Rachedämmerung von Jaelaki ([Ciel & Sebastian]) ================================================================================ Prolog: Tagbogen ---------------- Prolog   _______________________________________ Die Zeit zwischen Auf- und Untergang eines Himmelskörpers wird in der Astronomie als Tagbogen bezeichnet. Bei völlig flachem Horizont teilt er sich in zwei gleiche Abschnitte: Vom Aufgang bis zum Höchststand und von dort bis zum Untergang. _______________________________________         »Sebastian«, keuchte er. Schläge donnerten auf seinen Körper, ließen einen Schmerz zurück, der seine Haut entflammte. Glutrote Striemen zeichneten sich auf der Haut ab, die vor Schweiß glänzte. Augen verschlangen seine Gestalt, Augen wie verglimmende Glut. Er schrie. Die Schmerzen raubten ihm den Atem, stießen seine Sinne in Besinnungslosigkeit. Augen ohne Mitgefühl, ein dunkles Lachen. Mit einem Schrei riss er seine Augen auf. Sein Atem durchschnitt die Stille, die die Nacht gefangen hielt. Sein Blick fuhr an den Schatten entlang, die an den Wänden tanzten. »My Lord«, grollte er ganz nah, drang bis in sein Innerstes vor, zog ihn aus dem Strudel der Finsternis, um ihn wieder hineinzustoßen. »Sebastian«, hauchte er, bemühte sich, das Zittern in seiner Stimme zu unterbinden, doch es misslang, »schon wieder –« Er erinnerte sich an Schmerzen. Schmerzen, die lähmten. Und Dunkelheit. Dunkelheit, die den Atem raubte. Es war sein innerer Kampf. Ein Kampf gegen eine Vergangenheit, an die er sich nur verschwommen erinnerte. Eine Vergangenheit, die ihn immer öfter in der Nacht einholte. »Ich war schon wieder dort«, flüsterte er leise, doch klar. Sebastian schwieg, seine Silhouette verschmolz mit den Schatten der Nacht. Langsam schritt er zu dem Bett, das inmitten des Schlafgemachs stand. Ciel starrte auf seine verschwitzten Hände, die sich in die weiche Decke verkrallten. Er verabscheute es. Eine Vergangenheit, an die er sich kaum erinnerte. Er wollte sich nicht erinnern. Hinter diesem Schleier aus Vergessen, Verdrängen und Zeit lauerten nur mehr Schmerzen, Qual, Angst, Hoffnungslosigkeit. Bis all das sein Inneres zerrissen, aufgesogen, vernichtet hätte. Es würde nichts übrig bleiben. Nichts außer Leere. Zorn vermischte sich in seinem Magen mit der Erinnerung an den Alptraum. Seine Augen kniff er voll Verachtung zusammen. Er plante, organisierte, zog die Fäden, spielte Feinde gegeneinander aus. Er ließ sich von Effizienz leiten, richtete sich nach Rationalität und Zielstrebigkeit. Er war kein Kind mehr, das sich in der Dunkelheit fürchtete. Sebastian legte die Decke über ihn mit einer Bewegung, die Eleganz durchdrang wie die Anmut eines jagenden Tieres. Ciel tat so, als rühre das Zittern von der nächtlichen Kälte. Aber er wusste, dass sie es beide besser wussten. In diesem Augenblick hatte er seine Entscheidung getroffen. Es gab Schlimmeres als Schmerzen. Er fürchtete sich nicht vor Qual, Verdammnis, Dunkelheit und Schmerzen. Er blickte auf, um ihm direkt in die Augen zu schauen, in denen die Glut ein sterbendes Feuer barg. Spott lag in seinen Mundwinkeln. »Lass sie uns endlich ausfindig machen, Sebastian. Lass uns die Mörder meiner Eltern jagen und meine Rache vollenden. Lass uns endlich mit den Vorbereitungen ihres Untergangs beginnen.« Ein Lächeln umschmeichelte Sebastians Lippen, das die Schatten an den Wänden tanzen ließ. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)