Dont't you know.... von Joshua_ ================================================================================ Kapitel 2: Lonelyness --------------------- Kapitel 2 - Lonelyness Meine schweren Schritte hallten von den hohen Decken im Thronsaal wider und mein goldenes Gewand wehte bei jeder Drehung, die ich am Ende des Podestes vollführte. Mein Gesicht, zermartert vor Hass. Mein eines Auge wild umherwandernd, suchend nach Antworten. Die Gestalt Odins, die ich wie ein Puppenspieler perfektioniert hatte, bröckelte. Ganz langsam. Das helle Licht fuhr über meinen Körper wie eine zweite Haut und gab mein wahres Ich frei. Ich schnalzte mit meiner Zunge und ließ mich auf den massiven Thron hinter mir fallen. Für meinen schlanken Körper war er wirklich zu mächtig. Es sah bestimmt so aus, als säße ein kleines Kind auf dem Sessel seines Vaters. Verloren. Allein. Schnell schüttelte ich mit den Kopf. Was waren das nur für Gedanken, die ich plötzlich hatte?! Alles nur wegen Thor's Worte, die mir den Boden unter den Füßen weg gezogen hatten. Seine blauen, traurigen Augen hatten sich in meine Netzhaut gebrannt. Sein durchdringender Blick hatte mir eine Gänsehaut beschert. Und noch jetzt, wo mir die Erinnerung durch die Glieder kroch, erschauderte ich. So hatte ich meinen Bruder noch nie gesehen. //Er ist NICHT dein Bruder!// meldete sich meine innerste Stimme und schlug mir hart gegen meine Rippen. Ich seufzte und ließ mich gegen die Lehne sinken. Was war neuerdings in mich gefahren? Ich vermochte es nicht zu erklären. Vielleicht war ich das gute Essen des Palastes nicht mehr gewöhnt, oder die Langeweile, die mich Tag für Tag an diesen Thron fesselte, übermannte mich langsam. Ich konnte es nicht sagen. Dabei hatte ich doch alles, was ich wollte: ICH war König. Hatte mir die Herrschaft (mehr oder weniger) rechtschaffend gesichert und dennoch schien ich unzufrieden zu sein. Ich kannte die Antwort, doch wollte ich es mir nicht eingestehen. In den tiefen meiner Seele wusste ich, dass mir der Schabernack, die Unruhestiftung, mein Aberwitz fehlte, mit denen ich andere Menschen an den Rand des Wahnsinns trieb. Vor allen Dingen Thor. "Pffhh~" Amüsiert verzogen sich meine Lippen zu einem hämischen Grinsen. Oh ja, wie oft hatte ich meinen Bruder mit meinen reizenden Sprüchen verärgert. Wie oft habe ich ihn zur Weißglut gebracht, sodass er beinahe einmal mit seinem Hammer eine ganze Bergkette gesprengt hatte. Allein die Erinnerung an sein vor Wut verzerrtes Gesicht erhellten meine Stimmung. Und doch. Da waren diese verletzten Augen, die mein Herz erneut schmerzen ließen. Sein stahlblau war so dunkel und verloren, dass ich beinahe den Ozean vor den Toren Asgards wider erkannt habe. So tief, so....anders als sonst. Schnell schüttelte ich den Kopf und damit die Gedanken von mir. Ich sollte aufhören an diesen Trottel mit seinem aufgepumpten Bizeps zu denken. Dies verursachte mir eh nur Bauchschmerzen. Plötzlich erhellte ein heller Strahl die Fenster meines Saals. Ich sprang auf, rannte mit wehendem , grünen Mantel zur Brüstung und umklammerte diese fest mit meinen Händen. Über all den Dächern der Stadt konnte ich klar ausmachen, welches Phänomen es war, das die Sonne noch greller scheinen ließ als sonst. "Thor." zischte ich missbilligend und schluckte hart. Heimdal schien ich wieder einmal zur Erde zu schicken. Und ich wusste genau, weshalb er dorthin ging. Verfluchtes Midgard. Verfluchte Menschenfrau, die dem blonden Krieger den Kopf verdreht hatte. Zorn keimte in meiner Brust und ließ mein Herz schneller schlagen. Immer wieder verschwand Thor für einen ganzen Tag in diese mit Smog verseuchte Welt und kam erst spät Nachts wieder. Woher ich das wusste? Nun, ich beobachtete ihn. Sein Kommen und Gehen. Nur ein paar Stunden verbrachte er hier, in seiner Heimat. Bei mir. Ehe er erneut den Weg zu dieser Frau suchte. Meine Lippen kräuselten sich und ich wandte meinen Blick von der wieder eingekehrten Stille Asgards ab. Thor war weg und ich allein. Was hatte ich auch von diesem hohlen Dummkopf erwartet. Hier in dieser Welt gab es nichts, was er glaubte zu brauchen. Nichts. Die Erkenntnis traf mein Herz wie ein Dolch und versetzte mir einen Stich. Es tat weh zu wissen, dass es niemand war, nicht einmal Thor, der mich vermisste. //So war es schon immer.// erinnerte mich die Stimme in meinem Kopf und ich senkte ihn. Ja. Ich war schon immer allein gewesen. Thor war immer derjenige, der die Freunde hatte, den Respekt des Volkes, die Anerkennung Odins. Ich wurde lediglich geduldet. Akzeptiert, dass meine Monstererscheinung nicht gänzlich alle Luft in Asgard verpestete. Und nun saß eben dieses ausgestoßene, verhasste Ungeheuer Jotuns auf ihrem Thron. Beherrschte sie. Jeden einzelnen der Asen. Es sollte mich mit tiefster Zufriedenheit erfüllen, dass ich mein Ziel erreicht hatte. Eigentlich. Die Stille in diesem viel zu großen und protzigen Thronsaal wurde nur kurz von meinen zarten Schritten quer durch den Raum unterbrochen, als ich mich erneut auf den Platz meines Erfolges setzte. Allein. Ich war allein. Ich hatte alles, was ich wollte und es gab dennoch niemanden, mit dem ich dies teilen konnte. Schlimmer noch. Keiner wusste um meine Wenigkeit. Jeder dachte, dass Odin, Allvater, allseits geliebter König, auf dem Stuhl der Macht saß und all ihre Schritte lenkte. Keiner ahnte, dass dieser verwitterte Greis schon längst eine eingefrorene Marionette in meinem Spiel war. Nun hatte ich mein Spiel gewonnen. Und was nun? Wie ging es jetzt weiter? Ich hatte mir nie zuvor die Frage gestellt, was danach passierte, wenn ich alles erreicht hatte, wofür ich so lange und hart kämpfte. Nie vorgestellt, dass die Erfüllung meines Traumes mich so einsam machte. Thor war fort, Frigga tot und Odin in Jotunheim zum Eiswürfel degradiert. Ich hatte hier niemanden. Die Nacht brach langsamer herein, als sonst. Oder kam es nur mir so vor? Ich hatte die Zeit des restlichen Tages nur so tot geschlagen. Die Kriege waren alle gewonnen, der Friede in allen neun Welten hergestellt und meine Person damit völlig überflüssig gemacht. Was hatte Odins sonst immer getan, wenn es nichts gab, was zu befehligen war? Die Antwort kannte ich sehr gut, doch sie zu zu lassen, wäre ein Verrat an meinem eigenen Hass ihm gegenüber. Ich rollte mich zur Seite und beobachtete die Vorhänge meines Lofts, die im seichten Wind hin und her wehten. Der Mond war mit dunklen Wolken verhangen und ich zog die Bettdecke noch tiefer in mein Gesicht. Nur hier, im dunkel Odins Gemach, meines neuen Zimmers, konnte ich meine wahre Gestalt beibehalten. Denn niemand wagte es ohne meine Erlaubnis einzutreten. Hier musste ich nicht vorsichtig sein, dass meine Maskerade enttarnt wurde. Und genau hier, fühlte ich mich so einsam wie nirgendwo sonst. Meine grünen Augen richtete sich zum Baldachin über dem viel zu großen Bett, indem meine zierliche Gestalt versank und schloss sie letztendlich. Ob ich nun die Dunkelheit um mich herum war nahm, oder ich mich meiner eigenen hingab, war völlig gleich. Ich seufzte leise und ließ mich in das Schwarz meiner Träume reißen. Dort war ich zwar ebenfalls allein, aber es war erträglicher. Erträglicher als die bittere Wahrheit, dass es niemanden einen Dreck scherte, ob ich nun Tod oder lebendig war. Nicht einmal Thor. Was ich zu diesem Zeitpunkt nicht wusste, war die Tatsache, dass die Lügen, die ich all die Jahre anderen aufgetischt hatte, die größte Lüge meines eigenen Lebens war. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)