Visions - Neuversion von Yumi-san_89 ================================================================================ Kapitel 6: Legenden über Legenden --------------------------------- Die Stunden zogen dahin, ohne dass sich der Schnee auch nur im Ansatz auflöste und sie aus diesem Eisgefängnis befreite. Amy seufzte stumm, während sie ihre Augen über die Karte vor sich fliegen liess. Immer wieder ging ihr das Gespräch mit ihrer Freundin vom Nachmittag durch den Kopf.   „Ihr könnt das Eis nicht schmelzen?“, panisch redete Amy auf ihre beste Freundin ein. „Bist du dir auch sicher?“ „Ja, ganz sicher. Die Eismasse hier nimmt nicht den geringsten Schaden. Wir müssen uns etwas Neues überlegen.“ „Aber was? Die Zeit läuft uns davon.“ „Hast du deine Karte dabei? Du weisst schon, die mit den Tempeln.“ „Sicher, vor der sitze ich gerade.“ „Kannst du mir angeben, wo sich der Feuertempel befindet? Der müsste doch ganz hier in der Nähe sein, oder irre mich?“ „Komisch...“, murmelte die jüngeren der beiden in die Sprechmuschel hinein. „Was meinst du?“ „Du wirst mich für dumm verkaufen, aber die Tempel sind auf der Karte nicht verzeichnet.“, verwirrt überflog Amy die Karte mehrere Male um jedes Mal erneut festzustellen, dass die Tempel nicht darauf verzeichnet waren. „Nicht drauf? Das ist nicht dein ernst?!“, „Leider doch. Aber ich habe keine Ahnung, aus welchem Grund. Bisher waren sie immer…“, sie stockte. Soeben war ihr der Grund eingefallen, weshalb die Tempel nicht auf der Karte verzeichnet waren. „Die Karte…wir haben sie in einer anderen Zeit benutzt, in welcher die Tempel und die Wächter bereits aktiv waren. Deswegen waren die Tempel auch genauestens darauf eingezeichnet.“, begründete Amy ihre Gedanken. „Oh nein, bitte nicht. Dann sind wir hier aufgeschmissen?“ „Wohl oder übel“, stimmte Amy ihrer besten Freundin zu. „Ausser du hast eine Idee, wie du ein Lavados beschwören kannst?“ „Lavados beschwören? Ich? Dazu müssten wir zuerst den Tempel finden.“, seufzte sie und blickte sich suchend in der Gegend um. Wieso hatte Tim vorher nur wegfliegen müssen? Jetzt wo sie seine Hilfe gebrauchen könnte. Innerlich verfluchte sie sich, dass sie ihn in diesem Augenblick her wünschte. „Sag mal, Amy, dein Bruder wüsste doch sicherlich, wo sich der Feuertempel befindet, oder?“ „Nein. Davon hat der Gute leider keine Ahnung. Ich weiss nur, dass er hier in der Nähe ist.“ „Da bleibt uns nichts anderes übrig als die Gegend hier abzusuchen. Kannst du mir einen Gefallen tun und deinen Bruder bitten, mir hier zu helfen?“ „Ich?...“, die jüngere verstummte für einen Moment. „Lass mich raten. Ihr habt euch gestritten, was? Und ich dachte immer er wäre auf mich eifersüchtig.“ „Also streiten ist nicht das richtige Wort. Wie soll ich das nennen…den Kopf gewaschen, genau!“ Amy verdrehte innerlich die Augen. Sie kannte ihre beste Freundin in- und auswendig und wusste nur zu gut, dass jene schon seit Jahren in ihren älteren Bruder verschossen war. Jedoch rannte er einem Mädchen nach dem anderen hinterher. Wenn er sich dann einmal in einer Beziehung befand, dann endete das meistens innert kürzester Zeit in einem grösseren Interessenkonflikt. „Du kannst ihm doch nicht den Kopf waschen! Besonders du nicht. Glaubst du wirklich er hört darauf? Er wird wieder einem anderen Mädel hinterher rennen. Du kennst ihn doch. Vielleicht solltest du mal versuchen dein Verhältnis zu ihm zu verbessern. Ich werde schauen was ich tun kann. Bis später dann.“, beendete Amy schliesslich das Gespräch.    „Sieh einer an, Schwesterchen. Dass du mir mal anrufst, ist ja zu einer Seltenheit geworden.“, begrüsste Tim Amy scherzhaft am Telefon. „Willst du mich verarschen? Im Normalfall bist du derjenige, der sich extrem selten meldet.“, erinnerte sie ihn scharf an ihr bisheriges Verhältnis. „Hey, ich weiss, dass ich dir kein guter älterer Bruder war. Entschuldige. Aber, du wurdest einfach immer bevorzugt.“ „Ach ja? Mal davon abgesehen dass du plötzlich auf derselben schiene wie unser Vater gewesen bist von wegen ich müsse die Welt retten, was? Na, klingelt‘ s bei dir? Nennst du das bevorzugt? Das war die Hölle. Hast du gehört? Hölle!“, redete sie ihm ins Gewissen, worauf ihr der Schwarzhaarige nicht mehr antwortete. „Hör zu. Ich habe mit Rei gesprochen.“ Oh nein, das durfte nicht wahr sein. Jetzt wusste auch schon seine kleine Schwester über sein Liebesleben Bescheid. Das war einer der Gründe gewesen, weshalb er keinen Kontakt zu ihr wollte. Aber er hatte mit den Jahren gelernt, dass Amy für ihre jungen Jahre ein sehr gutes Mundwerk hatte und sich jederzeit zur Wehr setzen konnte. Notfalls auch gegen ihn. So beschloss er ihr einfach in aller Ruhe zuzuhören. „So wie ich Rei kenne, tut es ihr sicher leid, dass sie dich heute Morgen zurecht gewiesen hat.“ „Woher weisst du…“ „Sie meint, sie habe dir den Kopf gewaschen. Wie das bei euch beiden abläuft weiss ich inzwischen auswendig.“, schnitt sie ihm das Wort ab. „Bitte, arbeitet zusammen. Ich bitte dich darum, Ani-chan.“, konnte er ihre bittende Stimme durch den Pokécom genauestens wahrnehmen. „Ani-chan? Das letzte Mal als du mich so genannt hast, waren wir noch Kinder.“, von Amy folgte kein Kommentar. „Lass mich raten, ihr steckt tierisch in der Patsche, was?“ Amy nickte, was Tim nur erahnen aber nicht sehen konnte. Er kannte seine Schwester gut genug um zu wissen, wann sie in Schwierigkeiten steckte, aus denen sie sich selbst nicht mehr befreien konnte. Nach einigen Augenblicken des Schweigens erklärte Amy ihrem Bruder den Sachverhalt in einer abgekürzten Version. „Das mit Arktos weiss ich von Rei. Heisst also, dass wir Lavados herbeirufen müssen. Aber da die Karte noch nicht aktiviert wurde, können wir nicht einfach nachschauen wo wir den Tempel finden. Heisst wir müssen ihn suchen. Aus der Luft, nehme ich an.“, schussfolgerte der Schwarzhaarige. „Nun ja, zwei Gluraks sind besser als eines.“, kommentierte er seine Schlussfolgerungen. „Hilfst du Ihnen?“ „Was glaubst du denn? Ich will schliesslich nicht wegen einem mutmasslichen Geschwistermord hinter Schloss und Riegel landen.“, witzelte er.  „Mord? Jetzt übertreibst du es aber, meinst du nicht auch?“, kurz blieb es still.    „Nun denn. Vielen Dank im Voraus Aniki. Wir sehen uns dann, sobald das Center wieder vom Eis befreit ist.“, verabschiedete sich Amy kurzangebunden, bevor auch Tim auflegte und den Pokécom wegräumte. „Glurak, komm raus!“, rief er seinen Drachen herbei, welcher ihn nur wenige Augenblicke später durch die Luft transportierte.   Das Gespräch hatte schon vor einigen Stunden stattgefunden. Doch kam es Amy vor, als hätte sich bisher nichts getan.   -   Ash glaubte sich verhört zu haben. Er ein wiedergeborener Prinz? Wer hatte sich denn bitte dieses Märchen einfallen lassen? „Du denkst, das ist ein Märchen? Guter Gedanke, aber falsch. Ansonsten wärst du kein Wächter. Nur die wiedergeborenen Prinzen und Prinzessinnen der alten Reiche sind dazu bestimmt, Wächter zu werden und die Erde zu Beschützen.“, ein fragender Blick von Ashs Seele durchbohrte seinen Peiniger. „Das habe ich vergessen. Ich kann ab und an Gedanken lesen. Deine waren nun wirklich nicht zu überhören.“, grinste er. „Kannst du mir mal erklären, weshalb du meine Seele hier eingesperrt hast? Was soll das?“, fragte Ash lautstark aus seinem gläsernen Käfig heraus. „Ach das. Entschuldige kleiner, aber die Prinzessin des Wasserreiches gehört mir. Wie damals auch schon. Du hast sie mir weggenommen. Das wird mir nicht noch einmal passieren, dafür sorge ich schon.“, mit heiserem Gelächter verliess der Mann den Raum, wiederum folgte ihm seine Gefolgschaft. Ash war erschüttert. Wen bitte meinte dieser Typ mit Prinzessin des Wasserreiches? Ash liess seine Gedanken hin und her wandern, kam aber auf keine Lösung. Er dürfte nicht hier sein. Seine Seele war von seinem Körper getrennt. Das war nicht gut. Er musste zurück in seinen Körper und zu Misty, so schnell wie nur möglich. Nur wie sollte er hier rauskommen?   Wenige Minuten später wurde das Licht wieder eingeschaltet. Ash war sich sicher, dass der Oberspinner von vorhin nochmals irgendeine Erklärung zum Besten geben wollte. Aber dem war nicht so. Denn es war eine der Bediensteten, welche eingetreten war. Die Frau mit den roten Locken vergewisserte sich, dass ihr niemand gefolgt war. Ash wollte sie schon fragen, wer sie sei und was sie hier wollte. Doch die Rothaarige gab ihm ein Zeichen zum Schweigen. „Sei still. Ansonsten fliegt das hier noch auf.“, sprach sie. Als sie näher trat, konnte Ash erkennen, dass es sich bei ihr nicht um eine junge Frau, sondern um eine Jugendliche von ca. 14 Jahren handelte.  Anscheinend suchte sie nach etwas. „Los, Miuse, komm raus!“, rief sie ihr Pokémon herbei. „Ein Bamelin.“, gab Ash erstaunt von sich. „Setzt Ultraschall ein. Aber sei leise!“, das Pokémon nickte und gehorchte seiner Trainerin. Es wusste genau, wonach seine Meisterin suchte. Schliesslich fand das Pokémon den gesuchten Schalter für den Glaskäfig von Ashs Seele unweit der Schaltzentrale mitten im Raum. „Gut gemacht, Miuse“, lobte die Jugendliche ihr Wasserpokémon, worauf sie es in den Pokéball zurück rief. „Pass auf, Ash Ketchum, wir haben uns nie getroffen oder gesehen, verstanden?“, sagte sie zu ihm, worauf das Mädchen den Schalter betätigte. Augenblicklich befand sich Ash wieder an einem anderen Ort.   -   „Schöne Sackgasse, was?“, sprach Tim, als sein Glurak ihn nach einer gefühlten Ewigkeit wieder absetzte. „Hey, da bist du ja wieder.“, wurde er von Rei nicht gerade erfreut begrüsst. „Könntest du mir bitte mal erklären, was das vorhin sollte?“ „Tut mir leid. Mein Temperament ist gerade mit mir durchgegangen.“, entschuldigte sich der Ältere. „Temperament? Seit wann hast du denn sowas?“, erstaunt blickte Rei ihn an. Er war doch sonst nicht so gefühlsbetont. Tim gab keine Antwort darauf. Einerseits war er immer eifersüchtig auf seine Schwester geworden, weil sie bereits als kleines Kind ihre Kräfte trainieren sollte, mit welchen sie einst die Welt vor dem schwarzen Lugia retten sollte. Doch hatte sie ihre Kräfte nie richtig im Griff gehabt, so dass ihr Vater umso mehr mit ihr trainierte. Wofür die Trainerin abgrundtief hasste. Denn er hatte sich nur um ihr Training gekümmert, wollte, dass die Welt gerettet wird. Nur wegen der Legende. Aber er musste Amy recht geben. Er konnte es sich nicht vorstellen, wie es gewesen wäre, wenn er dieses Kind gewesen wäre, das laut Legende die Welt retten sollte. Dann wäre es ihm wahrscheinlich ähnlich ergangen.   Rei seufzte stumm. „Hast du eine Idee, wie wir den Tempel finden und Lavados herbeirufen können? So wie es scheint sitzen wir“ „ziemlich in der Patsche. Die Karte wurde noch nicht aktiviert.“, schnitt der Schwarzhaarige Rei das Wort ab. „Könntet ihr zwei mir bitte mal Erklären, wovon ihr hier sprecht? Soweit ich weiss, bin ich einer der Wächter. Aber ich würde gerne wissen, was das für eine Karte ist, von der ihr sprecht.“ „Es existiert eine Karte, auf der die ganze Pokémonwelt mit allen Regionen und allen Tempeln der Wächter aufgezeichnet ist. Wenn die Karte aktiviert ist, können wir die Tempel mithilfe der Karte finden.“ „Wie kann die Karte aktiviert werden?“ „Naja, leider kann die Karte nur durch ein Mitglied einer ehemaligen Königsfamilie aktiviert werden.“, erklärte Tim. „Einer Königsfamilie ist gut. Hast du vergessen, dass das nur die wiedergeborenen Kronerben des Windreiches betrifft? Speziell für sie wurde diese Karte einst geschaffen.“, korrigierte die Feuerpokemontrainerin ihn. Tim nickte zustimmend. Nein, er hatte es nicht vergessen. Zu sehr hatte sich ihm diese Geschichte damals in sein Gedächtnis eingebrannt, als das schwarze Lugia Azuria angriff.   „Vorsicht, passt auf!“, konnte er schrille Stimmen aus der Stadt der Wasserpokémon-Arena vernehmen. Er hatte keine Zeit, um sich gross umzusehen, da erblickte er auch schon das Schwarze Lugia, welches sich am Horizont aufbäumte. Als er das riesige Pokémon erblickte, welches sich direkt auf die Arena zubewegte, lief es ihm kalt den Rücken runter. Seine jüngere Schwester war doch gerade auf dem Heimweg und seine Mutter trainierte mit den Pokémon. Was hatte dieses Vieh vor? Er wusste es nicht. Nur eines wusste er, dass das Vieh die Arena vernichten wollte. So wie es das bereits mit anderen Arenen getan hatte.   Als Tim schliesslich keine Worte von sich gab und seine Blicke auf die Landschaft gerichtet hatte, war Rei klar, woran der Schwarzhaarige gerade dachte. Sie wusste, dass Azuria von dem schwarzen Lugia vernichtet worden war. Aber hier war das noch nicht geschehen, es gab noch eine Chance. „Alles in Ordnung? Entschuldige, ich wollte dich nicht daran erinnern.“ „Nein, schon ok. Ich werde so oder so täglich daran erinnert. Ob das nun du bist oder der Teufel höchstpersönlich, ist mir inzwischen so ziemlich egal. So lange wir eine Chance haben, ihn unschädlich zu machen, werde ich sie nutzen. Egal was ich dafür tun muss.“, gab der Schwarzhaarige von sich. Ein flüchtiges Lächeln schlich sich auf Reis Lippen. Sie kannte ihn doch besser ,als sie dachte. Er war genauso, wie sie ihn eingeschätzt hatte. Die junge Frau nickte nur, um ihr Verständnis auszudrücken. „Also, wie kommen wir zu dem Tempel?“, lenkte Richie das Gespräch wieder in die richtige Bahn. Er wollte nicht mehr lange warten. Es war eine Saukälte in diesem Dorf und die wurde nicht gerade besser. Auch war es ihnen nicht möglich, sich aufzuwärmen, da das Pokémon-Center eingeschneit war. „Die Karte ist zwar noch nicht aktiv, aber wenn wir ihn von der Luft aus suchen, sollten wir eine Chance haben, den Tempel zu finden. Wir Wächter können ihn von normalen Tempeln unterscheiden, da wir das Lavados auf dem Dach sehen können. Also haltet genau danach ausschau!“, erklärte er seinen Begleitern, worauf er und Richie ihre Drachen bestiegen und in Lüfte abhoben. Rei winkte ihnen hinterher. Sie würde sich mit Galoppa und Windie auf dem Boden nützlich machen und für den Notfall als Kontaktperson zur Verfügung stehen.    -   Währenddessen sass Amy immer noch mit Misty gemeinsam am Tisch im Pokémon Center und versuchte, sich gemeinsam mit der Älteren, die Zeit mit einem Kartenspiel zu vertreiben. Die Karte und ihre Sorgen hatte sie in diesem Augenblick auf die Seite geschoben. Sie würde warten, bis Tim sich bei ihr meldete. Dann würden sie weiter beraten. Doch bisher hatte sich noch nichts getan.   „Hey, da seid ihr ja!“, kam Maike gut gelaunt auf die beiden zugelaufen. „Du bist ja so gut gelaunt. Was gibt’s denn?“, Misty war neugierig. „Ach nichts.“, log die jüngere. „Wirklich? Das hat nichts mit einem grünhaarigen Jungen zu tun?“, bohrte die Rothaarige weiter. Ash hatte sich Misty gegenüber einmal verplappert, dass Maike in Drew verschossen war. Er hatte der Braunhaarigen versprechen müssen, nichts zu verraten. „Wie? Woher?!“, die Braunhaarige lief sofort rot an. „Ich habe da so meine Quellen.“, grinste Misty, was auch Amy zum Lachen brachte. „Lass mich raten: Ash hat’s verplappert, was?“ die Rothaarige nickte. Beiden Frauen war bewusst, dass es sich um ein Versehen gehandelt hatte, was jetzt aber endlich für einen etwas anderen Gesprächsstoff sorgte.    Neugierig betrachteten Amy und Misty Maike, welche immer noch rot im Gesicht war. „Naja. Er hat mir geschrieben, dass er sich gerne mit mir treffen würde.“, verlegen fuhr sie sich durch die braune Haarpracht. „Das ist doch wunderbar.“ „Nein!“, gab Maike auf Amys Kommentar sofort von sich. „Warum denn nicht?“, neugierig forschte die Rothaarige nach. „Weil wir uns wegen einer Trainingssession für den nächsten Wettbewerb treffen. Er dachte, wir könnten zusammen trainieren, um damit unsere Chancen für die Wettbewerbe zu verbessern.“, erklärte sie niedergeschlagen. „Warum wartest du nicht einfach ab? Ich meine, das kann immerhin schon mal ein Anfang sein.“, versuchte Misty die jüngere aufzuheitern. Amy nickte zustimmend. „Wirklich? Meint ihr?“ „Naja, warum denn auch nicht? Manchmal müssen wir die Männer eben von uns überzeugen.“, gab Amy grossspurig von sich, worauf die anderen sie erstaunt anblickten. Misty beschlich erneut das Gefühl, welches sie schon hatte, als sie Amy das erste Mal im Wald antraf. Irgendetwas an diesem Mädchen war komisch. Nicht nur, dass sie genauso grosses Mundwerk wie Ash hatte. Die Rothaarige hatte das Gefühl, dass das Mädchen mit den beiden Zöpfen ihnen etwas verschwieg. Sie schien plötzlich wieder um vieles Ältere zu sein, als sie eigentlich war, was Misty stutzig machte. „Kennst du dich da aus?“, Amy ging soeben auf, dass sie sich verplappert hatte. Warum musste sie auch so ein loses Mundwerk haben? Maikes Frage machte das nicht gerade besser. „Nein, nicht wirklich. Nur so eine Vermutung. Habe ich mal in einem Roman gelesen oder einem Film gesehen. Ich weiss es nicht mehr so genau, um ehrlich zu sein.“, redete sie sich heraus. Der jungen Trainerin war es mehr als Peinlich, dass soeben eine ihrer schlechten Eigenschaften zu Tage getreten war. Sie konnte nur hoffen, dass die anderen keinen Verdacht schöpften und Misstrauisch wurden. Im Moment konnte sie nur abwarten und hoffen, dass alles ein gutes Ende nahm.   „Ach, da steckt ihr.“, Gary und Rocko kamen auf die Mädchen zugelaufen. Neugierig schauten die jungen Frauen die beiden an. „Wo ist Max?“, erkundigte sich Maike bei den beiden, da sie ihren kleinen Bruder vorhin mit den beiden Männern zurückgelassen hatte. „Keine Sorge. Der ist bei den Pokémon und trainiert wie ein verrückter.“, beruhigte Rocko sie, als sich die beiden zu ihnen setzten. „Wir haben ein wenige wegen der ganzen Geschichte hier recherchiert.“, gab der Ältere bekannt, worauf Gary nickte. „Ich habe mit meinem Grossvater telefoniert. Die Legende, um die es sich hier handelt, ist ihm nicht ganz unbekannt.“, neugierige Blicke folgten auf seine Worte. „Laut einer Legende fliegt alle 100 Jahre ein Arktos über diese Region und lässt sie unter Schnee und Eis erstarren. Es dauert mehrere Wochen, um das Eis mit Hilfe der Pokémo zu schmelzen. Mit der Sonnenkraft alleine sogar mehrere Monate.“ „Mehrere Monate? Dann sind wir ja verloren.“, gab Maike betrübt von sich. „Nicht unbedingt.“, wiedersprach Rocko ihr. Doch ehe der Dunkelhäutige weitersprechen konnte, hatte Amy das Wort an sich gerissen. „Laut derselben Legende gibt es in der Nähe einen Tempel, mit welchem das heilige Lavados aus der Wächterlegende beschworen werden kann. Jenes ist in der Lage, das Eis so schnell zu tauen wie Arktos es hat fallen lassen.“ „Du kennst die Legende?“, Amy nickte zögerlich auf Mistys Frage. „Wieso hast du uns nichts gesagt?“, wollte die Rothaarige wissen. „Ich wollte euch nicht verunsichern. Ich dachte, es wäre besser, wenn es diejenigen lösen, die diese Legende kennen. Anscheinend war das keine gute Idee.“ Kurz herrschte Stille am Tisch. „Ich habe noch etwas anderes erfahren. Laut Opa gibt es eine Karte, welche alle Tempel der Wächter anzeigt.“, wusste Gary zu berichten. „Die Karte der Wächtertempel.“, fuhr Amy fort.   „Du kennst die Karte?“, erstaunt blickte Gary Amy an. Sie wusste anscheinend mehr als sie zugab. Die Trainerin legte die Karte, welche neben ihr war, auf den Tisch und rollte sie aus. „Aber da ist ja…“ „Gar nichts drauf!“, Max, Maikes kleiner Bruder, war soeben mit seinem Training fertig geworden und hatte sich wieder zu der Gruppe gesellt. In einem absolut unpassenden Moment, wie seine grosse Schwester fand. „Max! Musst du dich immer gleich so einmischen?!“, wies sie ihn zurecht. „Du hast ja recht. Aber was bringt euch eine leere Karte?“, der Grünschnabel hatte Recht. Auf der Karte waren sämtliche Regionen der Pokémon-Welt eingezeichnet. Die Tempel jedoch fehlten gänzlich. „Ist das die besagte Karte?“, Maike schaute sich die Karte genauer an. Amy nickte erneut. „Aber warum ist da nichts drauf ausser den Kontinenten und den Städten?“ „Weil sie nicht aktiv ist.“, verwundert blickten die anderen am Tisch die zweitjüngste im Bunde an. „Die Karte muss von einem ehemaligen Thronfolger des Windreiches berührt werden. Nur so wird sie aktiviert, dann zeigt sie auch alle Tempel.“ „Ich glaube allerdings kaum, dass wir jenen hier finden werden.“, meinte Gary enttäuscht, wobei er die Karte zu sich zog. In diesem Augenblick leuchtete die Karte hell auf und erfüllte den Saal mit einem grellen Licht. „Was hat das zu bedeuten?“, fragte Misty verunsichert. „Kann es sein, dass die Karte soeben aktiviert wurde?“, schlussfolgerte Rocko, als das Leuchten abflachte und schliesslich komplett verschwand. Tatsächlich waren die Wächtertempel auf der Karte aufgetaucht.   Verwundert überflogen die Gruppenmitglieder immer wieder die Karte, auf der 5 Tempel, gezeichnet als helle, weisse Punkte, aufgetaucht waren. Die Blicke der Gruppe wanderten auf Amy. Sie wusste, dass sie eine Erklärung abgeben musste. Doch ehe Amy auch nur eine Erklärung von sich geben konnte, tat Rocko dies an ihrer statt. „Kann es sein, dass Gary einer dieser wiedergeborenen Kronerben ist, von denen du eben gesprochen hast?“, richtete er die Frage an Amy, welche zaghaft nickte. „Ts. Dann müsste ich ja ein wiedergeborener Prinz sein.“, witzelte der Braunhaarige breit grinsend. Das klang einfach zu abgedroschen, als dass es wahr sein sollte. Er wollte bereits aufstehen und gehen, als Amy das Wort ergriff. „Es gibt mehr Wiedergeburten als ihr glaubt. Die Legende, welche hier zur Realität wird, existiert schon seit tausenden von Jahren in den alten Königreichen, welche in solchen Situationen eng mit den Wächterpokémon und deren Kriegern zusammenarbeiteten. Um den Frieden in der Welt zu erhalten. Auch ich gehöre zu diesen Wiedergeborenen Wächtern.“ „Aber warum…“, Maike wollte bereits weiterfahren. Doch wurde die Braunhaarige von ihrem Gegenüber unterbrochen. „Warum ich mich daran erinnere? Weil ich mich genauestens an mein früheres Leben erinnere. Aus welchem Grund das so ist, kann ich nicht erklären. Aber es ist so.“   Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)