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Es war etwas geschehen, etwas schreckliches, das alles hätte verändern können. Wir waren nun schon seit Jahren in einer Band, fast genauso lange befreundet und dann... durch einen einzigen kleinen Fehler war das alles in Gefahr.

So hart das klingen mag, aber er war nicht einmal mein Typ. Auch wenn man es kaum glauben mag, ich stehe auf beständige Männer. Echte Kerle, auf die man sich in allen Lebenslagen verlassen kann, die breite Schultern haben an denen man(n) sich anlehnen kann, wenn es erforderlich ist und die einfach geil aussehen, zum niederknien geil... Ich möchte damit nicht sagen, dass er schlecht aussieht, aber... abgesehen von der Arbeit, ist er wirklich schlampig. Ständig vergisst er alles, vor allem wichtige Dinge. Sein Hausschlüssel, sein Handy und sein Portemonnaie mussten oft dran glauben, selbst sein Notebook war nicht sicher vor seiner Vergesslichkeit. Mir ist es ja immer noch schleierhaft, wie man einen so großen Gegenstand einfach unbemerkt liegen lassen kann.

Klar, ich selbst bin auch ein kleiner Chaot, nur bezieht sich das auf andere Dinge, die ich hier aber nicht weiter ausführen möchte. Das geht ja auch keinem etwas an...

Jedenfalls verstand ich nicht wie es dazu kommen konnte. Ja, ich war nie ein Kind von Traurigkeit und Alkohol war auch nicht immer mein Freund, aber so betrunken... ich glaub, das war ich noch nie. Allerdings stellte sich mir auch eine andere Frage. Wieso hatte er es soweit kommen lassen? Ja... bei sowas waren immer zwei verantwortlich und dennoch... er trank selten, sehr selten... quasi gar nicht und doch war ich heute morgen in seinem Bett aufgewacht, nackt. Zunächst hatte ich mich irritiert umgesehen und musste die einzelnen Fragmente der vorherigen Nacht zusammensetzen. Ich konnte mich aber recht schnell an seinen Geruch, seine Lippen auf meinem Körper und seine Hitze erinnern. Mein Verdacht bestätigte sich, als er freudestrahlend mit einem Tablett in den Händen das Zimmer betrat und es auf dem Nachtschrank abstellte. Er hatte Frühstück gemacht, für mich... Es wurde mir von Minute zur Minute unangenehmer dort zu sitzen und am liebsten wäre ich auf der Stelle geflüchtet. Doch wie? Und wohin? Der Mann, in dessen Bett ich saß, war kein unbekannter. Wir arbeiteten zusammen, sahen uns beinahe jeden Tag.

„Was ist? Hast du keinen Hunger? Oder geht’s dir nicht gut?“, vernahm ich die besorgten Worte und mir wurde wirklich ziemlich mulmig zumute. Was sollte ich sagen? Wie sollte ich es ihm sagen? Es war ein Ausrutscher gewesen, nichts ernstes... eine einmalige Sache, die niemals wieder geschehen durfte. Aber wie sollte ich das nun über die Lippen bringen, bei dem Lächeln, das mir hier entgegen gebracht wurde? Also aß ich doch etwas und es schmeckte zu meinem Leidwesen wirklich gut. Nun fühlte ich mich noch elender. Er schien aber nichts zu merken, lächelte zufrieden als ich nun doch frühstückte und erhob sich. Er verließ den Raum und kam kurz darauf mit meinen frisch gewaschenen und zusammengelegten Sachen zurück. Na toll! Wieso tat er das? Das war doch echt nicht zum aushalten! Ich stellte den Teller zurück aufs Tablett und erhob mich.

„Ich geh dann mal duschen...“, brachte ich noch gerade so heraus als ich nach den Sachen griff und regelrecht ins Badezimmer flüchtete. Ich musste erst mal tief durchatmen, sah mich in dem Raum um. Kai hatte sogar ein Duschtuch bereitgelegt. Wie schwer wollte der Kerl mir das denn noch machen? Ich musste nun doch etwas lächeln und begab mich unter die Dusche. Nachdem ich das warme Wasser lange genug genossen hatte, drehte ich es ab und stieg heraus. Beim Abtrocknen wanderte mein Blick automatisch Richtung Spiegel. Ich erschrak ein wenig, hatte Kai sich doch ausgiebig auf meiner Haut verewigt. Zum Glück waren es keine sichtbaren Stellen. Allerdings strich ich über einen besonders dunklen Knutschfleck. Sofort kamen mir wieder die Bilder in den Sinn und ich schüttelte den Kopf.

Himmel! Warum benahm ich mich so merkwürdig? Das war nicht mein erster One-Night-Stand und doch war es der erste mit einem Kollegen, einem Freund... mit Kai. Ich seufzte und schaute zur Tür. Hoffentlich erhoffte der jüngere sich nichts von dieser Nacht. Ich wollte nicht, dass das Bandklima darunter leiden musste.

Nachdem ich mich schließlich angezogen hatte, rang ich mich endlich dazu durch den Raum zu verlassen. Ich atmete einmal tief durch und öffnete die Tür, wurde sogleich schmunzelnd empfangen.

„Da bist du ja, ich wollte gerade nach dir sehen...“, kam es mir dann auch entgegen und ich bemühte mich um ein Lächeln.

Ein bisschen wunderte es mich schon, dass er nichts zu letzter Nacht sagte. Machte er sich keinerlei Gedanken? Vielleicht... aber dann waren meine ganzen Bedenken überflüssig.

Letzten Endes machten wir uns gemeinsam auf den Weg. Normalerweise wurden wir von einem Mitarbeiter der Firma abgeholt, doch dem hatten wir gestern noch frei gegeben. Er hatte irgendeine Familienfeier oder so... ich hatte nicht genau zugehört...

Jedenfalls liefen wir nun schweigend nebeneinander her und das brachte mich beinahe um den Verstand!

Kurz vor unserem Ziel griff ich seine Hand und zog ihn in eine Seitenstraße. Er sah mich zunächst überrumpelt an, betrachtete mich dann allerdings mit aufmerksamen Augen.

„Hör zu... das... letzte Nacht, das sollten wir einfach vergessen...“, stammelte ich mir zurecht und blickte zu Boden.

Zunächst erhielt ich keine Antwort, dann vernahm ich aber ein seufzen.

„Also benimmst du dich deswegen schon die ganze Zeit so...? Meinst du nicht dass das hier ein ungünstiger Ort ist um das zu besprechen?“, kam es dann sehr gefasst von ihm.

Nun traute ich mich auch wieder aufzusehen und erwiderte den Blick. Leider konnte ich in seinen Augen nicht lesen, was er dachte.

Ich schüttelte den Kopf.

„Da gibt es auch nichts zu besprechen... Es war eine einmalige Sache...“, entgegnete ich sogleich und seufzte, fuhr mir fahrig durchs Haar.

„Nimm es bitte nicht persönlich, aber... du bist so gar nicht der Typ Kerl auf den ich eigentlich stehe... du bist zu... schmächtig und schüchtern... zu nett... ich mag eigentlich mehr Männer, die muskulös sind, wissen was sie wollen und sich nichts gefallen lassen und... das bist du nicht...“

Wieder sah ich zur Seite. Eigentlich hatte ich es so nicht sagen wollen, doch es war einfach aus mir herausgeplatzt.

„Lass... lass uns einfach weitergehen, ja? Wir kommen sonst zu spät...“, versuchte ich dann schnell abzulenken und spürte eine kurze Berührung an meiner Schulter. Doch ich war schon weitergegangen. Nun tat es mir leid, was ich gesagt hatte und drehte mich nochmal um. Kai lief direkt hinter mir. Er lächelte mich kurz an, ehe er einen ernsten Blick aufsetzte und mich dann überholte.

Das war der letzten Tage an dem ich ihn auf seine unverkennbare Art und Weise hatte lächeln sehen.
 

„Wow! Kai, schon gesehen? Du wurdest von JPop Asia zum sexiest Rocker 2013 gewählt...“, kam es anerkennend von Reita und klopfte dem Angesprochenen auf die Schulter.

„Für mich ist es ja immer noch ein Rätsel wie du soviel Muskelmasse aufgebaut hast und das in so kurzer Zeit...“, meldete sich nun auch Uruha zu Wort und schmiss sich aufs Sofa. Heute trafen sie sich um ihre Ideen mal wieder auszutauschen. Sie arbeiteten derzeit an einem neuen Album und würden bald auf ihre eine weitere Tour gehen. Da gab es noch viel zu erledigen.

„Ein Wort: Disziplin...“, entgegnete der Drummer und ließ sich auf die Lehne sinken, trommelte sogleich auf seinen Oberschenkeln herum.

Ich beobachtete alles aus leichter Entfernung. Ja, Kai hatte sich verändert. Er hatte ausgeprägtere Muskeln, breitere Schultern, wirkte selbstbewusster... alles Dinge, die für eine positive Entwicklung sprachen und doch passte es mir nicht. Ich hatte im Laufe der Zeit bemerkt wie er sich immer mehr verändert hatte und das machte mir Sorgen. Klar, wir erfanden uns alle neu, wir waren älter, reifer. Ich selbst hatte meine Piercings herausgenommen und hatte so gut wie keine Männergeschichten mehr am Laufen. Je berühmter man war, desto problematischer war das. Dennoch... zunächst hatte es klein Angefangen. Er hatte sich fast gänzlich abgewöhnt breit zu grinsen, aller Welt sein süßes Grübchen zu zeigen. Dann hatte er größtenteils aufgehört mit uns herum zu albern, war ernster geworden und er hatte sich zurückgezogen. Er hatte auch wieder angefangen zu rauchen... Wir waren früher wie eine Familie gewesen, inzwischen erkannte ich ihn kaum wieder. Ich wusste nicht warum er sich so verändert hatte, ich war nur besorgt um einen Kollegen, einen Freund... um Kai.

Nachdem wir also stundenlang alles mögliche besprochen hatten, machten wir eine Pause und ich bemerkte zunächst gar nicht, dass ich allein mit dem Drummer war. Erst als ich es rascheln hörte, schaute ich hinüber und sah seinen Haarschopf. Anscheinend waren ihm Papiere herunter gefallen. So stand ich auf und half ihm sie aufzusammeln. Zunächst sah er mich überrascht an, sagte jedoch nichts. Nachdem wieder alles fein säuberlich auf dem Tisch lag, sprach ihn an.

„Sexiest Rocker 2013, hm?“, murmelte ich und lächelte leicht. „Dann muss ich wohl gratulieren...?“

Er zuckte mit den Schultern, seufzte leicht.

„Das ist doch eh subjektiv...“, entgegnete er und sah auf, direkt in mein Gesicht.

„Ich kenne bei weitem heißere Kerle...“

Unwillkürlich musste ich schlucken. Mein Hals war mit einem Mal so verflucht trocken... Ich räusperte mich und sah nun zu Boden. Ich haderte wiedermal mit mir und rang mich schließlich doch dazu durch endlich das Thema anzuschneiden.

„Sag mal... gibt es einen gewissen Grund?“, nuschelte ich und als ich aufsah, erntete ich einen ratlosen Blick. Anscheinend wusste er nicht worauf ich hinaus wollte.

„Also... ich rede davon, dass du dich so verändert hast...“, beschrieb ich es nun ausführlicher und erwiderte den Augenkontakt.

Doch alles was ich in diesen schönen Iriden lesen konnte, war Unverständnis.

„Aoi... ich weiß wirklich nicht, worauf du hinaus wil...“

„Dein Grinsen! Wieso lachst du nicht mehr? Wo ist der schüchterne, manchmal tollpatschige Kai geblieben? Du hast dich so verändert, dass ich dich nicht wiedererkenne... ich vermisse es manchmal echt mit dir rumzublödeln, so wie damals bei der NLSG Tour...“, unterbrach ich ihn und biss mir im nächsten Moment auf die Lippen, als ich finster angesehen wurde.

Er packte mich unsanft am Kragen und drückte mich auf den Tisch. Für einen Moment dachte ich wirklich, er würde mir eine reinhauen, doch stattdessen legte er nur seinen Kopf auf meine Brust und schwieg.

Ich traute mich nicht mich zu bewegen oder auch nur zu atmen.

„Ich weiß echt nicht, was dein Problem ist... damals hast du gesagt, du stehst nicht darauf, also hab ich mich verändert und nun ist es dir auch nicht recht...“

Der jüngere hob nun seinen Kopf und sah mir kurz in die Augen, ehe er gänzlich von mir abließ.

Ich starrte ihn vor Unglauben regelrecht an. Hatte ich mich verhört? Aber das hieße ja...

„Weißt du was? Vergiss es einfach... anscheinend bin ich wirklich so gar nicht dein Typ... schon okay...“, meinte er dann plötzlich und mir fehlten noch immer die Worte.

Kai hatte sich meinetwegen so verändert... nur wegen mir hatte er einen ganz anderen Typen aus sich gemacht und mir... war das das nicht einmal aufgefallen.

Ehe ich noch etwas hätte dazu sagen können, betraten auch schon die anderen den Raum. Ruki hob verwundert eine Augenbraue, als er mich noch immer halb auf dem Tisch liegend vorfand, doch verkniff er sich einen Kommentar. Ich richtete mich auf und beobachtete wie Kai sich wieder an seinen Platz setzte und so tat als wäre nichts vorgefallen. Ich selbst war noch total durcheinander, sodass ich kaum etwas von dem Rest der Besprechung mitbekam.
 

Das Album und die Tour waren ein voller Erfolg und doch konnte ich mich nicht so richtig darüber freuen. Seit dem Vorfall hatte sich Kai nun gänzlich vor mir zurückgezogen und vermied es ebenfalls mit mir allein im Raum zu sein. Es gab also keinerlei Gelegenheit noch einmal über die Sache zu reden. Wozu ich allerdings genügend Zeit gehabt hatte, war, mir Gedanken über meine Gefühle zu machen. Wie hatte es soweit kommen können? Wieso hatte ich es niemals bemerkt und das obwohl es doch im Nachhinein total offensichtlich gewesen war...

Ich war wirklich ein Idiot... oder ich hatte es nicht sehen wollen. Doch warum? Kai hatte einfach alles... vielleicht war genau das der Grund gewesen... ich hatte es nicht zulassen wollen, weil ich Angst hatte... Angst davor, wenn er gemerkt hätte, dass ich nicht gut genug für ihn war, dass er jemand besseren haben konnte... stattdessen hatte ich ihn von mir gestoßen.

Ich seufzte und erntete einen schiefen Seitenblick von Uruha.

„Okay... findest du das so öde?“, fragte er mich direkt und ich schüttelte sofort den Kopf.

„Nein, nein... auf gar keinen Fall! Ich bin nur... in letzter Zeit mach ich mir über zu viele Dinge Gedanken... aber nicht der Rede wert!“, entgegnete ich und sah auf den Monitor.

„Mhh... na wenn du das sagst...“, kam es daraufhin von dem brünetten und klickte erneut auf 'Start'.

Nachdem wir endlich fertig waren und alles schön säuberlich weggeräumt hatten, gönnten wir uns noch ein Bierchen auf dem Sofa. Endlich konnte ich mal den Kopf ein bisschen abschalten und einfach nur entspannen.

„Sag mal... ist irgendwas zwischen dir und Kai vorgefallen? Ihr redet kaum noch miteinander und Ruki meinte, du hättest neulich ziemlich verstört ausgesehen, nachdem du mit Kai allein im Besprechungsraum geblieben bist.“, sprach Uruha mich auf das Offensichtliche an und sofort war die positive Atmosphäre verschwunden. Ich betrachtete mein Bier in der Hand und schwieg.

Der Größere bemerkte natürlich, dass etwas nicht stimmte, aber war rücksichtsvoll genug es nicht weiter anzusprechen. Das dachte ich zumindest...

„Na ja... wenn das der Fall ist, dann weißt du vermutlich auch nicht mehr von Kais neuer Flamme...“

Ich zuckte alarmiert zusammen und sah ihm wie ein verschrecktes Reh in die Augen.

„Was schaust du so? Sag bloß du hast das nicht mitbekommen?...“, entgegnete er überrascht und ich merkte wie ich zu schwitzen begann. Die anderen hatten es also bemerkt! Verflucht! Was sollte ich nun tun...?

„Du hast davon echt nichts mitbekommen oder? Na, dann will ich dich mal aufklären...“, führte der brünette weiter aus und ich hoffte in dem Moment so sehr, dass der Boden sich auftun würde. Doch er tat es nicht.

„Der neue Assistent... Koyama-san... ich hab gesehen wie sie sich immer wieder ansehen, wenn sie sich unbeobachtet fühlen oder sich 'unauffällig' berühren...“, ließ er dann die Bombe platzen.

Ich brauchte einen Moment bis die Worte zu mir durchdrangen, dann tat sich doch noch der Boden auf und ich fiel in ein tiefes, schwarzes Loch.

„Aoi? Sag bloß, das ist so ein großer Schock für dich? Aber... du stehst doch auch auf Männer! Ich weiß wirklich nicht, was jetzt los ist...“, vernahm ich die Worte wie durch einen Schleier.

Kai hatte mich aufgegeben... da war nun ein anderer Kerl und der wusste seine Art sicherlich zu schätzen...

Schließlich schüttelte ich den Kopf und zwang mich zu einem Lächeln.

„Ach, ich... war nur überrascht... ich hätte das wirklich nie gedacht...“, stammelte ich mir zurecht und nippte an meinem Bier.

Die nächsten Tage kam ich nicht umhin Kai genaustens zu beobachten, vor allem in seinem Verhalten dem Assistenten gegenüber. Ich konnte einfach nicht anders, obwohl ich wusste, dass es mich nur noch mehr verletzte.

Zu meinem Leidwesen hatte Uruha recht. Jedes Mal, wenn sie sich zufällig berührten und in die Augen sahen, konnte man die Spannung spüren und es schmerzte unendlich. Das tat es vor allem, wenn Kai lächelte. Ja, er strahlte den anderen Mann geradezu an, so wie er es früher immer bei mir getan hatte... er sollte es wieder bei mir tun! Er sollte mich wieder so ansehen, nur mich! Ja, ich gebe es zu, ich war eifersüchtig...

Dennoch konnte ich nichts tun, damit alles wieder so wurde wie früher, oder?

„Hey, alles klar?“, wurde ich plötzlich von der Seite angesprochen und zuckte merklich zusammen. Sofort sah ich in das Gesicht von Ruki, der mich kurz musterte und einen Schluck von seinem Kaffee trank. Ich nickte nun und sah wiedermal zu Boden.

„Klar, was auch sonst?“, entgegnete ich, kramte meine Zigaretten hervor.

„Okay... wenn du das sagst, aber ich würde dann an deiner Stelle aufhören Kai anzustarren, nicht dass man noch etwas falsches denkt...“, meinte der jüngere schmunzelnd.

Ich biss mir ertappt auf die Unterlippe und drehte die Schachtel in meinen Händen.

„So offensichtlich?“, nuschelte ich und musste schlucken.

„Na ja... mir ist schon seit längerem aufgefallen, dass bei euch etwas im Busch ist... aber die Aktion neulich, das hat mir schon genügt um die notwendigen Schlüsse zu ziehen...“, kam es von dem kleineren. Erneut nippte er an seinem Getränk.

„Also? Was läuft da? Schlaft ihr miteinander?“, harkte er nach.

Ich schob mir nun eine Kippe zwischen die Lippen, zündete sie an. Das brauchte ich jetzt.

„Wir haben... einmal... es war eigentlich keine große Sache, aber... letzten Endes bin ich wohl schuld daran...“, gestand ich leise.

Ruki musterte mich erneut und schüttelte den Kopf.

„Ihr seid beides Idioten...“, entgegnete er woraufhin ich ihn fragend ansah.

„Genau das Gleiche hat er nämlich auch gesagt...“

Überrascht sah ich ihn an, musste erst einmal einen tiefen Zug nehmen, doch wusste ich nichts darauf zu erwidern. Was hätte ich auch sagen sollen?

„Ihr solltet miteinander reden, vernünftig... und euch Zeit dafür nehmen...“, schlug der Kurze vor und ich konnte nur nicken. Vermutlich hatte er recht...

Natürlich hatte er recht und obwohl ich es mir im nächsten Moment vorgenommen hatte, traute ich mich nicht ihn anzusprechen. Was, wenn das Gespräch nicht so ausging, wie ich es mir erhoffte? Ja, ich war ein Feigling, doch was sollte ich tun? Vielleicht wollte Kai gar nicht mit mir reden... die Sache mit Koyama-san zeigte doch, dass das Thema für ihn beendet war. Er hatte damit abgeschlossen und ich sollte das auch tun. Allerdings konnte ich das nicht.

Obwohl der Tag sehr anstrengend gewesen war, lag ich nachts in meinem Bett wach. Also stand ich auf und trank ein Bier nach dem anderen. Ich schrieb Twittereinträge, die vermutlich wenig Sinn machten und doch lenkte es mich ein wenig von meinen Sorgen ab.

Nachdem ich mein drittes oder viertes Bierchen intus hatte, wer zählt schon genau nach wie viele in einem Sixpack verpackt sind, fasste ich mir doch den Mut und wählte Kais Nummer.

Ich würde ihn um ein Gespräch bitten und wenn er damit einverstanden ist, dann konnten wir das klären, wenn nicht dann wusste ich wenigstens, dass es wirklich vorbei war.

Ich musste ziemlich lange warten und wollte gerade wieder auflegen, als ich ein Klacken hörte. Kurz darauf vernahm ich die Stimme eines ziemlich verschlafen wirkenden Kais.

„Moshi moshi?“

Vielleicht war die Idee doch nicht so gut gewesen und ich schaute mich nun hektisch im Raum herum, suchte nach einer Lösung. Ich fand keine.

„Ha~llo Kai, isch binsch... Aoi...“, entgegnete ich doch ziemlich undeutlich. Himmel! Soviel hatte ich doch gar nicht getrunken!

Zuerst erhielt ich keine Reaktion, sodass ich befürchtete er hätte aufgelegt oder wäre wieder eingeschlafen.

Doch dann hörte ich ihn deutlich munterer antworten: „Aoi, hast du getrunken?“

„Nur ein-schwei vielleischt drei kleine Bierchen...“, ich atmete tief durch, bemühte mich deutlich zu sprechen.

„Aber deswegen ruf ich nicht an...“, erwiderte ich und schwieg dann wieder. Warum hatte ich ihn denn nun nochmal angerufen? Ich hatte es vergessen...

„Ist alles in Ordnung? Es ist mitten in der Nacht... was auch immer der Grund ist, das können wir doch auch ein andernmal bespre...“

„Nein! Ich... ich weiß nicht, ob das ein annernm... andermal geht...“, unterbrach ich ihn.

„Schläfst du... schläfst du mit Koyama-san?“, platzte es aus mir heraus und am liebsten hätte ich mich getreten. Das war nun wirklich nicht das, was ich wissen wollte.

Anscheinend war er über die Frage ziemlich überrascht, denn ich erhielt zunächst keine Antwort.

„Aoi... was soll ich dir darauf antworten...?“, hörte ich dann und erneut blieb beinahe mein Herz stehen. Also... tat er es wirklich...

„Schon... gut... ich hab mich... nur gefragt, weil ihr... euch so gut... versteht...“, stammelte ich mir zusammen. Ich hatte einen dicken Kloß im Hals und am liebsten hätte ich losgeheult. Doch ich konnte mich zusammenreißen.

„Ich verstehe mich nicht besser oder schlechter mit ihm als mit dem Rest, aber... wieso rufst du nun wirklich an? Nur um mich das zu fragen? Ich schlafe nicht mit ihm... und das solltest du wissen... am liebsten würde ich dir gerade echt eine verpassen... erst stößt du mich von dir, weil ich nicht dein Typ bin, dann stößt du mich von dir, weil der neue Kai dir auch nicht in den Kram passt, dann lasse ich dir Zeit damit dir klar wird, was du möchtest und jetzt kommst du wieder mit irgendeinem Mist... so langsam weiß ich wirklich nicht mehr weiter...“

Ich blinzelte ungläubig. Hatte ich mich verhört? Anscheinend nicht... Kai hatte niemand anderen, er wollte noch immer mich. Ich war wirklich ein Idiot!

„Es... tut mir.. leid...“, entgegnete ich mit zitternder Stimme und wischte mir über die Augen.

„Ich... ich rufe an, weil ich mit dir reden wollte... ich... hab soviel nachgedacht und... ich... ich mag alles an dir, wirklich alles... ich hab es immer gemocht, konnte es mir nur nie eingestehen und... ich hatte Angst, dass du mich nun... nicht mehr willst, weil ich doch so ein... so ein Trottel bin...“

So sehr ich mich auch bemühte mich zusammen zu reißen, nun kullerten doch ein paar Tränen über meine Wangen, die ich aber sofort wegwischte.

„Aoi... du bist kein Trottel...“, kam es mit sanfter Stimme von Kai.

„Hör zu... ich zieh mich jetzt an und komm dann rüber und... dann kannst du mir das alles nochmal ins Gesicht sagen, damit ich dich anschließend in die Arme schließen und küssen kann...“

Beinahe augenblicklich versiegten die Tränen und ein leichter Rotschimmer bildete sich auf meinen Wangen. Oh Gott! Noch nie zuvor war mir etwas dermaßen peinlich und dennoch wünschte ich mir, dass er diese Worte in die Tat umsetzte.

Ich schluckte und nickte, gab ein leises 'Okay' von mir.

Es brauchte wirklich nicht lange, da klingelte es und ich ließ ihn herein. Ich kam erst gar nicht dazu etwas zu sagen. Nachdem die Tür ins Schloss gefallen war, hatte er mich an sich gezogen und geküsst. Obwohl es nur ein kurzer Kuss war, war er doch der schönste, den ich je erlebt hatte. Es kribbelte überall angenehm und ein warmes Gefühl machte sich in meiner Brust breit. Ich wollte einfach mehr davon und das bekam ich auch. Was soll ich sagen? Wir führten kein Gespräch und trotzdem kamen wir uns in dieser Nacht näher als jemals zuvor.

Als die ersten Sonnenstrahlen durch das Fenster schienen, lagen wir auf meinem Bett aneinander gekuschelt. Meinen Kopf hatte ich halb auf Kais Brust gebettet und er fuhr mit einem Finger immer wieder zärtlich meinen Oberarm auf und ab.

Ich lauschte seinem gleichmäßigen Herzschlag und nahm seinen Geruch war. Es war wirklich schön, beinahe wie im Traum.

„Wie wär's mit... Frühstück?“, flüsterte ich schmunzelnd. Ich erhielt keine Antwort, nur ein breites Grinsen zierte das Gesicht des jüngsten. Ich liebte dieses Lächeln.

Consequence

Was soll ich sagen? Dass nun alles perfekt war und wir gemeinsam Hand in Hand auf einer rosafarbenen Wolke tanzten? Dass wir glücklich bis an unser Lebensende miteinander lebten und uns niemals wieder stritten, nie anderer Meinung waren und alles einfach wie im Märchen war?

Das war dann doch ziemlich unglaubwürdig, vor allem nach unserer Vorgeschichte. Ja, wir waren glücklich, sind es immer noch, dennoch gab es noch viele, zu viele Dinge zu klären.

Ein Monat war seit jenem Abend vergangen und ich war auch froh, dass Kai und ich nun ein Paar waren, doch es gab jede Menge Ungereimtheiten.

Er wollte nicht, dass irgendjemand von uns erfuhr, nicht einmal die anderen. Okay, das konnte ich noch nachvollziehen, immerhin war das mit uns noch recht frisch und wer wusste schon, ob es nach allem, was passiert war, auch klappen würde. Aber... da gab es noch andere Dinge... Ich hasste beispielsweise wie er andere Leute anlächelte, kein höfliches Lächeln, sondern dieses süße, charmante Lächeln. Andererseits war ich ja froh, dass er es wieder öfter tat. Ich hatte es wirklich schrecklich vermisst! Dennoch...

Er musste doch nicht irgendeinen Staff auf diese Weise ansehen, oder? Ja, ich gebe es ja zu, ich war eifersüchtig... aber kein Wunder bei diesem heißen Kerl!
 

Ich seufzte, als ich an meinem Kaffee nippte und ihn von etwas abseits beobachtete. Wir hatten ein Fotoshooting für unser neues Album sowie die darauf folgende Tour. Er sah so unglaublich verführerisch aus. Vor allem als er auf dem Bett posiert hatte, da kamen mir die Bilder von letzter Nacht wieder in den Sinn...

Ich biss mir hart auf die Zunge und rief mich selbst zur Ordnung. Ich benahm mich ja schlimmer als jeder pubertierender Teenager, dabei war ich bereits 34...

Dennoch konnte ich nicht den Blick abwenden und beobachtete ihn weiterhin. Mein Herz schlug sofort um einiges schneller als sich zufällig unsere Blicke trafen, nachdem er kurz in meine Richtung geschaut hatte. Ob es ihm wohl ebenso ging? Ich hoffte es sehr. Doch andererseits...

Er liebte mich, natürlich erging es ihm ebenso wie mir. Zwar hatte keiner von uns beiden das 'L'-Wort jemals ausgesprochen, doch er hatte sich komplett für mich verändert. Gab es einen größeren Liebesbeweis? Ich glaub nicht... und dennoch schwang da ein bisschen Angst mit. Ich hatte im Gegenzug nichts getan, ihn immer nur verletzt.

Was, wenn er nun merkte, das sich das ganze nicht gelohnt hatte? Dass ich nicht so toll war, wie er wohl geglaubt hatte?

Noch nie zuvor hatte ich diesbezüglich so wenig Selbstvertrauen. Ich hatte bisher immer gewusst, was ich zu bieten hatte. Doch nun glaubte ich, dass das nicht reichte um alles wieder gut zu machen, was ich getan hatte. Das machte mich unglaublich fertig! Ja, ja, ich glaubte zeitweise er hätte jemand besseren als mich verdient und vermutlich ist das auch der Grund für meine Eifersucht...

Nach all dem konnte er mich doch nicht mehr wollen oder?

Ich war total verunsichert und so verhielt ich mich zurückhaltender als gewöhnlich. Das musste natürlich allen auffallen, weswegen ich mehrmals angesprochen wurde, ob es mir nicht gut ginge.

Doch! Es ging mir gut, sollte es zumindest, aber diese Unsicherheit brachte mich beinahe um den Verstand.

Während einer Pause nahm mich Kai schließlich zur Seite, sah mich auffordernd an. Ich wich seinem Blick aus. Was hätte ich auch sagen sollen? Vermutlich hätte er meine Bedenken erneut abgeschmettert und mir so noch mehr das Gefühl gegeben, als würde ich langsam verrückt werden.

Früher war ich nie so gewesen! Ich wusste wer ich war, was ich zu bieten hatte und strotzte vor Selbstbewusstsein, nun fragte ich mich, ob ich das gegen diese Beziehung eingetauscht hatte...

Kai hingegen war nun der dominante Part, der Extrovertierte, der Starke...

„Möchtest du wirklich nicht über das reden, was dich bedrückt?“, riss er mich aus meinen Gedanken und ich sah ihm für einen kurzen Augenblick in die schönen dunklen Augen. Sein Blick so zärtlich, wie immer wenn er mich ansah.

Ich schüttelte den Kopf.

„Ich hab nur nicht so gut geschlafen...“, redete ich mich wiedermal heraus. Ich konnte förmlich spüren, wie er mich abschätzend musterte und dann doch von mir abließ.

„Okay... wäre es dir dann lieber, wenn ich diese Nacht bei mir schlafe?“, hakte er nach, woraufhin ich erneut mit dem Kopf schüttelte und ihn kurz zärtlich mit der Hand streifte.

„Nein... im Gegenteil...“, gestand ich flüsternd.

Für den Bruchteil einer Sekunde konnte ich seine Lippen auf meiner Wange spüren, leider war dieser Moment zu kurz um ihn gänzlich genießen zu können.

Wir waren ja auch in der Öffentlichkeit. Hier hätte uns jederzeit jemand sehen können.
 

Dieser Kerl machte mich echt noch wahnsinnig! Ich beobachtete aus den Augenwinkeln, wie er sich mit ein paar anderen Mitarbeitern unterhielt u.a. Koyama-san, der meines Erachtens immer noch scharf auf Kai war.

Am liebsten wäre ich dazwischen gesprungen und hätte diesen dämlichen Assistenten rund gemacht, doch leider wäre das etwas zu auffällig gewesen. Also zwang ich mich wegzusehen.
 

Abends nach getaner Arbeit, saßen wir bei mir auf dem Sofa, spielten ein paar Videospiele.

Nachdem ich zum hundertsten Mal verloren hatte, legte ich den Controller frustriert beiseite und stand auf um mir noch ein Bier zu holen. Ich stand vor dem geöffneten Kühlschrank, als ich Kais Blick in meinen Rücken spüren konnte. Ich wandte mich ihm halb zu, musterte ihn.

„Möchtest du auch noch was trinken?“, fragte ich ihn daher und hielt ihm eine Flasche hin.

Er trat allerdings stumm auf mich zu, nahm mir das Getränk aus der Hand und stellte es beiseite.

Im nächsten Moment wurde ich in seine starken Arme gezogen und zärtlich geküsst.

Zuerst hatte ich ihn wegdrücken wollen, doch diese Lippen waren einfach zu verführerisch. Also erwiderte ich den Kuss nach kurzem Zögern.

Es kam mir wie eine Ewigkeit vor bis Kai sich schließlich wieder von mir löste und mir zärtlich eine Strähne aus dem Gesicht strich.

„Möchtest du mir jetzt erzählen was los ist? So geht es schließlich nicht weiter... du benimmst dich schon die ganze Zeit so merkwürdig, als wärst du nicht du selbst...“, murmelte er und sah mich eindringlich an.

Ja, ich war nicht ich selbst und wer war schuld daran?

Ich schnaufte und löste mich nun gänzlich von ihm, griff nach dem Bier auf dem Tisch und öffnete es. Ein paar Mal dran genippt und ich konnte ihm wieder ins Gesicht sehen.

„Das fragst du allen ernstes, wo du doch der Grund dafür bist?“, schoss es schließlich aus mir heraus.

„Wegen dir verändere ich mich immer mehr in etwas, das ich verabscheue! Ich wollte nie eine feste Beziehung, wollte nur zwanglosen Sex und dann kommst du und machst alles kaputt, dabei flirtest du nebenbei noch mit anderen und ich weiß nicht einmal was das zwischen uns ist!“

Kai sah mich nun doch ziemlich überrascht an und auch ich musste zunächst verarbeiten, was ich soeben preisgegeben habe.

Sofort lief ich rot an und wandte mich wieder ab, trank erneut ein paar Schlücke. Verflucht war das peinlich!

Eigentlich hatte ich gehen wollen, doch wurde ich von hinten in seine Arme gezogen. Er hauchte sanfte Küsse auf meinen Hinterkopf und meinen Nacken, sagte zunächst nichts.

Erst nach einer Weile vernahm ich seine Stimme und ich konnte förmlich sein Schmunzeln spüren.

„Ich hätte dich gar nicht so eifersüchtig eingeschätzt...“, wisperte er, schnurrte beinahe und ich spürte wie meine Beine weich wurden.

„I~ich bin nicht eifersüchtig...“, versuchte ich zu bestreiten, doch natürlich klang ich dabei wenig überzeugend.

„Ich hätte auch nicht gedacht, dass du so süß sein kannst...“, säuselte er weiter und ich stieß ihm daraufhin leicht mit dem Ellbogen in die Rippen.

„Ich bin nicht süß! Fass dir mal lieber an die eigene Nase, Mister Grinsebacke!“

Er lachte auf, drehte mich in seinen Armen um, sodass wir uns wieder in die Augen sehen konnten. Wie erwartet strahlte er über das ganze Gesicht, zog mich dann schon in einen ganz und gar nicht harmlosen Kuss.

Der Kerl konnte eben einfach zu gut küssen und er wusste, dass er mich damit weichkochen konnte.
 

Ich wusste nicht wie spät es war, aber ich lag nun schon eine ganze Weile wach, starrte die Decke an. Kai lag neben mir und schlief tief und fest. Eigentlich war ich ebenso müde, vor allem nach der körperlichen Betätigung zuvor... er hatte mich wirklich durch alle Kissen gefickt. Wenn es danach ging, waren wir einfach wie gemacht füreinander.

Doch warum konnte ich dann nicht so friedlich schlafen wie er? Was hielt mich wach? Immer noch diese Zweifel? Ich seufzte und richtete mich auf, strich durch mein Haar.

Vorsichtig stand ich auf und zog meinen Bademantel über, schlich ins Wohnzimmer, wo ich mich vor die Glotze setzte.

Eine dieser widerlichen Seifenopern lief und dennoch schaltete ich nicht um. Ich sah mir diesen Schrott doch tatsächlich an und nach einiger Zeit begann ich Parallelen zu meinem Leben mit Kai zu ziehen.

Wir kennen uns schon so lange und haben nach einer Ewigkeit endlich zueinander gefunden, doch da gab es so viele Dinge, die einfach nicht passten und wer wusste schon, ob sie das jemals tun würden?

Über diese Gedanken schlief ich irgendwann ein und erwachte morgens durch einen zarten Kuss auf die Stirn. Verwirrt blinzelte ich und versuchte mich zurecht zu finden.

„Hab ich dich geweckt? Entschuldige...“, vernahm ich die sanfte Stimme des jüngeren und ich schüttelte noch immer schlaftrunken den Kopf.

„Ich muss los, nochmal zu mir, weil ich was vergessen habe. Ich hab dir Frühstück gemacht, wenn du magst. Wir sehen uns dann nachher im Studio.“

Ich nickte als Antwort und hörte kurz darauf die Tür ins Schloss fallen.

Langsam erhob ich mich und rieb mir die Augen, gähnte. Wie spät war es? Ein kurzer Blick auf die Uhr verriet, dass ich noch genug Zeit hatte. Ein kleines Lächeln schlich sich dann auf mein Gesicht. Manche Dinge änderten sich eben doch nicht. Kai war und blieb immer noch der vergessliche Tollpatsch, der andere gerne bemutterte.

Das verriet auch das doch recht üppige Frühstück, das er aus den kläglichen Resten in meinem Kühlschrank gezaubert hatte. Daneben klebte ein Zettel auf dem das gleiche stand, was er mir vor dem verlassen der Wohnung noch mitgeteilt hatte.
 

Gerade als ich den Proberaum betreten wollte, hielt ich inne. Ich vernahm Stimmen und die eine kam mir doch sehr bekannt vor. Warum ich nicht einfach anklopfte und eintrat, wusste ich nicht. Vermutlich lag es am Tonfall der beteiligten Personen. Es hörte sich beinahe so an wie ein Streit und das war schon merkwürdig. Kai vergriff sich niemals im Ton, niemals... doch nun hatte er seine Stimme angehoben und er klar ziemlich hart.

Was genau er sagte, konnte ich nicht verstehen, dafür aber die seines Gesprächspartners.

„Also war das alles nur ein Zeitvertreib? Ein netter Fick für Zwischendurch?“, fauchte er und mir war als würde mein Herz für einen Moment aussetzen.

„Ich habe dir niemals Hoffnungen gemacht, habe immer mit offenen Karten gespielt und es war für mich nur eine einmalige Sache!“, hörte ich nun auch meinen Bandkollegen sagen.

Ich schluckte, wusste nun mit wem er sprach. Koyama-san... also hatte er doch etwas mit ihm gehabt.

In diesem Moment kam ich mir so dämlich vor... ich hätte doch auf meinen Instinkt hören sollen.

Doch warum war ich überhaupt verletzt? Ich hatte auch mit anderen Männern geschlafen, wir hatten vor einem Monat noch keinerlei Verpflichtungen gehabt... vielleicht war ich auch nur enttäuscht darüber, dass Kai mir nichts erzählt hatte, es einfach verschwiegen hatte... beziehungsweise... ich war damals zwar stark angetrunken gewesen, aber ich meine mich entsinnen zu können, dass er bestritten hatte etwas mit unserem Assistenten gehabt zu haben und nun...

Erschrocken wich ich zurück als die Tür aufgerissen wurde und Koyama-san direkt vor mir stand, mich ebenso geschockt ansah. Schnell senkte der andere aber den Blick und quetschte sich an mir vorbei.

Nachdem ich ihm kurz nachgesehen hatte, wanderte mein Blick zu meinem Bandkollegen, welcher mich nun unschlüssig ansah. Vielleicht wusste er auch nicht, wie er mit dieser Situation umgehen sollte?

Eigentlich hatte ich so tun wollen, als hätte ich nichts von dem Streitgespräch mitbekommen, doch schon sprudelten Worte aus meinem Mund, die ich nicht aufhalten konnte.

„Du hast also nicht mit ihm geschlafen, ja? Ich hab also keinen Grund eifersüchtig zu sein? Weißt du was? Fick dich! Ich hab keine Lust mehr auf diesen ganzen Scheiß!“, damit machte ich auf dem Absatz kehrt und rempelte beim Gehen einen der anderen an. Sie wunderten sich sicherlich weshalb ich nun die Flucht ergriff, doch es war mir egal.

Sollten sie doch denken, was sie wollten. Ohne auf irgendetwas zu achten, verließ ich das Gebäude und machte mich auf den Heimweg.

Ich brauchte Ruhe, Zeit zum Nachdenken...
 

Als meine Wohnungstür hinter mir ins Schloss fiel und ich meine Straßenschuhe gegen Pantoffeln eingetauscht hatte, wurde mir schlagartig bewusste, dass mein Leben wirklich wie eine dieser bescheuerten Seifenopern ablief. Unwillkürlich musste ich lachen, doch dauerte es nicht lange bis die ersten Tränen meine Wangen herunterrollten.

Ich war wirklich ein Trottel. Was hatte ich auch erwartet?

Gerade als ich mich aufs Sofa geschleppt hatte und einigermaßen beruhigt hatte, klingelte mein Handy.

Wer auch immer es war, ich wollte nicht mit ihm reden und dennoch riskierte ich einen Blick auf das Display. Vielleicht weil ich insgeheim gehofft hatte, Kai hätte versucht mich zu erreichen.

Dem war nicht so... es war nur irgendeine Mitteilung von meinem Mobilfunkanbieter.

Scheiße! Jetzt wünschte ich mir auch noch, dass dieser Arsch sich bei mir meldete.

Sauer über mich selbst stellte ich das Gerät aus und schloss die Augen. Nun rächte sich der Schlafmangel von letzter Nacht und ich nickte ziemlich schnell weg.
 

Ich erwachte durch ein sich stetig abwechselndes Klingeln und Klopfen an der Tür. Wer das wohl war? Ich erhob mich mühsam und schlurfte in den Flur, betätigte den Türöffner ohne nachzudenken.

Noch immer etwas schlaftrunken ließ ich den unangemeldeten Besuch herein und sah mich nun drei meiner vier Arbeitskollegen gegenüber.

„Was ist los? Warum ist dein Handy aus und warum lässt du uns erst jetzt herein?“, wurde mir sogleich vorgeworfen.

Ich seufzte und zuckte mit den Schultern.

„Ich war müde und bin auf dem Sofa eingepennt...“, nuschelte ich. Das war schließlich nicht gelogen!

„Habt ihr euch gestritten, also Kai und du?“, kam die nächste Frage und unwillkürlich zuckte ich bei der Erwähnung des Namens zusammen. Ich schüttelte aber den Kopf.

Nein, gestritten hatten wir uns nicht.

„Was ist dann los?“, wollten sie als nächstes wissen. Diese Frage konnte ich ihnen allerdings nicht beantworten ohne das ich uns geoutet hätte, also schwieg ich lieber.

„Vielleicht... hat Kai herausbekommen, dass er in ihn verknallt ist?“, mutmaßte einer von ihnen und ich starrte ihn entsetzt an. Wie bitte?

„Könnte durchaus sein... schließlich sabbert er ihm schon seit Wochen hinterher...“, stieg der nächste auf diese Spinnerei ein.

„Und nun hat er ihm einen Korb gegeben?“

Jetzt reichte es aber! Diese Ärsche!

„Nur damit ihr es wisst! ICH habe IHM einen Korb gegeben und zwar weil er ein ebenso großes Arschloch ist, wie ihr drei!“, fauchte ich regelrecht und hätte die ungebetenen Gäste am liebsten vor die Tür gesetzt, doch diese entgeisterten Blicke entschädigten nun doch ein wenig.

„Wie jetzt? Aber ich dachte er würde mit Koyama-san anbändeln...“, nuschelte Uruha und ich biss mir auf die Lippen. Schon war die Wut wieder da.

„Das kann er auch meinetwegen, mir egal! Soll er sich durch halb Tokyo vögeln!“, gab ich kund und deutete Richtung Tür, „Und nun hätte ich gern meine Ruhe!“

„Oh mein Gott! Du bist eifersüchtig!“, kam es wie aus der Pistole geschossen von allen dreien und am liebsten hätte ich ihnen nun die Fresse poliert, da klingelte es nochmals und so wurde ich von meinem eigentlichen Vorhaben abgebracht.

Neugierig wurde ich dabei beobachtet wie ich die Tür öffnete und einem weiteren ungebetenen Besucher gegenüber stand. Kai!

Am liebsten hätte ich sie ihm wieder vor der Nase zugeschlagen, doch sah er mich so reumütig an, dass ich nicht anders konnte als ihn herein zu lassen.

„Es tut mir leid! Das zwischen Koyama-san und mir war nur eine einmalige Sache und es hatte nichts zu bedeuten! Auch wenn das jetzt scheiße klingt, aber wir waren ja auch noch nicht mal zusammen, ich hatte keine Ahnung, dass ich jemals eine Chance bei dir haben würde und da hab ich mich eben gehen lassen... ich weiß ist eine beschissene Entschuldigung, aber es entspricht der Wahrheit.“, ratterte er sogleich herunter und ließ mich nicht zu Wort kommen. Anscheinend war ihm nicht mal die Anwesenheit der anderen drei bewusst, sonst hätte er es sicherlich niemals gesagt... oder doch?

„Eine einmalige Sache? Und wer sagt mir, dass das zwischen uns nicht auch nur so ein Zeitvertreib ist? Es dürfen ja schließlich nicht mal unsere Freunde hiervon wissen!“, entgegnete ich und verschränkte die Arme vor der Brust.

Kai blinzelte nun ungläubig und legte den Kopf schief.

„Aber... ich dachte, das wäre dir so lieber? Weil du doch an deiner Unabhängigkeit hängst und nichts von diesem Pärchenkram hältst?“, meinte er irritiert und ich schluckte, versuchte ein erröten zu unterdrücken.

„Vielleicht... habe ich meine Meinung ja geändert...“, nuschelte ich kleinlaut und er musste im nächsten Moment grinsen.

Kurz darauf fand ich mich in seinen Armen wieder und konnte seine Lippen auf meinen spüren. Es war schön, ich liebte es wenn er mich auf diese Art küsste.

„Und... hör auf den Staff so anzulächeln...“, fügte ich hinzu als wir den Kuss lösten.

„Verstanden... keinen Staff mehr anlächeln...“, wiederholte der jüngere und sah mich so unwiderstehlich an.
 

Gerade als wir uns wieder küssen wollten, wurden wir durch ein Räuspern unterbrochen.

Ach stimmt... da war ja noch was... ich seufzte, sah in Richtung Sofa von wo aus uns die drei grinsend ansahen.

„Was gibt’s da zu grinsen, ihr Spanner?!“, murrte ich wenig begeistert, doch anscheinend waren die Störenfriede bereit zu gehen, denn sie kamen direkt auf uns zu.

„Okay... dann wollen wir mal nicht weiter stören, treibt es aber nicht zu bunt.“, kam es provokant und ich verdrehte nur genervt die Augen, während Kai leicht schmunzelte.

Als wir dann endlich unter uns waren, wurde ich wieder in einen heißen Kuss gezogen. Anscheinend war es dem jüngeren wirklich egal, ob die anderen von uns wussten und irgendwie wurde ich das Gefühl nicht los, dass wir öfter über unsere Gefühle reden sollten.

Also löste ich mich wieder von den sündigen Lippen, nippte kurz nochmal daran, ehe ich ihm tief in die Augen sah...

„Ich denke... ich liebe dich...“, flüsterte ich und erntete das breiteste Grinsen, dass ich jemals bei ihm gesehen hatte.

Okay... vielleicht war wirklich nicht alles perfekt, doch das änderte nichts daran, dass ich mich wie auf rosafarbenen Wolken fühlte und ich weiß, dass es ihm in diesem Moment ebenso ging.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Ich hoffe euch hat die Geschichte gefallen. Es ist mal ein anderes Pairing als gewöhnlich, aber es ist mein Lieblingspairing.
Nun wünsche ich euch allen schöne Weihnachten und einen guten Rutsch ins Jahr 2014. Komplett anzeigen

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Kommentare zu dieser Fanfic (4)

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Von:  YutakaXNaoyukis_Mika
2015-03-12T16:38:46+00:00 12.03.2015 17:38
Keine Ahnung, warum ich die kleine Fortsetzung noch nicht kommentiert hab, aber mach ich's halt jetzt ;-)
Zuerst mal: Auch mein Lieblingspair und das ohne gleichen *___*
Und... is eine schöne Fortsetzung. Mal wieder zwei Trottel vom Feinsten und doch total süß gemacht. Daumen hoch ^_^d
Von: abgemeldet
2013-12-25T15:06:48+00:00 25.12.2013 16:06
es stimmt halt doch gleich und gleich gesellt sich gern XD
ich fand die story sehr niedlich

lg kai
Antwort von:  Yolei
25.12.2013 22:02
Tja... manchmal steht man sich eben doch zunahe um zu merken wie wichtig einem der andere wirklich ist. Aber schön dass sie dir gefallen hat. Danke für deinen Kommentar und frohe Weihnachten
Von:  ReitaLaDiiDa
2013-12-25T07:36:29+00:00 25.12.2013 08:36
Awww das ist echt die perfekte ff wenn man was kuscheliges nach dem aufwachen am 1. weihnachtsfeiertag sucht *-*
ich liebe es wie du eigentlich eine trottelXnochgrößerertrottel geschichte draus gemacht hast :3
Und das pair gehört auch zu den knuffigsten überhaupt..schreib bitte bitte mehr davon *Q*

Antwort von:  Yolei
25.12.2013 11:26
Erstmal danke für deinen Kommentar. Irgendwie war es zufall dass ich die ff zu Weihnachten fertig bekommen habe, aber ein positiver XD
Wenn mir die nötige Inspiration in den sinn kommt, schreib ich sicherlich mal wieder eine geschichte in der richtung. ^^
Von:  YutakaXNaoyukis_Mika
2013-12-24T15:39:34+00:00 24.12.2013 16:39
Awww!
Aoi is wirklich ein Trottel, aber Kai is auch nicht besser. Tja, eben zwei Idioten, die sich gesucht und gefunden haben. So spielt das Leben eben manchmal.
Aber wie du weißt, is das ja auch mein Lieblings-Pair *zwinker*
Wirklich süße Story.
Antwort von:  Yolei
25.12.2013 11:23
Das kannst du laut sagen und ich freu mich, dass sie dir gefallen hat ^///^
Du hast recht, manchmal ist das mit der liebe so ^^' wichtig ist aber dass sie endlich zusammen sind XD


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