Kinderbild von Jaelaki ([Itachi & Sasuke | No Incest]) ================================================================================ Kapitel 1: Geniestreich ----------------------- ~ Ich sehe dich nicht. Das Foto in meinen Händen. Du bist nicht darauf. Deine dunklen Kinderaugen. Sie sehen mich nicht an. Nicht mehr. Du bist nicht mehr du. Und ich nicht mehr ich. Wir sind Fremde. Nur die Erinnerung. Sie verbindet uns. Ich sehe dich. ~ Regen rauschte hinab. Prasselte auf die Blätter der Bäume. Auf den matschigen Erdboden. Auf das Grün des hohen Grases. Am Himmel hingen grauschwarze Wolken, die sich im kräftigen Wind weiter drängten. Seine Augen starrten ohne Ausdruck hinaus, in eine Ferne, die nicht in Metern zu messen war. Die Erinnerung. Sie schien ihn manchmal zu ertränken, ihn mit sich zu nehmen, mit sich zu reißen, wie eine unbarmherzige Flut, die ihm in den schwachen Moment den Atem raubte und den Brustkorb zusammenquetschte. Die Realität zu verwischen schien wie dieser Schleier aus Regentropfen gerade vor ihm. Er atmete. Er atmete. „Itachi-san, warum – was ist das?“ Kisames Stimme zwang ihn zurück in die Gegenwart. Abwägend klang sie. Seine muskulöse Gestalt lehnte an einer der bröckeligen Wände aus Erde, einzelne Wurzeln von Bäume hingen heraus, stützten die Konstruktion. Schnecken und Würmer zogen darüber hinweg. Kisames Blick wanderte darüber und blieb dann an dem jungen Mann im Mantel, bestickt mit roten Wolken, hängen, der scheinbar unbewegt am Eingang zur Höhle stand. „Denkt Ihr etwa an –“ Seine Augen musterten das Papier in dessen Faust, dem der junge Mann selbst keine Aufmerksamkeit mehr schenkte. Aber er spürte es. Er spürte es mit jeder Nervenfaser, die in seinen Fingern endete. Der rauschende Regen vor dem Höhleneingang überdeckte die Stille darin. Kisame schnaubte, lehnte sich jedoch wieder zurück gegen die Wand und schloss gelangweilt seine Augen. Er wusste, wann er keine Antworten bekommen würde. ~ Du bist nicht mehr du. Und ich nicht mehr ich. Wir sind Fremde. Nur die Erinnerung. Sie verbindet uns. ~ „Ha!“ Augenblicklich lag die Aufmerksamkeit auf dem kleinen Jungen, der mit einem Lächeln und ausgestrecktem Zeigefinger im Gang stand – zwischen Regalen voller alter, teils zerfledderter Bücher, Schriftrollen und Ordnern. „Pscht!“, zischte einer der Schüler mit genervtem Blick, als der Junge unverändert laut und nicht minder stolz verkündete: „Ich hab dich gefunden!“ Doch Sasuke bekam die Rüge nicht mit, hatte seine Augen unverwandt auf einen ganz bestimmten zwölfjährigen Schüler in einem Shirt gerichtet, auf dessen Rücken das Wappen der Uchiha prangte. Sein Haar war mit einem Haargummi zusammengefasst, einzelne Strähnen hingen ihm ins Gesicht. Seine Augen musterten den triumphierenden Jungen mit nüchternem Blick, um seine Mundwinkel hingegen hing ein Zucken. „Sasuke. Was machst du hier?“, fragte er. In seiner Stimme lag etwas Tadelndes. Mit schmerzendem Nacken saß er da in der Bibliothek der Akademie, rieb sich über die Halswirbel. „Ich hab dich gesucht – und gefunden!“, erwiderte Sasuke endlich flüsternd. Unbefangen und fröhlich strahlte er ihn an. „Und warum hast du mich gesucht?“ „Weil du mir es versprochen hast! Den Tag mit mir zu verbringen!“ Vorwurfsvoll funkelten er ihm entgegen. Itachi seufzte. „Nicht heute“, erwiderte er, „ein anderes Mal.“ „Das geht nicht!“, erwiderte Sasuke sofort empört und brachte damit Itachi dazu, seine Augenbrauen zu heben. Ein Gefühlsausbruch für seine Verhältnisse. „Weil ich Geburtstag habe? Heute!“, beantwortete Sasuke die ungestellte Frage und seine Stirn lag in Furchen. Itachi stutzte und musterte seinen Bruder. „Du hast meinen Geburtstag vergessen“, grollte Sasuke und in seinen Augen funkelte Empörung. „Nein, habe ich nicht“, antwortete Itachi betont ruhig und winkte Sasuke näher zu sich, dessen Augen sich skeptisch zusammengezogen hatten, die Wangen eingeschnappt aufgebläht. Er würde Sasuke irgendwann sagen, dass Geburtstage keinerlei Bedeutung hatten, dass es schwachsinnig war zu behaupten, dass es an einem Alter wirklich grundlegend etwas änderte. Immerhin wurde jeder Mensch an jedem Tag einen Tag älter. Er würde es Sasuke irgendwann sagen, aber nicht heute. Ein anderes Mal. Sasuke lief mit fliegendem Schritt auf ihn zu, seine Lippen zu einem Schmollmund vorgeschoben. Mit unterdrücktem Amüsement tippte er ihm auf die Stirn. „Warum?“, fragte Sasuke und Enttäuschung glänzte in seinen Blick. „Du hast mir versprochen, heute den Tag mit mir zu – sein!“ „Mhm“, erwiderte Itachi nachdenklich. Eigentlich hatte er noch viel zu erledigen. Dinge, die sich nicht und Dinge, die sich überhaupt nicht mehr aufschieben ließen. Wichtige Dinge. Dinge, mit denen sich Sasuke niemals herumplagen sollte – würde es nach ihm gehen. Ein Gefühl wie Blei im Magen zog sich durch seine Glieder, ballte sich in seinem Magen. „Und du willst also immer noch, dass ich den Tag mit dir verbringe?“, fragte er wie nebenbei, seine Stimme gleichgültig, obwohl er natürlich die Antwort bereits wusste. Die er immer wusste. Es würde sich wohl nie verändern. „Ja, genau. Also nein. Nicht nur verbringen, sondern – ähm – ja. Wie das Sprichwort. Da. Wie Mama immer sagt. Mit dem. Ähm. Der Hauptzweck des Lebens ist – nicht wie die Menschen es machen, es zu genießen, sondern wie alle anderen es machen. Alle anderen Lebewesen. Und du machst das überhaupt gar nicht. Du lernst. Nur. Sogar an meinem Geburtstag!“ Die Empörung in seiner Stimme widerspiegelte sich auch in seiner Mimik. „Du meinst: Alle Lebewesen außer den Menschen wissen, dass der Hauptzweck des Lebens darin besteht, es zu genießen.“ „Wie auch immer“, erwiderte Sasuke schroff und verdrehte seine Augen, „du sollst den Tag mit mir – genießen. Das hat Mama auch gesagt. Sie hat gestern gesagt, dass du irgendwann alt und grau sein wirst und bereuen wirst, das Leben nicht mehr genossen zu haben. Dafür wird dann dein Kopf voll mit unnützem Schrott sein.“ „Sie hat Schrott gesagt?“, hakte er nach, ein Grinsen spielte um seine Mundwinkel. Sasuke zuckte lediglich mit den zierlichen Schultern. „Na, vielleicht nicht so wortwörtlich.“ Er grinste ein wenig verlegen. Itachis Blick wanderte über den verkratzen Holztisch der Bibliothek, an dem er gewöhnlich arbeitete, übersät mit Bücherstapeln, großzügig verdeckt von Schriftrollen und Papieren mit Skizzen und Symbolen, Abkürzungen und Codesprachen. Daneben stand der grimmig dreinschauende Junge mit dem chaotischen Haar. In seinen Augen drängten sich Empörung und die ungesagte Bitte, kämpften um die Vorherrschaft. „Nur ein paar Stunden“, meinte Itachi schließlich, begann das Material ordentlich zusammenzupacken. In den Augen seines Bruders siegte Freude. Das Gefühl in seinem Magen lockerte sich. Er atmete ein. Er atmete. Schatten warfen die Bäume in der Mittagssonne. Ihre Kronen rauschten im Wind. In der Luft hing der Geschmack des Spätsommers. Vögel zwitscherten. Irgendwo bellte ein Hund. Seine Schritte waren leichtfüßig, der Kies knirschte unter den Sandalen und Sasuke plapperte vor sich her. In ihm herrschte eine merkwürdig angenehme Stille, in der Gegenwart eines jeden anderen fühlte er sich unwohl, irgendwie angespannt und in eine Rolle gepresst. Aber bei Sasuke ... Er durfte nicht so schwach sein, ausgerechnet bei ihm, dachte er und seine Lippen formten sich zu einem harten Strich. „Und dann – ich habe es echt nicht mehr geglaubt – haben sie mir die gegeben. Total cool.“ Itachi spürte den Blick von der Seite und schaute nach unten. „Du hörst gar nicht zu“, brummte Sasuke und verschränkte seine Arme vor der Brust. Mit strammen Schritten ging er neben ihm her und blickte ihn mit zusammengekniffenen Augen von unten her an. Itachi erwiderte den Blick ohne zu blinzeln. Er hätte lügen können, aber. „Was willst du eigentlich machen, Sasuke?“ Sein Bruder blinzelte, dann schnaubte er und rollte sie bewusst provokant. „Mein Geschenk ausprobieren“, erwiderte er knapp und murrte etwas wie: „Wie ich schon die ganze Zeit gesagt hab.“ Doch ehe Itachi auch nur eine Silbe mehr hätte erfragen können, zog Sasuke außerordentlich behutsam etwas aus seiner Hosentasche. Itachi musterte die große Kamera in den Händen seines Bruders, der sie wie einen unersetzbar wertvollen Schatz festhielt. „Lass uns Fotos machen!“, rief Sasuke begeistert aus, die Empörung, der Ärger, der stille Vorwurf wie weggewischt, doch Itachis Miene versteinerte sich. Nicht nur zur äußerlichen Tarnung verräterischer Emotionen – wie gewohnt – nein, auch innerlich fühlte er in der Sekunde eine gewisse Starre über seinen Gesichtszügen. „Fotos?“ „Ja, so lustige und schöne und. Mama meinte, dass so ein Fotoapparat die schönsten Momente im Leben – ähm – festhalten soll.“ „Mach das doch lieber ein anderes Mal“, schlug er behutsam vor und Sasuke blickte ihn an, als hätte er nicht alle Tassen im Schrank oder Latten am Zaun oder Buchstaben in der Suppe. So wurde er niemals angesehen – eigentlich. Denn Itachi war ein Genie. Das wurde ihm von allen Seiten zugesichert, mal stolz, mal herablassend, mal neidisch, ärgerlich, hoffnungsvoll, ängstlich. Er war ein Genie in allen Künsten der Ninja. Dazu gehörten jedoch weder Fotoapparate noch das Festhalten der schönsten Momente im Leben. Im Gegenteil. Unwillkürlich schluckte er. „Ich mach einfach mal ein Foto von dir! Also guck nicht so böse! Mann!“, lachte Sasuke wieder herzlich, sein Gesicht konzentriert hinter der Fotokamera verschwunden. Der Wind spielte mit seinen Haarsträhnen, um sie herum rauschten die Blätter in nüchternem Blassgrün, Olivgrün und Giftgrün. Am blassblauen Himmel sammelten sich Wolken. „Sasuke, eigentlich müssten wir ein Foto von dir machen“, gab Itachi kritisch zu bedenken, das Gefühl des Ausgeliefertseins kontrollierte er hartnäckig, „du hast doch immerhin Geburtstag. Nicht ich.“ Klick. Ehrlich gesagt, kannte er sich mit Geburtstagen nicht besonders gut aus. Es war eine jener gesellschaftlichen Konventionen, die er gerne und regelmäßig durch Training und Missionen mied. Klick. „Achwas. Ich bin das Geburtstagskind, also darf ich mein Geburtstagsgeschenk ausprobieren und mach damit Fotos. Ist doch logisch“, widersprach Sasuke. „Warum machen wir nicht ein Foto von uns gemeinsam? Wenigstens eines.“ Er überlegte, zwischen seinen Augenbrauen lag zuerst eine steile Falte, dann breitete sich Begeisterung in seiner Mimik aus. Itachi atmete durch, dann winkte er Sasuke näher. Ein Lächeln legte sich auf dessen Lippen. Die Last, die er ständig auf seinen Schultern spürte, die sie niederdrückten und seinen Augen diesen ernsten Ausdruck verliehen, schien wie angehoben. Er fühlte sich plötzlich so leicht. „Und jetzt? Wir können nicht gucken, wie das Bild wird, wenn wir beide drauf sein sollen“, gab Sasuke ratlos zu bedenken und musterte die klobige Kamera in seinen Händen, das Gehäuse mit dem rechteckigen Guckloch. „Gib mir mal die Kamera“, meinte Itachi und schaute gutmütig zu seinem Bruder hinunter, der den Apparat behutsam in seine Hand legte. „Und wie machst du das jetzt?“, fragte er neugierig und schaute ihn ehrfurchtsvoll an. „Intuition“, erwiderte Itachi schlicht, doch in Sasukes Augen legte sich Unverständnis, während Itachi sich in die Hocke gleiten ließ und ihn an sich drückte. Mit ausgestrecktem Arm richtete Itachi die Kameralinse aufs Geratewohl auf sich und seinen kleinen Bruder, der vergnügt grinste. Klick. Sasuke lachte. Klick. Und kicherte vor Vergnügen. Klick. Und streckte die Zunge heraus. Die ersten Regentropfen verfingen sich in dem Haar seines kleinen Bruders, ehe er sie auch auf seinen Armen wahrnahm. Sein Blick glitt gen Himmel. Die Wolken drängten sich dort über den Baumkronen zusammen, als er Sasuke bedeutete weiterzugehen, zügig, nach Hause. Das zunehmende Prasseln auf den Laubblättern drückte die Geräusche des Dorfes an den Rand seines Bewusstseins. Sasuke kreischte vor Vergnügen als die ersten Regentropfen in sein Gesicht fielen und er mit einem Sprung in eine sich füllende Pfütze hüpfte. Die Zurechtweisung lag Itachi schon auf den Lippen, doch er schluckte sie hinunter, als er die vor Freude geröteten Wangen, das Glitzern in den Augen seines Bruders erkannte. Itachi schloss einen Moment die Augen, atmete ein, gab diesem Gefühl für eine Sekunde nach, das Gefühl des Regens auf der Haut, im Gesicht, Tropfen glitten seine Haarsträhnen entlang, fielen ihm ins Gesicht, das Kinn entlang, blieben in seinen Wimpern hängen. Sah seinen kleinen Bruder in dieser mentalen Rückblende vor sich. Strahlend. Kichernd. Sorglos. Frei. Sah seine Augen. Dunkel. Vertrauensvoll. Begeistert. Funkelnd. Glücklich. Klick. Er öffnete die Augen und erblickte Sasuke, der auf ihn zusprang, die Kamera immer noch vor der Brust. „Das Bild ist bestimmt das schönste“, meinte er lächelnd, das Rauschen des Regens durchdrang seine ungewöhnlich ernste Stimme. „Wieso?“, fragte Itachi wie nebenbei, doch beobachtete ihn aufmerksam, als er ihm dennoch bedeutete schneller zu laufen. „Mh“, erwiderte er gedankenverloren, „weil du so – geguckt hast. Fast glücklich.“ Sasuke strahlte ihn an und er ließ wortlos seinen Blick Richtung Uchiha-Viertel wandern. Das Gefühl aus Blei zog sich durch seine Glieder, ballte sich in seinem Magen. Die Haare von seiner Mutter mit tadelnden Worten notdürftig trocken gerieben und in frische Kleidung bugsiert, saß Sasuke mit verschränkten Beinen auf dem Sitzkissen und starrte, wie auch er selbst, nach draußen durch das Fenster. Dicke Regentropfen klopften dagegen und zogen sich in Bahnen darüber hinweg. Seine Mutter spülte nebenan Geschirr, ab und zu hörten sie das Klirren von Geschirr durch die Wände, sein Vater hatte sich wie gewohnt zurückgezogen. „Es tut mir leid, Sasuke“, durchbrach Itachi irgendwann die Stille, sah jedoch weiter durch das Fenster hindurch, als zählte er die Regentropfen. „Was?“, fragte Sasuke. Einen unpassend langen Augenblick lang antwortete Itachi nicht, dann raffte er ein paar Worte der Erklärung zusammen: „Ich habe dir nichts geschenkt. Und du konntest nur ein paar Bilder schießen wegen des Wetters.“ Sasuke grinste ihn lediglich an und antwortete nichts. Ein verwaister Regentropfen tropfte von seinen chaotischen Haarsträhnen, das Kinn entlang, versickerte im Stoffshirt. „Das macht nichts“, erwiderte er dann irgendwann nach einem Moment, in dem nur das Rauschen des Regens zu hören gewesen war. Zufriedenheit lag in seiner Mimik. „Es war ein schöner Tag. Und ich habe Fotos gemacht. Jetzt können wir uns immer daran erinnern. Das ist supercool. Das war das beste Geschenk überhaupt. Das machen wir jetzt zu jedem Geburtstag von mir!“ Er lachte. Regen rauschte vor den Fenstern hinab. Prasselte auf die Blätter der Bäume. Auf den matschigen Erdboden. Das Grün des hohen Grases. Am Himmel hingen grauschwarze Wolken, die sich dicht im Wind weiter drängten. ~ Deine dunklen Augen. Verachtung. Hass. Schmerz? Du siehst mich an. ~ „Ich werde dich töten. Heute! Jetzt! Verdammter –“ Er sah seinen kleinen Bruder wie in dieser Rückblende vor sich. Strahlend. Kichernd. Sorglos. Frei. Sah seine Augen. Dunkel. Vertrauensvoll. Begeistert. Funkelnd. Glücklich. Er öffnete die Augen und erfasste Sasuke, der auf ihn zustürmte. Seine Augen starrten ihm voller Verachtung entgegen. Versuchter Hass. Sein Chakra pulsierte. Seine Bewegungen konnte er vorhersehen. Er katapultierte ihn mit einem einzigen harten Wurf an die Wand, das Handgelenk knackte, der Arm war sicherlich gestaucht. In Sasukes Augen brannte etwas. Verbissen, sichtbar nur diese Gleichgültigkeit suchte er etwas in seinen Augen, die ihm rot entgegen funkelten, mit Verachtung getränkt, vor Hass vernebelt, Schmerz durchwandert. Das Echo eines Gefühls aus Blei zog sich durch seine Glieder und betäubte sie, ballte sich in seinem Magen. Seine Augen waren ihm so fremd. Sasuke schaffte es natürlich nicht, ihn zu töten. Nicht heute. Ein anderes Mal. ~ Aber du bist nicht mehr du. Und ich nicht mehr ich. Du siehst mich nicht. Wir sind Fremde. Nur die Erinnerung. Sie verbindet uns. Sie verbindet uns in Verachtung und Hass und Schmerz. ~ „Kisame. Wir gehen weiter.“ Regentropfen hingen an den Blätter der Bäume. Auf dem matschigen Erdboden. Dem Grün des Grases. Am Himmel hingen grauschwarze Wolken, die sich im Wind sammelten. Kisame nickte, erhob sich schwerfällig, streichelte mit einer unerwartet sanften Berührung das in Leinen gewickelte Schwert, ehe er es schulterte. Itachi verharrte einen weiteren Moment, das zerknüllte Papier in seiner Faust, dem er scheinbar keinerlei Aufmerksamkeit mehr schenkte. Er spürte es. Er spürte es mit jeder Nervenfaser. Als Kisame geduckt neben ihm am Höhlenausgang stand, riskierte der einen Blick auf das Papier, das sich als verwackeltes Bild herausstellte. „Total krank“, spöttelte er plötzlich, „warum starrt Ihr so auf ein Foto von Euch selbst, Itachi-san? Normalerweise sucht man sich für so was eine heiße Blondine.“ Ein dreckiges Lachen grollte aus seiner Kehle. Itachi zog den Basthut tiefer ins Gesicht. Schweigend schritt er mit festem, aber leichtfüßigem Gang neben der gewaltigen Statue Kisames her. „Der Fotograf war außerdem echt miserabel“, fügte der noch hinzu. Durch den Kragen verdeckt, zog um Itachis Mundwinkel ein schwaches Lächeln. Früher hätte sich jetzt ein Gefühl aus Blei durch seine Glieder gezogen, sich in seinem Magen geballt. Heute war da nur noch Leere. Und ein Gefühl, das an den Magenwänden nagte. Er hatte Sasuke nie gesagt, dass Geburtstage keinerlei Bedeutung hatten, dass es schwachsinnig war zu behaupten, dass es an einem Alter wirklich grundlegend etwas änderte. Dass jeder Mensch an jedem Tag einen Tag älter wurde. Deswegen war es auch unbedeutend, dass er heute an ihn dachte. Dass er sich jedes Jahr an diesem Tag unwillkürlich an jenen Tag erinnerte. Nichts machte ihn verwundbarer als die Erinnerung. Außer, dass sie nur noch durch die Erinnerung miteinander verbunden waren. „Jetzt können wir uns immer daran erinnern. Das ist supercool. Das war das beste Geschenk überhaupt. Das machen wir jetzt zu jedem Geburtstag von mir!“ Dass er jeden Tag an ihn dachte. Und dann sah er seinen kleinen Bruder vor sich. So wie er gewesen war. Strahlend. Kichernd. Sorglos. Frei. Sah seine Augen. Dunkel. Vertrauensvoll. Begeistert. Funkelnd. Glücklich. „Im Gegenteil“, erwiderte Itachi plötzlich leise, doch deutlich, „der Fotograf war ein Genie.“ ~ Du siehst mich. Das Foto in deinen Händen. Ich bin dort drauf. Deine dunklen Augen. Verachtung. Hass. Schmerz? Du siehst mich an. Du bist nicht auf dem Foto. Aber du bist trotzdem da. Ich sehe den Moment. Ich sehe dich dort stehen. Weil ich weiß, dass du es gemacht hast. Mit der alten Kamera in deinen kleinen Händen. Aber du bist nicht mehr du. Und ich nicht mehr ich. Du siehst mich nicht. Wir sind Fremde. Nur die Erinnerung. Sie verbindet uns. Sie verbindet uns in Verachtung und Hass und Schmerz. Und Liebe. Egal, was du tun wirst. Ich sehe dich. Immer wieder. Immer noch. Ich liebe dich. Und ich werde dich lieben. Immer. ~ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)