Vanishing Hope von YharnamSunrise ================================================================================ Prolog: -------- Das Leben... Es kann so wunderschön sein, wenn man die richtigen Menschen an seiner Seite hat. Es kann Einem wunderschöne Tage im Kreise seiner Lieben verschaffen. Es kann Einen glücklich machen, Einem Freude schenken. Es kann Jemandem eine tolle Zukunft bescheren, Jemanden bereichern und reifen lassen. Es kann Einem Erfolg bescheren, Jemanden beflügeln. Es kann Einem Liebe schenken. Es kann Einem Trost spenden. Es kann Einem eine immens gute berufliche Karriere bescheren. Es kann Einen in vielerlei Hinsicht reich beschenken und Einem Vieles geben. Doch es kann auch anders... Es kann Einem Alles nehmen. Es kann Jemandem Leid zufügen – auf die verschiedensten und grausamsten Arten. Es kann Einen erniedrigen. Es kann schlimm, unerträglich, schlecht und grausam sein. Es kann Einen betrügen. Es kann dafür sorgen, dass man verletzt wird. Es kann die Hölle auf Erden werden. Es kann Einen zerreißen, zerfressen, zerbrechen und zermürben. Es kann... ...Einen umbringen... Das Leben hat zwei Seiten – wie die beiden Seiten einer Münze: Kopf oder Zahl, Licht oder Schatten. Einerseits gibt es die sonnigen, wunderschönen Momente im Leben, die Jemanden beflügeln können und Einem immer in positiver Erinnerung bleiben, wie z. B. ein wunderschöner Tag im Kreise seiner Familie, der erste Kuss oder die eigenen Kinder. Das Leben kann einem Alles schenken und Einen mit all dem bereichern, dass man sich wünscht. Es kann perfekt sein. Doch es hat auch noch eine andere Seite – die Schattenseite. Sie kann Einem unerträgliches Leid zufügen, Einen zermürben, zerbrechen und vernichten, sich wie eine Made an dessen Leid laben oder Einen schlichtweg verschlingen. Es kann Einen in die Tiefen der Dunkelheit reißen, kann einen Abrund auftun und Einen hinein ziehen. Es kann Einen zerbrechen und Stück für Stück zerfressen, langsam und grausam... Es kann dir in einem Moment Alles geben und im anderen Moment Alles nehmen... Es kann dich zu Fall bringen... ...ES WIRD DICH ZU FALL BRINGEN... Kapitel 1: Das herannahende Unglück ----------------------------------- Es war ein wunderschöner Sommertag im 79. Bezirk von Rukongai, Kusajishi. Die Sonne strahlte und die Vögel zwitscherten. Der blaue Himmel war völlig klar und die Hitze war unerträglich. Der blondhaarige Mann lief gut gelaunt auf ein kleines Häuschen zu, während er eine Melodie vor sich hin pfiff. Er schwitzte in seiner Kleidung und seine langen blonden Haare, die er stets offen zu tragen pflegte, verstärkten diesen Zustand noch. Dort lebte er mit seiner Familie. Er freute sich schon, seine Kinder wieder zu sehen. Er liebte sie abgöttisch. Mit einem Lächeln öffnete er die Türe. Die beiden Kinder waren gemeinsam mit ihrer Mutter in der Küche. Der 10jährige Junge saß auf dem Boden und seine 3 Jahre ältere Schwester kniete vor ihm. Sie spielten miteinander. Die Mutter Sîa saß am Küchentisch und sah mit einem warmen Lächeln zu ihren Kindern hinab, als die Haustüre geöffnet wurde und Schritte auf dem Gang zu vernehmen waren. Ihr Mann Shen war nach Hause gekommen. Was Sîa jedoch noch nicht wusste war, dass er nicht alleine war. Sîa hasste Shen, er war ein richtig schlechter Ehemann. Er führte nämlich ein Doppelleben. Hier zu Hause war er der Familienvater und daneben hatte er auch noch eine andere Frau, eine Geliebte, bei der er nachmittags nach seiner Arbeit im Kidô-Corps seine Zeit verbrachte. Sîa musste viel mit ihm mitmachen. Er war auch öfters mal ein launischer Mensch und sie stritten sich häufig. Vor den Kindern taten sie aber immer so, als ob alles schön und gut wäre. Was sollten sie auch Anderes tun? Shen ging mit seiner Geliebten in die Küche. Dort fing er sich einen bitterbösen Blick von seiner Frau Sîa ein. »War das sein Ernst? Shen brachte seine Geliebte mit in ihr gemeinsames Haus?! Das konnte nicht sein Ernst sein!«, dachte sie sich wütend. "Saraya, Shin, das hier ist Anastasia, eine gute Freundin von mir und eine nette Frau.", stellte er seinen Kindern Anastasia vor. Anastasia kniete sich zu den Kindern und redete nett mit ihnen. Sîa stand auf und ging auf Shen zu. Die Augen ihrer Kinder folgten ihr und das wusste sie. Daher nahm sie ihn nur ganz sanft bei der Hand zur Seite mit den Worten: "Komm mal mit mein Schatz, ich muss dir mal kurz zeigen, was ich Neues hergestellt habe." Sie verkaufte am Markt nämlich eigene, handgemachte Skulpturen und Vasen und die waren nun der perfekte Vorwand. Sie verließen die Küche und gingen ins Wohnzimmer. Dort angekommen packte Sîa ihren Mann am Kragen. "Bist du eigentlich des Wahnsinns?! Was bildest du dir eigentlich ein?!", schrie sie schon fast. Sie schlug ihn mit der flachen Hand und war außer sich vor Wut. "Was bist du für ein Mistkerl?! Unseren Kindern deine Geliebte vorzustellen!", schimpfte sie. Mit wütend funkelnden Augen und geröteten Wangen sah sie ihn an. Er erwiderte ihren Blick und fasste ihr mit einer Hand unter das Kinn. Dann hob er ihren Kopf an und wollte sie küssen, doch Sîa blockte ab und schubste ihn weg. "Versuchs gar nicht erst!", knurrte sie. Shen musterte sie mit seinen stechend blauen Augen und genoss den Anblick. Sie war wirklich eine schöne Frau und wenn ihre Augen wütend funkelten fand er sie noch viel attraktiver. Sie richtete erneut ihr Wort an ihn: "Ich will, dass du jetzt sofort von hier verschwindest. Nimm deine komische Tussi und verzieh dich!" Er ging einen Schritt auf sie zu und packte sie bei den Handgelenken. Dann küsste er sie. "Wird gemacht.", sagte er in einem ruhigen Ton und ging in die Küche zurück. Dort bat er Anastasia, mit ihm zu kommen und die Beiden verließen das Haus. Er verließ mal wieder seine Familie, wie immer eben. So ein Mann war er! Das er sich nicht für seinen Egoismus schämte. Damit schürte er den Hass seiner Frau nur noch mehr, was schon bald zu großem Unglück führen sollte... Sîa blieb für einen Moment im Wohnzimmer stehen und sah nach draußen. Das ging jetzt schon eine Weile so, dass Shen ein Doppelleben führte und seine Famile immer mehr vernachlässigte. Anstatt dass er sich um sie und insbesondere um die Kinder kümmerte lebte er lieber sein eigenes, egoistischen Leben stur und ohne Rücksicht auf Verluste weiter. Das machte Sîa traurig. Sie hatte sich schon immer ein schönes Leben mit ihrer Familie gewünscht, doch Shen machte Alles kaputt! Viel, richtig viel, hatte sie mittlerweile schon über sich ergehen lassen müssen und sie konnte das Alles nicht mehr mit ansehen und wollte das auch nicht mehr. Er sollte dafür büßen! Vor allem der Kinder wegen tat es ihr leid, dass alles so ausarten musste. Die Beiden merkten bestimmt schon lange, dass Irgendetwas nicht stimmte. Ständig und immer verbrachte nur sie Zeit mit ihnen, den Vater bekamen sie allerhöchstens abends zu Gesicht, wenn überhaupt. Selbst die Nachbarskinder, deren Eltern beide arbeiteten, mussten so etwas nicht mitmachen. Deren Eltern waren immer um sie herum und das bekamen Saraya und Shin oft genug zu Gesicht. Sîa seufzte. "Mama, alles ok?", fragte Saraya ihre Mutter, die mit dem Rücken gewandt zu ihr stand. Sîa hatte gar nicht bemerkt, dass ihre Tochter zu ihr ins Zimmer gekommen war. Auch Shin war mit ins Wohnzimmer getreten und stand hinter seiner großen Schwester. "Ja klar!", sagte Sîa und setzte ein gespieltes Lächeln auf. "Kommt, lasst uns den schönen Sommerabend noch ein bisschen genießen!", sagte sie und öffnete die Balkontür. Dann gingen sie in den Garten. Dort setzten sie sich auf die Wiese und verbrachten mehrere schöne Stunden miteinander. Das lenkte Sîa von ihrem ganzen Leid ab. Ihre Kinder waren das Wichtigste für sie, da war ihr egal, was aus Shen wurde. Er würde schon sehen, was er davon hatte, sie Alle so zu behandeln... Oh ja, DAS würde er definitiv... Kapitel 2: Der Anfang vom Ende ------------------------------ Mittlerweile war es schon nach 21:00 Uhr. Die Sonne ging langsam unter und tauchte den Himmel in einen Mix aus blau, rot und orange. Der Anblick war wunderschön, wurde bald jedoch von der herannahenden Dämmerung verdrängt. Sîa aß mit ihren Kindern zu Abend und brachte die Beiden dann ins Bett nach oben ins Obergeschoss des Hauses. Sie verabschiedete sich von ihnen, und entschuldigte sich gedanklich bei ihnen für das, was sie jetzt vorhatte. Traurig ging sie nach unten in die Küche. Tränen liefen ihr die Wangen hinab. In der Küche angekommen nahm sie das Zanpakuto ihres Mannes zur Hand, welches an der Wand lehnte und legte es auf den Küchentisch. Sie hatte einen grausamen Plan, den sie heute in die Tat umsetzen würde. Alles war perfekt durchdacht und geplant. Shen sollte für Alles, was er ihnen angetan hatte, büßen. Aber war DAS der richtige Weg? Sollte sie wirklich so weit gehen? - Ja! Die Antwort war DEFINITIV ja. Er hatte es sich einfach nicht anders verdient. Sie musste über Wochen, nein sogar über Monate, durch die Hölle gehen und die Kinder bekamen ihren Vater fast nie zu Gesicht. So konnte es einfach nicht weitergehen und das würde es auch nicht. Jetzt setzte es was und sie würde dem ganzen Übel ein Ende setzen... Shen kam nach Hause und öffnete die Tür – er ahnte von Alledem nichts. Er ging in die Küche, wo er seine Frau und das auf dem Tisch liegende Zanpakuto sah. "Hallo mein Schatz. Was willst du denn mit m-", setzte er gerade an, als sie auf ihn zuging und ihn küsste. »Sîa ist eben die beste Frau, die es gibt, da sie mir echt immer Alles verzeiht!«, dachte er sich und genoss den Augenblick. Fast schon hatte er ein schlechtes Gewissen. Er behandelte sie wirklich schlecht, vernachlässigte sie und die Kinder und brachte ihr kein bisschen Liebe entgegen. Sîa umarmte ihn und drückte ihn gegen die Wand, während sie ihn weiterhin küsste. Mit der rechten Hand streichelte sie seine Wange, während sie mit der linken Hand nach dem Zanpakuto griff. Shen erwiderte ihre Küsse und ließ sie machen. Ihm gefiel das. Er legte seine linke Hand in ihren Nacken. "Schließ deine Augen.", flüsterte sie ihm verführerisch ins Ohr. Er tat wie ihm geheißen, während sie das Zanpakuto anhob und es ihm mit voller Wucht ins Herz rammte. Schreckgeweitet riss er seine Augen auf und starrte sie entsetzt an. Sein Mund öffnete sich kurz und schloss sich dann wieder. Er brachte kein Wort heraus. Zu gerne hätte er sie gefragt, warum sie all das tat, doch die Antwort war klar. Nie im Leben hätte er seine nette, unscheinbare Frau für so skrupellos und grausam gehalten. Sie sah in die schockgeweiteten Augen ihres Mannes. Ihr Blick enthielt Hass, Rache und Befriedigung zugleich. "Geschieht dir recht! Du wirst für Alles büßen, was du uns angetan hast!", zischte sie ihm leise aber mit einem derart gehässigen Ton zu, dass ihn jedes ihrer Worte wie ein Schlag traf. Sie rammte das Schwert jetzt noch weiter in ihn, bis es ihn durchstach. Schmerz durchfuhr Shens Körper und er stöhnte auf, während er merkte, wie das Schwert seine Rippen und letztendlich die Haut seines Rückens durchstach und sich in die hinter ihm befindliche Wand bohrte. Blut strömte aus der Wunde und lief seinen Rücken hinab. Er konnte es nicht fassen. »Beherrsch' dich, Shen! Komm zur Besinnung!«, ermahnte er sich in Gedanken. Dann sammelte er sich wieder und verpasste Sîa einen Tritt. Sie taumelte nach hinten und ging zu Boden, wobei sie sich ihren Kopf an der Wand stieß. Er wollte das Schwert aus seiner Brust herausziehen, als er sah, dass sie sich wieder aufgerichtet hatte. Sie kam auf ihn zu und zog das Schwert aus ihm heraus. Da es in der Wand steckte, tat sie sich etwas schwer damit, schaffte es letztendlich aber doch. Er war wie vom Donner gerührt und konnte sich nicht bewegen. Zu gerne hätte er sich jetzt gewehrt. Während sie das Zanpakuto langsam herauszog drehte sie die Klinge - er sollte ja so viel Schmerz wie möglich empfinden und vor allem sollte er leiden. Blut spritze ihr ins Gesicht und unterstrich ihren mörderischen Blick. Shen wusste erst nicht, was er machen sollte. So etwas hätte er seiner Frau nun wirklich nicht zugetraut – der Schock saß tief. Dann riss er sich wieder zusammen. Er ballte die rechte Hand zur Faust und schlug ihr mitten ins Gesicht. Sie taumelte nach hinten und hielt sich beide Hände vor ihre Nase, aus der jetzt Blut strömte. Das Schwert in der einen Hand haltend rannte sie wieder auf ihn zu und versuchte ihn noch mal zu erwischen. Er wich ihrem Hieb unter starken Schmerzen aus. Die Wunde blutete und blutete und er wusste, dass dies sein Ende war. Er hatte nicht mehr lange Zeit. Daher wehrte er sich so gut er konnte und entwaffnete seine Frau letztendlich. Als er sie entwaffnete verpasste er ihr einen so starken Tritt, sodass sie mit dem Rücken auf dem Boden landete. Dann stach er ihr das Zanpakuto in den Bauch – wenn er schon sterben musste würde er sie wenigstens mit in den Tod reißen! Sîa lag auf dem Boden und empfand den schlimmsten Schmerz, den sie in ihrem gesamten Leben je verspürt hatte. Blut strömte aus ihrer Wunde und breitete sich rasch auf ihrem Kleid und dem Boden unter ihr aus. Der brennende Schmerz raubte ihr beinahe alle Sinne. Mit schmerzverzerrtem Gesicht lag sie da. Shen ließ das Zanpakuto im Bauch seiner Frau stecken und lehnte sich wieder an die Wand. Das Blut hörte nicht auf zu fließen, sondern tropfte unentwegt auf den Fußboden der Küche. Er presste beide Hände auf die Wunde und versuchte, die Blutung zu stoppen, was völlig aussichtslos war. Seine Atmung ging jetzt immer schneller und schneller, der Schmerz war unerträglich. Seine Augen kniff er voller Schmerz zusammen. Sîa warf einen Blick auf ihren Mann und sah, dass es ihm zusehends schlechter ging. Sie zog mit zusammengebissenen Zähnen das Schwert aus ihrem Bauch, während das Blut umso mehr aus ihrer Wunde strömte. Sîa stand unter starken Schmerzen auf und atmete keuchend. Dann schluckte sie einmal schwer und riss sich zusammen. Jetzt würde sie Shen erstmal den Rest geben! Ein letztes Mal sammelte sie ihre Kräfte und mobilisierte diese für ihren letzten Schlag. Shen öffnete seine Augen und sah seine Frau, die langsam aufstand. Er konnte sich jetzt kaum mehr bewegen. Seine auf seiner Brust liegenden Hände fühlten sich merkwürdig gefühllos an und wurden langsam schwer. Diese Schwere wanderte hinab bis hin zu seinen Beinen. Das Blut floss immer noch aus seiner Wunde und er fragte sich, wie viel Blut noch in seinem Körper war. Der Blutlache auf dem Boden nach zu urteilen durfte es nicht mehr so viel sein. Ihm wurde warm und kalt zugleich. Dann sah er, dass sie auf ihn zugestürmt kam. Sîa nahm das Zanpakuto, zielte auf die Stirn ihres Mannes und rammte es mit voller Wucht in seinen Kopf. Sie rammte es so tief in seine Stirn, dass es den gesamten Kopf durchstach, in die Wand hinter ihm eindrang und Shen dort fixierte. Das Blut spritzte an die Wand, gegen das Fenster und in ihr Gesicht. Ein erstickter Schrei entwich seiner Kehle und er riss die Augen schockgeweitet auf. So viel Grausamkeit hätte er seiner sonst so lieben und zuvorkommenden Frau gar nicht zugetraut. Traurigkeit und Reue überkamen ihn. Alles was er getan hatte tat ihm unendlich leid. "Es... tut mir so... leid...", flüsterte er mit kraftlos flüsternder Stimme und auf einmal verfinsterte sich alles um ihn herum. Langsam legten sich schwarze Schatten über die Schränke, den Tisch, die Tür und auch über seine Frau. Sein Blick wurde leer – das Letzte was er sah war seine Frau, die ihn unentwegt anstarrte, dann wurde Alles für immer schwarz um ihn und er starb. Ein dumpfer Schlag war von unten zu vernehmen. Saraya saß in ihrem Bett. Ihr Bruder saß in dem seinen und sah sie aufmerksam an. »Was war das für ein Geräusch? War da gerade etwas gegen die Wand geknallt?«, fragte sie sich. Shin sah sie mit einem fragenden Blick an, scheinbar hatte er den dumpfen Schlag gerade auch vernommen. Sollte sie nachsehen gehen? Sie wusste es nicht – wenn sie ginge würde Shin ihr bestimmt folgen. Daher verhielt sie sich erst mal ruhig und sprach ihren Bruder an. "Leg dich schlafen, es ist schon spät!" Er sah sie nur an und sagte kurz "ok", dann legte er sich hin. Die Augen hielt er jedoch offen und sah sie an. "Jetzt schließ' schon die Augen und schlaf', Kleiner.", sagte sie und lächelte ihn aufmunternd an. "Ich muss nur kurz noch aufs Klo ich komm gleich wieder und du bleibst hier, verstanden? Du musst morgen fit sein, wenn wir mit Papa nach Seireitei gehen!", forderte sie und ging nach draußen. Ja, sie wollten am morgigen Tage mit Vater in die Seireitei gehen. Schon vor Wochen hatte Shen es ihnen versprochen und die beiden Kinder fieberten diesem Moment schon lange entgegen. Zu gerne wollten sie sehen, wo ihr Vater arbeitete. Hoffentlich folgte ihr Shin nicht. Sie machte sich auf den Weg nach unten. Sie könnte ja mal nachschauen - sicher war sicher. Kapitel 3: Letzte Worte… ------------------------ Sîas Atmung beschleunigte sich, sie lag gekrümmt vor Schmerz da und wusste nicht, was sie noch machen sollte. Die Wunde hörte einfach nicht auf zu bluten und ihre Hand, die sie fest auf die Wunde presste brachte die Blutung nicht zum Stoppen. Verdammt... »Warum muss ich jetzt auch noch sterben?! Das ist nicht fair...«, dachte sie sich und blickte traurig drein. Zu viel Blut hatte sie schon verloren. Sie sah zu Shen, der mit weit aufgerissenen Augen an die Wand genagelt war. DAS war definitiv auch nicht fair von ihr... Sie seufzte. Ja, es war extrem grausam von ihr und es tat ihr so unendlich leid, dass sie die Familie nun auf solch eine grausame Art und Weise zerstörte. Warum hatte sie ihn nicht einfach vergiftet oder ihn erwürgt? Eigentlich hatte sie es ja auch nicht so machen wollen. Ihr Plan beinhaltete nämlich, dass sie Shen einfach umbringen würde und ihren Kindern dann erzählt hätte, dass er einen schlimmen Unfall hatte oder sowas in der Art. Ja, so lautete ihr Plan eigentlich. Er arbeitete ja im Kidô-Corps und Militärunfälle waren nicht selten. Sie wollte eigentlich auch nicht während der Durchführung sterben. Laut Plan hätte sie ihren Mann getötet, dann hätte sie mit ihren Kindern alleine weitergelebt und ihnen eine schöne Kindheit geboten, mit einer Familie wie im Bilderbuch. Doch das konnte sie sich jetzt leider abschminken. Tränen stiegen ihr in die Augen und liefen ihr über die Wangen. Warum? Warum nur? Sie wusste es nicht. Wahrscheinlich war das ihre Strafe, schließlich war es mehr als nur krank und grausam, dass sie ihren Ehemann überhaupt umbrachte. Welche normale Frau tat so etwas? Wieso hatte sie ihn nicht einfach rausgeschmissen? Das wäre einfacher und unkomplizierter gewesen. Aber nein, sie musste ihn ja gleich umbringen. Das Geschehene konnte man jetzt jedoch nicht mehr ungeschehen machen und die Zeit konnte man auch nicht zurückdrehen. Daher musste sie handeln und endlich damit aufhören, sich den Kopf darüber zu zerbrechen. Ein letztes Mal würde sie all ihre Kräfte sammeln und mobilisieren, für eine letzte Tat, ihre letzte Tat. Mit letzter Kraft und schierer Willenskraft richtete sie sich auf und taumelte auf den Küchentisch zu. Dort nahm sie ein Blatt Papier und eine Feder und begann zu schreiben… Meine lieben Kinder, wahrscheinlich lebe ich schon nicht mehr, während ihr diese Zeilen lest. Es tut mir leid, dass Alles so enden musste und ich jetzt euer Leben zerstört habe. Ich kann nicht sagen, wie leid mir das Alles tut, ich hoffe ihr könnt mir das eines Tages vergeben. Jedoch bin ich euch nicht böse, wenn ihr das nicht könnt und mich vielleicht sogar dafür hasst. Tränen flossen ihr während dem Schreiben die Wangen hinab. Manche wanden sich am Hals entlang und suchten sich ihren Weg zu ihrem Ausschnitt, Andere tropften auf das Blatt und verschmierten die Tinte. Kurz musste sie innehalten - ihre Gefühle überkamen sie. Sie weinte bitterlich und ihre Augen blickten traurig und verzweifelt drein. Mit brennenden Augen schrieb sie weiter: Ich werde euch jetzt erklären, warum es so weit kommen musste. Es kann sein, dass ihr das Alles jetzt noch nicht versteht, jedoch werdet ihr das eines Tages, wenn ihr alt genug seid, bestimmt können. Wenn nicht, kann ich das auch verstehen, schließlich habe ich alles kaputt gemacht... Euer Vater und ich waren schon lange zusammen. Im Alter von 15 Jahren lernten wir uns in der Shinô-Akademie kennen. Es war Liebe auf den ersten Blick und wir kamen nach kurzer Zeit zusammen. Jeder Tag, den wir zusammen verbrachten, war ein Geschenk. Der Unterricht, den wir in der Shinô so sehr hassten, wurde immer besser und vor allem lustiger. Wir lachten so viel zusammen und verstanden uns richtig gut. Wir wurden zu Freunden und dann auch noch zu mehr, trafen uns regelmäßig und gingen eines Tages sogar zusammen aus. Schon nach 3 Monaten zogen wir auch zusammen und konnten ein kleines Haus in Rukongai als unser Eigenheim bezeichnen. Wir führten immer ein glückliches Leben und ich wurde schwanger, woraufhin ich meine Akademiezeit abbrach. Letztendlich war es so weit und wir bekamen zwei Kinder, euch. Wir waren SO glücklich und unsere Beziehung erstrahlte in einem neuen Licht. Viele Jahre zogen ins Land und wir bauten uns hier in Rukongai eine eigene Existenz auf. Er arbeitete seit Neuestem im Kidô-Corps, ich arbeitete nebenbei ein Bisschen zu Hause, stellte eigene Skulpturen her, die wir dann am Wochenende auf dem Markt verkauften. Wir waren so glücklich zusammen, so unendlich glücklich. Ja, sie waren glücklich. Damals erfreute sie sich über jede Sekunde, jede Minute, jede Stunde - einfach über die gesamte Zeit mit ihm. Ihr Leben war einfach perfekt. Sîa hatte den perfekten Mann, einen perfekten Job und sie hatte einfach Eines: Glück. Nie im Leben hatte sie Glück gehabt: Sie war in ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen, ihre Eltern hatten sich damals getrennt. Ihre Schwester war damals verstorben und sie lebte alleine mit ihrem Vater in einem der ärmsten Bezirke Rukongais. Er war kein besonders gutes Beispiel für sie, war immer nur schlecht drauf und ständig besoffen, weil er nicht mit der Trennung klar kam. Letztendlich hatte er sich sogar aufgehängt. Sie schwelgte in Erinnerungen, während sie diese Zeilen schrieb und ein Lächeln stahl sich auf ihr Gesicht. Viele Jahre lebten wir hier und heirateten sogar, weil wir uns so sehr liebten. Ich habe in meinem ganzen Leben noch nie Jemanden so sehr geliebt wie euren Vater - außer euch natürlich. Wir lebten also hier zusammen in Rukongai, führten ein Leben, wie es sein sollte, wie im Bilderbuch eben. Euer Vater ging im Kidô-Corps arbeiten, während ich hier auf dem Markt Dinge verkaufte. Nachmittags kam er immer nach Hause und wir vier verbrachten viele schöne Stunden miteinander. Euer Vater war immer ein sehr disziplinierter Mann und arbeitete öfters auch mal länger als vereinbart. Er war ein guter und fähiger Mitarbeiter und erzählte mir immer, wie sehr ihn seine Vorgesetzten lobten. Doch was ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht wusste war, dass er nicht 'länger arbeitete'. Nein, er arbeitete nicht länger, definitiv nicht. Stattdessen ging er mir mit einer anderen Frau fremd, Anastasia. Ich merkte es einige Zeit nicht, doch als ich ihn eines Tages mit ihr vor dem Kidô-Corps sah, weil wir drei ihn von der Arbeit abholen wollten, wusste ich sofort was los war. Ich konnte es erst nicht glauben. Nein, ich wollte es nicht glauben. Es tat mir so unendlich weh, versetzte mir einen Stich ins Herz und meine Seele drohte daran zu zerbrechen. Doch ich musste stark sein, durfte keine Schwäche zeigen. Weder ihm gegenüber, noch ihr gegenüber und schon gar nicht euch gegenüber. Also ging das Leben weiter, so als ob nichts gewesen wäre. Es war eine schwere und vor allem belastende Zeit für mich. Wir stritten uns oft, sehr oft. Jedoch bekamt ihr nichts davon mit. Wir waren stets darauf bedacht, euch nicht merken zu lassen, dass wir uns ständig nur stritten und letztendlich sogar zerstritten. Das Leben war absolut nicht mehr so, wie es sein sollte. Ich war ständig traurig und deprimiert und mir ging es nur noch schlecht. Tagein tagaus war das Leben eine einzige Qual für mich, und euer Vater fügte mir immer mehr Leid zu, indem er nur noch bei seiner Neuen war. Das Einzige, das mich immer wieder aufmunterte wart ihr Beide. Ihr wart mein Licht in den Schatten und wusstet immer, mich aufzuheitern und glücklich zu machen. Ihr wart Alles für mich und ich liebte euch so sehr. Daher ärgerte und zerfraß es mich immer mehr, dass euer Vater so ein egoistisches Schwein war und nur an seine eigenen Interessen dachte! Eine Lösung musste her, so konnte es nämlich nicht weitergehen. Ich fasste einen Entschluss: DAS würde jetzt ein Ende haben! Also machte ich mir Gedanken, zermarterte mir das Hirn und dachte, dass der direkte Weg der Beste wäre. Deshalb suchte ich das Gespräch mit eurem Vater und wir redeten über all die Probleme, die wir miteinander hatten. Ich schilderte ihm, dass es mir unwahrscheinlich schlecht ging und ich nicht damit klar kam, dass er eine andere Frau anstelle von mir hatte. Vergebens versuchte ich, das Alles zu klären und mich wieder mit ihm zu versöhnen. Anfangs dachte ich wirklich, unser Gespräch hätte etwas bewirkt. Ich war mir sogar sicher, dass unser Gespräch zur Klärung unseres Streits beigetragen hatte und die Ehekrise vielleicht sogar überwunden war. Aber ich war einfach nur naiv, dumm und naiv. Stunden, Tage und Wochen zogen dahin, genauso wie unser gutes Verhältnis. Mich konnte nichts mehr schockieren, geschweige denn herunterbringen und ich war völlig am Ende. Als wir uns eines Tages ziemlich heftig stritten fasste ich einen Entschluss: Shen musste für all das bezahlen, was er uns, insbesondere mir, angetan hatte. Der Mann, den ich einst liebte, würde nun mit seinem Leben für all seine Taten bezahlen. Klar war das grausam von mir, ich weiß. Und ich kann mir nur vorstellen, wie schlimm ihr das jetzt wohl findet, wenn ihr diese Zeilen lest. Ihr fragt euch bestimmt, was für eine kranke Frau eure Mutter war. Aber ich konnte einfach nicht mehr. Ich war am Ende mit meinem Latein und vor allem mit meiner seelischen Kraft. Darüber, wie ich ihn umbringen würde, war ich mir noch nicht im Klaren. Eigentlich wollte ich ihn einfach erwürgen oder noch besser, vergiften und ihn nicht so grausam töten, wie ich es jetzt getan habe. Langsam merke ich, wie meine Kraft dahinschwindet. Nochmals kann ich nur betonen, wie leid es mir tut. Ich werde euch immer lieben und immer bei euch sein, auch wenn ich jetzt sterbe. Bestimmt habt ihr noch viele Fragen, sehr viele Fragen, die wohl für immer unbeantwortet bleiben werden. Ich bitte euch aufrichtig um Entschuldigung dafür, wirklich. In der obersten Schranktür im Wohnzimmer sind all unsere Ersparnisse. Ich hoffe, dass sie euch weiterhelfen. Gerne könnt ihr euch auch an unsere Nachbarn wenden, sie scheinen doch ganz nett und hilfsbereit zu sein. Ich wünsche euch, dass ihr die Kraft und den Mut aufbringen könnt, euer Leben zu leben und das hier zu verkraften. Ich wünsche euch, dass ihr immer glücklich seid und ihr immer all eure Ziele erreichen möget, dass ihr stets zufrieden seid und immer zusammenhaltet. Ich wünsche euch, dass ihr wahre Liebe kennenlernt und ein schönes, zufriedenstellendes Leben führen könnt und nicht so wie ich immer nur unglücklich sein müsst. Ich kann nur hoffen, dass ihr über all das hier hinwegkommt... Ich liebe euch für immer. Bitte vergesst mich nicht und tragt mich immer in eurem Herzen, so wie ich euch in dem meinen immer tragen werde. Ich kann aber auch nachvollziehen, wenn ihr mich schnellstmöglich vergessen wollt und mich hasst. Es tut mir so leid... Ich liebe euch. Eure Mutter, Sîa Ihre Kraft verließ sie und sie stütze sich auf dem Tisch ab. Keuchend atmete sie, während ihre Kräfte zu schwinden schienen. Tränen flossen unentwegt ihre Wangen hinab. Langsam ging sie in die Knie und verharrte einen Moment. Schnell merkte sie jedoch, dass ihre Lebenskraft nicht mehr ausreichte, um sich noch weiter auf den Beinen zu halten. Also legte sie sich dem Tisch zugewandt auf den Boden und hielt die Augen geöffnet. Ihr gesamtes Leben zog nochmals an ihr vorbei, von der Kindheit über ihre Jugend bis hin zu ihrem jetzigen Leben. Schöne, aber auch traurige Momente kamen hoch. Zu schade, dass all das nun passé war. Langsam verdunkelte sich alles um sie herum und verschleierte. »Es tut mir…so leid.«, dachte sie und entschuldigte sich gedanklich erneut bei ihren Kindern. Ein Licht erstrahlte und sie hatte das Gefühl zu schweben. Waren das da etwa ihr Vater und ihre Schwester, die ihr aus weiter Ferne zuwinkten? Eine letzte Träne lief ihre Wange hinab, dann endete auch ihr Leben... Unten angekommen wandte sich Saraya der Küche zu, die fast neben der Treppe lag. Sie ging das kurze Stück bis zur fehlenden Küchentür und trat ein. Was sie dann sah, war alles Andere als schön und es traf sie wie ein Schlag: Zuerst fiel ihr Blick auf ihren Vater. Dieser hing wortwörtlich an der Wand und sein Zanpakuto hatte man ihm durch die Stirn gestochen. Es befestigte ihn an der Wand der Küche. Blut war überall verspritzt. In seinem Gesicht, auf seiner Kleidung, dem Boden, der Wand, dem Fenster und den Möbeln. Blut war auch in Massen auf dem Boden vorhanden. So viel Blut hatte sie noch nie zuvor in ihrem Leben gesehen. Entsetzt fiel ihr Blick nun auf ihre tote Mutter. Was war hier los? Lebte Mutter noch? Sie rannte auf sie zu, wusste jedoch nicht, dass sie tot war. Zumindest hoffte sie, dass dem nicht so war. Auf dem Boden kauernd versuchte sie, ihre Mutter wach zu rütteln, jedoch vergebens. Die Mutter lag mit geöffneten und leeren, toten Augen da und starrte in die Ferne. Tränen liefen ihr die Wangen hinab. Was war hier nur los?! Kapitel 4: Finstere Realität… ----------------------------- Shin kauerte auf seinem Bett. Wo war seine Schwester nur? Wollte sie nicht nur kurz aufs Klo gehen? Das war jetzt aber schon eine gefühlte Ewigkeit her, da war er sich sicher. oder etwa nicht? Eine Viertelstunde ward nun schon vergangen und so lange würde sie doch nicht brauchen, oder? Irgendetwas kam ihm komisch vor. Also wollte er mal nach dem Rechten sehen und erhob sich - Vorsicht war schließlich besser als Nachsicht. Außerdem hatte er doch, genauso wie Saraya, diesen dumpfen Schlag vorhin gehört. Hatte dieser etwas zu bedeuten? Das Geräusch hatte sich ja nicht so angehört, als ob etwas heruntergefallen war. Was war es denn dann gewesen? Er konnte es nicht genau einordnen. Saraya hatte ihm eigentlich ja bedeutet, nicht nach unten zu gehen. Vielleicht hatte sie den Klogang nur als Vorwand verwendet, um selbst nachzusehen? Irgendwie hatte er ein mulmiges Gefühl, was er nicht einordnen konnte. Leisen Schrittes ging er nach unten und blieb auf dem Treppenabsatz stehen, als er ein leises Schluchzen hörte. – Irgendjemandem schien es nicht gut zu gehen! Schnell rannte er in die Richtung, aus der das Geräusch kam und fand sich in der Küche wieder, die einem Schlachtfeld glich. Entsetzt musterte er das Horrorszenario, nahm Alles in sich auf. Die Bilder brannten sich regelrecht in seine Seele und er konnte den Blick nicht mehr abwenden. Mehrere Fragen warfen sich ihm auf: Warum hing Vater an der Wand? Warum lag Mutter auf dem Boden? Was war mit dem ganzen Blut? Stammte es von seinen Eltern? Ja, natürlich stammte es von den Beiden. Die Wände, das Fenster, ihrer beider Gesichter und der Boden waren mit Blut geradezu übersät. Vor Schreck weiteten sich seine Augen und er war einfach nur noch sprachlos. Sarayas Blick fiel auf ihren Bruder. "Shin, habe ich dir nicht gesagt, du sollst oben bleiben?", fragte sie mit brüchiger Stimme. Shin hörte nicht auf sie. Stattdessen rannte er auf seine Mutter zu und kniete sich neben diese. Wie ein Verrückter rüttelte er an ihr und versuchte, ihr ein Lebenszeichen zu entlocken – leider ohne Erfolg. "Was ist los, Mama?! Was ist los mit dir?! Antworte!!", schrie er verzweifelt, während ihm Tränen die Wangen hinab liefen. Saraya versetzte das einen Stich ins Herz. Wie war es nur für ihren kleinen Bruder, wenn sie schon nicht damit klar kam, dass ihre Eltern gegenseitig so grausam ermordet hatten? Sie weinte weiter, während Shin weiterhin versuchte, der toten Sîa ein Lebenszeichen zu entlocken. Das half doch Alles nichts. Sanft legte Saraya ihrem Bruder die Hände auf die Schulter und sah ihm tief in die Augen. Gut, jetzt würde sie ihm erstmal erklären, was hier passiert war. Den Brief würde sie ihm jedoch fürs Erste verheimlichen. Das musste und das sollte er jetzt noch nicht erfahren. Bestimmt verstand er irgendwo, was hier los war, doch sie würde es ihm jetzt nochmal sagen, dann hätte er es schwarz auf weiß. Ihre Stimme war zu brüchig, um zu sprechen aber sie musste stark sein - für ihren Bruder und für sich selbst! Also räusperte sie sich und sammelte sich. Shin blickte ihr in die Augen, während sie zu sprechen begann. "Shin... unsere Eltern... sind beide tot.", begann sie. Und jetzt? Sollte sie ihm etwa sagen, dass sie sich gegenseitig umgebracht hatten? Ja, das musste sie. Sie war ihm die Wahrheit schuldig. Alles Andere wäre nicht gerecht gewesen, verschwieg sie ihm ja bereits den Brief. "Sie haben sich gegenseitig umgebracht, weil sie sich gestritten haben. Aber das ist nicht normal. Sowas macht man nicht!", fügte sie noch an. Shin sah sie nur an. Er verstand, was sie meinte und was sie ihm damit sagen wollte. Es war Alles gesagt, fürs Erste. Die Quintessenz hatte sie ihrem kleinen Bruder mitgeteilt - den Rest würde sie ihm ein Andermal erklären. Sie nahm ihre Hände von seinen Schultern und schloss ihrer Mutter die leeren, toten Augen. Dann setzte sie sich neben ihren Bruder, legte ihm ihren Arm um die Schultern und zog ihn an sich. So saßen sie da und das ziemlich lange. Die Zeit rann dahin. In kürzester Zeit war Mitternacht und die Geschwister saßen immernoch ratlos da und starrten ihre toten Eltern an. Das Mondlicht fiel durch das Fenster herein und umrandete Shens Silhouette. Es brach sich im gegenüberliegenden Spiegel und ließ seine Augen unheimlich aufleuchten. Das war alles so unendlich grausam. Warum musste ihnen das passieren? Saraya wusste es nicht und würde es wohl auch nie erfahren. War das ihrer Beider Schicksal? Höchstwahrscheinlich. Weitere Stunden vergingen, in denen sie ratlos da saßen. Mittlerweile hatten sie sich dicht aneinandergekuschelt und sie hielt Shin immernoch in ihren Armen. Mit der Situation kam sie überhaupt nicht klar und er schon gleich dreimal nicht, das merkte sie. Warum nur? Warum? Immer diese Frage nach dem 'Warum'. Doch die half ihnen jetzt auch nicht weiter. Jedoch war eine Sache Fakt und das war, dass sie ihre Eltern begraben mussten, schnellstmöglich. "Shin, lass mich aufstehen. Wir müssen sie begraben.", sagte sie sanft aber bestimmt und stand auf. Er stand ebenfalls auf, seine Augen fixierten sie. Zuerst ging sie auf ihren Vater zu. Sie zog das Zanpakuto aus seiner Stirn, was ein ekelhaftes Geräusch von sich gab. Weiteres Blut und Knochenteile sowie Teile des Gehirns strömten aus der tödlichen Wunde und tropften an der Klinge hinab zu Boden. Der leblose Shen ging zu Boden. Schnell warf sie das Schwert in eine Zimmerecke und ging einen Schritt zurück. Dann sah sie zu Shin. "Hilf mir. Alleine schaff ich das nicht!", waren ihre Worte. Er half ihr natürlich, fühlte sich jedoch wie in Trance. Die Zeit schien still zu stehen, ebenso schienen alle seiner Bewegungen automatisch und völlig gefühllos vonstatten zu gehen. Auch Saraya fühlte sich so. Alles schien so surreal und unwirklich. Sie schleiften erst den Vater, dann die Mutter nach draußen und begannen, mit Schaufeln zwei Gräber auszuheben. Sie mussten sich beeilen und konnten nur hoffen, dass keiner der Nachbarn davon Wind bekam. Tote einfach im Garten vergraben war auch in der Soul Society verboten, noch dazu war die gesamte Familie ungläubig, was den Nachbarn schon lange ein Dorn im Auge war. Als sie die Gräber ausgehoben hatten, legten sie ihre Eltern in diese und vergruben sie. Beide weinten bitterlich, während sie ihren Eltern die letzte Ehre erwiesen und vor deren Grabstätten kauerten. Diese Nacht war grausam und brannte sich in die Seelen und das Unterbewusstsein der Kinder ein. Nie wieder sollten sie diese schlimmen Ereignisse vergessen können, NIE wieder! Das war ihr Schicksal, ihr grausames Schicksal... Die Morgendämmerung brach herein und tünchte den Himmel in einen dämmrig-hellen Blauton. Die Sonne ging noch nicht auf, aber schon bald würde sie es. Der Himmel leuchtete und die Bäume und Häuser in der Umgebung warfen ihre Schatten auf die Wiese und den Erdboden und ließen Alles wunderschön aussehen. Doch diese Schönheit interessierte die zwei Kindergestalten, die im Garten des Hauses ihrer Familie standen, in diesem Augenblick nicht. Der Junge und das Mädchen standen vor den Gräbern. Beide hingen ihren eigenen dunklen Gedanken nach. Sarayas Augen brannten vom vielen Weinen. Verstohlen wanderte ihr Blick auf ihren Bruder. Der Kleine stand reglos neben ihr und blickte starr geradeaus. Seine lilafarbenen Augen blickten in die Ferne. Sanft legte sie einen Arm um ihn und zog ihn an sich. Sie streichelte ihm über den Kopf und hielt ihn fest umklammert. Steif wie ein Brett stand er da und regte sich nicht. "Mein armer Kleiner...", sagte sie mit leiser Stimme. Natürlich ging es ihr mindestens genauso dreckig wie ihm aber sie musste jetzt stark sein und für ihren kleinen Bruder da sein. Also umarmte sie ihn und drückte ihn feste an sich. Die Nähe zu ihr tat ihm gut. Irgendwie fühlte sich zwar Alles immernoch unwirklich und surreal an doch die Umarmung seiner Schwester spendete ihm Trost. Leicht erwiderte er die Umarmung und schmiegte sich an sie. Die Beiden standen noch lange so da, als auf einmal ein Schrei zu vernehmen war. "Hey, guten Morgen~", rief die Nachbarsfrau über den Zaun. Was machte sie denn um diese Zeit schon im Garten? Saraya wusste es nicht. Etwas entsetzt riss sie die Augen auf. Hoffentlich hatte die Nachbarin Nichts bemerkt! "Alles ok bei euch? Was macht ihr um diese Uhrzeit denn schon im Garten?", fragte die nette Frau sie. Gut, scheinbar hatte sie Nichts von Alledem mitbekommen. Trotzdem mussten sie extrem vorsichtig sein. Also lächelte Saraya schnell gespielt freundlich und sah sie an. "Ja klar doch.", waren ihre Worte, die sie scheinfroh aussprach. Shin umarmte seine Schwester immernoch und verharrte in dieser Position. Sie schien ihm Kraft zu geben. Sanft streichelte sie ihm über den Rücken, nahm ihn dann bei der Hand und zog ihn mit sich ins Haus. "Komm, Kleiner.", waren ihre Worte, während sie nach innen gingen. Schnell schloss sie die Balkontür. Ein letzter prüfender Blick in den Garten versicherte ihr, dass man von den Gräbern nichts mehr sah. Perfekt! In ihrem Garten gab es ja eh kaum Gras und an dem Fleck, an dem die toten Eltern vergraben waren, gab es zuvor schon Keines. Die Nachbarin hängte gerade Wäsche auf und verschwand dann wieder in ihr Haus. Schnell zog das blonde Mädchen den Vorhang zu und trat weiter in das Haus ein. Innen war es kalt, ziemlich kalt sogar, was ja auch klar war, hatten sie doch die ganze Nacht die Tür offen stehen gelassen. Sie ging mit ihm nach oben – auf keinen Fall würde sie jetzt mit Shin in die Küche gehen. Oben steuerte sie auf das Kinderzimmer zu und bedeutete ihm, sich auf sein Bett zu legen, was er auch tat. Sie setzte sich neben ihn und schaute auf ihn herab. Seine Augen starrten sie an, ja, sie stierten sie geradezu an. Seine Blicke waren tiefgründig und drangen in die ihren ein. "Ach Kleiner, ich bin immer für dich da. Gemeinsam stehen wir das schon irgendwie durch.", meinte sie aufmunternd zu ihm und streichelte ihm über die Wange. Shin war unendlich erledigt, der Schock saß jedoch noch zu tief, um zu schlafen. Seine liegende Position verstärkte seinen Erschöpfungszustand jedoch so sehr, dass er letztendlich doch einschlief. Mitleidig und verletzt blickte Saraya auf ihren kleinen Bruder hinab. Ihr ging es dreckig, richtig dreckig. Aber sie war nunmal die Ältere von den Beiden, daher musste sie jetzt stark sein und die Zähne zusammenbeißen. Erstmal galt es, das Blut in der Küche verschwinden zu lassen. Langsam erhob sie sich. Immernoch fühlte sich Alles unwirklich an. Sie ging in die Küche und begann damit, das Blut von Möbeln, Boden, Fenster und letztendlich auch noch dem Katana abzuwaschen. Mehrere Stunden brauchte sie dafür und vergoss dabei etliche Tränen, bis sie nicht mehr weinen konnte. Es tat so unendlich weh. Sie wusste einfach nicht mehr, was sie noch machen sollte. Wie sollte sie darüber hinwegkommen? Gute Frage – nächste Frage? Als sie die ganzen Spuren beseitigt hatte setzte sie sich auf den Küchenboden. Sie fühlte sich fehl am Platz. Das Leben schien an ihr vorbeizuziehen. Draußen auf den Straßen waren jetzt Stimmen und geschäftiges Treiben zu vernehmen. Heute wäre wieder mal Markt, doch würde ihre Mutter dort Nichts mehr verkaufen. Während sie so dasaß breitete sich nun auch über ihr eine Woge der Erschöpfung aus, ihre Augen fielen zu und sie schlief ein. Während seine Schwester schlief erwachte Shin wieder. Erst war er orientierungslos und wusste nicht, wo er war. Doch dann kam ihm wieder, dass er in seinem Zimmer war und auch die dunklen Erinnerungen an das grauenvolle Erblicken seiner toten Eltern kamen wieder zurück. Darauf hätte er echt verzichten können. Wo war seine Schwester? Wo war Saraya? Er wurde unruhig und rannte die Treppe nach unten. Sein Weg führte ihn zuerst in die Küche, die nun wieder blitzblank war. Keine Spur war mehr zu sehen. Nichts deutete auf die Grausamkeiten hin, die dort vonstatten gegangen waren. Dort fand er auch seine Schwester. Sie saß mit geschlossenen Augen da. Leisen Schrittes ging er auf sie zu und kniete sich vor sie hin. Sachte fasste er ihr an die Schultern und sah sie an. Sie schlief. Er legte sich auf den Boden und legte seinen Kopf auf ihre Knie. Reglos lag er da und starrte an die Wand. Zu viel war passiert, viel zu viel. Doch er weinte nicht. Nein, vielmehr konnte er nicht mehr weinen. Selbst fürs Weinen war er zu erschöpft. Irgendwann schlossen sich seine Augen wieder und er schlief ein. Saraya erwachte nun wieder und sah sich erst etwas verdutzt um. Auch sie schien irgendwo orientierungslos. Doch dann kamen auch ihre Erinnerungen wieder zurück. Sie seufzte und merkte dann erst, dass ihr kleiner Bruder schlafend vor ihr lag. Sanft streichelte sie ihm über den Kopf und fuhr mit den Fingern durch sein weiches, blondes Haar. Irgendwie würden sie das schon schaffen, das hoffte sie jedenfalls inbrünstig. Sie würde nicht aufgeben, niemals! Irgendwie würden sie das schon schaffen und die schwere Zeit durchstehen. Das bedeute nicht das Ende für sie, keinesfalls! Sie mussten kämpfen und vor allem mussten sie Eines - durchhalten und weiterleben. Kapitel 5: And life goes on… ---------------------------- Die Jahre zogen dahin, viele Jahre zogen dahin. Mittlerweile waren schon 5 Jahre vergangen. Saraya war mittlerweile schon 18 Jahre alt, Shin war 15. Shin war mittlerweile ein Schüler der Shin'ō-Akademie, zumindest würde er Einer werden. Schon morgen hatte er nämlich seinen 'ersten Schultag'. Er sollte eine Karriere als Shinigami starten, zumindest pochte seine Schwester darauf. Sie bedrängte ihn regelrecht damit, dass er endlich mal sein Leben in den Griff bekommen sollte und positiv in die Zukunft blicken sollte und das tat sie, indem sie ihn dazu animierte, sich in der Shin'ō ausbilden zu lassen – so wie ihr Vater Shen damals schon. Sie malte sich eine glorreiche Zukunft für ihren Bruder aus und dachte, dass ihm die Akademie Etwas geben würde, ihn stärken würde, ja, ihn vielleicht sogar all das Geschehene verkraften ließ. Aber wer wusste das schon? Jedenfalls erhoffte sie sich das und war erpicht darauf, ihn in die Akademie zu schicken, was sie nun auch kurzerhand tat. Sie stellte sich die Zeit in der Shin'ō-Akademie wundervoll vor. Natürlich würde es nicht einfach werden, keinesfalls - die Berichte ihres Vaters damals belehrten sie da ja eines Besseren. Doch verwandelte die Akademie ihre Schüler in angesehene, starke und gute Shinigami - nicht umsonst hatte sich diese Akademie so lange bewährt. Es war bereits Abend geworden und schon dunkel draußen, während die Geschwister sich gegenüber saßen und zu Abend aßen. Der Schein der Kerze, welche die Geschwister in der Mitte des Esstisches drapiert hatten, erhellte die Küche etwas. Ihr Schein umspielte die Gesichtszüge der Geschwister und ließ ihrer beider Augen erstrahlen. Ihrer beider Gestalten warfen ihre Schatten auf den Boden und die Möbel, was fast schon etwas gruselig wirkte. Mal wieder durfte Shin den Lobpreisungen seiner Schwester über die Shin'ō-Akademie lauschen. Er mochte Vorträge eigentlich nicht sonderlich gerne, doch fand er es nett, wie sie sich immer um ihn kümmerte. Sarayas Augen blitzten voller Eifer und Motivation, während die Seinen sich auf das vor ihm befindliche Schälchen Reis richteten, in welchem er appetitlos herumstocherte. Sie hatte schon Recht mit Alledem, was sie sagte: Sein Leben war weder geordnet noch sonst Irgendetwas, das man als 'normal' bezeichnen konnte. Es ging drunter und drüber und drüber und drunter. Shin lebte in den Tag hinein, hatte keinerlei Antrieb oder sonstige Motivation für Irgendetwas. Hin und wieder verkauften sie mal Etwas Handgefertigtes auf dem Markt - von Irgendetwas mussten sie ja leben. Die meiste Zeit jedoch verharrten sie hier in dem kleinen Haus und unternahmen manchmal etwas Gemeinsames, jedoch auch nicht jeden Tag. Er war für Nichts zu begeistern und wusste nicht, wie er mit all dem Durchlebten fertig werden sollte. Ständig verdrängte er die dunkle Vergangenheit doch Verdrängung verhalf auch zu Nichts. Nachts, wenn sein Unterbewusstsein seinen dunklen Erinnerungen schutzlos ausgeliefert war, wurde er immer und immer wieder aufs Neue mit den grausamsten Stunden seines Lebens konfrontiert. Diese Erinnerungen versuchten ihn zu zerreißen, zu verschlingen und seine Seele zu brechen, was ihnen immer mehr und mehr zu gelingen schien. Seine schlimme Vergangenheit machte ihn einfach nur noch fertig – er war am Ende, oder zumindest kurz davor. Nicht mehr lange und es wäre sein Ende - zumindest fehlte seiner Meinung nach nicht mehr viel. Ihm ging es dreckig, um genau zu sein, fühlte er sich immer schlechter und schlechter. Seiner Schwester gegenüber verhielt er sich jedoch immer fröhlich und achtete darauf, dass er einen 'normalen' Anschein machte. Es war ihm eigentlich egal, was aus ihm wurde, zu gerne würde er sterben – sein Leben hatte seiner Ansicht nach keinen Sinn mehr. Nur ein einziger Grund hielt ihn am Leben: seine Schwester. Sie bedeutete ihm Alles und noch viel mehr. Er liebte sie über Alles. Wäre sie nicht gewesen, wer wüsste, was aus ihm geworden wäre? Sicherlich wäre er jetzt schon längst tot. Einer der Gründe, warum er sein Leben als eine Qual ansah. Nichtmal seine Schwester vermochte ihn aufzumuntern. Desöfteren wunderte er sich, ob sie nicht auch so fühlte, wie sie mit dem Schmerz leben konnte und ob sie genauso gebrochen war wie er. Doch sie machte einen starken, gesunden Anschein auf ihn. Doch all das Leiden, die Trübsal und die fehlende Motivation sollten sich nun durch den Radikalkurs seiner Schwester ändern! Also lauschte er – mehr oder weniger – dem Vortrag seiner älteren Schwester, die sich wie ein Honigkuchenpferd darüber freute, dass ihr kleiner Bruder ab Morgen in die Shin'ō ging. Sie lächelte und strahlte und hörte gar nicht mehr auf zu schwärmen. Er musste schmunzeln. Saraya war leicht zu begeistern und wenn sie mal Etwas gefunden hatte, an dem sie sich erfreuen konnte war das einfach DAS Thema schlechthin und wurde bis in die Unendlichkeit diskutiert. So war es nun mit seiner Schulkarriere, auf die er überhaupt keine Lust hatte. Aber er machte gute Miene zum bösen Spiel und grinste sie breit an, stimmte ihr immer wieder zu und nickte hin und wieder, um sie in ihren Erzählungen zu bekräftigen. Sie schien völlig in ihrem Element – dagegen reden war sinn- und zwecklos. Also ließ er sie reden und aß stattdessen lustlos weiter. Es war schon spät, bestimmt war es bereits nach 22 Uhr. Welch ein guter Vorwand, den Redeschwall seiner Schwester zu unterbrechen und nach oben in sein Bett zu verschwinden. "Schwesterherz, sei mir nicht böse aber es ist echt schon total spät. Ich glaube, wir sollten ins Bett gehen.", schlug er ihr vor. "Ja, das ist eine gute Idee. Lass uns schlafen gehen. Du musst morgen fit und ausgeruht sein!", war ihre Antwort. Sie räumten den Tisch ab, verabschiedeten sich und verschwanden dann in ihre Schlafzimmer. Ja, schlafen wäre eine gute Idee, doch bekam Shin wieder mal kein Auge zu. Zu viele Gedanken spukten in seinem Kopf herum und er musste ständig an diesen einen Tag denken. Die Erinnerungen ließen sich einfach nicht verdrängen - er würde das wohl nie im Leben schaffen. Also lag er einfach nur da und starrte an die Decke. Der Mondschein drang etwas durch die dunklen, schwarzen Vorhänge hindurch und erleuchtete sein Gesicht. Saraya lag ebenfalls in ihrem Bett auf der Seite und starrte an die Wand. Sie liebte ihren Bruder über Alles und freute sich so sehr für ihn, dass für ihn ab Morgen ein neuer Lebensabschnitt beginnen würde. Schmunzelnd lag sie da und malte sich alle möglichen Konstellationen des morgigen Tages aus, bis sie irgendwann einschlief. Auch Shin schlief irgendwann ein - jedoch erst in den frühen Morgenstunden. Er lag immer so lange wach und war es gewohnt, so spät einzuschlafen. Natürlich fühlte man sich am Folgetag immer schlecht, müde und abgeschlagen doch das machte ihm schon lange Nichts mehr aus - der Mensch war nunmal ein Gewohnheitstier. Die Vögel zwitscherten, die Sonne strahlte vom Himmel herab und kitzelte Saraya im Gesicht. Sie lag in ihrem Bett im alten Kinderzimmer. Ihr Bruder Shin schlief mittlerweile im ehemaligen Schlafzimmer ihrer Eltern. Sie seufzte – war es schon wieder Morgen? Die letzte Nacht kam ihr so unwahrscheinlich kurz vor. Ihre grünen Augen öffneten sich langsam und ein Lächeln umspielte ihre Mundwinkel - ein purer Ausdruck der Vorfreude auf den bevorstehenden Tag - schließlich hatte Shin heute seinen ersten Tag in der Shin'ō-Akademie. Sie war schon total aufgeregt, er hingegen hatte keinerlei Lust darauf oder war auch nur ansatzweise aufgeregt. Stattdessen lag er in seinem Bett und schlief tief und fest. Aber das hätte jetzt ein Ende. Sie stürmte in sein Zimmer, riss die schwarzen Vorhänge zur Seite und öffnete das Fenster, sodass die Sonne auch in sein Zimmer strahlen konnte. "Shin, steh auf!", sagte sie und rüttelte ihn wach. Dann ging sie nach unten und sah auf die Uhr. Ach du Schreck, es war schon zehn vor Acht. Verdammt! Um Acht begann der reguläre Unterricht in der Akademie und am ersten Tag zu spät zu kommen war nicht gerade vorteilhaft. Schnell suchte sie seine Akademie-Uniform heraus und warf sie auf sein Bett. "Schnell, zieh dich an! Es ist schon zehn vor Acht und du kommst zu spät!", drängte sie. Er atmete genervt aus, die Sonne blendete ihn und er hatte schlichtweg keine Lust. War das ihr Ernst? Und wenn er 100 Stunden zu spät kam, wäre es ihm auch egal. Saraya zuliebe schluckte er seinen Ärger nun jedoch hinunter und setzte ein gespieltes Grinsen auf. Das konnte er mittlerweile wirklich extrem gut - er hätte auch Schauspieler werden können, schließlich spielte er ihr jeden Tag aufs Neue Etwas vor. Dann stand er auf und zog sich um. Diese Uniform war nicht nur merkwürdig zum Tragen, sie sah auch noch richtig merkwürdig aus und er konnte sich darin gar nicht sehen. Ein Shihakushō würde viel besser aussehen, schon allein, weil er nicht so farbig wäre. Er seufzte. Egal. "Was muss das muss.", murmelte er, während er nach unten ging. Seine Schwester war schon lange wieder aus dem Zimmer herausgestürmt und nach unten gerannt. Sie hatte Frühstück vorbereitet, doch blieb eigentlich keine Zeit mehr, für ein Frühstück mit seiner Liebsten. Trotzdem setzte er sich mit ihr an den Tisch und sie aßen. Welch ein Wunder, dass sie Nichts dagegen sagte, dass er seelenruhig da saß und aß. War sie krank? Stimmte Irgendetwas nicht mit ihr? Er wusste es nicht. Mittens unter dem Essen zerstörte sie nun jedoch die entspannte, ruhige Atmosphäre und verwandelte sie in eine stressige, gehetzte Atmosphäre. "Bruder, du musst dich jetzt beeilen, sonst kommst du noch später als spät! Was glaubst du, was die Lehrer dazu sagen?! Das hinterlässt einen schlechten ersten Eindruck und der erste Eindruck zählt - das weißt du ja bereits!", drängte sie. "Jaja, ist ja ok." Er inszenierte Eile und sprang auf. "Na gut, ich muss los.", sagte er gespielt gehetzt. "Ja, pass auf dich auf und ich freu mich schon, wenn du heute Abend wieder kommst. Ich wünsche dir einen schönen Schultag.", sagte sie liebevoll und umarmte ihn. Er erwiderte die Umarmung und küsste sie auf die Stirn. Dann eilte er nach draußen und rannte ein Stück. Als er aus ihrem Sichtfeld war verlangsamte er seine Schritte wieder und lief langsam und entspannt weiter. Beeilen? - Warum denn? Das hielt er jetzt eigentlich nicht für notwendig, schließlich war er eh schon zu spät und Stress in den frühen Morgenstunden war ein rotes Tuch für ihn. Gute 20 Minuten lief er so entspannt weiter, dann kam die Akademie in sein Sichtfeld. Er seufzte. Lust auf die Schule hatte er jetzt echt überhaupt nicht. Sollte er einfach schwänzen? Nein, blau machen am ersten Schultag wäre unvorteilhaft und wenn Saraya davon Wind bekäme wäre sie bestimmt sauer. Aber er wusste ja noch nicht mal, wo er hin musste, geschweige denn, wie er den Tag herumbringen sollte. Egal, Augen zu und durch. Ruhigen Schrittes trat er nun ins Gebäudeinnere ein und fand sich in einer großen Aula wieder. Wohin jetzt? Er sah eine Liste in einem Glaskasten zu seiner Linken. Diese besah er sich nun etwas genauer und siehe da – es waren sogar Klassenlisten, auf denen die Namen all der neuen Schülern vermerkt waren. Er suchte nach seinem Namen - 'Ariwi' musste ja irgendwo ziemlich weit oben stehen… Bald schon wurde er fündig. Zimmer 107 also. Keinerlei Ahnung hatte er, wo sich dieses Zimmer befand aber der Nummer nach zu urteilen irgendwo oben. Also lief er die Treppen hinauf und irrte durch mehrere Gänge, bis er fündig wurde. Vor der Türe blieb er stehen. Sollte er einen Rückzieher machen? Lust hatte er ja überhaupt keine und die Vorstellung eines freien, entspannten Tages war wirklich sehr verlockend. Doch wie gesagt war Schule schwänzen am ersten Tag alles Andere als gut. »Augen zu und durch.«, dachte er sich und klopfte an der Türe des Klassenzimmers. "Herein!", ertönte eine freundliche Männerstimme von innen, höchstwahrscheinlich der Lehrer. Shin trat ein und sah den Lehrer verlegen an. "Entschuldigung für die Verspätung.", brachte er hervor. Der Lehrer schien es gelassen zu sehen oder er ließ sich seinen Ärger nicht anmerken, denn er schüttelte nur den Kopf und sagte gar nichts dazu, sondern verheilt sich ganz ruhig. "Setz dich da hinten hin.", sagte er und wies dem neuen Schüler einen Platz in der letzten Reihe ganz hinten neben dem Fenster zu. Nur ein hochgewachsener Mann mit blonden Haaren saß dort und grinste ihn verlegen an. "Hallo, ich bin Sei Aijka. Und wer bist du?", stellte er sich ihm vor und fragte ihn, wer er war. Shin war absolut nicht an irgendwelchen Kontakten interessiert, die er hier herstellen könnte, daher schwieg er fürs Erste und setzte sich neben den Mann, der sich ihm als Sei vorgestellt hatte. Er musste jedoch gute Miene zum bösen Spiel machen. Daher streckte er die Hand aus und stellte sich dem Fremden vor. "Freut mich.", sagte Sei und lächelte wieder etwas schüchtern, ehe der Lehrer ihre Unterhaltung unterbrach. "Ariwi, Shin, oder?", fragte der Lehrer. Shin nickte nur. Der Lehrer nahm das zur Kenntnis und trug Shin als 'anwesend' in seine Klassenliste ein. Dann brabbelte er fröhlich drauflos, erzählte und erklärte alles Mögliche über die Akademie und die dort herrschende Schulordnung. "Ich hoffe wir können Freunde werden.", murmelte Sei und lächelte ihn wieder an, während seine weißen Augen scheinbar tief in ihn die Seinen einzudringen versuchten. Shin schwieg einfach nur vor sich hin und wandte seinen Blick letztendlich von Sei ab - dieses Starren konnte ja kein Mensch aushalten. Saraya räumte derweil die Küche auf und setzte sich an den Küchentisch zurück. Sie stützte den Kopf auf ihre Hände und starrte auf die Tischplatte. Ja, mittlerweile waren mehrere Jahre seit dem grausamen Tod ihrer Eltern vergangen. Die Zeit heilte ja bekanntlich alle Wunden, aber hatte die Zeit auch ihrer Beider Wunden geheilt? Sie wusste es nicht, zumindest war sie sich nicht sicher. Natürlich konnte man so einen extremen Schicksalsschlag nicht einfach so überwinden und verkraften, aber sie war eine starke Frau. Nein, vielmehr musste sie stark sein - ihres Bruders wegen. Aber sie hatte dieses grausame Ereignis den Umständen entsprechend gut verkraftet, da war sie sich sicher. Kurz kamen die grausamen Erinnerungen wieder hoch und sie blickte etwas traurig drein. Doch sie besaß die Kraft, diese düsteren Gedanken nicht an sich heran zu lassen. Ja, wenn sie Eines in der letzten Zeit gelernt hatte dann war es, stets positiv zu denken. Dieses Gelernte setzte sie nun ein und verbannte diese schlimmen Gedanken aus ihrem Kopf. Dann erhob sie sich und streckte sich. Saraya musste noch einkaufen und entschloss sich dazu, das jetzt gleich zu tun. Also streifte sie sich einen dünnen grauen, zerschlissenen Strickmantel über und ging nach draußen. Noch war es relativ frisch. Bestimmt würde es später wieder schön warm, wenn nicht sogar heiß werden, doch noch war es relativ kühl. Die Schatten, die die umliegenden Reihenhäuser auf den Pfad warfen verstärkten diesen Zustand noch. Der Wind säuselte leicht über die Dächer der umliegenden Häuser und verfing sich in ihren langen welligen Haaren, welche er nun aufwirbelte. Ihr gefiel das Wetter – sie liebte den Wind. Langsam lief die hochgewachsene Frau durch die Straßen gen Markt und blickte sich neugierig um, als ihr Blick an einer Gruppe edel angezogener Personen hängen blieb. Eine Frau in nobler Gewandung lief inmitten der Gruppe und stach regelrecht aus dieser Gruppe hervor. Sie trug ein smaragdgrünes Kleid, welches seiden glänzte. Außerdem trug sie ein goldnes Amulett, passende Ohrringe und weiße Seidenhandschuhe - sie sah wunderschön aus. Um sie herum scharrten sich ihre Diener und Angestellten, die ihr auf Schritt und Tritt zu folgen schienen und verstohlen ihre Umgebung musterten. Saraya wollte auch einmal im Leben so edel leben doch die Realität war anders, völlig anders. So etwas würde es bei ihr ganz bestimmt niemals geben. Sie seufzte und blickte bewundernd die noble Frau an. Die Adlige hatte langes, braunes Haar und lief erhobenen Hauptes durch die Straßen. Sie machte einen stolzen Eindruck - zu Recht. Saraya lief auf die Gruppe zu, nur um sich gleich darauf dem Bäckersstand zu ihrer Rechten zuzuwenden. Der Bäcker grüßte sie freundlich, kannte er sie doch als seine Stammkundin. "Na Kleines, was darfs denn heute sein?", fragte er sie. Der Mann war mindestens zwei Meter groß, daher pflegte er sie stets als 'Kleines' zu tadeln. "Einen Laib Brot bitte.", gab sie ihre Bestellung bei ihm auf. "Ok aber du musst mal mehr essen, Kleines. Du bist total dürr.", sagte er und nahm einen Laib Brot zur Hand, den er in Papier einwickelte. Zusätzlich schenkte er ihr noch ein weiteres Gebäck - er war ein netter und zuvorkommender Mann, völlig anders als viele der hier lebenden Bewohner. Ja, sie war wirklich ziemlich dünn aber nicht krankhaft. Aber wie um Alles in der Welt sollte sie mehr essen, wenn sie nicht das Geld dazu hatten, sich übermäßig viel zu Essen zu kaufen? Ja, das Leben in Rukongai war nicht einfach und die Reichsten waren sie jetzt auch nicht aber sie war der Ansicht dass das, was sie aßen ihnen bei Weitem ausreichte. Saraya schenkte ihm ein dankbares Lächeln und gab ihm seine Bezahlung. Dann nahm sie die Ware entgegen. Nur noch etwas Wurst und Käse müsste sie nun kaufen. Die blonde Frau verabschiedete sich vom Bäcker, wünschte ihm einen schönen Tag und ging weiter. Fast schon war sie an der Gruppe vorbei, als ihr auf einmal schwindlig wurde und sich die ganze Umgebung verzerrte und verschwamm. Nebelschleier verschleierten ihr die Sicht und schwarze Schatten legten langsam sich über die schummrig wirkende Welt - was war denn jetzt los? Sie konnte sich nicht mehr auf den Beinen halten und ging zu Boden. Die braunhaarige Adlige sah, wie einer ihrer Untergebenen auf die zu Boden gehende Blondine zu rannte und diese auffing. Der Untertan hielt die nun Bewusstlose in seinen Armen. Auch der Rest der Gruppe gesellte sich zu ihnen, ebenso ihre Herrin. Einer der Lakaien hob das Brot auf, das auf den Boden gefallen war. Abwartend stand die Gruppe da und hoffte, dass die blonde Bewohnerin aus Rukongai ihr Bewusstsein baldmöglichst wiedererlangte. Mehrere Minuten verstrichen, in welchen die Gruppe abwartend ihre Blicke auf die unbekannte Fremde richteten und sie scheinbar mit ihren Blicken dazu zu drängen schienen, ihr Bewusstsein wieder zu erlangen, was scheinbar zu helfen schien. Langsam öffneten sich die grünen Augen der Blonden wieder und musterten vorsichtig ihre Umgebung. Was war denn hier passiert? Wer waren die Leute um sie herum? War sie etwa ohnmächtig geworden? Kapitel 6: Begegnungen ---------------------- Der braunhaarige Diener, welcher Saraya aufgefangen hatte hielt sie noch immer in seinen Armen und sah sie besorgt mit seinen braunen Augen an, während sie langsam ihr Bewusstsein wiedererlangte. "Kannst du aufstehen?", wollte er wissen. "Überfordere sie doch nicht gleich, Sanjo!", schimpfte die Adlige mit ihm und funkelte ihn wütend an. Der Mann, welcher auf den Namen 'Sanjo' hörte senkte sofort sein Haupt und deutete eine Verbeugung an, die noch benommene Saraya hielt er noch immer in seinen Armen. "Pardon, Herrin.", sagte er und blickte entschuldigend drein. Die grünen Augen der in seinen Armen befindlichen Frau musterten ihn interessiert und neugierig zugleich, während langsam ihre Erinnerungen an das zuvor Geschehene wieder zu ihr zurückkehrten. Ja, jetzt wusste sie wieder Alles: sie war einkaufen gegangen, hatte gerade Brot gekauft und die Gruppe der noblen Leute entdeckt, als ihr schwindlig und schwarz vor Augen wurde und sie vollends bewusstlos ward. Was sie jedoch verwunderte war die Reaktion der adligen Frau. Sie schien sie sogar schonen zu wollen und sich um sie zu sorgen, was mehr als nur ungewöhnlich für eine noble Person war. Normalerweise scherten sich die Leute hier in Rukongai einen Dreck um das Wohlergehen ihrer Mitmenschen und sie waren froh, wenn sie in keinerlei Schwierigkeiten hineingezogen wurden. Ja, hier in Rukongai galten andere Regeln und Gesetze, als im behüteten Seireitei. Jeder sorgte sich hier nur um sein eigenes Wohlergehen und hielt sich aus den Angelegenheiten der Anderen heraus. Am besten war es hier einfach, dass man kein Aufsehen erregte und überlebte. Lieber hielt man sich hier aus Allem heraus und verhielt sich ruhig und unauffällig, verkroch sich in seinem Haus und kam nur dann heraus, wenn es wirklich notwendig war. Ja, das war die traurige Realität in Rukongai. Hier war die Kriminalitätsrate sehr hoch und die Armut sowieso - da hatte man schon allerhand Probleme damit, mit seinem eigenen Leben klar zu kommen und nicht zu verhungern oder ermordet zu werden und konnte sich nicht auch noch mit den Problemen Anderer belasten. Diese Eigenschaft machte Saraya immer traurig, doch sie hatte sich mittlerweile schon ziemlich gut daran gewöhnt. Dass nun jedoch Jemand aus Seireitei darauf beharrte, dass sie sich schonte war mehr als nur merkwürdig. Die Bewohner von Seireitei waren allesamt noble oder adlige Leute oder eben die vielen dort stationierten Shinigamis und angehenden Shinigamis. Zumindest die noble Bevölkerung dort hielt sich weitestgehend für etwas 'Besseres' – mit dem Abschaum aus Rukongai wollten sie Nichts zu tun haben. Viele, nein, viel eher die Mehrheit der Adligen verachteten die Bewohner der Bezirke von Rukongai und wollten sich mit solchem 'Abschaum', wie sie stets zu sagen pflegten, nichts zu tun haben. Andersherum war es natürlich nicht anders – diese Antipathie beruhte nämlich auf Gegenseitigkeit, denn auch die Bewohner der vielen Bezirke aus Rukongai hassten die noblen Adligen und ach so tollen Leute. Ständig hielten sie sich für etwas Wertvolleres und betrachteten alle Anderen hier als Ungeziefer. Ein Adliger, der sich in – egal welchem – Bezirk blicken ließ wurde mit verächtlichen Blicken gestraft und setzte sich sogar erheblicher Gefahr aus, insofern er sich in einem weiter von Seireitei entfernten Bezirk aufhielt und keine Wachen oder Offiziere in Sicht waren. Schon häufig wurden Adlige ermordet, was hier in Rukongai nichts Ungewöhnliches darstellte. Raub, Mord und Totschlag gehörten hier zum Alltagsgeschäft und auch vor Adligen machte man auch nicht Halt - warum auch? Die Adligen waren es doch, die die Bewohner von Rukongai verrecken ließen und ihnen nicht mal ansatzweise unter die Arme griffen. Stattdessen erbauten sie sich Prunkhäuser, in denen sie sich verkrochen und sich vollfraßen oder vollsoffen. Den Hass der Bevölkerung von Rukongai hatten sie dabei immer fortwährend inne. Das sich nun jedoch eine Adlige um eine Bewohnerin von Rukongai kümmerte grenzte an ein Wunder und sorgte für kollektive Verwirrung – bei allen umstehenden Bewohnern und Saraya selbst. Mit ihren grünen Augen blickte sie neugierig und auch etwas unsicher all die ihr fremden Leute an. Sie wusste nicht, was sie von Alledem hier halten sollte. Das war nicht normal und wenn Etwas mal nicht so verlief, wie sie es gewohnt war verunsicherte sie das. Saraya merkte, dass sie dem Mann, der sie vor dem Sturz bewahrt hatte noch gar nicht auf seine Frage, ob sie aufstehen könne, geantwortet hatte. Die fremden Personen erwiderten ihre Blicke und sahen sie teilweise mit mitleidigen, besorgten aber auch merkwürdigen, schwer zu deutenden Blicken an. Die brünette Adlige beugte sich zu der ärmlich gekleideten Frau hinab und musterte sie interessiert und nachdenklich. Saraya merkte dies und erwiderte schweigend den Blick der Herrin. Die Herrin sah sie zögernd an und richtete dann ihr Wort an sie. "Du bist viel zu dünn.", stellte sie fest. "Und wage es ja nicht noch einmal, mir nicht in die Augen!", fügte sie zornig an. Ja, den Adeligen durfte man ja nicht in die Augen sehen, warum auch immer. Schweigend und betreten senkte die junge Frau den Blick und starrte zu Boden. Sie musste hier weg, schnellstens, also versuchte sie es, sich aufzurichten. Sanjo hielt sie jedoch fest. "Na na. Bleib hier. Wo willst du hin? Glaubst du ich lasse dich in diesem Zustand irgendwo hingehen? Vergiss es!", sagte er ernst und zeigte seinen Protest an. "Wohnst du hier in der Nähe? Wenn ja, lass mich dich nach Hause begleiten. Natürlich nur, wenn ihr das gestattet, Herrin.", wandte er sich dann an seine Herrin. Die smaragdgrünen Augen der Adligen blitzten urplötzlich wütend auf. Was bildete sich dieser Vollidiot von einem Diener eigentlich ein?! SIE, einzig und allein SIE hatte hier das Recht, Entscheidungen zu treffen. Wütend funkelte sie ihn an und erhob die Stimme: "Was bildest du dir eigentlich ein?! Was glaubst du, wer du bist? Für wen hältst du dich eigentlich?! Solch ein Verhalten dulde ich nicht!", schimpfte sie und machte eine wütende, verurteilende Handbewegung. "Ich, äh, ich wollte nicht-", setzte Sanjo an und neigte erneut sein Haupt, während die Herrin munter weiterschimpfte. "Nimm sie mit! Sie braucht einen Arzt und ich glaube kaum, dass es hier auch nur ansatzweise geeignete Leute gibt. Danach kannst du sie dann wieder nach Hause bringen!", befahl sie und wollte sich gerade umdrehen, als sie eine ihr unbekannte Stimme vernahm. "Das ist sehr nett von Euch, aber das geht schon! Ich kann schon nach Hause gehen.", meinte Saraya, was die Adelige erneut erzürnte. "Ich dulde keine Widerrede, auch nicht von einer Dirne wie du eine bist!", sagte sie beleidigend, was bei Saraya zu einem verwunderten, irritierten Blick führte. Die Frau beleidigte wohl gerne Andere. Aber sie konnte jetzt nicht weg von daheim – ihr Bruder würde sich sicherlich Sorgen um sie machen, wenn er sie nicht zu Hause antreffen würde. "Verzeiht mir meine Unhöflichkeit, aber ich habe einen kleinen Bruder, der in die Shin'ō-Akademie geht. Wenn er mich nicht zu Hause antrifft, wird er sich sicherlich Sorgen machen.", versuchte sie es erneut auf die höfliche Art. Ihre Stimme klang leise und etwas rau. Die Brünette sah sie zuerst vorwurfsvoll an, dann wurde ihr Blick weicher. "Nun gut. Wir werden Jemandem vor deinem Haus stationieren, welcher deinen Bruder abfangen soll und ihn zu uns bringen soll.", befahl sie und bedeutete Sanjo mit einer Handbewegung, sich zu erheben. Saraya nahm er einfach auf die Arme und trug sie durch die Straßen, ehe sie ihr Zuhause erreichten. Die Adlige bedeutete einem ihrer Diener, Reiko, dort vor der Türe auf den Bruder der dürren Frau zu warten. Reiko lauschte neugierig der Personenbeschreibung von Sarayas Bruder und versuchte sich all das Gehörte bestmöglich einzuprägen. Der Rest der Gruppe wandte sich nun zum Gehen um und schritt in Richtung Seireitei, Reiko blieb zurück und lehnte sich an die Hauswand. Der Lehrer brabbelte munter vor sich hin. Heute hätten sie schon um 13:30 Uhr Schluss, das war doch mal ein guter Anfang! Außerdem erklärte der Lehrer ihnen immernoch alle möglichen Dinge, schwafelte was das Zeug hielt und schaffte es letztendlich sogar, ein paar Schüler regelrecht einzuschläfern. Shin sah aus dem Fenster – das Fenster zeigte auf den Sportplatz, der sich draußen befand. Eine Gruppe Schüler rannten draußen auf den Bahnen entlang – es erweckte den Anschein, als müssten sie ein Wettrennen machen. Puh, auf so etwas hätte er jetzt ja überhaupt keine Lust und er war froh, dass er die Zuschauerrolle einnehmen konnte. Kondition hatte er zwar – so etwas brauchte man in Rukongai ja auch immer - doch freiwillig machte er keinen Sport. Hier wäre er nun jedoch dazu verpflichtet, solcherlei Dinge zu machen. Kurz seufzte er, während seine lilafarbenen Augen die Sportler draußen neugierig musterten. Ein Schüler ging ohnmächtig zu Boden – kein Wunder bei der Hitze. Sei sah neugierig zu seinem neuen Banknachbarn und musterte ihn interessiert. Schon die ganze Zeit starrte der Andere nach draußen und schien in seinen Gedanken vertieft zu sein. Da sie ziemlich weit hinten saßen konnten sie gut miteinander schwätzen und das tat Sei nun auch. Vorsichtig fasste er Shin an der Schulter, der kurz zusammenzuckte und den Anderen mit einem fragenden Blick ansah. Warum fasste er ihn an? "Ich, ich wollte dich nicht erschrecken! Tut mir sehr leid.", entschuldigte sich der Andere bei ihm. Shin nickte nur und wollte den Blick schon abwenden, als Sei weiter sprach: "Was siehst du die ganze Zeit hinaus? Ist da etwa etwas Besonders?", wollte er wissen. Sei war darauf erpicht, Shin in ein Gespräch zu verwickeln, das merkte Shin sofort. Aber warum eigentlich nicht. Klar, er wollte nicht unbedingt die größten Kontakte hier knüpfen aber es war doch nicht so schlecht wenn man Jemanden hätte, mit dem man sich einigermaßen gut verstand und mit dem man quatschen konnte. So würden die Schulstunden dann noch etwas schneller vergehen. "Nein, ein paar Schüler machen da draußen nur Sport und Einer von ihnen ist ohnmächtig geworden. Kein Wunder bei dieser Hitze.", antwortete er seinem Gegenüber und wandte seinen Blick nach vorne zu dem Lehrer, der nun ein Organigramm an die Tafel pinselte. "Oh, ja. Die Hitze ist echt drückend und da Sport machen… Ich hätte da keine Lust drauf. Ich mag Sport nicht so gerne und mache auch kaum Welchen. Und du? Wo kommst du eigentlich her? Ich komme aus dem 54. Bezirk, Heirio.", sagte der Blonde und sah mit seinen weißen Augen abwartend sein Gegenüber an, Welches ihm nun wieder seinen Blick zuwandte. "Nein, ich mag Sport auch nicht sonderlich.", gestand er und lächelte. "Ich komme aus Rukongai.", fügte er dann an – aus welchem Bezirk er genau kam hatte den Anderen nicht zu interessieren. Verwundert blickte Sei sein Gegenüber an. Warum teilte er ihm nicht mit, aus welchem Bezirk er kam? Traute er ihm etwa nicht über den Weg? Ach, irgendwann würde er es ihm schon verraten, da war er sich sicher. Langsam aber sicher wurde Shin müde. Daher legte er den Kopf auf den Tisch und schloss die Augen. "Hey, du kannst nicht schlafen! Das ist verboten!", protestierte Sei und sah ihn etwas entsetzt an. Was hatte der Andere nur für ein Problem? Er konnte schlafen wann, wo und wie lange er wollte. Regeln? Hausordnung? – Wen interessierte denn Sowas? Shin interessierte das Ganze jedenfalls herzlich wenig. Das war doch Alles völlig überbewertet und Sei übertrieb seiner Meinung nach. Die Gruppe passierte das Südtor, welches Rukongai von Seireitei trennte und ging gen Norden, nur um sich an der ersten Straßenkreuzung nach links zu wenden und eine Allee entlang zu schreiten. Die Atmosphäre war wunderschön hier und Alles wirkte gepflegt. Die Häuser waren keine alten, zerfallenen Baracken, sondern schöne, helle Anwesen, welche sogar aus Stein erbaut waren. Bewundernd blickte sich Saraya um. Solche Architektur hatte sie noch nie zuvor in echt gesehen. Damals wollten sie zwar mit ihrem Vater nach Seireitei gehen aber das sollte ja niemals geschehen… Nun holte sie dieses Vorhaben jedoch nach und prägte sich Alles genau ein. Sanjo trug sie noch immer – sie ließen sie irgendwie nicht selbst laufen, obwohl das ihrem Kreislauf sicherlich besser täte. Zu gerne wäre sie hier umhergelaufen und hätte sich Alles aus unmittelbarer Nähe angesehen und an dem ein oder anderen Punkt noch länger verharrt aber die Herrin gab ein schroffes Schritttempo vor, dem sie Alle folgen mussten. Sanjo ging relativ schnell, war er doch ein relativ großgewachsener Mann. Die Herrin merkte die Blicke von Saraya, die ihre Umgebung bewundernd musste und musste kurz schmunzeln. Ja, so Etwas gab es in Rukongai eben nicht. Wenn sie jedoch erst ihr Anwesen sehen würde, würde sie Bauklötze staunen. Die Herrin war unwahrscheinlich stolz auf ihr Anwesen, welches sie von ihren Eltern geerbt hatte und sogar noch verbessert und verschönert hatte. Die Gruppe erreichte letztendlich das große, weitreichende Grundstück. Saraya sah sich staunend um – wie konnte ein Haus nur so groß sein und der Garten erst! Der Garten war immens, gepflegt und sah wunderschön aus. Das Gras hatte eine satte, gesund wirkende grüne Farbe und sah unwahrscheinlich gepflegt aus. Zurechtgestutzte Sträucher zierten den Garten, Kirschbäume blühten, ja selbst einen Brunnen gab es! Das Haus sah phänomenal aus – es war im gotischen Stil erbaut worden und stellte viele andere, angrenzende Anwesen schlichtweg in den Schatten. Ja, solch einen Stil sah man hier kaum bis gar nicht. Die braunhaarige Herrin bedeutete einem Diener, die große, golden verzierte Türe zu öffnen, was dieser sofort tat. Dann trat sie ein. Stolz schritt sie voran, während ihr der Rest der Gruppe in die Eingangshalle folgte. Eine Treppe wand sich nach oben und der Boden war mit Marmor überzogen. Ihrer Aller Schritte hallten in dem großen Raum wieder. Die Eingangshalle war sauber, ordentlich und in schlichten Farben gehalten. Die Wand war mit einem hellen orangefarbenen Farbton gestrichen, welcher viel eher gelb als orange wirkte. Außerdem hing ein riesiges Porträt der Herrin an einer der Wände, welches alle Aufmerksamkeit auf sich zu richten schien. Das war auch so beabsichtigt – die Herrin wollte alle Aufmerksamkeit der hier Anwesenden. Sie wollte der Mittelpunkt sein, wollte, dass man sie bewunderte, vor ihr niederkniete und sie anpries. Doch das taten nur ihre Diener. "Schicke nach einem Arzt!", bat sie einen der Diener und bedeutete Sanjo, ihr in das geräumige Wohnzimmer zu folgen. Dort bedeutete sie Sanjo, die Fremde auf das dort befindliche Sofa zu legen, was er kurzerhand tat. Auch hier sah sich Saraya kurz um. Das Wohnzimmer war groß. Die Wände waren grün und mit Bordüren verziert. Die Möbel waren aus dunkelbraunem Holz und so poliert, dass sie glänzten. Auch in diesem Raum mangelte es nicht an Prunk und auch hier prangte ein großes Gemälde der Herrin an der Wand. Scheinbar sah sie sich relativ gerne oder wollte gerne gesehen werden. Nicht lange dauerte es, als der Arzt eintraf und sie zu untersuchen begann. Nicht sonderlich häufig hatte sie einen Arzt gesehen – in Rukongai konnte man nicht schnell mal einen Arzt konsultieren und ihr Geld reichte nie für einen Arzt aus. Auch in die Yonshibantai konnten sie nie einfach so gehen, weil sie niemals nach Seireitei kamen. Der Arzt tat sein Bestes und erstattete ihnen Allen dann Bericht: Sie sei unterernährt und müsse mehr zu sich nehmen. Außerdem ordnete er ihr etwas Bettruhe an – ihrer Meinung nach ein völlig sinnloser Befehl, aber was sollte es? Sie musste auf seine Worte hören… Die Zeit verging wie im Flug und endlich war die Schule aus. "Endlich raus hier!", sagte Sei und grinste ihn breit an. "Was hast du heute Nachmittag vor?", wollte er dann von Shin wissen. Was wollte er denn jetzt von ihm? Etwa was mit ihm unternehmen? Aber sie hatten sich doch gerade erst kennengelernt und Sei war seiner Ansicht nach merkwürdig. Lieber blieb er auf Distanz. "Ich habe heute Nachmittag schon Etwas vor.", sagte er. "Und was?", fragte Sei ihn interessiert und schien ihn mit seinen weißen Augen regelrecht zu durchleuchten. "Etwas Wichtiges eben.", gab er etwas knapp zurück. "Achso, na dann. Wann hast du das denn vor? Jetzt gleich? Aus welchem Bezirk kommst du noch mal? Du kannst auch mit zu mir zum Essen kommen, ich lade dich gerne zu mir nach Hause ein.", versuchte Sei sein Glück erneut. "Nein danke. Ich muss jetzt auch gehen.", sagte Shin, deutete eine Verbeugung an und verschwand schnell nach draußen. Draußen war es mittlerweile ziemlich gut heiß geworden. Die Sonne prallte regelrecht auf sein Haupt herab und er beeilte sich, schnellstmöglich nach Hause zu kommen. In dieser Hitze hielt es ja kein Shinigami aus und seine langen blonden Haare verstärkten sein Schwitzen zusätzlich. Während er den Heimweg antrat dachte er über seine neue Bekanntschaft nach. Scheinbar hatte Sei ein paar Probleme – ein normaler Mann hätte doch nicht so sehr darauf gedrängt, dass sie sich nach der Schule trafen. Scheinbar hatte er keine Freunde oder einfach einen Schaden, Irgendetwas schien ja nicht richtig mit ihm zu sein. Höchstwahrscheinlich spielte er Jedem seine Schüchternheit vor und war in echt irgendein totaler Vollidiot, der nur Blödsinn im Kopf hatte. Seine Gedanken brachten ihn kurz zum Schmunzeln und kurz darauf folgte ein Kopfschütteln. Was dachte er sich da eigentlich? So ein Schwachsinn aber auch! War doch schnurzpiepegal was mit diesem Sei war – jetzt war erstmal Schule aus und er konnte endlich wieder heim zu seiner Schwester. In der Hitze beeilte er sich, schnellstmöglich daheim anzukommen. Er freute sich schon regelrecht darauf, sich in die Kühle des Hauses zu verflüchtigen und sich vor der Hitze zu retten. Doch dem sollte scheinbar nicht so werden – ein ihm unbekannter Mann stand vor ihrer Haustür und versperrte ihm den Weg… Kapitel 7: Changes and Decisions -------------------------------- Träume sind ein besonderes Phänomen. Sie bedeuten Phantasie, können wunderbar sein und uns bereichern. Sie können Einen Dinge tun lassen, die man so nie tun würde, können Wünsche in Erfüllung gehen lassen und Jemanden das Unmögliche möglich machen lassen. Sie können Einem den Traumjob, Traummann oder die Traumfrau bescheren, Einem eine glückliche Familie oder schöne Hochzeit schenken und viele schöne Dinge erleben lassen. Sie können Einem im ersten Moment Alles geben und im nächsten Alles nehmen… Niemand wusste in diesem einen bestimmten Moment was passieren würde, konnte man doch die Zukunft nicht vorhersagen. Doch dieser eine Moment löste Etwas aus, Mehreres um genau zu sein. Wie zwei Seiten einer Medaille warf dieses Ereignis seine Schatten auf die Beteiligten und führte zu den verschiedensten Konsequenzen. Einerseits führte er Freude und Wohlbefinden herbei, andererseits führte er zu Verlust und Leid. Schweigend lag die blonde Frau auf dem Sofa und blickte gedankenversunken an die Decke. Der Arzt hatte seinen Job getan, ihr alle wichtigen Informationen an die Hand gegeben und war letztendlich auf direktem Wege verschwunden – mit Gesinde hatte er es normalerweise eigentlich Nichts zu tun und sie hatte das Gefühl, dass er etwas damit überfordert war, mal eine nicht adlige Person untersuchen zu müssen. Sie hatte es an seinen Blicken und den wenigen, raren Berührungen gemerkt. Immer hatte er versucht, es herunterzuspielen - jedoch vergebens. Saraya hatte eine gute Menschenkenntnis und was den hageren Arzt betraf konnte sie diese Fähigkeiten mal wieder unter Beweis stellen. Sich entfernende Schritte waren zu hören, darauf folgte ein lauter Knall, als sich die schwere Holztüre hinter dem Arzt schloss und Stille im Haus einkehrte. Die Adlige stand am Fenster und sah hinaus. Die Sonne schien nicht direkt durch das große Fenster, zeigte dieses doch auf die Nordseite hinaus. Trotzdem konnte man die sanften Gesichtszüge der hübschen und noblen Frau durch den etwas dämmrig wirkenden Schein des Tageslicht ausmachen, ihre feine Haut und die smaragdgrünen Augen, die nachdenklich einen weit entfernt liegenden Punkt zu fixieren schienen. Sie war eine Schönheit, zweifellos. Kein Wunder, dass sie hier in diesem Haus der Mittelpunkt sein wollte – wer sonst, wenn nicht sie? Bewundernd fixierten die grünen Augen der ärmeren Frau die Noble und musterten diese von Kopf bis Fuß. Scheinbar schienen ihre Blicke die Adlige aus ihren Gedankengängen zu reißen, sah sie doch zu Saraya und stolzierte nun auf diese zu. "Ich weiß gar nicht, wie ich Euch… danken soll, Euer Ehren…", fing Saraya stotternd zu reden an, als sie eine Handbewegung der Anderen ausmachte, die sie sofort verstummen ließ. Die Andere bedeutete ihr zu schweigen und musterte die Blonde schweigend. Sie war dünn, groß und – mal abgesehen von ihrer zerschlissenen, ärmlichen Kleidung – relativ hübsch. Manieren schien sie auch einigermaßen gut zu besitzen: solche Leute suchte sie. Sie suchte derzeit fieberhaft nach einem Ersatz für eine verzogene Hausdienerin. Ob die junge Frau diesem Angebot wohl zustimmen würde? Immernoch schwieg sie und dachte darüber nach, wie sie ihr das am Besten beibringen sollte und ob sie wirklich eine Frau aus Rukongai hier einstellen konnte. So etwas war hier nämlich ein Tabu, wollte man sich mit dem Gesinde und den armen Leuten aus Rukongai doch nicht abgeben. Es war jedoch auch Etwas, das zu großem Aufsehen führte, de facto war es ein Anreiz für die junge Adlige, neue Wege einzuschlagen und Saraya einzustellen – feuern könnte sie die Frau bei nicht vorhandener Eignung und Neigung Allemal. "Du kannst es wiedergutmachen. Oh ja, das kannst du allerdings~", sagte sie in einem schönen, warmen Singsang und setzte sich in einen Sessel, welcher neben dem Sofa stand. Lächelnd sah sie auf die blonde Frau hinab und spielte mit einer Haarsträhne. "Werde meine Dienerin.", waren ihre nächsten Worte, die die Andere sichtlich trafen – ob sie sie nun positiv oder negativ stimmten konnte die Adlige jedoch nicht richtig deuten. Wer war der fremde Mann? Was wollte er? Vorsichtig ging Shin auf den ihm Unbekannten zu und musterte ihn konzentriert. Er war zwar großgewachsen, jedoch immernoch kleiner als Shin und hatte kurzes, hellblondes Haar sowie blaue, kalte Augen, die Shin geradezu zu durchdringen schienen. Die Augen des Fremden schienen in Shins Innerstes einzudringen – die des Fremden Blicke waren ihm unangenehm und drängend, fast schon fordernd. Suchten sie nach einer Waffe, nach einem Indiz, was Gefahr bedeuten würde? Malten sie sich aus, was für eine Person Shin war, ob er ihm gefährlich würde oder ihn sofort angreifen würde? Er wusste nicht, was dieser Unbekannte sich gerade dachte doch Eines war sicher – Irgendetwas stimmte hier nicht. War etwas Schlimmes passiert? Wo war seine Schwester und warum um Alles in der Welt stand dieser Mann hier vor der Tür ihres gemeinsamen Hauses? Stille kehrte zwischen den Beiden ein. Schweigend standen sich die beiden großen Männer gegenüber und beobachteten sich, stierten sich geradezu an, ehe Shin das Schweigen brach. "Wer bist du und was willst du?", fragte er etwas unhöflich doch ihm war es egal, wie er auf den Anderen wirkte und ob sich dieser irgendwo angegriffen fühlte. Reiko fühlte sich tatsächlich angegriffen und funkelte den unhöflichen Mann finster an. "Los, komm mit mir, du Dorftrottel. Ist ein Befehl! Es geht um deine Schwester!", fuhr er Shin knapp an, war er doch ein Mann weniger Worte. Kurz und knapp beschränkte er sich nahezu immer auf das Wesentliche und sprach nie mehr, als wirklich notwendig war. Stimmte das? Ging es dem Fremden wirklich um seine Schwester? Woher sollte er wissen, dass der Andere ihn nicht anlog. Fürs Erste tat Shin so, als ob er dem Anderen kein Wort glauben würde. Kurz seufzte Shin und versuchte, an dem Anderen vorbei in Haus zu gehen. Dieser versperrte ihm den Weg nun jedoch und streckte abwehrend einen Arm aus, ein stillschweigendes, dennoch schlüssiges und bestimmtes Zeichen. So, der Fremde beharrte also darauf, dass Shin nicht an ihm vorbeigehen würde? Nicht mit ihm. Der kurzhaarige Blonde war etwas kleiner als Shin und diesen Größenunterschied nutzte Shin nun auch aus. Bedrohlich nahe kam er dem Anderen, sah auf diesen hinab und drängte ihn etwas zurück. Der Andere sah ihn fragend an, wich dann jedoch zurück – schien ja zu fruchten. Shins Plan ging auf und er ging nach innen ins Haus. Dort legte er seine wenigen Sachen ab und trank kurz Etwas. Der Fremde folgte ihm nun auch noch ins Hausinnere und folgte ihm auf Schritt und Tritt, wovon Shin nicht sonderlich begeistert war. "Was willst du?", fragte er Reiko erneut, welcher ihn neugierig musterte. Die Antwort von Reiko kam prompt und fiel natürlich wieder knapp aus: "Deine Schwester ist bei unserer Meisterin in Seireitei. Du musst mitkommen, wenn du sie sehen willst! Hier hast du einen Beweis!", antwortete er und schloss eine Widerrede damit aus, während er Shin die graue Jacke, die Saraya am heutigen Morgen getragen hatte, vor die Füße warf. Die Worte, die Shin auf der Zunge lagen und die er ihm jetzt am Liebsten an den Kopf geworfen hätte blieben ihm im Halse stecken und wichen einem schweigenden Nicken, was den Anderen dazu animierte, das Haus zu verlassen und Shin zu bedeuten, ihm zu folgen und sich sofort auf den Weg nach Seireitei zu begeben. Sie sollte hier in diesem noblen Haus eine Dienerin der wunderschönen Adligen werden? Was gab es Besseres! Etwas verdutzt richtete sie sich auf und setzte sich auf das Sofa, sodass sie der Herrin nun gegenüber saß. Mit derartigen Worten hatte sie nicht gerechnet. Sprachlos starrte sie der adligen Frau entgegen und wusste nicht, was sie sagen sollte, war nun doch eine Wendung herbeigewirkt worden, die sie nie vorauszusehen vermochte. Zu gerne würde sie die Gelegenheit beim Schopf packen und diese Chance nutzen. Sollte sie es wagen oder es lieber dabei belassen, in ärmlichen Verhältnissen weiter zu leben? Dieser Job barg immense Chancen und würde ihr so viel ermöglichen. Fragen über Fragen und keinerlei Antworten. Saraya war unsicher, ziemlich unsicher, um genau zu sein. Wäre sie diesem Job hier gewachsen? Würde sie den Anforderungen der noblen Frau gerecht werden können? Könnte sie ihre Erwartungen erfüllen und vielleicht sogar übertreffen oder würde sie Alles vermasseln? Schweigend starrte sie vor sich hin, zu einem weit entfernten Punkt, den wohl nur sie zu sehen vermochte. Beinahe erweckte es den Anschein, dass sie durch die Hauswand hinaussehen könne. Viele Gedanken und Eindrücke strömten auf sie ein und sie wusste wirklich nicht, was sie tun sollte – sie war schlicht und ergreifend ratlos. Gerne hätte sie jetzt Jemanden an ihrer Seite, der ihr diese Entscheidung abnahm und ihr sagte, was richtig und was falsch wäre, Jemand, der sie an die Hand nahm und ihr den Weg wies. Doch das hatte sie nicht und würde sie wohl auch nicht bekommen. Zu schön wäre es gewesen. Wie dem auch sei, sie musste sich entscheiden – jetzt oder nie. Gerade wollte sie das Wort "Ja" in den Mund nehmen, als ihre Gedanken zu ihrem Bruder überkehrten. Sie konnte ihn schlecht im Stich lassen. Natürlich ging auch er seinen eigenen Weg und irgendwann würden sie wohl getrennte Wege gehen aber musste das jetzt schon sein? Sie seufzte kurz und blickte betreten zu Boden. "Verzeiht Herrin, doch ich denke nicht, dass ich dieses Angebot annehmen kann.", begann sie zu sprechen, ehe die Herrin sie unterbrach. "Das war kein Angebot.", kamen die prompte Antwort und der unterschwellige Befehl zurück. Sie musste kontern, anders ging das Alles nicht. "Versteht mich nicht falsch, aber ich habe einen jüngeren Bruder, den ich schlecht alleine leben lassen kann.", erwiderte sie nun, was die Herrin wütend werden ließ. "Das ist nicht meine Sache. Du arbeitest hier, sonst kannst du dich auf Etwas gefasst machen!", drohte die Brünette, erhob sich und stolzierte langsam davon. Das konnte jetzt doch echt nicht wahr sein! Das war eine Anordnung, die keinerlei Widerrede zuließ. Saraya erschreckte das und erneut kam ihr ihr Bruder in den Sinn. Shin wirkte in letzter Zeit ziemlich ausgeglichen und normal auf sie, was ihr gefiel und sie beruhigte, hatte sie doch Angst, dass er die grausame Vergangenheit niemals überwinden würde. Doch wie würde es ihm ergehen, wenn er völlig auf sich allein gestellt war? Wäre er dann immer noch glücklich und zufrieden? Könnte er dann immer noch lachen oder würden ihn der Schmerz überkommen und die Trauer irgendwann zu Fall bringen und verschlingen. "Versteht mich nicht falsch, Euer Ehren, aber unsere Eltern sind damals auf grausame Art und Weise umgekommen. Ich habe Angst, dass mein Bruder ohne mich nicht zurecht kommt und sein Leben alleine nicht auf die Reihe bekommt, daher-", versuchte es Saraya erneut, hielt Mittens im Satz jedoch inne. Warum ging sie so offen mit diesem sensiblen Thema um? Warum hielt sie es der Herrin vor? Sie wusste es nicht und wusste auch nicht, was in sie gefahren war, dass sie der Herrin so Etwas anvertraute. Für einen kurzen Augenblick veränderte sich der sonst so kalte Blick der Adligen, wich etwas völlig Neuem, jedoch schwer zu Deutenden. Drückte er etwa Mitleid aus oder Ärger? Wohl eher drückte er Ersteres aus, doch die Herrin ließ sich das nicht anmerken und blieb fürs Erst mit dem Rücken zu ihren Gefolgsleuten stehen. Nun war es an der Herrin, zu Seufzen und sich zu Saraya umzudrehen. "Du kannst ihn sehen, wenn du willst. Jedoch wirst du hier wohnen. Wenn ihr euch sehen wollt hat er hierher zu kommen, verstanden?", wies sie an an und Saraya wusste, dass dies das letzte Entgegenkommen der Herrin war. "Ja, Meisterin.", sagte sie und neigte ihr Haupt, was die Andere zu befriedigen schien. Schweigend aber mit einem befriedigten Blick drehte sich die noble Frau nun wieder um und verließ das Zimmer. Zurück blieben Saraya, Sanjo und noch eine weitere Dienerin. "Na dann willkommen im Team!", sagte Diego, lächelte breit und hielt ihr seine große Hand hin. "Ich bin Sanjo, freut mich dich kennen zu lernen!", waren seine freundlichen Worte, denen ein warmes Lächeln folgte. "Ich bin Saraya, freut mich ebenfalls.", sagte sie und erwiderte das Lächeln. Die andere Dienerin gesellte sich nun ebenfalls zu ihnen und stellte sich ihr als Araika vor. Die Drei tauschten ein paar Worte aus, ehe Schritte und Stimmen vom Eingangsbereich her zu vernehmen waren. Neugierig musterten die lilafarbenen Augen des großen Mannes seine Umgebung. Alles in dem etwas nobleren Viertel von Seireitei war geschniegelt und gestriegelt und wirkte wunderbar und faszinierend zugleich. Irgendwo erschien ihm das hier Alles wie ein Traum, zumindest machte es den Anschein. Solch saftige grüne Wiesen sah man in Rukongai nicht, ebenso wenig diese tolle Architektur. Bewundernd sah er sich um, während er seinem Begleiter auf Schritt und Tritt folgte. Was hatte Saraya denn in solch einer Gegend zu suchen? Er wusste es nicht doch würde er es schon bald erfahren. Nicht lange dauerte es, ehe sie ihr Ziel – ein sehr großes, schönes Haus erreichten. Der Garten und das Grundstück waren gepflegt und verliehen dem Anwesen ein noch nobleres Aussehen. Alles deutete darauf hin, dass hier jemand Adliges oder eine sehr reiche Person lebte. Staunend betrat Shin nun auf Befehl des Anderen das Innere des Hauses, was noch viel prunkvoller wirkte. Alles hatte hier seine Ordnung und der Luxus war unübersehbar. War das hier ein schlechter Scherz? Wo sollte hier denn seine Schwester sein? Gerade wollte er seinen Begleiter fragen, wobei ihn dieser jedoch nicht mal annähernd zu Wort kommen ließ. Anstelle zu antworten lief der Mann durch einen Gang in ein angrenzendes Zimmer, während er Shin zu verstehen gab, sich in dieses zu begeben und siehe da – seine Schwester war tatsächlich hier. Etwas sprachlos stand er da und musterte sie skeptisch und verwirrt. "Was… tust du hier?", fragte er sie neugierig. "Shin, ich muss dir da Etwas sagen.", begann sie zu sprechen, was ihn stutzig machte. Hatte sie ihm etwa Irgendetwas vorgetäuscht oder ihm etwas Wichtiges verschwiegen? "Was denn?", fragte er und sah skeptisch auf sie hinab. Saraya begann zu sprechen und erklärte ihm, was heute Alles vorgefallen war und wie sie hierher gekommen war. Am Blick ihres Bruders konnte sie erkennen, dass dieser das Alles für unmöglich hielt und anfangs gar nicht glauben konnte. Nach und nach erschloss sich ihm jedoch Alles. "Dies ist der Grund, warum ich jetzt hier arbeite. Ich meine hier habe ich eine tolle Zukunft und kann einem wunderbaren Beruf nachgehen. Aber die Herrin erlaubt, dass wir uns regelmäßig sehen!", berichtete sie ihm und erhob sich, um auf ihn zuzugehen. "Ist schon in Ordnung. Ich will ja auch, dass es dir gut geht und ich komme schon zurecht.", entgegnete er und umarmte sie. Die Herrin gesellte sich nun wieder zu ihnen und forderte nach einer guten halben Stunde Shin zum Gehen auf. Er verabschiedete sich von seiner Schwester und machte sich dann auf den Heimweg. Einen Wegbegleiter, den ihm die Herrin stellen wollte, lehnte er dankend ab. Er wollte allein sein. Nein, er musste allein sein, musste seine Gedanken ordnen und das Alles irgendwo verkraften. Gut, verkraften würde er es wohl nicht sonderlich leicht doch er hatte Saraya verloren und das schmerzte ihn. Auch wenn die Herrin ihnen regelmäßigen Kontakt zueinander gestattete würde Nichts mehr so werden, wie es einst gewesen war. Schweren Herzens ließ sie ihren Bruder gehen und war traurig, als er gehen musste. Es traf sie wie einen Stich ins Herz doch die Herrin ließ nicht zu, dass sie hier in Trauer verfiel. Sie sollte hier arbeiten, sich nützlich machen und am Besten schnellstmöglich mit der Arbeit beginnen! Um das zu können bekam Saraya allerhand Informationen, Anweisungen und ein eigenes Zimmer, in welches sie sich zurückziehen konnte, wenn sie mal frei hatte, was jedoch nicht so häufig vorkam, was sie in durch die verschiedensten Gespräche mit den verschiedenen Angestellten hier in Erfahrung gebracht hatte. Der späte Abend brach herein und sie zog sich letztendlich in ihr Zimmer zurück, welches ebenfalls prunkvoll eingerichtet war. Sie legte das einfache, dennoch samtene, türkisfarbene Kleid, welches sie bekommen hatte, ab und zog sich ein Nachthemd über, um sich dann ins Bett zu legen und aus dem Fenster zu sehen. Der Mond strahlte herein und warf seinen Schein auf ihr Bett. Schweigend lag sie da und hing ihren eigenen Gedanken, Sorgen und Ängsten nach. "Shin..", murmelte sie, ehe sich ihre Augen schlossen und sie tief und fest einschlief. Lange saß er am Esstisch in dem verlassenen Haus und starrte vor sich hin. Er wusste nicht, was er von Alledem halten sollte und wie er damit umgehen sollte, dass seine Schwester nicht mehr hier lebte. Kurz seufzte er und sah betreten zu Boden. War sein Leben sowieso schon ein Scherbenhaufen wurde dieser Zustand durch dieses Ereignis nun nur noch mehr verstärkt. Irgendwann brach die Abenddämmerung herein, langsam wurde es Nacht und letztendlich sogar richtig finster. Nur das Mondlicht, welches – wie in jener Nacht – durch das Küchenfenster drang, erhellte das kleine Zimmer. Erneut drangen die grausamen Erinnerungen wieder zu ihm durch und er schüttelte den Kopf, um sie zu vertreiben. Zu schön wäre es gewesen, wenn es etwas geholfen hätte doch dem war nicht so. Wie auch? Er sah seinen toten Vater und seine am Boden liegende Mutter vor seinen Augen, die er nun krampfhaft zusammenkniff. Mehrere Minuten vergingen, ehe er sich einigermaßen gefangen hatte und sich nach oben ins Bett begab. Lange lag er wach und dachte viel nach, ehe auch ihn der Schlaf übermannte. Wann er einschlief wusste er nicht. Es war ihm egal, wie so vieles Andere auch… In vielerlei Hinsicht treffen wir Entscheidungen: sei es, was wir heute tun möchten, mit wem wir uns verabreden oder welche Kleidung wir tragen – Entscheidungen sind alltäglich und gehören zum Leben. Sie sind zentraler Bestandteil unserer Existenz und es gibt keine Lebenslage, in denen man keine Entscheidungen treffen muss. Entscheidungen haben verschiedene Reichweiten, können uns verschieden treffen und uns verschieden beeinflussen. Sie können uns viele Dinge erleichtern und auch viele erschweren. Die junge Frau hatte keine Ahnung, was ihre Entscheidung bewirkte, dachte jedoch, dass es die richtige Entscheidung war. Auch wenn es keine allein von ihr ausgehende Entscheidung war war es doch eine Entscheidung, die Wirkung nach Außen zeigte und eine immense Veränderung herbeiführte. Welche Konsequenzen daraus folgen würden war ihr nicht bewusst, doch das würde es schon noch werden, noch früher als es ihr lieb war… Kapitel 8: Unverhofft kommt oft! -------------------------------- Ein lilafarbener Blitz zuckte, gleich darauf ertönte ein ohrenbetäubender Knall und man hatte das Gefühl, dass die Erde zu beben begann. Doch das störte den jungen blonden Mann nicht, welcher gerade im Freien stand und den Regen auf sich hinabplätschern ließ, während er seine Augen geschlossen hielt. Die großen Tropfen hämmerten auf die umliegenden Hausdächer, verfingen sich in den langen blonden Haaren des Mannes und suchten sich ihren Weg in seinen Ausschnitt. Die Gewitter in Rukongai wurden in letzter Zeit immer stärker und stärker, sehr häufig gab es Blitzeinschläge und viele Gebäude waren in letzter Zeit abgebrannt. Doch das Alles interessierte den Mann im Moment nicht - er hatte andere Probleme und Sorgen. Dass es gefährlich war, sich bei einem solch heftigen Gewitter nach draußen zu begeben war Shin egal, ziemlich egal sogar: er hatte doch Nichts zu verlieren. Nun gut, so voll und ganz stimmte das jetzt auch wieder nicht - er hatte etwas zu verlieren, Jemanden. Aber nein, er hatte diesen Jemand, seine Schwester, ja schon längst verloren. Wieso nur hatte sie dieses, mehr oder minder erzwungene, Jobangebot dieser eingebildeten Herrin aus Seireitei nur angenommen? Wieso hatte sie sich nicht mit Händen und Füßen dagegen gewehrt? Warum hatte sie sich nicht einfach dagegen auflehnen können, wie eine Furie um sich schlagen können und der unsympathischen Adligen die Hölle heiß machen können? War das so schwer? Kostete sie das solch starke Überwindung? Sie hätte auf ihn zählen können! Als ihr Bruder würde er Alles für sie tun, hätte sogar einen Aufstand für sie gemacht und hätte Saraya aus den Fängen der Adligen befreit. Aber sie wollte es nicht. Sie wollte seine Hilfe nicht, wollte dort bleiben und ihr Glück als Hausdame versuchen. Warum nur? Warum? Warum gab sie ihr altes Leben auf und ließ ihn alleine? Warum ließ sie ihn im Stich, ließ ihn hängen und einfach sitzen? Er wusste es nicht. Klar hatte er ihr versichert, dass er es ok fand, dass sie ihr eigenes Leben lebte und ihre Träume verwirklichte. Klar hatte er ihr weis gemacht, dass er alleine klar kam, dass es ihm gut ginge und er sein Leben alleine auf die Reihe bekam aber von wegen! Einen Dreck konnte er! Es ging ihm beschissen, schlecht und er fühlte sich mehr tot als lebendig, innerlich tot. Sein Leben war die Hölle für ihn und nur seine Schwester half ihm, die Last seines Lebens einigermaßen gut schultern zu können. Doch nun war sie weg und er war alleine. Alleine und verlassen. Nur er, seine schlimmen Gefühle und seine Einsamkeit. Vor 4 Tagen hatte er seine Schwester das letzte Mal besucht, hatte sie zur Rede gestellt und gefragt, warum sie diesem Job nachging, welchen sie nun verrichtete, warum sie sich für ein Leben ohne ihn entschieden hatte und warum sie sich nicht gegen den Befehl der Adligen gewehrt hatte. Saraya, welche manchmal schon etwas stur sein konnte, fand die ganze Zeit irgendwelche anderen Argumente, die dafür sprachen, dass sie diesem Job nachging, wobei ihm seine Contra-Argumente langsam aber sicher ausgingen. Letztendlich führte das Abwägen von Für und Wider zu einem Streit der Geschwister, in welchem Beide unnachgiebig blieben und letztendlich verletzt und zerstritten auseinander gingen. Nun stand er hier im Regen - allein natürlich, verstand sich. Die Schule hatte er dezent geschwänzt - warum sollte er dort auch hingehen, hatte er die Schule doch nur seiner Schwester wegen besucht. Doch nun, da sie weg war konnte er getrost daheim bleiben und auf die Schule verzichten – ein Shinigami wollte er schon lange nicht mehr werden. Er wollte nicht so wie sein Vater werden, niemals und dazu zählte es auch, kein Shinigami zu werden. Sein Vater war ein verdammtes Arschloch gewesen. Shen war ein ziemlich egoistischer Mann, der nur seine eigenen Interessen im Kopf hatte und damit die Familie zu Fall brachte - SO wollte Shin niemals werden, da konnte er die Schule auch auf ewig schwänzen und seine Ausbildung hinschmeißen. Auf wundersame Weise schien es den Lehrern der Shin'ō-Akademie sowas von egal zu sein, wo er war und ob er sich nochmal dort blicken ließe, sehr ungewöhnlich für eine derartige Institution. Doch er irrte sich, ward man in der Akademie langsam aber sicher schon ziemlich wütend auf den neuen Schüler, welcher sich einfach nicht mehr blicken ließ und dem Unterricht unentschuldigt fernblieb. Der Lehrer, namentlich Ariku Hayaki genannt, schritt energischen Schrittes im Klassenzimmer vor der Tafel auf und ab und blickte hin und wieder erwartungsvoll und abwartend zu Uhr, während ihm die neugierigen Augenpaare seiner Schüler folgten. Doch das interessierte ihn gerade herzlich wenig. Die Schüler konnten ihm noch so aufmerksam und noch so eindringlich entgegenblicken – er würde ihnen nicht mitteilen, warum er so unruhig war. Das ging jetzt schon ca. 10 Minuten so, dass der Lehrer hin und her schritt und die Schüler ihn dabei musterten. Hie und da konnte man das Tuscheln einzelner Schüler vernehmen, bis auf den Regen, der draußen gegen die Scheibe prasselte und die Schritte des Lehrers war es jedoch mucksmäuschenstill. "Schreiben wir eine Ex in Aufbau- und Organisationslehre?", fragte ein Schüler seinen Banknachbarn mit flüsternder Stimme. "Na hoffentlich nicht, ich hab nämlich Nichts gelernt.", antwortete ihm sein Banknachbar und kramte schnell nach seinen Unterlagen für besagtes Fach, um sich innerhalb kürzester Zeit den letzten Hefteintrag näher zu bringen und sich ein paar Daten und Fakten zu merken, jedoch vergebens. Selbst sein Ultrakurzzeitgedächtnis konnte in dieser kurzen Zeit den Umfang des Gelernten und Niedergeschriebenen nicht mehr aufnehmen. Aufbau- und Organisationslehre war ein zentrales, wichtiges Fach in der Akademie, DAS zentrale Fach, wie es der Lehrer zu sagen pflegte, welches für die Zukunft der Schüler immens wichtig war. Es lehrte die Schüler viele verschiedene, immens wichtige Dinge für ihre Zukunft, wie z. B. den Aufbau der Gotei 13, den Aufbau der einzelnen Squads und auch, wie man Squads, Züge oder gar die gesamte Gotei organisieren konnte. Jeder, der einmal hoch hinaus wollte und ein Offizier, Fukutaichou oder gar ein richtiger Taichou werden wollte musste in diesem Fach extrem gute Klausuren haben, um später einmal eine glorreiche Karriere starten zu können. Die Schulglocke läutete und kündete den Start der allerersten Stunde des heutigen Mittwochs an. Ein Seufzen entfuhr Hayaki-Sensei, welcher nun auf der Stelle stehen blieb und neugierig die Schüler musterte, nur um sich daraufhin zum Pult zu begeben und sich einen Überblick über die Anwesenheiten und eben auch die, etwas zahlreichen, Abwesenheiten zu verschaffen. Nach und nach ging er die Liste durch. "Aijka, Sei?", fragte er. "Ist Aijka Sei hier?", kam erneut die Frage, jedoch folgte keine Antwort – der fehlte also auch noch. Kurz grummelte der Lehrer und ging die Liste weiter durch, wobei ihm immer mehr bewusst wurde, dass heute sage und schreibe 10 Schüler komplett fehlten. Bei einer Klasse von ca. 30 Mann war das ein gutes Drittel und der Sensei fragte sich, was sich die Schüler eigentlich einbildeten. Der Atem des jungen Mannes ging beschleunigt, während er keuchend in Richtung des Klassenraumes eilte. Draußen gewitterte es heftig und Blitze zuckten, wobei sie den dämmrigen Gang, über den er gerade rannte, erhellten und ihm seinen Weg etwas auswiesen - ein ziemlich gruselig wirkendes Szenario. Der Mann rannte weiter, während die Blitze weiterhin munter zuckten und weitere Donnerschläge ertönten. Besonders klein war der Mann nicht, daher wirkte sein Schatten, welchen die Blitze für kurze Zeit auf den Gang und die dahinter befindliche Wand warfen, ziemlich bedrohlich. Seine Schritte hallten auf dem gefliesten Boden wider, während endlich sein Ziel in Sicht kam. Kurz hielt er vor der Klassenzimmertür inne, rang nach Atem und klopfte dann an, nur um kurz darauf ein ziemlich schroffes 'Herein' des Lehrers zu vernehmen. Scheinbar war der Lehrer heute wohl nicht sonderlich gut drauf - kein Wunder bei einer unruhigen Klasse und gleich sage und schreibe 10 Abwesenheiten. "Entschuldigen Sie bitte meine Verspätung Hayaki-Sensei, aber ich habe verschlafen.", sagte er entschuldigend mit schüchterner, leiser Stimme und sah betreten zu Boden. "Ja, ist schon in Ordnung. Setz dich hin. Aijka, Sei, oder?", fragte er dann und sah seinen Schüler erwartungsvoll an, während er auf dessen Platz in der hintersten Reihe deutete. "Hai.", bejahte Sei, deutete eine Verbeugung an und nahm dann in der letzten Reihe Platz. Ganz alleine saß er nun dort auf seinem Platz und stellte fest, dass sein Mitschüler und Banknachbar Shin wohl auch heute nicht zum Unterricht erscheinen würde. Das ging jetzt schon eine ganze Woche so, dass sich der große Blonde hier nicht mehr blicken ließ. Die Lehrer waren dementsprechend genervt von ihm und schlecht auf ihn zu sprechen. Heute jedoch war es ausnahmsweise mal nicht nur Shin, der alleine abwesend war – jede Menge Schüler fehlten heute. Sei fragte sich, ob sie wirklich alle krank waren oder nur meinten, dass sie heute eine Extemporale schreiben würden und daher schwänzten. Gedankenverloren saß er da und blickte auf die Tischplatte, während der Unterricht begann und seinen Lauf nahm. Hayaki-Sensei pinselte mehrere Organigramme und viel Schrieb an die Tafel, als es auf einmal an der Türe klopfte, der stellvertretende Schulleiter Kōki Raziko das Klassenzimmer betrat und damit die Neugier der ganzen Klasse auf sich lenkte. "Ohayo!", grüßte er Alle freundlich und ging auf seinen Lehrerkollegen zu. "Kann ich bitte mal die Abwesenheitsliste sehen?", fragte er seinen Kollegen, welcher nicht lange zögerte und die Liste hervorkramte, nur um sie gleich darauf seinem Kollegen auszuhändigen. Dankbar nahm dieser nun die Liste entgegen und las darin, bis er auf einen Namen stieß. Nah trat er nun an seinen Kollegen heran und begann zu flüstern: "Dieser Ariwi Shin ist schon wieder nicht anwesend. Er fehlt jetzt schon eine ganze Schulwoche UNENTSCHULDIGT. Wissen sie Näheres zu seiner Abwesenheit?", fragte der stellvertretende Schulleiter seinen Kollegen flüsternd. "Nein, tut mir leid. Mir ist Nichts bekannt, Raziko-Sama", meinte dieser nun entschuldigend und verbeugte sich vor seinem Kollegen. Das Geflüster der beiden Lehrer sorgte für aufmerksames Lauschen bei den Schülern – nicht mal im Unterricht hörten sie so aufmerksam zu, wie sie es jetzt taten, wollte doch Jeder wissen, was hier vonstatten ging. "Nun gut, dann werde ich dem Schüler wohl mal einen Besuch abstatten müssen.", stellte der Andere nun fest und fuhr sich durch sein kurzes, wuscheliges braunes Haar. "Danke trotzdem.", waren seine Worte, während er das Klassenzimmer wieder verließ und sich mit einem kurzen 'Sayonara' von Allen verabschiedete, ehe er die Türe hinter sich schloss. Der große, hagere Braunhaarige machte sich nun daran, in seinem Büro die Adresse des abwesenden Schülers ausfindig zu machen. So, er wohnte also im 79, Bezirk von Rukongai, dem vorletzten Bezirk des Rukon-Distriktes? Egal. Er würde ihn schon finden. Wenn die Schüler sich nicht meldeten, würde ihnen der Konrektor eben einen Besuch abstatten, zumindest in schwerwiegenden oder unglaubwürdigen Fällen. Schnell zog er sich seinen Mantel über und machte sich auf den Weg. Der Schüler würde jetzt schon sehen, was er davon hatte, eine ganze Ewigkeit unentschuldigt zu fehlen! Langsam öffneten sich die Augen des blonden Mannes wieder, während er seinen Blick zum Himmel emporrichtete. Der Himmel war dunkelgrau, ging fast schon ins Schwarze über und wurde hin und wieder von lilafarbenen Blitzen erhellt – ein wahrhaftig schöner Anblick. Der Regen prasselte noch immer auf die Erde hernieder und auch der Sturm ließ kein Bisschen nach – das Gewitter schien unnachgiebig zu sein. Schweigend wandte Shin seine lilafarbenen Augen von dem völlig verdunkelten Himmel ab, um neugierig seine Umgebung zu mustern. Die Straße, auf der er stand, war fast vollends verlassen. Keine Seele wollte sich bei diesem Wetter hier draußen aufhalten, trotzdem sah er hin und wieder die ein oder andere Person, die sich schnellstens daran machte, sich ins Trockene zu retten - völlig verständlich. Kurz seufzte Shin und ging dann ebenfalls nach innen, um sich neue Kleidung anzuziehen, war seine Schuluniform doch schon völlig durchnässt. Kurz öffnete er die Türe, ging nach innen und schloss sie gleich darauf wieder, ehe er sich auf direktem Wege in sein Zimmer begab. Allzu große Auswahl an Kleidung hatte er nicht, daher wählte er einen blauen Yukata aus, den er sich anzog und mit einem schwarzen Obi zusammenband. Dann legte er sich in sein Bett und schloss die Augen – er war ziemlich müde und erledigt und es dauerte nicht lange, ehe ihm die Augen zufielen und er in einen tiefen, erholsamen Schlaf fiel. Der Konrektor lief durch die Straßen, die nun von Pfützen und Matsch übersät waren und sah sich aufmerksam um. Dieser Bezirk von Rukongai war nicht sonderlich ansprechend, er war hässlich und die Armut der Bevölkerung war deutlich zu sehen. Alte, kleine Baracken dienten den Leuten hier als Häuser – so könnte er niemals leben und so wollte er auch niemals leben, war er doch nur seinen Wohlstand in der Seireitei gewohnt. Neugierige Blicke folgten dem Lehrer, welcher nun sein Ziel erreichte, jedoch nicht wusste, wo genau der vermisst geglaubte Schüler lebte. Zum Glück sah er einen knochigen, dürren Mann, welcher gerade damit beschäftigt war, die Verwüstungen des Gewitters auf seinem Grundstück zu beseitigen. "Hallo, entschuldigen Sie bitte die Störung. Kennen Sie einen Shin Ariwi?", fragte der stellvertretende Schulleiter nun sein Gegenüber, welches kurz etwas zusammenzuckte und den Neuankömmling neugierig musterte. Scheinbar stammte diese Person aus Seireitei, war sie doch schön und nobel gekleidet und trug keinen löchrigen, zerschlissenen Yukata, so wie er es tat. Der Lehrer hatte echt noch mal Glück, war der Mann, dem er gegenüberstand doch tatsächlich der Nachbar von Shin. "Meinen Sie den großen, blonden Jungen namens Shin? Der wohnt gleich in dem Haus neben uns.", antwortete er mit rauer Stimme, während er auf das Haus zeigte, in dem Shin zu leben schien. "Ja genau den meine ich! Haben Sie vielmals Dank!", sagte Kōki und verbeugte sich zum Zeichen seiner Anerkennung, ehe er eine Haustür weiterging und dort anklopfte. Dass gerade Jemand an seine Haustüre klopfte merkte Shin nicht, schlief er doch tief und fest. Warum öffnete sein Schüler die Haustüre nicht? War Shin etwa nicht daheim? Das wäre schlecht, ziemlich schlecht sogar. Jetzt war er schon den ganzen weiten Weg hierher gegangen und nun war der Schüler nicht daheim? Das war echt schlecht! Doch dem war nicht so, schlief Shin doch in seinem Bett und merkte von all dem Trubel erstmal Nichts. Nur als der Lehrer auch noch zu rufen begann und etwas energischer an der Tür des Schülers klopfte erwachte dieser langsam. Grummelnd erwachte Shin und beschwerte sich darüber, wer solch einen Lärm an seiner Haustüre veranstaltete, ehe er die Worte der ihm fremden Stimme vernahm. "Shin, ich bin es, dein Konrektor, Raziko-Sensei! Komm sofort hierher und mach verdammt noch mal die Tür auf!", forderte der Lehrer nun lautstark und genervt, ehe der junge blonde Mann widerwillig nach unten ging und verschlafen die Türe öffnete. Seine langen blonden Haare waren halbtrocken und verliehen dem Jungen ein kränkliches, fertiges Aussehen. "Bist du krank oder warum kommst du schon seit einer Woche nicht mehr in die Schule?", fragte der Konrektor sofort, ohne ihn auch nur ansatzweise zu grüßen und schob Shin zur Seite, um einfach nach innen zu gehen, was bei diesem zu einem irritierten Blick führte. Fragen konnte man heutzutage wohl auch nicht mehr, ob man reinkommen durfte, oder? - Welch ein typisches Verhalten für die Leute aus Seireitei, dachten sie doch, sich Alles leisten zu können. Von Anstand schien der Andere auch nicht sonderlich viel zu halten und Shin hoffte inbrünstig, dass er sich in Richtung Küche begab. Zu seinem Glück tat das der Andere nun auch. Wäre er nämlich geradeaus weitergegangen hätte die Gefahr bestanden, dass er eventuell die Gräber seiner Eltern zu Gesicht bekam. "Willst du deinem Lehrer etwa Nichts zu Trinken anbieten?", fragte Kōki etwas beleidigt, was bei Shin zu einem genervten Seufzen führte. Was wollte der Mann denn nur? Er nervte ihn und sollte wieder nach Seireitei in seine Akademie verschwinden, hier konnte er ihn nämlich nicht gebrauchen. Er wollte einfach nur seine Ruhe haben und da war ihm dieser Mann ein Dorn im Auge, der scheinbar nicht vor hatte, so schnell wieder nach Hause zu gehen. Sollte Shin sich jetzt krank stellen? Das wäre eine gute Ausrede und eine Erkältung konnte man sich bei einem solchen Wetter ja auch sehr leicht einfangen. Schweigend starrte er dem Lehrer entgegen und wusste nicht so recht, wie er sich jetzt genau verhalten sollte. Zu Trinken bot er ihm dennoch Nichts an, überlegte er doch, wie er sich genau verhalten sollte. Doch der Lehrer nahm ihm diese Entscheidung jetzt ab, indem er in der Mitte der Küche stehen blieb und Shin neugierig anstierte. "Sag mal, du bist doch nicht wirklich krank, oder? Warum um Alles in der Welt bleibst du so lange zu Hause, ohne dich in der Schule abzumelden?", fragte der Lehrer ihn und sah ihn nun abwartend an. "Wie soll ich mich denn bitte abmelden. Es ist ja auch nicht so, dass Kusajishi nur ein paar Kilometer von Seireitei entfernt ist. Ich habe mich extrem erkältet und konnte auch nicht aufstehen, um mich bei ihnen zu entschuldigen, daher bin ich einfach hier geblieben und hab mich ausgeruht.", log Shin, was jedoch ziemlich authentisch klang. Schauspielern und Leuten Etwas vormachen konnte er sehr gut, das stellte er nun mal wieder unter Beweis. Hoffentlich glaubte ihm das der Lehrer auch und fraß ihm aus der Hand – das wäre einfach perfekt und wünschenswert. "Na gut, das kann ich verstehen. Aber hast du keine Familie oder Jemanden, der dich bei uns krankmelden kann?", fragte der Lehrer dann. "Nein, hab ich nicht.", entgegnete der große Blonde seinem Gegenüber kühl und in einer Stimmlage, die diesem signalisierte, dass ein weiteres Nachhaken nicht mehr geduldet und erwünscht war. Der Lehrer nickte nur und seufzte kurz, ehe er sich in der kleinen Küche umsah. Scheinbar wohnte der Junge hier wirklich alleine, vernahm er doch keinerlei Geräusche, auch hingen keine Familienbilder oder Derartiges an der Wand, die anzeigten, dass hier noch andere Personen lebten, die jetzt vielleicht auf der Arbeit wären. Doch an Sowas konnte man sich hier nicht festmachen, war dies doch der zweitärmste Bezirk in ganz Rukongai. Hätte er die beiden Gräber im Garten gesehen, so hätte er gleich gewusst, was Sache war, doch die sah er ja nicht. Klar sahen sie nicht mehr wie Gräber aus, sprichwörtlich war – erstaunlicherweise nur an eben diesen beiden Stellen – Gras darüber gewachsen, was mehr als nur merkwürdig aussah und leicht Aufsehen erregen konnte. "Bis wann glaubst du, wieder in die Schule kommen zu können?", wollte der Lehrer nun wissen. Glaubte er Shin etwa? Scheinbar schon. Hm, das war eine gute Frage. Eigentlich wollte er ja gar nicht mehr in die Schule kommen und Alles hinschmeißen, doch das war sicherlich nicht das, was sein Gegenüber jetzt von ihm hören wollte. Stattdessen musste Shin eine realistische Antwort geben – aber welche? Morgen käme er ganz bestimmt nicht. Gut, übermorgen wäre eh Freitag, de facto könnte er sich gleich ein verlängertes Wochenende machen und das würde er auch tun. "Nun ja, ich fühle mich noch etwas erschöpft und würde mich gerne noch etwas erholen. Ist es in Ordnung, wenn ich am Montag wieder zur Schule komme?", wollte Shin nun vom Konrektor wissen, der ihn etwas zaghaft musterte. Analysierte er etwa gerade, ob er auch wirklich so krank war, wie er sich stellte? "Ist in Ordnung, aber wehe dir, du erscheinst dann nicht in der Schule mein Freund! Dann setzt es was, das kannst du mir aber glauben!", drohte der Lehrer und trat näher an den Schüler heran. "Wenn ich noch einmal hören sollte, dass du unentschuldigt fehlst, ich sage es dir, dann wird das für dich ein gewaltiges Nachspiel haben. Vielleicht solltest du dir überlegen, in ein Wohnheim für Schüler in Seireitei zu ziehen – das wäre wohl für beide Seiten das Beste.", schlug der stellvertretende Schulleiter vor, ehe er an Shin vorbeiging, sich von diesem knapp verabschiedete, die Haustüre öffnete und durch diese dann verschwand. Wenn er sich jetzt am Montag einfach nicht blicken ließe, welche Konsequenzen würde das dann wohl für ihn haben? Würden sie ihn dann aus der Schule werfen? Damit konnte er leben und er überlegte sich, ob er es riskieren sollte. Nein, wohl eher nicht. Ein Shinigami, der seinen Job einfach kündigte und aus der Gotei austrat wurde schon hart bestraft, wie würde man dann einen angehenden Shinigami strafen? Auch seine Schwester kam ihm wieder in den Sinn. Klar hatten sie sich ziemlich heftig gestritten, wenn nicht sogar zerstritten, aber trotzdem war es immer ihr Wunsch gewesen, dass er zur Shin'ō-Akademie ging und dort zu einem Shinigami wurde. Sein Wunsch war es immer, dass es seiner Schwester gut ginge und wenn er sich seiner Ausbildung widmen würde und die Akademie absolvieren würde, dann wäre seine Schwester bestimmt stolz auf ihn. Kurz seufzte er und lehnte sich an die Küchenwand. Er würde es tun, er müsste es tun. Er war es Saraya schuldig, auch wenn sie sich noch so arg gestritten hatten. Und so fasste Shin einen Entschluss: er würde er seine Ausbildung doch fortsetzen, würde sich anstrengen, seine Schwester stolz machen und ihr zeigen, dass er es ernst meinte. Ja, ganz genau! Er würde schlussendlich ein Shinigami werden und Saraya zeigen, dass sie immer auf ihn zählen konnte. Natürlich würde er das, auf jeden Fall! Doch was zum heutigen Zeitpunkt noch Keiner wusste war, WAS aus ihm werden würde. Niemand konnte es ahnen, Niemand, konnte man doch nicht in die Zukunft sehen und diese ungewisse Zeit hervorsehen. Doch er würde zum Shinigami werden, komme was wolle… Kapitel 9: Immer vorwärts Schritt um Schritt... ----------------------------------------------- Der Regen prasselte auf die umliegenden Hausdächer hernieder und weckte die junge Frau, die in ihrem Bett lag und langsam aus der Welt der Träume wieder ins reelle Leben überging. Sarayas Augen öffneten sich und blickten verschlafen in Richtung des Fensters, nur um gleich darauf den grauen Himmel und den Regen ausfindig zu machen. Oh nein, jetzt regnete es auch noch. Sie seufzte genervt und wandte dem Fenster demonstrativ den Rücken zu – der Regen war jetzt echt das Letzte, was sie sehen wollte. Sie hasste Regen und schlechtes Wetter – Sonnenschein und Hitze waren ihr da tausendmal lieber. Kurz seufzte sie und gähnte einmal ausgiebig, ehe sie die Augen wieder schloss. Gedanklich beschloss sie, noch fünf Minuten liegen zu bleiben und sich dann langsam zu erheben – das machte sie immer so, eine Art 'Aufsteh-Ritual'. Ihrer Meinung nach war das ein ganz angenehmer Start in den Tag und sie praktizierte das jetzt auch schon eine ganze Weile so. Schneller als es ihr lieb war riss sie jedoch wieder die Augen auf – ein extrem lauter Donnerschlag meinte, sie erschrecken zu müssen. Schreckhaft wie sie war setzte sie sich sofort ruckartig auf. "Verdammter Donner! Muss es jetzt unbedingt schon um diese Uhrzeit gewittern?", grummelte sie erbost und stand widerwillig auf - bei diesem Lärm konnte man ja nicht schlafen. Schweigend trat sie ans Fenster und starrte nach draußen. Der Himmel war grau, es war dunkel und nur das Zucken der Blitze erhellte für kurze Zeit die Außenwelt. Nachdenklich verfolgte sie einen Regentropfen, welcher sich gerade seinen Weg an ihrem Zimmerfenster gen Fensterbrett suchte. Gestern war es zur Aussprache mit ihrem Bruder gekommen, endlich. Lange Zeit hatten sie sich beide schweigend gegenüber gesessen, ehe das Gezanke losgehen konnte. Shin machte ihr Vorwürfe, gewaltige Vorwürfe, die man nicht einfach abtun konnte und die sie irgendwo trafen. Er machte ihr Vorwürfe dafür, dass sie nicht einfach ihr eigenes Ding machte und sich von einer Adligen ihr gesamtes Leben vorschreiben ließ. Er konnte und er wollte es einfach nicht verstehen und nachvollziehen, warum sie das Alles hier tat. Erst als sie ihm erzählte, dass sie schon immer von einem derartigen Leben träumte, wurde er einsichtiger. Gut, an die Einsicht, die er nun gezeigt hatte, musste sie erst in einem einstündigen Gespräch appellieren, dennoch zeigte er sie am Ende ihres Gesprächs. Lange, sehr lange dauerte es, bis sie sich auf etwas einigten – er akzeptierte ihr Leben und ließe sich im Gegenzug zum Shinigami ausbilden. Wenn er seine Ausbildung dann absolviert hätte würden sie sich zu zweit ein gemeinsames Leben aufbauen, völlig unabhängig, völlig frei. Diese Aussicht, dieses Ziel, hatte ihn besänftigt und er hatte ihren Worten Glauben geschenkt, weil sie ihr Wort immer hielt. Jetzt stellte sie sich die Frage, ob das Alles so seine Richtigkeit hatte. Konnte sie wirklich eines Tages hier die Reißleine ziehen und sich einfach von Dannen machen? Konnte sie einfach gehen und ihren Job hinschmeißen, als ob nie etwas gewesen wäre. Sicherlich nicht. Das Leben war kein Wunschkonzert und eine derartige Berufung konnte man nicht allzu leicht aufgeben. Das wühlte sie irgendwo auf, machte sie nervös und führte letztendlich sogar dazu, dass ihr schlecht wurde. Mit einem nachdenklichen, fast schon verzweifelten Gesichtsausdruck blickte sie nach draußen und hörte nicht, wie Jemand die Türe zu ihrem Zimmer öffnete. Sanjo klopfte an der Zimmertür der neuen Dienerin und trat ein, ohne auf ein Herein zu warten. Die blonde Frau stand am Fenster und hatte ihm den Rücken zugewandt. "Ohayo!", sprach er sie an und riss sie somit aus ihren Gedanken. Erschrocken drehte sich die junge Frau nun zu dem großen Mann um und blickte ihm verwundert entgegen. Wie war er denn jetzt in ihr Zimmer gekommen? Sie hatte die Tür ja gar nicht gehört. "Ohayo", grüßte sie und schenkte ihm ein etwas gequält wirkendes Lächeln, was ihm sofort auffiel. "Was ist los? Ist Alles in Ordnung? Lass mich raten – es ist wegen deinem Bruder?", fragte er sie und sah sie fragend an. Saraya blickte mindestens genauso fragend zurück, vermutete sie doch nicht, dass sie so leicht zu durchschauen war. "Ist das so offensichtlich?", wollte sie nun von ihrem Gegenüber wissen, welches nickte und auf sie zukam. "Nun ja, nachdem ich gestern euren Streit mitbekommen habe dachte ich mir, dass es daran liegen muss.", meinte er und sah sie besorgt an. "Wie? Du hast unseren Streit mitbekommen?", fragte sie ihn, während sie ihren Blick nicht von ihm abwandte. "Ja. Aber mach dir keine Sorgen, Keiner der Anderen hat Etwas mitbekommen.", versicherte er ihr und wusste, was er als nächstes zu tun hatte – er müsste sie aufmuntern. "Weißt du, das soll jetzt nicht besserwisserisch klingen aber im Leben ist nicht immer Alles so einfach. Ich kann dich echt verstehen, dass du erzürnt bist oder warst und nun nachdenklich gestimmt bist – ginge mir in deiner Situation bestimmt auch nicht anders. Ich weiß ich darf mir kein Urteil darüber bilden und ja, ich weiß auch, dass ich eurem Streit nicht beigewohnt habe und dahingehend auch nicht weiß, worüber ihr euch so gestritten habt. Doch lass dir Eines gesagt sein: Egal wie aussichtslos für dich eine Situation sein mag, es findet sich immer eine Lösung. Das kann zwar dauern, doch glaub mir, Alles wird gut.", sagte er und schenkte ihr ein Lächeln, während er ihr behutsam eine Hand auf die Schulter legte. Saraya konnte nicht anders, sie musste das Lächeln des Anderen einfach erwidern. "Danke, Sanjo.", sagte sie, während sie mit ihren Händen nach seiner anderen Hand griff und diese dankbar drückte. Sanjo lächelte sie immer noch an, ehe er wieder seine Worte an sie richtete: "Immer gerne. Wenn du Jemanden zum Reden brauchst, bin ich gerne für dich da. Aber ich lass dich jetzt mal alleine. Mein eigentlicher Grund, warum ich hierher gekommen bin ist, weil ich dir mitteilen wollte, dass unsere Herrin heute erst wieder ab zehn Uhr hier im Hause ist – solange haben wir frei.", sagte er und wandte sich dann zum Gehen. Saraya nickte ihm nochmals dankbar zu und die Beiden verabschiedeten sich voneinander. Sanjo ging nach draußen und schloss die Türe hinter sich. Das war ja angenehm – heute bis zehn Uhr frei zu haben war auf jeden Fall nicht verkehrt und es freute sie. So konnte man einen guten Start in den Tag bezeichnen. Trotzdem störte sie sich an dem Wetter. Schweigend wandte sie sich wieder dem Fenster zu und atmete einmal tief durch, während sie kurz die Augen schloss, um sie gleich darauf wieder zu öffnen. Sie war Dank Sanjos Worten nun wieder zuversichtlich gestimmt und wusste, dass sie ihr Wort halten würde. Ohja, das würde sie tun und dann würde sie sich gemeinsam mit ihrem Bruder eine neue Zukunft aufbauen. Ein Lächeln zierte ihr Gesicht und sie machte sich daran, sich langsam anzuziehen und für den heutigen Tag vorzubereiten. Shin lag noch immer in seinem Bett – sonderlich viel Lust hatte er nicht, bei diesem Wetter aufzustehen, geschweige denn überhaupt einen Fuß vor die Türe zu setzen. Es gewitterte in einer Tour und Hagelkörner prasselten auch noch wie wild auf die Hausdächer hernieder. Vor lauter Hagel sah es draußen schon fast so aus, als ob der Winter verfrüht eingebrochen wäre, dabei war es noch Sommer. Widerwillig stand nun auch Shin auf – er musste zur Akademie. Gestern erst hatte er sich mit seiner Schwester ausgesprochen und ihr versichert, dass er die schulische Ausbildung fortführen würde und er hielt normalerweise sein Wort, zumindest seiner Schwester gegenüber. Kurzerhand zog er sich um und machte sich daran, Etwas zu frühstücken. Als er sein Mahl beendet hatte ging er nach draußen in die Nässe. Es sah wirklich aus, als wäre der Winter frühzeitig eingebrochen. Etwas verwundert und staunend blieb er erstmal stehen und musterte seine nun weiße Umwelt. Irgendwo sah es ja schon schön aus, wie die Hagelkörner den sonst so dreckigen, braunen Boden verdeckten und auch die Hausdächer nicht außen vor ließen. Doch Shin hatte jetzt keine Zeit dafür, die Natur zu bewundern – er musste zur Schule und das schnell. Einerseits war er mal wieder spät dran – Pünktlichkeit war zwar eine Tugend aber nicht seine Stärke, andererseits wollte er nicht länger in dieser Nässe umherirren, daher war dies ein weiterer Ansporn, schnellstmöglich gen Seireitei zu eilen. Nach einer gefühlten Ewigkeit kam er endlich an und steuerte auf die Akademie zu, als auf einmal Jemand seinen Namen rief. Die Stimme kam ihm bekannt vor und als er sich umdrehte konnte er seinen Mitschüler erkennen, welcher zugleich sein Banknachbar war und gerade auf ihn zukam. Wie war gleich noch mal sein Name? Kurz kam er ins Grübeln, ehe ihm der Name wieder einfiel – der Andere hieß Sei, ja genau Sei hieß er. "Ohayo Sei!", grüßte er seinen Klassenkameraden und lächelte ihn an, was bei dem Anderen zu einem Erwidern seines Lächelns führte. "Du hast dir meinen Namen gemerkt.", stellte Sei mit leiser, schüchterner Stimme fest und lächelte verlegen. Stimmt, der Andere war ja ein etwas Schüchternerer. Neugierig musterte Sei sein Gegenüber, wobei ihm die Freude darüber, dass sich Shin seinen Namen gemerkt hatte, ins Gesicht geschrieben stand. Für eine kurze Zeit starrten die Beiden sich schweigend an, als Shin das Wort ergriff: "Lass uns reingehen.", schlug er vor, was bei dem Anderen zu einem zustimmenden Nicken führte. Langsam liefen die beiden Klassenkameraden durch die Gänge und machten sich dann daran, schnellstmöglich ins Klassenzimmer zu gelangen. Dort setzten sie sich in die letzte Reihe auf ihre Plätze und schwiegen sich an, als auf einmal Ukiya-Sensei das Zimmer betrat. Sofort wurde es in dem großen Klassenzimmer mucksmäuschenstill und die Augen der Schüler richteten sich gebannt auf ihren Konrektor. "Ohayo!", grüßte er sie und legte seine Tasche auf das Pult, ehe er nach seinen Unterlagen kramte. Heute hätten sie das Vergnügen, ihren Konrektor in den ersten beiden Schulstunden in Aufbau- und Organisationslehre zu haben. Dieses Fach war immens trocken, stellte jedoch DAS zentrale Prüfungsfach dar, wie die Lehrer es stets zu sagen pflegten. Das Fach war ja auch wichtig, beinhaltete es doch viele wichtige Inhalte, wie z. B. die Lehren über den Aufbau der Gotei 13, der Seireitei generell und auch Rukongai. Natürlich war dieses Fach wichtig, das sah auch Shin ein. Trotzdem mochte er die Theorie nicht sonderlich gut leiden. Er hasste Theorieunterricht über Alles und wäre am Liebsten schreiend aus dem Zimmer gerannt, nur konnte er sich ebendies nicht erlauben. Also ertrug er eben diese beiden Stunden, viel eher durchlitt er sie. Sei stierte die ganze Zeit zu ihm, als ob er Irgendetwas im Gesicht hätte, was Shin ziemlich nervte. Dazu kam auch noch, dass ihn der Lehrer wohl auf dem Kieker hatte und dahingehend in einer Tour versuchte, ihm eins reinzudrücken. Shin nervte der Lehrer immens. Dass Sei ihn auch noch die ganze Zeit so anstierte nervte ihn mindestens genauso stark, dass es ansprechen musste. "Willst du ein Bild von mir oder was glotzt du so?", fragte er genervt, was bei Sei zu großer Verunsicherung und einem neuen Anflug von Schüchternheit führte. "Nein, nein. I-ich wollte dich nicht verärg-", setzte er gerade an, als die zornige Stimme des Lehrers ertönte. "SEI! Ruhe! Sonst Nichts zum Unterricht beitragen aber mit dem Banknachbarn schwätzen – so geht das hier nicht, verstanden?! Beteilige dich am Unterricht oder verhalte dich ruhig!", schimpfte der Lehrer, was bei Sei dazu führte, dass dieser leicht errötete und seine weißen Augen auf die Tischplatte richtete. "H-hai, U-ki-ya-Sensei.", stammelte er, während Shin unbeeindruckt nach vorne zum Lehrer blickte. Eigentlich dachte Shin, dass der Lehrer ihn jetzt auch noch blöd anmachen würde aber dem war nicht so – ganz im Gegenteil, er setzte seinen Unterricht einfach fort. Endlich läutete die Schulglocke und kündigte die wohlverdiente Pause an. Pünktlich zur Pause war auch der Himmel wieder aufgebrochen und das graue Regenwetter strahlendem Sonnenschein gewichen. Erleichtert seufzte Shin auf, als der Konrektor den Raum verließ. "Endlich sind wir diesen Spinner los!", sagte er erleichtert und grinste Sei an, der das Lächeln erwiderte. "Ja, der Lehrer hat ja wohl nicht alle Latten am Zaun.", murrte Sei und die Beiden begannen zu lachen, ehe sie nach draußen gingen und langsam durch die Gänge liefen. "Entschuldige bitte nochmal wegen vorhin aber ich war ein bisschen genervt von dem Lehrer und mag es nicht, wenn man mich die ganze Zeit anstarrt.", entschuldigte sich Shin bei seinem Kameraden, der dies einfach nur mit einer Handbewegung abtat. "Ist schon in Ordnung. Ich muss mich bei dir entschuldigen - das war unhöflich von mir.", entschuldigte er sich nun und lächelte verlegen, ehe sie das Thema komplett vom Tisch kehreten und ihre viertelstündige Pause ruhig und gelassen zusammen verbrachten. Vielleicht hatte sich Shin das letzte Mal in seinem Gegenüber getäuscht, doch mochte er Sei irgendwie. Er war nett, lustig und zwar etwas schüchtern, doch das störte Shin nicht. Die Beiden unterhielten sich noch etwas, ehe ein weiteres Läuten der Schulglocke die nächste Schulstunde ankündigte. "Oh Schande, welches Fach haben wir überhaupt?", fragte Sei sein Gegenüber ratlos, welches ihm mindestens genauso ratlos entgegen starrte. "Gute Frage – nächste Frage.", sagte Shin und sah sich suchend auf dem Schulhof um – irgendwo mussten hier doch noch Klassenkameraden von ihnen sein, oder? Shin machte einen jungen Mann ausfindig, dessen grüne Haare aus der Menge hervor stachen – das war ein Klassenkamerad von ihnen und er lief gerade mit einer größeren Gruppe Schüler in Richtung eines Dojos. Scheinbar hatten sie jetzt eine Kampfstunde, höchstwahrscheinlich Zanjutsu, Hoho oder Hakuda. Schnell schlossen sie sich der Gruppe ihrer Mitschülerinnen und Mitschüler an, die nun allesamt den Dojo betrat. Ein finster dreinblickender Hayaki-Sensei stand inmitten des Dojos und erfasste alle seine Schüler mit seinem grimmigen Blick. "Habt ihr schon mal auf die Uhr geschaut? Ihr seid alle fünf Minuten zu spät!", beklagte er sich und echauffierte sich über ganze fünf Minuten, die die Klasse zu spät zum Unterricht erschienen war. Der Grünhaarige, den sie vorhin schon gesehen hatten und an dem sie sich orientiert hatten, drehte sich zu einem anderen Schüler um und brachte einen frechen Kommentar an: "Wenns weiter Nichts ist.", meinte er nur und bezweckte damit, dass sich die halbe Klasse über diesen Kommentar amüsierte. "Dreistigkeit siegt.", sagte ein anderer Schüler, während der Lehrer immer noch finster dreinblickte. "RUHE!", rief er und bedeutete den Schülern, einen Halbkreis um ihn herum zu bilden. Erstmal wartete er, bis endlich Ruhe unter den Schülern eingekehrt war. Erst als wirklich Alle schwiegen begann er zu sprechen: "So, wir machen jetzt zwei Stunden lang Zanjutsu. Zanjutsu ist eine der vier zentralen Kampftechniken der Shinigami, aber das müsstet ihr ja mittlerweile schon im Theorieunterricht gelernt haben. Beim Zanjutsu geht es darum, zu lernen, wie man mit einem Zanpakuto, mit dem eigenen Zanpakuto, umgeht. Dazu zählt der Schwertkampf an und für sich aber auch das Erlernen von Shikai und ggf. auch Bankai, wenn Jemand derart begabt sein sollte und dies schon vor seiner Zeit in einem der 13. Bantais schaffen sollte, was ich bei eurer Gruppe aber eher für unwahrscheinlich halte.", erklärte der Lehrer und drückte seinen Schülern noch schön Eins rein – das war nicht nur mies, es zeigte wie ungern der Lehrer seine Schüler leiden mochte. Gebannt folgten Alle seinen Worten, wobei sie sich über die letzten zwei Sätze merklich ärgerten. Warum unterschätzte der Lehrer sie nur Alle dermaßen stark? Er wusste doch noch gar nicht, wie sie kämpfen konnten! Viele Schüler grübelten darüber nach, wie das gehen konnte und wussten nicht, dass es keine Sache von wenigen Minuten war, Shikai oder gar Bankai zu erlernen – dafür waren sie dann doch noch etwas zu jung und zu unerfahren. Dass es völlig utopisch war, während der Akademiezeit Jemanden ein Bankai beherrschen zu sehen, ahnten sie nicht. Das war bisher auch noch nie vorgekommen. Der Lehrer räusperte sich kurz und ging dann zu einer Kiste hinter sich, aus der er ein Zanpakuto herausholte. "Das hier ist ein Zanpakuto. Ein Zanpakuto ist ein Katana, in welchem ein Schwertgeist wohnt. Dieser Schwertgeist haust wie gesagt in diesem Katana und entwickelt sich anhand der Seele seines ihn führenden Shinigamis weiter. Der Schwertgeist ist jedoch noch kein ausgeprägter Geist, ganz im Gegenteil. Viel eher handelt es sich bei den Geistern in den Katana um 'Asauchi', einer Rohform von Schwertgeistern. Erst durch ihren Shinigami wandeln sich diese Asauchi in richtige Schwertgeister, wenn sich ihre Seelen mit der ihres führenden Shinigamis vereinen. Habt ihr das Alle verstanden oder soll ich es noch mal erklären?", fragte der Lehrer sicherheitshalber und sah seine Schüler prüfend an, die ihm zunickten. "Gut. Wie ihr euch sicherlich denken könnt wollen wir euch so früh wie möglich an den richtigen Umgang mit Zanpakutos heranführen, dahingehend händige ich euch jetzt gleich auch eure Zanpakutos aus. Behandelt sie mit Ehre, Respekt und vor allem Anerkennung. Gemeinsam mit eurem Schwertgeist bildet ihr eine Einheit, ein Team. Eure Schwertgeister werden euch überall hin begleiten und euch stets zur Seite stehen. Sie stehen euch jedoch nur zur Seite, wenn ihr sie ordentlich behandelt, seid euch dessen stets bewusst aber habt keine Angst vor ihnen. Auch wenn sie Geister sind, sind sie euch gut gesinnt und wollen euch nichts Böses. Denkt immer daran, so wie man in den Wald hinein schreit, so kommt es wieder zurück – Dasselbe gilt für eure Schwertgeister.", sagte der Lehrer und sah seine Schüler an, unter denen Einige verschreckt dreinblickten und Andere keinerlei Anstalten machten, auch nur irgendwie ängstlich zu wirken. "Nun gut, dann verteile ich die jetzt mal.", sagte er und zeigte auf die Kiste, die die zukünftigen Zanpakutos enthielt. "Ach und noch was - Keiner zieht hier ohne meine Zustimmung blank, verstanden?", fragte er und wartete das zustimmende Nicken der Klasse ab, ehe er schnell auf die Kiste zuging und damit begann, die Katanas an seine Schüler zu verteilen, die neugierig ihre neuen Waffen musterten. Auch Sei und Shin musterten ihre Zanpakutos neugierig. Das Katana von Shin hatte einen türkisfarbenen Griff und war mit roten Bändern verziert. Sanft zog Shin – entgegen der Anweisung des Lehrers – das Schwert aus der Scheide, stets darauf bedacht, sein Handeln vor dem Lehrer geheim zu halten. Langsam strich er mit seiner Hand über die Klinge, welche leicht gebogen war und schön glänzte. Schweigend und nachdenklich starrte er auf das Schwert hinab, als ihn die Stimme des Lehrers aus seinen Gedanken riss. "SHIN! WAS habe ich vorhin gesagt?! Ihr sollt verdammt noch mal nicht blank ziehen!", schrie der Lehrer verärgert, was dazu führte, dass Shin das Schwert schnell wieder in die Scheide steckte und sich entschuldigend vor dem Lehrer verbeugte. "Entschuldigt, Hayaki-Sensei!", sagte er, was den Lehrer zufriedenstellte. Der Lehrer führte nun seinen Unterricht fort und ließ Shin in Ruhe, welcher sichtlich glücklich darüber war. Die Doppelstunde verging wie im Flug, ebenso wie der ganze Tag und schon war die Schule aus. Sei lud Shin zu sich zum Essen ein und bestand darauf, dass dieser sein Angebot annahm. Shin bedankte sich für das Angebot und nahm es tatsächlich an. Gemeinsam machten sich die beiden Schüler auf den Weg in den 35. Bezirk von Rukongai, in dem der schüchterne Blonde wohnte. Die Familie besaß ein kleines aber feines Häuschen, welches sogar aus Stein erbaut war. Shin staunte nicht schlecht, als er das Steinhaus sah. Es sah schön aus und war sogar weiß gestrichen. Sei bedeutete seinem Schulkameraden, ihm nach innen zu folgen und stellte ihn seinen Eltern vor. Anders als bei sich Zuhause sah es hier schön, ordentlich und nobel zugleich aus. Hier schien Alles perfekt – das Zuhause war perfekt, zu Essen hatte die Familie auch mehr als genug und Sei hatte Eines, was Shin niemals wieder haben würde: er hatte eine intakte, allem Anschein nach funktionierende Familie. Die Familie war gläubig, was Shin nicht war - das erkannte er an einem Kreuz, welches an der Wand neben dem Esstisch hing. Die Gruppe setzte sich zu Tisch, auf welchem sich allerlei Köstlichkeiten befanden - Geldnöte schien die Familie seines Klassenkameraden offensichtlich nicht zu haben. "Lasst uns kurz ein Tischgebet sprechen.", sagte die Mutter und faltete die Hände - die Familie sprach also Tischgebete. Sei und sein Vater taten es ihr nach. Nur Shin hielt sich aus Alledem heraus und machte keinerlei Anstalten, die Hände zu falten. "Betest du nicht mit uns?", fragte der Vater und sah ihn prüfend an. "Nein. Ich bin nicht gläubig.", entgegnete Shin, als wäre es das Normalste auf der Welt. Viele Personen waren gläubig, er war es nicht. Der Glaube brachte ihm seine verlorene Familie auch nicht mehr zurück, geschweige denn glaubte Shin nicht an eine höhere Macht. "Bitte was bist du?!", fragte die Mutter entsetzt und verunsicherte damit Sei, der sie nun ebenfalls unsicher anstarrte. Dass Shin nicht gläubig war wusste er nicht. "Sei, das hast du uns aber nicht gesagt!", beklagte sie sich und sah empört zu Shin, der ihr ausdruckslos entgegen starrte. Wie konnte ein Mensch nur ungläubig sein? "Sind deine Eltern auch nicht gläubig?", fragte der Vater nun den großen Blonden, der mindestens einen Kopf größer als er selber war. "Ja.", sagte er einfach und verschwieg ihnen, dass er schon lange keine Eltern mehr hatte. Er hatte keine Lust darauf, der Familie hier zu erzählen, warum er ganz alleine lebte und wie es dazu kam, dass seine Eltern schon vor längerer Zeit das Zeitliche gesegnet hatten. "Das ist ja merkwürdig aber egal. Verhalte dich bitte ruhig, wenn wir beten, ja?", bat der Vater und sah zu Shin, der ihm nur kurz zunickte. Das war schon Alles ziemlich neu hier für ihn und so ungewohnt, dass er sich fast schon unwohl fühlte. Auch diese gespielte, aufgesetzte Höflichkeit mochte Shin nicht so richtig leiden. Der Vater hatte ganz bestimmt ein Problem damit, dass er nicht gläubig war, ebenso wie die Mutter, die das ziemlich offen Kund tat. Doch taten jetzt auf einmal Alle so, als ob sie das akzeptieren würden. Als die Familie fertig mit dem Beten war aßen sie gemeinsam etwas und die Eltern befragten die beiden Schüler über ihre Akademiezeit. Sei blühte in der Gegenwart seiner Eltern völlig auf und machte sich daran, den heutigen Tag genau zu schildern. Schweigend saß Shin daneben und sagte so wenig, wie möglich, ehe langsam die Abenddämmerung einsetzte. "Mutter, Vater? Darf Shin heute bei mir übernachten? Draußen ist es ja schon dunkel und er wohnt im 79. Bezirk.", fragte Sei und sah seine Eltern bittend an, die sein Anliegen gewährten. Dass der Andere aus solch einem weit entfernten Bezirk stammte machte sie etwas stutzig - solche Leute hatten sie normalerweise nicht oft hier zu Gast. "Danke für das Angebot Sei, aber ich muss noch etwas erledigen, was ich ganz vergessen habe.", redete sich Shin aus seiner misslichen Lage heraus und machte sich daran, aufzustehen und sich von seinen Gastgebern zu verabschieden. "Oh, das ist aber schade.", sagte die Mutter, während sie ihn Alle zur Türe begleiteten. "Komm uns bald wieder besuchen.", sagte sie, als Shin sich kurz vor ihnen verbeugte, ihnen für den Abend und die Verpflegung dankte und dann endgültig ging. Ihre gespielte Höflichkeit konnte sich die Mutter seines Kameraden auch sparen – diese Heuchelei mochte Shin garnicht leiden. Anstatt dass er dort noch eine Minute länger geblieben wäre oder gar dort übernachtet hätte, machte er sich nun daran, im Dunkeln heim zu laufen. Irgendwann kam er in seinem heimischen Bezirk an und betrat sein Haus, um sich kurz darauf an das Fenster zu setzen, welches zum Garten hinauszeigte. Vorsichtig nahm er sein Zanpakuto zur Hand und zog es aus der Scheide, ehe er wieder behutsam mit der Hand über die Klinge fuhr, welche das von draußen hereinfallende Mondlicht reflektierte. Kurz drangen die grausamen Bilder von jener Nacht wieder zu Shin durch – das Mondlicht rief ihm diese schrecklichen Bilder wieder ins Gedächtnis. Der blonde Mann schloss nun jedoch die Augen und legte seine Stirn an die kühle Klinge, die er senkrecht hielt und versuchte so, die Bilder zu verdrängen. Anstatt dass er die furchtbaren Bilder längst vergangener Tage auf sich einströmen ließ wandte er seine Gedanken nun seinem Zanpakuto zu, dessen kühle Klinge er noch immer an seiner Stirn verspürte. Das war also sein Zanpakuto, mit ihm würde er zusammenarbeiten und noch viel erleben. Mit ihm würde er sich auseinandersetzen müssen, es sollte er respektieren. Kurz fragte er sich, wie das wohl wäre, mit seinem eigenen Schwertgeist zu interagieren. Irgendwo konnte er sich das noch nicht so richtig vorstellen. Hatte der Schwertgeist dann auch eine materielle Form? Konnte er ihn sehen? Konnte er zu ihm sprechen? Natürlich konnte er all das - das hatte Shin damals schon einmal von einer Erzählung eines Shinigamis aufgeschnappt. Nichtsdestotrotz konnte er sich in diesem Moment nicht vorstellen, dass so etwas wirklich möglich war. Dass die Zeit für ihn noch früher als gedacht kommen würde, in der er seinen Zanpakutogeist kennen lernen sollte, wusste er zu diesem Zeitpunkt noch nicht… Kapitel 10: The everlasting Bond -------------------------------- Die Tage, Wochen, Monate und sogar zwei Jahre zogen ins Land. Vor zwei Jahren hatte Saraya ihren neuen Job angetreten, hatte sich der Adligen angedient und versuchte nun diese Arbeit nach bestem Wissen und Gewissen zu erledigen. Sie verrichtete ihre Arbeit offensichtlich gut, zumindest pflegte sie stets, das gegenüber ihrem Bruder zu behaupten. Ob sie das wirklich so tat oder es nur zu seiner Beruhigung anbrachte, wusste er nicht, jedoch schien sie sehr zufrieden. In der Shin'ō-Akademie war zurzeit Prüfungsstress angesagt. Shin war zwar noch nicht so richtig fertig mit der Schule, dennoch begann man schon im dritten Jahr der Akademiezeit, Prüfungen einzubringen und die Schüler so mit den verschiedensten Erprobungen unter Druck zu setzen. So kam es, dass mindestens alle sechs Wochen in jeweils zwei Fächern Prüfungen anstanden. Auch zu dieser Zeit standen zwei Prüfungen an – Kidō und eine schriftliche Prüfung in Aufbau- und Organisationslehre. Die Kidōprüfung stand am Mittwoch auf dem Plan, am heutigen Tage fand eine Prüfung in Aufbau- und Organisationslehre statt. Wirklich viel hatte Shin in der letzten Zeit ja nicht gelernt - er kam nicht dazu. Nicht, dass er - ausgenommen des Schulstresses - sonderlich viel Stress hatte, dennoch hatte er Etwas, das ihn nahezu immer vom Lernen abhielt: Träume. Träume konnten schon eine schöne Sache sein und Einen auch das Unmögliche möglich machen lassen - seine Träume waren jedoch anders, viel anders. Er träumte immer, wenn er zur Ruhe kam, ein und denselben Traum: Immer war er in einer merkwürdigen Welt, einer dunklen Welt. Der Himmel war pechschwarz und von ein paar Sternen übersät, der Boden war ebenfalls schwarz, jedoch hatte er etwas Spiegelartiges an sich, konnte Shin doch seine große Gestalt in dem Boden erkennen. Er sah sein Spiegelbild jedes Mal aufs Neue: er sah fahl aus, dürr und unsicher. Seine Unsicherheit hielt man ihm in dieser Welt wortwörtlich wie einen Spiegel vor. Sein langes blondes Haar fiel ihm strähnig ins Gesicht, während er versuchte, sich in diesem dunklen Ort zurecht zu finden. Er musste herausfinden, wo er genau war und vorallem, wie er aus diesem furchtbaren Ort der Finsternis entkommen konnte. Er wollte fliehen, wegrennen und am Besten niemals mehr an diesen Ort zurückkehren, doch gab es kein Entkommen – nicht, bevor der Traum geendet hatte und er aufgeschreckt aus den Fängen dieses Albtraumes erwachen würde. Eine Gestalt stand ihm jedes Mal aufs Neue gegenüber, blickte ihn mit ihren stechend blauen Augen an und schwieg eine Weile, ehe sie auf ihn zu rannte. Jedes Mal wich er vor diesem Wesen aufs Neue zurück, welches ihn immer wieder einholte und bei den Schultern packte. "Bleib stehen!", forderte es immerzu, während es ihn drängend ansah. Unsicher blickte er das Wesen mit seinen lilafarbenen Augen an. Wer bzw. was war der Andere? Was wollte er von ihm? Wo waren sie hier? Was hatten sie miteinander zu tun? Wollte das Wesen seine Seele? Wollte es ihn töten? "Wer bist... du? Was willst du?", fragte er immer unsicher, während er dem Anderen entgegen starrte und diesen beobachtete. "Verstehst du nicht, wer ich bin? Weißt du nicht, was ich von dir will? Bedeute ich dir etwa... Nichts?", fragte der Andere, der sich in Irgendetwas hineinzusteigern schien und seinen Griff um die Schultern Shins nur noch mehr verstärkte. "Warum?", fragte das Wesen nur, während sein Blick traurig zu werden schien und sich dem Boden zuwandte. Der Andere war in etwa genauso groß wie Shin. Sie waren auf Augenhöhe und Shin starrte den Anderen die ganze Zeit an – ziemlich ungewöhnlich für ihn. Warum tat er das nur? Warum sah er ihn die ganze Zeit so an? Warum konnte er seinen Blick nicht von dem Anderen abwenden? Warum? Vielleicht, weil ihm Gefahr drohte? Vielleicht, weil der Andere bedrohlich aussah? Weiterhin sah er den Anderen an. Er hatte langes, hellblondes Haar, stechend blaue Augen und war merkwürdig gekleidet. Der Andere hatte ein langes, schwarzes Gewand an, welches einen merkwürdigen Schnitt hatte und zu den Seiten geschlitzt war. Das schwarze Gewand hatte er mit einer türkisfarbenen Schärpe versehen, die er um seine Taille gewickelt hatte. Außerdem trug er eine Kette mit einem blauen Topas um den Hals, welche die Form eines Stabes hatte. Das blau des Topases und das Türkis der Schärpe umschmeichelten seine Augen und bildeten gemeinsam mit diesen eine schöne Einheit. An den Handgelenken des Mannes befanden sich Verbände, die diesem wohl als eine Art Armbänder dienten. Erneut verstärkte der Andere seinen Griff, während Shin ihm noch immer ratlos entgegen starrte. "Erkennst du mich nicht?", fragte der Andere wieder. Seine Stimme war schön und hatte einen warmen Klang. Sie klang beruhigend und hatte Etwas an sich, das er irgendwo mochte. Der Fremde wartete gebannt auf die Antwort von Shin, der den Anderen natürlich nicht erkannte. Wer war er nur? Er wusste es nicht, daher schüttelte er zur Antwort nur den Kopf, was den Anderen zu enttäuschen schien. Nun war es an dem Anderen, seinen Kopf zu schütteln und sich auf die Unterlippe zu beißen. "Ich hätte es wissen müssen. Wie oft muss ich mich dir noch vorstellen?", fragte er mit seiner sanften, schönen Stimme. "Mein Name ist ...", sagte er. Shin verstand ihn jedoch nicht. Was sagte er? Wie lautete sein Name? Das Einzigste, was Shin erkennen konnte waren die Lippenbewegungen des Anderen, verstehen konnte er die Worte des Anderen jedoch nicht. Er hörte, dass der Andere ihm seinen Namen verraten wollte, verstand diesen jedoch nicht. "Verstehst du mich nicht? Verstehst du meinen Namen nicht?", fragte der Andere wieder mit seiner warmen, ruhigen Stimme, als auf einmal Alles hell wurde und der Andere verschwand – Shin wurde aus seinem Traum gerissen und wachte erneut aufgeschreckt auf. Shin riss seine Augen auf und fand sich in seinem kleinen Wohnraum auf mehreren Fellen wieder. Unsicher blickte er sich in dem Raum um, ehe sein Blick nach draußen zum Garten wanderte. Es war schon ziemlich hell draußen, die Sonne war auch schon aufgegangen. Wie spät war es wohl schon? Es sah so aus, als wäre es schon weit nach 8 Uhr. Verdammt! Er kam wohl oder übel zu spät zur Akademie und das auch noch heute - am Prüfungstag! "Kuso!", fluchte er und sprang auf. Seine Haare waren zerzaust, seine Augen zierten kaum zu übersehende Augenringe und auch so machte er keinen sonderlich fitten Eindruck. Auch die noch immer herrschende Verwirrung über das soeben Geträumte tat ihr Bestes daran, ihn heute wirklich schlecht aussehen zu lassen. Kurz sah er an sich hinab – er hatte noch immer die Schuluniform an und war gestern wohl nicht mehr zum Umziehen gekommen. Gut, dann würde er sich schon mal nicht mehr umziehen müssen. Naja, das war vielleicht nicht die feine englische Art, dennoch musste er sich jetzt beeilen. Unterlagen oder Derartiges nahm er nicht mit, während er in die Küche stürmte und nach seinem Zanpakuto suchte. »Verdammt! Wo hab ich das Ding nur wieder hingeschlampt?!«, fragte er sich gedanklich und sah sich suchend um. Alle Zimmer durchsuchte er, ehe er es neben der Haustür an der Wand lehnend vorfand. Erleichtert seufzte er, ging zur Tür hinaus und verriegelte diese hinter sich. Schnellen Schrittes sprintete er in Richtung der Shin'ō-Akademie, wofür er in etwa 20 Minuten brauchen würde. Als er das Tor zur Seireitei passierte erntete er irritierte Blicke vieler Shinigamis und Personen, die sich um diese frühe Uhrzeit schon auf den Straßen der Seireitei herumtrieben, was ja auch kein Wunder war: er sah aus als wäre er krank, zugedröhnt und besoffen zugleich – eine richtige Zumutung eben. Die Blicke der Anderen waren ihm zutiefst unangenehm, war es doch irgendwo schon peinlich, so durch die Straßen zu rennen. Egal – da musste er jetzt wohl oder übel durch. Noch ein paar Minuten und er erreichte die Akademie. Pausenzeit war noch nicht angesagt – gut so! Er war zwar ziemlich gut verspätet, erreichte jedoch noch vor Anbruch der ersten Pause die Akademie. Er hoffte inbrünstig darauf, dass die Prüfung noch nicht begonnen hatte und erst in der dritten oder vierten Unterrichtsstunde beginnen würde - seinen Stundenplan konnte er nimmernoch nicht auswendig. Diese Hoffnung wurde ihm jedoch sofort wieder genommen, als er die Türe des Klassenzimmers nach einem energischen Klopfen öffnete. Die ganze Klasse war über ihre Arbeiten gebeugt und damit beschäftigt, ihre Prüfung schriftlich und theoretisch abzulegen. Seine lilafarbenen Augen wanderten unsicher von den Schülern, die ihm größtenteils irritiert entgegen starrten zu den beiden Lehrern, die die Prüfungsaufsicht führten. Schnell ging er nach innen, schloss die Türe und verbeugte sich vor den Lehrern, die verwunderte Blicke miteinander austauschten. Einer der Beiden kam nun auf Shin zu und schien ihn mit seinem Blick geradezu zu durchleuchten. "Meine Güte Junge, wie siehst du denn aus? Geht es dir nicht gut? Hast du Fieber?", wollte er wissen und schüttelte nur den Kopf – das war nicht ohne, in welchem Zustand sich der Schüler hier blicken ließ. "E-es tut mir leid. I-ich habe total verschlafen.", stammelte Shin, während er sich wieder aufrichtete und auf den Anderen hinab sah. "Du siehst aber nicht so aus, als ob du geschlafen hättest.", meinte er der Andere und deutete auf die Augenringe, die Shins Augen zierten. "Naja, egal. Hier – nimm die Arbeit, setz dich auf deinen Platz und mach dich daran, ordentlich und gewissenhaft zu arbeiten. Du bist nicht der beste Schüler, das weißt du ja. Danach werden wir mal ein tiefgründiges Gespräch führen.", sagte der Lehrer und drückte Shin die Arbeit in die Hand, die gefühlte hundert Seiten umfasste. Wie sollte er die denn alle schaffen? Das waren ja ewig viele Aufgaben! Noch immer etwas verwundert nahm er die Arbeit entgegen, verbeugte sich dankbar vor seinem Gegenüber und eilte dann auf seinen Platz, wo ihn Sei schon lächelnd begrüßte und ihm zuwinkte. Shin winkte zurück und setzte sich sofort hin. Einen Stift, eine Feder oder Derartiges hatte er nicht mitgenommen, jedoch verwahrte er seine Arbeitsmaterialien immer unter seiner Schulbank. Ein kurzer Griff unter den Tisch ließ ihn einen Stift ausfindig machen, der ihm nun dabei helfen würde, seine Arbeit zu beginnen. Ja, Shin war nicht der beste Schüler – zumindest im theoretischen Unterricht. Im Kämpfen und in den praktischen Unterweisungen hatte er eigentlich herzlich wenig Schwierigkeiten – nur das Kidō schien nicht unbedingt sein Steckenpferd zu sein, wohingegen es vielen anderen Schülern ja genauso erging. Kidō war eben – Shins Meinung nach zu urteilen – eine eigenartige Kunst, die nicht Seins war. Er konnte sich die langen Beschwörungsformeln einfach nicht merken. Viel zu kompliziert waren diese und er hasste es, Dinge auswendig zu lernen, weil ihm das einfach viel zu schwer fiel. Zögerlich betrachtete er nun den Packen, der seine Prüfungsarbeit darstellen sollte. Wie viele Seiten waren das denn bitte?! Erstmal versah er das erste Blatt mit seinem Namen – die Blätter hatte man zusammengeheftet, dahingehend konnte er sich die Beschriftung auf den anderen Seiten sparen. Im Schnelldurchgang blätterte er alle Seiten durch und stellte fest, dass es sage und schreibe fünfzehn Seiten waren, die er da zu bearbeiten hatte. Sollte das ein schlechter Scherz sein?! Sein Erlerntes, welches sich am Minimalprinzip orientiert hatte, würde nie und nimmer für diese Hülle und Fülle an Aufgaben und Fragen reichen. Erstmal atmete er deutlich laut aus und machte sich dann daran, mit der ersten Seite zu beginnen und sich durch die Arbeit hindurch zu arbeiten, was gar nicht so leicht war. Es waren einfach unwahrscheinlich viele Aufgaben, die natürlich einen unterschiedlichen Schwierigkeitsgehalt hatten. Sonderlich viel wusste er ja nicht – viele Fragen ließ er unbeantwortet. Als er einmal komplett alle Fragen beantwortet hatte, zu deren Beantwortung er sich imstande fühlte, sah er sich prüfend nach den beiden Prüfungsaufsichten um. Einer der beiden Lehrer war gerade damit beschäftigt, einem seiner Mitschüler eine Frage zu einer Aufgabe zu beantworten, der Andere lief mit dem Rücken zu ihm wieder nach vorne – das war seine Chance! Jetzt oder nie! Schnell beugte er sich zu Sei und schrieb großzügig bei diesem ab. Ob ihm das jetzt passte oder nicht, war Shin in diesem Moment herzlich egal. Der Andere sah verwundert zu ihm auf und wollte schon protestieren, war Shin doch mehr bei ihm auf der Seite, als auf seinem eigenen Platz. So viel wie möglich versuchte sich Shin die schriftlich abgefassten Antworten des Anderen einzuprägen und machte sich daran, diese nun auf sein eigenes Blatt zu übertragen. Zu seinem Glück merkten die Lehrer Nichts davon – sonst wäre die Arbeit mit null Punkten bewertet worden und das konnte er sich dann doch nicht leisten. Wenigstens eine Vier wollte er schaffen, bei einer Fünf wäre sein Vorrücken in die nächste Stufe erheblich gefährdet, hatte er doch schon eine Fünf in Kidō. Erneut blickte er sich suchend nach den Lehrern um und machte sich nun wieder daran, weitere Aufgaben abzuschreiben, als eine der Aufsichten das Ende der Arbeitszeit ankündigte. "Noch fünf Minuten, Sensei!", flehte ein Schüler, der ganz vorne rechts saß. "Nein, die Arbeitszeit ist jetzt zu Ende. In der Abschlussprüfung habt ihr auch nicht recht viel mehr Zeit. Legt Alle eure Stifte beiseite. Shin, du darfst ausnahmsweise weiterschreiben, es seitdem dir fällt Nichts mehr ein und du möchtest verfrüht abgeben.", sagte der Lehrer und so begannen die Beiden, die Arbeiten langsam einzusammeln. "Hey Sei, weißt du zufällig die Antworten der fünfzehnten und sechzehnten Frage?", fragte Shin noch den Anderen, der sich gerade erhob und dem Lehrer die Arbeit übergab – leider war er wohl etwas zu spät mit seinen Fragen dran oder Sei war einfach zu genervt davon, dass er von ihm abschrieb. Letzten Endes schickten die Lehrer die Schüler doch schon verfrüht in die Pause und so leerte sich das Klassenzimmer. Nur noch drei Personen waren anwesend: die beiden Lehrer und Shin. »Verdammt, so kann ich die Arbeit gleich abgeben. Mir fällt da sowieso Nichts mehr dazu ein!«, dachte sich Shin genervt und blätterte zur Not jedoch nochmals die gesamte Arbeit durch, um festzustellen, dass er keinerlei Ergänzungen mehr anzubringen hatte und seine Arbeit nun also abgeben konnte. Langsam erhob er sich, entwertete die nicht ausgefüllten Aufgaben durch einen diagonalen Strich und machte sich daran, die Arbeit dem ihm am nächsten stehenden Lehrer zu geben. Der gute Mann hatte sich dicht neben Shin gestellt und ihm im wahrsten Sinne des Wortes aus nächster Nähe beim Arbeiten zugesehen. War das der Ernst des Anderen? Am liebsten hätte Shin ihn darum gebeten, sich gefälligst irgendwo anders hinzustellen, war das Klassenzimmer doch groß genug, unterließ das dann jedoch. Jetzt war er ja eh fertig mit seiner Arbeit. Der Lehrer sah ihn an, nickte und bedankte sich für die Arbeit, hielt Shin jedoch am Arm fest, der gerade nach außen gehen wollte. "Ich glaube du bleibst noch kurz hier – wir müssen mal mit dir reden.", sagte er, während sein Kollege sich nun seinen Weg zu den Beiden suchte und sich neben die Beiden stellte. "Was ist los mit dir? Du siehst nicht gut aus. Bist du krank? Warum um Alles in der Welt hast du ausgerechnet heute verschlafen? Das kannst du in der Abschlussprüfung niemals bringen. Hast du etwa so lange gelernt, dass du am heutigen Tage verschläfst?", wollte der Lehrer von Shin wissen, der den Beiden schweigend entgegen starrte. Was sollte er denn jetzt sagen? Ja, ich habe Unmengen gelernt und war heute bis in die tiefe Nacht mit Lernen beschäftigt? Nein, ganz bestimmt nicht – dafür hatte er zu wenig aufs Blatt gebracht und dafür waren wohl auch seine bisherigen Leistungen in Aufbau- und Organisationslehre zu schlecht. "I-ich hab schon seit mehreren Tagen schlecht geschlafen.", sagte er dann ehrlich und gab sogar Etwas von sich preis - die Wahrheit schien in diesem Moment das einzig Richtige zu sein und sie zeigte Wirkung. "Ja, das sieht man dir auch an, Junge. Wenn dir das zu stressig ist, ständig nach Rukongai heim zu gehen und wieder zur Schule zu gehen, würde ich dir empfehlen, hier ins Absolventenwohnheim zu ziehen. Das Wohnheim ist gleich neben dem kleinen Park angebracht und dort hättest du einen geringeren Heimweg und de facto mehr Zeit zum Lernen.", schlug der andere Lehrer dem jungen Mann nun vor, der auf ihn hinab sah und ihm zunickte. "Ja, das ist eine gute Idee. Ich überlege es mir.", sagte er und beruhigte die beiden Lehrer damit. "Sehr gut. Gib uns einfach Bescheid, egal wann und wo. Entweder kannst du gerne im Unterricht auf uns zukommen oder uns im Lehrerzimmer aufsuchen.", fügte der Lehrer nun an, ehe die Beiden den Schüler in die Pause entließen und sich selbst ins Lehrerzimmer begaben. Auf dem Weg dorthin diskutierten sie natürlich noch ordentlich über den blonden Schüler und dessen Verhalten. Shin lief derweil in die entgegengesetzte Richtung zum Schulhof, um dort an der Türe von Sei abgefangen zu werden. "Du hättest mich ruhig mal mehr abschreiben lassen können.", beschwerte er sich bei dem Anderen, der ihn besorgt ansah und den Kopf schüttelte. "Nein, hätte ich nicht. Ich hatte Angst, dass die Lehrer unsere beiden Arbeiten dann mit null Punkten bewerten und das kann ich mir nicht leisten. Du siehst nicht gut aus, Shin. Hast du nicht gut geschlafen? Wie lief die Arbeit bei dir?", wollte Sei nun von ihm wissen. Aha, das war also der Grund, warum Sei sich so gesträubt hatte - er hatte Schiss, dass er eine Sechs bekam. "Mir geht’s gut und selbst? Die Arbeit lief beschissen, was auch sonst? Ich kann Aufbau- und Orgalehre einfach nicht. Und bei dir?", fragte er und blickte sich suchend um, ehe er eine Schülerin ausfindig machte, die in ihrer Klasse war. Sie könnte er nach einer Haarbürste fragen, um sein verwuscheltes, ungepflegt wirkendes Haar zu kämmen. Schnell eilte er auf sie zu. "Hey, hast du vielleicht eine Haarbürste dabei? Bist doch ein Mädchen und ihr habt doch derartiges Zeug immer dabei, oder?", fragte er und lächelte sie an, woraufhin sie sein Lächeln erwiderte, ihm die Bürste überreichte, die sie in ihrer Tasche hatte und dabei ihre Worte an ihn richtete: "Ja, ich hab eine Haarbürste, weil ich ein Mädchen bin. Hier, bitte.", sagte sie und begann zu lachen. "Danke!", sagte Shin und begann, sein zerzaustes Haar endlich zu bürsten, was sich als ziemlich schwer entpuppte, war dieses doch etwas verknotet und verhedderte sich ständig aufs Neue. Nach ca. fünf Minuten schaffte er es dann jedoch endlich, sein Haar wieder glatt zu bekommen und so wieder ein gepflegteres Erscheinungsbild abzugeben. Sei war ihm gefolgt und beantwortete nun seine zuvor gestellten Fragen. "Danke, mir geht es auch gut. Die Arbeit lief glaube ich ganz gut.", meinte er und lächelte wieder schüchtern, während Shin der Klassenkameradin die Bürste zurückgab und ihr nochmals dankte. Die Pause war leider schneller wieder vorbei, als sie angefangen hatte und so machten sich alle Schüler daran, dem Unterricht weiter beizuwohnen – Kidō stand nun auf dem Stundenplan. "Was haben wir jetzt für ein Fach?", fragte Shin Sei, der ihm die Antwort gab, die er am liebsten nicht gehört hätte – Kidō. "Eine Doppelstunde Kidō.", sagte er und sah zu Shin, der seine Augen verdrehte. "Oh nein, bitte nicht.", grummelte er und die Beiden machten sich auf den Weg. Heute gab es jedoch eine kleine Planänderung – der Kidōlehrer war erkrankt und so hatten sie heute einen Vertretungslehrer in seinem absoluten Hassfach, der einen nicht allzu netten Eindruck machte. Die ganze Klasse versammelte sich vor dem Lehrer und bildete einen Halbkreis um diesen, während der Lehrer nun seine Worte an sie alle richtete: "So, hallo erstmal zusammen. Mein Name ist Kawasai-Sensei und ich bin heute eure Vertretung, da euer eigentlicher Kidō-Lehrer erkrankt ist. Heute werden wir ein paar Hadōs üben, die ihr am Mittwoch in eurer Prüfung können müsst. Wobei – wir üben sie nicht – ihr müsstet sie eigentlich im Schlaf beherrschen.", sagte der Mann und zählte nun die Sprüche via Nummer auf, die sie heute üben würden. Ja, ganz klar – im Schlaf Kidō beherrschen, ging es dem Mann eigentlich noch gut? Als würde Shin auch nur ansatzweise Kidō beherrschen – das beherrschte er in wachem Zustand noch nicht mal, wie sollte er es da im Schlafen beherrschen? Kurz gähnte er, was den Lehrer dazu veranlasste ihn sofort direkt anzusprechen. "Dir scheint ja langweilig zu sein, das heißt, dass du gleich mal anfangen darfst und mir einen Hadō nō Sanju-ichi zeigen darfst.", meinte er und zeigte Shin an, nach vorne zu kommen und auf eine der Zielscheiben zu feuern. Sonst feuerten immer mindestens drei Schüler auf einmal auf die verschiedenen Zielscheiben, heute musste Jeder alleine sein Glück versuchen – Prüfungssimulation eben. Langsam trat der große Blonde nach vorne und stellte sich hüftbreit hin, um dem Lehrer das zu zeigen, was er wollte – oder auch nicht. Einen Arm streckte er aus, während er den Anderen anwinkelte und im rechten Winkel zu seinem anderen Arm seine Hand auf den gestreckten Arm legte. Zögerlich stand er da, wusste er ja nicht, wie die Beschwörungsformel ging. Langsam begann er dann doch, sie zu stammeln: "Ye lord, master of blood and flesh, all... wings? Inferno sea... march on the sou-", setzte er gerade an, als der Lehrer seine Hände auf seine Arme legte und ihn damit unterbrach. Ein paar Schüler lachten, fanden sie die neue, eigens von Shin kreierte Formel doch höchst amüsant. "Sag mal WAS genau redest du da gerade? Glaubst du, dass du mir so durch eine Kidō-Prüfung kommst, mein Lieber? Ganz sicher nicht. Sowas kann mächtig in die Hose gehen, wenn man eine fehlerhafte Beschwörungsformel zum Einsatz bringt!", beschwerte sich der Lehrer und schüttelte energisch den Kopf – so schlecht konnte doch kein Schüler sein. "Lern die Inkantation auswendig, dann kannst du mir jederzeit gerne nochmal unter die Augen treten. Eher wirst du hier aber in der Prüfung versagen! Nun gut, jetzt einen Hadō nō Sanju-san, los!", forderte er Shin auf, seiner Forderung nachzukommen und vorallem abzuliefern. Unsicher grinste er, während er wieder zu sprechen begann. Die Beschwörungsformel war der des Shakkahōs ähnlich, doch konnte er auch diese nicht. "Ye lord, master of blood and fles-", setzte er gerade an, als der Lehrer ihn sofort wieder unterbrach. "Ye lord, master of flesh and and bone, flutter of wings, ye who bears the name of Man! Truth and temperance, upon this sinless wall of dreams unleash but slightly the wrath of your claws.", schmetterte der Lehrer dem Schüler die Beschwörungsformel schon fast an den Kopf, welcher sich verlegen an den Kopf fasste und unsicher lächelte. "Kannst du eigentlich überhaupt was?!", fragte er provokant und schnaubte kurz. "Aber Hauptsache meinen Unterricht stören. Geh lernen! Du setzt diese Stunde jetzt komplett aus, verdammt noch mal! Wer es nicht kann, sollte es lassen – das gilt für Jeden von euch hier. Geht lieber die Formeln lernen, ehe er ihr so einen Schwachsinn von euch gebt!", schimpfte er und grummelte erneut, ehe er den nächsten Schüler zu sich bat, der ihn diesmal nicht enttäuschte. Sei sah mitleidig zu Shin, welcher erneut gähnte und sich an eine Wand kauerte. "Tut mir leid für dich.", sagte er leise, was den Anderen aber herzlich wenig zu interessieren schien. "Ach, mach dir da Nichts draus. Ich weiß auch, dass ich kein Kidō kann – das braucht mir der Lehrer nicht zu sagen. Ich kann mir die Beschwörungsformeln halt einfach nicht merken. Egal.", meinte er und beobachtete die anderen Schüler, ehe Sei aufgerufen wurde und seine Arbeit verrichtete. Als er mit seinen Sprüchen fertig war, kehrte er zu Shin zurück. Sonderlich gut hatte er es auch nicht gemacht, jedoch auch nicht allzu schlecht - ein gesundes Mittelmaß vermutlich. "Und, wie lief es?", fragte Shin und sah seinen Kollegen an. "Naja, mittelmäßig.", sagte der Andere und nahm neben seinem Kameraden Platz. "Lass uns heute Abend zusammen Kidō lernen! Was hältst du davon? Du kommst einfach mit zu mir und wir üben etwas.", schlug Sei ihm nun vor. "Können wir gerne machen.", entgegnete Shin und gähnte noch mal herzhaft, ehe die Beiden den anderen Schülern beim Üben zusahen. Shin merkte, wie er immer müder und erschöpfter wurde und ihm die Augen langsam aber sicher zufielen und er letztendlich sogar einschlief. Schlafend sank er etwas zur Seite und lehnte somit nun an der Schulter seines Mitschülers, der ihn kurz schockiert ansah und versuchte, ihn wach zu bekommen – jedoch vergebens. Wenn DAS der Lehrer sähe, würde er Shin vermutlich auf den Mond schießen und ihn gleich hinterher. Durch mehrmaliges Rütteln und Rufen versuchte er, den Anderen aufzuwecken, schaffte dies jedoch nicht. Wie tief konnte der Andere nur schlafen? Mittlerweile bekamen auch andere Schüler von seinen Weckversuchen gegenüber Shin mit, die neugierig in ihre Richtung blickten. Dass der Andere gerade aufs Neue in seiner Traumwelt gefangen war, wusste er nicht und ahnte es nicht mal. Schon wieder dieser Traum! Er stand an diesem dunklen Ort, den er sich genauestens besah. Der Himmel war pechschwarz wie immer und hie und da von ein paar Sternen übersät. Der Boden war wie ein schwarzer Spiegel, der seine große Gestalt widerspiegelte und ihn aschfahl wirken ließ. Langsam setzte er einen Fuß vor den Anderen. Er musste hier weg! Warum war es hier auch nur so dunkel? Eine Änderung hatte sich an diesem Ort ergeben – an einer Stelle brach der Himmel auf und gab einen weißen Streifen preis, was auch immer dieser darstellen sollte. Die Dunkelheit machte ihn jetzt schon verrückt und er musste entkommen. Er konnte seine leisen Schritte auf dem Boden vernehmen, die an diesem merkwürdigen Ort der Stille widerhallten und das einzige Geräusch darstellten. »Ich muss hier weg, unbedingt! Was ist das hier nur für ein Ort?«, fragte er sich gedanklich, während er seine Schritte beschleunigte und fast schon sprintete, weil er entkommen wollte. Er bekam es mit der Angst zu tun, die ihre Klauen um seine Kehle zu legen schien und ihm diese offensichtlich zuschnüren wollte. Seine Augen blickten sich suchend um, sahen außer der Dunkelheit jedoch Nichts - im wahrsten Sinne des Wortes. Er versuchte nun, dem weißen Streifen am Himmel zu folgen – vielleicht verhalf ihm dieser ja zur Flucht oder gab ihm irgendein Indiz, wie er von diesem Ort entkommen konnte? Immer weiter rannte er und konzentrierte sich auf diesen Streifen und darauf, ob endlich Licht am Ende des Tunnels wäre, als sich auf einmal eine großgewachsene Gestalt aus den Schatten löste und ihm den Weg versperrte. Zu spät bemerkte er die Person und rannte sie wortwörtlich über den Haufen, blieb er doch auf ihrer langen Gewandung stehen, was diese dazu veranlasste, zu stolpern und zu Boden zu gehen. Shin fiel auf die Person und lag nun auf dieser merkwürdigen Gestalt, die unter ihm lag und ihn neugierig musterte. Es war dieselbe Person, die er schon so oft an diesem grausamen Ort der Einsamkeit und ewigen Finsternis getroffen hatte, das stellte er fest und es veranlasste ihn dazu, sich sofort wieder aufzurichten und vor der ihm fremden Person zurück zu weichen. Auch der Andere richtete sich auf und hielt sich den schmerzenden Kopf, während er seinem Gegenüber fragend entgegen starrte. Erneut versuchte Shin, zu fliehen, wie er es die letzten Male auch schon getan hatte – leider jedoch ohne Erfolg. Er wandte sich um und begann zu rennen, ehe der Andere direkt vor ihm auftauchte und ihn festhielt. Konnte der Andere etwa Shunpo? "Shin, weißt du nicht, wer ich bin? Wir sollten uns mittlerweile besser kennen, haben wir uns doch schon Desöfteren gesehen.", meinte der Andere mit seiner schönen, ruhigen Stimme, während er Shin ein Lächeln schenkte und ihm seine rechte Hand an die Wange hielt. Was war nur los mit dem Anderen? "Mein Name ist Sakata.", sagte der Andere und rechnete fest damit, dass Shin seinen Namen erneut nicht verstehen würde, doch dem war nicht so. "Saka-ta?", stammelte Shin und sah den Anderen fragend an. Was wollte er denn von ihm? "Was willst du von-", fragte er gerade, als ihm der Andere zu Schweigen bedeutete. "Psst, lass mich dir Alles erklären. Erstmal bin ich froh, dass du endlich meinen Namen verstehen kannst – das hat länger als erwartet gedauert, doch endlich kannst du ihn verstehen.", sagte der Andere und lächelte wieder, während seine Hand noch immer an Shins Wange ruhte. Schnell nahm er sie weg und legte sie seinem Gegenüber auf die Schulter. "Shin, ich weiß nicht, inwieweit du die Dinge verstehst, die man dir in der Shin'ō-Akademie beibringt, jedoch gehe ich mal davon aus, dass du nicht einordnen kannst, wer ich bin.", fuhr Sakata fort. Fast schon klangen seine Worte etwas scheltend, doch wollte er nur, dass der Andere verstand, wer er war und was er von ihm wollte. "Ich bin dein Zanpakutogeist, Shin. Ich bin der Geist, der sich aus dem Asauchi und dem Zusammenspiel unserer beider Seelen entwickelt hat. Dadurch, dass du meinen Namen nun verstehst, werden wir Beiden unsere Seelen vereinen können und für immer eine Einheit bilden. Wir gehören zusammen - du und ich. Ohne dich kann ich nicht leben, ohne mich ist dein materielles Zanpakuto wertlos. Nur über mich kannst du Shikai und Bankai erlernen. Lass uns gemeinsam in die Zukunft gehen! Wir gehören zusammen.", sagte Sakata, der sein Gegenüber die ganze Zeit mit seinen Blicken zu durchdringen schien und letztendlich die Hände von den Schultern des Anderen nahm, um ihm eine Hand hinzuhalten - als Geste seines Angebots. Shin sah schweigend in die Richtung seines Zanpakutogeistes, welcher ihm die gesamte Situation erklärte und ihm letztendlich anbot, seinen weiteren Weg mit ihm gemeinsam zu gehen. Was hörte er da? Sakata war sein Zanpakutogeist? Wie konnte das sein? Wie konnte es sein, dass er so schnell seinen Zanpakutogeist kennenlernte? Viele seiner Kameraden hatten das sicherlich noch nicht geschafft. Als Zeichen ihrer Verbundenheit hielt der Andere ihm nun die Hand hin, die er ergriff. Natürlich wollte er seinen weiteren Weg mit Sakata gemeinsam gehen. Irgendwo gab ihm dieser ein wohliges Gefühl der Geborgenheit, welches er so nicht sonderlich häufig zu spüren bekam. Sakata verstärkte den Griff etwas und legte auch noch seine linke Hand auf ihre beiden Hände, um die Hand seines Meisters feste zu drücken und ihren Pakt zu besiegeln. Hier an dieser Stelle begann ihr gemeinsamer Weg, bei dem sich Jeder dem Anderen bewusst war. Gemeinsam könnten sie vieles erreichen, vieles lernen und vieles tun. Gemeinsam würden sie schöne Zeiten erleben, Niederlagen einstecken und auch durch schlechte Zeiten gehen. Solange sie jedoch immer eine Einheit bildeten und einander unterstützten, konnte nur Alles gut werden. Kapitel 11: Der Entschluss -------------------------- Weiterhin versuchte Sei, seinen Mitschüler zu wecken, der vermutlich im Tiefschlaf war. Fast die ganze Klasse war mittlerweile schon darauf aufmerksam geworden, dass hier scheinbar und ganz offensichtlich Einer ihrer Mitschüler lieber schlief anstatt dass er sich auf die Kidō-Stunde konzentrierte oder gar die Beschwörungsformeln auswendig zu lernen versuchte. Viele neugierige Blicke ereilten Sei, der den schlafenden Shin an den Schultern rüttelte. Einer der Schüler kam auf die beiden am Boden kauernden Schüler zu, es war der Grünhaarige. "Hey, ist bei euch Beiden Alles in Ordnung?", wollte er wissen und kniete sich zu Sei, welcher leicht den Kopf schüttelte. "Ich versuche ihn schon die ganze Zeit zu wecken, jedoch wacht er nicht auf. Er ist vorhin einfach eingeschlafen und jetzt nicht mehr wach zu kriegen.", sagte der schüchterne Schüler leise, während er auf den Schlafenden deutete, den er mittlerweile auf den Boden gelegt hatte, um ihn besser wachrütteln zu können. "Glaubst du, dass er schläft? Vielleicht ist er ja bewusstlos? Wir sollten dem Lehrer Bescheid geben.", meinte der Grünhaarige, während Sei erneut den Kopf schüttelte und damit den Vorschlag des Anderen abwies. Shin würde ihn doch in der Luft zerreißen, wenn er herausbekäme dass er dem Lehrer auch noch mitgeteilt hatte, dass er in dessen Unterricht lieber schlief, anstelle dass er seinen Anweisungen Folge leistete. Der grünhaarige Klassenkamerad verzog etwas das Gesicht bei dem Gedanken, den Lehrer nicht von Alledem in Kenntnis zu setzen, was sich hier gerade abspielte, wollte er den Anderen doch nicht einfach liegen lassen. Was, wenn der Andere wirklich bewusstlos war? Was, wenn es dem Anderen schlecht ging? Was, wenn der Andere in Gefahr schwebte? Ein ungutes Gefühl machte sich in seinem Inneren breit, während er gerade dabei war, einem sichtlich unruhig werdenden Sei beim Wachrütteln seines Kollegen zu helfen. Shin war derweil noch immer in seiner inneren Welt, während Sakata ihm gegenüber stand und ihm ein warmes Lächeln schenkte. Langsam löste Shin seine Hände wieder aus dem Griff des Anderen, wohin sein Zanpakutogeist den Griff erst lockerte und dann seine Hände wegnahm. Die stechend blauen Augen des Schwertgeistes fixierten seinen Meister, der den Blick seines Gegenübers unsicher erwiderte. Shin konnte das Alles noch nicht so richtig glauben, zumindest vermochte er das irgendwo noch nicht. Endlich hatte er nun wohl Jemanden, der den weiteren Weg gemeinsam mit ihm gehen würde und ihn unterstützen würde – eine ungewohnte und dennoch schöne Vorstellung. Sakata trat näher an ihn heran, ehe er seinem Meister sehr nahe kam und diesem die Hände auf die Schultern legte. Sein Blick sah wissend und einfühlend aus, er wusste, dass Shin sich noch unsicher war und noch nicht zu deuten vermochte, was gerade passierte, was dieses Aufeinandertreffen wirklich zu bedeuten hatte und wie sich ihre gemeinsame Zukunft gestalten würde. Dennoch war sich Sakata sicher: ihrer beider Zukunft würde schön und angenehm werden und sie würden all das erreichen können, was sie sich je zusammen vornahmen. Erneut rief Kawasai-Sensei einen Schüler zu sich, der ihm einen weiteren Hadō nō Sanju-ichi vorführen sollte. Die Inkantation verpatzte auch dieser Schüler ordentlich, weil er wohl immens aufgeregt war und sich beim Sprechen etwas verhaspelte – die Schimpftirade des Lehrers verschaffte da keinerlei Abhilfe. Auch der zweite Versuch des Schülers ging mächtig in die Hose und veranlasste den Lehrer dazu, vollends in die Luft zu gehen. "Wie unfähig bist du eigentlich?! Wie kann man nur so dumm sein?! Ich verstehe das einfach nicht! Es erschließt sich mir einfach nicht, wie man zu dumm dafür sein kann, Beschwörungsformeln zu lernen und aufzusagen! Wie geht so etwas? Weißt du was, du kannst dich gleich zu diesem Shin gesellen. Wo ist der denn eigentlich hingekommen? Hat er sich einfach verzogen oder was?!", schimpfte der Lehrer, was die Schüler dazu veranlasste zu schweigen und dem Blick des Lehrers auszuweichen oder gar vor ihm zurückzuweichen. Suchend sah sich der Sensei nun nach dem Schüler mit den langen, blonden Haaren um, der vorhin die Inkantationen der beiden Hadōs vollends versemmelt hatte. Wo war er hin? Ausmachen konnte Kawasai-Sensei den Gesuchten nicht. Hatte dieses unfähige Etwas jetzt einfach das Weite gesucht und die Schulstunde geschwänzt?! Nein, nein! Das konnte doch jetzt nicht wahr sein! Dem Lehrer stand sein Ärger über das Verhalten und die – seines Erachtens herrschende – Unfähigkeit des Schülers deutlich ins Gesicht geschrieben. Gerade bückte er sich und hob die Klassenliste auf, als sein Blick das erfasste, was gerade vonstatten ging. Sei und der grünhaarige Schüler waren gerade dabei, den anderen Schüler wachzurütteln, der offensichtlich bewusstlos oder eingeschlafen war. Auch andere Schüler starrten hin und wieder ungläubig auf die Szene, die sich vor ihren Augen abspielte, trauten sich jedoch nicht, einzuschreiten oder ihm, als Verantwortungsperson, Bescheid zu geben. Schnell tauchte der Lehrer via Shunpo vor dem Trio an Schülern auf, die auf dem Boden kauerten. "Was ist denn hier los?", fragte er, nun etwas leiser, dennoch aber mit aggressivem Unterton in der Steimme, während er am Reiatsu des Schülers merkte, dass dieses sich irgendwo merkwürdig verändert anfühlte. "Keine Ahnung. Er ist einfach eingeschlafen. Auf mehrmalige Weckversuche und Ansprechen reagiert er jedoch nicht.", sagte der Grünhaarige und deutete auf Shin, der noch immer am Boden lag und seine Augen geschlossen hielt. Er sah friedlich aus - friedlich, ruhig und nichtsahnend von all dem herrschenden Ärger. Sei saß neben dem Grünhaarigen und nickte zur Bestätigung dessen Worte in die Richtung des Lehrers. "Gut. Lasst mich mal her.", befahl der Lehrer nun wieder in deutlich kühlerem Tonfall, während Sei ihm Platz machte und er sich daran machte, den vermeintlich schlafenden Schüler zu wecken zu versuchen. Auch der Sensei scheiterte kläglich daran, den Anderen aufzuwecken. Verschiedene Dinge testete er an dem Schüler und sah dann zu Sei und dem Grünhaarigen. "Er ist bewusstlos. Sollte so etwas nochmal vorkommen, gebt ihr mir verdammt noch mal sofort Bescheid, haben wir uns da verstanden?!", fragte er drohend, während er den Bewusstlosen hochhob. "Hai, Kawasai-Sensei!", sagten die beiden Schüler gleichzeitig, während sie sich vor dem Angesprochenen verbeugten, der das nickend zu Kenntnis nahm und der Klasse dann bedeutete, hier auf seine Rückkehr zu warten. Via Shunpo gelangte er nach innen und brachte schnellen Schrittes den Schüler in ein Krankenzimmer, wo er ihn in ein Krankenbett legte und sofort nach einem Heiler rufen ließ. Als er Heiler eintraf und eine Grobschilderung des Sachverhaltes des Lehrers zur Kenntnis genommen hatte, machte sich der Sensei wieder daran, zu seiner Klasse zurückzukehren. Shin blieb allein mit dem Heiler zurück, der sich nun daran machte, ihn zu untersuchen. "Merk dir meine Worte und vergiss mich nicht: ab sofort bilden wir eine Einheit, du und ich, ich und du. Wir gehören zusammen und können gemeinsam Alles erreichen.", sagte der Schwertgeist, während er den Druck um die Schultern seines Meisters etwas verstärkte. Sakata sah auf Shin hinab, ehe er diesen letztendlich dann doch an sich zog und ihn umarmte. Shin ließ den Anderen machen und wusste nicht, was er von Alledem halten sollte, dennoch fühlte er sich irgendwo geborgen und verstanden zugleich. Er fühlte sich wohl und erwiderte die Umarmung etwas, weil er froh war, nicht mehr allein sein zu müssen. Gut, vollends allein war er nicht – er hatte seine Schwester – jedoch sah er diese nicht jeden Tag. Endlich hatte er Jemanden, der ihn unterstützen würde, der für ihn da war und für den er da sein konnte. Er war nicht mehr allein – das war Alles, was in diesem Moment zählte. Einzig und allein dieses Gefühl machte ihn gerade unwahrscheinlich glücklich – so glücklich, wie er schon lange nicht mehr gewesen war. Und dennoch hatte dieser Moment nun ein Ende, da Sakata seinen Meister nun wieder in die reale Welt entließ, sehr zu dessen Leidwesen. Shin vernahm eine ihm unbekannte Stimme, die leise mit Irgendjemandem sprach. War das Sei, der da sprach? Ja, es hörte sich so an, als ob er es wäre. Mittlerweile war die Pausenzeit eingekehrt und Sei hatte seinem Kollegen einen Besuch im Krankenzimmer abstatten wollen, wo er sofort von dem dort verweilenden Heiler ausgefragt wurde und Alles schilderte, was vor Shins Ohnmachtsanfall geschehen war. Scheinbar verhalfen dem Anderen die Worte Sei's auch nicht unbedingt zu einer Diagnose, nickte er doch nur und gab dem Anderen keinerlei Indize dafür, dass das Gehörte auch nur ansatzweise hilfreich für seine Untersuchungen war. Shin öffnete seine Augen und merkte, wie ihn das grelle Licht der Sonne blendete. Sofort kniff er die Augen wieder zusammen, um dann schützend seine Hände über die Augen zu legen und diese erneut öffnen zu können. Der Heiler bekam sofort mit, dass Shin erwacht war, vernahm er doch das Geräusch der sich bewegenden Decke, als der Schüler schützend seine Hände über seine Augen legte. Auch Sei blickte gebannt zu Shin, der wieder erwacht war. "Ariwi-kun, kannst du mich verstehen?", fragte der Heiler, der sanft seine Hände auf die Hände des Schülers legte, welcher diese noch immer schützend vor seine Augen hielt. Ariwi-kun? Wer sprach da nur mit ihm? War Irgendetwas passiert? Die Stimme, die ihn auf seinen Namen ansprach, war ihm unbekannt. Wer war das? Wer war dieser Fremde nur? Er wusste es nicht, wollte es jedoch erfahren, also blieb ihm nichts Anderes übrig, als es herauszufinden. Um das herauszufinden, nahm er seine Hände von seinen Augen und blickte sich unsicher um. Seine Augen irrten ziellos hin und her und erfassten sowohl Sei als auch den Heiler, welche ihn beide neugierig musterten. "Ariwi-kun? Kannst du mich verstehen?", fragte der Heiler erneut, während er neugierig auf den Schüler hinab sah, der ihn sichtlich verwundert musterte. Natürlich konnte er ihn verstehen – was war das denn für eine merkwürdige Frage? Gut, so merkwürdig war sie gar nicht, wollte der Andere doch eine eventuelle Benommenheit prüfen, dennoch war Shin nicht benommen. Er war bei vollem Bewusstsein, auch wenn er gedanklich noch bei Sakata verweilte war er doch im Hier und Jetzt anwesend, nicht mehr und auch nicht weniger. Der neugierige Blick Sei's und der abwartende Blick des Heilers versicherten dem Shin'ō-Schüler nun, dass die beiden Anderen gebannt darauf warteten, dass er ihnen Rede und Antwort stand. Na gut, dann würde er eben antworten – strategisch gesehen war das auch viel besser für ihn, hätte er danach doch sicherlich wieder seine Ruhe, wenn er ihnen mal eben ein paar Fragen beantworten würde. "Ja.", war seine leise, knappe Antwort, die bei beiden Anwesenden zu unterschiedlichen Reaktionen führte. Sei freute sich, dass Shin sie verstehen konnte und wieder bei vollem Bewusstsein war, so tat es auch der Heiler. Dennoch blickte der Heiler nachdenklich auf den Schüler hinab, der noch immer in dem Krankenbett lag. "Würdest du uns mal eben alleine lassen? Ich möchte mit Ariwi-kun unter vier Augen sprechen.", wandte sich der Heiler an Sei, woraufhin dieser sich von den beiden Anderen verabschiedete und nach draußen ging. Shin sah fragend zu dem Anderen, der sich nun auf der Bettkante niederließ und ihn ernst ansah. "Was war das, was da gerade mit dir passiert ist?", fragte er und schob sofort eine medizinische Erklärung hinterher: "Das war kein normaler Kreislaufzusammenbruch. Das war etwas…Anderes. Ich kann mir das selbst nicht genau erklären, dennoch weiß ich, dass es keinerlei Beschwerden sind, die auf das Kreislaufsystem zurückzuführen sind.", sagte er und sah nun abwartend in Shins Richtung, der nicht wusste, wie genau er sich jetzt verhalten sollte. Was sollte er sagen? 'Ich hab mich mal eben mit meinem Zanpakuto in meiner inneren Welt getroffen'? Nein, ganz bestimmt nicht – also schob er eben Alles wieder auf die Müdigkeit. "Ich war einfach nur total müde.", sagte er leise, während er merkte, dass seine Stimme irgendwie rau klang. "Ich kann schon seit Tagen nicht mehr normal schlafen, daher bin ich einfach nur müde und etwas fertig.", fügte er noch hinzu und hoffte, dass dies dem Arzt als Erklärung ausreichen würde. Leider war das jedoch ein gefundenes 'Fressen' für den Anderen, der nur nickte und ihm behutsam eine Hand auf die Schulter legte. "Weißt du, das hört sich nicht sonderlich gut an. Scheinbar bist du ziemlich überfordert und derart gestresst, dass sich das auf diese Art und Weise bei dir äußert. Du brauchst in der nächsten Zeit einfach etwas mehr Ruhe und musst lernen, mit stressigen Situationen umzugehen. Zum Beispiel könntest du in das Absolventenwohnheim ziehen, sodass du mehr von deiner Freizeit hast. Dort könntest du dann auch gemeinsam mit Anderen lernen und hättest Jemanden um dich. Wie ich lese, hast du keinerlei Familie zu Hause, da täte dir Anschluss hier sicherlich gut…", waren die Worte des Anderen, die zum Ende hin immer unsicherer wurden und dem Schüler noch lange im Gedächtnis bleiben sollten. Nicht, dass er auch nur ansatzweise überfordert wäre, wusste er doch, dass das Alles auf seinen Zanpakutogeist Sakata zurückzuführen war, der erst vor Kurzem erwacht war. Dennoch schienen die Worte des Anderen Etwas bewirkt zu haben und den Schüler zum Handeln animiert zu haben. Er zog tatsächlich für die restlichen Jahre seiner Akademiezeit in das Absolventenwohnheim, wo er – zumindest werktags – seine Freizeit verbrachte. An den Wochenenden besuchte er entweder seine Schwester, die noch immer glücklich und zufrieden ihrer Tätigkeit nachging, um ihr das Versprechen ins Gedächtnis zurück zu rufen, welches sie sich gegenseitig gegeben hatten. Ansonsten schlief er sich an den Wochenenden entweder aus oder trainierte den ganzen Tag – Beschäftigung fand er immer. Hin und wieder trainierte er auch mit Sei, dem das Training ebenso zugute kam. Langsam aber sicher zog die Zeit erneut dahin und es vergingen nochmals 3 weitere Jahre, in denen Shin langsam merkte, dass er erhebliche Fortschritte machte. Innerhalb dieser 3 Jahre lernte er, sein Shikai zu aktivieren – eine Fähigkeit, von der er nie dachte, sie verhältnismäßig schnell zu erlernen. Gemeinsam mit seinem Zanpakutogeist trainierte er nun öfters an den Wochenenden dieses Shikai, was sich als erheblich schwer und anstrengend entpuppte. Ob noch Jemand in seiner Klasse schon ein Shikai hatte, wusste er nicht, vermied er es doch, auch nur ansatzweise derartige Fragen zu stellen. Er behielt dieses Geheimnis lieber für sich und vermied es tunlichst, auch nur ansatzweise Jemanden wissen zu lassen, dass er sein Shikai entfesselt hatte. So schwieg er es auch am heutigen Schultage zu Tode. Es war ein sonniger Mittwoch, dessen drückende Hitze sich schon in den frühen Morgenstunden ankündigte. Der blonde Shin'ō-Schüler machte sich gerade daran, sich umzuziehen und mit ein paar Kollegen in den Unterricht zu gehen. Heute hatten sie als Erstes vier Stunden Zanjutsu. Shin befand sich nun im 6. Jahr seiner Akademiezeit, dementsprechend veränderten sich die Anforderungen und auch die Stundenanzahlen der einzelnen Fächer. Viel mehr Wert legte man nun auf Prüfungsfächer und vor allem auf die einzelnen Kampffächer. Der Lehrer stand schon mittens auf einer großen Wiese, wo er sich gerade mit einem anderen Lehrer unterhielt, der sich dann jedoch wieder auf den Weg in seine eigene Klasse machte. Die gesamte Klasse war binnen weniger Zeit anwesend und der Lehrer begann zu sprechen. Shin machte Sei aus und gesellte sich zu ihm. Anders als Shin wohnte Sei nicht im Wohnheim, sondern immer noch daheim. "Ohayo Shin.", grüßte Sei und lächelte verlegen. "Ohayo Sei.", grüßte Shin zurück und schwieg dann sofort wieder, als der Lehrer ihm einen bösen Blick zuwarf. "So, heute machen wir ein kleines Kampftraining. Ich habe das mit den anderen Lehrern abgesprochen. Jeder Einzelne von euch wird gegen mich antreten und mich zu besiegen versuchen. Natürlich wird diese Übung benotet, dennoch solltet ihr euch auch so anstrengen und genügend Ehrgeiz zeigen, weil in 4 Wochen sowieso die Abschlussprüfungen anstehen.", sagte der Lehrer und machte sich nun daran, die Anwesenheiten und Abwesenheiten zu prüfen. Ja, es waren tatsächlich nur noch 4 Wochen bis zur Abschlussprüfung, dann würde es ernst werden und sie müssten alle ihr Können unter Beweis stellen, um sich so einen Platz in der Gotei 13 zu sichern. Die Prüfung des Lehrers ergab, dass alle Schüler vollzählig waren und so konnte das Training beginnen. Nach und nach traten mehrere Schüler gegen den Lehrer an, der zwar sein Zanpakuto zum Einsatz brachte, sich jedoch eher defensiv verhielt. Die Zeit verging wie im Flug und die Stunden waren schon fast vorbei. Da der Lehrer diesmal die Schüler in invertierter Reihenfolge gegen sich hatte antreten lassen, war Shin der Letzte, der gegen ihn antreten musste. Neben ihm gab es scheinbar noch Jemanden, der ein Shikai innehatte – der Schüler zuvor hatte ein Shikai offenbart, was zu großem Erstaunen geführt hatte, also könnte er wohl auch seines zum Vorschein bringen, wenn er den Lehrer nicht so 'besiegen' konnte. Schweigend trat er nach vorne, während er sich kurz vor dem Sensei verbeugte, sein Katana aus der Saya zog und den Lehrer dann ernst ansah. Der Lehrer erwiderte den Gruß und machte eine Handbewegung, die dem Anderen bedeutete, ihn anzugreifen. "Na los, greif mich an, Shin.", sagte er nun, woraufhin Shin auf den Lehrer zustürmte und auf ihn einhieb. Der Mann, der etwas kleiner war als er selbst, blockte seine Hiebe erheblich gut und versuchte selbst, hin und wieder Shin in Bedrängnis zu bringen, indem er andeutete, ihn zu erwischen. Dennoch merkte Shin bald, dass er ernst machen musste und mehr zeigen musste. Kidō brachte er nicht zum Einsatz, konnte er es doch immer noch nicht so richtig, daher müsste er etwas Anderes zum Einsatz bringen. Erstmal brachte er Distanz zwischen seinen Kontrahenten und sich, indem er via Shunpo etwas nach hinten sprang. Neugierig und abwartend starrte der Lehrer auf den Schüler, wohingegen sein Blick Bände zu sprechen schien – er wollte wohl auch nicht, dass Shin Kidō zum Einsatz brachte, war die Selbstverletzungsgefahr für Shin bei dieser Kampfmethode doch weitaus höher, als dass er sein Ziel traf. Auch nach 3 Jahren Training wurde er mit Kidō einfach nicht warm und schaffte es noch immer nicht, die Inkantationen richtig und ordentlich aufzusagen. Anstatt dass er nun jedoch weiter über Kidō nachdachte oder dessen Einsatz gar in Erwägung zog, hielt er mit einer Hand das Katana senkrecht vor seinen Kopf, wobei er es an seiner Nasenspitze anliegen ließ und seine Augen schloss. "Kūsō suru, Sakata!", sagte er, während er mit der linken Hand über die Klinge des Zanpakutos fuhr und somit sein Shikai freisetzte. Durch seinen Ausruf 'fantasiere' hüllte ein gleißendes Licht die Kämpfenden ein, welches den Gegner blendete und dadurch affektierte. Anfangs dachte der Sensei, dass sich rein gar Nichts geändert hätte, doch dann setzte die Wirkung des Shikais ein und er begann zu fantasieren. Die Umgebung verschwamm und verzerrte sich vor seinen Augen, während alle Geräusche nur merkwürdig fern und verfälscht an ihn herankamen. Irritiert riss er die Augen auf, während er merkte, dass er sich auch nicht sonderlich gut fühlte. Generell fühlte sich das Katana merkwürdig an, welches er in Händen hielt. Auch meinte er, keinen festen Boden mehr unter seinen Füßen zu haben. Was war das nur für ein Shikai? Ein großgewachsener, rothaariger Taichou schlenderte gerade auf die im Freien versammelten Schüler und den Lehrer zu, während die Stimmen der Schüler und die Kampfgeräusche leise an ihn heran drangen. Auf seinem Rücken prangte das Abzeichen der Gobantai. Ja, es handelte sich um den Gobantai-Taichou. Er war heute hierher gekommen, weil er eine Einladung der Akademie erhalten hatte, seine Bantai innerhalb einer Unterrichtsstunde den Schülern vorzustellen und somit neue Shinigami für die Gobantai anzuwerben. Sein Name war Seigen Suzunami und er machte sich nun daran, in etwas weiterer Entfernung zu der versammelten Schulklasse und dem Lehrer stehen zu bleiben und den Kampf aus der Ferne zu beobachten. Seine Anwesenheit bemerkte noch Niemand. "Das Shikai von Sakata bewirkt, dass mein Gegner zu fantasieren beginnt.", sagte Shin unterließ es jedoch, weitere Erklärungen folgen zu lassen – das würde sein Gegner, in diesem Fall sein Lehrer, schon bald zu spüren bekommen. Der Lehrer stand noch immer da, beide Hände am Griff seines Katanas, während Shin auf ihn zu rannte und mit dem Schwert ausholte. Die Schulter des Lehrers, die der Schüler mit dem Schwert erwischte, begann sofort zu bluten, was ein Ächzen des Lehrers hervorrief und diesen dazu veranlasste, sein eigenes Shikai nun zum Einsatz zu bringen. "Hirogaru, Ayu!", rief der Lehrer und verwandelte sein Zanpakuto nun in eine Lanze, die sich verlängerte und sich sogleich in Shins Oberkörper bohrte, hatte sich doch an der räumlichen Gegebenheit Nichts geändert und auch nicht daran, dass Shin noch immer vor dem Lehrer stand. Der Sensei befand sich in akuter Gefahr, daher handelte er nun so, wie er gerade handelte. Das Zanpakuto drang in den Oberkörper des großen Blonden ein, der vor Schmerz aufstöhnte und kraftlos von der Lanze rutschte. Sein Shikai deaktivierte sich und er fiel mit einem dumpfen Schlag zu Boden, wo er reglos liegen blieb. Blut strömte aus der Wunde, während er schwer atmend auf dem Boden lag und die Augen zusammenkniff. Der Schmerz der Wunde war immens und strahlte aus – solch immensen Schmerz hatte er noch nie empfunden. Schockiert blickten die Schüler drein, während ein erstauntes Raunen durch die Menge ging und auch der Lehrer mit schockgeweiteten Augen dastand. Der Gobantai-Taichou wusste, dass er jetzt, in diesem Moment eingreifen musste, also tauchte er via Shunpo neben dem am Boden liegenden Shin auf, um sich zu ihm hinab zu beugen. Auch der Lehrer machte sich daran, sich aus seiner Schockstarre zu lösen und den Schüler via Kaidō zu heilen, während der Taichou dem Schüler eine Hand auf die Schulter legte und ihn zu beruhigen versuchte. Nach und nach hörte die Wunde auf zu bluten und schloss sich wieder – der Lehrer war sehr talentiert, was das Kaidō anging. "Geht Alle ins Klassenzimmer!", befahl er den Schülern, deren neugierige Blicke noch immer auf ihnen allen ruhten. Sofort kamen die Schüler dem Befehl des Lehrers nach und machten sich daran, erst zögerlich, dann jedoch schneller seinen Anweisungen Folge zu leisten und in das Klassenzimmer zurück zu kehren. Shin merkte, dass es ihm nach und nach immer besser ging. Die braunen Augen des Taichous und die blauen Augen seines Lehrers ruhten auf ihm, während er den Blick des Taichous zu erwidern versuchte. Endlich schaffte es der Lehrer, den Schüler endgültig zu heilen und kündigte den beiden Anderen dies durch ein kurzes 'ich bin fertig.', an, seine eigenen Wunde heilte er ebenfalls. "Gut so.", sagte Seigen, der nun eine Hand auf dem Rücken des Schülers platzierte und diesem aufhalf. "So etwas darf nicht passieren und das wissen Sie auch, oder etwa nicht? Sie haben gerade einen Schüler lebensgefährlich verletzt, wobei ich mir schon vorstellen kann, dass Sie sich bei einem derartigen Shikai selbst als ziemlich gefährdet betrachtet haben. Dennoch sind Sie ein Lehrer und weitaus mehr erfahren als ein Schüler der 6. Stufe.", meinte Seigen nun, während sich die drei langsam in Richtung des Akademiegebäudes begaben. "Ja ich weiß. Es tut mir leid, bitte verzeiht mir meine grausige Tat aber ich habe mich durch dieses Shikai bedroht gefühlt.", sagte der Lehrer aufrichtig und verbeugte sich vor den beiden Anderen. Er meinte es ehrlich, das konnte man ihm ansehen und das war es auch, das Seigen und damit auch den Schüler beruhigte, der zu ihm sah und scheinbar in seiner Miene zu lesen schien. "Schon in Ordnung… Es ist ja nichts Schlimmeres passiert.", sagte Shin leise und akzeptierte die Entschuldigung des Anderen, der sich erneut dankbar vor ihm verbeugte. "Danke vielmals. Ich glaube es ist besser für dich, dich jetzt erstmal auszuruhen.", sagte der Lehrer, woraufhin auch Seigen kurz zur Bestätigung nickte. "Ja, da hat der Lehrer recht. Wo wohnst du? Ich bringe dich heim.", bot Seigen an. "Meine Bantai werde ich dir gerne in einem persönlichen Gespräch nach der Schule mal vorstellen, wenn du meinem Vortrag heute schon nicht beiwohnen kannst.", meinte er lächelnd und sah abwartend zu dem Schüler. "Ich gehe wieder mit in die Schule. Ist schon in Ordnung.", sagte Shin und fing sich dadurch verwunderte Blicke von Taichou und Lehrer ein. "Bist du dir auch wirklich sicher? Wie heißt du eigentlich?", fragte Suzunami-Taichou nun und sah den großen Blonden mit einem bohrenden, fragenden Blick an. "Ja, definitiv. Mein Name ist Ariwi Shin.", sagte er und nickte noch mal zur Bekräftigung seiner Worte – sein Entschluss stand fest. Schwächeln konnte er jetzt nicht mehr, so kurz vor der Abschlussprüfung, auch interessierte ihn die Vorstellung der Gobantai. Zurzeit stellten nach und nach verschiedene Taichous ihre Bantais vor, da wollte er sich keine einzelne dieser Vorstellungen entgehen lassen, so auch nicht die offensichtlich heute anstehende Vorstellung der Gobantai. "Nun gut. Wie du meinst.", sagte der Lehrer und die Kleingruppe setzte ihren Weg ins Klassenzimmer fort. Die Pause ließen sie ausfallen – als Ersatz gab es später dann eben eine ganze Stunde Mittagspause. Nun wieder schweigend ging die Gruppe á 3 Mann in das Gebäude der Akademie um auf direktem Wege das Klassenzimmer anzusteuern und auch zu erreichen. Gemeinsam traten sie ein, was zu empörten Blicken führte, die sich auf Shin richteten. "Arigatou.", sagte Shin, löste Seigens Griff und verbeugte sich vor diesem, was diesen nur zu einem Lächeln und einem kurzen 'Domo' veranlasste. Shin schritt auf seinen Platz zu und ließ sich wieder neben Sei nieder, während er die Blicke der Anderen deutlich spüren konnte – sie waren allesamt verwundert, dass er heute noch mal hier erschienen war. Der Lehrer durchbrach die eingekehrte Stille wieder, indem er seine Worte an die Klasse richtete. "Ich möchte Etwas klarstellen.", sagte er und räusperte sich kurz, während er sich vor das Pult stellte und nun den neugierigen Blicken der Schülern standhalten musste. "Ich möchte euch erläutern, warum ich Shin verletzt habe. Shin hatte sein Shikai gegen mich zum Einsatz gebracht, welches mich dazu veranlasste, zu fantasieren. Ich konnte nicht mehr richtig sehen, fühlen und hören. Ich vermochte mir die Ausmaße dieses Shikais nicht auszumachen und war sofort in Alarmbereitschaft, weil ich eine ähnliche Erfahrung schon mal mit einem meiner Gegner gemacht habe, der jedoch kein Schüler war und mich fast getötet hätte. Da Panik in mir aufstieg, aktivierte ich kurzerhand mein Shikai, was dazu führte, dass ich Shin verletzt habe. Es tut mir leid und ich verspreche, dass ich so Etwas nie wieder machen werde.", sagte er und verbeugte sich vor der ganzen Klasse, was zu einem anerkennenden Nicken seitens Seigen führte. Kurz ließ der Lehrer seine Worte noch bei den Schülern nachhallen, ehe er sich nun in Richtung Seigen wandte. "Heute begrüßen wir Seigen Suzunami, den Gobantai-Taichou, hier in unserem Hause. Er wird euch jetzt gleich einen Überblick über die Gobantai geben. Bitte zögert nicht, ihm Fragen zu stellen, falls Unklarheiten bestehen. Bitte, Suzunami-Taichou. Lassen Sie mich wissen, wenn Sie noch Etwas benötigen.", sagte er und bat den Taichou nun an das Pult, ehe er sich auf ein Fensterbrett setzte und der Vorstellung so beiwohnte. "Guten Tag. Mein Name ist Suzunami Seigen. Ich bin der derzeitige Gobantai-Taichou und übe dieses Amt seit 5 Jahren aus.", begann er. Ja, er übte sein Amt schon ganze 5 Jahre lang aus, dennoch liebte er seinen Job noch immer so, wie er es am ersten Tage getan hatte. Immerzu zeigte er Einsatz und tat Alles für seine Bantai. "Vielleicht erzähle ich erstmal Etwas zu meiner Persönlichkeit, ehe ich auf die Gobantai, ihre derzeitigen Ränge, ihre Struktur und ihr Aufgabengebiet zu sprechen komme.", sagte er und legte mit seiner Vorstellung der Gobantai los. Er erzählte viel, schilderte, welche Aufgaben sie innehatten, dass sein Fukutaichou vor kurzer Zeit erst verstorben war und er händeringend nach einem Ersatz suchte, wie viele Shinigamis er in seiner Bantai beschäftigte und auf was er Alles so Wert legte. Eine geschlagene Stunde sprach er und erzählte, worauf es ihm ankam. Shin verfolgte die Schilderung des Anderen aufmerksam, verstand sich der Taichou doch darauf, den Vortrag interessant und spannend zugleich aufzubauen. Während der Rothaarige weiter fortfuhr merkte Shin, dass er die Gobantai nicht nur gut fand, sondern ihr ganz sicher beitreten wollte. Bei keiner anderen Bantai hatte er bisher das Verlangen verspürt, sofort dort anfangen zu wollen. Gut, die Sanbantai klang auch vielversprechend, dennoch schaffte Seigen Suzunami es, den Schüler für seine Bantai zu gewinnen und so fasste er einen Entschluss: Er würde - wenn er seine Abschlussprüfung bestanden hatte - in die Gobantai wechseln, sofern ihn diese als neuen Shinigami aufnehmen würde. Entscheidungen sind da, um sie zu treffen. Der Eine trifft sie lieber, der Andere weniger, während sie völlig unterschiedlicher Natur und Gewichtung für uns sein können. Manche Entscheidungen bringen uns aus der Fassung, fallen uns immens schwer oder bauen sich wie Weggabelungen vor uns auf. Wählen wir den einen Weg, können wir den Anderen nicht mehr einschlagen und wissen nicht, ob wir unsere Entscheidung nicht eines Tages sogar bereuen werden. Manche Entscheidungen fallen uns leicht, Andere hingegen erheblich schwer. Shin fiel seine Entscheidung nun jedoch leicht. Auch diese Entscheidung war eine Entscheidung mit immenser Gewichtung, würde sie doch sein ganzes Leben verändern. Dennoch war er sich sicher, zu 100 Prozent. Woher auch immer diese Sicherheit kam, wusste er nicht, doch merkte er, dass sich die Entscheidung 'richtig' anfühlte'. War es der heutige Tag, der ihm dem Taichou näher gebracht hatte oder der tolle Vortrag, den der Rothaarige hielt – er wusste es nicht, dennoch wusste er, dass er diese Entscheidung nicht bereuen würde und wählte seinen Weg. Seine Zukunft würde eine Tätigkeit in der Gobantai darstellen mit Sakata an seiner Seite. Kapitel 12: Broken Promise -------------------------- Die 4 Wochen bis zur Abschlussprüfung vergingen wie im Fluge und so begab es sich, dass die Abschlussprüfungen für die Oberstufe der Shin'ō-Akademie anstanden. Über einen Zeitraum von 5 Tagen wurden die Schüler in allen wichtigen Prüfungsfächern auf Herz und Nieren getestet, um sich so die Zugangsvoraussetzungen für einen Platz als Shinigami in einer Bantai der Gotei 13 zu erarbeiten. Gerade eben hatte Shin seine letzte Prüfung in Kidō absolviert und hatte sogar ein mittelmäßig bis mittelmäßig-gutes Gefühl, als er die Türe des Prüfungssaales hinter sich schloss. Ja doch, seinem Erachten nach hatte er die Prüfung gut absolviert, noch nicht einmal die Inkantationen waren heute ein allzu großes Problem für ihn gewesen – und das kam selten vor! Nun gut, so überspitzt konnte man das nicht ausdrücken, das klang ja fast so als ob er Alles zu 100 Prozent richtig gemacht hatte, doch das hatte er nicht. Hin und wieder hatte er sich schonmal verhaspelt oder ein paar Worte vertauscht, am Ende hatte er es aber tatsächlich geschafft, den gewünschten Zauber herauf zu beschwören und nur das zählte. Es zählte das Ergebnis, der Weg zum Ziel war egal - der Zweck heiligte nunmal die Mittel. Das Einzige, das ihn heute etwas stärker aus der Bahn geworfen hatte waren die theoretischen Fragen der Prüfer. Ein sonderlich großer Befürworter des Theorieunterrichts war er nicht, tat er sich doch ziemlich schwer, Dinge auswendig zu lernen. Diese Dinge dann jedoch auch noch mündlich vor den Prüfern vorzutragen hatte ihn auf dem komplett falschen Fuß erwischt. Die Prüfer hatten sicherlich auch gleich gemerkt, dass er für diese Art der Theorie nicht sonderlich viel getan hatte. Die Inkatationen hatte er alle brav gelernt – damit war es seinem Erachten nach aber auch schon wieder getan. Viel mehr konnte er nicht tun, dafür hatte er schlichtweg zu spät mit dem Lernen begonnen. Nun gut, die Inkantationen musste man eigentlich schon zu Akademiezeiten beherrscht haben, er hatte dies jedoch nicht so gut. So ernst nahm er den Unterricht damals noch nicht und so kam es, dass er die Inkantationen zwar gelernt hatte, an dem theoretischen Wissen jedoch ordentlich gespart hatte. Im Großen und Ganzen war er jedoch ziemlich zufrieden mit seiner Leistung, durchgefallen war er sicherlich nicht. Zufrieden suchte er sich den Weg zum Klassenzimmer der Schule, um seine Sachen zu packen und von hier zu verschwinden – die Prüfungen hatte er absolviert, Ergebnisse gäbe es dann erst innerhalb der nächsten zwei Wochen – warum sollte er also noch hier bleiben? Er hatte Wichtigeres zu tun, zumindest wollte er nicht eine Minute länger an dem Ort des Grauens – namentlich 'Akademie' – verbringen. Die Türe zum Klassenzimmer stieß er kurz auf, ehe er schnellen Schrittes nach innen huschte und in die letzte Reihe zu seinem Platz eilte. Sei saß dort und musterte ihn neugierig. "Und, wie war deine Prüfung?", kam die Frage seines Klassenkameraden, der ihn neugierig musterte. "Ganz akzeptabel, denke ich.", antwortete Shin und unterließ es, den Anderen nach seiner Prüfung zu fragen, darüber hatten sie sich vorhin schon ausführlich genug unterhalten, und konzentrierte sich daher viel eher darauf, seine Sachen zu packen. Die paar wenigen Sachen, die er hier hatte verstaute er in seiner Tasche, die Schulbücher wanderten unter die Schulbank – lernen brauchte er nun ja Nichts mehr, mal abgesehen von der noch bevorstehenden mündlichen Prüfung. Nein, großartig viel im Voraus lernen würde er dafür nicht – das konnte er zu gegebenem Zeitpunkt immernoch machen. Daher konnte er die Bücher auch getrost und guten Gewissens hier lassen. Auch von einer eventuell bevorstehenden Nachprüfung würde er erst zu einem späteren Zeitpunkt erfahren, warum sollte er sich also mit solchen Gedanken oder erneutem Lernen belasten – Shin war nunmal Minimalist! "Gehst du nach Hause?", fragte Sei überrascht als er verstand, was hier vor sich ging. "Klar gehe ich nach Hause, ich wüsste nicht, was mich noch hier hält.", antwortete Shin und verstaute noch ein Heft, ehe er die Tasche zu machte und sie dann aufnahm. "Warte, warte.", begann Sei und erhob sich, "du kannst doch nicht einfach gehen. Wir haben nicht die Erlaubnis dafür und außerde-", fügte Sei gerade an, als der große Blonde ihm Einhalt gebot. "Na und? Dann habe ich die eben nicht, ist mir doch egal. Meine Prüfungen habe ich absolviert, also was will ich noch hier? Außerdem habe ich heute noch einen wichtigen Termin.", log Shin und machte sich dann daran, seinen empörten Klassenkameraden einfach inmitten des Klassenzimmers stehen zu lassen – für stundenlange Rechtfertigungen und Erzählungen hatte er jetzt keine Zeit, musste er sich doch besinnen, nicht von den Prüfungsaufsichten erwischt zu werden, die in unregelmäßigen Abständen das Klassenzimmer betraten, um weitere Schüler zur Prüfung abzuholen. Dennoch hatte er Glück – keine Prüfungsaufsicht bekam ihn zu Gesicht und so begab es sich, dass er schnell und unbemerkt ins Absolventenwohnheim eilen konnte, um dort seine wenigen Sachen zu packen und sich auf den endgültigen Heimweg zu machen. Ein letzter Blick noch an die Tafel, die im Eingangsbereich der Schule angebracht war und wichtige Informationen beinhaltete: die Mitteilung der Prüfungsergebnisse fand heute in zwei Wochen statt, optimal. Schnellen und beschleunigten Schrittes verschwand der Schüler nach draußen und suchte sich dann seinen direkten Weg nach Hause. Erstmal würde er dorthin verschwinden und später zu Saraya gehen - sonst würde seine Schwester später wittern, dass er nicht unbedingt bis zum endgültigen Schulschluss in der Akademie gewesen war. Das grelle Licht der Mittagssonne blendete ihn und er hielt sich schützend eine Hand über seine Augen, während er die Seireitei verließ und sich gen Rukongai aufmachte. Nur wenige Distrikte trennten ihn noch von seinem Eigenheim und er freute sich schon darauf, sich jetzt erstmal richtig ausschlafen zu können. Den Besuch bei seiner Schwester würde er dann später nachholen, sicher war nunmal sicher. Nach einer guten halben Stunde kam er zu Hause an und betrat das kleine Häuschen, dessen Inneres eine unwahrscheinliche Kühle beinhaltete – einfach wunderbar bei diesen Temperaturen. Kurz trank er etwas, ehe er sich auf das Fell im Wohnraum legte und an die Decke starrte. Viel war in der letzten Zeit passiert, sehr viel sogar. Dennoch war er froh, dass er das Kapitel 'Schule' fürs Erste wohl als beendet ansehen und abhaken könnte. Jetzt musste er nur noch einen Platz in der Gobantai bekommen. Beworben hatte er sich dort ja schon, die einzige Voraussetzung war nun das erfolgreiche Bestehen der Abschlussprüfung mit einem maximalen Notendurchschnitt von 3,0. Das hörte sich Alles so einfach an, war es jedoch nicht. Verdammt! Hoffentlich hatte er die Abschlussprüfungen mit einem Mindestnotendurchschnitt von 3,0 bestanden. Auch wenn er nicht unbedingt gläubig war betete er darum, eben diesen Schnitt erreicht zu haben um in die Bantai Seigen Suzunamis kommen zu können. "Wird schon schief gehen.", murmelte er vor sich hin, um sich selbst zu beruhigen und schloss seine Augen, ehe er endlich einschlief. Er träumte nicht, der Schlaf war sogar erholsam. Das war er jedoch nur solange, bis ihn auf einmal ein lautes Hämmern an der Türe weckte. Verschlafen rieb er sich die Augen und sah nach draußen. Zu seinem Entsetzen stellte er fest, dass nur noch fahles Licht durch das Fenster in das Innere des kleinen Häuschens drang. Mist! Er hatte zu lange geschlafen und vergessen, seiner Schwester einen Besuch abzustatten. Verschlafen trottete er an die Türe und öffnete diese vorsichtig, als er seine Schwester auch schon zu Gesicht bekam – der Besuch bei ihr hatte sich hiermit dann offiziell erledigt. "Shin!", schrie sie schon fast, wobei er den Vorwurf in ihrer Stimme nur allzu gut vernehmen konnte. "Tut.. mir... leid, Saraya. Wirklich.", stammelte Shin, während er sich an den Hinterkopf fasste, ehe er ein paar Schritte zur Seite tat und sie eintreten ließ. Schnell eilte sie nach innen, er schloss die Türe hinter ihr und folgte ihr dann in die Küche. "Wie war deine letzte Prüfung heute?", fragte sie ihn angespannt und er fragte sich schon, ob sie ihn nicht mit Vorwürfen überschütten würde, wurde jedoch gleich eines Besseren belehrt – scheinbar konnte sie Gedanken lesen. "Warum bist du nicht vorbeigekommen wie nach jeder anderen Prüfung?", fragte sie ihn vorwurfsvoll und seufzte laut, während sie die Arme vor der Brust verschränkte. "Wieso liegst du hier und schläfst, während ich vor Sorge fast umkomme?!", fügte sie mit erhobener Stimme an und schien ihn allein schon mit ihrem Blick zu töten, durch den sie wohl bis tief in sein Innerstes sehen wollte. "W-weil ich... äh... müde... war..", stammelte Shin verlegen, der darauf bedacht war seiner Schwester zu verleumden, dass er heute etwas eher seine Schule beendet und seinen Besuch bei ihr vergessen hatte. "Warum um Alles in der Welt hast du geschlafen? Schlafen kannst du auch nachts! Komm gefälligst bei mir vorbei und erzähl mir Alles und lass mich hier nicht im Regen stehen! Wann hattest du denn Schulschluss heute?", fragte sie und machte da mit ihren Vorwürfen weiter, wo sie vorhin aufgehört hatte. "E-es tut mir leid. Das kommt nicht mehr wieder vor, wirklich.", sagte er und ging auf ihre Frage, wann heute sein Schultag geendet hatte, gar nicht weiter ein – sicher war einfach sicher. "Naja egal. Gut finde ich es nicht aber ist wohl so, nicht?", sagte sie etwas genervt, ehe sie nur seufzte, "Jetzt erzähl schon!", forderte sie dann und sah nun mehr abwartend als vorwurfsvoll zu ihm nach oben, während er nur kurz seufzte – das schien ja in letzter Sekunde nochmal gut gegangen zu sein. "Es ging schon. Ich denke ich habe die gesamten Prüfungen bestanden. Die Inkantationen haben ziemlich gut funktioniert, jedoch habe ich nicht damit gerechnet, dass die Prüfer mir noch zusätzliche, theoretische Fragen stellen. Aber egal, ich glaube das hat Nichts ausgemacht, das ich mir bei diesen Fragen etwas unsicherer war.", gab er ihr die langersehnte Antwort und sah sie wieder an, wobei er ihren nächsten Vorwurf schon vorhersehen konnte. "Was? Ist das dein Ernst?! Du hast nicht geahnt, dass dir der Prüfer auch Theoriefragen stellt? Meine Güte, Shin! Wie willst du denn mal in eine Bantai kommen, wenn du solche Dinge nicht ahnen kannst. Weißt du was? – Du bist einfach nur zu faul, das ist das größte Problem hier! Wer weiß, ob du das hier Alles bestanden hast! Ist mir jetzt auch egal, ich muss gehen.", sagte sie belehrend während es ihm erschien, als stünde sie in der Rolle seiner Mutter oder eines Lehrers vor ihm, während er sich rechtzufertigen hatte. "Ach nein, du dramatisierst doch nur Alles. Das ging schon gut. Glaub mir, ich habe bestanden, ganz sicher.", versicherte er und hob abwehrend die Hände, während sie schon auf die Türe zugehen wollte, sich dann jedoch scheinbar eines Besseren besinnte. "Nun gut, ist ja in Ordnung.", sagte sie und sah ihn entschuldigend an, "tut mir leid, ich habe wohl etwas übertrieben aber ich habe einfach Angst, dass du es nicht geschafft hast.", war es nun sie, die sich rechtfertigte. "Mach dir keine Sorgen.", meinte Shin, der ihr auf Schritt und Tritt gefolgt war und ihr behutsam eine Hand auf die Schulter legte, ehe er sie sanft an sich zog und sie umarmte – wie lange hatten sie schon nicht mehr so dagestanden? Die plötzliche Änderung ihres Verhaltens irritierte ihn zwar, dennoch verschwieg er ihr diese Tatsache. "Ich vermisse dich.", flüsterte er leise, während sie nur nickte. "Ich dich auch, unendlich.", erwiderte sie und schmiegte sich etwas an ihn, ehe sie eine Weile in dieser Position verharrten. Erst das hektische Klopfen an der Türe durchbrach die Stille, als Saraya auch schon gehetzt zu dieser sah. Ihrem Ausdruck nach zu urteilen hatte sie entweder etwas vergessen oder war zu spät zur Arbeit, daher eilte sie zur Tür und riss diese hektisch auf. "Oh, Sanjo!", stellte sie fest und war etwas schockiert, den Anderen hier zu sehen, "es tut mir leid, ich… ich habe die Zeit völlig vergessen!", meinte sie gehetzt, während sie Shin umarmte, der ihr gefolgt war und Sanjo kritisch musterte. "Die Herrin ist immens erbost! Komm sofort mit!", forderte er, wobei Saraya ihrem Bruder ein letztes Mal zuwinkte und dann in die Dunkelheit der Dämmerung verschwand. Für eine kurze Zeit verharrte Shin inmitten des Türrahmes und blickte in die Ferne, während es ihn einige Anstrengung kostete, inmitten der Dämmerung noch etwas erkennen zu können. Fast schon unheimlich war die Stille, die nun im Bezirk Kusajishi herrschte, der sonst etwas belebter war – auch wenn es nur Geschrei oder Gestreite war, los war hier definitiv etwas, zumindest tagsüber. Nachts war hier Alles wie ausgestorben: Niemand patrouillierte, Niemand lief freiwillig um diese Uhrzeit durch die Straßen – tat man so etwas war man entweder lebensmüde oder süchtig nach viel Action und dem notwendigen Kick. Selbst die Anwohner mieden es, des Nachts alleine durch die Straßen zu irren. Nun gut, als Mann konnte man das schon tun, als Frau war jedoch davon abzuraten – und das tunlichst. Schweigend drehte der große Blonde der einkehrenden Nacht den Rücken zu und verschwand wieder ins Innere des kleinen Hauses, das nun düster und gruselig wirkte. Auf direktem Wege ging er dahin, wo er schon die ganze Zeit hinwollte – ins Bett. Ehe er seine Augen schloss dachte er nochmal darüber nach, ob die Berufung, der Saraya nachging, auch wirklich das Richtige für sie war. Ihre Arbeitgeberin konnte er einfach nicht leiden, schien sie doch nur selbstverliebt zu sein und Niemandem etwas zu gönnen. Tat Saraya einen falschen Schritt schien die Herrin, wie sie sie alle bezeichneten, schon wütend und erbost zu sein – er könnte so definitiv nicht arbeiten, geschweige denn sich von einer solch hochnäsigen Person etwas sagen lassen. Aber Saraya würde schon wissen, was sie tat. Scheinbar schien sie den Job ja zu lieben. Kurz seufzte er und schloss die Augen, woraufhin er sofort einschlief. Langsam aber sicher versuchte die Morgendämmerung Kusajishi in ein dämmrig-bläuliches Licht einzuhüllen, was ihr jedoch aufgrund eines heraufziehenden Gewitters vergönnt zu bleiben schien. Immer wieder zuckten Blitze, die das kleine Zimmer und den im Bett liegenden Mann erleuchteten und in Sekundenschnelle wieder in Dunkelheit hüllten. Ein Blitz erhellte nun die Gestalt, die sich unweit von Shin entfernt stand und diesen im Schlaf beobachtete – Sakata, der sich materialisiert hatte. Hätte Shin seinen Zanpakutogeist jetzt gesehen, wäre er vermutlich immens erschrocken dennoch schlief er ruhig, während Sakata schweigend auf seinen Meister hinab sah. Friedlich lag er da, während er leise atmete und sich sein Brustkorb in regelmäßigen Abständen hob und wieder senkte. Selbst das draußen tobende Gewitter schien den großen Blonden nicht mal ansatzweise zu stören. Ein Lächeln umspielte die Mundwinkel des Zanpakutogeistes, der nun zum Fenster ging und nach draußen stierte. Fasziniert beobachtete er das Spiel der Blitze, des Regens und des Gewitters an und für sich, ehe er sich wieder umdrehte und auf das Bett zuschritt. Vorsichtig ließ sich Sakata dann neben seinem Meister nieder, während er diesen mit seinem Blick taxierte und ihm ein Lächeln schenkte. "Wir schaffen Alles, gemeinsam.", sagte er leise und drückte kurz die Hand seines Meisters, woraufhin dieser sich im Schlaf etwas drehte. Sofort dematerialisierte sich der Geist wieder und verschwand dahin, wo er her gekommen war – ins tiefste Innere seines Meisters. Der nächste Morgen kam früher als erwartet – ein lauter Donnerschlag machte Shin auf das Gewitter aufmerksam, das gerade in seinem Heimatbezirk tobte. Grummelnd räkelte sich der junge blonde Mann, der noch einmal tief durchatmete und weiterschlafen wollte, als er erneut von einem Donnerschlag aus dem schon fast wieder einsetzenden Schlaf gerissen wurde. Kurz stöhnte er genervt, ehe er sich etwas aufsetzte. Verschlafen rieb er sich die Hände wobei er schwören hätte können, dass ihn vor Kurzem noch Jemand angefasst hatte, doch konnte das nicht sein. Müde blickte er zu dem geschlossenen Fenster, gegen welches unaufhörlich die großen Regentropfen prasselten. Ein kurzes Gähnen, dann legte er sich wieder schlafen und schloss die Augen. Heute würde er natürlich nicht zur Schule gehen – bis es die Prüfungsergebnisse gab würde es sicherlich noch eine ganze Weile dauern und so begab es sich tatsächlich, dass er knappe zwei Wochen komplett daheim blieb, natürlich ohne sich krank zu melden. Als er wieder in die Schule kam war er ausnahmsweise sogar einmal pünktlich dran. Heute war ein verregneter Tag, hin und wieder gewitterte es sogar doch das war ihm egal – von seinem Heimatbezirk war er die Gewitter ja nur allzu gut gewohnt. Dem Lehrer schien das Wetter jedoch ordentlich aufs Gemüt zu schlagen, war er doch schlecht drauf und wirkte so, als ob ihn dieses trübe Wetter tatsächlich affektieren würde. Vorsichtig-zögerlich begab sich Shin in das Klassenzimmer, wo ihn manche Schüler teils irritiert, teils neugierig ansahen. Dem Lehrer hingegen stand seine Verärgerung deutlich ins Gesicht geschrieben. "Shin! Wo zur Hölle warst du die ganze Zeit über?", forderte er zu wissen und wartete die Antwort des großen Blonden ab, der sich kurz räusperte und sich dann vor dem Lehrer verbeugte. "Nun ja, ich.. ich war krank.", log er, tat jedoch so als, ob er es ernst meine. "Was hat dir der stellvertretende Akademieleiter dazu schon einmal gesagt?", forderte der Lehrer zu wissen. "Dass ich mich krankmelden solle.", antwortete Shin. "Und? Warum hast du das nicht getan?", forderte der Mann nun mit genervtem Unterton von ihm zu wissen. "Mir ging es zu schlecht.", log Shin weiter, woraufhin der Lehrer nur seufzte. "Ach egal, bist ja eh nicht mehr lange in dieser Akademie.", tat der Lehrer das Ganze einfach nur ab, woraufhin Shin ihn mit etwas verwundertem Gesichtsausdruck ansah. Solch ein Verhalten hatte er von seinem Lehrer absolut nicht erwartet, schien dieser die Prinzipien der Schule und deren Werte doch immer bestmöglichst zu vertreten. "Gomein nasai, Hayaki-Sensei!", bat Shin nochmals um Entschuldigung, ehe er auf Anweisung des Senseis hin neben Sei in der hintersten Reihe Platz nahm, der ihn vorwurfsvoll ansah. "Du hast doch geschwänzt, oder?", forderte der Andere zu wissen, woraufhin Shin nur die Schultern zuckte. "Ich wüsste nicht, was dich das angehen sollte.", meinte Shin, der darauf bedacht war, dem Anderen eben diese Tatsache nicht zu offenbaren - er wäre ja schön blöd, wenn er exakt das zugeben würde. "Naja, wie du meinst. Unsere Prüfungsergebnisse haben wir gestern schon erhalten, ich habe bestanden.", meinte Sei und sah zu seinem Sitznachbarn, der ihm ein Lächeln schenkte. "Glückwunsch! Gut gemacht!", sprach Shin seine Gratulation aus, ehe er kurz innehielt und dann eine andere Frage stellte, "Mit welchem Schnitt hast du denn bestanden?", wollte er nun neugierig von Sei wissen. "2,4.", antwortete der Andere grinsend und veranlasste Shin nun dazu, ihm anerkennend auf die Schulter zu klopfen. Verdammt! Hatte er die Bekanntgabe der Prüfungsergebnisse tatsächlich verpeilt? Das war ja mal überhaupt nicht gut, vorallem wenn man den Termin schon seit 2 Wochen kannte. Innerlich ärgerte er sich über sein Verhalten, hoffte jedoch, dass der Lehrer ihn aufgrund dieser Tatsache nicht doch noch angehen würde. "Gut gemacht, wirklich. Respekt.", sagte er nur zu Sei und grinste diesen kurz an, ehe er direkt von dem Lehrer angesprochen wurde. "Gestern habe ich im Auftrag des Prüfungsausschusses die Prüfungsergebnisse bekannt gegeben. Da du nicht hier warst gebe ich dir deines dann in der Pause, ja?", gab der Lehrer bekannt, woraufhin Shin nur nickte und den Rest der Stunde damit verbrachte, den Worten des Lehrers zu lauschen. Die Stunde verging wirklich schnell und endlich war Pause, woraufhin Shin zu dem Lehrer ging, der ihn zu sich nach vorne winkte. Etwas angespannt und ein kleines bisschen aufgeregt war er schon, als der Lehrer ihm bedeutete, ihm zu folgen, um ihm dann aus dem Lehrerzimmer die Mitteilung über sein schriftliches Prüfungsergebnis aushändigen zu können. Sei folgte den Beiden auf Schritt und Tritt. Während die beiden Schüler vor der Tür des Lehrerzimmers warteten sah Sei seinen Klassenkameraden fragend an. "Glaubst du, dass du bestanden hast?", fragte er Shin, der nur die Schultern zuckte. "Ich denke schon aber das wird sich ja gleich zeigen.", meinte er und nahm schlussendlich die Bestätigung entgegen, laut der er die Prüfung mit einem Schnitt von 2,9 bestanden hatte. Von seinem Lehrer ließ er sich beglückwünschen, woraufhin er nur lächelte und seinem Sensei dankte. Der Sensei teilte ihm mit, dass er morgen mündliche Prüfung hätte, was er zur Kenntnis nahm und dann mit Sei wieder verschwand. "Glückwunsch!", sagte Sei und grinste breit, "dann haben wir morgen ja zusammen mündliche Prüfung!", meinte er und redete nun darüber, was die Prüfer morgen Alles fragen könnten, seinem Kollegen half er damit nicht unbedingt sonderlich – diesen machte er damit sogar fast schon etwas verrückt. Nichtsdestotrotz war Shin eine Person, die unter Druck am besten lernen konnte. Gut, lernen allgemein mochte er nicht sonderlich gerne, auswendig lernen sowieso nicht, dennoch schien ihm der Druck der bevorstehenden mündlichen Prüfung morgen zu beflügeln. Shin entschloss sich, seiner Schwester erst dann von seiner bestandenen Prüfung zu berichten, wenn er auch die mündliche Prüfung bestanden hatte und diese bestand er am nächsten Tag sogar mit Bravour. Die Fragen, die man ihm stellte, waren nicht allzu schwer zu beantworten und so schaffte er es, insgesamt mit einem Notendurchschnitt von 2,5 zu bestehen. Auch erfuhr er, dass seine Bewerbung für seine Laufbahn als Shinigami der Gobantai angenommen worden war, was ihn erheblich freute. Endlich konnte er in die Bantai, in welche er schon immer wollte! So gut wie am heutigen Tage hatte er sich schon lange nicht mehr gefühlt, das musste er schon zugeben. Die strahlende Sonne heute schien seine Laune nur ins Unermessliche steigern zu wollen und so machte er sich daran, gleich nach der Verabschiedungszeremonie der Akademie zu seiner Schwester zu eilen, die sich ebenfalls immens freute. Auch die adelige Herrin, der sich seine Schwester angedient hatte, schien heute einen guten Tag zu haben und gab Saraya für die restliche Woche frei, die kurz einige ihrer wenigen Sachen packte und gemeinsam mit Shin nach draußen verschwand. Hand in Hand ging das Geschwisterpaar langsam in die Richtung Rukongais, während sich beide freuten, endlich wieder etwas Zeit miteinander verbringen zu dürfen. Nach und nach durchstreiften sie einen nach dem anderen Bezirk, ehe sie in ihrem Heimatbezirk ankamen. Auf dem Heimweg hatte Shin Saraya ausführlich von seiner Prüfung erzählt, sie hatte ihn gelobt und nun betraten beide das Haus. Fast schon fühlte sich Alles wie früher an: Saraya bezog ihr altes Zimmer, er machte sich daran, auf dem Markt etwas zu Essen zu kaufen und beide waren sie schon wenige Stunden später damit beschäftigt, gemeinsam zu kochen. Mittlerweile war es Abend geworden, die Dämmerung setzte ein und damit auch allmählich die Nachtruhe. "Ist das nicht schön, gemeinsam mal wieder etwas Zeit zu verbringen?", wollte Saraya von ihrem Bruder wissen, der gerade eine Pfanne Ramen auf den Esstisch stellte und sich dann lächelnd zu ihr umwandte. "Wen frägst du das? Du glaubst gar nicht, wie sehr ich dich vermisse.", meinte er, woraufhin sie ihm behutsam eine Hand auf die Schulter legte und er sie an sich zog, um sie kurz zu umarmen. "Ich dich auch.", sagte sie, ehe sie weiter fortfuhr, "aber lass uns erstmal etwas essen!", forderte sie, woraufhin er nur nickte und sich schon auf die Ramen freute – eines seiner Lieblingsgerichte. "Gute Idee.", sagte er und setzte sich, woraufhin er erst ihr, dann sich etwas von den köstlichen Ramen in eine Schale füllte. "Itadakimasu!", sagte Saraya, während Shin schon hungrig die Nudeln verschlang. "Itadakimasu!", sprach er mit vollem Mund, was bei den Beiden zu einem Lachen führte. Lange nach dem Essen saßen sie noch da und unterhielten sich über die verschiedensten Dinge, wie sie es bereits zu alten Zeiten getan hatten und genossen so die gemeinsame Zeit, ehe Shin das Versprechen ansprach, welches sie sich gegeben hatten. "Saraya, du…", begann er etwas unsicher und atmete tief durch, ehe er fortfuhr, "du kannst dich doch sicherlich noch an unser Versprechen erinnern, oder?", wollte er nun von ihr wissen, während er sie abwartend ansah. "Ja klar kann ich das. Was ist damit?", fragte sie ihn neugierig und sah ihn wieder direkt an. "Nun ja… Das steht doch noch, oder?", fragte er sie noch immer unsicher und sah sie vorsichtig an. "Klar, versprochen ist versprochen.", meinte sie lächelnd und sah ihn dann wieder etwas ernster an "mach erstmal deine Shinigamiausbildung in der Gobantai und fasse dort Fuß, dann löse ich mein Versprechen ein. Doch erstmal ist mir wichtig, dass du dort wie gesagt Fuß fasst und in diese Bantai reinwächst.", sagte sie und sah ihn wieder lächelnd an, während er nun merkte, dass ihn das Ganze gehörig enttäuschte, irgendwie fühlte er sich von ihr hintergangen – sonderlich viel Wert auf ihr Versprechen schien sie ja nicht zu legen, zumindest schien sie es zu verschieben. Aber aufgeschoben war ja nicht aufgehoben, nichtdestotrotz schien ihn diese Tatsache gerade nicht sonderlich gut beruhigen zu wollen. Nach außen hin ließ er sich jedoch Nichts anmerken sondern tat so, als sei er einfach nur müde und wolle schlafen gehen. "Ich hoffe du hast Nichts dagegen, wenn ich schlafen gehe aber ich bin echt erschöpft.", sagte er und sah sie lächelnd an, während sie nur nickte. "Lass gut sein und geh schlafen – ich räume hier Alles auf.", versprach sie und übernahm die restliche Arbeit, während Shin nur nickte und sich kurz vor ihr verbeugte. "Danke. Oyasumi nasai.", sagte er und verabschiedete sich somit, ehe er nach oben auf sein Zimmer verschwand. Schnell tauschte er seine Akademieuniform gegen den Yukata ein, den er gewöhnlich zum Schlafen trug, lehnte das Zanpakuto gegen die Wand und ließ sich auf das Bett fallen. Auch wenn seine Schwester nun für den Rest der Woche hier war fühlte er sich zutiefst enttäuscht von ihr, schließlich hatten sie sich doch das Versprechen gegeben, sich eine gemeinsame Zukunft aufzubauen alsbald er seine Abschlussprüfung bestanden hätte. Das hatte er nun und wie sah es nun mit ihrem Versprechen aus? Schlecht! Wie auch sonst? Nun gut, vergessen hatte sie es nicht – dennoch schob sie es einfach nur auf. Schweigend starrte er an die Decke, während das Mondlicht seine sanften Gesichtszüge umspielte und seinem langen, blonden Haar einen schönen Glanz verlieh. Vertieft in seine Gedanken bemerkte er den Schatten nicht, der sich langsam und unaufhaltsam seinen Weg zu ihm bahnte und sich ihm unaufhaltsam näherte… Kapitel 13: The Inception ------------------------- Ein raschelndes Geräusch, daraufhin ein Knarren der Bodendielen. Unweigerlich zuckte der auf dem Bett liegende Mann zusammen. War da etwa Jemand mit ihm im Zimmer? Hatte sich Jemand unbemerkt zu ihm in sein Zimmer gestohlen? Shins Erachten nach zu urteilen war dies weitestgehend unmöglich. Er hätte die Türe hören müssen, hätte einen kalten Luftzug von draußen verspüren müssen aber das hatte er Alles nicht, ganz im Gegenteil. Irrte er sich etwa? Konnte das sein? Etwas bewegte sich. Shins Atem setzte einen Moment lang aus, seine Muskulatur verspannte sich schlagartig während er angestrengt in die Dunkelheit blickte, zu dem Punkt wo er gerade die Bewegung ausgemacht hatte. Sein Herzschlag beschleunigte sich, auch wurde seine Atmung schneller. Nein, er hatte sich nicht geirrt, da war Jemand. Stoßweise atmete er ein und aus während er erneut eine Bewegung ausmachte, die ihn vor Furcht zu lähmen suchte und seine Angst Wogen annehmen ließ, die man so schnell nicht mehr glätten konnte. Das ohnehin schon schnell pochende Herz schien ihm aus der Brust springen zu wollen während seine Angst ihr absolutes Maximum erreichte. Shin traute sich nicht, sich auch nur ansatzweise zu bewegen, dennoch war es zu bezweifeln dass er in diesem Moment überhaupt die Überwindung und Kraft aufbringen könnte, sich auch nur in irgendeiner Weise zu bewegen. Deutlich konnte Shin nun nämlich den Schatten sehen, der auf ihn losstürmte. War er zuvor noch vor Furcht wie gelähmt handelte er nun nur noch instinktiv, sein Verstand schaltete sich vollends aus: eine Rückwärtsrolle ließ ihn nun wieder aufrecht in seinem Bett sitzen, ehe er sich vollends erhob und dem Griff des Schattens auswich, der ihn packen wollte. Fragen kamen auf: Wie sollte er jetzt handeln? Nun gut - kämpfen musste und würde er, so viel stand fest. Dennoch musste er sich vermutlich mit dem Nahkampf begnügen. Nochmals ein kurzer, prüfender Blick durch den Raum: in unmittelbarer Nähe befand sich Nichts, was man als Waffe hätte nutzen können, das Katana verbarg sich hinter dem Schatten - irgendwo neben der Tür hatte er es dort an die Wand gelehnt. Schlechte Aussichten - dann wohl doch Nahkampf. Shin blickte die finstere Gestalt an, die ihn geradewegs ansah. Im Vergleich zu ihr wurde er durch das Mondlicht direkt angeleuchtet, sie hingegen verbarg sich fast vollends im Schutze der Dunkelheit. Nur die Augen der Gestalt funkelten etwas, der Rest des Körpers des Fremden verblieb jedoch im Dunkel der Nacht. Was wollte diese Gestalt nur von ihm? Was hatte sie hier zu suchen? War sie ein Einbrecher, ein Dieb, der sein Hab und Gut haben wollte? Aber was wollte sie dann von ihm? So viel hatte er dann doch nicht zu bieten, als dass er einen Dieb mit den wenigen Habseligkeiten befriedigen könnte, die er besaß - mal abgesehen davon, dass er kaum etwas Wertvolles in seinem Inventar verzeichnen konnte. Die Zeit schien stehen zu bleiben, Alles wirkte wie in Zeitlupe. Schweigend stand Shin seinem Peiniger gegenüber, den er nicht erkennen konnte. Wer war dieses unbekannte Wesen nur? Mal wieder kamen etliche Fragen auf: was wollte das Wesen von ihm? Warum sprach es nicht? Nun gut, vermutlich weil es unerkannt bleiben und nicht erwischt werden wollte. War es eventuell sogar seine Schwester die vermutete, dass er schlief? Nein, sonst würde sie ihm nicht gegenüber stehen und ihn aus funkelnden Augen mustern. Noch dazu käme, dass sie ihn schon längst angesprochen hätte. Der Schatten tat einen Schritt auf ihn zu, während Shin im Gegenzug einen Schritt zurück tat. Wieder näherte sich der Schatten, während Shin Distanz zwischen sie beide brachte und letztendlich mit einem dumpfen Schlag an der Wand hinter sich ankam. Schlecht, bedachte man, dass der Schatten sich unaufhaltsam näherte und letzten Endes auf ihn los sprang um ihn an den Schultern zu packen. Sofort setzte sich Shin zur Wehr - mit Schlägen und Tritten machte er sich daran den Schatten zu attackieren, der ihn in seinen Griff bekommen wollte, um ihn dann letzten Endes zu überwältigen und von sich auf das Bett zu stoßen. Der Fremde wurde kurz vom Mondlicht angeleuchtet. Als Shin nun sah, wer ihm da einen solch gehörigen Schrecken eingejagt hatte stockte ihm für einen kurzen Moment erneut der Atem. War das etwa? Nein, das konnte nicht sein! Wie kam er nur hier her? "Sakata?", stieß Shin ungläubig den Namen der Gestalt aus, die sich langsam in dem Bett wieder aufsetzte und ihn direkt ansah. Es war zweifelsohne Sakata: das lange, blonde Haar, die schönen, leuchtend-blauen Augen die vom Mond erhellt wurden und die sanften Konturen seines Gesichtes ließen darauf schließen, dass es sich bei dem vermeintlichen Schatten tatsächlich um seinen Zanpakutogeist handelte. "Ja.", bestätigte ihm sein Zanpakutogeist nun, dass er es tatsächlich war und erhob sich, ehe er wieder auf Shin zuging und schlussendlich schweigend vor diesem zum Stehen kam, "ich dachte du würdest mich umbringen, so wie du nach mir getreten und geschlagen hast.", meinte der Zanpakutogeist in gespielt-vorwurfsvoller Tonlage mit nicht minder vorwurfsvollem Blick. Shin - noch immer perplex vom plötzlichen Erscheinen Sakatas - musterte diesen irritiert ehe er endlich wieder die ihm, zuvor verschlagene, Sprache fand. "Was sagst du da?", fragte er empört und blinzelte kurz - war das gerade Sakatas voller ernst? "Du hättest dich mal zu Erkennen geben und mir mitteilen können, dass du es bist. Ich hab dich schon für einen Einbrecher gehalten und dachte, dass du mir nach dem Leben trachtest!", meinte Shin protestierend, während Sakata nur sanft lächelte. "Was gibt es da zu lachen?", fragte der Meister sein Zanpakuto, der kurz seufzte, ehe er weiter sprach und endlich die Fragen aussprach, die in diesem Moment auf ihn einströmten, "was tust du hier? Warum kann ich dich sehen? Wie kommt es, dass du in fast schon menschlicher Gestalt hier vor mir auftauchst?", fragte Shin und wartete ab, was der Andere ihm jetzt zu sagen hatte - weiter darauf einzugehen, dass er sich zuvor ihm gegenüber nicht zu erkennen gegeben hatte würde im Moment sowieso zu keinerlei Einsichten seitens des Zanpakutos führen, von passablen und brauchbaren Rechtfertigungen mal ganz abzusehen. "Ich kann mich materialisieren, weißt du? Das bedeutet, dass ich in meiner wirklichen Gestalt vor dir oder Anderen erscheinen kann. Wenn ich das tue nehme ich meine Geistform an, sozusagen hast du nun den Schwertgeist deines Katanas vor dir, so wie du mich aus deiner inneren Welt eben auch gewohnt bist. Natürlich tue ich das nicht immer sondern nur, wenn du es mir gestattet, es kein Anderer sieht oder ein Notfall eintritt.", erklärte Sakata nun und verwunderte damit seinen Meister, der ihn nunmehr perplex ansah. "Wenn ich es dir gestatte? Ich habe es dir aber nicht gestattet!", entgegnete Shin und funkelte den Anderen erbost an - was erzählte er da für einen Unfug? Sakata konnte sich also einfach so materialisieren, das war interessant. So wie er es jetzt ansprach würde er es nur tun, wenn Notfälle eintreten oder er Shin gestatten würde - aber das tat er ja noch nicht einmal! Wie konnte er dem Wesen nur ohne Weiteres trauen? Gut, es war sein Zanpakuto aber dennoch schien es seinen ganz eigenen Willen über jegliche anderen Meinungen zu stellen. Nicht nur diese Aussichten machten Shin unsicher - jetzt den Geist aus seiner inneren Welt vor sich zu haben verstärkte diesen unschönen Effekt nur noch mehr. Sakata sah den Blick seines Meisters, blieb dann dicht vor ihm stehen und legte behutsam seine Hände auf die Schultern des Anderen. "Du siehst verunsichert aus, das wollte ich nicht bezwecken. Ich wollte dich nicht verunsichern oder gar verängstigen.", begann der Schwertgeist und setzte zu einer kurzen Redepause an, ehe er fortfuhr, "weißt du, ich habe natürlich mitbekommen, was zwischen dir und Saraya passiert ist. Als dein Zanpakuto lebe ich in deiner inneren Welt und bekomme alle deine Gefühle mit, egal welcher Natur sie sind. So habe ich auch davon Wind bekommen, dass du enttäuscht warst und es noch immer bist.", meinte der Andere, während Shin sich aus seinem Griff löste, an dem Schwertgeist vorbeiging und sich auf die Bettkante setzte. "Ja, ich bin enttäuscht. Weißt du, ich kann es einfach nicht leiden, wenn Leute ihre mir gegebenen Versprechen nicht einhalten, so wie es Saraya nun tut. Ich hasse Sowas und bei ihr enttäuscht es mich einfach immens. Sie hat es mir schließlich versprochen und nun tut sie so, als ob es nie ein Versprechen gegeben hätte und schiebt dieses einfach auf.", meinte er leise-klagend, ehe er kurz seufzte und dann das Gesicht in seinen Händen vergrub. Sakata blickte mitfühlend auf seinen Meister, ehe er sich neben diesem niederließ und ihm einen Arm um die Schultern legte um dann mit seiner anderen Hand Shin dazu zu bringen, sein Gesicht wieder von seinen Händen zu befreien. "Mach dir Nichts daraus, sie wird ihr Versprechen halten, da bin ich mir sicher. Du solltest wirklich erstmal in der Gobantai Fuß fassen, ehe du ein stabiles, konstantes Einkommen hast und ihr Beiden euch gemeinsam etwas aufbauen könnt. Verstehst du, so einfach ist das Alles nicht. Sie kann nicht einfach ihren Job hinwerfen - du weißt, wie ihre Vorgesetzte ist. Sie ließe sie niemals gehen! Gib ihr Zeit, gib euch Zeit! Gemeinsam könnt ihr Alles schaffen, warte es nur ab - der richtige Moment wird kommen, eines Tages. Du solltest wirklich Nichts überstürzen. Sie wird ihr Versprechen schon einlösen, ganz sicher.", meinte er und zog Shin etwas an sich, während dieser seinen Kopf an die Schulter Sakatas lehnte. "Vielleicht hast du recht, vielleicht war es egoistisch von mir, so zu denken. Ihren Job kann Saraya eben auch nicht einfach so kündigen, das habe ich nicht berücksichtigt.", stellte Shin fest, was bei Sakata zu einem Kopfschütteln führte. "Ach nein, keineswegs. Du bist einfach nur enttäuscht, kein Grund also, dir Vorwürfe zwecks egoistischem Verhalten zu machen. Alles wird gut, lass du dich auf die Gobantai ein und konzentriere dich auf deine Laufbahn als Shinigami, der Rest wird sich zeigen, wie gesagt - der bestimmte Moment wird kommen.", sagte der Zanpakutogeist zu seinem Meister, der nun die Augen schloss und strich ihm eine neckische Strähne hinter das Ohr, welche ihm soeben ins Gesicht gefallen war. Sich nähernde Schritte veranlassten Sakata nun jedoch dazu, aus dem Affekt heraus zu handeln und gehetzt aufzustehen. "Deine Schwester. Ich muss verschwinden.", kündigte er an und verabschiedete sich von seinem Meister, der ihm kurz zunickte und ihm dann dankte. "Danke Sakata, wirklich. Es tut mir leid, wenn ich dir... misstraut habe.", meinte Shin aufrichtig, ehe der Andere sich auch schon dematerialisierte. Kurz darauf betrat auch schon Saraya das Schlafzimmer, während sie Shin fragend ansah. "Warum bist du noch wach? Ich dachte du wolltest schlafen?", fragte sie ihren Bruder, der ihrem Erachten nach ziemlich wach aussah. "Ich hatte einen schlechten Traum, lege mich jetzt jedoch gleich wieder hin.", log er und blickte seine Schwester nunmehr schweigend an. "Achso, wenn es weiter Nichts ist. Ich hoffe es war nichts allzu Schlimmes.", meinte sie und blickte ihn besorgt an - ein Blick, den er nur zu gut an ihr kannte. "Nein, nein. Dennoch hat es mich kurz wach gemacht. Aber egal. Was ist mit dir? Kannst du nicht schlafen?", fragte er sie und sah sie abwartend an. "Ja, irgendwie kann ich nicht schlafen. Kann ich-", setzte sie gerade an. "Hier schlafen? Klar.", schnitt Shin seiner Schwester das Wort ab legte sich in das Bett und hob die Decke etwas, ehe sich auch Saraya zu ihm gesellte. Schweigend schmiegte sie sich an ihn, während er exakt dasselbe tat. Welch schöner Moment, er genoss ihn und dankte gedanklich noch einmal Sakata, ehe er letztendlich einschlief. Die restliche Woche verging wie im Flug, was vermutlich auch daran lag, dass Saraya und Shin immens viel unternahmen. Mal gingen sie hier hin, mal da hin oder trafen sich mit alten Bekannten. Dieses oder Jenes wurde unternommen und so kam es, dass die freien Tage Sarayas endgültig vorbei waren. Auch die restliche Woche bis zum Start der neuen Tätigkeit Shins in der Gobantai verstrichen wie im Nu und so kam es, dass er am 1. August püntklichst um 7 Uhr vor den großen Toren der Kaserne stand und um Einlass bat. Natürlich ließ man ihn eintreten und so begann sein allererster Arbeitstag erstmal mit viel Trubel: hier etliche Formulare ausfüllen, dann den Personalfragebogen nach bestem Wissen und Gewissen vervollständigen. Danach musste er sich noch ein paar Untersuchungen unterziehen, ehe er sich dem Fukutaichō persönlich gegenüber wieder fand. "Herzlich willkommen hier in der Gobantai!", sagte dieser und lächelte freundlich, ehe er weiter fortfuhr, "mein Name ist Jushiro Kimata, ich bin hier der Fukutaichō und höchst erfreut, dich hier in der Gobantai begrüßen zu dürfen.", setzte der nette Mann fort, woraufhin Shin sich vor diesem verbeugte. "Habt Dank, Kimata-Fukutaichō!", sagte Shin und erhob sich wieder, ehe er dem Anderen geradewegs in die Augen sah. "Mein Name ist Shin Ariwi und auch ich freue mich sehr, mich der Gobantai unter Suzunami-Taichō Leitung andienen zu dürfen.", meinte er ehrlich, ehe der Fukutaichō alle Formulare entgegen nahm, die ihm Shin hinhielt. Dem Treffen mit dem Vizekommandanten folgte eine Kasernenrundführung und ein Anfangstraining, in welchem Shin seine Fähigkeiten zeigen und sein bisher Gelerntes unter Beweis stellen sollte. Erst dann durfte Shin in den verfrühten Feierabend starten. Neben ihm starteten noch weitere junge Shinigami ihre Ausbildung hier, mit denen er den Abend in gemütlicher Runde ausklingen ließ. Sei hatte sich nicht für die Gobantai entschieden, er begann seine Ausbildung in der 7. Kompanie. Bald schon lösten die neuen Shinigami ihre kleine Runde auf, um zur Ruhe kommen und sich für den morgigen Tag ausschlafen zu können. Morgen mussten sie fit sein, sozusagen war dies nämlich ihr erster, richtiger Arbeitstag. Shin lag nun in seinem neuen Kasernenzimmer, während er die Augen geschlossen hielt. Jeder hier bekam entweder ein Doppelzimmer oder sogar ein Einzelzimmer zugewiesen, je nachdem wie viel Platz war und wie viele Zimmer zur Verfügung standen. Shin freute sich sehr darüber, dass man ihm ein Doppelzimmer zugewiesen hatte. Sein Kollege, namentlich auch als Ari Hisai bezeichnet, war ein sehr netter, junger Mann, der auch erst neu hier anfing. Von Anfang an waren sich die Beiden sympathisch und freuten sich über die Tatsache, hier ein gemeinsames Zimmer beziehen zu dürfen. Ari schlief schon tief und fest, während auch Shin vor hatte, langsam aber sicher zu schlafen. Kurz gähnte er ausgiebig, freute sich dann innerlich nochmals darüber, dass er hier seine Ausbildung machen durfte und setzte sich zum Ziel, sich für alle Aufgaben hier die größte Mühe zu geben. Ja, das würde er definitiv tun, wenn er schon hier war und die einmalige Chance hatte, sich hier beweisen zu dürfen. Kurz lächelte er nochmals, ehe er tatsächlich einschlief. Die nächsten Tage, Wochen und Monate brachten viele neue Eindrücke, Erfahrungen und Aufgabengebiete mit sich, die Shin spannend und aufregend fand. Immer routinierter wurde er in seiner Arbeit, die er sehr gerne verrichtete. War er anfangs noch unsicher und musste viel nachfragen wandelte sich dies mit der Zeit: immer seltener musste er Dinge erst erfragen oder sich unsicher fühlen, er wusste sich selbst und Anderen zu helfen. Dadurch, dass er sich seiner Sache während dem Arbeiten ziemlich sicher war schaffte er es, besser und effizienter zu arbeiten. Nach und nach machte er gute Fortschritte, mittlerweile war ein Dreivierteljahr ins Lande gezogen, in welchem er besser geworden war und so begab es sich, dass man ihm immer mehr zutraute, was schlussendlich in seiner ersten richtigen Mission enden sollte. Exakt heute, an einem Freitag, sollte diese Mission stattfinden. Das Missionsziel lautete ganz klar und deutlich darauf, im 90. Bezirk von Rukongai so viele Hollows wie möglich zu töten. In letzter Zeit herrschte dort ein verstärktes Hollowaufkommen, daher musste man handeln – heute zog die Gobantai gegen ebendiese Hollows zu Felde. Theoretisch gesehen war die Mission nicht allzu schwer, sollten doch um die 15 Shinigami eine Kleingruppe Hollows töten. Das würden sie sicherlich schaffen, da war sich Shin sicher. Nichtsdestotrotz musste man den Erfahrungswert der Shinigami beachten, die fast allesamt Neuzugänge der Gobantai waren - kampferprobt waren sie dahingehend zumindest im Gefecht mit echten Feinden noch nicht allzu sehr. Nur ein paar wenige, routiniertere Shinigami waren während dieser Mission anwesend und unter ihnen sogar der Fukutaichō persönlich, der nun die genauen Informationen und Strategien für die Mission an die Gruppe der anwesenden Shinigami weitergab und diese in Kleingruppen à 5 Mann einteilte. Shin befand sich mit Ari, 2 weiteren Neuen und einem schon erfahreneren Kollegen in einem Team und machte sich nun daran, in dieser Gruppe gegen 2 Hollows zu kämpfen, welche sie mit Leichtigkeit und gutem Teamgeist in die Knie zwangen. "Gut so! Seht ihr, so geht das. Nur wenn wir zusammenhalten und als Team funktionieren können wir es schaffen!", lobte der erfahrenere Kollege die Neulinge und nickte anerkennend in die Richtung seiner Kollegen, ehe er seinen Blick auf eine weitere Gruppe Hollows richtete. "Die?", wollte Einer der der neuen Kameraden wissen. "Ja. Wir sind dazu angehalten dass wir nach erfolgreich abgeschlossener Vernichtung der Hollowgruppe die nächste ausmerzen, bis es keine mehr gibt.", erklärte er und umfasste den Griff seines Katanas fester, "dann mal los!", befahl er, woraufhin sich die Gruppe in Bewegung setzte. Urplötzlich hielt die Gruppe jedoch inne, als auf einmal schrille Schreie zu vernehmen waren. Fragende Blicke trafen innerhalb des Teams aufeinander. "Was war das?", wollte Ari wissen, woraufhin Shin nur den Kopf schüttelte. Auf Anraten des alteingesesseneren Kollegen zogen sie sich vorerst vor den nächsten Hollows zurück, ehe sie den Schreien auf den Grund gingen und sahen, was sich soeben vor ihren Augen abspielte: Mehrere der Shinigami lagen verwundet auf dem Boden, 5 bis 6 Mann waren es sicherlich, unter ihnen ein weiterer, erfahrener Shinigami und kein Geringerer als der Fukutaichō höchstpersönlich, welcher bewusstlos neben einem anderen Shinigami lag. Die Kleingruppe wurde gleich von mehreren Hollows umzingelt, was die Situation nur noch aufregender und angespannter machte. Ari sah zu Shin, woraufhin dieser ihm zunickte und so machten sie sich auf in den Kampf, ohne auf weitere Warnhinweise zu reagieren oder gar die Kommandos ihres erfahreneren Kollegen zu beachten. Sie mussten handeln, es blieb nicht viel Zeit. Lang an Strategien zu feilen war Aris Ansicht nach zu urteilen nun das absolut Falsche. Schnell eilten die Beiden an die Front, während der Rest der Truppe auf Anraten des erfahreneren Kollegen hin erstmal abwartete, um die Verletzten dann evakuieren zu können. Fürs Erste beließ das Team es nun also dabei, die Hollows aus Distanz mit Kidō zu befeuern und Shin und Ari so den Rücken zu stärken. Ari und Shin griffen derweil zusammen einen Hollow an, den sie sofort besiegten und machten sich dann daran, die nächsten Beiden anzugreifen, diesmal getrennt voneinander. Immer mehr Hollows wurden es, streckten sie Einen nieder so erschienen gleich wieder zwei weitere. Was war das hier nur? Eigentlich sollte hier doch nur eine Kleingruppe Hollows anzutreffen sein, von mehreren und schier unendlich vielen Hollows war jedoch nicht die Rede gewesen. "Verdammt warum sind das so viele? Ich dachte wir sollten nur ein paar erledigen!", fragte ein Shinigami ihrer Kleingruppe den routinierteren Kollegen, der sich selber nicht so recht zu helfen wusste und nicht erklären konnte, warum es so viele Hollows waren. "Keine Ahnung, derartige Informationen lagen uns auch nicht vor. Wir wussten nicht, dass es hier so viele von ihnen gibt.", meinte er und sah angespannt in die Richtung Aris und Shins, die sich daran machten, weitere Hollows niederzustrecken. "Wie viele sind das denn bitte? Wir können doch nicht unendlich viele Hollows töten!", stellte Ari schwer atmend fest, während er einem weiteren Hollow den Garaus machte und kurz zu Shin sah, der ebenfalls einen Hollow erlegte. "Gute Frage aber die kann ich dir wahrhaftig nicht beantworten. Scheint wohl so, als müssen wir das tun.", meinte er nur und spaltete die Maske eines weiteren Hollows entzwei, während Ari ein Shakkahō in die Richtung eines Hollows schoss und so gleich mehrere besiegte. "So passt auf: du da, du und ich eilen den anderen Beiden zu Hilfe. Der Rest bleibt hier und evakuiert die Verletzten auf unser Zeichen hin!", befahl der Gruppenanführer aus Shins Gruppe und eilte mit den beiden von ihm ausgewählten Kollegen in Richtung der Hollows, um diese mit angreifen zu können - er hatte etwas länger an einer Strategie feilen müssen, musste davor jedoch den ersten Schock überwinden, was ihn Zeit gekostet hatte. Insgesamt waren sie nun zu Fünft, während sie die schier unaufhaltsam auftauchenden Hollows in die Schranken weisen wollten. Der Gruppenführer sah im Wechsel zwischen den Kämpfenden und dem Evakuierungstrupp hin und her und gab dann das Zeichen, die Verletzten zu bergen und in Sicherheit zu bringen. "JETZT!", rief er nur und machte eine Handbewegung, ehe er einem Cero des Hollows vor ihm auswich, den Ari kurz darauf erlegte. "Hier ist doch bestimmt irgendwo ein Nest! Nein, hier muss ein Nest sein, sonst wären nicht so viele Hollows hier!", mutmaßte ein Shinigami während dem Kämpfen, woraufhin ein Anderer nickte und ihm zustimmte. "Ja, kann durchaus möglich sein. Nichtsdestotrotz müssen wir weiterkämpfen und sie alle erledigen!", meinte er und machte sich daran, einen weiteren Hollow zu attackieren. "Ich habe eine Idee! Geht Alle auf Distanz, sonst könnte ich euch auch erwischen!", sagte Shin und stieg in die Luft empor, wo er sich einigermaßen zentral platzierte. Ja, aus dieser Distanz könnte er mit seinem Shikai ein paar der Hollows affektieren. "Kūsō suru, Sakata!", sprach Shin, während er mit der linken Hand erneut über die Klinge seine Zanpakutos fuhr und seine Umgebung und mehrere der Hollows somit in ein gleißendes Licht schloss. "Schnell weg hier!", rief Ari warnend in die Richtung seiner Kollegen, ehe er via Shunpo mehrere Meter weit floh. Zum Glück kamen die Anderen seiner Forderung nach, sich zu verflüchtigen und so konnten sie im letzten Moment einer direkten Einwirkung Sakatas entgehen. Er kannte die Fähigkeiten des illusionsbasierten Zanpakutos des Anderen gut, schon zu oft hatten Ari und Shin miteinander trainiert, zu oft schon hatte er diese Fähigkeit zu Gesicht bekommen. "Wow, das war knapp.", stellte ein Shinigami fest, während ein Anderer keuchend zum Himmel sah. "Was für ein Shikai ist das, dass wir davor fliehen müssen?", fragte ein Weiterer und sah abwartend zu Ari, der sofort eine Erklärung lieferte. "Ein Illusionsbasiertes – keine angenehme Sache, das kannst du mir glauben. Sein Shikai hat es mächtig in sich und man tut besser daran, sich davon fern zu halten.", meinte er und sah dann zu Shin, der ihm ein Zeichen gab, "keine Zeit mehr für Erklärungen – folgt mir!", forderte er und bewirkte somit, dass auch die älteren Kollegen sich auf sein Kommando hin auf die Hollows stürzten und diese gemeinsam mit Ari besiegten. Auch Shin machte sich daran, mehreren von ihnen den Garaus zu machen und sich dann wieder dem Rest der Gruppe anzuschließen. "Ich weiß ja nicht, ob ihr es schon gesehen habt aber hier hinten scheint tatsächlich ein Nest zu sein.", meinte er und zeigte auf eine Art Höhle, die die Hollows in einem Wald dieses Bezirks von Rukongai beschlagnahmt hatten - er hatte es aus seiner Position klar und deutlich sehen können. "Ach du liebe Zeit!", stieß ein Shinigami hervor, während sich die Gruppe nun daran machte, die Höhle zu umzingeln. "Wir machen es so, wie Shin und Ari es vorhin gemacht haben. Shin, du aktivierst dein Shikai – der Rest geht auf Abstand!", befahl ein erfahrener Shinigami, woraufhin alle Beteiligten zustimmten und Shin sein Schwert erst wieder in den Normalzustand versetzte, ehe er es erneut entfesselte. Zu spät merkte er den Hollow, der urplötzlich hinter ihm auftauchte und ihn mit seiner Klaue am Rücken erwischte, wodurch er unsanft zu Boden geschmettert und mehrere Meter weit geschleudert wurde. Sein Schwert schlitterte klirrend über den Boden und blieb vor der Felsenwand liegen, während er unweit des Hollows liegen blieb. Die Wunde auf seinem Rücken brannte und blutete, während er halb bewusstlos da lag und nicht wusste, wie ihm geschah. Alles verlangsamte sich urplötzlich, verschwamm und verzerrte sich, Benommenheit setzte ein. "Shin!", hörte er Aris verzerrte Stimme, der den Hollow aus der Ferne mit einem Sokatsui ins Nirwana beförderte um Shin dann vom Boden aufzuheben und etwas auf Abstand zur Höhle wieder abzulegen. Das Schwert des Anderen ließ er liegen – viel zu gefährlich wäre es gewesen, sich jetzt direkt zum Höhleneingang zu begeben. Auch wenn Shin mit Sakata die Hollows zu beeinflussen versucht hatte wusste hier Niemand, ob er es auch wirklich geschafft hatte. Mit halb geöffneten Augen sah Shin nur noch, wie die gesamte Welt vor seinen Augen in einem schwarzen Nebel verschleierte, der ihm schlussendlich sein Bewusstsein vollständig raubte. Die Kleingruppe, die nun erneut einen Kameraden verloren hatte sah sich ratlos an und tüftelte an einer neuen Strategie, während sie hin und wieder angespannt zum Höhleneingang sahen – Hollows konnten jederzeit auftauchen. "Hey ihr!", rief eine Stimme aus der Ferne, die einem Sanseki einer anderen Einheit gehörte, der Sanbantai. Die Sanbantai war aufgrund der ständig steigenden und sinkenden Reiatsa hier aufgetaucht, um eingreifen und die Gobantai unterstützen zu können. "Zieht euch zurück, ihr seid ja Alle verletzt. So können wir euch hier nicht brauchen!", meinte der Sanseki und befahl seinen rund 75 Mann, die Höhle zu stürmen. Die wenigen Shinigami der Gobantai traten auf Befehl des Sansekis der Sanbantai nun den Rückzug an und machten sich daran, alle Verletzten wieder in die Seireitei und dann auf direktem Wege in die Yonbantai zu bringen. Dort versorgte man die Verletzten, während die Unverletzten oder weniger schwer Verletzten dem Taichō höchstpersönlich Bericht darüber erstatten mussten, was heute passiert war. Auch Ari wohnte dem Gespräch mit Suzunami-Taichō bei, ehe er sich daran machte, Shin in der Yonbantai aufzusuchen. Der Taichō kündigte zuvor noch an, seine Leute später in der Yonbantai besuchen zu kommen. Gefühlte ewige Male fragte sich Ari in besagter Bantai durch, wo genau er Shin antreffen konnte und wurde schlussendlich zu seinem Zimmer gebracht, in welches er nach mehrmaligem Klopfen eintrat. Shin lag noch immer mit geschlossenen Augen da, während ihn die Bewusstlosigkeit jedoch endlich aus ihren Fängen entließ. Nicht zuletzt das Kaidō der Heiler hatte es ihm ermöglicht, nun wieder in die Welt der Lebenden zurückkehren zu können. Das Klopfen an der Tür weckte Shin. Vorsichtig öffnete er seine Augen, als er das Geräusch der Tür vernahm, die über die Holzdielen schliff. "Du bist ja wach!", hörte er eine vertraute Stimme, die zweifelsfrei Ari gehörte. Etwas erschöpft sah er seinen Kollegen an, der ihm ein Lächeln schenkte und sich neben ihm auf dem Bett niederließ. "Ja.", sagte Shin mit rauer Stimme, ehe er sich kurz räusperte. Ari sah sich sofort suchend nach etwas zu Trinken um und fand einen Becher, der auf einem Tisch neben dem Bett stand. Diesen füllte er nun aus einer kleinen Karaffe mit Wasser und reichte ihn Shin, der sich daran machte, vorsichtig daraus zu trinken, was sich im Liegen jedoch als gar nicht so einfach erwies. "Danke.", sagte er zu Ari und gab diesem wieder den Becher, welchen dieser auf den Tisch zurück stellte und ihm nur kurz zunickte. "Junge Junge, was machst du nur für Sachen? Du hast mir vielleicht einen Schrecken eingejagt!", sagte er und grinste kurz, ehe er seinem Kollegen eine Hand auf die Schulter legte. "Wir hatten wirklich alle nochmal Glück. Die Sanbantai eilte uns zur Hilfe und übernahm die Mission, die Hollows zu töten. Eigentlich haben wir die Mission laut Suzunami-Taichō den Umständen entsprechend gut gemeistert, das Nest war das Einzige, was uns sozusagen das Genick gebrochen hat.", Shins irritierter Blick führte nun jedoch dazu, dass der Andere sich unsicher die Hände rieb, sich kurz räusperte um dann mit seinem Bericht fortfahren zu können, "nun gut, das war jetzt unpraktisch formuliert. Lass es mich nochmal anders formulieren. Die Mission an und für sich lief gut, das hast du ja selbst gemerkt. Dennoch war es dieses Nest, das so viele Hollows beinhaltete, denen wir grundsätzlich vielleicht sogar gewachsen wären. Dadurch, dass wir jedoch unsere verletzten Kameraden schützen mussten hatten wir entsprechende Beeinträchtigungen, die diese Mission schier unmöglich machten. Noch dazu kam, dass wir nicht sonderlich viele Teams waren - wir waren allerhöchstens 25 Mann, wobei wir zu fünft gegen etliche Hollows gekämpft haben und der Rest entweder verletzt oder mit der Bergung Verletzter beschäftigt war. Nichtsdestotrotz sind Alle sicher und – mehr oder minder – wohlbehalten wieder in der Seireitei angekommen, Niemand ist umgekommen. Sozusagen war diese Mission ein Gewinn für uns, Niemanden verloren zu haben.", schilderte Ari und fuhr mit einer weiteren, detaillierten Erzählung des persönlichen Gesprächs mit dem Taichō fort, während Shin die vielen Worte sichtlich überforderten. Zu viele Eindrücke waren es, die gerade eben auf ihn einströmten. Er musste erstmal seine Gedanken ordnen und sich wieder ins Gedächtnis rufen, was genau passiert war. Sie hatten eine Mission auszuüben, ja richtig. Sie mussten Hollows im 90. Bezirk von Rukongai töten, was sie anfangs auch ganz gut schafften, ehe sie das Hollownest in einer nahe liegenden Höhle fanden und – zu diesem Zeitpunkt endete seine Erinnerung. Schwärze. Nichts, absolut gar Nichts. Totaler Blackout. Verband er nun aber die Erzählungen Aris mit seiner Erinnerung so hatte es vermutlich wenig später schon die Sanbantai übernommen, das Hollownest zu stürmen. Ob sie das wohl geschafft hatten? Bestimmt, der Nummer nach zu urteilen war diese Bantai ja – rein stärkentechnisch – besser als die ihrige. Vermutlich hatte die dritte Einheit auch mehrere Personen mit auf ihren Einsatz genommen. Schweigend musterte er Ari, der unverletzt aussah. "Wie geht es dir?", fragte er Ari, der ihn auf diese Frage hin perplex ansah. "Sollte nicht ich dich das fragen?", fragte Ari etwas irritiert und lächelte dann, ehe er fortfuhr, "mir geht es ganz gut, würde ich sagen. Der erste Schock ist denke ich mal überwunden. Aber nun zu dir: wie geht es dir? Wie fühlst du dich?", stellte er nun die Gegenfragen, die ihm Shin auch beantwortete. "Ich fühle mich immens erschöpft.", meinte er ehrlich und sah den besorgten Blick des Anderen. "Soll ich einen Arzt holen?", wollte er wissen, woraufhin Shin nur den Kopf schüttelte. "Nein, brauchst du ni-", setzte er gerade an, als die Türe aufgeschoben wurde und tatsächlich ein Arzt eintrat. "Guten Tag die Herren.", grüßte der Arzt, trat ein, setzte Shin über seinen aktuellen Gesundheitszustand in Kenntnis und sagte ihm, dass er aufgrund des vielen Blutverlustes noch eine Weile hierbleiben müsse und viel Ruhe benötigen würde. Shin nickte nur, während Ari den Arzt schier auszufragen schien – sein Wissensdurst war immens, nichtsdestotrotz wollte er sicher gehen, dass es seinem Kameraden hier gut erginge und er nicht an etwas Schlimmerem litt. Der Wissensdurst Aris war schwer zu stillen, immens schwer. Dennoch schaffte der Arzt das schier Unmögliche nach einer geraumen Zeit, ehe er sich wieder verabschiedete und die beiden Männer alleine ließ. "Du bist ziemlich wissbegierig.", stellte Shin fest und deutete ein Lächeln an, woraufhin Ari nur die Schultern zuckte. "Was denn? Ich muss doch wissen, dass du gut hier aufgehoben bist.", erklärte der Blonde sein Handeln und lächelte Shin sanftmütig an. "Danke.", sagte Shin nur, woraufhin Ari erneut lächelte. "Nicht dafür. Brauchst du hier noch etwas? Soll ich dir irgendwelche Sachen bringen?", wollte Ari nun von seinem Kameraden wissen, der mit dieser Frage sichtlich überfordert zu sein schien. "Nein, nein ich glaube nicht.", meinte Shin, ehe Ari sich erhob. "Ich gehe mal eben nach draußen.", kündigte er an, woraufhin Shin nur schwach nickte und sein Kollege sich dann daran machte, kurz nach draußen zu verschwinden. Noch nie zuvor hatte sich Shin so erschöpft gefühlt, wie er es in diesem Augenblick tat. Nun gut – ein normales Maß an Erschöpfung war bei ihm Gang und Gebe, von der Müdigkeit mal ganz abzusehen, dennoch hatte er sich nie so kraftlos und hilflos wie in diesem Moment gefühlt - der Blutverlust tat wirklich sein Bestes daran, ihn außer Gefecht zu setzen. Kraftlos schloss er die Augen und schlief ein, wodurch er den rothaarigen Mann nicht bemerkte, der schon kurze Zeit später in sein Zimmer trat und langsam auf ihn zuschritt. Die dunklen Augen des Rothaarigen musterten den Schlafenden, der vollends ruhig da lag und nur durch das sich regelmäßige Heben und Senken seines Brustkorbes anzeigte, dass er noch am Leben war. Kurz vor dem Bett blieb der Mann stehen und sah sich suchend in dem kleinen Zimmer um, ehe er die Saya des Katanas fand, welches er in seinen Händen hielt. Vorsichtig schob er das Katana in die Saya und legte es behutsam neben den schlafenden Shin auf das Bett, ehe er sich daran machte, sich vor diesem zu verbeugen und dann wieder zu verschwinden. Auf dem Rückweg begegnete Ari, welchem er zuvor gestattet hatte, verfrüht Feierabend zu machen und der sich nun vor ihm verbeugte. Bei dem Mann handelte es ich um Seigen Suzunami, welcher gerade persönlich all Diejenigen loben wollte, die heute so gut und vor allem tapfer gekämpft hatten. Keinerlei Enttäuschung empfand der Taichō bezüglich der Mission, er war stolz auf seine Leute. Niemanden machte er für das heutige Desaster verantwortlich – es war so, wie es war und seine Leute hatten ihr Bestes gegeben und vor allem überlebt, nur das zählte. Er war stolz auf sie alle und wollte ihnen diesen Stolz auch offen zeigen. Das war es, das Ari an diesem großartigen Mann bewunderte und das ihn, Seigen Suzunami, in seinen Augen zu einer ganz besonderen Persönlichkeit erwachsen ließ. Nicht oft hatte man in der Gotei 13 das Glück, auf einen solch verständigen, anerkennenden und freundlichen Vorgesetzten zu treffen – es gab definitiv andere Persönlichkeiten, die nicht unbedingt ein Vorzeigebeispiel waren. Seigen hingegen war da anders, sehr viel anders. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)