Star Trek TOS - Routinemission mit Folgen (2) von leni1983 (Zweiter Teil - Dunkle Nebel) ================================================================================ Kapitel 1: Unerwarteter Zusammenbruch ------------------------------------- „Mr. Scott an Krankenstation!“, tönte es aus dem Interkom. Jim Kirk verdrehte ein wenig genervt die Augen aufgrund der Unterbrechung, denn gerade hatte Mr. Spock ihn und Dr. McCoy darüber aufklären wollen, was denn die geheimnisvolle Ursache für die abrupt aufgetretene und ebenso plötzlich beendete Epidemie auf der Enterprise war. Der Captain ging zum nächsten Interkom, welches nur ein paar Schritte entfernt war und betätigte einen Schalter. „Hier Kirk. Was gibt es Scotty?“ „Captain! Schön, dass es Ihnen wieder besser geht! Ich wollte nur melden, dass sich die komplette Crew inzwischen wieder dienstbereit gemeldet hat.“ Der Schotte grinste breit, man konnte es seiner Stimme anhören. Auch der Captain lächelte nun, auch wenn es sein Chefingenieur gar nicht sehen konnte. „Danke, Scotty. Ich werde mich in Kürze auf der Brücke melden und Sie ablösen, damit Sie wieder zu ihren Maschinen zurückkehren können.“ „Aye, Sir.“ „Kirk Ende.“ Der Captain unterbrach die Verbindung und wandte sich in einer fließenden Bewegung wieder Mr. Spock zu, der geduldig darauf gewartet hatte, dass der Captain mit seinem Gespräch fertig war. McCoy hatte keineswegs geduldig gewartet, er taxierte Spock mit gespannten Blicken und wippte nervös auf den Fußballen und den Zehen vor und zurück. Jim ließ sich seine Ungeduld zwar nicht so sehr anmerken wie McCoy, aber er wollte jetzt ebenfalls Antworten. „Mr. Spock, berichten Sie. Warum war über ein Drittel meiner Besatzung, mich selbst eingeschlossen, durch eine scheinbare Krankheit außer Gefecht, die sich auch sehr nach einer Krankheit angefühlt hat und nun doch keine Krankheit gewesen sein soll?“ Der Erste Offizier ließ sich weder drängen, noch aus dem Konzept bringen. „Erinnern Sie sich an den Raumnebel, den wir durchquert haben, Captain?“, fragte er mit stoischer Ruhe. „Natürlich erinnere ich mich, Mr. Spock. Ich konnte noch einen Blick auf seine Ausläufer werfen, bevor es mich erwischte. Eine sehr schöne und farbenfrohe Erscheinung. Wie ich hörte, ist die Analyse abgeschlossen, sämtliche Proben wurden gesammelt und wir haben den Nebel inzwischen verlassen. Was hat das bitte mit der kranken Crew zu tun?“ Kirk verschränkte nun die Arme, ein Zeichen, das Spock allmählich zum eigentlichen Punkt kommen sollte. Spock fuhr davon unbeeinflusst fort: „Es hat sehr viel miteinander zu tun. Meiner Meinung nach war der Eintritt und die Durchquerung des Nebels die Ursache für den Ausbruch der ‚Krankheit‘ und das Verlassen des Nebels führte zur ‚Heilung‘ bei den Patienten. Dabei scheinen einige Individuen empfindlicher auf den Nebel reagiert zu haben als andere und einige Spezies hatten gar keine Probleme mit dem Phänomen. Möglicherweise befinden sich Elemente im Raumnebel, die vor allem Menschen intensiv beeinflussen können. Ich werde mit Ihrer Erlaubnis die gesammelten Daten in dieser Hinsicht überprüfen, um herauszufinden, ob meine These zutreffend ist.“ „Tun Sie das, Mr. Spock. Fangen Sie am besten gleich damit an.“ Jim Kirk nickte seinem Ersten Offizier zu, der die Geste erwiderte und dann die Krankenstation verließ. Der Captain wandte sich an seinen Schiffsarzt. „Was sagst du dazu, Pille? Könnte Spock Recht haben?“ McCoy brummte nachdenklich. „Es klingt zunächst ziemlich abwegig. Und kein Mediziner gibt gerne zu, dass er einem Phänomen machtlos gegenüber steht. Aber Spocks These würde alles Rätselhafte erklären: die fehlende bzw. schwache Wirkung der Medikamente, das urplötzliche Auftreten und Verschwinden der Symptome… Und wir haben auf unseren Reisen schon viele Dinge gesehen und erlebt, die man zunächst nicht für möglich gehalten hätte, die sich dann aber doch als korrekt erwiesen haben.“ Kirk zupfte an seinem Uniformpulli und unterdrückte den Impuls seinen Bauch einzuziehen. „Also gut, Pille. Am besten ruhst du dich jetzt für ein paar Stunden aus und arbeitest dann zusammen mit Spock an seiner Theorie. Bezieht am besten auch die unterschiedlichen Spezies in unserer Mannschaft in eure Analyse mit ein. Bist du mit dieser Vorgehensweise einverstanden oder hast du einen besseren Vorschlag?“ Noch bevor McCoy eine Antwort geben konnte, wurde der Captain ziemlich blass im Gesicht und seine Beine knickten ein. „Jim!“ Kirk wäre einfach umgekippt, wenn McCoy ihn nicht aufgefangen hatte. Doch er erholte sich schon Sekunden später wieder. „Es ist okay, Pille.“ „Nichts ist okay! Verdammt, Jim!“, fluchte McCoy und wollte seinen Freund weiterhin stützen, doch der schob ihn energisch weg. „Doch, mit mir ist alles okay. Es ist…“ „Brücke an Krankenstation! Captain Kirk und Dr. McCoy, kommen Sie bitte sofort auf die Brücke. Mr. Spock ist gerade zusammengebrochen!“ Kirk war in Sekundenschnelle am nächsten Interkomschalter. „Wir sind auf dem Weg. Kirk Ende.“ Gemeinsam verließen sie eilig sie Krankenstation. McCoy griff noch schnell nach einem Medokit und hatte Mühe auf dem Weg zum Turbolift mit Kirk Schritt zu halten. Auf der Fahrt im Turbolift atmete McCoy schwer vom Laufen, trotzdem schaute er Jim ernst an und fragte: „Woher wusstest du…?“ Doch Jim musste ihm nicht antworten, sie waren schon da und die Türen öffneten sich. Beide stürzten förmlich auf die Brücke, sie waren mit wenigen Schritten bei dem bewusstlosen Vulkanier und ließen sich rechts und links an der Seite ihres Freundes nieder, nachdem Scotty und Uhura Platz gemacht hatten. Spocks Augen waren geschlossen und er rührte sich nicht. Jim zog ihn auf seinen Schoß, um es ihm bequem zu machen, während McCoy schon seinen Scanner wenige Zentimeter über Spocks Körper in der Luft hin und her bewegte. „Pille, kannst du ihm helfen?“, fragte der Captain und konnte die Sorge nicht aus seiner Stimme verbannen. Nach einer Minute antwortete McCoy: „Es tut mir Leid, Jim. Ich kann noch gar nichts sagen. Wir müssen ihn auf die Krankenstation bringen.“ Auch in seiner Stimme klang Sorge und auch Erschöpfung. Eine Antischwerkraftbahre wurde gerufen und Spock wurde von McCoys Assistenten sanft hochgehoben und darauf gelegt. Bevor McCoy mit seinen Kollegen und seinem Patienten die Brücke verließ, legte er Kirk eine Hand auf die Schulter. „Ich tue für Spock, was ich kann, Jim. Ich melde mich, sobald ich etwas weiß.“ Kirk nickte nur schweigend. Stumm blickte er ihnen nach und ließ sich erschrocken und von den Ereignissen geschockt im Kommandosessel nieder, als die Türen des Turbolifts sich geschlossen hatten. Nachdem der Captain sich eine Minute gesammelt hatte, drehte er sich mitsamt seinem Sessel um. Äußerlich, in seiner Körperhaltung war James T. Kirk fast wieder der alte, was man von seinem Inneren allerdings nicht behaupten konnte. Doch er konnte es sich jetzt nicht leisten, sich von seiner Sorge beherrschen zu lassen. Es galt zu handeln. „Scotty… Uhura… Ist einem von Ihnen etwas aufgefallen? Wie ist es geschehen?“ Scotty schüttelte bedauernd den Kopf, aber Uhura wollte etwas sagen. Jim nickte ihr ermunternd zu. Sie verschränkte nervös ihre Finger ineinander. „Ich blickte gerade zufällig von meiner Konsole auf. Mr. Spock beugte sich über seine Station, er schien eine Datenfolge abzulesen. Plötzlich versteifte er sich, so als ob er Schmerzen hätte. Und dann fiel er einfach um. Es tut mir so leid, Captain.“ In ihren dunklen Augen glänzten zurückgehaltene Tränen. Jim schenkte ihr ein aufmunterndes Lächeln und legte ihr kurz die Hand auf die Schulter. „Schon gut, Lieutenant. Dr. McCoy kümmert sich um Mr. Spock und er wird ihm sicher bald helfen können.“ Er klang viel überzeugter als er sich fühlte, wobei er natürlich nicht an McCoys Fähigkeiten zweifelte. Im Gegenteil, wenn jemand Spock helfen konnte, dann Pille. Jim Kirk versuchte, sich zusammenzureißen, er musste jetzt, so gut es eben ging, weitermachen, er war schließlich der Captain. „Sind die Daten, die Mr. Spock sich angesehen hat, noch auf seiner Konsole?“, fragte er seinen Kommunikationsoffizier und nur Uhura konnte die leichte Varianz, die auf seine Sorge um Spock zurückging, in seiner Stimme hören. Sie nickte. „Ich denke schon, Sir. Niemand hat die Station seitdem benutzt.“ Kirk ging sofort hinüber und starrte auf die Monitore. Nach einer Minute erkannte er, dass es sich um die Daten über den Raumnebel handelte und bat er Mr. Scott hinzu. „Können Sie mir einen Spezialisten für dieses Gebiet empfehlen?“ Er deutete auf den Schirm. Scotty kam sofort zu ihm und sah sich ebenfalls die Daten an. Captain Kirk ergänzte:„Außerdem wäre es gut, wenn der- oder diejenige sich auch mit den unterschiedlichen Spezies hier an Bord auskennen würde. Mr. Spock hat vermutet, dass die Erkrankung der Crew eine Auswirkung des Raumnebels war. Möglicherweise hat der Nebel nun im Nachhinein eine fatale Wirkung auf die Gesundheit von Mr. Spock.“, vermutete Jim. Scotty schaute Kirk ernst an. „Ich würde Ihnen unter anderen Umständen Mr. Spock empfehlen, was die Analyse der Daten dieses Nebels angeht. Aber von ihm abgesehen, kommt vielleicht Lieutenant Leanna Thima infrage. Sie ist Astrophysikerin und ihrer Freizeit beschäftigt sie sich mit Raumanomalien. Sie hat auch eine medizinische Zusatzausbildung in Exobiologie.“ „Und sie spielt sehr gut Dudelsack.“, schmunzelte Uhura. Ein leichtes Lächeln huschte über Scottys Gesicht. „Was ist mit Fähnrich Bejiki Rala? Er ist Rigelianer und erst seit kurzem an Bord, aber er arbeitet in Dr. McCoys Team und er hat seine Abschlussarbeit über die Auswirkungen von Raumphänomenen auf verschiedene Spezies geschrieben.“, schlug Uhura vor. Captain Kirk nickte. Die Personen erschienen ihm geeignet. „Verständigen Sie beide. Sie sollen ein Team bilden und versuchen einen Zusammenhang zwischen der kürzlich erlebten Epidemie und dem Durchqueren des Nebels herzustellen und dabei vor allem auf die Auswirkungen auf Menschen und Vulkanoiden achten. Geben Sie Ihnen Zugang zu den erforderlichen Daten. Ich treffe dann beide Besatzungsmitglieder in zwei Stunden im Konferenzraum. Scotty, Sie haben das Kommando. Ich bin auf der Krankenstation.“ Mit diesen Worten verließ Jim die Brücke und Scotty, Uhura sowie Sulu und Chekov, die inzwischen auf ihre Posten zurückgekehrt waren, sahen ihm mitfühlend und ebenso besorgt nach. „Wenn diese Beiden zusammenarbeiten, wird das ziemlich spannend.“, brummte Scotty und er klang nicht sonderlich zuversichtlich. Chekov kicherte und Mr. Sulu konnte sich ebenfalls ein leichtes Grinsen nicht verkneifen. „Aber Scotty!“, schalt Uhura halb im Ernst und halb im Scherz. „Wir leben und arbeiten auf einem Interspezies-Raumschiff. Denken Sie an die Prinzipien von UMUK/IDIC*.“ Doch sie wusste ebenso wie Sulu und Chekov, was der Schotte meinte. Leanna Thima war eine temperamentvolle, junge Frau. Sie war sehr sportlich und aktiv, und brauchte Action, Aufregung und Herausforderungen wie andere die Luft zum Atmen. Sie war immer in Gesellschaft. Dagegen war Bejiki Rala ein eher stiller, in sich gekehrter Charakter, aber mit der Würde eines Indianerhäuptlings. Er war noch nicht lange an Bord der Enterprise, aber jeder begegnete seiner Erscheinung mit Respekt. Er wirkte wie ein exotischer afrikanischer Krieger in Friedenszeiten, der aber schon einige Schlachten geschlagen hatte. Seine Stimme war sehr melodiös, ab und zu konnte Uhura ihn überreden zusammen mit ihr zu singen. Er ergänzte McCoys Team hervorragend, denn er wirkte beruhigend auf die Patienten, selbst in der stressigsten Umgebung war er wie ein Fels in der Brandung. *Grundsatz der vulkanischen Philosophie, Bedeutung: UMUK = Unendliche Mannikfaltigkeit in unendlicher Kombination siehe www. de.memory-alpha.org/wiki/UMUK‎ *IDIC = Infinite Diversity in Infinite Combinations siehe www.en.memory-alpha.org/wiki/IDIC‎ Kapitel 2: Verbunden -------------------- Kirk betrat die Krankenstation und sah sich suchend um. Schwester Christine Chapel kam ihm entgegen. Sie sah ziemlich erschöpft und mitgenommen aus. „Mr. Spock ist dort drüben, Sir. Dr. McCoy ist gerade bei ihm.“, sagte sie mit einem schwachen Lächeln, bevor sie sich wieder ihrer Arbeit zuwandte. Der Schiffarzt hatte ihr zwar geraten, sich in ihr Quartier zu begeben und auszuruhen, doch sie konnte sich unmöglich hinlegen, jetzt wo es Mr. Spock so schlecht ging. „Danke, Miss Chapel.“ Captain Kirk erwiderte ihr Lächeln kurz und wandte sich dem von ihr angegebenen Zimmer zu. Noch bevor er den Raum betreten hatte, wusste er, dass Spocks Zustand sich nicht verbessert hatte. Er sah, dass Spock immer noch bewusstlos war und er erkannte es auch an McCoys niedergeschlagener Haltung. Der Arzt betrachtete gerade die Daten von Spocks Biomonitor. Auch der Captain warf einen kurzen Blick darauf. Selbst für ihn war es offensichtlich, dass die Werte schlecht waren. Spocks Blutdruck, sonst kaum vorhanden, zeigte sich ziemlich deutlich am Monitor. „Hallo, Pille.“, sagte er leise, weil er den Arzt nicht erschrecken wollte. Seufzend drehte sich McCoy um. Er sah schrecklich aus, fand Jim. Seine Augen waren gerötet und von tiefen Ringen gezeichnet. „Hallo, Jim. Es gibt noch nichts Neues.“, erwiderte der Arzt ebenso leise. „Aus irgendeinem Grund erwacht er nicht. Dr. M’Benga hat ihn sich auch schon angesehen.“ Dr. M’Benga war Spezialist für die vulkanische Physiologie an Bord der Enterprise, aber auch er hatte Spock nicht helfen können. McCoy fuhr fort: „Dr. M‘Benga glaubt nicht, dass Spock eine Heiltrance eingeleitet hat und deshalb bewusstlos ist, denn er hat ja keine äußerliche Verletzung. Wir wollen ihn nicht mit Medikamenten aufwecken, weil wir befürchten, ihm dadurch mehr zu schaden als das es ihm nützt. Sein Blutdruck ist viel höher als normal. Wir vermuten, dass die Organe, die bei ihm eine ähnliche Funktion wie unsere Nieren und unsere Leber ausführen, nicht richtig arbeiten, aber weder haben wir keine Idee warum, und daher auch kaum eine Möglichkeit, etwas dagegen zu tun. Die vulkanische Biologie ist viel komplizierter und Spock ist durch seine halbmenschliche Biologie ohnehin ein einzigartiger Fall.“ McCoy schloss seinen Bericht mit einem schweren Seufzen. „Zurzeit kann ich leider nicht viel für ihn tun, außer ihn zu beobachten und abzuwarten. Es tut mir leid, Jim.“, schloss der Schiffsarzt. Jim nickte nur und vergewisserte sich dann, dass sie alleine waren, dann nahm der Captain seinen Freund kurz in den Arm und drückte ihn einen Moment tröstend an sich. Leonard lehnte sich erschöpft an ihn. Eine Weile standen sie schweigend dicht beieinander, jeder mit seinen Gedanken bei Spock. Dann blickte Jim dem Doktor ernst in die müden Augen. „Geh jetzt schlafen, Pille. Wenigstens ein paar Stunden. Du hast eine Pause mehr als nötig.“ Jim rechnete mit Widerstand und bereitete sich innerlich darauf vor, seinem Freund den Befehl zum Ausruhen zu geben. Oft war die Situation genau umgekehrt gewesen und der gute Doktor hatte seine Autorität als Schiffsarzt herauskehren müssen, um Jim während einer Krise zum Ausruhen zu bewegen. Doch heute war McCoy zu erschöpft zum Widerstand und nickte nur. „Jim…“ Er wollte noch etwas sagen, doch der Captain ließ ihn nicht ausreden. „Keine Sorge, Pille. Spock wird nicht allein sein. Ich bleibe hier bei ihm und wenn ich gehe, schicke ich nach jemandem, der meinen Platz einnimmt. Und wenn sich etwas ändert, lasse ich dich oder Dr. M’Benga sofort rufen. Ich habe zwei Spezialisten mit der Analyse der gesammelten Daten über den Raumnebel beauftragt. Vielleicht finden sie auch etwas, was dir helfen kann, Spock zu helfen. Geh jetzt schlafen.“ Sie wechselten noch einen letzten Blick, dann verließ Leonard das Zimmer und Jim wandte sich Spock zu. McCoy schleppte sich mit Mühe in sein Quartier. Dort angekommen, zog er nicht mal mehr seine Stiefel aus, denn er zweifelte daran, dass sie sich von seinen schmerzenden, geschwollenen Füßen lösen würden. Er ließ sich einfach auf sein Bett fallen und schloss die Augen. Noch bevor er sich Gedanken um die vergangenen Tage oder Spocks kritischen Zustand machen konnte, war er zum Glück schon erschöpft eingeschlafen. Jim betrachtete derweil besorgt aber auch nachdenklich Spocks Gesicht. ‚Wenn ich ihm doch nur helfen könnte...‘, dachte er stumm. Gedankenverloren nahm er die warme Hand des Vulkaniers in seine und drückte sie sanft. Jim schloss die Augen und fühlte in sich hinein. Er horchte nach den fremden und ihm doch so vertrauten Mustern, und suchte Spuren von Spocks Bewusstsein. Doch alles blieb still. Einem plötzlichen Impuls folgend, legte Jim Spocks Hand an sein eigenes Gesicht, mit seiner anderen Hand berührte er vorsichtig Spocks Schläfe. Dann schloss er die Augen und konzentrierte sich. Irgendwie musste er Spocks Bewusstsein erreichen. Urplötzlich war die Verbindung da und heißes mentales Feuer flutete Jim entgegen. Instinktiv wollte er zunächst vor der schmerzenden Hitze zurückweichen, doch er nahm sich zusammen und blieb sowohl geistig als auch körperlich an Ort und Stelle. Das Atmen fiel ihm immer schwerer, er kam sich vor wie in einem Glühofen, doch er biss die Zähne zusammen und konzentrierte sich noch stärker auf Spock. Schwarze Schleier aus gleißendem Schmerz umwogten ihn, doch inmitten der Dunkelheit und dem glühenden Chaos spürte er schwach etwas Vertrautes. Jemanden. Spock. Jim konzentrierte sich mit aller Kraft darauf, die wabernden Nebel des Schmerzes und der Hitze einzig mithilfe seiner Gedanken zu sich zu ziehen, um Spocks Bewusstsein davon zu befreien. Kurz darauf fühlte er, dass er zumindest teilweise Erfolg damit hatte. Die Schmerzen fuhren stechend und bohrend in seinen eigenen Körper, er presste die Lippen fest zusammen, um nicht zu schreien. Schweiß rann über seinen Körper, doch seine Hände ließen Spock nicht los. Es dauerte nicht lange und Jim spürte verzweifelt, wie seine Kräfte allmählich schwanden. Er wusste nicht, wie Spock solche Schmerzen dauerhaft ertragen konnte. Trotzdem gab der Captain nicht auf und versuchte so viel Schmerz und Dunkelheit wie möglich in sich selbst zu ziehen. Schließlich erstarkte die vertraute Präsenz von Spock und Jim atmete erleichtert auf. ‚Spock!‘, begrüßte er ihn trotz seiner Erschöpfung mit einem mentalen Freudenschrei. Ein vulkanisches Wort wehte ihm entgegen wie eine sanfte Umarmung. ‚Thyla…‘ - Bruder…‘ Und dann: ‚Das war unklug, Jim.‘ Trotz des Tadels echoten Spocks Gedanken sanft wie ein leiser, warmer Windhauch durch Jims Bewusstsein. ‚Es war notwendig.‘ Energische Entschlossenheit flutete dem Vulkanier entgegen. ‚Unklug und gefährlich dazu.‘ Spock vertrieb mit neugewonnener Kraft die letzten Nebelschwaden, verbannte sie in tiefere Bewusstseinsschichten, um seinen Captain und besten Freund davor zu schützen. Jim hatte auch das Gefühl, dass Spock die Hitze in seinem Inneren für ihn etwas dämpfte. Sie standen sich in Gedanken gegenüber und sahen sich einen Moment lang einfach nur an. Zwei getrennte Bewusstseinssphären, zwei sehr unterschiedliche Individuen vereint und tief miteinander verbunden. Kein Platz für Ränge, nur Spock und er. Jim blickte in Spocks dunkle Augen, er bot ihm seine Seele dar wie ein aufgeschlagenes Buch. ‚Spock, ich bin froh, dass ich dich wiederhabe.‘, sagte er. Spock erwiderte den Blick und sein Abbild zog amüsiert eine Augenbraue hoch. Einen Moment ließ er Jim seine eigene Freude und Erleichterung fühlen, bevor er antwortete: ‚Jim, ich bin froh, wieder hier zu sein. Aber meine Stärke ist nicht von Dauer.‘ Jim spürte besorgt die wallenden Nebel, die im Hintergrund von Spocks Gedanken noch immer wüteten und er fühlte außerdem, wie scheinbar weit entfernt von ihm selbst, seine körperlichen Kräfte ebenfalls schwanden. Er hatte ebenfalls nicht mehr viel Zeit, er würde diese Art der Verbindung nicht dauerhaft aufrechterhalten können. ‚Spock, was ist geschehen? Was können wir tun?‘ Spocks Antwort nannte wie üblich die Fakten, so als würden sie zusammen auf der Brücke stehen. Mit dem Unterschied, dass er sich aufgrund der drängenden Zeit kürzer fasste. ‚Der Raumnebel. Vermutlich eine Art Vergiftung. Ein schädliches Element auf atomarer Ebene. Ich kann es jetzt für eine Weile isolieren, aber es muss ein Gegenmittel gefunden werden. Sonst werde ich sterben, Jim.‘ Ein Hauch von Bedauern huschte durch Spocks Gedanken, dabei spürte Jim, dass er sich nicht so sehr vor seinem möglichen Tod fürchtete, sondern viel mehr vor Jims Umgang damit. ‚McCoy wird helfen.‘, erwiderte Jim zuversichtlich, der seine Ängste um Spock zu verbergen suchte, was aber während der Gedankenverschmelzung praktisch unmöglich war. Kurz darauf kam sein körperliches Abbild in Spocks Bewusstsein ins Schwanken. ‚Jim! Du musst jetzt gehen. Bevor es auch für dich gefährlich wird. Unterbrich die Verbindung. Wach auf!‘, drängte ihn Spock. Jim wollte nicht gehen. Er wollte bei Spock bleiben, Spock brauchte ihn und er brauchte Spock. Doch etwas zerrte an ihm, zog ihn fort von Spocks Bewusstsein und zurück in seinen schmerzenden Körper und auf Spocks mentales Drängen hin, ergab er sich schließlich. Blinzelnd schlug er die Augen auf. „Captain! Captain Kirk!“ „Ich bin hier.“, murmelte er leise und kaum verständlich. Das Licht im Raum blendete ihn. Sein ganzer Körper schmerzte wie nach einer üblen Prügelei. Er war einen Moment desorientiert und verwirrt. Er spürte eine Hand auf seiner Schulter und als er aufblickte, erkannte er schemenhaft die blaue Uniform der medizinischen Abteilung. Schlagartig fiel ihm alles wieder ein und er war hellwach. Er wollte aufstehen, doch jemand drückte ihn sanft, aber entschieden wieder zurück auf den Stuhl. Er blinzelte noch einige Male, bis er wieder klar sehen konnte und schaute direkt in die Augen von Dr. M’Benga. An dessen Seite stand Schwester Chapel, die ihn besorgt und auch ein wenig schuldbewusst musterte. Scheinbar hatte sie entdeckt, was er getan hatte und den Doktor dazu gerufen. Er konnte es ihr nicht verdenken. Seine Uniform war schweißgetränkt und wenn er so aussah, wie er sich fühlte... Bevor er sich dem Unvermeidlichen stellte, warf er einen kurzen Blick auf Spocks Biomonitor. Zufrieden stellte er fest, dass die Werte sich deutlich verbessert hatten, wenn sie auch noch immer von der Norm abwichen. Kirk wandte seine Aufmerksamkeit dem dunkelhäutigen Arzt und der Krankenschwester zu. „Nun?“ brummte er, als keiner der Beiden etwas sagte. „Ich glaube, Sie schulden uns eine Erklärung, Captain.“, begann Dr. M’Benga schließlich. „Sie haben uns einen ganz schönen Schrecken eingejagt, Sir.“, ergänzte Schwester Chapel. Jim nickte. „Das glaube ich gerne.“ Er bewegte versuchsweise die schmerzenden Arme und Beine und machte dann einen vorsichtigen Versuch aufzustehen. Diesmal hinderte ihn niemand und sein Körper gehorchte ihm, wofür er sehr dankbar war. Er streckte sich. „Ich konnte einen Kontakt zu Spocks Bewusstsein herstellen. Er vermutet, dass ein Element des Raumnebels ihn vergiftet hat. Er sagt, es wird ihn früher oder später töten, wenn wir es nicht isolieren können bzw. kein Gegenmittel finden.“ M’Benga sah ziemlich überrascht und auch zweifelnd aus und auf Schwester Chapels Gesicht zeigte sich ebenfalls Ungläubigkeit, gemischt mit Sorge. Dr. M’Benga verschränkte unbehaglich die Finger beider Hände ineinander. „Captain, verstehen Sie das jetzt bitte nicht falsch… Ich weiß, dass Sie und Mr. Spock befreundet sind und dass er schon mehrfach eine Mentalverschmelzung mit Ihnen hergestellt hat. Aber sind Sie sicher, dass Sie nicht einfach nur eingeschlafen sind und geträumt haben? Sie selbst sind kein Telepath…“ Kirks Blick brachte ihn zum Schweigen. „Ich habe nicht geträumt, Doktor, glauben Sie mir. Und falls Sie an meiner geistigen Gesundheit zweifeln, unterziehe ich mich gerne einer psychiatrischen Untersuchung. Aber erst nachdem wir Spock gerettet haben.“ Er straffte seine Gestalt. „Bitte entschuldigen Sie mich jetzt, ich habe in einer halben Stunde ein Treffen im Konferenzraum und möchte vorher noch duschen und mich umziehen. Informieren Sie mich sofort, wenn sich bei Mr. Spock etwas ändert. Wenn Dr. McCoy seine Erholungsphase beendet hat, berichten Sie ihm von dem, was ich Ihnen eben sagte.“ „Aye, Sir.“, bestätigte der Arzt. Dann wandte er sich an Schwester Chapel. „Wenn Sie sich noch immer nicht ausruhen wollen…“ – an dieser Stelle schüttelte Christine Chapel den Kopf – „Bleiben Sie bitte bei Mr. Spock. Informieren Sie mich, sobald sich irgendetwas ändert.“ „Ja, Doktor.“ Captain Kirk hatte die Konversation der beiden mit angehört, da er noch einen Moment auf Spock geblickt hatte. Er spürte schwach das mentale Band zwischen sich und seinem Ersten Offizier. Die Verbindung war zwar jenseits der gewöhnlichen Intensität, aber sie war da… und das war die Hauptsache… Er nickte dem Arzt und der Schwester zu und verließ das Zimmer. Kapitel 3: Die Besprechung -------------------------- Am liebsten wäre Jim nach der Dusche direkt in sein Bett gekrochen. Es war heute ein ziemlich anstrengender und ereignisreicher Tag gewesen. Er war gerade von einer Krankheit genesen, die vielleicht gar keine richtige Krankheit gewesen war, dann hatte Spock seinen Zusammenbruch gehabt. Außerdem hatte ihn die Mentalverschmelzung mit seinem Freund sehr viel mehr Kraft gekostet, als wenn Spock wie üblich den Kontakt initiierte, eine Tatsache, die Jim sich selbst gegenüber nur ungern eingestand. Er hasste es, Schwächen zuzugeben. Die Zeit drängte, Spocks Zustand würde sich bald wieder verschlechtern und so wollte und würde er die Verabredung mit Lieutenant Thima und Fähnrich Rala auf jeden Fall einhalten. Jetzt, wo er von Spock neue Fakten kannte, konnte ihre Suche noch gezielter von statten gehen. Er schlüpfte in eine frische Uniform und machte sich auf den Weg zum Konferenzraum. Der Rigelianer Bejiki Rala erwartete den Captain bereits vor der Tür des Versammlungsraums, er strahlte die Ruhe eines Schamanen aus, obwohl die Uniform der Sternenflotte nicht wirklich zu seinem restlichen Erscheinungsbild passte. Seine dunkle Haut schmückten im Gesicht und an den Händen geometrische Stammeszeichen in verschiedenen hellen Brauntönen mit einigen weißen Farbelementen. In einzelne Strähnen seiner langen, schwarz glänzenden Haare waren hellbraune und beige Perlen eingeflochten. Lieutenant Leanna Thima traf nur einige Sekunden später als der Captain ein, dafür aber im Laufschritt. Ihr rostrotes Haar reichte ihr nicht ganz bis zu den Schultern, es war vom Laufen ganz wirr und betonte ihre katzengrünen Augen. „Bitte entschuldigen Sie die Verspätung, Sir.“ Sie strich sich eine Haarsträhne hinter die Ohren und klang kein bisschen außer Atem. James T. Kirk winkte ab. „Ich bin selbst gerade erst eingetroffen, Lieutenant.“ Mit einer einladenden Geste bat er beide in den Raum. Als sich alle niedergelassen hatten, begann der Captain: „Ich nehme an, Sie wissen warum ich Sie beide angefordert habe?“ Beide Besatzungsmitglieder nickten bestätigend. „Ich weiß nicht, ob Sie bereits Gelegenheit hatten, einen Blick auf die gesammelten Daten aus dem Raumnebel zu werfen. Sie sind ziemlich umfangreich. In jedem Fall gibt es inzwischen neue Erkenntnisse, Mr. Spock betreffend.“ Er machte eine kurze Pause, um nach den besten Worten für die Präsentation von Spocks Informationen zu suchen. Erwartungsvoll musterten ihn die beiden Crewmitglieder. Der Captain holte tief Luft und legte die Fingerspitzen beider Hände aneinander, seine Ellenbogen ruhten angewinkelt auf der Tischplatte. Eine Haltung, die üblicherweise von Spock eingenommen wurde. Jim bemerkte es und nahm die Hände wieder herunter. Entschieden begann er zu sprechen: „Während einer Mentalverschmelzung mit Mr. Spock habe ich von ihm selbst erfahren, dass er vermutet, von einem Element des Raumnebels auf atomarer Ebene vergiftet worden zu sein. Er weiß nicht, worum es sich handelt, nur dass es ihn bald töten wird, wenn wir das Element nicht isolieren, bzw. wenn wir kein Gegenmittel finden.“ Jim Kirk lehnte sich zurück und wartete auf die Reaktion seiner beiden Besatzungsmitglieder. Er war gespannt, was sie von seiner Aussage hielten, vor allem nach Doktor M’Bengas Reaktion. Doch zunächst herrschte Schweigen und dann wechselten Thima und Rala einen kurzen Blick, bevor sie sich wieder ihrem Captain zuwandten. Fähnrich Rala ergriff zuerst das Wort: „Ich bin, wie Sie wissen, erst seit kurzem auf der Enterprise. Doch auch ich habe von Ihrer fast schon legendären freundschaftlichen Verbindung zu Mr. Spock gehört. Die Informationen, die er Ihnen mitteilen konnte, sind wirklich hilfreich für unsere Suche. Möglicherweise hängt mit diesem unbekannten atomaren Element auch die kürzlich erlebte Grippeepidemie der Crew zusammen.“ Lieutenant Thima stimmte ihm zu. „Das ist auf jeden Fall möglich. Denn soweit ich weiß, ist Mr. Spock doch zur Hälfte Mensch, nicht wahr? Vielleicht wirkt sich die Durchquerung des Raumnebels bei ihm nur zeitlich verzögert und eben ganz anders aus, weil er ein Hybride ist.“ Captain Kirk war zufrieden mit den Schlussfolgerungen der beiden Crewmitglieder. Er war froh auf Scottys und Uhuras Empfehlungen gehört zu haben. Diese Beiden waren genau die richtigen Personen für diese Aufgabe. Sie besprachen das weitere Vorgehen und verteilten die zu erledigenden Arbeiten in Details. Als alles Nötige besprochen war, sagte Captain Kirk: „Wenn Sie beide noch etwas für Ihren Auftrag brauchen, ganz egal was, zögern Sie nicht, es mir zu sagen.“ Dann blickte er zunächst Thima und dann Rala an. „Und wenn Sie jetzt keine weiteren Fragen haben, betrachten Sie diese Besprechung als beendet. Was ihren Auftrag angeht, können Sie sich jederzeit ohne Rücksicht auf die Dienstzeit an mich wenden. Es ist mir sehr wichtig, dass wir Mr. Spock so schnell wie möglich helfen können.“ „Natürlich, Captain.“, bestätigte Fähnrich Rala. „Aber sicher, Sir.“, kam es von Lieutenant Thima. Sie standen alle Drei auf und verließen gemeinsam den Konferenzraum. Vor der Tür verabschiedeten Sie sich. „Gute Nacht.“, sagte Captain Kirk und Rala und Thima erwiderten: „Gute Nacht, Sir.“ Der Captain machte sich auf den Weg zum Turbolift und auch Bejiki Rala wollte in die gleiche Richtung gehen, doch Leanna Thima hielt ihn zurück. „Entschuldigen Sie, Mr. Rala. Haben Sie noch eine Minute Zeit?“ Der dunkelhäutige Mann nickte und lächelte seine Kollegin freundlich an. „Natürlich. Um was geht es denn?“ Leanna war unsicher, wie Sie es formulieren sollte: „Ich möchte nicht vermessen erscheinen, aber können Sie mir etwas genauer sagen, was es mit dieser Mentalverschmelzung auf sich hat?“ Der Rigelianer nickte erneut. „Gerne, Miss Thima. Einige Vulkanier sind Berührungs-telepathen, sie können Ihre Gedanken mit denen von anderen Personen verbinden und so miteinander kommunizieren. Soweit ich weiß, hat Mr. Spock mit dem Captain schon öfters seine Gedanken geteilt. Möglicherweise konnte der Captain ihn daher heute erreichen, denn eigentlich ist Captain Kirk kein Telepath.“ Bejiki bemerkte, dass seine Kollegin sich nun noch unbehaglicher fühlte und hatte eine Vermutung, warum. „Keine Sorge, Lieutenant.“, versuchte er sie zu beruhigen. „Mr. Spock würde niemals unaufgefordert irgendjemandes Gedanken lesen. Im Gegenteil, es ist ihm meist sehr unangenehm, es ist eine ziemlich intime Angelegenheit.“ Leanna musterte ihren Gegenüber verwundert. „Mr. Rala, wie kommt es, dass Sie so gut Bescheid wissen? Wie Sie eben sagten, sind Sie noch nicht lange auf der Enterprise. Ich selbst bin nun schon eine Weile hier, aber irgendwie habe ich von all dem nur wenig mitbekommen, wenn ich auch von der Freundschaft zwischen dem Captain und Mr. Spock wusste.“ Nun lächelte Bejiki ein wenig geheimnisvoll: „Nun, es kommt auch immer darauf an, wofür man sich interessiert und was man hören möchte.“ Er machte eine bedeutungsschwere Pause. Dann ergänzte er: „ Es war mein persönlicher Wunsch, auf die Enterprise zu kommen. In meinem Volk gibt es außerdem ebenfalls Mitglieder mit besonderen spirituellen Fähigkeiten und ich persönlich finde zudem die vulkanische Kultur äußerst spannend.“ Lieutenant Thima verstand. „Ach so. Nun dann, gute Nacht. Und vielen Dank.“ Sie wandte sich zum Gehen, doch eine Hand auf ihrer Schulter hielt sie zurück. „Da wir jetzt zumindest in nächster Zeit öfters zusammenarbeiten… Wollen wir uns nicht beim Vornamen nennen?“, schlug Bejiki Rala vor. Leanna Thima nickte zustimmend. „Gerne. Ich bin Leanna.“ Bejiki verbeugte sich mit einem Lächeln. Er schien oft und gerne zu lächeln. „Bejiki, zu Diensten.“ Leanna lachte. „Es ist zwar schon spät, aber ich hätte noch Hunger. Und du? Willst du auch noch etwas essen, Bejiki?“ „Ja, ich könnte noch etwas essen.“, bestätigte er. Zusammen gingen Sie miteinander plaudernd zur Mannschaftsmesse. Captain Kirk war trotz seiner Müdigkeit statt zu seiner Kabine zur Krankenstation zurückgekehrt. Er hatte Christine Chapel mit dem Befehl, sich auszuruhen in ihr Quartier geschickt und ihren Platz an Spocks Seite eingenommen. Der Vulkanier hatte nach wie vor die Augen geschlossen. Seine Werte waren noch unverändert, nicht besser, aber zum Glück auch noch nicht schlechter geworden. Doch nun, da Jim auch körperlich in Spocks Nähe war, spürte er durch das mentale Band wieder die schwarzglühenden Nebelschleier, die Spocks Bewusstsein bedrohten. Ihre brennende Hitze drang auch in seine Gedanken und verursachte ihm Kopfschmerzen. Doch um nichts in der Welt wollte er die Verbindung zu Spocks Bewusstsein verlieren und wenn Sie ihn noch so sehr schmerzen würde. Irgendwann schlief er mit dem Kopf aufs Spocks Bettdecke ein. Kapitel 4: Schlechte Träume mit unsanftem Erwachen -------------------------------------------------- Schwarze Nebelschwaden griffen nach ihm und wo sie ihn berührten, verbrannten sie seine Haut. Er keuchte auf. Gleichzeitig fühlte er die stechenden Schmerzen in seinem Kopf, sie fühlten sich an wie spitze Dornen. Doch trotz der Schmerzen konnte und wollte er nicht zurückweichen. Er musste Spock beschützen und diese glühenden Schleier von ihm fernhalten und wenn es ihn sein Leben kosten würde. Plötzlich zog etwas an ihm, Sekunden später wurde ihm bewusst, dass er sich von Spocks schattenhaftem Bewusstsein entfernte. Er versuchte zu bleiben, wehrte sich verzweifelt gegen den Sog, doch er konnte sich nicht halten. Es war, als würde ihm der Boden unter den Füßen weggezogen. Er schrie nach Spock und schlug um sich… „Jim! Jim, verdammt nochmal! Wach endlich auf!“ Dr. McCoy hatte seinen Captain und Freund voller Sorge an den Schultern gepackt und schüttelte ihn angsterfüllt, bis dessen Augenlider endlich zu flackern begannen. Jim spürte warme Hände, die ihn festhielten und sie erschienen ihm vage vertraut. Er fühlte sich ziemlich durch die Mangel gedreht und es fiel ihm schwer, in die Realität zurückzufinden. Es dauerte, bis er bemerkte, dass jemand immer wieder seinen Namen rief. „Jim!“ „Pille…“, nuschelte er benommen. Er erkannte nun die vertraute Stimme seines Schiffsarztes und schlug endlich die Augen auf. Er begriff, dass er neben Spocks Bett auf einem Stuhl saß und Leonard McCoy kniete vor ihm auf dem Boden und musterte ihn besorgt mit seinen wasserblauen Augen. Jim korrigierte sich, der Doktor sah nicht nur besorgt, sondern zu Tode erschrocken aus. Der Captain versuchte es zunächst mit einem beschwichtigenden Lächeln, auch wenn er ahnte, dass es ihm in diesem Fall nicht viel nützen würde. Irgendetwas musste den Arzt furchtbar erschreckt haben. Obwohl Jim nicht wirklich wusste, was passiert war und warum McCoy so erschrocken war. Er selbst war doch nur an Spocks Bett eingeschlafen, vielleicht ging es Spock schlechter. Sein Blick huschte besorgt zum Monitor seines vulkanischen Freundes. Doch Spock war am Leben, seine Werte waren allerdings wieder schlechter geworden. „Verdammt, Jim!“, fluchte McCoy. „Hast du den Verstand verloren?!“ Der Captain wich vor dem vorwurfsvollen Blick seines Freundes zurück. „Ich hoffe nicht. Was ist denn passiert?“, fragte er dann ehrlich ahnungslos. McCoy beäugte ihn prüfend. Dann seufzte er schwer. „Jim, du wärst eben fast drauf gegangen! Was denkst du dir überhaupt dabei in Spocks Kopf herum zu spuken? Und Dr. M’Benga hat mir gesagt, dass es nicht das erste Mal war!“ Der Captain brauchte einen Moment, um die Aussagen des Arztes zu sortieren. Dann stockte er: „Warte mal… nicht das erste Mal? Ich dachte, ich sei einfach nur an Spocks Bett eingeschlafen und hätte schlecht geträumt…“ „Jim, du warst so tief in Spocks Bewusstsein gefangen… Noch ein bisschen länger und wir hätten dich verloren…“, erklärte McCoy. „Das kann nicht sein! Spock würde mir niemals bewusst schaden.“, widersprach Jim heftig und sprang auf. Er lief ein paar Schritte durchs Zimmer, um sich zu beruhigen, dann musterte er den bewusstlosen Vulkanier voller Sorge. McCoy legte ihm beschwichtigend eine Hand auf die Schulter. „Jim, du hast Recht. Spock kann auch nichts dafür. Natürlich wollte er dir nicht schaden. Aber eure Bewusstseinssphären haben sich schon so häufig verbunden, wahrscheinlich ist es automatisch geschehen, als du geschlafen hast. Spock kann sich im Moment nicht abschirmen, besonders nicht von dir, er hat ganz andere Probleme…“ Das klang einleuchtend für den Captain. „Es tut mir leid, Pille. Ich wollte dich nicht anfahren. Aber ich mache mir wirklich große Sorgen um Spock. Dieser brennende, schwarze Nebel erstickt ihn allmählich und wird ihn schließlich verschlingen…“ Er ließ sich auf einen Stuhl sinken und vergrub für einen Moment das Gesicht in den Händen. McCoy beobachtete ihn besorgt und Jim blickte auf, als er das Piepen eines medizinischen Tricorders vernahm. Doch er rügte den Schiffsarzt nicht wie üblich für den Einsatz des Geräts, er konnte gut nachvollziehen, dass der Doktor sich sowohl um ihn als auch um Spock sorgte. So viel war passiert in so kurzer Zeit… McCoy zog sich einen zweiten Stuhl neben den von Kirk. „Du hast also gestern Abend wirklich einen mentalen Kontakt zu Spock herstellen können? Der Kontakt wurde von dir hergestellt, nicht von ihm?“ Jim nickte müde. „Ja, es war eine spontane Idee. Ich wollte ihm irgendwie helfen. Ich wusste erst nicht, ob es funktionieren würde… Als ich ihn dann endlich gefunden hatte, konnten wir für eine kurze Zeit miteinander sprechen.“ McCoy verstand nicht. „Was meinst du mit ‚gefunden‘? Jim seufzte und suchte nach Worten. Wie sollte er McCoy erklären, dass Spocks Bewusstsein von etwas anderem gefangen war, dass er ihn zunächst von diesem anderen Ding hatte befreien müssen, um Spock erreichen können. Das sie gemeinsam den brennenden Nebel bekämpft hatten, um miteinander sprechen zu können… Als er genauer darüber nachdachte, kam ihm ein ziemlich beunruhigender, wenn nicht gar erschreckender Gedanke. Captain Kirks Befürchtungen mussten sich auch in seiner Mimik gezeigt haben, denn McCoy fragte: „Was ist denn los, Jim? Du bist plötzlich ganz blass geworden.“ Captain Kirk blickte auf und sah seinen Schiffsarzt eindringlich an. „Pille… Als ich mit Spocks Bewusstsein verbunden war, kämpfte er gegen etwas an. Auf gedanklicher Ebene zeigte sich dieses Etwas wie ein heißer, schwarzer Nebel, der danach trachtete, alles um sich herum zu verschlingen. Spock und ich, wir konnten diesen Nebel für einen kurzen Moment gemeinsam in andere Bewusstseinsschichten verdrängen und Spock teilte mir in dieser Zeit mit, dass er glaubte, irgendwie durch den von uns erforschten Raumnebel vergiftet worden zu sein – und zwar auf atomarer Ebene. Er befürchtet, dass diese Vergiftung über kurz oder lang zu seinem Tod führen wird.“ Der Doktor hörte Jim aufmerksam und voller Sorge zu. Als der Captain eine Pause machte, sagte er: „Ja, Dr. M’Benga berichtete mir davon, was du bei der Gedankenverschmelzung erfahren hast. Wir müssen unbedingt eine Probe des Nebels genauer analysieren.“, erwiderte der Arzt. Jim nickte. „Das geschieht bereits. Ich habe zwei Spezialisten mit der Aufarbeitung aller Daten des Nebels beauftragt. Einer der Beiden gehört sogar zu deinem Team, er ist ziemlich neu auf der Enterprise. Ich weiß nicht, ob du bei dem Stress in letzter Zeit schon Gelegenheit hattest, ihn kennenzulernen. Aber das ist jetzt auch nicht so wichtig. Pille, was ist, wenn das, was Spock zu schaffen macht, gar keine wirkliche Vergiftung in diesem Sinne ist?“ „Worauf willst du hinaus, Jim?“ James T. Kirk suchte nach Worten. „Ich bin diesem Nebel nun schon zweimal in Spocks Bewusstsein entgegen getreten, einmal während ich mit ihm in der Mentalverschmelzung war und das andere Mal in einem Traum. Als ich hier in diesem Zimmer eingeschlafen bin... Und dann hast du mir gesagt, dass ihr mich gerade so noch zurückholen konntet aus diesem sogenannten Traum… Vielleicht ist es gar keine Vergiftung, vielleicht ist es eine Lebensform, die die Kontrolle über Spocks Bewusstsein allmählich übernimmt, bis er schließlich nicht mehr existiert…“ Während der Captain seine Erlebnisse und Befürchtungen in Worte fasste, lief es ihm eiskalt den Rücken herunter… Was für ein furchtbarer Gedanke, einfach so zu verschwinden. Wie viel schlimmer musste dieser Gedanke für Spock sein, der als Vulkanier eigentlich die Möglichkeit hatte, sein Katra, seine Seele für immer zu bewahren und so Spuren seiner Existenz zu hinterlassen? McCoy, der nicht wusste, wohin Kirks Gedanken inzwischen geführt hatten, dachte immer noch über Jims Schilderungen nach. Schließlich sagte er zweifelnd: „Eine Lebensform auf atomare Ebene? Das ist wissenschaftlich nicht möglich. Nein, das kann nicht sein. Außerdem hat ja selbst Spock von einer Vergiftung gesprochen.“ Etwas behutsamer fuhr er dann fort: „Hör mal, Jim… Du hast in den letzten Tagen ziemlich viel durchgemacht… Wir alle sind von den Ereignissen ziemlich überfahren und erschöpft…“ Obwohl der Schiffsarzt sich Mühe in der Formulierung seiner Worte gegeben hatte, wurde James Kirk dennoch für einen Moment wütend. „Was soll das, Pille? Ich hab schon öfters unter Stress gestanden. Sogar unter weit schlimmerem Stress als zurzeit… Das sind keine Hirngespinste von mir! Diese Nebelschleier waren auf der Bewusstseinsebene sehr real.“ Aufgebracht war der Captain zum zweiten Mal an diesem Tag aufgesprungen und lief nun erneut ein paar Schritte hin und her, um sich wieder etwas zu beruhigen. Es war einfach seine Art, wenn er wütend wurde, er konnte dann nicht stillsitzen. Er hatte McCoy nicht anfahren wollen, er war auch eigentlich mehr über seine eigene Hilflosigkeit verärgert. Er war ein Mann der Tat. Tauchte ein Problem auf, so wollte er handeln und es lösen, doch im Moment konnte er absolut nichts tun, außer abzuwarten. Dem Arzt musste es ähnlich gehen. Nachdenklich blieb Jim an Spocks Bett stehen und beobachtete einen Moment lang den Monitor. Dann blickte er wieder McCoy an, jetzt ruhiger geworden. „Pille, entschuldige bitte meinen Ausbruch. Aber mein Instinkt sagt mir, dass da irgendetwas mit Bewusstsein in Spocks Kopf herum spukt… Irgendeine fremde Art von Intelligenz… Ich kann es nicht genauer erklären…“ Seine Stimme verklang und er betrachtete wieder voller Sorge Spocks regungsloses Gesicht. Zu gerne hätte er jetzt die Meinung des Vulkaniers gehört. Ganz zu Beginn ihrer Fünf-Jahres-Mission hatte Spock ihn einmal gefragt, warum der Captain sich von ihm immer wieder Dinge bestätigen ließ, über die er zuvor schon eine eigene Meinung gebildet hatte und Jim hatte seinem Ersten Offizier lächelnd geantwortet: „Es gibt mir emotionale Sicherheit.“* Jim wurde sich schmerzlich bewusst, dass ihm nun diese emotionale Sicherheit fehlte. Das sonst so hilfreiche, mentale Band zwischen ihnen war nun kein Segen mehr, sondern zur Gefahr geworden. Dr. McCoy beobachtete den Captain, auch seine Gedanken waren in die Vergangenheit geschweift. Er dachte an den Vorfall mit der Dikironium-Wolken-Kreatur ** zurück, eine Geschichte, an die er den Captain jetzt lieber nicht erinnern wollte. Jim hatte während dieser vergangenen Vorkommnisse eine regelrechte Besessenheit für die Verfolgung und Vernichtung dieser Kreatur entwickelt. Er hatte sich Vorwürfe gemacht, weil er in der Vergangenheit als junger Offizier nicht schnell genug reagiert zu hatte. So waren sein früherer Captain und viele der Besatzungsmitglieder von der Wolkenkreatur getötet worden, die sich von menschlichem Blutplasma ernährt hatte. Als die Wolkenkreatur über ein Jahrzehnt später die Enterprise angriff, hatte James Kirk, wie auch schon Jahre zuvor, vermutet, dass diese Wolke Intelligenz besaß und er hatte letztlich, Recht behalten, auch was die Gefährlichkeit der Kreatur anging. * TOS-Folge: Pokerspiele/ The Corbomite Maneuver ** TOS-Folge: Tödliche Wolken/ Obsession Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)