäre schwarze Wolke getaucht. Sie waren Verluste gewohnt, jedoch sitzt der Schrecken ihnen immer noch fest in den Knochen und die Aussicht auf weitere Überlebenskämpfe jagte ihnen mehr und mehr einen kalten Schauer über den Rücken. Als Eren und Levis Blicke sich erneut trafen und der Ältere demonstrativ seine leicht beschmutzte Hose abklopfen wollte, hörten sie plötzlich ein Rummsen. Gefolgt von einem ziehenden, grummelnden Geräusch. Der Corporal brauchte gar keine Anweisungen zu machen, sofort schnappten sich die Soldaten ihre Ausrüstungen und stellten sich geschlossen für einen möglichen Kampf auf. Da waren wohl wieder die ersten Titanen unterwegs. Und das, obwohl es noch ziemlich dämmerig war, wie man aus dem Fenster sehen konnte. RUMMS. Ein Erdbeben. Die Soldaten pferchten sich zusammen und behielten die Achtsamkeit, während unter ihnen die Erde bedenklich wackelte. Levi trat hervor, ließ seine Untergebenen, allen voran den aggressiv schauenden Eren, nicht aus den Augen. Sofort baute sich im Inneren des Jungen eine hitzige Wut auf und drohte, aus ihm rauszubrechen. Die Fäuste geballt fixierte er einen Titan, der sich in dem Moment auf ihn und den nahenden Levi zubewegte. Viel Zeit für Formationen war nicht, die ließen ihnen die Riesenmonster nicht. Es war wieder höchste Konzentration und sofortige Reaktionsfähigkeit. Eren, dessen Blickfeld immer noch leicht waberte, stieß sich schnell ab, entkam der zerfleischenden Hand des Titanen nur knapp, während diese einen in der Nähe liegenden Baum mitriss. Wenigstens konnten sie nun über die Restgasvorräte der zurückgebliebenen Krieger zurückgreifen. Ein gutes hatten die Tode, die Opfergaben quasi. Doch nachdenken war jetzt ohnehin das falscheste vom Falschen für Eren. Er stieß sich erneut ab in die Luft, flog ein paar Sekunden wie eine Fliege über den gefräßigen Gesichtern der Titanen hinweg, immer mit dem Hintergedanken, dass er durch eine Verwandlung das Missionsziel nicht gefährden durfte. Schreie, Getöse, Getrampel und der eigene pulsierende Herzschlag umschrieben Erens gegenwärtige Situation perfekt. Er blickte, während er durch die Luft wirbelte und versuchte, sich an den Nacken eines der Monster heranzuziehen, immer wieder kurz zu Levi, der erneut seine ganze Klasse zeigte und sein Statussymbol „stärkster Krieger der Menschheit“ unterstrich. Mit einer Leichtigkeit erlegte er alle Riesen rundum Eren und sah dabei auch noch verdammt souverän und locker aus. Und das trotz des ganzen Tumults, der Verluste und der eigenen Verletzungen. Er war einfach perfekt. Und sogar die B-Note stimmt immer. Nach mehreren Drehungen landete Levi punktgenau auf einem Baum, verschaffte sich einen Überblick und zuckte dann mit seinen Augen hinauf zu Eren. Die Blicke trafen sich für Sekunden. Zuviele Sekunden. Eren konnte grade noch im Augenwinkel erkennen, dass das Zehnmeter-Monster neben ihm ausholte. Wieder entkam er dem überdimensionalen Arm nur haarscharf, er schlug in der Luft ein paar Pirouetten, auch wenn diese verglichen mit denen Levis nicht grade Sinnbild der Ästhetik waren. Der Braunhaarige prustete, spürte mehr und mehr seine Knochen. Die Heilfähigkeiten verschonten ihn nicht vor Überanstrengungserscheinungen. Plötzliche Stille kehrte ein. Erschöpft landete Eren auf dem Boden, versuchte aber trotz seiner leichten Unkontrolliertheit nicht den Gegner aus den Augen zu verlieren. Seltsamerweise hatte der Titan innegehalten, krümmte sich nun mit seinen dampfenden Körperteilen leicht nach unten und blickte den Jungen in Menschengröße lüstern an. Wo war Levi? Er hätte jetzt die ideale Gelegenheit, dem Mistvieh in den Nacken zu springen!! Dass Levi schon wieder in eine andere Schlacht wenige Meter daneben verwickelt war, schien Eren vor Schreck gar nicht mitbekommen zu haben. Genauso wenig, dass um ihn herum dermaßen die Fetzen und Felsen flogen. Wo kamen denn jetzt diese Horden von Riesenmonstern so plötzlich her? Wie versteinert stand Eren da vor dem Titan, der mit seinem besonders schiefen, heißhungrigen Grinsen jegliche Eingeweide des Jungen zu Eis erstarren. „Wa…warum jetzt…?“ Eren fasste sich an seine errötete verschwitzte Stirn, während Unmassen an Erinnerungen der Vergangenheit seine Gedankenwelt fluteten. Er stand von Angesicht zu Angesicht mit einem seiner Todfeinde. Er stand da - und war wie gelähmt. Seine Beine gaben nach. Eren wusste, er MUSSTE sich jetzt in Sicherheit bringen, er muss jetzt reagieren, so sehr seine Muskeln sich auch weigerten. Und doch spielten sich just in dem Moment diese Bilder wieder vor seinem geistigen Auge ab. Wie er als Zehnjähriger vergebens versucht hatte, mit Mikasa seine Mutter aus den Trümmern des eigenen Hauses zu befreien. Wie derzeit diese Titanen in seine Heimat attackierten aus dem Nichts und binnen weniger Minuten ganze Häuser, Straßen, Existenzen zerstörten und viele Menschen fraßen, wie er es zuvor mit einem wehrlosen Stück Brot getan hatte. Und letztendlich dieses Bild, welches ihm noch heute das Herz in sämtliche Stücke splittern ließ. Wie er weggetragen wird. Auf der Schulter von Hannes. Zusammen mit Mikasa. Und vollkommen wehrlos sieht er zu, wie ein besonders hässliches Geschöpf von Titan seine Mutter wie ein Insekt auseinanderrupfte. Ihre Schreie der Verzweiflung hallten in seinem Ohr wieder. Sie taten richtig weh. Eren sackte zusammen, die Hände in sein Gesicht gepresst, dicke Tränen verließen sein Gesicht. Wo war der Kampfgeist geblieben? Was war mit ihm los? Der Titan würde ihn jede Sekunde verspeisen. Zum soundsovielten Mal war ihm der Tod nahezu sicher. Zum soundsovielten Mal zerrissen dem Jungen die eigenen Nerven. … KNACKS. KRACH. Ein tiefer, bestialischer Schmerz zog sich durch die Hand hinauf in die Gliedmaßen des Jungen – Unaushaltbar. Eren verlor jegliche Kontrolle über sich, würde nun gänzlich von seinen Hass- und Schmerzgefühlen übermannt. Nicht mal mehr schreien hörte er sich. Bis auf den Schmerz des Todes fühlte er gar nichts mehr. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)