On The Brink (Teil 1) von Lina_Kudo (Am Abgrund (Shinichi&Ran)) ================================================================================ Kapitel 3: Quälende Ungewissheit -------------------------------- Kapitel 3: QUÄLENDE UNGEWISSHEIT »Du darfst mich nicht verlassen, hörst du? Du musst zu mir zurückkommen!« http://www.youtube.com/watch?v=7maVifE2O2o (»Ran‘s Determination«) Feuer. Überall nur Feuer, wohin das Auge reichte. Das sah nicht gut aus. Ganz und gar nicht. »Denk nach, Kudo! Denk nach!«, zwang sich Conan, aber ihm fiel einfach keine rettende Lösung ein. Wie sollte er Ran und sich nur aus diesem brennenden Haus befreien? Der einzige Ausweg führte nur noch nach draußen – zwanzig Stockwerke in die Tiefe. Ein Hustenanfall blockierte weiterführende Gedankengänge. Dieser penetrante Rauch würde früher oder später seine Sinne und damit auch sein Denkvermögen vollkommen vernebeln – ihnen blieb nicht mehr viel Zeit. Verdammt! »Alles in Ordnung mit dir, Conan?«, fragte Ran besorgt, die sich zu ihm heruntergekniet hatte. Augenblicke später bemerkte er, wie Ran plötzlich aufstand, zielorientiert einen langen Schlauch holte und ihn an einen Stahlkasten festband. Der kleine Detektiv verstand sofort. »Ran, du willst nicht das tun, was ich denke …«, wollte er bereits Einwände erheben, doch da legte sie ihm schon den Schlauch um den Bauch und lächelte ihn aufmunternd an. »Ich hab nicht die geringste Ahnung, ob das genauso gut klappt wie im Kino«, gab sie zu und hob ihn hoch, bevor sie den Schlauch weiter um sie band. Etwas ernster bat sie ihn: »Du musst dich gut festhalten, Conan!« Als sie sich vergewissert hatte, dass sie durch den Schlauch fest zusammengebunden waren, drehte sie sich um und sah nachdenklich zum einzigen Ausgang, der ihnen noch blieb. In die Richtung der nicht mehr vorhandenen Hauswand, starr zu dem gegenüberstehenden Gebäude. Entschlossen schritt sie nach vorne. Niemand von ihnen sagte ein Wort. Fasziniert starrte Conan sie an, bevor er zurücksah. Das Feuer breitete sich immer schneller aus. Anscheinend gab es wirklich keinen anderen Ausweg, aber … »Ist das dein Ernst, Ran? Hast du denn gar keine Angst?« Ran kniff ihre Augen leicht zu. »Ich habe Angst«, gestand sie, senkte ihren Blick und schloss ihre Augen. »Aber es ist nicht so schlimm, weil du bei mir bist. Und Shinichi hat gesagt, dass ich auf ihn warten soll.« Fassungslos weitete Conan seine Augen. Er konnte mit keinem Wort dieser Welt erklären, was gerade in ihm vorging in diesem Moment. »Also muss ich leben, sonst kann ich doch nicht auf Shinichi warten.« Conan war sprachlos. Er wusste nicht, was er darauf antworten sollte. Was sollte er auch in dieser Gestalt zu ihr sagen? Etwas, was sie wirklich aufheitern könnte? Oder ihr sagen, was er gerade empfand? Das war unmöglich … Ihm blieb keine Zeit, sich darüber den Kopf zu zerbrechen, denn in dieser Sekunde sah Ran ihn unsicher an. Ihre Stimme klang so zerbrechlich und zittrig, als sie weitersprach. »Weißt du Conan, ich wollte …« »Bestimmt wird alles gut, da bin ich mir sicher.« Ein zuversichtliches Lächeln legte sich auf seinem Gesicht und er hoffte, diese Zuversicht damit auch auf Ran übertragen zu können. Denn deine Gefühle sind mir nur allzu schwer bewusst. Erstaunt musterte sie den kleinen Jungen in ihren Armen, bevor er auch ihr ein ehrliches Lächeln entlocken konnte. Es würde alles gut werden. Ganz bestimmt. Bevor das Feuer auch ihren Schlauch einnehmen konnte, fasste sie all ihren Mut zusammen und sprang gemeinsam mit Conan in die Tiefe. »Ran!« Der Schrei eines kleinen Jungen, der durch jeden einzelnen Nerv ging, erfüllte das größte Einkaufszentrum Tokyos. »Nein, du darfst nicht sterben!«, schrie Conan aufgebracht, nachdem er ihren Puls nicht mehr erfühlen konnte und diverse Wiederbelebungsversuche unternommen hatte, die jedoch allesamt kläglich gescheitert waren. »Bitte nicht …«, keuchte er und befüllte ihren Mund abermals mit seiner Luft. »Bitte verlass mich nicht. Das darfst du nicht tun!« Seine Augen füllten sich langsam mit Tränen. Wieder eine traurige Premiere. Das war das erste Mal seit mindestens zehn Jahren, dass er … weinte. Dieses Gefühl der Tränen auf dem Gesicht und dieser salzige Geschmack waren ihm so fremd. Es war ein unglaublich miserables Gefühl, wenn die Tränen einfach flossen und man nichts dagegen tun konnte. Alles in ihm krampfte sich schmerzhaft zusammen. Doch das war in diesem Moment so ziemlich das Letzte, was ihn interessierte. Als er sah, wie Ran immer bleicher wurde, überkam ihn eine Welle der unbarmherzigen Kälte. Er fühlte sich so … taub. Hilflos und machtlos. Einfach nur … schwach. Er befand sich in einem Schockzustand. Alle Muskeln, alle Sinne waren wie gelähmt. Noch nie hatte er auch nur annähernd ein derartiges Gefühl gespürt. »Komm zurück! Komm zu mir zurück!«, winselte er und gab nach wie vor nicht auf. Er durfte, konnte und wollte nicht aufgeben. Niemals. Nicht sie. Er war so sehr damit beschäftigt, sie wiederzubeleben, dass er nicht einmal die ohrenbetäubenden Sirenen der Kranken- und Polizeiwägen vernahm, die inzwischen eingetroffen waren. Erst, als ihn jemand von ihr wegzerren wollte, reagierte er panisch. »Fassen Sie mich nicht an! Ich will bei ihr bleiben!«, brüllte er lauthals und hielt sich an Ran fest, indem er sie mit seinen Armen umschlang und sich mit aller Kraft an ihr festkrallte. Ich werde bei dir bleiben. So wie ich es immer getan habe. Verlass dich drauf. Ich lasse dich nicht alleine! Niemals! »Junge, du musst sie loslassen! Sonst können wir deiner Schwester nicht helfen!«, ertönte die einfühlsame, aber dennoch ungeduldige Stimme des Sanitäters. Seine Worte sickerten bei Conan durch. Erst da kam er wieder zur Vernunft und drehte sich zu ihm um. »Ja, bitte retten Sie sie; sie bedeutet mir alles«, flehte er mit tränenerstickter Stimme und ließ seine Liebe widerwillig los. »Aber bitte lassen Sie mich mitkommen.« Der junge Mann, etwa Anfang Dreißig, nickte ihm dann zu, weil sie keine weitere Sekunde zu verlieren hatten. »In Ordnung. Wir können dich ja schlecht hier alleine lassen.« Nach diesen Worten hob er Ran vorsichtig hoch, legte sie auf eine Liege und trug sie in den Krankenwagen. Dort startete er unverzüglich mit seiner Reanimierung. Conan folgte auf den Schritt und fixierte seine Arbeit genau, ohne jedoch wirklich zu denken. Er ließ nur Ran keine Sekunde aus den Augen. Es war ein unvorstellbar schreckliches Bild, die Liebe seines Lebens so zu sehen. So ohne Leben. Leblos. Nein! Er konnte und wollte nicht weiterdenken! Sie war nicht tot! Ein Piepen riss ihn aus seiner Starre. Sofort näherte er sich der Liege Rans und schenkte dem tadelnden Blick des Sanitäters keinerlei Beachtung. Ran … Bist du wieder da? Seine unausgesprochene Frage wurde sogleich beantwortet. »Ihr Herz schlägt wieder, jedoch ist ihr Zustand noch äußerst kritisch. Sie muss sofort notoperiert werden«, sagte ein anderer Helfer im sachlichen Ton. Conan atmete innerlich erleichtert auf. Wenigstens ihr Herz schlug wieder. Es war noch nicht vorbei. Wenige Minuten später kamen sie im Krankenhaus an. Sofort wurde Ran auf ein Krankenbett platziert, welches die Krankenschwester in den Not–OP–Saal schob. Conan rannte neben dem Bett her. Eine andere Krankenschwester bog um die Ecke und schritt mit schleunigen Schritten durch den Gang. Offensichtlich war sie bereits über Rans Notfall informiert worden, denn als sie sie erblickte, steuerte sie sie direkt an. Ihre Sorgenfalten auf der Stirn ließen nichts Gutes verheißen. »Unsere Blutreserven sind alle komplett aufgebraucht! Und die brauchen wir dringend. Sie hat viel zu viel Blut verloren!« Sofort reagierte Conan. »Nehmen Sie mein Blut! Ich habe die gleiche Blutgruppe wie sie!«, rief er sofort bereitwillig und legte eine Hand auf seine Brust, um noch einmal zu betonen, dass er keinen Geringeren als sich selbst damit meinte. »Sie hat mir nämlich auch schon mal Blut gespendet; Sie brauchen mich also nicht noch zu untersuchen.« Die Krankenschwestern tauschten einen fassungslosen Blick aus. »Unmöglich. Du bist leider noch viel zu jung, um Blut zu spenden, Kleiner. Wir würden mächtig Ärger kriegen«, verneinte die Krankenschwester, die Rans Bett schob, bedauernd mit einem Kopfschütteln. Der kleine Junge wurde schlagartig rasend vor Wut. Er war zwar für seine Besonnenheit bekannt, da er es normalerweise immer schaffte, einen kühlen Kopf zu bewahren, egal in welcher Lage er sich befand – sei sie noch so verzwickt. Doch hier ging es auch nicht um irgendeinen Fall. Es ging hier um Rans Leben. Und damit zwangsläufig auch um sein eigenes. »Meinen Sie, nur weil es im Gesetz steht? Was ist mit dem Schutz des menschlichen Lebens? Dieser Paragraf steht in der Normenhierarchie um einige Stufen höher als die Vorschriften des Transfusionsgesetzes! Jetzt nehmen Sie schon endlich mein Blut; wir haben keine Zeit mehr zu verlieren! Wenn sie stirbt, sind Sie schuld! Ich werde zwar nicht genügend Blut spenden können, aber es ist besser als gar nichts, oder?« Conan konnte sich nicht daran erinnern, jemals so wütend gewesen zu sein. Er war außer sich vor Zorn. Dieser Zorn hatte bereits solche Ausmaße angenommen, dass er nun sogar schon mit schweren Vorwürfen um sich warf. Er, der normalerweise solche Worte nur mit Bedacht wählte und aussprach. Nur mit Mühe hielt er sich mit dem Satz zurück, der ihm gerade in den Sinn kam. ›Wenn sie stirbt, dann werde ich Sie eigenhändig ins Gefängnis bringen wegen unterlassener Hilfeleistung mit Todesfolge. Das schwöre ich Ihnen!‹ Tief in sich drinnen wusste er, dass er maßlos übertrieb und alles viel zu sehr überdramatisierte. Aber er konnte einfach nichts dagegen machen. Er konnte nicht mehr klar denken. Es war, als würde sein vernünftiger Verstand gerade ertrinken. Ertrinken in einem dunklen Meer aus Wut, Verzweiflung und Angst. Zähnefletschend funkelte er die beiden Damen an. Erstaunt über das Wissen dieses kleinen, frechen Bengels blinzelten sich die beiden Frauen gegenseitig ratlos an, sahen dann aber ein, dass er recht hatte mit dem, was er sagte, und nickten, wenn auch verunsichert. »Gut, dann komm bitte mit.« Ungeduldig saß Conan am Gang und hatte seinen Kopf gegen die Wand gelehnt. Drei Stunden. Schon drei Stunden saßen sie hier und warteten darauf, bis endlich das grüne Zeichen über der Tür des Operationssaals erleuchten würde. In der Zwischenzeit waren auch Kogoro, Eri und Sonoko eingetroffen. Zwar hatten auch sämtliche befreundete Polizeibeamte natürlich von diesem traurigen Vorfall mitbekommen, hatten jedoch alle Hände voll zu tun mit dem Amokläufer und dem von ihm verursachten Chaos im Einkaufszentrum, sodass sie keine Zeit hatten, um ebenfalls zu erscheinen. Immer noch schwebte vor seinem geistigen Auge das Bild der sterbenden Ran. Ein Bild, das sich nun für immer unwiderruflich in sein Herz eingebrannt hatte. Ein Bild, das er niemals in seinem Leben vergessen würde. Leider. Sie wurde angeschossen, weil sie ihn beschützt hatte. Es war alles seine Schuld. Und statt sie aus der Schusslinie zu werfen, hatte er nur tatenlos dabei zugesehen, wie sie sich für ihn geopfert hatte. Eigentlich hätte er sie beschützen müssen, nicht umgekehrt. Eigentlich … müsste er im Operationssaal liegen. Nicht sie. Conan hätte für diese Schande sterben können. Und das meinte er genau so, wie er es dachte. Er befand sich, seit sie in den Operationssaal geschoben wurde, in einem tranceartigen Schwebezustand. Es war, als wäre er in einer Glaskugel eingesperrt. Laute bekam er nur sehr verschwommen mit sowie auch sämtliche andere Dinge in seiner unmittelbaren Umgebung. Es war, als wäre er in einer ganz anderen Welt. Einer traurigen Welt voller Selbstvorwürfe und Leid. »Du solltest endlich nach Hause gehen, Conan. Kogoro wird die Nacht über hier bleiben. Du musst dich mal waschen, umziehen und ein bisschen ausruhen, mein Kleiner.« Er nahm die Stimme von Eri Kisaki nur weit entfernt wahr. Als Antwort von ihm bekam sie lediglich ein träges Kopfschütteln. Er wollte nicht weg. Auf gar keinen Fall. Zum Glück war sie nicht hartnäckig. Und so blieb er weiter stur auf seinem Platz sitzen. Die Zeit verstrich. Er konnte nicht sagen, wie lange er schon hier vor sich hinvegetierte. Jegliches Zeitgefühl war verloren. Genau wie seine aufgeweckte Lebendigkeit. Irgendwann erregte letztendlich doch etwas seine Aufmerksamkeit. Ein entsetzter Laut Kogoros. Er sah alarmiert auf und erkannte, wie ein Arzt den Saal mit nichtssagender Miene verließ und direkt auf sie zusteuerte. Sofort erhoben sich die Angehörigen. »Sie sind die Eltern?«, fragte er an Kogoro und Eri gewandt, die gleichzeitig nickten. »Sagen Sie schon, was mit unserer Tochter ist! Seit 35 geschlagenen Stunden wird uns ständig gesagt, dass wir abwarten müssen! Wie lange denn noch?« Ungeduldig funkelte Kogoro den Arzt an. »Es tut mir wirklich leid, aber bis zum jetzigen Zeitpunkt konnten wir Ihnen einfach noch keine genauere Auskunft geben über ein Zustand Ihrer Tochter. Ich … habe eine gute und eine schlechte Nachricht für Sie.« Da er sie nicht unnötig länger im Unwissen lassen und die Geduld des Vaters nicht überstrapazieren wollte, fuhr er gleich fort. »Nach einer zehnstündigen Operation ist Ihre Tochter Gott sei Dank über dem Berg. Doch leider … könnte ihr Hirn aufgrund der mangelnden Sauerstoffversorgung Schaden genommen haben. Wir haben einige Tests durchgeführt und auch, wenn wir jetzt noch abwarten müssen, bis die Narkose vollständig raus ist, um diese Diagnose endgültig zu stellen, deutet alles darauf hin, dass sie … ins Koma gefallen.« Conan drehte sich der Magen um. Ihm wurde übel. Richtig übel. Koma …? Das saß. Es war wie ein Schlag direkt in die Magengrube. Er ließ dieses schreckliche Wort auf sich einwirken. Es hatte doch so schön begonnen. Und nun lag Ran im Koma. Warum musste ihnen das Schicksal immer wieder einen Strich durch die Rechnung machen? Warum konnte nie etwas normal laufen bei ihnen? Warum nur? »Zwar konnten wir dank der großzügigen Spende des kleinen Jungen ihren Zustand zügig stabilisieren, doch ihr ganzer Körper ist zuvor leider kaum versorgt worden. Außerdem hat ein Schuss ihre linke Niere getroffen. Sie muss nun auch an einer Dialyse angeschlossen werden und ist dringend auf eine Nierenspende angewiesen.« »Ich werde natürlich eine Niere für sie spenden!«, kam es zeitlich aus Kogoro, Eri, Sonoko und Conan. Überrascht blickten die Anwesenden zu dem kleinen Jungen herunter. »Du hast deiner Freundin schon genug geholfen, indem du ihr dein Blut gespendet hast, du tapferer Junge. Diesmal sind die Eltern dran. Und bei ihnen ist es auch am wahrscheinlichsten, dass da eine Niere passt und sie nicht gleich abgestoßen wird«, meinte der Oberarzt mit einem aufmunternden Lächeln. Sonoko blickte bloß zu Boden und stimmte dem Arzt somit zu. Das sonst so redselige Mädchen stand noch ziemlich neben der Spur. Sie konnte es immer noch nicht fassen, was ihrer besten Freundin Schreckliches widerfahren war. Und nun lag sie auch noch im Koma. »Der Doktor hat Recht. Du hast ihr schon genug geholfen, obwohl du das rechtlich gesehen gar nicht hättest dürfen«, sagte Eri sanft an Conan gewandt. »Dafür werden wir dir ewig dankbar sein«, pflichtete Kogoro seiner Frau bei, lächelte Conan warm an und sah wieder ernst zum Arzt. »Gut, dann lassen wir uns testen.« Der Arzt nickte. »Vorerst können wir aber nur abwarten. Im Koma können wir ihr die Niere nicht einsetzen. Da wäre das Risiko eines Herzstillstandes viel zu hoch.« Conan legte abermals seine Stirn in Falten. Er traute sich kaum, diese Frage, die ihn gerade beschäftigte, auszusprechen. Doch noch schlimmer war die Ungewissheit. »Und … wann wird sie wieder aufwachen, Doktor?« Das ›Ob‹ umging er bewusst. Dass sie überhaupt wieder erwachen würde, war doch klar … Oder? Der Arzt zögerte, und als auch Kogoro ihn dazu drängte, seufzte er kurz. »Es ist immer schwer, so etwas vorauszusagen, aber die Chance, dass sie aufwachen wird, liegt schätzungsweise etwa bei 60 bis 70 Prozent.« 60 bis 70 Prozent. Die Frage, ob sie überhaupt jemals wieder zurück ins richtige Leben finden würde, stand also doch im Raum. Selbst da gab es nicht die hundertprozentige Sicherheit. Conan stützte sich schnell an der Wand ab, da er spürte, wie seine Knie bedenklich zu zittern begannen. Die Wand … Sie war wie ein kleiner Rettungsring, nach dem er griff, während er mitten im Ozean gerade einen fürchterlichen Krampf an den Waden erlitt. Verzweifelt hielt er sich daran fest und hoffte, dass der Rettungsring ihn nicht im Stich lassen und gemeinsam mit ihm untergehen würde. Geschockt ließ Conan seinen Kopf hängen und starrte einen unbestimmten Punkt auf dem Fußboden an. Es war wie ein weiterer Schlag mitten in die Magengrube. Wie auch bei einem richtigen Schlag auf der gleichen Stelle war der Schmerz beim zweiten Mal noch um einiges intensiver. Vor seinen Augen drohte, alles schwarz zu werden. Als wäre auf ihn ein schwarzer Umhang gefallen, der ihn gänzlich von der Außenwelt abschirmte. Doch der Umhang schenkte ihm keine Wärme. Im Gegenteil: Sie ließ jegliche Wärme von außen abprallen. Das Einzige, was er spürte, war die Kälte, die ihn immer weiter ausfüllte. Das absolute Nichts. Die nächsten Tage vergingen schleppend. Aus Tagen wurden Wochen. Wochen, an denen er nicht von ihrer Seite wich. Wochen, in denen er es nicht auch nur wagte, seine Hoffnung zu verlieren. So schwer es ihm auch fiel, denn jeder Tag endete damit, dass sie einfach nicht aufwachte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)