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Swordsmistress

Portgas D. Ace x OC
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Dieses Kapitel widme ich meinen beiden fleißig kommentierenden Lesern: MiezMiez und LilShine :) vielen lieben Dank für eure aufmunternden und positiven Reviews.

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Prolog

Plötzlich und völlig unerwartet brach das Unwetter los. Die See begann sich zu erheben, dicke Regentropfen fielen vom Himmel und ein eiskalter Wind zog über das Marineford.

Dies war also das Wetter an dem Tag, an dem er starb?

Der junge Schwarzhaarige richtete seinen lädierten Blick auf die See, als schon eine dicke Wand aus Nebel hinter der Moby Dick aufzog. Sein Herz machte einen kurzen Aussetzer, als schon der riesenhafte Wolfschlund aus der weißen Wand brach und seine rot glühenden Augen auf den Kampfplatz richtete. Das mächtige Schiff drehte quer und hinter ihm kam ein zweites zum Vorschein. Dieses jedoch dockte mit seinem Schlund des Wolfes direkt an den Pier an. Die glühenden blauen Augen des Wolfes waren es, die ihre Warnung auf das Kampffeld schrien.

Kurz, obgleich diese Szene sehr skurril wirkte, erstarb der Krieg auf dem Marineford. Blanke Angst lag in den Augen der Menschen, die sich nun glichen, egal ob es Piraten, oder Marinesoldaten waren.

Portgas D. Ace zweifelte einen kleinen Augenblick an seinem Verstand, als sich schon eine einzelne Gestalt aus der Düsternis löste. Whitebeard folgte dem Blick seines zweiten Kommandanten, der noch immer in Fesseln auf dem Schafott kniete und auf seine Hinrichtung wartete. Eine zierliche kleine Schattengestalt, deren glühender blauer Blick durch den Nebel drang. Die Augen waren zu feinen Schlitzen verengt, als sie die Arme links und rechts vom Körper abhob.

„Swordsmistress, erste Kommandantin der Division, des Shikigamis.“, flüsterte der junge Marinesoldat, der seinen festen Griff noch immer um sein Schwert gelegt hatte. Jedoch begann seine Hand langsam zu zittern.

„Wer hat sie nur angeheuert? Warum ist sie hier?“, keuchte der zweite Marinesoldat, der ebenfalls mit seinem Kollegen bei dem Piraten auf dem Podest stand.

Sie stand nun inmitten des Schauplatzes. Ihre langen schwarzen Haare wehten unheilvoll im aufgekommenen Sturm, der schwarze lange Mantel tat es ihnen gleich. Noch immer hatte sie die Arme beidseits vom Körper abgehoben und richtete nun ihren eisigen stechenden Blick direkt auf das Schafott vor ihr. Ein Schmunzeln kam ihr von den Lippen.

„Ich hab gehört du sitzt in der Scheiße, Portgas D. Ace. Ich wollte mich selbst davon überzeugen, dass dem so ist und du es wirklich geschafft hast einen der größten Piratenkriege hervorzurufen.“, ihre klare Stimme hallte weit. Alle Augen waren auf sie gerichtet, was sie nun mit einem Lächeln quittierte.

„Dann… will ich mal nicht so sein und auf deiner Party auch mitmischen!“, rief sie über die Köpfe der Kämpfenden hinweg, senkte den ihren und die Erde begann zu beben. „Apokalypto!“, damit schossen rasiermesserscharfe schwarze Klingen, wie Tretminen aus dem Boden und befreiten sogleich einige Piraten aus ihren bitteren Zweikämpfen. Binnen Sekunden war die junge Frau aus dem Blick der Feuerfaust verschwunden und hatte sich mitten in den Kampf geworfen, begleitet mit dem ersten Kanonenschlag, der sich aus der Thyr löste.

Immer mehr seiner treuen Kameraden wurden von den Admiralen und den Samurais niedergemetzelt, während sie Ace aufmunternde Worte entgegen riefen. Er konnte nichts tun, lediglich mit ansehen, wie sie zu Grunde gingen.
 

„Scheiße... Ich...

muss mich verbeugen!

In diesem Moment...

vergießen mein Paps, mein kleiner Bruder und meine Mitstreiter

ihr Blut und werden getötet...

Ich bin so glücklich!

Meine Tränen wollen nicht stoppen!

Sogar jetzt…

verdiene ich es noch zu leben!!!“

Versprich es mir!

„Hier, ich hab mir gedacht du magst es vielleicht.“, die Rothaarige schritt dicht an ihre schwarzhaarige Freundin heran und schenkte ihr ein aufmunterndes Lächeln, während sie ihr eine orange kleine Packung in die Hand drückte. Das schwarzhaarige Mädchen legte ihren meerblauen Blick auf das Papier. „Caramelbiscuit.“, schmunzelte die Rothaarige und setzte sich ebenfalls ins hohe Gras. Die Sonne war bereits dabei unter zu gehen und färbte alles in ein sachtes Rot.

„Ist das Meer nicht schön? Wie es im Licht der Sonne glänzt.“, sinnierte die Rothaarige, was ihr einen leichten Seitenblick ihrer Freundin bescherte, die sich gerade die Schokolade in den Mund schob.

Ihre beste Freundin war schon ein eigenartiger verträumter Mensch. Wann hatte sie das eigentlich abgelegt?

„Weißt du Ayume? Irgendwann kommt ein starker junger Pirat und nimmt uns mit. Weit weg von diesem schrecklichen Ort hinaus aufs Meer. Irgendwann sind wir frei.“, ihr Lächeln wurde immer breiter. Ayume zog eine Augenbraue in die Höhe.

„Gut, dass ‚Mutter‘ das nicht gehört hat.“, grummelte die Schwarzhaarige mürrisch. Sie wollte sich nicht ausmalen, welche Strafe sie beide erwarten würde.

„Du kannst nicht immer tun, was ‚Mutter‘ von dir verlangt! Willst du nicht frei sein? Willst du nicht ungebunden sein, tun und lassen, was du willst? Dich auf diesen verkackten Hügel stellen und brüllen: ICH BIN FREI!“ Ayume hatte sich verlegen die Hand vor die Augen geschlagen, als die Rothaarige ihre Worte in die Welt hinaus brüllte.

„Nabiki, bist du verrückt? Was ist, wenn ‚Mutter‘ das hört? Du wirst wieder eingesperrt!“, entkam es der Schwarzhaarigen, als sie ihre Freundin wieder zu sich ins Gras zog. Nabiki hingegen kicherte und winkte ab. Sie nahm das alles viel zu leichtfertig. Was machte sie nur so sicher, dass wir eines Tages frei sein würden? Aus unseren Zwängen gerissen? Ayume seufzte leise.

„Wir müssen los.“, bemerkte die Schwarzhaarige schlicht.

„Versprich mir eins, Ayume.“, hielt Nabiki die jüngere erneut auf. Die meerblauen Augen trafen direkt auf die moosgrünen ihrer Gegenüber. Was heckte Nabiki bloß wieder für Dummheiten aus?

„Was denn?“, kam es etwas forsch von Ayume zurück. Doch selbst das minderte das Lächeln der Rothaarigen nicht. „Wenn ich es nicht schaffe, dann musst du aufs Meer hinaus segeln und du musst eine der größten Piraten aller Zeiten werden, okay?“

„Du hast sie doch nicht mehr alle. Los komm jetzt.“, zischte die Schwarzhaarige und zog ihre störrische Freundin hinter sich her.

„Bitte, bitte versprich es mir.“, quängelte diese gekonnt.

„Lass das.“, fauchte Ayume.

„Yümchen, ich bitte dich von ganzem Herzen.“

„Ach von mir aus. Jetzt will ich nichts mehr davon hören.“, knurrte die Schwarzhaarige. Obwohl sie erst fünfzehn war hatte sie die Zeit hier auf Caterville, schnell erwachsen werden lassen. Sehr zum Leidwesen ihrer zwanzigjährigen Freundin Nabiki, die ihre Träume nicht aufgeben wollte.
 

Klatsch. „Du störrisches kleines Biest! Wenn ich sage, du sollst meine Gäste bedienen, dann meine ich damit nicht, dass du ihnen einen Krug über die Rübe ziehen sollst und sie somit verjagst.“, fauchte die kleine aufgebrachte Frau mit der blonden Lockenmähne. Ihre Augen sprühten wütende Funken, als sie Ayume an ihren Haaren auf Augenhöhe zog.

„Aber er hat mich angefasst.“, zwängte Ayume hervor. Sie würde sich lieber die Zunge abbeißen, als zuzugeben, dass es ihr weh tat.

„Dann lässt du dich gefälligst anfassen!“, knurrte die kleine rundliche Frau und schob das Mädchen unsanft von sich.

„Wir sprechen nachher über deine Bestrafung. Geh an die Arbeit!“, zeterte sie. Mit gesenktem Blick schritt Ayume aus dem Hinterzimmer, legte sich erneut die Schürze um und nahm dem traurig dreinblickenden Wirt das Tablett ab.

„Ayume… ich…“, begann der alte Mann, doch das Mädchen winkte ab, wischte sich mit dem Ärmel noch einmal über die brennende Wange, dann schritt sie tapfer weiter zwischen den Tischen umher und verteilte die Getränke. Jeden Tag dasselbe. Sie seufzte, als sie auf Nabikis düsteren Blick traf. „Was hat sie getan?“, flüsterte die Rothaarige, wobei man an der Rötung der Wange und dem lädierten Gesamtbild von Ayume schon darauf schließen konnte, dass sie soeben Prügel einstecken musste.

„Mach dich an die Arbeit. Ich komme schon zurecht.“, knurrte Ayume und senkte den Blick zu Boden. In ihr brodelte die bittere Wut. Wut auf sich selbst, auf ihre tolle ‚Mutter‘, auch auf Nabiki und alle anderen miesen Menschen in dieser verdammten Schenke.

„Weil du dich gewehrt hast? Das ist nicht fair!“, entkam es der Rothaarigen. Den beißenden mitleidigen Blick, den sie auf Ayume gerichtet hatte, spürte die Schwarzhaarige bis ins Knochenmark.
 

Ayume war schon immer sehr empathisch in ihrer Wahrnehmung gewesen. So merkte sie auch sofort, wenn ein Mensch gegenüber die Stimmung wechselte, sich verstellte, oder ein starkes Gefühl verspürte. Das war auch schon ihr einziger Vorteil, aus dem sie ihren Nutzen ziehen konnte. Allgemein war die Schwarzhaarige gegenüber ihrer Freundin sehr zierlich und schmal. Nicht mal besonders weiblich. Ihre meerblauen Augen verloren von Tag zu Tag mehr Glanz.
 

Nabiki hingegen war groß gewachsen, sehr weiblich gebaut und ihr Gesicht wirkte porzellanartig. Ihre Chancen standen bei weitem besser, dass sie eines Tages von einem Piraten mit aufs Meer hinaus genommen werden würde. Trotz ihrer kindlichen Art bewunderte Ayume die junge Frau für ihren starken Willen und ihren Ehrgeiz.
 

Eines aber, hatten beide Frauen gemeinsam. Sie kannten ihren Ursprung nicht. Beide wurden von ihrer ‚Mutter‘ Roberts Jane Nora auf einem Sklavenmarkt ersteigert, als sie noch sehr jung waren. Offiziell galten sie als Kinder der robusten und cholerischen Nora, doch in Wahrheit waren sie Sklaven, die in der ‚Roten Zora‘ für ihre Schulden hart arbeiten mussten. Die Schulden, die sie hatten, weil Nora einen stolzen Preis für die Kinder zahlen musste.
 

„Das Leben ist nicht fair. Jetzt geh wieder an die Arbeit, oder willst du, dass sie uns noch einmal bestraft?“ Ayume schob ihre Freundin unsanft fort. Der barsche Ton Nabiki gegenüber tat ihr unendlich Leid, doch die Schwarzhaarige wollte einfach nicht, dass ihre Freundin mehr, als nötig leiden musste.

Vergeltung

Ungewöhnlich ruhig war der Abend heute verlaufen, als sich Ayume bereits in ihrem Schlaflager ausbreitete und ihren Blick zur Zimmerdecke gleiten ließ. Noch immer spannte die Haut in ihrem Gesicht, wo sie die harten Schläge von ‚Mutter‘ getroffen hatten. Wo war eigentlich Nabiki? Sicherlich würde sie erneut versuchen mit einem Piraten auf ein Schiff zu gelangen und sich dann davon zu stehlen. So, wie es immer war. Jedes Mal griff Mutter sie am Hafen auf und zog sie an den Haaren mit nach Hause. Bittere Schreie drangen beinahe jeden Abend vom Keller zu mir hinauf, als sie ihre Strafe erhielt. Meist kam sie dann mit tränennassem Gesicht zu mir gekrochen. Doch heute war ‚Mutter‘ gar nicht erst losgezogen, um nach der störrischen Nabiki zu suchen. Viel mehr saß sie gemütlich in ihrem Wohnzimmer und rauchte eine Zigarre, während sie die Einnahmen des heutigen Abends durchrechnete. Ob das etwas Gutes zu bedeuten hatte?
 

Nach einer Weile wurde die Haustüre aufgerissen. Eine grelle Stimme schnitt durch den Flur. „Du bist das Allerletzte! Ich hoffe du verbrennst in der Hölle, du Monster!“ Alarmiert sprang Ayume auf. Das war Nabiki. Gerade, als das Mädchen ihre Zimmertüre öffnen wollte stand die Rothaarige schon vor ihr. Das Make-Up war verlaufen und das Gesicht schimmerte nass. Ihre gesunde Bleiche war einem Grauton gewichen, als sie keuchte und in Ayumes Arme fiel. Das wütende Trampeln verriet schon, dass ‚Mutter‘ diese Worte nicht auf sich sitzen lassen würde.

„Morgen erhältst du deine gerechte Strafe, du dreckiges Gör!“, brüllte die Frau vom unteren Stock. Eilig zog Ayume Nabiki in ihr Zimmer und verschloss die Türe.

„Was hast du dir dabei nur gedacht?“, zischte Ayume und zwang Nabiki sie direkt anzusehen. Der Glanz aus Nabikis Augen war einer Leere gewichen, die Ayume beinahe in sich aufsog. Was war nur geschehen?

„Nabiki? Sprich los. Was ist passiert?“, forderte die Schwarzhaarige sie auf, als sie schon zu Boden sank und bitterlich ihr Gesicht in ihren Händen verbarg. Das Schluchzen brach dem Mädchen beinahe das Herz. Ohne ein weiteres Wort legte sie die Arme um den bebenden Körper und hielt Nabiki schützend.

„Egal, egal was sie dir angetan hat. Ich werde es vergelten.“ Die bittere Wut brodelte erneut in dem jungen Mädchen hoch, als sie das Elend vor sich mit ansehen musste. Nabiki hatte dieses Leben nicht verdient. Sie liebte diese Frau, wie eine Schwester.

„Ich bin eine verdammte Hure, Ayume.“, wimmerte Nabiki. Vor Schreck weiteten sich die Augen der Schwarzhaarigen.

„Das bist du nicht, red‘ nicht so einen Blödsinn!“, forderte Ayume. Was meinte sie damit?

„Doch, das bin ich. Ich bin eine Hure. Sie hat mich verkauft und ich…“, Nabiki brach ab.

„Sie hat was?“, nun wurde Ayume laut und sprang auf. Ihre Hände ballten sich zu Fäusten und die Fingernägel gruben sich tief ins Fleisch.

„Yümchen, Yümchen. Bitte, bitte lass mich nicht alleine.“, keuchte Nabiki und hielt die rechte Faust ihrer Freundin fest, wobei sie verwundert aufblickte, als eine warme Flüssigkeit an ihrer Hand entlang lief.

„Du blutest. Ayume du blutest ja.“, entkam es ihr entsetzt, als nun sie ihrerseits das junge Mädchen an sich zog und fest umarmte.

„Ich bin eine schlechte große Schwester, nicht?“, flüsterte sie.

Erschrocken schüttelte Ayume den Kopf, wobei auch ihr die ersten Tränen in die Augen stiegen. Wie kam sie nur auf diesen Unsinn?

„Ich sollte dich beschützen und mich um dich kümmern, aber stattdessen bereite ich dir nur Kummer.“, hauchte die Rothaarige fein.

„So… ein dummes Geschwätz. Du bist der einzige Mensch, der sich überhaupt einen Dreck schert, wie es mir geht. Ich will sowas nie wieder aus deinem Mund hören, hörst du?“, tadelte die Schwarzhaarige. Noch immer brannte die Wut bitter in ihrem Bauch. Was ‚Mutter‘ gemacht hatte würde für Ayume nicht ungestraft bleiben. Nicht, wenn es dabei um ihre Schwester ging.

Mehr Bier!

Ein schwaches Lächeln, als Nabiki die Schänke betrat. Sie hatte es schon wieder gemacht. Sie versuchte über ihre eigene Abscheu von sich selbst hinweg zu täuschen, wollte Ayume keinen weiteren Kummer bereiten. Doch die Schwarzhaarige hatte das Maskeradentheater schon in der ersten Minute durchschaut.

„Mehr Bier!“, riss eine schneidende Stimme die Schwarzhaarige aus ihren Gedanken.

„Hier, der Herr.“, knurrte sie, als sie dem dicken schmuddeligen Piraten mit dem schwarzen Vollbart einen neuen Krug vor die Nase stellte.

Das Gesicht dieses Abschaums war Ayume natürlich bekannt. Immerhin verfolgte er ihre Wege stets mit seinem widerlichen Lächeln, herab, von seinem Steckbrief. Einer der Piratenkaiser. Black Beard. Doch warum sollte das Mädchen Angst vor ihm haben? Was war schlimmer, als das Leben hier? Schon lange hatte die junge Frau die Angst vor dem Tod abgelegt.

„Ganz schön bissig für dein Alter.“, knurrte der Piratenkaiser zurück. Wenn er sich mit ihr anlegen wollte, bitte. Das kam Ayume in ihrer Stimmung gerade recht. In dem Moment, als die Schwarzhaarige ihren stechenden Blick auf den Piraten vor ihr legte und zu einer satten Antwort ansetzte, packte Nabiki sie unsanft am Arm und zog sie mit einem Lächeln zu Black Beard fort.

„Du spielst mit deinem Leben, Ayume!“, zischte die Rothaarige, als sie außer Hörweite waren.

„Welchem Leben?“, konterte die Schwarzhaarige geschickt. In ihre Stimme war wieder die gewohnte Kälte eingekehrt. Nabiki senkte ihren traurigen Blick, als erneut eine schneidende Stimme durch den Schankraum hallte.

„Mehr Bier!“, Black Beard hatte seine Augen direkt auf Ayume gerichtet, die sich schon wütend auf die Lippe biss.

„Ich komme sofort.“, konterte Nabiki mit ihrem charmantesten und verführerischsten Lächeln.

„Nein.“, meinte Black Beard gelangweilt und ein böses Grinsen stahl sich auf sein Gesicht.

Nabiki zog ein unverständliches Gesicht, was von unserem Wirt nachgeahmt wurde. Alle Blicke waren auf den Piratenkaiser gerichtet, der sich lässig im Stuhl zurück gelehnt hatte und sein rechtes Bein nun ruppig auf die Kante des Tisches legte. In diesen Moment wirkte er, wie eine Schildkröte, die auf den Rücken gefallen war und nicht mehr hoch kam.

„Von dem schwarzhaarigen Gör.“, forderte er.

Nabiki blickte Ayume warnend an, die den Blick gesenkt hatte und gefährlich ruhig geworden war.

„Mach bitte keine Dummheiten.“, flehte die Rothaarige schon fast, als Ayume vorsichtig die ersten Schritte Richtung des Piraten machte.

„ICH BIN FREI!“, brüllte die Stimme Nabikis in Ayumes Kopf, als sie sich an den Tag auf dem Hügel erinnerte, als sie gemeinsam in den Sonnenuntergang geblickt hatten. Seit diesem Tag hatte sich alles verändert.

Das schelmische Grinsen des Piraten wurde mit jedem Schritt, den Ayume machte immer breiter und als sie direkt vor ihm stand, noch immer den Blick gesenkt, brummte er zufrieden.

„Ich mag es ein bisschen widerspenstiger.“, offensichtlicher konnte er sie nicht mehr provozieren. In Ayume kochte das Blut, als sie einen Bierkrug vom Tablett nahm und ihn kurz in der Hand wog.

„Du kannst nicht immer tun, was ‚Mutter‘ von dir verlangt!“, hallte es immer wieder in ihren Gehirnwindungen, als sie leichthändig den Krug schwang und das Bier direkt in die freche Visage des Piratenkaisers entlud. Bitteres Schweigen trat ein. Nabiki hatte sich entsetzt die Hände vor den Mund geschlagen, als Nora schon an ihr vorbei preschte.

„Du kleines mieses Drecksstück! Tochter einer Hündin!“, brüllte die kleine Frau, packte die Schwarzhaarige an den langen Haaren und bog sie gefährlich nach hinten zu sich runter. Kein Laut kam Ayume über die Lippen.

„Das wirst du mir bitter büßen.“, zischte die Blonde in das Ohr ihrer vermeintlichen Tochter.

Blitzschnell hatte Ayume ein kleines Taschenmesser gezückt und schnitt sich die Haare ab, um sich aus dem Griff zu befreien. Eilig wich sie zurück, bis sie mit dem Rücken an der Wand stand und richtete das Messer abwechselnd auf ihre ‚Mutter‘, dann auf Black Beard, der sich mittlerweile erhoben hatte. Der Alkohol tropfte von seiner Kleidung.

„Das war es mir wert.“, schnaubte die Schwarzhaarige.

Gerade wollte Nora erneut auf das unbeugsame Mädchen losgehen, da hielt Black Beard sie auf. Er schob sie zur Seite und bäumte sich selbst vor Ayume auf. Auch, wenn sie es nicht überleben würde. Sie bereute nichts. Unbarmherzig richtete Ayume das kleine Messer direkt auf das Herz des Kaisers vor sich. Ein böses Lächeln war auf seinen Zügen erschienen, als er sie am Arm packte und zu sich zog. Das Messer drang in seinen Brustkorb ein, doch es war zu kurz, um ihn wirklich schwer zu verletzen.

„Weißt du Nora, ich hab Gefallen an deinem keinen Wildfang gefunden.“, raunte er, was sofort die Courage aus Ayumes Glieder weichen ließ. Die Gegenwehr erstarb. Was hatte er eben gesagt?

„Was?“, keuchte die blonde Frau.

Black Beard schob seinen Zeigefinger unter das Kinn Ayumes und zwang sie, dass sie ihn direkt anblicken musste.

„Du weißt gar nicht, was für einen seltenen Schatz du hier, als Kellnerin beschäftigst. Überlass sie mir.“, forderte der großgewachsene Mann.

„Wenn es so ein Schatz ist, wie du behauptest, dann fordere ich einen Deal. Immerhin müssen ihre Schulden beglichen werden.“, zischte die Besitzerin der Schänke.

„Ich bin ganz Ohr.“, knurrte der Pirat. War Nora eigentlich klar, dass nun sie soeben mit ihrem Leben spielte?

„Heirate sie. Überlasse mir 20% deiner Reichtümer, dann kannst du sie haben.“

Kurz schien Black Beard zu überlegen, ehe sich erneut ein böses Grinsen auf seine Züge legte. Die Idee schien ihm sehr zu gefallen, also nickte er.

„Einverstanden.“

Nora wirkte mindestens so überrascht, wie es der halbe Schankraum war, als er ihr die Hand reichte, um den Pakt zu besiegeln.

„Dein Glück mein Vögelchen. Vorerst.“, zischte der Piratenkaiser in Ayumes Ohr, ehe er sie unsanft von sich schob, die Klinge aus seinem Brustkorb zog und in seinen Tisch rammte.

„Achja Nora. Sei nicht zu hart zu ihr. Ich mag keine fügsamen Frauen.“, damit wandte er sich der Szene ab. Ayume tat dasselbe, umging ihre ‚Mutter‘ packte sich ein neues Tablett und flüchtete ins andere Eck der Schänke. In was hatte sie sich da nur geritten?

Lass uns von hier verschwinden.

Langes Schweigen. Nabiki saß neben Ayume auf ihrem Bett und starrte auf ihre Hände, während sie versuchte einen Gesprächsanfang zu finden.

„Vielleicht… Vielleicht ist das ja deine Chance.“, murmelte die Rothaarige. Sie traute sich nicht ihren Blick zu Ayume gleiten zu lassen, die sich noch immer das Tuch unter die blutende Nase hielt. Tiefe Schrammen zogen sich über ihre Arme und über den kompletten Rücken, an dem der Bambusstock eingeschlagen hatte.

„Vielleicht kannst du so alles hier hinter dir lassen.“, versuchte es Nabiki erneut, als sich ihre Freundin noch immer nicht regte.

Ayume ballte eine Faust. Die einzige Bewegung, die ihr nicht weh tat.

„Ich werde dich nicht hier lassen. Und ich werde Black Beard nicht heiraten.“, konterte die Schwarzhaarige mit ruhiger Stimme.

„Ich möchte doch nur… dass du nicht so endest, wie ich, Ayume.“, flüsterte Nabiki traurig.

„Bist du denn bescheuert? Lieber sterbe ich hier mit dir, als dass ich einfach gehe und dich hier lasse. Kommt gar nicht in Frage, dass ich irgendeinen dahergelaufenen Piraten heirate.“, fauchte Ayume. Nun reichte es aber. Die Mitleidsnummer brachte die beiden Frauen nicht weiter. Es drehte sich seit Jahren schon im Kreis.

„Außerdem habe ich einen anderen Plan.“, nun wurde die Schwarzhaarige wieder ruhig. Nabiki horchte sofort auf und blickte abwartend zu ihrer Freundin, bis sie sich erklären würde.

„Heute Morgen ist ein Frachtschiff am Hafen angekommen. Sie laden hier Proviant auf. Wir schleichen uns morgen Nacht in die Fracht hinein und verschwinden von hier. Ich habe gehört sie legen übermorgen bei Sonnenaufgang wieder ab. Bis dahin wird uns niemand gefunden haben.“ Ayume hoffte innerlich auf den Tatendrang und den Ehrgeiz ihrer Freundin, der nicht lange auf sich warten ließ. Ihre Augen funkelten und sie nickte eilig, als sie eine Stimme zusammenfahren ließ.

„ Nabiki, du unzuverlässiges Stück Dreck, sieh zu, dass du zu deinen Termin kommst, bevor ich dir Beine mache.“

Ayume blickte Nabiki mit einem undeutbaren Blick an, als sich die Rothaarige schon mit gesenktem Kopf erhob. Das letzte Mal, Nabiki, das letzte Mal, schwor sich Ayume gedanklich, als ihre Freundin sie noch einmal umarmte und dann aus der Türe trat.

Das Warten schien unerträglich diese Nacht, was auch an dem bitteren Beigeschmack des schlechten Gefühls lag, das in Ayume herrschte. Sie wandte sich in ihrem Bett herum und fand einfach keinen Schlaf, während sie die Bilder aus ihrem Kopf schob. Was die arme Nabiki erleiden musste. Es machte Ayume wütend, beinahe rasend. Doch bald würde es ein Ende haben. Es würde ein ganz neues Leben beginnen, wenn sie nur zusammen von dieser verfluchten Insel fliehen konnten.
 

Im Morgengrauen wurde Ayume wach und blickte sich um. Keine Nabiki. Irgendwas war gehörig schief gegangen. Irgendwas stimmte nicht. Hatte sie etwa ihren Piraten gefunden, mit dem sie geflohen war? Würde ihre Freundin Ayume so im Stich lassen? Diese Frage beantwortete sich die junge Frau mit einem klaren nein. Eilig verließ die Schwarzhaarige ihr Zimmer, um nach dem Rechten zu sehen.

Shikigami der sieben Weltmeere

Feuerrote Blumen, feuerrot, weil ihre Haare immer so geleuchtet hatten, legte sie auf den kleinen sorgsam gestalteten Hügel, ehe sie sich erhob. Ihr Gesicht gab keine Regung von sich, als ihre Augen wieder über den eingeritzten Namen wanderten. Nabiki.

In jener Nacht wurde die junge Frau Opfer eines gewaltbereiten Weltaristokraten, der für ein paar Stunden bezahlte. Nabikis Preis hingegen war ihr Leben. Wieder drang das lachende Gesicht der jungen Rothaarigen in die Gedanken Ayumes ein. „ICH BIN FREI.“

Genau diesen Satz hatte Ayume vorsichtig auf einen kleinen Stein gravieren lassen und ihn an das windschiefe Kreuz gelehnt.

„Du bist jetzt frei, Nabiki.“, hauchte Ayume stumm, als sie sich abwandte, die Schürze bereits um ihre Hüfte schnürte und den kleinen Dolch sorgsam in den Bund ihres Rockes drapierte.

Eilig lief sie durch die verwinkelten Straßen des Ortes, der so viel Unheil über sie gebracht hatte. Ein Sturm aus Gefühlen tobte in dem Mädchen, doch ihr Gesicht ließ nichts davon erahnen.

Kühl und ruhig betrat sie die Bar, nahm sogleich ihre Arbeit auf, um sich wenigstens ein paar Stunden von ihrem Kummer abzulenken. Wieder einmal hatte sich Black Beard hier eingefunden und eine Feier schien in vollem Gange zu sein.

„Und er hat die Marineschiffe ganz alleine versenkt. Ein Hoch auf unseren Kapitän!“, brüllte einer dieser Schmierlappen und riss seinen Krug in die Höhe. Sofort stimmte die restliche Crew in seinen Siegesruf mit ein. Ayume räusperte sich leise und stellte sich hinter die Bar zum Wirt, der sie mit einem wissenden Seitenblick bedachte. Innerlich schmerzte es Ayume, dass diese ausgelassene Stimmung hier herrschte, kurz nachdem ihre Schwester ums Leben gekommen war. So, als fiele niemandem ihr Verlust auf. Tat es wohl auch nicht.

Dunkle Wolken begannen den Himmel zu verdunkeln, als schon der erste Blitz über die ‚Rote Zora‘ hinweg zuckte. Gefolgt von einem ohrenbetäubenden Donnern, woraufhin sich dicke Tropfen aus den Wolken lösten. Ein Sturm rüttelte am alten Holz der Schenke. Das war schon eher nach Ayumes Stimmung. Sie blickte einige Minuten stumm aus dem Fenster, als sie eine bekannte Stimme aus der Trance riss.
 

„Sag mal, wo bleibt mein Bier?“ Black Beards Blick war selbstverständlich auf seine Ayume gerichtet, die unwillkürlich sofort die Hände zu Fäusten ballte. Sie würde diesem ungewaschenen Penner noch zeigen, wo sein Bier bleiben würde. Die letzten drei Übergriffe, die Ayume versuchte, hatte er geschickt abgewehrt, doch sie hatte nichts zu verlieren. Wie gerufen kam Nora in den Schankraum und blickte von Black Beard direkt auf Ayume, die sich noch immer nicht bewegte.

Langsam verblasste die Stimmung und vielerlei Augenpaare waren auf die Schwarzhaarige gerichtet. Dieser stille Moment jedoch wurde unterbrochen, als die Türe mit einem Krachen aus den Angeln glitt. Es war, als würde sich die Raumtemperatur binnen weniger Sekunden auf eisige Minusgrade herunter kühlen, als aus dem Dunkel der Nacht eine kleine Männergruppe die Schänke betrat. Der riesenhafte Mann an der Front hatte mittellange schwarze Haare, die unter seinem riesenhaften ledernen Hut hervor spitzten. Die Krempe des Hutes schaffte es, dass sein Gesicht komplett im Dunkel lag. Er trug ein schlichtes weißes Hemd und eine schwarze Hose, beides war von einem langen ledernen Mantel fast vollständig verhüllt. Silberne Ornamente an Kragen und Ärmel verliehen diesem Mantel etwas Edles. Auf seinem Rücken prangerten zwei silbrige Katanas, die in einem Kreuz angeordnet waren. An seinem silbrigen Gürtel hing noch eine Pistole. Polierte schwarze Stiefel schlossen seinen Auftritt ab.

Selbst Black Beard erhob sich erschrocken von seinem Platz, als der Mann seinen Blick durch den Schankraum gleiten ließ. Ein bitteres Grinsen kam über die harten Züge des Fremden.

„Was zur Hölle…. Machst du hier?“, knurrte Black Beard, sich erinnernd, dass er hier der Piratenkaiser war.

„Wie unhöflich. Aber ich hatte nicht mit viel Gastfreundschaft gerechnet von einem ehrenlosen Menschen, wie dir, Black Beard.“, zischte seine Stimme durch den Raum. Es war so ruhig, man hätte eine Stecknadel fallen hören können. Es schien fast so, als hätten einige vor Angst zu atmen aufgehört.

Der große Mann kam gekonnt mit wenigen Schritten durch den Schankraum vor Black Beard zum Stehen. Das Entsetzen war dem Piratenkaiser ins Gesicht geschrieben und einen kleinen Augenblick genoss Ayume die Hilflosigkeit des widerlichen Piraten, ehe sie sich besann und eine emotionslose Maske aufsetzte. Derzeit war Nora auf den alten Wirt zugeschritten und blickte unglaubwürdig auf die Szene vor sich.

„Das… das ist der Shikigami der sieben Weltmeere. Der größte Märtyrer unserer Zeit.“, keuchte sie, sodass selbst Ayume es kaum verstand. Alleine der Name des Mannes vermochte es dem Mädchen einen Schauder den Rücken entlang zu jagen.

„Hast du bei unserer letzten Begegnung nicht etwas vergessen?“, wieder erklang die grausame Stimme des Mannes. Das Lächeln zierte noch immer seine Züge. Was war das nur für ein Mensch?

„Ich… ich wüsste nicht was.“, entgegnete Black Beard stotternd, als sich der Mann vor ihm zu voller Größe aufbäumte.

„Nein?“ Das Lächeln des Fremden war unbeirrt, als er seinen Blick durch den Raum gleiten ließ und kurz an der Schwarzhaarigen hängen blieb. Sie erstarrte sofort und hielt die Luft an. Noch nie hatte sie so eine Ehrfurcht in sich gespürt. Es war, als bettle die Ausstrahlung dieses Mannes förmlich darum, mit Respekt behandelt zu werden.

„Oh… OH! Du redest von deiner Bezahlung. Deine Bezahlung. Ja. Ja! Nimm dir, was immer du möchtest.“, johlte Black Beard gehetzt und wich einen Schritt zurück, wobei er unsanft gegen seinen Tisch rumpelte. Einige Bierkrüge verloren den Halt und fielen um, doch niemand beachtete, wie der Alkohol sich über den gesamten Tisch verteilte und langsam zu Boden tropfte.

„Was immer ich möchte?“, knurrte der fremde Pirat, der seinem Gegenüber jegliche Gesichtsfarbe verlieren ließ.

Es war kein Verlust Black Beard zu verlieren, aber was würde der finstere Mann mit dem Rest anstellen? Immerhin hatten sie ihn gesehen, wo er doch sein Gesicht stets verborgen hielt. Es würde auch nicht schaden, wenn er diese Insel komplett ihres Abschaums entledigen würde, bedachte Ayume.

Blitzschnell hatte der Shikigami eine pechschwarze Klinge aus seinem Ärmel gezückt und hielt sie dem rundlichen Piraten an die Kehle.

„Was immer ich möchte?“, wiederholte er gezielt.

„Was… was immer du… du möchtest.“, keuchte Black Beard verzweifelt.

„Ich fordere sämtliches Gold, was du auf dieser Insel lagerst. Bis auf den letzten Groschen.“, murrte der dunkle Mann, der mit seinem Gesicht nahe an das Black Beards gerückt war.

„Alles. Du kannst alles haben.“, stammelte der dicke Pirat und ihm stand der blanke Angstschweiß auf der Stirn.

Amüsiert wandte sich der Shikigami seinen Begleitern zu.

„Ihr habt es gehört. Nehmt euch alles, was ihr finden könnt.“, befahl er schlicht, dann schritt er betont lässig auf die Bar zu. Er zog einen Hocker zu sich und ließ sich darauf nieder, seinen Kopf hatte er auf seine rechte Faust gestützt und mit der Linken kramte er in seiner Manteltasche. Geschickt zog er eine Zigarre hervor und zündete diese mit einem Streichholz an.

Der dichte Rauch schlug Ayume direkt ins Gesicht, doch sie konnte sich nicht bewegen, äußern, oder sonstige Geräusche von sich geben. Sie war wie gebannt von dem Mann, der vor ihr an der Bar saß. „Steh‘ nicht so dumm herum und reich unserem Ehrengast etwas zu trinken.“, fauchte Nora, packte Ayume unsanft an den Haaren und schubste sie zum Rumregal. Taumelnd mit gesenktem Blick kam die Schwarzhaarige rechtzeitig zum Stehen, griff nach der teuersten Flasche und …

warf sie auf den Boden.

„Der ging aufs Haus.“, knurrte sie.

Entsetzt schnappte die Blonde nach Luft, als sie erneut dazu ansetzten wollte die Schwarzhaarige zur Rechenschaft zu ziehen. Da polterte die zweite Rumflasche zu Boden.

„Der ging auf Nora.“, nun zeichnete sich ein leises Lächeln auf den Zügen Ayumes ab.
 

„Du kannst nicht immer tun, was ‚Mutter‘ von dir verlangt! Willst du nicht frei sein? Willst du nicht ungebunden sein, tun und lassen, was du willst? Dich auf diesen verkackten Hügel stellen und brüllen: ICH BIN FREI!“
 

Nora packte Ayume am Hals und zwang sie in die Knie.

„Du ekelhaftes undankbares Drecksstück. Was denkst du machst du hier? Denkst du ich lasse so eine Schmach auf mir sitzen? Ich werde dir eine scheiß Sturheit aus deinem dummen Kopf prügeln, dann kannst du deiner widerlichen Schwester gleich Gesellschaft leisten!“, brüllte die cholerische Frau ungehalten, ehe der Griff um Ayumes Kehle sich lockerte.

Keuchend blickte das Mädchen hoch und erkannte die Starre, in die Nora gefallen war. Eine der rasiermesserscharfen Klingen des Shikigamis lag an ihrer Kehle. Er war dazu nicht einmal aufgestanden, noch hatte er seine Zigarre zur Seite gelegt.

„Es gibt zwei Dinge, die ich nicht leiden kann.“, hallte seine raue Stimme von den Wänden wieder. Noch immer konnte sich Nora nicht bewegen, doch Ayume rappelte sich hoch und wich derzeit einige Schritte zurück.

„Erstens… entscheide ich selbst, wann und was ich trinken möchte.“, knurrte er dunkel. Hastig keuchte die Besitzerin der Schänke und die blanke Angst stand ihr ins Gesicht geschrieben.

„Zweitens verprügelt man vor meinen Augen kein Kind.“, schloss er ab. Noch immer hatte er seinen Blick nicht gehoben, doch der gefährliche Unterton ließ verlauten, dass er zu allem bereit war.

„Sie… sie ist mein Kind.“, stotterte Nora entschuldigend, doch die Klinge wurde nicht von ihrem Hals genommen.

„Zum Glück bin ich nicht dein Kind.“, gab Ayume leise von sich. Nun hob der Shikigami seinen Blick doch und legte ihn genau auf das Mädchen, welches zusammengekauert am Weinregal stand und keuchte. Seine rot glühenden Augen durchdrangen Ayume fast. Es war ihr, als würde er tief in sie blicken können, ihre Gedanken aus ihr saugen. Schnell wandte sie als erste ihre meerblauen Seelenspiegel von seinem Blick.

Möchtest du einen Luftballon?

Ein Pfiff ließ alle zusammenfahren, als ein bulliger Mann den Raum betrat. Auf seiner Brust hatte er einen fletschenden Wolf mit roten Augen tätowiert und in seine kurzen Haare war ein rotes Tuch gebunden.

„Shachi. Ich habe es mir anders überlegt. Wir verlangen Gebühren, dass wir extra hierher kommen mussten.“, raunte der dunkle Piratencaptain. Sein Crewmitglied nickte verständlich und seine Augen zogen sich zu kleinen Schlitzen zusammen.

„Euer Befehl, mein Käp’n?“, grunzte der Smutje voller Vorfreude.

„Das Mädchen kommt mit. Tötet die Frau und brennt diesen widerlichen Laden ab.“, damit schob er grazil seine mächtige Klinge in die Scheide am Rücken zurück und wandte sich von der Bar ab.

Black Beard hatte zwischenzeitlich schon die Gunst der Stunde genutzt und war geflohen.

Gerade, als der bullige Shachi auf Nora zuschritt, die wimmernd auf den Boden zusammen gesackt war, trat Ayume vor den Smutje. Er hätte kein Problem damit gehabt, das Gör einfach auf seine Schulter zu werfen, die alte Frau zu erschießen und zurück zum Schiff zu gehen, doch irgendetwas sagte ihm, dass diese Szene noch spannend werden konnte. Also hielt er inne und nahm die Funktion des Beobachters ein.

„A… Ayume.“, die Stimme der Blonden zitterte, als sie sich vor ihrer Tochter aufbäumte.

„Wa… wage es ja nicht, dass du dich gegen mich wendest.“, fand sie schnell ihre alte Courage wieder.

Wieder schmunzelte das junge Mädchen.

„Du bist nicht mehr in der Position mir Befehle zu erteilen.“, damit zog Ayume blitzartig ihren Dolch und rammte ihn in die Brust ihrer ‚Mutter‘. Wie lange hatte sie auf diesen Augenblick gewartet. Noch als die alte Frau in sich zusammenfiel meinte Ayume kühl:

„Das war der erste Gegenschlag für Nabiki.“

So schnell konnte die Schwarzhaarige nicht reagieren, wie Shachi sie an der Hüfte packte und sich gekonnt über die Schulter warf.

„Dann lass uns mal diesen verdammten Laden anzünden und hoffen, dass noch ein paar Schlappschwänze in ihrem Rausch niederbrennen.“, grunzte Shachi vor der ‚Roten Zora‘ und holte tief Luft. Irgendwas begann ganz furchtbar nach Verbranntem zu riechen, als Ayume schon bemerkte, woher es kam und warum der Smutje vermutlich keinen Bart trug.

Es ergoss sich ein endlos heißer Feueratem auf das alte Holz der Zora, die sofort Feuer fing und langsam begann abzubrennen.

„Dann lass uns mal gehen, Schätzchen.“ Noch immer hatte es Ayume die Sprache verschlagen. Was würde nun aus ihr werden? War sie jetzt frei?
 

Flashback:
 

„Hallo meine Kleine.“, drang eine tiefe Stimme an die Ohren des kleinen schwarzhaarigen Mädchens. Sie saß zusammengekauert auf dem regennassen Asphalt und blickte trüb vor sich her. Sie reagierte nicht auf den Mann, der sich ihr genähert hatte. Erst, als er sich zu ihr hinab beugte und sein Gesicht direkt in ihr Blickfeld drang, erwachte sie aus ihrer Trance.

„Möchtest du einen Luftballon?“, der alte Mann reichte ihr eine seiner Schnüre und am Ende befand sich ein fliegender, mit Helium gefüllter, blauer Ballon.

„Hab kein Geld.“, bemerkte das Kind schlicht und wollte die Schnur zurück geben, als der alte Mann abwinkte. Er rückte seine Halbmondbrille auf der Nase zurecht, ehe er wieder seinen freundlichen Blick auf das kleine Mädchen legte.

Sie war übersät mit blauen Flecken und kleineren Blessuren und ihr braunes Kleid war zerrissen und verschmutzt.

„Wo sind denn deine Eltern?“, fragte der Mann nach einigem Schweigen, als er sich auf der leer gefegten Straße umsah.

„Tot.“, knurrte Ayume.

Das warf den alten Mann kurz aus der Bahn, deshalb besah er das junge Ding noch einmal. Sie musste vielleicht sechs Jahre alt sein.

„Wo wohnst du denn?“, fragte er, unsicher, ob er das wissen wollte.

„Hier.“, gab sie zurück.

Der Mann blickte traurig in die Ferne, als sie sich leicht räusperte.

„Wo sind denn ihre Eltern?“, fragte sie und legte ihren durch dringlichen Blick direkt auf den alten Menschen. Betont höflich wartete sie, bis er antworten würde.

„Auch tot.“, meinte dieser schlicht, woraufhin sich das Kind ein sachtes Lächeln abrang.

„Eltern sind nun mal nicht unsterblich.“, verkündete sie.

Der alte Mann nickte. Sie schien relativ sachlich mit der Geschichte umzugehen, für ihr junges Alter.

„Woher hast du die Verletzungen?“, wollte der Alte nun wissen.

Ein leiser Seufzer kam dem Kind über die Lippen, als sie kurz die Augen schloss.

„Hab mit dem Küchenchef gerauft.“, gab sie nach einer Weile zu. „Aber ich bin nicht böse, er ist böse. Er wirft die Sachen lieber weg.“

„Soll ich dir mal eine Geschichte erzählen?“, hinterfragte der alte Mann und traf auf den fragenden Blick des jungen Mädchens.

„Wieso?“, wollte sie wissen. Sie hatte schon genug Geschichten gehört.

„Weil ich wissen will, ob du sie für gut, oder böse hältst?“, verriet ihr der alte Mann lächelnd, woraufhin das Mädchen stumm nickte.

„Der Shikigami der sieben Weltmeere ist ein Kapitän,

ein Märtyrer, dessen Gesicht sich hinter einen Schleier aus Nebel versteckt. Niemand kennt seinen Namen, niemand weiß wohin er entschwindet, doch seine Macht ist bis über die entfernteste Insel bekannt.

Er steuert ein pechschwarzes Schiff, welches lautlos und heimlich über das Gewässer gleitet.

Ein Sturm und starker Regen sind Vorboten, ehe sich das Wasser schwarz färbt und es sein Gesicht aus dem Nebel schiebt.

Ein riesenhafter Schlund eines Wolfes, dessen rote Augen das Ziel fixieren, ist das Symbol, woran man die Thyr erkennt.

Der Shikigami obliegt nicht dem Gesetz, noch der Piraterie, denn er steht auf der Seite, die ihm am Meisten zahlt. Hinter diesem großen Mann steht seine geisterhafte Crew, die obgleich ihr Kapitän der gesuchteste Mann der gesamten Meere ist, treu an seiner Seite verweilt.

Man sagt es handelt sich dabei um einen Fluch, der sie an das Schiff bindet und gleichzeitig unsterblich macht.“

Ayume schmunzelte leicht, als sich in ihrem Kopf ein Film abspielte, wie die Thyr über das Meer segelte. Frei waren die Männer auf ihrem Deck. Frei und ungezwungen.

„Eine Billionen dreihundertachtzigtausend Berry sind auf seinen Kopf ausgesetzt und jeder Kopfgeldjäger, der etwas von sich hält, ist hinter ihm her, doch niemand, der die Thyr jemals sah, hat dies überlebt. Sie verschwindet jedes Mal in einer dichten Wand aus Nebel.“, schloss der alte Mann nun seine Geschichte und blickte wieder in das erhellte Gesicht des Mädchens.

„Gut.“, gab sie zu.

„Wie kommst du darauf?“, hinterfragte der Alte neugierig.

„Ich bin arm. Wenn ein großer Junge zu mir kommen würde, würde mir ein paar Berry in die Hand drücken und sagen, dass ich dafür einen Apfel aus einem Garten klauen soll, bin ich dann böse?“, stellte das Kind die Gegenfrage.

„Nein, der Junge ist der Böse.“, meinte der Alte daraufhin.

„Dann ist der Shikigami auch nicht böse.“, bestätigte sie ihre Aussage von vorher, was den Mann überrascht aufblicken ließ und gleich darauf begann erfreut zu nicken.

„Hat mich gefreut mit dir zu sprechen, Kleine.“, befand der Mann, erhob sich und klopfte sich den Dreck von der Hose.

„Vielen Dank für den Ballon.“, gab das Kind zurück.

„Darf ich noch eine letzte Frage stellen?“, der alte Mann hatte ihr zwar schon den Rücken zugewandt, jedoch hielt er inne.

„Ayume. Mein Name ist Ayume.“, gab sie preis. Er schmunzelte. Hatte er es sich doch gedacht. Empathie.
 

Ende.

Aye Käp'n!

„Einmal eine heiße Schokolade für Lady Unbarmherzig.“, trällerte der Smutje, als er der verdutzten Ayume eine dampfende Tasse vor die Nase stellte.

Sie fühlte sich beobachtet, von skeptischen Blicken umringt, inmitten der Kombüse, umgeben von der seltsamen Crew des Shikigamis, der selbst nicht anwesend war. Das erste Mal, dass das junge Mädchen ihren Mut verlor und den Blick gesenkt hielt, um weitestgehend Schwierigkeiten aus dem Weg zu gehen.

Ohne zu hinterfragen ließ sich der bullige Mann gegenüber der jungen Schwarzhaarigen auf die Bank fallen und streckte sich genüsslich.

„Wie alt biste denn?“, hakte er nach, vielleicht auch mit dem Hintergedanken sie ein wenig aus der Reserve zu locken. Immerhin war sie nicht dieses Unschuldslamm, welches sie vorgab zu sein. Immerhin hatte sie gerade ihre Mutter erstochen, soweit er das Szenario miterlebt hatte.

„Fünfzehn.“, gestand Ayume nach einer Weile. Sie fühlte, dass von dem Mann keine Bedrohung ausging, noch nicht.

„Mit fünfzehn schon so viel Biss? Wie soll’n das erst werden, wenn de volljährig bist.“, sein raues Lachen hallte eine Weile in der stillen Kombüse hinterher, als er sich zu dem Rest der Mannschaft umwandte.

„Hört auf so böse zu gucken, ihr macht dem Mädl ja Angst.“, mit diesem Satz hatte er sich zu weit nach hinten gelehnt und fiel rücklings von der Bank. Ayume schoss in die Höhe und beugte sich über den Tisch, als ihr schallendes Gelächter entgegen geschleudert wurde. Es breitete sich im gesamten Raum aus und plötzlich war die Stimmung gekippt. Alles schien wieder unter Kontrolle, nur der Smutje rappelte sich fluchend hoch, wobei er bei dem besorgten Blick des jungen Mädchens ebenfalls einen lauten Lacher losließ.

„Wenn de weiter so guckst, dann haste mit dreißig ein Faltengesicht.“, schmunzelte er, als er wieder gegenüber von der Schwarzhaarigen Platz nahm.

„Entschuldigung, Herr Shachi.“, murmelte sie und senkte erneut den Blick.

Na was? Das war ja ein ganz neues Bild der jungen Lady. Eben noch die eiskalte Killerin, jetzt das kleine Mädchen von nebenan. Schien eine interessante Persönlichkeit zu sein, die der Captain da mit sich genommen hatte. Übrigens Captain… Wo steckte der Mistkerl eigentlich?

Der Smutje wandte den Blick suchend im Raum umher.

„Er ist auf dem Weg hierher.“, murmelte Ayume erneut, was den Smutje unwillkürlich zusammenfahren ließ. Wie hatte sie das gemacht? Teufelskräfte? Vielleicht die Psy-Frucht, aber war das möglich? Nein, wohl kaum. Spürte sie die Aura des Captains?

Um seinen verletzlichen Moment zu überspielen beugte er sich über den Tisch und kniff ein Auge zusammen, während er das andere musternd auf das Gesicht der Jugendlichen legte.

„Ich weiß selbst, dass er unterwegs ist. Und lass den Quatsch mit ‚Herr‘. Wir sind ein Rudel blutrünstiger Piraten.“, murrte er.

Wieder seiner Erwartungen schmunzelte das Mädchen vor ihm. Vermutlich hatte sie ihn durchschaut, war auch nicht weiter tragisch. Irgendwie mochte er sie ja, auch wenn es noch sehr unschlüssig war, was der Captain mit ihr vorhatte. Schließlich war er nicht für seine Gastfreundschaft bekannt. Was ihn wohl dazu wieder geritten hatte?

Ayume erschauderte, als sich die Zimmertemperatur herunter kühlte. Er war hier.

Geradewegs schritt der groß gewachsene Captain in die Kombüse und ließ seinen Blick schweifen. Wo waren denn seine roten Augen abgeblieben?

Sie rückte unruhig auf ihrem Platz herum, was auch dem Smutje nicht entgangen war. Er lächelte in sich hinein. Ja, vor seinem Captain konnte man schon Angst haben. Ordentlicher Respekt vor Menschen, die einem bei weitem überlegen waren, hatte auch noch niemandem geschadet.

Mit zielstrebigen Schritten durchquerte der Mann die Kombüse und lehnte sich an den kleinen Tresen. Dort entzündete er sich erst einmal eine Zigarre, ehe er seinen Blick wieder über die Mannschaft gleiten ließ. Alle Blicke waren gespannt auf ihn gelegt, als er seinen Hut tiefer ins Gesicht zog und ein breites Grinsen seine Züge umspielte. Kurz wirkte er weniger gefährlich, auch wenn seine Aura das genaue Gegenteil verkündete.

„Dann lasst uns feiern, dass wir dieses Aas abgezockt haben.“, hallte seine Stimme durch die stille Halle, woraufhin die Crew freudig die Fäuste in die Luft warf und laut klirrend die Krüge aneinander schlug.

Ayume fühlte sich seltsam inmitten der feiernden Männer, denn vor kurzem war sie noch davon ausgegangen, dass es sich um eine blutrünstige verfluchte Crew handelte und nun? Es waren Männer, wie überall anders auch. Sie feierten, lachten ausgiebig und boxten sich gelegentlich auf die Nase. Letzteres schien dann doch eher in die Barbarenschiene zu laufen.

Plötzlich die alt bekannte eisige Aura hinter ihr. Sie brauchte sich nicht umzudrehen, um zu wissen,

dass der Shikigami direkt hinter ihr stand.

„Wie ist dein Name?“, seine raue Stimme drang an ihre Ohren. Sie konnte sich einen Schauder nicht verkneifen. Sollte sie? Sollte sie nicht? Was würde geschehen, wenn sie sich weigerte ihren Namen Preis zu geben? Hatte sie überhaupt den Mut dazu?

„A… Ayume.“, entkam es ihr. Alleine seine bloße Gegenwart brachte das Mädchen zum Straucheln.

Seine Macht umgab ihn, wie eine Dunstglocke. Er schien dadurch unangreifbar zu sein.

Nun setzte er sich breitbeinig neben die Schwarzhaarige auf die Bank, hielt den Kopf in seinen Sakekrug gesenkt und tippte leicht mit dem rechten Bein zu einer imaginären Melodie.

„Wie noch?“, kam es nach einer Weile.

„Das… das weiß ich nicht, Sir.“, gab das Mädchen zu verstehen. Verdammt sie hatte dieses Höflichkeitsdings wieder getan. Jedoch grinste der Shikigami.

„Sir.“, raunte er. Was erneut einen Schauder über den Rücken der Schwarzhaarigen jagte.

„Käp’n, Sir Shikigami der sieben Weltmeere.“, gackerte Shachi los und hielt sich den Bauch, während sich eine einzelne Lachträne aus seinem Auge löste.

Wieder grinste der Captain, ehe er seinen Blick Ayume zuwandte.

„Solange du auf meinem Schiff bist, heißt das Käp’n, verstanden?“, in seiner Stimme war ein Unterton zu vernehmen, der keine Widerrede zuließ.

Hastig nickte Ayume und senkte wieder den Blick in ihre mittlerweile leere Tasse.

„Shachi?“, betont ruhig wandte sich der groß gewachsene Mann an den Smutje.

„Käp’n?“, hinterfragte der bullige Mann, auf alles gefasst.

„Warum ist die Tasse der jungen Dame leer?“, schmunzelte der Shikigami, woraufhin Ayume zusammenzuckte.

„Aye Käp’n.“, grummelte der gelassene Koch und erhob sich.

„Ayume?“, ihren Namen aus seinem Mund machte sie nervös.

„Ja, Captain?“, forschte die junge Schwarzhaarige, wobei sie selbst erstaunt war, wie ruhig ihre Stimme doch noch immer klang. Dennoch hob sie den Blick nicht von der Tischplatte, wo zuvor noch ihre Tasse gestanden hatte.

„Sieh mich an.“, forderte der Shikigami.

Was? Aber warum? Sie erinnerte sich an den Moment, als der Shikigami sie in der Schänke mit seinem Blick beinahe durchdrungen hätte. Sie spürte wieder das Gefühl der Angst in sich aufkeimen, als er ungeduldig seine Hand unter ihr Kinn schob und ihr Gesicht in seine Richtung wandte.

Skeptisch musterte er jeden ihrer Züge, ihre Haare und blieb an ihren Augen hängen. Nervös blinzelte sie ihm entgegen, warum konnte sie aus ihm nicht lesen? Er war verschlossen, wie ein Buch mit sieben Siegeln.

„Eindeutig.“, beschloss er, entließ das Mädchen wieder aus seinem Griff, ehe er die Tasse skeptisch entgegen nahm und einen Blick hinein warf. Eindeutig?

„Was soll das sein?“, befragte er den Smutje.

„Einen Kakao für die Minderjährigen.“, grinste Shachi, was der Shikigami mit einem seltsamen Blick konterte. Warum wusste der Smutje eigentlich schon wieder viel mehr über die Menschen, die der Kapitän, und zwar er selbst, auf sein Schiff brachte?

„Woher kommst du Ayume?“, dann musste er eben selbst auf die Informationen kommen, die er haben wollte.

„Von der Insel?“, gab Ayume fragend zurück.

„Nein. Woher wirklich.“, knurrte der Shikigami. Wieso musste er dem Mädchen auch wirklich alles aus der Nase ziehen.

„Das weiß ich nicht.“, gab sie geknickt zu.

Herrgott, war denn das zu glauben. Alles, was ihn ein Stück weiter bringen konnte, das wusste sie nicht. Ein Wunder, dass sie wusste, wie sie hieß.

Genervt stemmte der Captain seinen Kopf auf die rechte Hand.

„Okay einfacher.“, schnaubte der Shikigami. Dabei zuckte das Mädchen wieder zusammen. Hatte er ihr etwa einen Grund gegeben Angst vor ihm zu haben?

„Was weißt du von dir?“, begann er sich anders zu orientieren. Irgendwas musste es doch geben, was ihn schlauer aus ihr werden ließ.

Sie schwieg, ihre Augen hatten einen leeren Ausdruck angenommen. Der Shikigami wurde aus diesem Mädchen nicht schlau. Der taffe Eindruck, den sie in der Schänke erweckte hatte, war wie abgefallen, stattdessen saß nun das wirklich minderjährige Mädchen vor ihm.

Noch immer grübelnd, wie er sie zum Reden bewegen konnte, nahm er einen Schluck aus seinem Sakekrug.

Mit einem lauten Poltern flog die Türe der Kombüse auf. Alle Blicke wandten sich zu dem Störenfried herum, sogar Ayume war aus ihrer Starre gefahren und legte ihren Blick auf den Neuankömmling. Zunächst wirkte sie etwas überrascht, doch sogleich zog sie wieder ihre emotionslose Maske auf. Sie hatte diese Spielerei wirklich perfektioniert, doch irgendwann würde sie dieses Kinderspiel aufgeben müssen.

„Was fällt euch eigentlich ein, so einen Höllenlärm zu veranstalten?“, knurrte die junge blondhaarige Frau, die ihre dunklen Augen feindlich funkelnd durch den Raum gleiten ließ.

„Ohne mich.“, nun grinste die Frau breit und trat herein, woraufhin erleichtertes Lachen durch die Mannschaft ging.

„Darf ich vorstellen. Miss Rouge. Unsere Schiffsärztin.“, schmunzelte der Smutje, was von seinem Captain nur mit einem Seitenblick bedacht wurde.

Rouge hielt mitten in ihrer Bewegung inne, als sie Ayume zwischen den ganzen Männern erblickte. Behände zog sie einem ihrer Kameraden den Bierkrug aus der Hand und kam direkt an den Tisch ihres Captains getreten.

„Ich bemitleide dich jetzt schon. Alleine auf einem Schiff voller Barbaren.“, wandte sich die Frau direkt an Ayume, der die Zunge im Hals stecken geblieben war. Vielleicht war es auch einfach besser nichts zu sagen.

„Ist doch sehr erfrischend endlich eine Frau an Board zu haben.“, bemerkte der Shikigami schlicht, woraufhin die Ärztin ihm einen bösen Blick schenkte.

„Was soll das heißen, Käp’n?“, grummelte sie, worauf Shachi kaum noch an sich halten konnte.

„Er meinte sicher, dass deine Prügel männlicher sind, als die von anderen Crewmitgliedern.“, feixte der Smutje und bekam prompt einen Schlag von Rouge auf den Hinterkopf.

„Das behalte ich im Hinterkopf, falls du mal wieder vor meinem Behandlungszimmer stehst, teuerster Shachi.“, grinste sie unschuldig. Der Smutje rieb sich immer noch schmerzlich den Hinterkopf.

Seufzend rieb sich der Shikigami den Nasenrücken und griff sich an den Kopf. Ayumes Augen zuckten zwischen den Dreien hin und her, bis sich plötzlich ihre Sicht verdunkelte. Erschrocken zuckte sie zusammen und befühlte ihren Kopf, auf dem nun der riesenhafte Hut des Shikigamis saß. Verdammt, sie sah sein Gesicht nicht. Sollte sie sich trauen und den Hut einfach abnehmen? Hatte er das gemacht, weil er nicht wollte, dass sie ihn sah? Vorsichtig strich sie mit den Fingerspitzen über die vordere Hutkrempe, wobei der Kopfschmuck ein Stück hoch rutschte.

„Hör zu Ayume.“, drang die raue Stimme des Captains an ihre Ohren, woraufhin sie den Hut sofort wieder über ihre Augen rutschen ließ.

„J… Ja?“, hinterfragte sie geschwind. Welch erbärmlichen Eindruck sie wohl machen musste?

Wieder ein Seufzen seitens des Shikigamis, ehe er ihre Sicht befreite und seinen Hut abnahm und ihn vor sich auf den Tisch legte.

Kurz wusste sie nicht, ob sie sich trauen sollte ihn anzusehen. Die Geschichten von früher kamen ihr wieder in den Sinn. Was war, wenn er sie dann einfach töten würde? Sie hatte Nabiki versprochen einer der größten Piraten zu werden. Sie befand es sicherer auf die Tischplatte zu starren.

Der Shikigami verdrehte die Augen. Was hatte sie denn jetzt wieder? Er räusperte sich lautstark, doch sie kam nicht mal auf die Idee ihren Blick zu heben.

„SIEH MICH GEFÄLLIGST AN, WENN ICH MIT DIR SPRECHE, UND DAS IST EIN BEFEHL.“

Aufgescheucht hob sie den Kopf an und blickte schüchtern direkt in das Gesicht des Shikigamis. Er war höchstens fünfundzwanzig Jahre alt. Seine schwarzen Haare reichten bis zu seinen Schultern und wirkten durch den Hut am Ansatz leicht zerzaust. Er hatte scharfe Gesichtszüge, die am Kinn von einem Bart untermalt wurden. Seine Augen waren in einem unergründlichen dunklen Blau. Woher kam dieser rote glühende Blick, den er noch in der Schänke gehabt hatte?

Ayume stockte kurz, bis sie bemerkte, dass sie ihn wohl anstarren musste, denn sowohl der Smutje, als auch die Ärztin begannen leise zu kichern.

„Verzeihung.“, murmelte das Mädchen.

Wieder rieb sich der Shikigami über den Nasenrücken und seufzte gequält.

„Ayume. Ich lass dich auf der nächsten Insel absetzen.“, begann der Captain zu sprechen.

„Aber… aber ich weiß doch gar nicht, was ich mit mir anfangen soll. Was soll aus mir werden? Kann ich nicht hier bleiben?“, haspelte Ayume. In ihrem Kopf kreisten die Gedanken. Was sollte sie machen, wenn Black Beard sie finden würde? Sie konnte sich doch nicht einmal wehren.

„Ich habe keine Verwendung für ein kleines Mädchen, Ayume.“, knurrte der Shikigami. Es klang so endgültig. Ayume wollte gerade zu einer Erwiderung ansetzen, als ihr die Ärztin beruhigend eine Hand auf die Schulter legte.

„Wenn du es schaffst ganze fünf Minuten in einem Kampf mit mir durchzuhalten, dann werde ich dich in meine Crew aufnehmen.“, der Shikigami hatte sich etwas zurückgelehnt und die Augen geschlossen, als er den Sake in seine Kehle leerte.

Nun war es an dem Mädchen zu seufzen. Sie hatte keine andere Wahl. Sie musste wohl gehen. Sie hatte keine Chance auch nur im Ansatz eine einzelne Minute gegen den gefürchteten Piraten zu bestehen.

„Achja, solltest du jemanden verraten, wie ich aussehe, dann werde ich dich selbstredend aufsuchen und töten.“, entkam es seinen Lippen. Die Kälte, die Ayume mit diesen Worten entgegen schlug, war kaum zu ertragen. Sie nickte steif. Sie hatte ihren Entschluss längst gefasst. Sie wollte Mitglied dieser Crew werden, auch wenn sie dafür durch die Hölle gehen müsste.

„Und jetzt leg dich hin, hier ist es bald kein guter Ort mehr für ein kleines Mädchen.“, sein Ton ließ keine Widerrede zu, als erhob sich das Mädchen und blickte sich verunsichert um.

„Ich begleite sie.“, gab Rouge von sich, stellte ihren Bierkrug ab und führte das junge Mädchen aus der Kombüse direkt in den langen Flur mit den einzelnen Kojen.

„Er will mich nicht dabei haben, richtig?“, hinterfragte Ayume sofort, als sie durch den langen kahlen Flur schritten.

„Du bist einfach zu jung, Liebes.“, bemerkte die Ärztin schlicht, sah ihre Begleitung jedoch nicht an.

„Wenn ich stärker wäre…“, hauchte Ayume, sich wieder ins Gedächtnis rufend, was dann alles nicht geschehen wäre.

„Auch dann wärst du zu jung.“, gab ihr die Frau zur Antwort.

„Aber…“

„Du musst verstehen, einem Käp’n, egal wie verrucht sein Name scheint, ist seine Crew am Wertvollsten. Jeder richtige Piratencaptain würde sterben für seine Mannschaft, den richten, der einem seiner Leute etwas antut.“, begann sie zu erklären machte dann aber eine kurze Pause, in der ein seichtes Lächeln über ihre Lippen huschte.

„Unser Käp’n hätte dich nicht auf sein Schiff gelassen, wenn er kein Potential in dir gesehen hätte. Du musst einfach einsehen, dass so, wie du im Moment bist, du nur eine Gefahr für uns darstellst. Du bist unser Schwachpunkt und das kann der Shikigami nicht zulassen. Entweder du, oder wir alle.“, gab Rouge zu verstehen. Sie richtete ihre Augen liebevoll auf das Mädchen, das sie etwas verloren anblickte.

„Was soll ich denn ganz alleine auf der nächsten Insel machen? Welche Insel steuern wir denn überhaupt an?“, fragte Ayume gequält. Sie wollte nicht wieder gehen. Alleine irgendwo vor sich hin vegetieren. Sie hatte niemanden. Keine Familie, keine Freunde und sogar Nabiki war weg. Einfach weg. Das erste Mal, seit Ayume erfahren hatte, dass ihre Schwester getötet worden war, schossen die Tränen in ihre Augen und verschleierten ihre Sicht. Immer hatte die unbändige Wut in ihr getobt, welche mit dem Endschlag gegen Nora verraucht war.

Unerwartet legte Rouge mütterlich ihren Arm um die Jugendliche und zog sie in ihre Umarmung.

„Hast du einen Traum?“, hinterfragte Rouge, ohne dabei die Umarmung zu lösen.

„Ich will… einer, der größten Piraten aller Zeiten werden.“, kam es Ayume von den Lippen.

„Welchen Preis willst du dafür zahlen?“, forschte die kühne blonde Frau weiter.

„Mein Leben.“, kam es, wie aus der Pistole geschossen. Rouge nickte an Ayumes Schulter.

„Dann werden wir uns bald wiedersehen. Jetzt geh schlafen. Morgen werden wir dich auf einer Insel absetzen, auf der die Marine stationiert ist. Deswegen können wir nicht in den Hafen einlaufen. Aber es kommt dir nur zu Gute, wenn du nicht mit uns gesehen wirst.“
 

„Hier.“, kam es von dem riesenhaften Shikigami, der Ayume einen Rucksack entgegen hielt. Verwundert blickte die Schwarzhaarige auf den Stoffbeutel, wobei es bereits in ihrem Kopf ratterte, was wohl darin sein mochte.

Ihren Blick auffangend räusperte sich der Smutje.

„Etwas Wegzerrung, Notfallmedizin von unserer guten Seele Rouge, ein Seil, ein paar Dolche und eine Karte.“, brummte Shachi vergnügt.

Ayumes Gesicht erhellte sich ein wenig. Sie ließen sie also doch nicht komplett auf sich selbst gestellt auf dieser Insel zurück. Immerhin ein kleiner Lichtschimmer für die harten und trostlosen Jahre, die vor dem jungen Mädchen liegen würden.

„Vielen Dank.“, kam es still über ihre Lippen, als sie den Beutel entgegen nahm und ihn gekonnt auf dem Rücken schulterte.

Der Captain und der Smutje hatten die Jugendliche etwas abseits des Hafens am Strand abgesetzt. Es war komplett menschenleer, da die Sonne noch nicht einmal ihren ersten Strahl am Horizont erhoben hatte.

„Wir treffen uns in fünf Jahren auf der Grand Line. Bis dahin musst du es schaffen, fünf Minuten gegen mich zu bestehen.“, murrte der Captain, woraufhin Ayume verständlich nickte. Sie hatte keine Ahnung, wie sie es zur Grand Line schaffen sollte, doch dem Problem würde sie sich widmen, wenn es soweit war. Es brachte nichts, sich schon jetzt damit auseinander zu setzten.

„Und damit du wirklich erscheinst.“, begann der Shikigami erneut und hielt dem jungen Mädchen seine pechschwarze Klinge unter die Nase. Erschrocken zuckte sie zurück, als sie der glühend rote Blick des Piratencaptains traf. Da war es wieder, diese bittere kalte Aura, die ihr eine solche Angst einjagte. Sofort verfinsterte sich der Himmel mit dichten Wolken, als schon der erste Blitz zuckte.

Ihr Herz rutschte ihr in die Hose, als sich wenige Augenblicke lang niemand regte.

„Ich kenne den Aufenthaltsort des Weltaristokraten, der deine Schwester umgebracht hat und ich werde dir die Rache ermöglichen, die dein Herz ersehnt.“ Der Shikigami wusste, dass er damit genau den wunden Punkt des Mädchens erwischt hatte. Ihre Augen waren erschrocken geweitet, wobei ein wütendes Funkeln in ihnen lag. Er spürte, wie ihr Blut in Wallung geriet und konnte sich sein böses Lächeln nicht verkneifen. Immerhin hatte auch er noch eine Rechnung mit eben jenen Aristokraten offen. Somit würden beide Seiten profitieren.

„Ich werde sicher erscheinen.“, knurrte Ayume, als sie sich wieder gefangen hatte.

„Sehr gut.“ Binnen weniger Sekunden hatte sich das Unwetter wieder verzogen, die Aura verblasste und das rote Glühen seiner Augen nahm ab, als der Shikigami die rechte Hand des Mädchens schnappte und ihr die schwarze Klinge in die Hand drückte.

„Enttäusch mich nicht.“, knurrte er nur, als er sich den Hut ein Stück tiefer ins Gesicht zog, sich umwandte und seinem Smutje bedeutete ihm zu folgen.

Erstaunt blickte die junge Frau auf das kleine zierliche, pechschwarze Schwert in ihrer Hand, welches vom Shikigami selbst geführt worden war. Womit hatte sie das verdient?

Ehe sie sich versah und sich nochmal bedanken wollte stand sie vollkommen alleine am Strand. Auf dem offenen Meer hatte sich der Nebel verzogen und weit und breit war keine Spur mehr der Thyr. Als hätte es sie nie gegeben.

Alte Bekannte

Resigniert und etwas verloren wandte sich das Mädchen dem düsteren Wald zu, der sie wohl von der nächsten Stadt trennte. Sie musste erst einmal ihr neues Leben in Angriff nehmen, ehe sie sich darauf konzentrieren würde den Weg als Piraten anzutreten. Wie auch immer sie das anstellen sollte.
 

Währenddessen auf dem Sabaody Archipel.
 

„Der Shikigami scheint in letzter Zeit ziemlich aktiv zu sein. Schon wieder hat er es zu einer Schlagzeile gebracht und das gerade, als er den Titel zum Kaiser ablehnte. Der Verrückte.“, belächelte Ben die druckfrische Zeitung, die er soeben von dem jungen Boten in die Hand gedrückt bekam.

Noch immer verschlafen hob der Rothaarige seinen Kopf, der vom gestrigen Saufgelage mit seinem alten Bekannten dröhnte.

„Bist wohl auch nicht mehr so trinkfest, wie du schon mal warst, Shanks.“, grinste der Gastgeber verschmitzt und setzte sich zu seinem Freund an den Tisch, der auf der Sonnenseite der Terrasse stand.

„Scheint wohl so.“, grummelte der Piratenkaiser und hielt sich die Stirn während er einen Blick auf die Zeitung warf, die ihm Ben vor die Nase gelegt hatte.

„Was hat der alte Gauner denn schon wieder angestellt?“, befragte Shanks mehr sich selbst, als die beiden Männer neben sich.

„Scheint, als habe er die ‚Rote Zora‘ in Caterville niedergebrannt und ein Mädchen entführt. Steht aber auch viel gequirlte Scheiße dabei.“, murrte Ben und nahm ebenfalls Platz.

Shanks überflog die Zeilen und schüttelte den Kopf.

„Das Mädchen besessen von dem Geist des Shikigamis. So ein Schwachsinn.“, knurrte der Rothaarige.

„Lass mal sehen, mein Freund.“, bemerkte der Grauhaarige und nahm die Zeitung entgegen.

Auch er ließ seinen Blick über den Artikel schweifen, bis plötzlich seine rechte Augenbraue in die Höhe schoss und er seine Augen leicht weitete.

„Was hast du, Silvers?“, hinterfragte Shanks sofort alarmiert, dem das Gesicht seines ehemaligen Vorgesetzten natürlich nicht entgangen war.

„Nichts. Mir war nur, als ob…“, Silvers Rayleigh brach ab. Konnte es denn möglich sein?

„Als ob?“, hinterfragte der Rothaarige.

Der Ältere legte die Zeitung zurück auf den Tisch und rieb sich über die Augen. Sein Gegenüber warf noch einmal einen Blick auf das Titelblatt, konnte aber nicht ausmachen, was seinem sonst so beherrschten Freund die Züge entgleiten ließ.

„Mir war, als ob ich das Mädchen, von dem der Zeitungsbericht spricht, kennen würde.“, nun hatte Rayleigh ein undefinierbares Lächeln aufgesetzt, welches gar nicht zu ihm passen wollte. Das ließ Shanks skeptisch eine Augenbraue in die Höhe ziehen, ehe er die Zeitung ein weiteres Mal zur Hand nahm und sich das Bild des Mädchens noch einmal genauer ansah. Was hatte es mit diesem Mädchen auf sich?

Das Bild war ein Selbstportrait von einer rothaarigen jungen Frau und einem Mädchen, mit meerblauem Blick und langen ebenholzschwarzen Haaren. Ihre Augen stachen aus dem Bild hervor, als würden sie durch Shanks hindurch sehen können.

„Roberts Jane Nora, Besitzerin der ‚Roten Zora‘, einer sehr berüchtigten Piratenschänke, wurde gestern auf grausamste Art und Weise von ihrer jüngsten Tochter Ayume, welche vermutlich, nach direktem Augenkontakt mit dem Shikigami der sieben Weltmeere, mit dessen Geist befallen wurde, umgebracht. Augenzeugen beschrieben, dass das junge Mädchen, nachdem die ‚Rote Zora‘ bis auf die Grundmauern abgebrannt war, von der Piratencrew entführt wurde. Bisheriger Aufenthalt der Thyr ist unbekannt, doch sollte man Hinweise auf den Verbleib des Mädchens haben, diese bitte umgehend der nächsten Marinebasis mitteilen. Achtung; Das Mädchen könnte gefährlich sein.“, las Shanks den Artikel vor. Rayleigh hingegen war mit seinen Gedanken weit abgeschweift und an den tiefen Denkfalten auf seiner Stirn war zu erkennen, dass mehr dahinter stecken musste, als er verlauten lassen wollte.

„Mister Backman? Würden sie uns bitte einen Augenblick alleine lassen?“, hinterfragte Rayleigh schlicht, woraufhin der Vizekapitän der Shankspiratenbande nur mit dem Kopf nickte, sich erhob und sich die Beine hinter dem Haus vertreten wollte.

Shanks hingegen lehnte sich in seinem Stuhl zurück. Natürlich interessierte ihn brennend, was sein ehemaliger Vorgesetzter mit ihm besprechen wollte, dennoch wollte er keinen unhöflichen Anschein erregen.

„Ayume.“, raunte der alte Mann und griff sich an die Stirn, so als müsste er sich an etwas erinnern, was schon lange aus seinem Gedächtnis geflohen war.

„Sie hat einen sehr stechenden Blick. Erinnerst du dich an Adriana damals. Die junge Schiffsköchin auf Gol D. Rodgers Schiff? Ich denke, mich zu erinnern, dass sie denselben stechenden meerblauen Blick hatte.“, merkte Shanks an, als Rayleigh keine weiteren Anstalten machte, sich dazu zu äußern.

Bei dem Namen Adriana hingegen fiel ein Schatten über die Augen des Grauhaarigen und fast schon bereute der Piratenkaiser mit dem Thema angefangen zu haben.

„Stimmt etwas nicht?“, hinterfragte er dennoch, höflicher Weise.

„Vieles stimmt nicht, Shanks. Genau genommen stimmt gar nichts.“, raunte Rayleigh, was Shanks genauso schlau ließ, wie er bereits war.

„Ich glaube ich verstehe nicht ganz, worauf du hinaus willst, Silvers.“, bemerkte der Rothaarige und rieb sich über den Hinterkopf.

„Weißt du. Als du noch ein Grünspan warst, ein Lehrling auf Gol D. Rodgers Schiff, hast du vieles, was hinter der Theaterbühne vor sich ging, nicht mitbekommen. Du warst übrigens viel zu jähzornig und unaufmerksam.“, nun schmunzelte der alte Mann, als er sich an seine früheren Zeiten erinnerte. Auch Shanks fuhr ein Lächeln über die Lippen. Damals hatte Rayleigh immer die unerfreuliche Arbeit gehabt, Buggy und ihn, die sich dauerhaft in den Haaren hatten, zu trennen. Der große Vizekapitän Silvers Rayleigh, rechte Hand Gol D. Rodgers.

„Du wollest jetzt doch sicher nicht mit mir über alte Zeiten reden, nicht wahr?“, forschte Shanks weiter.

„Nein, ganz und gar nicht. Worauf ich hinaus wollte war eigentlich, warum Adriana damals das Schiff verließ.“, begann Rayleigh wieder vollkommen ernst zu werden.

„In einer Nacht und Nebel Aktion.“, fügte Shanks hinzu.

„Adriana verließ uns, weil sie schwanger war.“, gab Rayleigh zu, verkniff sich jedoch jeden weiteren Kommentar, was auch gar nicht nötig war, denn Shanks hatte schon verstanden.

„Nachdem Captain Gol D. Rodger von der Marine hingerichtet wurde, habe ich sie erneut aufgesucht. Jedoch war mein Besuch nur von kurzer Dauer. Wie du weißt ist die Marine, trotzdessen, dass ich mein Piratenleben aufgegeben habe, immer noch hinter mir her. Ich befand es damals für sicherer meine erneut schwangere Liebe zurück zu lassen und hierher zu kommen. Sie sollte nicht für meine Verbrechen Rechenschaft leisten müssen, meine beiden Kinder ebenso wenig.“ In seine Augen war eine Leere eingekehrt, als er den Blick in die Ferne richtete.

Shanks schwieg. Noch war ihm nicht klar, worauf die Geschichte zielte, dennoch konnte er sich denken, dass der Grauhaarige nicht gerne darüber sprach.

„Nach einigen Jahren erreichte mich eine Nachricht von Adriana, die mich bat die Kinder so schnell, wie mir möglich, zu mir zu holen. Doch als ich die Insel erreichte war es bereits zu spät. Die Marine hatte von ihrem früheren Leben erfahren, vermutlich von einem übergelaufenen Piraten. Sie wurde auf dem Schafott hingerichtet.“, erklärte sich der ehemalige Vizekapitän und fuhr sich nachdenklich über den Kinnbart, wobei er die Augen schloss.

Shanks schluckte schwer, ehe er sich zusammennahm und nachhakte:

„Und die beiden Kinder?“

„Verschollen. Ich dachte, dass die Marine sie vielleicht verschwinden ließ. Heimlich. Die Gesellschaft sieht es nicht gerne, wenn Kinder für die Schuld ihrer Eltern zur Rechenschaft gezogen werden. Ich dachte sie seien beide tot.“, Bitterkeit und Melancholie waren in seiner rauen Stimme heraus zu hören und Shanks wollte sich nicht ausmalen, was der Grauhaarige wohl in diesen Moment fühlen musste. Sollte dieses Mädchen tatsächlich seine Tochter sein, dann würde er sich sicherlich wüste Vorwürfe machen, sie nicht gesucht zu haben.

„Die einzige Erinnerung an meine Familie ist dieser Brief.“, mit diesem Satz holte der alte Mann ein vergilbtes zusammengefaltetes Blatt Papier aus seiner Brusttasche und legte es vor seinen rothaarigen Gast auf den Tisch.

Shanks rang mit sich, ob er sich wirklich erdreisten sollte in den intimsten Schatz seines Freundes zu blicken, jedoch überwog die Neugier, also entfaltete er das Stück Papier.
 

Rayleigh, Liebster,
 

Du weißt, ich habe deinen Wunsch, dich vor uns zurück zu ziehen,

um uns nicht unnötig in Gefahr zu bringen, akzeptiert, aber dennoch

muss ich dich bitten noch ein letztes Mal, so schnell es dir möglich ist,

auf diese Insel zu kommen.

Das Leben deiner Kinder hängt davon ab.
 

In Liebe Adriana
 

An der Handschrift war zu erkennen, dass sie die Zeilen wohl in höchster Eile geschrieben hatte. Bitter legte Shanks den Brief zurück auf das Holz des Tisches, ehe er sich hörbar räusperte.

„Wie kommst du darauf, dass dieses Mädchen deine Tochter sein könnte? Du sagst selbst, dass du dachtest sie sei tot.“

„Ihre Augen, Shanks.“, gab der alte Mann resigniert zurück. Der Piratenkaiser musste sich eingestehen, dass dies schon ein sehr handfestes Argument war, denn nur Adriana hatte diese besonderen Augen, die in der Lage waren die Menschen zu durchblicken. Doch wie sollte es diesem Mädchen gelungen sein vor der Marine zu flüchten? Das schien nahezu unmöglich.

„Ich weiß, ich verlange vielleicht zu viel, aber darf ich dich dennoch bitten, dass du versuchst dieses Mädchen zu finden?“, hinterfragte Rayleigh und legte seinen Blick direkt auf den Rothaarigen, der vorsichtig nickte.

„Soll ich ihr von dir erzählen und sie zu dir bringen?“, hakte der Piratenkaiser nach.

„Nein, nein. Es ist wohl besser, wenn sie nichts von mir erfährt. Sie wird mich hassen, wohl zu Recht, wenn ich bedenke, was für ein unglaublich grausamer Vater ich bin. Ich möchte lediglich, dass du ein wachendes Auge auf sie wirfst und mir Bescheid gibst, wie es ihr geht.“, bemerkte er trist und fuhr sich durch die grauen langen Haare.

„Ich werde mein Möglichstes tun, Silvers.“, versprach der Rothaarige, der sich schon jetzt bewusst war, dass es einige Zeit dauern würde, bis er die Thyr, den Shikigami und somit auch das schwarzhaarige Mädchen finden würde. Wenn er sie denn überhaupt finden würde. Sein letzter Ausweg würde sein, dass er versuchen würde, den Shikigami anzuheuern.

„Ich danke dir vom Herzen, mein Freund.“, kam es dem alten Mann über die Lippen, ehe er das Bild des Mädchens aus der Zeitung riss und es zusammen mit dem Brief seiner Liebsten in die Brusttasche zurück steckte.
 

Zurück zu Ayume:
 

Erschöpft sank das Mädchen an einem dicken Baumstamm hinab und legte ihr Gesicht in die Hände. Seit Stunden schon suchte sie einen Weg aus diesem endlos scheinenden Wald, vermutlich hatte sie sich verlaufen, was auch nicht weiter verwunderlich war. Sie kannte die Umgebung nicht und ein Baum glich dem Nächsten. Etwas enttäuscht von sich selbst kam sie ins Grübeln. Sie ließ ihren Blick über die schwarze Klinge wandern, von der förmlich eine seltsame Macht ausging. Wie sollte sie diese Waffe im Dorf verstecken? Sicherlich war es nicht ratsam öffentlich damit herum zu laufen, denn so, wie Rouge gestern gesagt hatte, befand sich eine Marinebasis auf dieser Insel.

Rouge, die einzige Frau an Board der Thyr. Wie sie wohl damals zu der Piratencrew stieß?

Ayume nahm sich vor, sie irgendwann danach zu fragen, wenn sie sich wiedersahen.

Doch zuerst, Ayume packte die Klinge fest in ihre linke Hand, würde sie mit dieser Klinge den zweiten Vergeltungsschlag für ihre treue Freundin Nabiki ausführen.

„Irgendwann kommt ein starker junger Pirat und nimmt uns mit. Weit weg von diesem schrecklichen Ort hinaus aufs Meer.“, hallte die fröhliche Stimme der Rothaarigen in den Ohren der Jugendlichen wieder. Tatsächlich war es so gekommen und genau jener Pirat war der Schlüssel zur Rache ihres Todes. Woher wusste er eigentlich davon? Ayume verzog das Gesicht. Wie konnte er vom Tod einer völlig unbeteiligten Person wissen, die er gar nicht kannte? Plötzlich überkam sie ein Schauder. Sein Blick. Hatte er wirklich Informationen aus ihrem Denken geholt? Anders war es kaum zu erklären. Wie sollte er sonst wissen, dass ihre Schwester gestorben war.

Etwas apathisch legte Ayume das Schwert aus der Hand und starrte auf ihre Hände. Dieser Shikigami war bei weitem mächtiger, als sie angenommen hatte. Nicht nur, dass er es irgendwie schaffte, dass sich das Wetter veränderte, er konnte auch die Vergangenheit seiner Gegenüber erfahren, wenn er ihnen nur ins Gesicht blickte.

Diese Erkenntnis reicher, beschloss Ayume, dass sie keine andere Wahl hatte, als diesem Piraten zu folgen. Sie war, wie besessen von dem Gedanken, ein Mitglied seiner Crew zu sein. Irgendwie empfand sie auch einen Funken Stolz, dass er ihr ermöglichte sich zu beweisen.

„Unser Käp’n hätte dich nicht auf sein Schiff gelassen, wenn er nicht ein gewisses Potential in dir gesehen hätte.“, fiel es Ayume wieder ein. Sie würde ihn nicht enttäuschen.

Doch…

„Eindeutig.“ Der seltsame Blick, als er Ayumes Gesicht studiert hatte. Was hatte das zu bedeuten? Wusste er vielleicht mehr, als er letzten Endes zugegeben hatte? Auch hier brachte Ayume das Grübeln nicht weiter. Sie würde ihn wohl fragen müssen, wenn sie ihn wiedersah.

„Du weißt gar nicht, was für einen seltenen Schatz du hier, als Kellnerin beschäftigst.“, fiel es Ayume, wie Schuppen von den Augen. Auch Black Beard hatte eine ähnliche Anspielung gemacht. Dieser ungewaschene, miese Idiot. Auch ihm würde sie noch eine Lektion erteilen, wenn sie irgendwann die Gelegenheit dazu bekommen würde. Vielleicht kam Ayume so hinter das Geheimnis, welches sie scheinbar umrankte. Wieso wusste eigentlich jeder dahergelaufene Pirat mehr über ihre Vergangenheit, als sie? Es war zum Haare raufen. Sie wusste nicht einmal, wie sie ihr Gedächtnis verloren hatte, doch es war weg. Ihre Erinnerungen beginnen an dem Tag, als sie Mister Hopkins getroffen hatte. Der Mann mit dem Ballon, der sie später bei sich aufnahm.

Neubeginn

Flashback:
 

An einem kalten und regnerischen Tag flüchtete das kleine Mädchen in ein Café, um sich etwas aufzuwärmen und ihre nasse Kleidung wenigstens ein wenig trocknen zu lassen, als ihr schon ein alt bekanntes Gesicht entgegen blickte.

„Hallo Ayume.“, erhob der alte Mann die Stimme, als das Mädchen zu ihm an den Tisch kam.

„Setz dich doch.“, forderte er sie auf, was sie sogleich tat.

„Vielen Dank.“, murmelte das Kind. Ihre Stimme war kalt, wie eh und je.

„Freut mich dich wieder zu treffen. Mein Name ist übrigens Hopkins Ferdinand.“, stellte er sich dieses Mal bei der Schwarzhaarigen vor, die seine ausgestreckte Hand zunächst skeptisch musterte, ehe sie sie schüttelte. Ihre Hände waren eiskalt.

„Ich lade dich auf eine Tasse heiße Schokolade ein, was hältst du davon?“, lächelte der Mann ihr aufmunternd zu.

„Vielen Dank, Mister Hopkins, aber das kann ich nicht annehmen.“, bemerkte das Kind schlicht und rieb die Hände aneinander, während sie hinein hauchte.

„Ich bestehe darauf.“, gab der alte Mann nicht nach und orderte schon seine Bestellung.

Nach einer Weile wurde die dampfende Tasse vor das Mädchen gestellt, welche mit funkelnden Augen den Inhalt betrachtete und sich ihre Hände an dem Keramik zu wärmen versuchte.

Das erste Mal, seit der Alte dieses sonderbare Mädchen sah, wirkte sie wirklich wie das Kind, das sie war.

„Wie alt bist du eigentlich, Ayume?“, hinterfragte der Mann, als sie die riesenhafte Tasse wieder abstellte.

„Sechs, Mister.“, antwortete sie brav. Sie hatte ja schon bei der ersten Begegnung gemerkt, dass von dem Mann keine Gefahr ausging, warum sollte sie dann nicht ehrlich sein?

„Und wie lange lebst du schon hier auf der Straße?“ Mister Hopkins musste sich eingestehen, dass er wirkliches Interesse an diesem Kind hegte. Sie wirkte bei weitem nicht, wie andere Kinder in ihrem Alter und dazu diese meerblauen Augen, zu welchen er keine gute Erinnerung hatte.

„Seit ich denken kann.“, gab sie zu.

Das war eine gute Frage, wie lange sie hier schon auf der Straße wohnte. Eine Frage, die sich das Kind selbst nicht beantworten konnte. Sie wusste nur, dass sie eines schwülen Tages an dem Ufer eines kleinen Baches aufgewacht war. Ab diesem Zeitpunkt begannen ihre Erinnerungen, dennoch war sich das Kind sicher alleine zu sein. Sie wusste tief in ihren Inneren, dass ihre Eltern tot waren. Nur woher?

Sie wusste so vieles, was sie nicht wissen konnte. Sie bemerkte, wenn ein Mensch seine Stimmung änderte, oder wenn er ihr nicht freundlich gesinnt war, so wie viele in diesem Dorf. Ayume wusste, dass die Menschen Angst vor ihr hatten, vor diesen Augen, die jeden durchblicken konnten. Die Absichten durchschauten. Sie hasste ihre Augen, seit sie denken konnte.

„Ayume?“, forschte der alte Mann, als er ihr nachdenkliches Gesicht sah.

„Hm?“, gab sie fein zurück.

„Wie wäre es, wenn du mit zu mir kommst. Ich räume dir ein Zimmer ein und du kannst bei mir wohnen, wenn du mir etwas bei den Besorgungen hilfst und bei den Dingen, die ich in meinem Alter nicht mehr erledigen kann?“, kam Mister Hopkins sogleich auf den Punkt.

Ayume schlug das Mitleid, das in seinem Angebot mitklang förmlich ins Gesicht, weshalb sie die Stirn kraus zog. Sollte sie wirklich einwilligen? Was sprach dagegen. Sie würde das unselige Leben auf der Straße endlich hinter sich lassen können, müsste sich nicht mehr um ihr Essen prügeln und zudem würde sie einen warmen und sicheren Ort haben, den sie vielleicht sogar ihr Zuhause nennen konnte. Doch es gab etwas, wovor sie sich fürchtete. Nicht der alte Mister Hopkins, denn er meinte sein Angebot wirklich ehrlich. Nein, vielmehr fürchtete sie sich vor menschlicher Nähe, Zuneigung und dass sie eines Tages wieder alleine war.
 

Ende.
 

Schnell schüttelte sich Ayume, um die Gedanken an Vergangenes zu vertreiben. Sie sollte sich nicht über Dinge den Kopf zerbrechen, aus denen sie sowieso nicht schlau werden würde.

Ihr Blick fiel auf den Rucksack, den sie von dem dunklen Piratencaptain erhalten hatte. Sie hatte sich sowieso schon verlaufen, eine kleine Stärkungspause würde ihr auch nicht schaden. Immerhin gab es niemanden, der Zuhause auf sie warten würde. Es gab noch nicht mal ein Zuhause.

Forschend packte sie den Rucksack und leerte den Inhalt vor ihre verschränkten Füße auf den Boden. Zwei fein gearbeitete Dolche, die in sorgsam genähten Lederscheiden steckten zogen zunächst den Blick des jungen Mädchens auf sich. Freudig ließ sie ihre Finger über die Griffe wandern, ehe sie die Klingen wieder in den Rucksack wandern ließ.

Ein einfaches Tau, verschnürt und zusammengeknotet, folgte den Dolchen zurück in die Tasche.

Als nächstes griff das Mädchen nach einem kleinen grauen Beutel, der schwer in der Hand wog. Sie öffnete geschickt den kleinen Knoten in der Kordel, als ihr der Mund aufklappte. So hatte der Shikigami ihr tatsächlich einen Beutel Berrys mitgegeben. Auch dieser wanderte sorgsam zurück in den Rucksack.

Ein kleiner Kasten mit einem roten Kreuz zeigte der Schwarzhaarigen, dass es sich um die Notfallmedizin der Schiffsärztin handeln musste. Sie beschloss ihn wirklich nur im Notfall zu öffnen, denn wer wusste, was noch auf sie zukommen würde. Geschwind schob sie den Kasten in den Rucksack zurück.

Nun lagen vor Ayume nur noch ein paar Sandwiches, eine Wasserflasche und eine einfache Frucht, die vermutlich der Smutje für sie eingepackt hatte. Mit einem seichten Lächeln griff das Mädchen nach der Frucht und warf zeitgleich die Sandwiches zurück in den Rucksack. Für einen kleinen Snack sollte etwas Süßes vollkommen ausreichen. Doch als sie herzhaft hineinbiss, verzog sie angewidert das Gesicht. Schlagartig wurde ihre Zunge taub und pelzig. Ein metallischer Geschmack zog sich, wie Blei ihre Kehle hinab und angestrengt versuchte das Mädchen den Bissen wieder hervor zu würgen, jedoch bewegte sich das Stück Fruchtfleisch keinen Zentimeter. Hastig griff sie nach der Wasserflasche und goss sich einen großen Schluck in den Mund, womit sie endlich den ekelhaften Bissen hinunter bekam.

Noch immer hustend warf sie die Frucht in den Wald. Die hatte Shachi wohl zu lange gelagert, ging es ihr durch den Kopf, als ihr erneut ein Schauder den Rücken hinab lief. So etwas Ekeliges hatte sie in ihrem Leben noch nie gegessen. Der Hunger war ihr nun gehörig vergangen, also band sie die Wasserflasche kurzerhand an ihren Gürtel und stopfte die schwarze Klinge zu dem Rest in den Rucksack, ehe sie ihn wieder schulterte und ihren Weg durch den Wald erneut aufnahm.
 

Endlich schlug ihr das Licht der Mittagssonne direkt ins Gesicht, als sie mit der Hand schützend vor die Augen gehalten aus dem Wald trat. Sie kniff die Augen etwas zusammen, um ihre Umgebung besser wahrnehmen zu können und das erste Mal seit Wochen sog sie die frische Luft tief in ihre Lunge ein. Vor ihr erstreckte sich widererwartend keine Stadt, sondern ein kleines Dorf, welches mit sorgsam angeordneten Häusern recht ordentlich wirkte. Auf der Straße tummelten sich vielerlei Gestalten, da scheinbar ein Markt mitten im Gange war.

Mit einem erleichterten Gefühl und die positive Stimmung, die in der Luft lag auffangend, wagte sich das Mädchen in die Menschenmenge. Ihre Augen begannen zu funkeln, als sie zwischen den verschiedensten Ständen hindurch schlenderte und sich im Kopf bereits eine Wunschliste zusammen stellte, als ihr Blick an einem Stand haften blieb, der sie nahezu anzog.

Gerade, als sie näher trat, stellte sich ein groß gewachsener Mann neben sie. Erschrocken wich sie zurück. War es denn möglich? Der Mann war von ihrer Reaktion etwas irritiert und lächelte erst einmal freundlich. Nein, sie musste sich täuschen.

„Guten Tag, Doktor.“, bemerkte der Verkäufer und zog den Hut, vor den riesenhaften Mann, der Black Beard zum Verwechseln ähnlich sah. Auch auf seinem Doktorkittel befand sich die Aufschrift: Dr. Black Beard. Doch es musste sich um einen Zufall handeln. Der Pirat hätte Ayume nicht angelächelt, er hätte sie vermutlich K.O. geschlagen und mit sich genommen.

Sich wieder sammelnd widmete sich die Jugendliche wieder dem, weswegen sie auf den Stand aufmerksam geworden war. Es war eine Haarspange mit einer dunkelblauen Blüte, welche aus feinem Stoff gearbeitet war. Vorsichtig hob das Mädchen das gute Stück hoch und betrachtete es eindringlich von jeder Seite.

„Macht vierzig Berry.“, bemerkte der pummelige Verkäufer schlicht.

Ayume schluckte. Vierzig Berry waren viel Geld für jemanden, der noch keinen Unterschlupf und keine Arbeit hatte. Sie legte die Haarspange resigniert wieder zurück, als prompt der Doktor danach griff.

„Vierzig Berry? Von einem jungen Mädchen, dessen Augenfarbe wirklich hervorragend zu diesem Schmuckstück passt, grenzt fast an Gaunerei.“, kritisierte er, was Ayume einen verwunderten Gesichtsausdruck verlieh.

Der Verkäufer grummelte kurz.

„Weil sie es sind, zwanzig Berry.“, gab er zurück.

„Gekauft, vielen Dank.“, schmunzelte der große Mann, legte das Geld auf den Tresen, wandte sich an Ayume und steckte ihr die Spange in die Haare.

„Vielen Dank, Mister. Moment sie bekommen das Geld sofort zurück.“, haspelte das Mädchen verlegen und versuchte bereits ihren Rucksack von der Schulter zu holen.

„Nicht nötig, meine Liebe, aber was hältst du davon, dir etwas Taschengeld zu verdienen, indem du mir in der Arztpraxis hilfst. Ich könnte jemanden gebrauchen, der so höflich ist, wie du. Oh je. Nichts gegen die alte Miss Hennings, aber sie ist mittlerweile fast blind und etwas ruppig in ihrem Verhalten.“, verlegen strich sich der Mann über den Hinterkopf.

Das ergab sich ja wieder wunderbar, so konnte Ayume sich gleich einen Job sichern und sich gleichzeitig eine schlichte Unterkunft leisten.

„Sehr gerne, Herr Doktor.“, bestätigte sie sofort und versuchte sich an einem einfachen Lächeln.

„Prima. Morgen gleich um acht Uhr in meiner Praxis.“, gab er ihr freudig zu verstehen und legte ihr sogleich väterlich eine Hand auf die Schulter.

„Aber nur, wenn deine Eltern nichts dagegen haben.“, merkte er noch an.

Ayume reagierte sofort, lächelte höflich und merkte an:

„Sie werden sich freuen.“

Damit nickte der Arzt verständlich und verabschiedete sich, als er schon in der Menschenmenge verschwand. Beinahe hätte die Jugendliche einen Freudensprung gemacht, wäre da nicht noch die Tatsache mit der Unterkunft gewesen. In einer einfachen Schänke nachzufragen würde sie nicht all zu viel kosten, aber sicher würden die Menschen skeptisch auf eine Fünfzehnjährige reagieren, die sich ein Zimmer mieten würde.

Ayume wandte sich nun ebenfalls von dem Stand ab und schritt durch die vielerlei freudig lächelnden Menschen hindurch, die Straße entlang, bis sie vor einem kleinen hölzernen Häuschen zum Stehen kam. Es lag etwas abseits der anderen Häuser, aber was wirklich ihre Aufmerksamkeit auf sich zog, war der kleine weiße Zettel an dem Torpfosten.

„Zimmer zu vermieten.“

Schulterzuckend schritt die Jugendliche durch den bewucherten Garten direkt an die Haustüre und pochte zögerlich. Ein heftiges Poltern von Geschirr, ein darauf folgendes Fluchen und schon wurde die Türe unsanft aufgerissen. Etwas eingeschüchtert blickte Ayume in die dunkelbraunen Seelenspiegel eines Mannes mittleren Alters, welcher eine Kochmütze auf hatte. Sein Blick wanderte skeptisch über das Mädchen, als er schon die Arme vor der Brust verschränkte.

„Ich kaufe nichts.“, knurrte er.

„Ich… ich wollte ihnen auch nichts verkaufen, Sir.“, gestand Ayume etwas verwirrt. Sah sie etwa aus, wie eine Hausiererin?

„Was willst du dann?“, hinterfragte der Koch spitz.

„Ich habe… die Meldung an ihrem Tor gesehen. Sie vermieten ein Zimmer. Ich dachte…“, weiter kam das Mädchen nicht, da sein Gesicht sich sofort aufhellte.

„Sehr gut. Ich dachte schon du seist eines von den Bettlerkindern, deren Eltern bei der Marine stationiert sind. Die verbreiten sich langsam, wie die Schiffsratten.“, brummte der Mann. Sehr freundlich schien er nicht zu sein, doch sie musste sich ja auch nicht viel mit ihm abgeben, wenn sie mal in ihrem Zimmer war.

„Wie viel verlangen sie denn?“, befragte Ayume schlicht, den bissigen Kommentar über die Kinder übergehend, auch wenn er an ihrem Ego nagte.

„Für wie lange brauchst du es denn?“, stellte er die knappe Gegenfrage.

Gute Frage. Wie lange wollte Ayume denn hier bleiben? War es abzusehen? Wohl kaum.

„Ich denke ich werde wohl länger hier wohnen müssen.“, gestand sie.

Der Mann nickte beiläufig, musterte die junge Schwarzhaarige erneut, ehe er von sich gab:

„Fünfzig Berry in der Woche und du machst dich im Haushalt nützlich.“, beschloss er.

Ayume überlegte nicht lange. Sie war geübt im Haushalt zu helfen und so billig würde sie keine bessere Bleibe finden, also stimmte sie zu.

„Dann herzlich Willkommen.“, bemerkte der Mann und schritt zur Seite, sodass sie an ihm vorbei in den Flur treten konnte. Das Haus war nur sporadisch eingerichtet, aber das sollte Ayume nicht weiter stören. Wie es schien, wohnte der Mann alleine, was von seinem Verhalten her ebenfalls nicht verwunderlich war.

„Und mach keinen Ärger, dann kannst du solange bleiben, wie du willst.“, grummelte er und verschwand prompt in der Küche. Durch die zu schwingende Türe konnte Ayume das Chaos erahnen, weswegen der Koch wohl Hilfe im Haushalt gebrauchen konnte.

Neue Menschen braucht das Dorf

Gerade spülte Ayume den letzten Teller, als der Koch erneut in die Küche kam.

„Das ging aber schnell.“, bemerkte er und zog seine Augen zu feinen Schlitzen. Das tat er immer, wenn er furchteinflößend wirken wollte. Das hatte Ayume schon durchschaut, weswegen sie seinen Blick nur mit einem sachten Lächeln bedachte und den Teller in den dafür vorgesehenen Hängeschrank stellte.

„Ich mache das auch nicht zum ersten Mal, Sir.“, gab sie zurück, das Lächeln immer noch im Gesicht.

„Wie heißt du eigentlich?“, befragte er nun.

„Ayume.“, merkte die Schwarzhaarige an, was ihr erneut einen skeptischen Blick seinerseits einbrachte.

„Lass dir Sir Quatsch. Ich bin Tom. Das reicht vollkommen. Wo kommst du her, sicher nicht aus diesem Dorf. Ich habe dich hier noch nie gesehen.“, bemerkte er. Er schien mehr zu wissen, als er zugeben wollte, darum beschloss Ayume einfach die Wahrheit zu erzählen.

„Ich komme aus Caterville. Ein unglücklicher Zufall brachte mich auf diese Insel. Ich versuche nur das Beste daraus zu machen.“, meinte sie schlicht. Alle Einzelheiten hatten ihn auch nichts anzugehen.

Er nickte verständlich. Scheinbar hatte er bemerkt, dass sie die Wahrheit sprach.

„Lass dich nur nicht von der Marine erwischen. Die sucht nämlich nach dir. Ich halt mich da raus. Scheinst ok zu sein. Solange du keinen Ärger machst.“, nun war auch er vollkommen ehrlich, was der Jugendlichen jedoch ein erschrockenes Gesicht zauberte. Die Marine suchte nach ihr? Aber wieso?

Sie hatte ihre Mutter getötet und war mit einem, der meist gesuchten Piraten von der Insel geflohen, eigentlich sollte es sie nicht wundern, dass sie gesucht wurde. Woher wusste der Koch nur davon.

So, als hätte er ihre Gedanken vernommen, schmunzelte er leicht.

„Stand heute in der Zeitung.“

Nun wurde dem Mädchen alles klar. Wie sollte sie hier ein neues Leben beginnen, wenn die Menschen dank der Zeitung schon voller Vorurteile waren? Ayume wusste, dass sich ihr Leben hier nicht einfach gestalten würde.

„Grübel nicht zu viel. Das gibt nur Falten. Wir sind hier nicht dafür bekannt gut Freund mit der Marine zu sein. Solange du dich an die Regeln hier hältst und keinen Ärger machst, solange wird dich auch niemand verraten.“, gab der Mann zu und blickte gleichzeitig auf die Küchenuhr.

„Ist schon spät. Besser du gehst schlafen. Hast morgen ja deinen ersten Arbeitstag.“, ließ er verlauten und schritt betont lässig aus der Küche.

Woher wusste er denn das schon wieder? Ein seltsamer Kerl, bedachte Ayume noch, als sie sich die Hände an dem Geschirrtuch abtrocknete und ebenfalls in ihr Zimmer ging.

Sie lag noch lange wach, unfähig ihre Gedanken zu ordnen, die gerade die letzten Wochen beschrieben. Es war so viel geschehen, so viel Unheil, so viel Leid. Und das erste Mal in ihrem Leben hatte auf Anhieb etwas geklappt, was sie in Angriff genommen hatte. Hoffentlich würde dies auch so bleiben, bedachte sie, während sie die blaue Blume in der Hand wog und sich nun endgültig zwang zu schlafen.
 

Eilig hastete sie durch die Hauptstraße, während sie gehetzt auf ihre Uhr blickte. Tom, der nachts scheinbar öfter einen Heißhungeranfall hatte, hatte auch dementsprechend die Küche wieder verwüstet, die natürlich Ayume aufzuräumen hatte, ehe sie zur Arbeit musste. Ein leichtes Schmunzeln entkam ihr, als sie an den seltsamen Mann zurück dachte, der ihr die wenigen Wochen, die sie bereits hier war, schon ans Herz gewachsen war. Er war zwar ein egozentrischer, verfressener und unhöflicher Trampel, aber trotzdem war er ein Mensch, den man gerne haben musste.

Schlitternd kam Ayume durch die Türe der Arztpraxis, die fröhlich bei ihrer Ankunft bimmelte, als es exakt acht Uhr morgens schlug. Glück gehabt, bedachte das Mädchen, als sie sich gekonnt den weißen Kittel überwarf und sich hinter den Tresen stellte.

„Guten Morgen, Miss Hennings.“, bemerkte das Mädchen.

„Was? Welche Sorgen hast du denn, Kind?“, rief die alte Frau aus.

„Nein, nein. GUTEN MORGEN, MISS HENNINGS!“ Ayume war nahe an die Alte heran getreten und brüllte ihre Worte.

„Brauchst nicht gleich so schreien, ich bin ja nicht taub.“, fauchte Miss Hennings abwehrend und schüttelte entrüstet den Kopf, was Ayume ein Lächeln ins Gesicht zauberte.

„Morgen.“, brummte die Alte, ehe sie sich eine Akte schnappte und ins Behandlungszimmer schritt.

„Miss Hennings, das Wartezimmer ist Rechts.“, rief ihr Ayume hinterher, woraufhin die alte Frau den Rückweg antrat und in die gegengesetzte Richtung lief.

„Ich weiß, wo das Wartezimmer ist, Blume!“, knurrte sie.

Seit sich Ayume bei ihr vorgestellt hatte, nannte sie die alte Frau Blume. Hatte sie wohl so verstanden. Nach mehrmaligen Versuchen ihren Namen richtig zu stellen, hatte Ayume es aufgegeben und lebte nun damit.

„Guten Morgen, Ayume.“, drang eine alt bekannte Stimme an ihre Ohren.

„Guten Morgen, Herr Doktor.“ Eilig spickte die Schwarzhaarige ins Wartezimmer, ehe sie ihre Augen auf den Gegenüber richtete.

„Es sind schon zwei Patienten für sie da.“, gab sie an den Arzt weiter, der nur nickte und in sein Behandlungszimmer verschwand.

„Mister Backenzahn!“, brüllte Miss Hennings durch das Wartezimmer, doch es meldete sich niemand.

„Mister Backenzahn, sind sie taub?“, wiederholte die Alte, als verschüchtert ein junge Mann von seinem Stuhl aufstand.

„Mein Name ist Baku Zan.“, murmelte er betroffen und watschelte der alten Frau hinterher, die geradewegs in die Patiententoilette abbiegen wollte.

„Miss Hennings, das Behandlungszimmer ist eine Türe weiter.“, entkam es Ayume, die schon kichernd die Hände vor den Mund geschlagen hatte.

„Ich weiß, Blume.“, fauchte die Alte, während sie ihre Richtung änderte und den jungen Mann direkt ins Arztzimmer brachte.

Als sie wieder kam, hielt sie sich den Rücken.

„Soll ich weitermachen, Miss Hennings?“, befragte Ayume ihre Vorgesetzte, die sie skeptisch anblickte.

„Du bekommst meine Sachen nicht!“, zeterte sie sofort los.

„Miss Hennings, nein. Ich meinte, OB ICH WEITERMACHEN SOLL?“

„Ja, mach weiter, brauchst nicht so brüllen.“, grummelte die Alte und setzte sich ihrerseits auf einen Hocker an die Schreibmaschine. Ob diese Beschäftigung besser für sie geeignet war? Ayume würde die Berichte wohl nachkontrollieren müssen, ehe sie nach Hause ging.

Sie hob den Blick, als die Türglocke einen weiteren Patienten ankündigte. Sofort setzte Ayume ihr typisches Willkommenslächeln auf.

„Guten Morgen. Womit kann ich ihnen helfen? Müssen sie zu Doktor Kurotsuru?“

„Hm.“, gab ihr der Gegenüber schlicht als Antwort.

Sie blickte über den Tresen hinweg in ein goldenes Augenpaar, welches sich in einem alten verbrauchten und mit Narben übersäten Gesicht befand.

Der alte Mann hatte lange, fein säuberlich zusammengebundene Haare und sein noch immer kräftig gebauter Körper steckte in einem alten Kimono. Ayume wusste nicht wieso, aber sie spürte, dass sie ihm Respekt entgegen bringen sollte.

„Einen kurzen Augenblick. Sie werden sofort aufgerufen.“, gab sie zu verstehen und deutete auf das Wartezimmer, worin der Mann auch wortlos verschwand, als der junge Baku Zan wieder vor den Tresen trat.

„Ayume, gib den jungen Mann ein Mittel gegen seine Bauchschmerzen und erklär ihm, wie er es einzunehmen hat, danach kannst du den nächsten Patienten zu mir ins Behandlungszimmer schicken.“, forderte der Arzt, als er die Patientenakte in Ayumes zierliche Hände legte, kurz inne hielt, sie anblicke und dann schulterzuckend wieder in seinem Zimmer verschwand. Was hatte er denn?

Schnell schritt die junge Schwarzhaarige an das Regal mit den Medikamenten heran und holte die Mischung für die Bauchschmerzen hervor.

„Am besten ist es, wenn sie einen Teelöffel voll direkt vor dem Essen nehmen. Das schützt den Magen vor weiteren Schädigungen.“, erklärte sie, als sie den jungen Mann, der sie verlegen anlächelte, die Flasche in die Hand drückte.

„Vielen Dank, Ayume und einen schönen Tag wünsche ich dir.“, gab er von sich, ehe er eilig die Praxis verließ. Er war in letzter Zeit auffällig oft hier.

Schulterzuckend schnappte sich die Schwarzhaarige die nächste Akte, als sie ins Wartezimmer trat. Der Mann mit den goldenen Augen hing zusammengesunken am Tisch und rang nach Atem. Sofort ließ die Jugendliche die Akte fallen und eilte zu dem keuchenden Mann, während sie zeitgleich nach dem Doktor rief. Auch dieser kam sofort angerannt und forderte, dass Ayume mit in das Behandlungszimmer kommen sollte.

Sie brachten den Mann, gestützt ins Zimmer und legten ihn auf der Liege ab, während der Arzt sich bereits daran machte die wichtigsten Vitalzeichen zu messen.

Langsam beruhigten sich die Symptome des Mannes, als er sich schon wieder aufsetzen wollte.

„Mister, es ist besser sie bleiben noch etwas liegen.“, befand Ayume, woraufhin ihr der Arzt ein zustimmendes Nicken schenkte.

„Geht schon. War… nur das alte Herz.“, knurrte der Mann und setzte sich trotzdem auf.

„No Kuro Ibiki, seien sie vernünftig.“, appellierte der groß gewachsene Arzt, was ihm nur einen einfachen Seitenblick des alten Mannes einbrachte.

„Hab mich nur aufgeregt.“, knurrte Kuro und fuhr sich durch die Haare. „Altes Kriegsleiden.“, schloss er, wobei Ayume der besorgte Blick ihres Chefs nicht entging.

„Bei aller Liebe, Sir. Sie müssen sich schonen, wenn sie ein schwaches Herz haben. Ärger macht ihre Beschwerden nicht besser. Haben sie schon einmal in Gartenarbeit versucht? Sie soll entspannend wirken.“, gab Ayume von sich, als sie bereits die Instrumente, die der Arzt benötigt hatte desinfizierte und wieder sorgsam auf ihren Platz zurück legte.

Etwas verwundert lagen die Blicke beider Männer auf ihren Rücken, was sie schaudern ließ. Hatte sie etwa was Falsches gesagt?

Mit gesenktem Blick verbeugte sich das Mädchen vor dem fremden Mann und schritt zur Türe.

„Verzeihung.“, murmelte sie nur noch, als sie schon aus dem Raum verschwand.
 

Mit einem Korb bewaffnet schritt Ayume durch den Markt, auf den Tom sie geschickt hatte. Mit dem gekrakeelten Einkaufszettel kämpfte sie sich durch die Massen an Hausfrauen, die ihre Besorgungen für das abendliche Essen erledigten. Plötzlich fiel ihr Blick auf einen sorgsam gepflegten, alt japanisch eingerichteten Garten, inmitten von Kirschbäumen stand ihr heutiger Patient Ibiki No Kuro und schien zu meditieren. Eine seltsame Aura umfing das junge Mädchen, als sie, wie in Trance immer näher an den Zaun trat und den alten Mann nicht aus den Augen ließ.

Plötzlich öffnete er die Augen und blickte direkt in Ayumes Gesicht, welche sich ertappt umwandte.

„Na? Hat sich die Gartenarbeitsfrage geklärt, junges Fräulein?“, ein schiefes Lächeln zeichnete sich auf seinen Zügen ab, was ihn sogleich um Jahre jünger wirken ließ. Auch Ayume versuchte sich an einem leichten Lächeln, als sie nickte.

„Jedoch hätte ich da noch die ein oder andere Frage, darf ich dich auf einen Tee einladen?“ Verwundert legte nun die Schwarzhaarige ihre Augen auf sein Gesicht. Es war ernst, genauso, wie heute in der Arztpraxis. Hatte er es etwa bemerkt? Etwas nervös wusste sie nicht, was sie erwidern sollte, als er ihr schon die Entscheidung abnahm.

„Ich beiße dir schon den Kopf nicht ab. Los.“, forderte er, dieses Mal in einem Ton, der keine Widerrede zuließ.

Vom Teufel besessen

„Ayume, nicht wahr?“, hakte Ibiki nach, während er mit geschlossenen Augen die Tasse an seinen Mund führte.

„Ja, Sir.“, gab das Mädchen zu und tat es ihm gleich, wobei sie den Blick nicht von ihrem Gegenüber nahm.

„Nach was schmeckt dieser Tee für dich?“, hinterfragte der alte Mann, als er das Keramik auf den kleinen Untersetzer auf dem Tisch stellte und seinen goldenen Blick auf die Schwarzhaarige legte.

Ayume durchfuhr ein kalter Schauder. Sie hatte keine Ahnung, was in ihm vor sich ging. So durchschaute sie jeden Menschen innerhalb weniger Minuten, doch bei Ibiki No Kuro lief sie gegen eine Wand. Es schien fast so, als könnte er sich hinter einer mentalen Mauer verbergen.

Etwas bang rutschte das Mädchen auf ihrem Stuhl hin und her, wobei sie sich genau überlegte, was sie auf diese seltsame Frage antworten sollte.

„Er schmeckt nach grünem Tee mit etwas Zitrone und Honig.“, gab sie wieder, was auch vollkommen der Wahrheit entsprach, trotzdem verzog Ibiki nachdenklich das Gesicht.

„Hast du keinerlei Assoziation zu dem Geschmack? Gewöhnlich antworten Menschen auf diese Frage mit Erinnerungen.“, betonte der Mann.

Erinnerungen? Nun verzog auch die junge Schwarzhaarige das Gesicht. Sie hatte keine guten Erinnerungen. Keine, die sie dem alten Mann berichten wollte.

„Tut mir Leid.“, gab Ayume schlicht von sich, während ihre Vergangenheit, Dinge, die sie vergessen wollte, wie ein wildgewordener Sturm über sie hereinbrach.

„Das braucht dir nicht Leid zu tun, Ayume. Das zeigt mir nur, dass du eine sehr realistische junge Dame bist.“, merkte Ibiki an.

„Du kommst aus Caterville, richtig?“, hakte der Alte nach, nachdem Ayume nicht auf seine Aussage reagierte.

„Ja, Sir.“, meinte sie schlicht. Natürlich hatte er, wie jeder Andere in diesem Dorf auch, den Zeitungsartikel gelesen. Auch sie hatte, neugierig, wie sie war, einen Blick über das Käseblatt geworfen. Das einzige Gute an diesen verlogenen Artikel war das Bild von Nabiki und ihr gewesen, welches sie sorgsam heraus getrennt und nun eingerahmt auf ihrem Nachttisch stehen hatte.

„Dann stimmen die Gerüchte, die man von dir hört?“, hakte Ibiki tiefer nach.

Die Menschen hier waren sehr freundlich zu Ayume, auch wenn sie das leichte Misstrauen in ihren Blicken spüren konnte, so versuchten die Menschen hier, sie nicht zu verurteilen. Viele Patienten in Dr. Kurotsurus Praxis hatten ihrer Geschichte schon auf den Grund gehen wollen, doch sie beließen es meist dabei, wenn sie merkten, dass Ayume nicht darüber sprechen wollte.

„Welche Gerüchte?“, forschte das junge Mädchen, wobei sie sich beinahe schon sicher war, dass der alte Mann von dem Zeitungsartikel sprach.

Blitzschnell war Ibiki von seinem Stuhl hochgefahren, welcher sogleich polternd hinter ihm zu Boden fiel und im Augenwinkel nahm die Schwarzhaarige eine schimmernde Klinge wahr, welche direkt auf ihren Kopf zuraste. Erschrocken konnte sie im letzten Augenblick schützend den rechten Arm hochheben, wobei sie bereits mit geschlossenen Augen auf den unglaublichen Schmerz wartete.

Stattdessen war ein ohrenbetäubendes Klirren zu hören und der Aufprall auf ihrer Haut fühlte sich seltsam unecht an.

„Ich wusste es doch. Eine Teufelsfrucht.“, knurrte Ibiki, während er sein Schwert betrachtete, welches von dem Aufprall zersplittert war.

„Teu… Teufelsfrucht? Sie hätten mir beinahe den Kopf von den Schultern geschlagen!“, keuchte Ayume, die sich ihren rechten Arm an die Brust drückte und eilig von ihrem Stuhl hochfuhr. Geschockt wich sie einige Schritte zurück.

„Hätte ich nicht, nein.“, grummelte der Mann, als er bedenkenlos das zerstörte Schwert ins Gras fallen ließ, seinen Stuhl aufrichtete und wieder Platz nahm.

Einen bitteren Augenblick lang herrschte Stille, als der alte Mann erneut einen Schluck von der Tasse nahm und Ayume entsetzt auf ihre Hände starrte.

Was war das gewesen? Diese Kälte, die sie plötzlich verspürt hatte und dieses Kribbeln im gesamten Körper. Wie konnte es sein, dass sie die Klinge eines Schwertes zerbrechen konnte, ohne selbst eine Waffe getragen zu haben? Ein Wirbel aus Fragen kreiste in ihrem Kopf, als sich Ibiki räusperte.

„Es ist nahezu unmöglich dich zu verletzen, dank deiner Teufelskraft. Dein Körper reagiert von selbst auf Gefahr.“, merkte er schlicht an.

Ayume seufzte bitter. Auch, wenn es ihr nicht behagte, so setzte sie sich skeptisch zurück auf ihren Stuhl. Dieser Mann, so seltsam er auch war, war der einzige Mensch, der ihre Fragen beantworten konnte.

„Teufelskraft?“, begann sie ihre zittrige Stimme zu erheben.

„Teufelskraft. Ich merke du hast keine Ahnung.“, grummelte Ibiki und fuhr sich mit der Hand über das Gesicht.

Natürlich hatte Ayume keine Ahnung wovon er sprach. Teufelskraft und Teufelsfrucht klang genauso absurd, wie die Tatsache, dass sie von dem Geist des Shikigamis befallen gewesen wäre. Dennoch musste sich die Schwarzhaarige eingestehen, dass soeben etwas geschehen war, was sich nicht mit einfachen Worten beschreiben ließ.

„Ich mache dir einen Vorschlag, Ayume.“, richtete der Mann seine goldenen Augen wieder direkt auf das junge Mädchen, die dieses Mal seinem Blick stand hielt.

„Welchen Vorschlag?“, hinterfragte sie, wobei ein Hauch Skepsis in ihrer Stimme mitschwang. Doch war es verwunderlich?

„Ich werde dein kleines Geheimnis für mich behalten, wenn du mir erlaubst deine Teufelskräfte zu studieren. Ich will sehen wozu du in der Lage bist, was auch für dich ein gutes Training sein wird.“, handelte der Mann, weswegen sich eine erneute Frage in Ayumes Kopf zusammen braute.

„Warum?“, kam es ihr einzig von den Lippen.

„Das ‚warum‘ hat dich nichts anzugehen. Entweder du stimmst meinem Vorschlag zu, oder ich gehe zur Marine und melde, dass du dich in diesem Dorf befindest.“

Ayume grübelte einen Moment lang über seine Worte. Was würde geschehen, wenn die Marine von ihrem Aufenthaltsort wusste? Sie wollte es jedenfalls nicht herausfinden.

„Dann stimme ich zu.“, kam es etwas resigniert von ihren Lippen, woraufhin der alte Ibiki jedoch ein fröhliches Lächeln aufsetzte.

„Besuch mich morgen Abend wieder, dann kann die erste Trainingsstunde beginnen.“
 

Noch immer grübelnd über die Worte des alten Mannes, lag sie in ihrem Bett. Ihr Blick war an die Zimmerdecke geheftet. Teufelskräfte? Es klang, als sei sie wirklich von Etwas besessen. Ungläubig hob sie ihre Hände vors Gesicht und blickte jede einzelne Wölbung genau an. Nein, es war nichts Ungewöhnliches zu erkennen. Dieses seltsame Gefühl, was sie bei diesem Zwischenfall überkommen hatte, ließ die junge Schwarzhaarige nicht los. Es war, als sei ihr Körper für den Hauch einer Sekunde komplett erkaltet. Teufelsfrüchte. Dieses Wort hallte in ihrem Kopf wieder, als sie sich an die widerliche Frucht erinnerte, die sie von dem Shikigami bekommen hatte. War es etwa eine Teufelsfrucht gewesen? Sprach der Zeitungsartikel doch die Wahrheit und sie war nun von den Geist des Piraten besessen? Eine Gänsehaut zog sich über ihren gesamten Körper, als sie diesen Gedanken fasste. Was sollte nun aus ihr werden? Sicherlich war dies der Grund, warum die Marine nach ihr suchte. Vermutlich würden sie die Schwarzhaarige für ihr Verbrechen zur Rechenschaft ziehen wollen.

„Wenn ich es nicht schaffe, dann musst du aufs Meer hinaus segeln und du musst eine der größten Piraten aller Zeiten werden, okay?“, drang die vertraute Stimme ihrer besten Freundin in ihren Kopf vor. Nabiki. Das Mädchen griff nach dem Bilderrahmen und hielt ihn sich vors Gesicht. Die Rothaarige lächelte freudig aus dem Bild heraus, während sie selbst ein gezwungenes Lächeln aufhatte. Sah sie immer so bescheuert aus?

„Wie soll ich denn auf das Meer hinaus segeln, ohne Schiff und ohne Unterstützung? Wie soll ich denn ein berühmter Pirat werden, wenn ich von einem Teufel besessen bin und die Marine schon jetzt nach mir sucht? Sie werden mich exekutieren, ehe ich es überhaupt in die Nähe der Grand Line schaffe. Ich kann noch nicht mal ein Schwert halten.“, beklagte die Jugendliche ihr Leid vor dem Bild ihrer Freundin. So, als erhoffte sie sich eine Antwort, starrte sie noch einige Minuten stumm auf den Rahmen, ehe sie ihn resigniert zurück auf den Nachttisch stellte.

„Ich werde niemals fünf Minuten gegen den Shikigami bestehen können.“, murmelte die Schwarzhaarige, ehe sie endlich die Erschöpfung übermannte und sie in einen unruhigen Schlaf fiel.
 

Ayumes Alptraum:
 

Gehetzt rannte das kleine Mädchen durch die leergefegten Straßen ihrer Heimat.

Warum war sie so spät auch nur nochmal aus dem Haus gegangen? Sie wollte doch nur nach dem Rechten sehen, als sie das Geschrei der Kinder vor dem Haus wahrgenommen hatte. Nie hätte sie sich zu träumen gewagt nun selbst eines dieser schreienden Kinder zu sein.

Das Getrampel ihrer Verfolger wurde immer lauter, je weiter sie sich durch die Straßen kämpfte. Ein erstickter Schrei entkam ihr, als sich das gesamte Gewicht des Mannes, der hinter ihr her war, auf sie legte und sie somit zu Boden rang.

„Dieses Mal hab ich dich, Goldvögelchen.“, raunte seine Stimme an ihrem linken Ohr.

Hektisch versuchte sie um sich zu schlagen, zu treten und zu kratzen, doch all das waren nur erbärmliche Versuche, die den Angreifer absolut kalt ließen.

„Na, ein ziemlich widerspenstiges Biest.“, drang eine weitere Stimme an Ayumes Ohren, als ein zweiter Mann keuchend aus einer Seitengasse kam.

Die beiden Männer waren bekannt dafür, dass sie regelmäßig die Straßenkinder verschwinden ließen. Schon oft hatte es Ayume geschafft ihnen zu entkommen, doch nun saß sie in der Falle.

Ihr Peiniger erhob sich gekonnt und packte das schwarzhaarige Mädchen unsanft am Kragen ihres dunkelblauen Kleides, ehe er sie mit einem bösen Lächeln musterte.

„Wenn uns diese Augen nicht einen stolzen Preis einbringen. Was denkst du?“, knurrte der junge Mann, der Ayume in seinem eisernen Griff hielt. Der Zweite trat nahe an seinen Gefährten heran, ehe auch er ein schiefes Grinsen aufsetzte.

„Ja, sie ist unser bestes Stück, seit Langem.“, bestätigte er, woraufhin sie das Mädchen unsanft an den Armen und Beinen verschnürten, ihr einen Knebel in den Mund zwangen und sie über die Schulter gelegt zum Hafen trugen.

Einige Zeit lag sie, starr vor Kälte und Nässe, im Frachtraum. Zusammen mit einigen anderen Kindern, die sich in keiner besseren Verfassung befanden. Der Hunger und der Durst nagten an dem zierlichen kleinen Leib und hielten sie wach, während sie sich fragte, was sie nur angestellt hatte, um so bestraft zu werden. Was würde der alte Mister Hopkins wohl denken, wenn sie nicht mehr nach Hause kam? Würde er überhaupt nach ihr suchen?

Irgendwann, sie wusste nicht mehr, wie lange sie schon im Dunkeln lag, wurde die Frachtraumtüre aufgerissen und die beiden Peiniger, gefolgt von weiteren düsteren Männern, betraten den Raum.

Der Erste deutete nur auf einige Kinder, während die Männer genau jene zusammensammelten und aus dem Raum brachten. Ayume war eine von ihnen.

Bittere Angst und Panik machten sich in dem gefesselten Mädchen breit, als auch sie an der Reihe war. Das Tageslicht schlug ihr unbändig ins Gesicht, als sie sich vor einem jubelnden und tobenden Publikum, auf einer Art Bühne, wiederfand. Zu ihrer Rechten stand ein großgewachsener pummeliger Mann, der einen edlen Gehstock in der Hand hielt. Auf seinem Kopf war ein Zylinder, um seinen Hals eine rosarote Federboa. Alles in allem wirkte er sehr suspekt. Sein Lächeln war ungetrübt, als er den Blick auf das Kind legte und sogleich seine hohe und schrille Stimme erhob:

„Ah, da haben wir das angekündigte Highlight des Tages, verehrte Damen und Herren. Sie mag vielleicht sehr dürr sein und auch noch ein wenig jung. Das Gesicht wirkt ein wenig ausgezerrt, aber hinter dieser leicht lädierten Fassade befindet sich eine makellos reine Haut. Die Haare sind vom Transport zerrupft und zerzaust, dennoch seht, wie sie im hellen Licht der Sonne glänzen und nun zu dem eigentlichen Höhepunkt!“, damit trat der pummelige Mann an das Mädchen heran, die ängstlich die Augen aufriss, als er sie am Kinn griff und ihr Gesicht direkt in die Menschenmenge hielt. Ein erstauntes Raunen ging durch die Münder. „Diese Augen!“, brüllte der Händler über die Köpfe der Zuschauer hinweg. „Dieses Mädchen macht sich nicht nur gut als Sklavin, welche mit ihren dünnen Händen in jedes Eck des Hauses gelangt, nein, sie ist zudem, egal für was man sie begehren sollte, ein absoluter Hingucker!“, pries sie der Mann den Menschen an. Ayume senkte gedemütigt den Kopf. Sie fühlte sich, wie auf einer Fleischschau, in der sie zum Verkauf stand. Eine einzelne Träne löste sich aus ihren Augen, als sie sich erneut fragte, ob es nicht besser gewesen wäre, wenn sie damals im Bach ertrunken wäre. Wie sehr sie ihre Augen hasste.

„Wir beginnen mit einem unglaublichen Startgebot von achtzehntausend Berry!“, brüllte der Händler feierlich, als schon die Gebote in die Höhe schossen. Es wurde gelacht, geraunt, gerufen und geboten, bis er den Hammer senkte.

„Verkauft für hunderttausend Berry an die blonde Dame in der dritten Reihe.“, schrie der pummelige Mann über die Rufe der Menge hinweg, was Ayume dazu brachte ebenfalls noch einmal ihren Blick zu heben. Die Käuferin fing ihren Blick auf und sogleich war Ayume klar, nun war sie in der Hölle gelandet.
 

Ende.
 

Völlig apathisch war sie aus ihrem Traum aufgeschreckt und noch immer, obwohl es früher Abend war, zog sich das beengende Gefühl in ihrem Brustkorb zusammen. Vorsichtig durchschritt das Mädchen den Vorgarten des alten Mannes, nur um an der Türe festzustellen, dass er bereits auf sie wartete.

„Guten Abend, Mister Kuro.“, gab sie von sich, während sie seinen seltsamen Aufzug mit erhobener Augenbraue musterte.

Er steckte in einem weißen Keikogi, an dessen Gürtel sich zwei scharfe Katanas befanden, was das Mädchen zunächst hart schlucken ließ. Die Erinnerung an den Zwischenfall mit dem ersten Schwert lag ihr noch immer schwer im Magen.

Ihren skeptischen Blick konterte der alte Mann mit einem einfachen Grinsen, als er sie herein bat.

Etwas zögerlich zwängte sie sich an ihm vorbei in den langen Flur, der sich durch den Bungalow erstreckte.

„Zunächst auf einen Tee, Ayume. Ich möchte dir einiges erklären, ehe wir mit der ersten Stunde beginnen.“, meinte Ibiki freudig, als er die Schwarzhaarige schon unsanft in ein steril weißes Zimmer schob. Ein niedriger Tisch war in der Mitte des Raumes platziert, umgeben von vier Sitzkissen. An zwei Plätzen stand schon das Teeservice bereit. Er hatte den Abend wirklich schon vorbereitet.

„Setz dich.“, bat er betont höflich, als er ihr schon etwas Tee in die Tasse goss und seine goldenen Augen auf die Gegenüber richtete.

Wie befohlen ließ sich Ayume auf dem Kissen nieder und verschränkte die Hände auf dem Schoß. Ihr war nicht nach einem Teepläuschchen. Jede Faser in ihrem Körper war bis zum Zerreißen gespannt, während ihre Augen immer wieder zu den Händen des alten Mannes wanderten, auf der Hut, er könnte sein Schwert noch einmal gegen sie erheben. Doch gelassen hatte er beide Hände an seine Tasse gelegt und schlürfte an seinem Tee.

„Mister Kuro, entschuldigen sie meine Ungeduld, aber wollten sie nicht etwas mit mir besprechen?“, forschte das Mädchen nervös.

„Ja, das wollte ich wirklich. Was weißt du von den Teufelsfrüchten, Ayume?“, hakte er nach.

Was wusste sie darüber? Nichts. Sie kam sich so unglaublich dumm vor, schon, wenn sie es sich selbst eingestehen musste.

„Ich habe noch nie davon gehört.“, gab sie an.

Der Grauhaarige nickte verständlich und legte seine Hände zusammengefaltet auf den Tisch. Sicherlich hatte er bemerkt, dass Ayume die Gegenwart seiner Schwerter nervös machte.

„Es gibt Dinge auf dieser Welt, die man nicht versteht. Teufelsfrüchte sind eine Art davon. Man sagt ihnen nach, dass sie der Person, die sie zu sich nehmen, übermenschliche Kräfte verleihen, sogenannte Teufelskräfte. Woher diese Kräfte kommen weiß niemand. Man spekuliert, dass es sich vielleicht um einen Teufel handelt, der Besitz von der Seele ergreift. Andere hingegen behaupten, dass die Macht der Elemente in einen fährt und man eins mit der Natur wird.“, begann Ibiki seine Stimme zu erheben.

Also war sie doch von einem Teufel besessen? In ihrem Kopf spielten sich bereits die wildesten Szenarien ab, die wohl in ihren Körper vorgehen mussten.

„Tatsache ist, dass diese Früchte sehr mächtig sind und ihren Nutzer Kräfte verleihen, die ihn, wenn er sie denn beherrscht, zu einem unglaublich starken Kämpfer machen. Jedoch fordert diese Frucht einen Tribut. Sie hat eine gefährliche Schwachstelle.“

Nun horchte Ayume auf. Sie hatte nun eine bestimmte Schwachstelle, die jeder kannte, der wusste, dass sie von einer Teufelsfrucht gegessen hatte? Sie sah ihre Chancen ein berüchtigter Pirat zu werden immer weiter schrumpfen.

„Diese Schwachstelle ist das Wasser.“, beendete Ibiki seine Erzählung und wartete auf Ayumes Reaktion.

„Wasser?“, hinterfragte sie verwirrt. Schon einige Male war sie Baden gewesen und auch der Regen hatte sie schon erwischt. Es war nichts geschehen. War sie vielleicht doch nicht besessen?

„Sobald du in ein tiefes Gewässer fällst gehst du unter, wie ein Stein. Du kannst deine Teufelskräfte nicht mehr selbst steuern und dein Körper wird dir jegliche Bewegung verweigern.“

Ayumes Augen weiteten sich. Nicht, dass Schwimmen nun zu ihren liebsten Beschäftigungen gezählt hatte, aber die Aussicht von einem Schiff zu fallen und sofort erbärmlich zu ertrinken war alles andere, als rosig, vor allem, wenn man vorhatte ein Pirat zu werden.

„Kann… kann man diese Teufelskraft irgendwie wieder loswerden?“, wollte das Mädchen wissen, was es fertig brachte, dass Ibiki in schallendes Gelächter verfiel.

„Du kannst dich ins Meer stürzen, wenn du tot bist, dann bist du deine Teufelskraft auch los.“, prustete er.

Ayume verzog das Gesicht. Na danke auch, bedachte sie. Sie war total ahnungslos und kaum stellte sie ihre erste Frage, schon wurde ihr der Tod geraten.

„Was mache ich jetzt?“, statt gedanklich kam es ihr laut von den Lippen.

„Willst du denn aufgeben? Dich bemitleiden und hier auf dieser Insel deinen Lebensabend fristen, indem du dir jede Minute vorhältst ein Monster zu sein?“, stellte Ibiki die Gegenfrage und sein Gesicht wurde schlagartig wieder ernst.

Wollte Ayume das? Ganz sicher nicht! Sie hatte Nabiki versprochen einer, der größten Piraten zu werden und auch, wenn nun ein Teufel in ihr wohnen sollte, wenn sie nie wieder schwimmen konnte und selbst, wenn es hieß, dass sie ihren Kopf unter den Arm zur Grand Line tragen musste, sie würde alles auf sich nehmen, nur um das Versprechen, was sie ihrer teuersten Freundin gegeben hatte zu erfüllen. Ganz nebenbei sann ihr Herz nach Rache. Die Vergeltung für Nabiki gegen diesen Weltaristokraten, der sie auf dem Gewissen hatte. Mit einem Mal war der Kampfgeist, den sie irgendwann die letzten Wochen verloren hatte, wieder zu dem Mädchen zurück gekehrt. Sie straffte die Schultern, doch ehe sie etwas erwidern konnte, kam ihr der Grauhaarige zuvor.

„Ich denke nicht, wenn ich das Funkeln in deinen Augen betrachte.“

„Wenn ich sie nicht mehr loswerde, wie kann ich sie beherrschen?“, fragte das Mädchen, während sie sich wieder ins Gedächtnis rief auf ihr Gesicht zu achten. Sie wollte dem Mann vor ihr nicht sogleich alles offenbaren, was sie dachte.

„So gefällst du mir schon besser. Und genau dem wollen wir heute Abend auf den Grund gehen. Den ersten Auslöser für deine Kraft haben wir bereits gefunden. Gefahr.“
 

Keuchend sank Ayume in die Knie. Ihre Kraft war komplett aufgebraucht und bitter brannten die Stellen, an denen das Übungsschwert aufgeschlagen war. Einige dieser Stellen verfärbten sich auch schon blau und schwollen an.

„Du musst dich konzentrieren. Deine Kraft hängt von deinen Gedanken ab. Du wirst sie nie beherrschen, wenn du nicht bei der Sache bist.“, damit warf er das achte zersplitterte Holzschwert in die Ecke.

An seinen Bewegungen und den Ausführungen seiner Schläge hatte das Mädchen schnell erkennt, dass sie es hier mit einem erfahrenen Kämpfer zu tun hatte. Er schien nicht einmal aus der Puste gekommen zu sein, während sie am Ende ihrer Kräfte auf dem Boden kauerte und sich selbst bemitleidete. Nur ein einziges Mal hatte Ayume es geschafft ihre Kraft genau auf den Ort zu konzentrieren, an dem das Schwert aufschlug, den Rest der Übung waren ihre besagten Teufelskräfte nur zufällig zum Vorschein gekommen. Zum Beispiel, als sie nach einem Schlag seitlich gegen das Regal stolperte, sich daran festhalten wollte und es versehentlich in der Mitte teilte.

Wenn das so weiter ging, dann würde sie sicher Toms Haus komplett in Schutt und Asche verwandeln, denn ihre Körperkanten verformten sich zu rasiermesserscharfen Klingen und ihr Körper schien aus Metall zu bestehen. Kein Wunder, dass sie im Wasser versinken würde, wie ein Anker.

„Steh auf. Wir beenden die Übung für heute. Morgen gleiche Zeit.“, mit dem Satz streckte ihr der Alte die Hand entgegen, welche sie sich zunächst nicht traute zu ergreifen. Aus Angst sie könnte ihm seine Hand abschneiden, doch zum Glück war es nicht der Fall.

Sie musste dringend ihre Kräfte beherrschen lernen, denn so war sie nur eine Gefahr für die Menschen um sie herum und das erste Mal in ihrem Leben waren es Personen, die sie neben Nabiki ins Herz geschlossen hatte. Ja, sie konnte sagen, sie war hier Zuhause.

Strafe muss sein

Ein ohrenbetäubendes Krachen schaffte es, dass der Koch, der immer nahe am Rand seines Bettes schlief, erschrocken aus den Federn fiel. Schmerzlich rieb er sich die Knochen, als er seine Augen bereits verengte. Seine Laune war soeben gen Nullpunkt gesunken. Was hatte das Mädchen jetzt wieder angestellt? Nicht, dass sie vor zwei Tagen erst das teure Teeservice in tausend Bruchstücke geteilt hatte, nein, sie hatte es auch fertig gebracht ein menschenkopfgroßes Loch in die hintere Hausmauer zu schlagen. Wie sie dazu in der Lage gewesen war, wollte Tom gar nicht wissen. Eilig rappelte er sich hoch, als er schon seine Schlafzimmertüre aufriss und polternd die Treppen ins Erdgeschoss hinunter rannte. Als er ins Wohnzimmer kam, sah er die Schwarzhaarige, die noch immer über den massiven Holztisch gebückt stand. Er war in zwei Teile gespalten und in der Mitte lag eine zerbrochene Tasse, deren dampfender Inhalt sich gerade über die Bodendielen verteilte.

„Wie, bei allen nackten Meerjungfrauen dieser Welt, hast du das angestellt? Das war ein verdammter Eichenholztisch!“, entkam es dem Mann, als er sich die Hand auf die Stirn schlug.

Ertappt hob Ayume den Kopf und setzte ein verzweifeltes und beschämtes Lächeln auf.

„Ich werde den Schaden bezahlen, Tom.“, kam es ihr vorsichtig über die Lippen.

„Du wirst den Schaden be… DU WIRST DIESES VERKACKTE GESCHIRR AUS DER KÜCHE ABSPÜLEN UND WENN DU DAMIT FERTIG BIST, SPÜLST DU GEFÄLLIGST AUCH DAS AUS DEM RESTAURANT, BIS DIR DIE FINGER BLUTEN, FRÄULEIN!“, brüllte der Koch, dessen Gesicht einen gefährlichen feuerroten Ton angenommen hatte.

„Ja, Tom.“, murmelte Ayume und senkte den Blick. Genau deswegen galt es ihre neuen Fähigkeiten zu beherrschen. Sie wollte dem Menschen, der sie bei sich wohnen ließ, nicht noch mehr Schwierigkeiten bereiten.

„Schaden bezahlen…“, grummelte der Koch noch einmal, als er resigniert aus der Türe trat.

Tom war kein Gauner. Er wusste, dass Ayume nur wenig Geld in der Praxis verdiente, dieses jedoch eisern in einem kleinen Glasgefäß in ihrem Zimmer sparte. Er würde einen Teufel tun und ihr dieses Geld abnehmen, aber Strafe musste bekanntlich sein.

Gerade stellte das Mädchen den letzten Teller in den Hängeschrank und freute sich, dass das gesamte Geschirr die Tortur überlebt hatte, als ihr Blick auf die Wanduhr fiel.

„Verdammt…“, entkam es ihr, als sie schon auf die Schwingtür zustürzte. Es war bereits fünf vor acht Uhr morgens, doch das war nichts Ungewöhnliches mehr. Dennoch ärgerte sich Ayume darüber, dass sie jeden Morgen diese Hektik verbreiten musste. Als sie an die Türe griff, gab diese ungewöhnlich leicht nach, als schon der vordere Teil, wie von einem Messer durchtrennt laut polternd zu Boden fiel. Verzweifelt schlug sich das Mädchen an die Stirn. Seitdem sie mit Ibiki trainierte passierte das viel häufiger, als zuvor.

„Tut mir Leid, Tom. Ich werde morgen und übermorgen auch das Geschirr aus dem Restaurant spülen.“, rief sie durch das Haus, woraufhin eine wüste Welle an Flüchen folgte, die der Koch ausstieß. Er musste nicht erst sehen, dass Ayume erneut seine Einrichtung zerstört hatte.

Eilig rannte sie, wie jeden Morgen durch die Straßen ihrer neuen Heimat, grüßte ein paar bekannte Gesichter, während sie eine Sekunde, bevor der Doktor die Praxis betrat ebenfalls eintraf.

„Guten Morgen, Doktor.“, keuchte das Mädchen völlig außer Atem, was dieser nur mit einem leichten Lächeln quittierte.

„Guten Morgen, Ayume. Zu viel Sport in den frühen Stunden ist nicht gesund für den Körper, hörst du? Lieber einen gesunden Orangensaft und ein ausgewogenes Frühstück. Du bist viel zu dünn, Kind.“, meinte Dr. Kurotsuru freundlich und legte der verblüfften Ayume eine kleine Box in die Hand.

„Sieh es als Geschenk, weil du so fleißig bist.“, schmunzelte er, schritt an ihr vorbei ins Behandlungszimmer.

„Mister Backenzahn!“, grölte währenddessen Miss Hennings im Wartezimmer, als der bekannte Junge sich erhob und hinter der alten Frau in Richtung Arztzimmer schritt.

„Miss Hennings, eine Türe weiter.“, schmunzelte Ayume, nickte dem jungen Mann zu und stellte sich hinter den Tresen, wo sie eilig ihren weißen Kittel überzog.

„Ich weiß, Blume!“, zischte die Alte und der Tag nahm seinen gewohnten Lauf.
 

Fröhlich schritt das Mädchen nach Feierabend aus der Praxis und studierte die kleine Kiste, die sie von dem Arzt erhalten hatte. Was mochte bloß drinnen sein? Ayume konnte es kaum erwarten sie zu öffnen, doch zunächst schritt sie auf das Restaurant zu, in dem Tom arbeitete. Ob er noch böse war wegen der Tür?

Vorsichtig öffnete sie die Türe zum Gastraum, als ihr schon der Geruch von verschiedensten Speisen in die Nase stieg. Sie durchschritt den Raum und trat auf den Tresen zu, wo ein jüngerer Mann mit einem Schnurbart eilig einige Getränke zapfte.

„Entschuldigung, Sir. Ich suche nach Tom.“, gab sie von sich, woraufhin der Wirt den Kopf hob, sie mit einer erhobenen Augenbraue musterte, ein Lächeln aufsetzte und sich herum wandte. Durch die kleine Luke an der Wand hindurch brüllte er:

„Tom? Da ist ein Mädchen, das dich sehen möchte!“

Mit einem Mal waren alle Augenpaare auf die Schwarzhaarige gerichtet, die nervös auf der Stelle tippelte.

„Brüll doch hier nicht so rum, du Tresentänzer. Is meine Nichte, schick sie in die Küche, verdammt nochmal.“, kam die Antwort umgehend.

Er war wohl hier auch nicht für seine Freundlichkeit bekannt.

„Die nächste Türe rechts.“, knurrte der Wirt, woraufhin sich Ayume abwandte und in die Küche ging.

Nichte. Ein feines Schmunzeln kam über ihre Lippen, als sie dem regen Treiben der Köche zusah, die von Tom angetrieben wurden.

„Das soll eine Tellerrandverzierung sein? Ich sag dir, was das ist! Das ist Pampe. Pampe in Farbe, vermischt mit Dummheit, verstrichen mit einem Löffel, damit es Form hat.“, knurrte der Koch, nahm den Teller und warf den Inhalt auf den Müll.

„Das versuchst du jetzt solange, bis du im Schlaf mein Gesicht auf den Boden dieses verdammten Tellers malen kannst, hast du mich verstanden?“, damit gab er dem eingeschüchterten jungen Burschen den Teller zurück und wandte sich mit verengten Augen an die Schwarzhaarige.

„Bist ja endlich! Ich dachte schon du drückst dich.“, sein Ton wurde etwas weicher, als er auf sie zuschritt, an der Schulter nahm und durch die Küche führte.

„Herzlich willkommen in meinem Reich und wie du dir denken kannst, habe ich jegliches Geschirr, was heute angefallen ist für dich aufgehoben. Meine Tellerwäscher haben sich über den freien Tag sehr gefreut. Ich soll dir danken.“, murrte der Koch, schob Ayume unsanft in ein kleines Hinterzimmer, in dem sich das Geschirr nahezu hoch bis zur Decke stapelte.

„Keinen Krümel vergessen. Ich will mein Gesicht darin spiegeln können, wenn du fertig bist, verstanden?“, knurrte er.

„Ja, Tom.“, seufzte die Schwarzhaarige, strickte sich die Ärmel ihrer Bluse hoch und begann schon einmal das Wasser in das Spülbecken zu füllen.

Ja, Strafe musste sein. Sie würde das nächste Mal sicherlich dreimal darüber nachdenken das Haus zu verwüsten, schmunzelte Tom, als er hinter sich die Türe schloss.
 

Nach einigen Stunden beschloss der Koch seine vermeintliche Nichte von der Strafarbeit zu befreien und gleichzeitig nachzusehen, ob nicht all zu viel zu Bruch gegangen war. Als er jedoch die Türe ins Hinterzimmer öffnete, war die Schwarzhaarige dabei den letzten Topf zu schrubben. Tatsächlich hatte sie es fertig gebracht in der kurzen Zeit sämtliches Schmutzgeschirr abzuwaschen und sogar ein wenig zum Glänzen gebracht. Beeindruckt von der Tüchtigkeit seiner Mitbewohnerin vergaß der jähzornige Mann einen Augenblick lang, warum er eigentlich den Raum betreten hatte, als ihm der Teller wieder ins Auge fiel, den er in der Hand hielt.

„Bist ganz schön fix. Mach Schluss für heute. Hier ich hab dir was zu Essen gekocht.“, grummelte Tom, woraufhin sich Ayume verwundert umwandte.

Hatte er wirklich gerade in einem freundlichen Ton mit ihr gesprochen?

„Ich trockne nur eben den Topf fertig, dann komme ich sofort.“, gab sie zu verstehen und lächelte sachte. Heute war ein schöner Tag, beschloss sie.

Sie schritt aus der Türe und bemerkte, dass die Küche, bis auf wenige Köche, die gerade ihre letzten Überreste des Tages beseitigten komplett leer war. Auch der Gastraum war bereits dunkel, als Tom direkt vor sie trat.

„Setz dich.“, forderte er, stellte den Teller auf einen kleinen Klapptisch ab und setzte sich dem schwarzhaarigen Mädchen gegenüber.

„Vielen Dank, Tom.“, entkam es ihr, als sie das Werk des Koches bestaunte.

„Hast sicher den ganzen Tag nichts gegessen. Irgendwann fällst du um, wenn du nicht auf dich achtest.“, grummelte er, lehnte seinen Kopf auf seine rechte Hand und musterte Ayume, während sie den ersten Bissen in den Mund schob.

Es schmeckte köstlich. So jähzornig und ungehalten er oft war, so ein genialer Koch war er auch, bemerkte das Mädchen gedanklich und freute sich, dass er ihr damit eine Freude bereitete.

„Sag mal, Ayume.“, begann er sich wieder an sie zu wenden.

„Ja, Tom?“, hakte sie hinterher, während er sich eine Zigarette anzündete. Eine ziemlich schlechte Angewohnheit, wie Ayume fand.

„Brauchst nur sagen, wenn du nicht drüber reden willst, aber was hast du eigentlich vor, wenn du genug Geld gespart hast?“, nun hatte er seine braunen Augen direkt auf das Mädchen vor sich gelegt und wartete geduldig auf eine Antwort ihrerseits.

„Ich…“, begann sie und überlegte noch, ob sie ihm wohl die Wahrheit erzählen konnte. Wie würde er reagieren? Vermutlich, wie immer. Aber irgendwo vertraute sie diesem störrischen Mann und er lag ihr am Herzen, weswegen sie es nicht über sich bringen würde, ihn zu belügen.

„Ich wollte mir ein Schiff pachten und zur Grand Line reisen.“, kam es ihr hastig über die Lippen. Jetzt, wo sie es selbst hörte, klang es viel dümmer, als in ihren Gedanken.

Tom wirkte nicht ansatzweise so geschockt, wie sie angenommen hatte, er lächelte sogar ein wenig.

„Was willstn auf der Grand Line? Da isses gefährlich für kleine Mädchen, wie dich.“, gab er zu verstehen. Einen kleinen Moment verzog Ayume beleidigt das Gesicht. Es reichte doch vollkommen, dass sie selbst an sich zweifelte, da musste er das nicht auch noch bestätigen.

„Du erinnerst dich an das zweite Mädchen aus dem Zeitungsartikel? Ich habe ihr versprochen, dass ich ein berühmter Pirat werde.“, platzte es aus ihr heraus und beinahe hätte sie sich erschrocken die Hand vor den Mund geschlagen, doch Toms Lächeln verbreiterte sich schlagartig.

„Wüsste ich nicht, dass du mit einem Handgriff mein komplettes Haus auseinandernehmen kannst, würd ich jetzt sagen, dass du komplett bekloppt bist, junges Fräulein.“, gab er belustigt von sich, was Ayume nun ebenfalls ein leichtes Lächeln ins Gesicht trieb. Er war schon ein toller Mensch.

„Willst den Shikigami suchen, was? Ein Pirat werden, die kleine Ayume. Wenn du berühmt bist, dann erzähl jedem von diesem Restaurant, deinem Onkel Tom und dass sie hierher kommen sollen, verstanden?“, knurrte er gespielt ernst, was Ayume sofort nicken ließ.

„Ich habe mit dem Shikigami eine Abmachung getroffen. Sollte ich es schaffen fünf Minuten gegen ihn zu bestehen, dann darf ich mit ihm reisen.“, gab Ayume zu. Das erste Mal, dass sie jemanden davon erzählte und dann ausgerechnet ihrem Mitbewohner.

„Ey, aber wage es nicht einfach von heute auf morgen abzuhauen, Fräulein. Sonst werde ich dich aufsuchen und dir deinen kleinen Hintern aufreißen. Egal, ob du dann ein mächtiger Pirat, auf einem verfluchten Schiff bist, oder nicht!“, bemerkte er schlicht, zog an seiner Zigarette und blies dichten Rauch in den Raum.

„Verstanden, Tom. Ich gehe nicht, ohne mich von dir zu verabschieden.“, versprach die Schwarzhaarige gerührt von der freundlichen Seite des Koches.

„Und wehe du erzählst irgendjemanden, dass ich nett wäre.“, drohte der Koch, wieder ganz er selbst.

„Versprochen.“, grinste Ayume und warf erneut einen Blick auf die Uhr.

„Ich komm zu spät zum Training!“, entkam es ihr aufgebracht.

„Training? Du lernst mein Haus mit nur einem Blick zu spalten? Ich bin begeistert.“, murrte Tom und schlug sich die Hände vors Gesicht.

„Achwas, nein. Ich versuche meine Kraft zu steuern, damit genau das nicht passiert.“, schmunzelte Ayume und erhob sich.

„Vielen Dank für das Essen.“, meinte sie höflich, wobei Tom schon abwinkte.

„Mach, dass du zu deinem Training kommst. Und lass mir das Haus ganz, wenn du wieder heim kommst!“, scheuchte er sie hinfort. Er musste sich leider eingestehen, dass er sich schon an das junge Mädchen gewöhnt hatte. Ja, sie war ihm sogar schon ans Herz gewachsen. Und ob er wollte, oder nicht, der Gedanke, dass sie eines Tages aufbrechen würde schmerzte ihn ein wenig.
 

„Du kommst spät.“, grummelte der alte Mann, der wie immer an der Haustüre bereits auf Ayume wartete.

„Es tut mir Leid. Ich habe Toms Tisch zerstört und musste dafür in seiner Küche aushelfen.“, gab sie wahrheitsgemäß wieder.

Ibiki zog eine Augenbraue in die Höhe und ließ das Mädchen an sich vorbei ins Haus. Wie immer folgte die Schwarzhaarige dem Flur in den umgebauten Trainingsraum, wo sie dann geduldig auf ihren Lehrmeister wartete. Lehrmeister klang komisch, aber er war genau das geworden.

„Heute beginnen wir mit der zweiten Stufe deines Trainings.“, begann der Grauhaarige zu erklären, als er dieses Mal ein scharfes Katana in der Hand wog.

„Der zweite Teil?“, hinterfragte das Mädchen. Sie war sich sicher noch nicht mal Teil eins ansatzweise gemeistert zu haben, denn noch immer gehorchte ihr die Teufelskraft nicht.

„Wir konzentrieren uns ab jetzt nur noch auf deine Hände. Sie werden deine Waffen. Ich habe gemerkt, dass du oft mit ihnen in die Abwehr gehst. Das sollten wir zu unseren Gunsten nutzen.“, erklärte der alte Mann, als er das Schwert nun vom Körper abhob.

„Ich mache ernst. Mach dir das verständlich. Dies ist kein Übungsschwert.“
 

Ein Lächeln umwob ihr Gesicht, als sie den Tee schlürfte. So hatte sie es heute das erste Mal geschafft ihre Kraft auf die Hände zu konzentrieren und ihrem Lehrmeister ordentlich eingeheizt. Heimlich war sie ein wenig stolz auf sich selbst.

Ibiki saß mit verschränkten Beinen direkt gegenüber und hielt sich noch immer das weise Tuch an die Wange, wo Ayume ihn mit einem einzigen Finger streifte. Die Wunde war nicht tief, aber er hatte das erste Mal die Kraft gespürt, die in dem Mädchen verborgen war. Mit genug Ehrgeiz und Willenskraft würde sie es noch weit bringen, soviel war dem alten Schwertmeister klar.

Moda das Milchmädchen

Drei Jahre später:
 

„Guten Morgen Tom.“, erklang ihre glockenhelle Stimme, als sie dem mürrischen Mitbewohner eine Tasse dampfenden Kaffee servierte. Mit einer hochgezogenen Augenbraue musterte er die junge Frau.

„Warum so gute Laune?“, forschte er nach, was Ayume nur schlicht mit den Schultern zucken ließ.

„Weiß nicht, ich dachte ich tue meinem alten griesgrämigen Onkel etwas Gutes.“, sie setzte sich ihm gegenüber und schenkte ihm ein schlichtes Lächeln.

Das Mädchen hatte sich wunderbar entwickelt. Mittlerweile war ihr Lachen auch ehrlich und erreichte sogar ab und an ihre unergründlichen Augen.

Die Zeiten, in denen sie traurig aus dem Fenster starrte, schienen immer weniger zu werden und alles in allem konnte man behaupten, sie war gut geraten.

Tom könnte sich vor Lob beinahe selbst auf die Schulter klopfen, was er nicht für ein großartiger Onkel war.

„Ich geb dir gleich griesgrämig, Fräulein.“, warnend erhob er seinen Zeigefinger, woraufhin sie ihn unschuldig anblinzelte.

„Tut mir Leid.“, gab sie zurück und führte ihren Kaffeebecher zum Mund, wobei sie ihren Onkel nicht aus den Augen ließ.

„Spar dir deine Entschuldigung. Bei der nächsten Bemerkung stell ich dich mit deiner komischen Fähigkeit raus in den Wald zum Bäume fällen!“, grummelte der Koch. Sie sollte sich nur nicht einbilden, dass er nach den Jahren, die sie nun bei ihm lebte, weich geworden war.

Er kannte mittlerweile ihre traurige Geschichte und hätte er diese Roberts Jane Nora einmal getroffen, so bewahre, hätte er ihr selbst einen Dolch durch die Brust getrieben. Innerlich könnte er aus der Haut fahren, immer wenn er sich ins Gedächtnis rief, was dieses Mädchen schon alles erleben musste, ehe sie bei ihm vor der Türe stand.

„Wird nicht mehr vorkommen, teuerster Onkel. Ich geh dann mal zur Arbeit. Bis heute Abend.“, meinte sie schlicht, zwinkerte und erhob sich vom Tisch. Das Medaillon, welches sie vor drei Jahren vom Arzt des Dorfes bekommen hatte, war mittlerweile ihr ständiger Begleiter. Sorgsam hatte sie sich aus einer weiteren Zeitung das Bild von Nabiki heraus getrennt und es in das Medaillon geheftet. So war der wichtigste Mensch in ihrem Leben immer bei ihr.

„Das hoffe ich für dich. Heute ist wieder Markt und…“, weiter kam der Koch nicht, da sie schon verständlich nickte.

„Ich werde die Besorgungen für dich erledigen.“, rief sie noch aus, als sich bereits die Türe hinter ihr schloss.

Gelassen schritt die junge Frau durch die langsam lebhaft werdende Straße, während sie von einigen Menschen höflich begrüßt wurde.

„Morgen Blume.“, brummte die alte Miss Hennings, die wie jeden Tag schon um halb acht in der Praxis stand und die ersten Patienten ins Wartezimmer bat.

„GUTEN MORGEN.“, rief ihr Ayume zu, die schon schmunzelnd auf die Erwiderung wartete.

„Brüll nicht so. Bin ja nicht taub.“, kam es prompt von der alten Frau. Mittlerweile brauchte sie einen Krückstock, um sich fort zu bewegen, doch noch immer bestand sie darauf ihren Job weiter zu führen.

Heute war Mittwoch, Tag des Marktes, weswegen der Doktor eine Stunde später erscheinen würde, denn er machte zunächst erst einmal seine medizinischen Besorgungen. Die Praxis hatte dennoch geöffnet, da Ayume mittlerweile in der Notfallmedizin geschult war und den Patienten versorgen konnte, ehe Dr. Kurotsuru hier eintraf. Zu so einem Fall war es allerdings noch nie gekommen. Wie auch in einem beschaulichen Dörfchen? Selten kam ein verletzter Baumfäller oder ein verunglückter Koch zu ihnen in die Praxis.

Plötzlich klingelte die Türe und Ayume blickte verwundert auf. Vor ihr stand ein alt bekanntes Gesicht.

„Guten Morgen, Mister Zan. Der Doktor ist noch nicht zur Sprechstunde da.“, bemerkte sie verwundert, als ihr der junge Mann schon entgegen lächelte.

„Guten Morgen, Ayume.“, begann er freudig und trat an den Tresen heran. „Ich denke du kannst mir auch helfen. Ich war ungeschickt und hab mich verletzt. Keine schlimme Sache, aber vielleicht sollte es desinfiziert werden.“, bemerkte er.

Sooft, wie er in der Arztpraxis war, könnte er sich bald selbst verarzten, bedachte die Schwarzhaarige, verkniff sich jedoch den Kommentar dazu.

„Entweder sie haben eine sehr lange Pechsträhne, oder sie besuchen uns gerne.“, brachte sie stattdessen hervor und griff nach der Jodflasche.

„Um was handelt es sich denn?“, hinterfragte sie mit ihrem typischen Arbeitslächeln, als Baku Zan ihr bereits die Hand entgegen streckte. Vermutlich hatte er sich geschnitten. Keine tiefe Wunde und verdreckt schien sie auch nicht.

Ayume nahm seine Hand vorsichtig in ihre und tupfte mit einem Jod getränkten Tuch auf die Wunde, danach klebte sie geschickt ein Pflaster über den Finger.

„Schon fertig.“, gab sie an.

Der junge Mann gewann an Gesichtsfarbe, als sie seine Hand losließ und ihn abwartend musterte.

„Ayume würdest du vielleicht heute Abend…“, begann er, wurde jedoch von einem lauten Schrei unterbrochen. Das war doch Tom?

Eilig lief Ayume zur Praxistüre hinaus, um nach dem Rechten zu sehen, als ihr schon der kleine Tumult auf der Straße auffiel.

„HALTET DIESEN ZECHENPRELLER!“, drang Toms Stimme wütend durch die Hauptstraße, als Ayume einen Mann im Getümmel erkannte, der die Arme voller Fleisch hatte und vor dem wütenden Koch flüchtete.

„BLUME? DIE SCHREIBMASCHINE KLEMMT!“, drang die wütende Stimme von Miss Hennings aus der Praxis.

„Das ist eine Vase.“, gab Ayume etwas verdutzt zurück, als der junge Mann mit ihr gleichauf war und ihr kurz zuzwinkerte.

Plötzlich hielt er inne, legte der Schwarzhaarigen sein Diebesgut in die Hand und bemerkte schlicht: „Sorry, ich muss weiter.“

Derzeit schritt er betont lässig mit seinem Rucksack auf der Schulter durch die Menge der Marktbesucher.

Nun war auch Tom keuchend bei Ayume angekommen und schenkte seiner Nichte einen warnenden Blick.

„Ich hoffe du steckst mit dem Kerl nicht unter einer Decke!“, zischte er.

„Was? Ich… nein!“, gab Ayume hastig zurück, während sie den Fremden nicht aus den Augen ließ.

Er schien wütend, aber warum?

Plötzlich schnitt seine Stimme durch die Menge:

„Black Beard endlich. Kämpfe du feige Ratte.“, damit holte der junge Mann aus und schlug dem Arzt mit seinem Fuß mitten ins Gesicht.

Entsetzt fiel Ayume das Fleisch aus der Hand, auch Tom hatte den Mund und die Augen entsetzt aufgerissen. Die Menschen wichen eilig zurück. Niemand traute seinen Augen, als der groß gewachsene Dr. Kurotsuru zu Boden ging.

Hastig eilte die junge Frau durch die Menge und kniete sich neben den Arzt auf den Boden.

„Dr. Kurotsuru?“, versuchte sie den Bewusstlosen zu erwecken, doch er ließ nur ein leises Wimmern verlauten. Seine Nase blutete und ein Zahn war ihm ausgeschlagen worden.

„Doktor? Was?“, entkam es dem Fremden, der nun etwas betölpelt drein blickte. Hatte er sich etwa geirrt? Aber dieser Doktor sah ihm so ähnlich. Doch bei genauerem Betrachten fiel ihm auf, dass die Ähnlichkeit auch nur auf den ersten Blick bestanden hatte. Was hat er nur wieder angestellt?

Plötzlich sprang der Arzt vom Boden hoch, was Ayume erschrocken zurück weichen ließ. Er schien mehr wegstecken zu können, als sie gedacht hätte. Auch der Fremde wich erschrocken zurück, als er schon ein unschuldiges Gesicht aufsetzte und die Arme schlichtend vom Körper abhob.

Kurotsuru hingegen packte den fremden Mann an den Schultern und fixierte ihn mit einem wütenden Blick. So hatte ihn Ayume noch nie erlebt.

„Was fällt dir eigentlich ein, Bursche?“, brüllte er ganz außer sich.

„Es tut mir Leid, sie sahen jemanden zum Verwechseln ähnlich. Ich wollte nicht…“, versuchte sich der Schwarzhaarige zu retten, doch der Doktor ließ nicht mit sich reden. Er war wütend, wie noch nie in seinem Leben. Dazu kam, dass sich nun Tom zu allen Überfluss noch in den Streit mit einmischte. Schnell hatte sich ein aufgebrachter Mob um den Fremden gebildet, welcher ihn immer weiter zurück drängte, bis sie ihn in einem lauten Wortgefecht kurzerhand von der Klippe in den Fluss warfen.

Als die Dorfbewohner immer noch fluchend und außer sich auf die Straße zurück traten rannte Ayume an die Klippe und ließ ihren Blick über den Fluss gleiten. Und tatsächlich, da ragte immer mal wieder kurz der Kopf des jungen Mannes aus dem Wasser.

Aber warum tat er denn nichts? Er versuchte nicht einmal das Ufer zu erreichen. Alarmiert und ohne wirklich darüber nachzudenken, nahm Ayume die Beine in die Hand und rannte an der Klippe den Fluss entlang. Wenn sie nichts unternahm, dann würde er vermutlich ertrinken.

Sie selbst hatte im ersten Moment geglaubt der Doktor sei Black Beard, also kannte dieser fremde Mann den richtigen Black Beard und er hegte nicht gerade Sympathie für den Pirat. Das alleine war Grund genug für die Schwarzhaarige den Fremden nicht seinem Schicksal zu überlassen.

Endlich hatte sie die schmale Stelle erreicht, an der auch ein Steg befestigt war, während sie sich herum wandte und nach einem geeigneten Werkzeug Ausschau hielt, um den Mann aus den Fluten zu fischen.

„Schnell, wir müssen ihn aus dem Wasser holen!“, drang eine helle Stimme an Ayumes Ohren, als ein Mädchen an ihr vorbei huschte und sich auf den Steg schmiss. Im letzten Augenblick bekam sie den Mann zu fassen und hielt ihn angestrengt fest. Ayume zögerte nicht lange, sondern hastete auf den wackeligen Holzboden und griff nach dem zweiten Arm des Fremden. Zusammen, mit vereinten Kräften, bekamen sie den jungen Schwarzhaarigen aus dem Wasser gezogen, aber Moment.

Er atmete nicht mehr.

Ayume, sich ihrer Pflicht, als Arztgehilfin bewusst begann sofort auf seine Brust zu drücken und gerade, als sie zur Beatmung ansetzten wollte, erbrach er eine Fontaine Wasser und hustete kräftig. Ayume und das Mädchen wichen erschrocken zurück und betrachteten den jungen Mann eingehend. Noch immer war er nicht bei Bewusstsein, sein Körper begann nur wieder seine Lebensfunktionen zu normalisieren.

„Bringen wir ihn in meine Hütte.“, befand das Mädchen, welches sich sogleich seinen Arm umlegte und versuchte ihn auf sich zu stützen. Ayume war an ihrer Seite und ergriff erneut den zweiten Arm, während sie den Bewusstlosen hinter sich her in die kleine Holzhütte, am Ufer des Flusses, schleppten. Das Mädchen bedeutete Ayume den Platz, auf dem sie den schweren Mann betten wollte. Als er endlich lag ließ die Schwarzhaarige erneut ihren Blick über ihn gleiten. Ein seltsamer Kerl, was es mit ihm nur auf sich hatte? Selten verirrten sich junge Menschen auf diese einsame Insel. Außerdem schien er eine Verknüpfung zu Black Beard zu haben, welche Ayume natürlich besonders brennend interessieren würde. Doch vielleicht hatte sie noch genug Zeit es heraus zu finden, sobald der Fremde sein Bewusstsein wieder erlangt hatte.

Auf dem Hut, den Ayume noch schnell aus den Fluten gefischt hatte befand sich eine rote Perlenkette mit zwei Gesichtern. Das eine blickte traurig, das andere lachend in die Welt. Sie legte ihn auf dem Nachtschränkchen ab und folgte dem Mädchen wieder hinaus.

„Wer bist du?“, hakte das Kind nach, während sie Ayume direkt in die Augen blickte.

„Mein Name ist Ayume und wie heißt du?“, die Schwarzhaarige hatte sich zu dem zierlichen Mädchen gekniet und schenkte ihr ein leichtes Lächeln.

„Moda. Ich bin das Milchmädchen.“, gab sie schlicht von sich, woraufhin eine der Kühe an ihrem Rock zupfte.

„Oh, ihr habt Hunger, nicht? Ich werde euch gleich etwas bringen.“, bemerkte das Kind und streichelte dem Tier über den Kopf.

Moda das Milchmädchen? Wieso hatte Ayume noch nie etwas von ihr gehört, wo sie doch schon seit drei Jahren hier lebte. Plötzlich fiel es ihr, wie Schuppen von den Augen. Eines der Kinder, deren Eltern bei der Marine stationiert waren. So, wie es einst Tom von Ayume gedacht hatte, als sie vor seiner Tür stand.

Ayumes Blick wurde mitleidig, als sie Moda dabei zusah, wie sie die Tiere fütterte, als sie plötzlich ein Krachen aufschrecken ließ. Aus der Türe kam der fremde Mann getreten und blickte sich erstaunt um. Mittlerweile hatte er ein gelbes Hemd über gezogen, was seine Tätowierungen versteckte, die Ayume schon vorhin aufgefallen waren. Auch Moda richtete ihren Blick auf den Mann und lächelte höflich. Er war erstaunlich schnell wieder zu sich gekommen.

„Wo bin ich? Warum habt ihr mich gerettet?“, hinterfragte er skeptisch, als er auf die Beiden zuschritt.

„Du bist in meinem Zuhause. Wir konnten dich doch nicht ertrinken lassen, stimmt‘s?“, bemerkte Moda schlicht, mit einem Seitenblick zu Ayume, welche keine Regung von sich gab.

„Nicht böse, weil ich deinen lieben Doktor verprügelt habe?“, wandte sich der Schwarzhaarige direkt an die junge Frau, wobei er forschend ihr Gesicht musterte.

Diese Augen hatte er doch schon einmal gesehen. Woher kamen sie ihm nur so bekannt vor? War es jemand, den er kannte? Nein. Sicherlich nicht. An ein solch einprägsames Gesicht würde er sich doch wohl erinnern.

Ayume zog eine Augenbraue in die Höhe. Es behagte ihr nicht, wie er sie anstarrte, also senkte sie den Blick. Wieso waren ihre Augen auch so auffällig?

„Ich wollte ihn wirklich nicht verletzten, es war eine Verwechslung.“, versuchte er beschwichtigend. Rein vorsorglich, damit sie ihn nicht gleich wieder in den Fluss befördern würde.

„Er sieht Black Beard auch im ersten Moment sehr ähnlich.“, gab die Schwarzhaarige zu, woraufhin nun der Fremde die Augenbraue in die Höhe zog.

„Möchtet ihr einen Schluck Milch?“, hakte sich Moda dazwischen, die sich etwas ausgeschlossen vorgekommen war.

„Gerne.“, gab Ayume mit einem vorsichtigen Lächeln zurück.

Der Fremde hingegen nickte nur.

Marinebasis G2

„Wo sind deine Eltern?“, hakte er nach, als er den ersten Schluck von der Milch gekostet hatte.

„Moda. Mein Name ist Moda. Ich bin seit vielen Monaten alleine. Meine Eltern sind Köche bei der Marinebasis G2. Aber, da das Versorgungsschiff, auf denen sie tätig sind, nie hierher kommt, werde ich sie so schnell auch nicht wieder sehen.“, murmelte das Mädchen bedrückt, was Ayume sofort einen Stich ins Herz versetzte.

„Mein Name ist Ace. Gibt es denn keine Möglichkeit, dass du sie wiedersehen kannst?“, hinterfragte er weiter.

Ace. Den Namen hatte sie schon einmal gelesen, doch der Zusammenhang wollte ihr nicht mehr einfallen. Grübelnd zog sie die Stirn in Falten und versuchte sich zu erinnern.

„Ich habe einen Brief an den Vizeadmiral geschrieben, dass ich sie mit Milch beliefern könnte, damit der Kaffee nicht so bitter schmeckt, aber ich habe keine Chance den Brief zur Marinebasis zu bekommen. Sie liegt etwas abgeschieden südlich dieser Insel.“, gab das Mädchen zu und nahm ebenfalls einen Schluck von der Milch zu sich.

„Weißt du was? Aus Dank, dass du mich aus dem Fluss gefischt hast, nehme ich deinen Brief und bringe ihn zum Vizeadmiral.“, ein Lächeln war auf seinen Zügen erschienen, was von Moda wiedergegeben wurde. Nur Ayume blickte verwundert zwischen dem Schwarzhaarigen und dem Mädchen hin und her.

„Das würdest du tun?“, rief sie begeistert aus.

„Versprochen.“ Damit fiel ihm das Mädchen erleichtert um den Hals und jubelte vergnügt.

„Ich hole eben den Brief.“, haspelte sie, rückte ihr Tuch auf dem Kopf zurecht und verschwand im Haus.

„Nochmal zu der Sache mit Black Beard. Du kennst ihn also?“, wandte sich Ace direkt an die Schwarzhaarige, die ihn ertappt anblickte.

„Kann man so sagen.“, unwillkürlich hatten sich bei dem Gedanken an den widerlichen Piraten ihre Hände zu Fäusten geballt, was dem jungen Mann natürlich nicht entgangen war, doch er brach die Unterredung ab, da gerade Moda wieder aus der Türe stürmte. In ihrer Hand flatterte ein weißes Stück Papier.

„Hier.“, damit drückte sie ihm den verschlossenen Brief in die Hand und grinste über beide Ohren.

„Moda, deine Eltern werden bald zurück sein.“, bemerkte Ace, ebenfalls mit einem Lächeln im Gesicht, als er sich vom Zaun abstieß und seinen Rücken streckte.

„Ich danke dir, Ace.“, merkte das Mädchen mit funkelnden Augen an.

„Kein Problem. Ich hörte Blume wird mich begleiten und mir zeigen, wo sich die Marinebasis befindet.“, schmunzelte er und legte seinen Blick erneut auf die junge Frau zu seiner Rechten.

„Blume?“, kam es zeitgleich von der Schwarzhaarigen, sowie von Moda. Das Mädchen blickte etwas unverständlich zu Ayume.

„War das nicht dein Name?“, wandte er sich erneut der jungen Frau zu.

„Was? Ich… nein… Mein Name ist nicht Blume.“, bemerkte sie etwas überrascht.

„Na dann… Auf geht’s Miss Mein-Name-ist-nicht-Blume. Lass uns einen Brief übermitteln.“, mit diesem Satz ergriff er Ayumes rechten Arm und zog sie hinter sich her. Die Schwarzhaarige wollte gerade zum Protest ansetzten, als ihr das Mädchen zuvor kam.

„Danke, vielen Dank, dass ihr mir helft.“, rief sie ihnen nach. Nun hatte sich der Protest in Luft aufgelöst. Natürlich wollte sie dem Mädchen helfen ihre Eltern zurück zu bringen, doch in welche Gefahr würde sie sich damit begeben?
 

Zeitgleich irgendwo auf der Grand Line:
 

„Was zum…?“, knurrte Ben. Gerade hatte noch die Sonne geschienen und nun? Dichte Nebelschwaden waberten um die Red Force, als hätten sie soeben eine Wetterlinie überfahren. Eine bedrückende Stille, wie eine giftige Dunstglocke, hatte sich über das Deck gelegt, während die Mannschaft nervös ihren Blick in alle Himmelsrichtungen gleiten ließ.

„Seid auf der Hut.“, bemerkte der Rothaarige, der soeben zu seinen Männern trat und sich leicht über die Reling neigte. Sein kompletter Körper war angespannt, denn wie er von vielen Menschen erfahren musste, war der Shikigami nicht für seine Gastfreundlichkeit bekannt. Doch würde er es wirklich wagen den Piratenkaiser anzugreifen, wenn dieser seine wahre Absicht verrät?

Wie auf Kommando lichtete sich der Nebel auf der rechten Seite der Red Force und zum Vorschein kam der berüchtigte Wolfschlund. Shanks zog die Augen zu feinen Schlitzen und wartete gespannt, wie sich dieses Treffen entwickeln würde. Notfalls musste er sich die Informationen eben mit Gewalt holen.

Die Thyr drehte bei und dockte direkt an der Red Force an. Das Holz knarzte unter den leichten Aufprall und beide Schiffe schaukelten leicht, als schon der rote Blick den Nebel durchdrang und sich eine große schwarze Silhouette aus der grauen Brühe löste.

Shanks bäumte sich zu voller Größe auf und richtete den Blick skeptisch auf seinen Gegenüber, der nun nur noch wenige Meter vor ihm auf dem ebenholzschwarzen Deck stand.

„Sieh einer an. Der große Piratenkaiser Shanks lässt nach dem kleinen Märtyrer rufen. Was kann ich für euch tun, eure Hoheit?“, drang die dunkle Stimme des Shikigamis hervor. Ein schelmisches Grinsen zeichnete sich auf seinem Gesicht ab, das bis zur Hälfte von seinem Hut verdeckt wurde.

Ben war nahe an seinen Kapitän getreten und auch er hatte seine Hand schon am Knauf seines Schwertes liegen. Die Stimmung war bereit jeden Augenblick zu kippen.

„Ich habe dich hierher bestellt, nicht, weil ich deine Hilfe benötige, sondern weil ich eine Information haben will. Hast du einen Moment?“, gab Shanks gelassen zurück. Seit drei Jahren war er auf der Suche nach diesem Schiff und letzten Endes musste er sich doch eingestehen, dass es unmöglich war den Shikigami aufzuspüren. Jede seiner Informationen war im Sand verlaufen, also hatte er beschlossen ihn anzuheuern, als Vorwand das Mädchen zu finden, falls sie denn noch leben würde.

„Wie kommst du zu der Annahme ich würde dir etwas verraten? Aber wie du willst. Komm rüber, in meiner Kabine wird uns niemand stören, Kaiser.“, schon wandte sich der Kapitän der Thyr ab und drehte Shanks den Rücken zu, während er wartete, bis der Rote aufschloss.

„Sei vorsichtig Shanks. Auf seinem Schiff können wir nicht einschreiten, sollte etwas geschehen.“, warnte Ben seinen Freund, welcher nur mit dem Kopf nickte.

„Im Notfall, glaube ich, bin ich in der Lage mir selbst zu helfen.“, schmunzelte der Rothaarige und mit einem Satz war er hinter dem Shikigami auf der Thyr gelandet. Der Piratenkaiser gab nichts auf die Legende. Er wollte sich, wenn schon, dann selbst von der Macht des Märtyrers überzeugen lassen. Die Crew des geisterhaften Schiffes, war bei der Ankunft des Kaisers zurück gewichen. Ihnen war das mächtige Haki des Roten durchaus bekannt.

Schweigend trat Shanks hinter dem düsteren Mann unter Deck und folgte ihm in seine Kabine. Schummrig erhellten ein paar Kerzen den dunklen Raum, in dem auch das Logbuch auf einem massiven Holztisch lag. Dahinter war eine Art Thron, auf den der Shikigami jedoch nicht zusteuerte. Stattdessen legte er das Logbuch zur Seite und bedeutete dem Roten gegenüber von ihm am Tisch Platz zu nehmen. Es schien, als habe er einen gewissen Respekt vor dem Piratenkaiser. Vielleicht war es aber auch nur ein Vorwand, um das Vertrauen seines Gegenübers zu gewinnen.

Gelassen nahm Shanks auf dem Stuhl Platz, als ihm der Kapitän der Thyr schon einen Sakekrug vor die Nase stellte.

„Was verschafft mir die Ehre deines Besuchs?“, kam er gleich auf den Punkt. Eine düstere Aura umwob seinen Körper. Das konnte nur Haki sein.

Shanks befand, dass er es dem Shikigami gleich tun würde und kam sogleich auf den Punkt, als er die alte Zeitung auf den Tisch legte und auf das Bild mit dem Mädchen deutete.

Einen Moment lang wich das Grinsen des Shikigamis, als er das Foto betrachtete.

„Wo ist sie?“, knurrte Shanks, als sein Gegenüber sich nicht dazu äußerte.

Gelassen lehnte sich der schwarz Gekleidete in seinem Stuhl zurück und zuckte mit der Schulter.

„Weiß nicht. Vielleicht auf irgendeiner Insel, vielleicht auch schon tot.“, gab er fadenscheinig zu.

Shanks verzog das Gesicht. Der Mann vor ihm wusste mehr, als er zugab, doch er wollte nichts verraten. Warum?

„Was geschah, als du sie aus Caterville entführt hast?“, hinterfragte der Rothaarige. Vielleicht würde der Shikigami ja darauf antworten.

„Was hat es mit diesem Mädchen auf sich? Warum interessiert sich der große Rote Shanks so sehr, wo sie sich befindet?“, stellte er gekonnt die Gegenfrage.

Nun war es an dem Rothaarigen ihn zu vertrösten.

„Das tut nichts zur Sache.“

„Oh, aber so läuft das Spiel nicht, großer Kaiser. Deine Informationen gegen meine. Ansonsten kannst du gehen.“, damit erhob er sich und öffnete die Türe zu seiner Kabine.

Knurrend senkte Shanks den Kopf. Er hatte keine andere Wahl, wenn er wirklich die Informationen von dem Shikigami haben wollte, dann musste er bis zu einem gewissen Grad ehrlich sein.

„Ich habe den Auftrag sie zu finden.“, gab er zu.

„Den Auftrag sie zu finden? Ich wusste ja, dass sie ein besonderes Mädchen sein muss, aber nicht auf die Art und Weise, dass sich die Marine und die Piraten darum prügeln sie zuerst zu finden.“, schmunzelte der Mann, schlug die Türe wieder zu und nahm breitbeinig gegenüber von Shanks am Tisch Platz.

„Ein besonderes Mädchen?“, hakte der Rote nach.

„Einen starken Willen, die Kraft zu überleben. Physisch nicht sonderlich stark, aber den nötigen Ehrgeiz.“, bemerkte der Shikigami und nahm einen Schluck aus dem Sakekrug.

Also war das Mädchen noch nicht tot? Was hatte er nur mit ihr gemacht? So, wie es klang befand sie sich jedenfalls nicht mehr auf diesem Schiff.

„Also?“, wandte Shanks das Thema wieder der eigentlichen Richtung zu.

„Ich habe sie auf einer Insel abgesetzt.“, bemerkte der Shikigami schlicht.

„Warum?“, hakte der Rothaarige weiter nach.

Ein bösartiges Lächeln erschien auf den Zügen des Gegenübers.

„Weil ich keine Verwendung für arme kleine Mädchen habe. Sollte sie die fünf Jahre überleben und auf die Grand Line kommen, dann werde ich es nochmal überdenken und sie in meine Crew holen. Was sagst du, großer Shanks? Lebt sie noch?“, provozierend lehnte sich der Shikigami über den Tisch zu seinem Gegenüber und legte einen Berry auf das Bild der Jugendlichen.

Shanks zog die Augen zu feinen Schlitzen. Das war eine Herausforderung, die der Rothaarige gerne annahm.

„Sie lebt noch. Und bevor sie die Grand Line erreicht, werde ich sie bei mir aufnehmen.“, hielt Shanks dagegen, schnippte den Berry von ihrem Bild und erhob sich, woraufhin der Shikigami schallend zu lachen begann.

„Dann möge der Bessere gewinnen, Shanks.“, presste er hervor, woraufhin ihn der Rothaarige in seiner Kabine zurück ließ und von seinem Schiff schritt.

Er hatte zwar immer noch nicht die Information, die er benötigte, um das Mädchen zu finden, aber er wusste, dass sie irgendwo auf den Inseln der alten Welt leben musste und sich vermutlich bereit machte zur Grand Line zu segeln.

Damit trennten sich die Wege der Red Force und der Thyr, wobei beide Kapitäne nun eine Erfahrung und einige wesentliche Informationen reicher waren.
 

Zurück zu Ayume:
 

„Jetzt komm schon.“, grummelte Ace, der schon auf seinem kleinen Schiff stand und der Schwarzhaarigen ermutigend die Hand entgegen streckte.

„Und das Boot hält uns auch wirklich beide?“, hinterfragte die sie, als sie zögerlich einen Schritt näher an das Wassergefährt machte. Es wirkte eher, wie ein Surfbrett, statt einem stabilen Boot.

Ace quittierte ihren skeptischen Blick mit einem feinen Schmunzeln. Sie hatte doch nicht etwa Angst vor dem Wasser?

„Stricker ist seit Jahren mein treuer Wegbegleiter. Und so viel Platz nimmst du schon nicht weg, Blume.“, konterte er, die rechte Hand an seiner Hutkrempe, die linke noch immer nach der jungen Frau ausgestreckt.

Blume. Wie kam er eigentlich dazu, dass er sie dauerhaft so nannte? Ayumes Blick wurde kühl, was von ihm natürlich nicht unbemerkt blieb.

„Wenn du nicht willst, dass ich dich Blume nenne, dann solltest du mir vielleicht deinen richtigen Namen verraten.“, grinste er. Aber nicht doch. Den Sieg wollte ihm die Schwarzhaarige nicht überlassen. Vermutlich würden ihre Augen in Kombination mit ihrem Namen nur wieder unangenehme Fragen aufwerfen und solange Ace nicht wusste, wer sie war, desto sicherer war es, dass es auch vor der Marine verborgen blieb.

„Kannst dir ja eine Alternative dazu einfallen lassen.“, gab sie schlicht zurück und griff nach seiner Hand.

Sie spürte die kribbelnde Kälte in ihren Fingerspitzen und einen kleinen Moment dachte sie gesehen zu haben, dass seine Hand Feuer fing, aber das hatte sie sich wohl nur eingebildet. Hatte sie ihn etwa gerade verletzt? Gerade, als sie noch immer verdutzt auf ihre ausgestreckte Hand blickte, ergriff Ace die Chance, packte sie am Handgelenk und zog sie auf die Stricker, welche sofort gefährlich wackelte.

Alarmiert griff die junge Frau nach dem Mast und klammerte sich daran fest.

Zuerst blickte sie Ace etwas verwundert an, doch dann gewann er schnell wieder seine Fassung und brach in schallendes Gelächter aus.

„Willkommen auf meinem Schiff, Blume. Wenn du fertig bist, dich hilflos an meinen Masten festzuklammern, dann können wir ja aufbrechen.“, prustete er, woraufhin sie ihm einen finsteren Blick schenkte. Ihr war gar nicht zum Lachen zu Mute. Ein falscher Schritt und sie würde untergehen, wie ein Anker. Vorsichtig ließ sie sich am Masten entlang zu Boden gleiten und setzte sich auf die breitere Stelle am Heck der Stricker, wobei sie den Masten nicht los ließ.

„Wollen wir dann, Blume?“, räusperte er sich. Er würde sie solange Blume nennen, bis sie freiwillig mit ihrem richtigen Namen heraus rückte. Vielleicht fiel ihm ja dann wieder ein, woher er sie kannte.

Seine Neugierde war sogar noch ein Stück gewachsen, in der Sekunde, als sich ihre Hände berührt hatten. Irgendwas hatte sich durch seine Haut geschnitten, andernfalls hätte sein Körper nicht reagiert, aber wie war das möglich? Waren das Teufelskräfte gewesen? Er würde es mit Sicherheit noch herausfinden. Andernfalls wäre er nicht Portgas D. Ace.

Ohne auf eine Antwort ihrerseits zu warten, wobei er den weiteren finsteren Blick förmlich auf der Haut spüren konnte, wandte er der jungen Frau den Rücken zu und stellte sich mit dem rechten Bein in die Turbinenluke.

Ayume riss erschrocken die Augen auf. Sein Bein begann zu brennen. Nein, sein gesamter Körper strahlte plötzlich eine Hitze aus, die ihr unbändig entgegen schlug. Mit einem Mal traf sie die Erkenntnis, wie ein Schlag ins Gesicht. Sein Steckbrief, der erst neulich in der Zeitung zu lesen war, ratterte an ihrem inneren Auge vorbei.

Ace die Feuerfaust: Mitglied der Whitebeardpiratenbande, Kopfgeld fünfhundertfünfzig Millionen Berry.

Jetzt ergab die Abneigung gegen Black Beard auch einen Sinn. Sicher waren sie so etwas, wie Rivalen. Jeder besondere Pirat hatte doch einen Rivalen, oder?

Grübelnd bemerkte Ayume erst gar nicht, dass Ace sich fragend an sie gewandt hatte, bis die Hitze, die von ihm ausging plötzlich abbrach und er sich auf die Striker sinken ließ.

Gemütlich streckte er die Beine aus und forschte in seinem Rucksack, als er im nächsten Moment schon etwas Fleisch und Wurst daraus hervorzog.

Das waren doch Sachen aus Toms Restaurant?

„Das ging ja leichter, als gedacht.“, schmunzelte er und schob sich etwas Essbares in den Mund. Erst jetzt fiel Ayume auf, dass sie sich bereits direkt vor der Marinebasis befanden, welche auf einer separaten Insel befand. Forschend rappelte sie sich hoch, nicht ohne den Masten fest zu umklammern. Die Tore waren geschlossen und die einzigen Eingänge waren mit Wachen versehen, soweit sie erkennen konnte. Das schienen ganz tolle Aussichten zu werden, wenn sie es wirklich versuchen wollten. Im Moment jedoch schien Ace lieber eine Vesper zu halten, statt sich ernsthaft Gedanken über einen Plan zu machen. Aber mit einem Kopfgeld in der Höhe hatte man vermutlich auch keine Angst mehr vor der Marine.

„Wie willst du in die Basis kommen?“, das erste Mal wandte sie sich direkt an den Schwarzhaarigen, der erst einmal den vollen Mund beseitigen musste, um ihr überhaupt antworten zu können.

Etwas skeptisch hob sie die Augenbraue. Seltsamer gefürchteter Pirat, befand sie.

„Du kannst ja doch sprechen.“, bemerkte er erfreut und hielt ihr etwas von seiner Beute unter die Nase. „Wir gehen rauf, verprügeln die Wachen und schleichen uns in die Basis.“, sein Lächeln war ungetrübt. Er war wohl nicht der Typ Mensch, der sich erst einen ausgereiften Plan zu Recht legte, ehe er etwas in Angriff nahm. Ganz im Gegenteil von Ayume, in deren Kopf sich schon sämtliche Szenarien abspielten. Wieso ging er eigentlich davon aus, dass sie ihm bei seinem waghalsigen Abenteuer folgen würde?

Gedacht, gefragt: „Wie kommst du drauf, dass ich dir helfen werde?“ Ihre Stimme war gewohnt kühl.

„Ganz einfach.“, sein Lächeln verbreiterte sich, als er sich erhob und ihr direkt in die Augen sah.

Was hatte er denn vor?

Er stellte seine Beine rechts und links auf den Rand der Stricker und begann unheilvoll zu schwanken.

„Bist du verrückt.“, schnappte Ayume nach Luft und hielt den Mast, den sie nicht losgelassen hatte, noch fester umklammert.

„Na, kommst du mit?“, fragte Ace belustigt.

„Ja, schon gut. Hör auf. Ich komm ja mit.“, haspelte die junge Frau, die sich schon unter Wasser versinken sah, als er in seinem Tun stoppte.

„Siehst du, Blume. Und schon sind wir uns einig.“

Fregattenkapitän Ace

Gerade schlüpfte Ace in die Marineuniform, die er sich von einer Wache ergaunert hatte. Rücksichtslos hatte er den Mann um das steinige Eck gezogen, ihm einen donnernden Schlag auf den Kopf verpasst und sich sogleich an seiner Uniform vergriffen.

„Wie sehe ich aus, Frau Doktor?“, hinterfragte er, als er sich die Kappe tiefer ins Gesicht zog.

Ayume stand mit dem Rücken an die Steinmauer gelehnt am Eck und spickte auf die bewachte Türe, als sie sich kurz umwandte und Ace mit ihren Augen musterte. Er spürte förmlich, wie sie um höfliche Worte rang.

„Blau ist nicht deine Farbe.“, gab sie zu verstehen. Er kam nicht umhin dies mit einem Lächeln zu quittieren, wobei er das erste Mal in die Versuchung kam, die junge Frau genauer zu mustern.

Sie war sehr zierlich, jedoch nicht unweiblich. Ihre Figur schien gestählt zu sein. Nicht trainiert, wie manche Frauen, die regelmäßig Sport machten, nein, sie wirkte gestählt. So, als würde sie sich das Kämpfen aneignen. Alles an ihr entsprach nicht dem Bild einer einfachen Dorfbewohnerin, welche sie vorgab zu sein. Bei genauerem Betrachten, vor allem jetzt, wo sie nicht mehr auf der Striker war, wirkte sie wieder sehr beherrscht und überlegt. Sicherlich hatte sie schon mindestens drei Fluchtpläne in ihrem hübschen Köpfchen geschmiedet, sollten sie auffliegen.

„Wann willst du dich eigentlich um deine Uniform kümmern?“, gab Ace von sich, lehnte sich lässig gegen den kalten Stein und wartete auf die Reaktion seiner Gefährtin.

Darüber hatte sie sich noch gar keine Gedanken gemacht. Sicherlich, sie könnte ebenfalls einen Marinesoldaten niederschlagen und ihn seiner Uniform berauben, aber erstens wäre sie ihr sicher zu groß und zweitens hatte sie ihre Teufelskraft doch noch nicht soweit unter Kontrolle, dass sie sich sicher wäre den Mann nicht zu töten.

„Lass mich mal machen.“, gab sie schlicht zurück und schritt betont vorsichtig um das steinige Eck.

Etwas überrascht von ihrem taffen Zug, nahm nun Ace ihre Position ein und beobachtete die Schwarzhaarige, wie sie direkt auf einen der Wachen zulief. War sie denn übergeschnappt?

Noch im Lauf band sie sich ihre Haare zusammen und kam vor der ersten Marinesoldaten zum Stehen, welcher sie mit einem skeptischen Blick betrachtete. Nach einigem Wortwechsel nickte der Mann verständlich und stieß seinen Kollegen an, der ihr seine Marinekappe übergab.

Für einen kleinen Augenblick stand Ace der Mund offen, bis ihm wieder bewusst wurde. Klar, sie war ja auch eine Frau.

„Wie hast du das gemacht?“, hinterfragte der junge Pirat, als er neben ihr durch den langen Flur des Marinefregattenschiffes schritt. Sie hatten es geschafft von der Erhöhung aus unbemerkt auf das Schiff zu kommen, welches sie vermutlich direkt in die Basis bringen würde.

„Tut mir Leid, das werde ich dir nicht verraten.“, entgegnete sie ruhig, wie es ihre Art war. Höflich und beherrscht. Er wollte gar nicht wissen, was sich in ihren Gedanken abspielte. Ruhige Wasser waren bekanntlich tief.

„Ich glaube die Stricker wird bei der Rückfahrt in der Strömung wieder etwas hin und her schwanken.“, meinte der Schwarzhaarige mit seinem typischen Lächeln, welches sich noch verbreiterte, als er daran dachte, wie hilflos sie an dem Mast geklammert hatte.

Ayume schluckte hart, ehe sie resigniert seufzte.

„Ich habe gesagt, dass ich eine Ärztin aus der Basis bin und mir der Wind die Mütze vom Kopf geweht hat, als ich hierher gekommen bin.“, bemerkte sie schlicht.

Das war alles? Damit hatte sie sich die Mütze ergattert? Ace griff sich mit der rechten Hand an die Mütze und rückte sie auf dem Kopf zurecht. Ein Haufen Idioten, diese Marine, befand er. Seine Gedanken wurden jäh unterbrochen, als der Geruch von Essen in seine Nase stieg. Eilig hielt er seine Gefährtin an, die gerade an der Kantine vorbei laufen wollte, als sie ihm schon einen fragenden Blick schenkte.

„Hast du den Vizeadmiral entdeckt?“, flüsterte sie.

„Ich könnte eine kleine Stärkung vertragen, ehe wir weiter suchen.“, erwiderte der Schwarzhaarige und zog Ayume hinter sich in die voll besetzte Marinekantine.

„Du hast doch gerade gegessen.“, hauchte sie, als er sich bereits sein erstes Tablett mit sämtlichen Speisen aus dem Buffet belud. Ihre Wangen überzog ein leichter Rotschimmer, als sie Ace bei seinem Tun zusah. Wenn er es nicht schaffte, dass sie schneller aufflogen, als ihnen lieb war.

„Das ist ja schon wieder Stunden her.“, erwiderte er, völlig mit seiner Auswahl beschäftigt. Und da ihm das erste Tablett nicht reichte, stellte er es sich behände auf den Kopf, balancierte es eine Station weiter und belud gleich ein Zweites.

„Ace, du lässt uns noch auffliegen!“, knurrte die junge Frau an seiner Seite. Seit wann hatte er denn ein schlechtes Gewissen geordert? Gelassen umging er den Kommentar, während er seine Tabletts an einen Tisch brachte, sich niederließ und begann sich durch die verschiedenen Sachen zu kämpfen. Mit einer erhobenen Augenbraue setzte sich Ayume gegenüber und senkte den Blick, während sie sich unwohl die Kappe tiefer ins Gesicht zog. Sie fühlte die skeptischen und neugierigen Blicke der Marinesoldaten auf ihrer Haut brennen.

„Hey. Ich wusste gar nicht, dass in unserer Marinebasis so eine hübsche junge Ärztin stationiert ist.“, drang eine männliche Stimme an Ayumes Ohren. Einen Tisch weiter hatten die Soldaten ihre Blicke an den Nachbartisch wandern lassen und kommentierten lautstark die Gegenwart der einzigen weiblichen Person. Ace hielt in seinem Tun inne und warf einen düsteren Seitenblick zu den pubertären Soldaten.

„Ich glaube ich sollte mich mal mit dem Messer schneiden, als Vorwand.“, lachte ein großgewachsener Soldat, während er Ayume auffordernde Blicke zuwarf. Diese jedoch senkte beschämt den Blick immer weiter auf die Tischplatte. Sie hatte es gewusst. Es war keine gute Idee, dass sie mit hierher kam.

„Sag einfach, wenn ich sie zum Schweigen bringen soll, Blume.“, bemerkte Ace schlicht. Dieses Mal war kein Lächeln auf seinen Zügen. Er schien diese Aussage völlig ernst gemeint zu haben. War er denn wahnsinnig?

Da Ayume jedoch nicht auf die Anspielungen reagierte, flauten sie auch langsam ab. Die Männer wandten sich einem anderen Thema zu. Whitebeard. Gespannt lauschte die Schwarzhaarige, was sie über diesen mächtigen Piraten zu erzählen hatten, wobei das Gesicht von Ace immer finsterer wurde, je mehr Worte fielen.

„Dieser weißbärtige Fettsack traut sich doch nicht mal gegen einen unserer Admiräle anzutreten. Die würden ihm auch ordentlich den Arsch aufreißen.“, grölte der großgewachsene Mann durch die Kantine, woraufhin Ace in die Luft schoss, zum Nachbartisch schritt, den Kerl am Kragen packte, ihn wütend anfunkelte und ihm kurzerhand einen Faustschlag direkt ins Gesicht verpasste.

Eine bittere Stille legte sich über die Szene, als Ace noch immer über den Bewusstlosen stand und seine Faust wütend geballt hatte. Ertappt zog sich Ayume die Mütze tiefer ins Gesicht, erhob sich und packte Ace unsanft am Oberarm, woran sie ihn aus dem Raum führte.

Gerade, als sie aus der Tür traten erwachten die Männer aus ihrer Schockstarre. Kurz ließ der Pirat seinen Blick schweifen, ehe er in den gegenüberliegenden Raum schritt und ein Poltern den Flur erfüllte. Alarmiert hastete Ayume ebenfalls in den Raum und erneut war der Pirat dabei seine Kleidung zu wechseln. Hatte er gerade wirklich den Fregattenkapitän K.O. geschlagen?

Skeptisch ließ sie ihren Blick über den Piraten wandern, der nun in einem weißen Marinemantel steckte, auf dessen Rücken das Wort „Gerechtigkeit“ prangerte. Er rückte die Marinemütze zurecht und grinste Ayume entgegen.

„Los, lass uns herausfinden, wo dieser Vizeadmiral steckt.“, gab er zu verstehen und trat in den Flur hinaus. Wenn das alles nicht unglaublich schief gehen würde.

„Kapitän?“, ertönte sofort eine dunkle Stimme. Ace wandte sich herum und nickte leicht zur Begrüßung.

„In wenigen Minuten wird das Spionageschiff eintreffen. Sie haben die Informationen über den Aufenthaltsort großer gesuchter Piraten. Wir sollten den Vizeadmiral verständigen.“, gab der Soldat seine Meldung ab, salutierte und wartete auf den Befehl seines Kapitäns.

Ayume sah das Glänzen in Aces Augen und sie wusste, dass er soeben einen Plan ins Auge gefasst hatte. Sie wagte sich sogar zu behaupten, dass sie sich schon denken konnte, mit welchem Gedanken er spielte.

„Dann gib dem Vizeadmiral Bescheid!“, knurrte Ace, woraufhin der Soldat verständlich mit dem Kopf nickte, sich abwandte und davon lief. Das ergab sich ja wunderbar. Er würde sich einfach die geheimen Unterlagen über diese Piratenverstecke holen, bei denen er auch die Information über Black Beards Aufenthaltsort vermutete, dem Vizeadmiral Modas Brief in die Hand drücken und dann verschwinden. Am liebsten würde er sich vor Stolz auf die Schulter klopfen, als er zu seiner Begleitung schielte, die wohl noch auf eine Erklärung wartete.

„Guck nicht so. Alles läuft genau nach Plan.“, bemerkte er freudig.

„Welcher Plan?“, hinterfragte die Schwarzhaarige, deren skeptischer Blick nicht abfallen wollte.

„Der Plan, Blume, der mir gerade durch meinen Kopf gejagt ist.“, er setzte einen entschlossenen Gesichtsausdruck auf, der keine Widerrede zuließ. Wenn er sich etwas in den Kopf gesetzt hatte, dann musst es auch so gemacht werden. Ace war noch nie der Teamspieler gewesen, aber das hatte er bisher auch nicht gebraucht. Es war dennoch am Sichersten für die junge Frau, wenn sie in seiner Nähe blieb. Nur für den Notfall.

Ein lautes Krachen schreckte die Schwarzhaarige herum, als das Schiff, auf dem sie sich befanden schon zu schwanken begann. Gekonnt fing sie sich an der Wand ab, ehe sie zu Boden gehen konnte und blickte zu Ace, der sich gerade den Kaffee über seine Kleidung geschüttet hatte. Währenddessen begannen die Marinesoldaten aufgescheucht an Deck zu laufen.

„Das Spionageschiff brennt. Die Unterlagen werden verbrennen!“, brüllte eine sehr scheidende Stimme, die nur von dem Vizeadmiral kommen konnte.

Wie auf Kommando stand Ace auf seinen Beinen und rannte die Treppe zum Deck hoch, gefolgt von Ayume, die sich auf dem wankenden Schiff um einiges schwerer tat, Schritt zu halten.

Ehe sie reagieren konnte, stieg der Pirat auf die Reling und machte einen Satz auf das brennende Schiff.

„Was macht der Spinner da? Er wird bei lebendigem Leibe verbrennen!“, rief ein entsetzter Soldat zu Ayumes Linken. Sie hingegen blieb ruhig. Zu ruhig für diese Situation. Doch für die Feuerfaust, die selbst komplett aus Feuer bestand, waren die Flammen nichts Gefährliches, dem war sich die junge Frau bewusst. Dennoch zuckten ihre Augen über das brennende Deck auf der Suche nach ihrem Gefährten, der sich sicher nicht umsonst so selbstlos in die Flammen gestürzt hatte.

Nach einer Weile löste sich eine Silhouette aus dem Rauch und Ace trat auf das Deck des Fregattenschiffes zurück. Über seiner Schulter hing ein bewusstloser Offizier und in seiner rechten Hand befand sich der Koffer mit den geheimen Informationen.

Die Blicke waren geschockt auf ihn gerichtet, da sein Mantel noch immer brannte. Gelassen schritt er über Deck und legte den Mann auf dem Boden ab, ehe er ein siegessicheres Grinsen aufsetzte.

„Ich habe einen Brief für sie, Vizeadmiral.“, rief er über das Deck hinweg, wobei er dem aufgelösten Mann den Zettel zuwarf. Schon sammelten sich die Soldaten um ihn und zielten mit ihren Waffen auf den Piraten.

„Willkommen auf unserem Fregattenschiff, Ace Feuerfaust.“, knurrte ein Offizier, dessen Finger schon am Abzug zitterte. Aces Augen wanderten von dem Offizier zur Reling und zurück, als er schon wieder ein einfaches Lächeln aufsetzte. Freudlos, aber überlegen. Sein Glück war, dass das Schiff noch nicht ausgelaufen war, so würde er den Sprung auf die Felsenfassade eventuell schaffen. Dann fiel sein Blick auf die Schwarzhaarige, die abgesondert der Soldaten hinter dem Vizeadmiral stand. Würde sie diesen Sprung schaffen? Ace hatte keine Zeit mehr seinen Plan zu überdenken, also brach er mit seiner Feuerfaust durch die Wand an Marinesoldaten, wobei die ersten Kugeln auf ihn abgefeuert wurden. Er spürte, wie sein Körper von selbst auf die Angriffe reagierte und die unbändige Hitze stieg ihm beinahe zu Kopf, als er die Schwarzhaarige erreichte, unsanft über seine Schulter warf und den Sprung wagte.

Im letzten Augenblick bekam er mit der linken Hand den Vorsprung zu fassen, wobei das Gewicht der beiden Personen ihn in die Tiefe zu reißen drohte. Er spürte, wie die Schwarzhaarige sich regte, sich aufbäumte und selbstständig auf den Felsen stieg. Direkt neben ihrem Kopf prallte eine Kugel an der Wand ab. Erschrocken blickte Ace sie an, als sie unbeteiligt nach seiner freien Hand griff und ihm hinauf half.

„Dein Plan war schlecht.“, murrte sie, als sie sich schon mit dem Rücken an die Wand presste und den schmalen Weg folgte.

Hatte sie die Kugel nicht bemerkt? Wieso ließ sie diese Tatsache so kalt, dass sie gerade um ein Haar tot gewesen wäre? Herzlichen Glückwunsch, Blume. Sie hatte es geschafft das Interesse des sonst eher Menschen meidenden Ace für sich zu gewinnen. Sie musste ein Geheimnis haben, da war er sich so sicher, wie der weiße Bart unter Paps Nase.

Ich wollte mich nur verabschieden

„Hast wohl keine Angst vor Kugeln, die deinen Kopf durchbohren können, was?“, bemerkte Ace schlicht, als sie sich bereits wieder auf der Stricker befanden. Wie vorhin auch, klammerte die Schwarzhaarige am Mast und hatte die Augen geschlossen. Bei dem Anblick konnte der Pirat nicht anders, als breit zu grinsen.

Mittlerweile war die Sonne schon dabei am Horizont unter zu gehen und tauchte alles in ein sanftes Rot.

„Welche Kugeln?“, stellte sie die Gegenfrage, sah ihn jedoch nicht an. Natürlich wusste Ayume wovon er sprach, doch für sie galt noch immer die Devise, umso weniger er wusste, desto besser war es für sie.

„Die Kugel, die dir um ein Haar das Licht ausgeschaltet hätte.“, bemerkte Ace ironisch. Wollte sie die Unwissende spielen, oder wusste sie tatsächlich nicht, wovon er sprach? Er tendierte doch eher zu Ersteren.

„Ich weiß nicht, wovon du sprichst.“, gab sie wieder. Sie beherrschte das Versteckspiel ja sehr gut, aber nicht mit Portgas D. Ace.

Gerade grübelte er noch, ob er die Stricker wieder zum Schwanken bringen sollte, als ihm etwas viel Besseres in den Sinn kam. Er beugte sich zu ihr hinab und hob seinen Zeigefinger, der sofort zu brennen begann.

Sie spürte die Hitze, die von ihm ausging und öffnete verwirrt die Augen, als er ihr schon mit seinem brennenden Finger, an den Unterarm tippte. Das alt bekannte eiskalte Kribbeln breitete sich auf der Stelle aus, an der er sie berührt hatte und einen kleinen Augenblick schimmerte ihre Haut silbrig. Dennoch blieb ein blassroter Fleck, an dem ihre Haut verbrannt worden war zurück. Erschrocken blickte sie auf, direkt in seine grauen Augen, die sie belustigt anfunkelten.

„So, so Miss Unschuldig, hilfloses Mädchen mit Teufelskräften.“, bemerkte er. Jetzt ergab auch ihre panische Angst vor Wasser einen Sinn. Auch die Tatsache, als sie sich das erste Mal berührten, die Kälte, die von ihr ausging. Jackpot Ace, bedachte er. Sicherlich würde sich Whitebeard für sie interessieren. Schließlich schien sie auch medizinisch begabt zu sein.

Zu ihrem Glück legten sie gerade an der kleinen Insel an, auf der Ayume lebte, als sie wortlos von der Stricker stieg und den Kiesweg bereits entlang schritt.

„Vielen Dank, Ace. Für das kleine Abenteuer und dass du Moda geholfen hast. Ich wünsch dir viel Glück, bei was auch immer du vorhast.“, nun wandte sie sich endgültig ab.

Moment! Sie konnte doch nicht einfach davon laufen, gerade, wenn er von ihren Teufelskräften erfahren hatte. Verwirrt kratzte er sich an der Stirn, als er ebenfalls von seinem Wassergefährt stieg, es am Ufer festmachte und eilig der Schwarzhaarigen nachsetzte. Sie hatte es doch tatsächlich geschafft, dass er für einen Moment seine Sprach verloren hatte.

Ob der Doktor böse auf sie war, weil sie einfach von der Arbeit verschwunden war? Ibiki würde sicherlich auch schon auf sie warten und Tom. Ja, Tom würde ihr eine Predigt sondergleichen halten, wenn er erfährt, dass sie den Zechenpreller soeben geholfen hatte eine Marinebasis zu stürmen. Was hatte sie sich dabei nur gedacht? Sie schlug sich mit der flachen Hand auf die Stirn. Wenn die Marine sie erkannt hätte. Sie wollte sich nicht ausmalen, was dann mit ihr geschehen wäre.

„Warte mal, Blume.“, riss sie die Stimme von Ace aus ihren Gedanken. War er ihr etwa nachgelaufen? Sie wandte sich herum, als er schon zu ihr aufschloss und mit der rechten Hand seinen Hut zu Recht zupfte.

„Was hältst du davon mich zu begleiten?“, kam er sofort auf den Punkt. Wäre doch schade drum, wenn sie hier auf dieser langweiligen Insel versauern würde mit ihren Fähigkeiten.

„Wa… was? Ich soll dich begleiten?“, entkam es ihr verwundert. Was wollte er denn mit einem Mädchen, wie ihr? Sie würde ihm sicher nur zur Last fallen.

„Warum nicht? Du könntest das Meer sehen, neue Inseln erkunden, ein paar Schwachköpfen die Rübe einschlagen und vielleicht würde dich Paps in unsere Crew aufnehmen.“, Letzteres versuchte die Feuerfaust so beiläufig, wie nur möglich zu formulieren, doch es blieb vor der Schwarzhaarigen nicht verborgen.

„Paps?“, hakte sie nach.

„Whitebeard.“, konterte Ace geschickt, woraufhin sie erneut die Augen weitete. Man konnte sie ja leicht aus der Fassung bringen.

„Ich denke das ist keine gute Idee.“, entgegnete sie kühl, als sie erneut einen undurchschaubaren Gesichtsausdruck aufgesetzt hatte.

„Sag bloß, dass du hier bleiben und irgendeinen langweiligen Kerl heiraten willst.“, bemerkte er grummelnd. Sie war halt doch nur eine Frau.

„So ein Blödsinn.“, konterte sie sofort. So eine Unterstellung würde sie nicht auf sich sitzen lassen, nachdem sie drei Jahre so hart trainiert hatte. Beinahe hatte sie das Geld für ein einfaches kleines Boot zusammen und konnte zur Grand Line segeln. Sie hatte auch mit den Jahren ihren Traum nicht aus den Augen verloren.

„Ich gehe, wenn ich das Geld für ein Boot zusammen habe.“, gab sie zurück. Hoffentlich hatte sie damit nicht schon zu viel verraten.

„Ich habe ein Boot.“, schmunzelte er.

„Du glaubst doch nicht, dass ich dauerhaft auf der Striker mitfahren werde?“, hakte sie mit erhobener Augenbraue nach.

„Dann suchen wir dir eben auf der nächsten Insel ein eigenes Boot. Was hast du zu verlieren?“, er wusste, dass er sie damit in die Enge trieb.

Sie grübelte. Vermutlich suchte sie nach einem Grund nicht mit ihm fahren zu müssen. Hey, so ein schlimmer Weggefährte war er nun auch wieder nicht. Er verzog das Gesicht und nahm ihr, mal wieder, die Entscheidung ab.

„Sehr gut. Willkommen im Team, Blume mit den Teufelskräften. Wo wohnst du noch gleich? Damit wir deine Sachen holen können.“, ergossen sich seine Worte in einem Schwall, sodass Ayume sich erstmal ordnen musste, um die Aussage zu verstehen. Was? Aber er konnte doch nicht über ihren Kopf hinweg bestimmen. Ehe sie zu einem Protest ansetzten konnte, hatte er sie schon am Arm gepackt und schritt in Richtung Dorf. Na ganz toll, Tom würde sie lynchen, wenn sie mit dem Zechenpreller vor der Türe stand.
 

Gerade wollte die junge Frau nervös an die Klinke der Haustüre greifen, als diese schon von Innen aufgerissen wurde.

„Sag mal Fräulein. Wo, bitte, hast du den ganzen Tag gesteckt? Das ganze Dorf hat nach dir ge…!“, die Schimpftriade brach jäh ab, als die braunen Augen des Kochs auf das erschrockene Gesicht des Piraten trafen.

Auch das noch. Wieso musste sie auch ausgerechnet bei dem Koch leben, den er heute um die Berrys gebracht hatte?

„Schnell. Rein mit dir! Ich werde ihn in Schacht halten, bis du die Marine gerufen hast!“, entfuhr es Tom, als er schon nach dem Nächstbesten griff, was er erreichte. Es war nur ein einfacher Besen, aber er genügte, um wild damit herum zu fuchteln.

Ayume hatte das Gesicht gesenkt. So, als müsste sie um ihre Worte kämpfen.

„Tom…“, versuchte sie den aufgeregten Koch zu beruhigen, jedoch überging er sie einfach und trat nun nahe an Ace heran. Seine Augen waren zu feinen Schlitzen zusammen gezogen, als er ihm den Stil des Besens vor die Nase hielt. Aces Gesicht wirkte ausdruckslos, trotzdessen, dass er einen höflichen und netten Eindruck machte, wusste Ayume, mit diesem Piraten war nicht zu spaßen.

Innerhalb weniger Sekunden lag der Besen in tausenden Teilen vor den Füßen des Kochs, als sie sich erneut hörbar räusperte. Nun hatte sie es geschafft, dass die Aufmerksamkeit des aufgeregten Mannes wieder auf ihr lag. Nicht schlecht, Blume, bedachte Ace.

„Tom. Ich möchte mich von dir verabschieden.“, gab Ayume ruhig von sich. Ihr Gesicht lag komplett im Schatten, doch ganz ungeachtet davon, wusste Ace sowieso nie, was gerade in ihrem Kopf vor sich ging.

Sofort erstarb die Gegenwehr des Kochs und er senkte den Blick.

„Warum mit dem Lappen? Hättest du dir nicht jemand Besseren suchen können?“, hinterfragte der Mann, woraufhin Ayume schlicht mit der Schulter zuckte.

Moment. Wen nannte er hier Lappen? Schließlich hatte doch er, wie ein tobendes Hausmütterchen mit dem Besen herum gefuchtelt.

„Na, dann kommt mal besser rein, aber ich habe dich im Auge, Bursche!“, gab er mit erhobenem Zeigefinger in Aces Richtung zu verstehen, der nur schlichtend beide Hände vom Körper abhob und den Beiden schließlich in das kleine Holzhaus folgte.

Tom durchschritt den Flur als Erster und führte die Beiden ins Wohnzimmer, wo er sich sogleich an sein geheimes Alkoholversteck wagte. Ayume hatte es schon lange entdeckt, hatte dazu aber immer geschwiegen.

„Bier, Wein, oder Schnaps? … Ach was solls, ich hab noch Rum da.“, grummelte der Koch und zog eine Flasche hervor. Woraufhin er dem Piraten bedeutete sich zu setzten.

Ace schritt an die lederne Couch und ließ sich darauf fallen, als er schon ein Glas Rum vor der Nase stehen hatte. Ayume hingegen hob abwehrend die Hände.

„Ich verzichte. Alkohol behagt mir nicht sonderlich. Aber ich geselle mich sofort wieder zu euch, wenn ich meine Sachen gepackt habe. Es dauert auch nicht lange. Bitte schlagt euch nicht gleich die Köpfe ein.“, bat sie aufrichtig. Schien wohl so, als traue sie Ace einiges zu.

Tom grummelte nur etwas Unverständliches und schüttete sich das erste Glas in den Rachen, während die Schwarzhaarige sich abwandte und aus dem Raum verschwand.

Etwas unbehaglich war es der Feuerfaust schon, dass er nun alleine in einem Raum mit einem absolut unberechenbaren Menschen saß, der sich gerade versuchte die Kante zu geben.

„Verträgst wohl nichts.“, gab der Koch von sich, da der junge Pirat ihm gegenüber das Glas noch nicht mal angerührt hatte.

Ace zog belustigt die Augenbraue in die Höhe. War das etwa eine Herausforderung?

„Sicher mehr, als du denkst.“, gab er zurück und legte seine rechte Hand an seine Hutkrempe.

„Versuch ihn mal, is ein feiner Tropfen. Hab ihn damals von einem Frachtschiff, das direkt aus East Blue hierher gekommen ist.“, bemerkte Tom, scheinbar stolz auf seinen guten Geschmack.

Nun erhob Ace das Glas und leerte es mit einem Zug.

„Hm, ja. Scheint ganz in Ordnung zu sein.“, bemerkte er schlicht.

„Ganz in Ordnung? Du hast keinen Geschmack, aber war zu erwarten, Pirat.“, murrte Tom. So ganz geheuer war es ihm nicht, sich mit diesem Burschen anzulegen.

Gelassen lehnte sich die Feuerfaust zurück und lächelte.

„Der Rum ist nicht schlecht, aber du hast sicher schon einmal vom feinsten Sake der Inseln gehört, nicht wahr?“, Ace bemerkte zufrieden, wie der Koch sofort hellhörig wurde.

„Natürlich habe ich davon gehört.“, brummte er und leerte das viere Glas Rum.

„Vergleichsweise dazu ist dieser Rum nur ein Tropfen auf dem heißen Stein.“, schloss Ace.

Man könnte meinen, um ein Haar wären dem Koch die Augen aus ihren Höhlen gefallen, als ihm klar wurde, dass Ace den Sake wohl schon gekostet hatte.

„Was müsste ich tun, damit ich eine Flasche von diesem Sake bekomme?“, hinterfragte Tom flüsternd, als wäre die Marine hinter ihm her.

„Mal sehen, ich werde mir etwas einfallen lassen.“, grinste der Pirat. Klarer Sieg für die Feuerfaust.

Gerade, als Tom etwas erwidern wollte räusperte sich die Schwarzhaarige, die wieder im Türrahmen stand. Auf ihrem Rücken war ein kleiner brauner Rucksack, indem sie scheinbar alles Nötige unterbringen konnte.

Endlich eine Frau, die nicht ihren gesamten Hausstand mit auf Reisen nahm, schmunzelte Ace vor sich hin. Und ja, er musste zugeben, er war ein Mann, der gerne einmal flirtete. Doch schon mehrmals war es passiert, dass die Ladies mit gepackten Koffern am Hafen standen, in der Hoffnung der junge Pirat würde sie doch mit sich nehmen. Gut, dass es mit der Striker ein Leichtes war, heimlich zu verschwinden. Nicht sehr charmant, aber wirklich effektiv.

Sie setzte sich mit etwas Abstand ebenfalls auf die lederne Couch und blickte ihren Onkel mit einer hochgezogenen Augenbraue an, der gerade sein achtes Glas Rum leerte.

Der hatte es aber eilig, wunderte sich Ace, während er weiterhin gespannt die Szene verfolgte.

„Was hastn jetzt vor?“, beugte sich Tom etwas in Richtung Ayume, doch er blickte auf den Boden.

„Etwas trainieren, ein paar Inseln erkunden. Mal sehen wohin mich der Wind trägt, ehe ich zur Grand Line segle.“, gab sie zu. Das erste Mal merkte Ace, wie ihre Augen freudig funkelten. Ein Lächeln jedoch schien Raritätenstatus zu haben.

„Das Leben als Pirat ist vielleicht in deinen Augen spannend, aber auch mindestens so gefährlich, unberechenbar und tödlich.“, knurrte der Koch, woraufhin sie nickte.

Ayume wusste, dass es kein Leichtes sein würde den Weg eines Piraten zu gehen. Sie wusste, dass sie sich vielen Gefahren auszusetzen hatte, vor allem der Marine. Doch noch immer lächelte das Gesicht der Rothaarigen in Ayumes Kopf und forderte das Versprechen, dass sie eines Tages einer, der größten Piraten werden würde.

Die Chance Black Beard wieder zu sehen, die Gefahr zu sterben, das alles war der jungen Frau durchaus bewusst. Sie liebte den griesgrämigen Koch, wie ihren richtigen Onkel, sofern sie einen hatte und ihr brach das Herz, wenn sie daran dachte, dass sie ihn vielleicht niemals wieder sehen würde, aber dennoch gab es etwas, was diese Angst bekämpfte, indem es schrie: „ICH BIN FREI!“

Sie hatte so viel erleiden müssen, so viel mit ansehen müssen und nun war die Zeit gekommen. Die Zeit der Rechtschaffenheit. Beinahe würde sie behaupten, die Zeit der Gerechtigkeit, in der sie endlich tätig werden konnte. Doch das Wort Gerechtigkeit war von der Marine schon so sehr in den Schmutz gezogen worden, dass sie dies außen vor ließ.

„Ich werde auf mich achten, Tom.“, äußerte sie sich endlich, was ihn nur leicht schmunzeln ließ.

„Und wehe du kommst mich nicht besuchen, wenn du in der Nähe bist!“, drohte er halbherzig. In seiner Stimme schwang ein trauriger Unterton mit, der Ayume sofort auffiel.

„Wann immer ich kann.“, gab sie fein zurück und verschränkte die Hände in ihrem Schoß. Bloß nicht weich werden, Ayume. Forderte sie gedanklich von sich selbst.

„Und nun zu dir.“, Tom wandte sich blitzschnell an Ace, der sofort ertappt drein blickte. Vermutlich war er mit den Gedanken ganz woanders gewesen.

„Wenn du sie in Gefahr bringst, oder sie deinetwegen verletzt wird, dann verspreche ich dir, werde ich nichts unversucht lassen, dir höchst persönlich den Schädel zu spalten und ein Vogelhaus daraus zu bauen!“

Ayume schielte zu Ace, der sich nun wieder aufrecht setzte und sein typisches Lächeln zur Schau stellte. Als könnte Tom ihm gefährlich werden.

Ace streckte seinen Arm über den Tisch zu Tom und hielt ihm die Hand entgegen.

„Ich werde schon auf sie achten, wenn nicht, weiß ich ja, was mir blüht.“, bemerkte er schlicht und schon schlug Tom ein.

Als ob Ayume nicht auf sich selbst achten könnte, aber das würde sie demonstrieren, wenn es denn soweit war. Das jahrelange Training hat sich immerhin ausgezahlt.

„So, nun aber raus hier. Ich bin kein Freund von rührseligen Abschieden.“, erhob sich der Koch, woraufhin auch die beiden Schwarzhaarigen sich besannen und mit ihm zur Tür schritten.

Er lehnte sich an den Türrahmen, als seine vermeintliche Nichte schon durch den Vorgarten ging, sich jedoch nochmal nach im umwandte. Schnell wischte er sich die einzelne Träne mit dem Ärmel von der Wange, ehe er rief:

„Los, hau schon ab!“

„Machs gut, Onkel Tom.“, gab Ayume zurück, schenkte ihm ein trauriges Lächeln und ließ den Mann alleine zurück.

Das Haus würde fürchterlich still sein, ohne seine Ayume, die alle Daumen lang etwas kaputt machte. Er wünschte ihr viel Glück und dass sie eines Tages heil wieder hierher kommen würde, doch solche schnulzigen Worte würden natürlich niemals seinen Mund verlassen. Er sollte sich eigentlich schon den Mund mit Seife auswaschen, weil er sie nur gedacht hatte. Grummelnd trat er zurück in sein Haus und warf die Türe mit einem lauten Rums zu.

Nichts, als Ärger

„Langsam gewöhne ich mich an den Anblick.“, prustete Ace los, als er vor Ayume in die Hocke ging.

Mal wieder klammerte sie am Mast der Striker, als würde jeden Moment ein Sturm losbrechen und sie im Meer versenken. Aber die Ausdauer, mit der sie sich die ganze Nacht über an den Masten geheftet hatte, war wirklich bewundernswert.

„Was hältst du davon, wenn wir etwas essen gehen?“, bemerkte er, was ihm einen verständnislosen Blick ihrerseits brachte.

„Der Käpt’n hat soeben erfolgreich angelegt.“, gab er noch einmal deutlicher zu verstehen.

Nun hob sie den Blick und tatsächlich. Sie waren an einer Insel angekommen. Der Stand war gefüllt von vielerlei Menschen, die sich sonnten, oder im seichten Wasser planschten.

Sie hatte zwar die ganze Nacht kein Auge zugemacht, aber nun, da sie endlich von diesem wackeligen Floß gehen konnte, kam ihr Elan zurück. Eilig erhob sie sich und kletterte auf den Steg, ehe sie ihren Rücken durchstreckte und erneut ihren Blick über die Umgebung schweifen ließ.

„Wo sind wir hier?“

„Nur eine kleine Erholungsinsel für Gesindel aller Art. Lass dich nicht anquatschen. Die Leute hier ticken nicht ganz richtig.“, bemerkte die Feuerfaust trocken und ging behände an Ayume vorbei, die noch immer etwas verdattert am Steg stand.

Diese Insel war für kleinere Unruhen und Raufbolde bekannt und Ace verfolgte natürlich ein Ziel, ansonsten wäre er gar nicht erst auf diese langweilige Insel gekommen. Aber es ergab sich gut, dass er endlich sehen konnte, wozu die Schwarzhaarige, deren Namen er immer noch nicht kannte, fähig war, während er sich weitere Informationen über Black Beard besorgen würde.

Den Koffer mit den geheimen Informationen hatte er im Eifer des Gefechts, als er sich seine Gefährtin geschnappt hatte und an die Felswand gesprungen war, fallen lassen. Das war wieder das berühmte Glück von Ace. Das kannte er ja schon.

Gemütlich schlenderte er durch die belebten Straßen, als plötzlich ein klirrendes Geräusch erklang, Männergebrüll folgte und ein völlig ramponierter Mann vor seinen Füßen landete.

„Scher dich fort, dreckiges Gesindel.“, fauchte der Wirt aufgebracht, woraufhin der Betrunkene einfach nach hinten umkippte und mitten auf der Straße laut zu schnarchen begann.

„Ich glaube wir suchen uns eine andere Kneipe.“, schmunzelte Ace, machte einen Ausfallschritt über den Schlafenden und folgte der Hauptstraße tiefer in die Stadt hinein.

Musste es denn unbedingt eine Kneipe sein? Ayume verdrängte sogleich die Gedanken, die über sie hereinfallen wollten, wie blutrünstige Tiere und folgte Ace weiterhin schweigsam. Doch mitten im Gang wandte er sich zu ihr herum und lief rückwärts. Ein gewitztes Lächeln machte sich auf seinen Zügen breit und Ayume ahnte schon, was jetzt gleich kommen würde.

„Na, Blume. Hast du dich endlich entschieden mir deinen richtigen Namen zu verraten?“, fragte er sogleich.

Sie hätte eine Wette abschließen sollen.

„Du scheinst dich ja an Blume schon gewöhnt zu haben.“, gab die Schwarzhaarige schlicht zu verstehen.

„Die gefährliche Piratin Blume.“, bei dem Satz verzog er das Gesicht.

Klang nicht sonderlich gefährlich. Ayume erinnerte sich, außer dieser netten Anspielung, an einen Steckbrief, der auch nicht sonderlich gefährlich geklungen hatte. Buggy der Clown.

Nun verzog sie ebenfalls das Gesicht. Sie sah sich schon auf einem Bild mit Blümchen und anderem Kitsch.

„Was außer deiner Teufelskräfte hast du denn noch zu verbergen?“, hinterfragte Ace, noch immer ihr zugewandt.

Stimmt. Was hatte sie eigentlich zu verbergen? Sie hatte die ganze Zeit so ein Geheimnis draus gemacht, dass sie am Ende sogar vergessen hatte, warum sie es verschwiegen hatte.

„Ayume.“, gab sie schlussendlich nach. Immerhin würde sie wohl längere Zeit mit der Feuerfaust unterwegs sein.

„Klingt gleich viel besser, als Blume. Freut mich dich kennen zu lernen.“, bemerkte er scherzend, als sein Augenmerk auf ein Schild am Straßenrand fiel.

„Und da haben wir schon unseren Zwischenstopp.“, entkam es ihm, als er schon hinüber lief und in der Türe zur Kneipe verschwand. Nun konnte auch Ayume sehen, was die Feuerfaust magisch anzog. Auf dem Schild stand: „Frische Steaks.“

Als sie zögerlich die Kneipe betrat schlug ihr sogleich der alt bekannte Geruch von Alkohol und Tabak ins Gesicht. Sofort mutierte sie wieder zur Fünfzehnjährigen und zog einen undefinierbaren Gesichtsausdruck auf. Ruhig und vor allem drauf bedacht nicht zu viel Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, durchschritt sie den Schankraum, ehe sie sich neben Ace an die Bar setzte. Ihr Blick war an das Schnapsregal geheftet. Sie konnte die düstere Atmosphäre beinahe schmecken, so gegenwärtig war sie, ebenso, wie die vielen neugierigen Blicke, die auf der Feuerfaust und vor allen Dingen auf ihr hafteten. Das roch nach Ärger, ob Ace das auch aufgefallen war?

Als er die Kneipe in seinem Übereifer betreten hatte, fielen ihm schon die dunklen Gestalten auf, die sich hier herum trieben, doch ihn sollte es nicht weiter stören. Alleine das Tattoo auf seinem Rücken sorgte zumeist dafür, dass sich niemand wagte, ihm Ärger zu bereiten. Jedoch ganz im Gegenteil zu seiner unschuldigen Begleitung, die immer noch so wirkte, als könnte sie kein Wässerchen trüben. Die Blicke flogen ihr sichtlich zu, als sie seelenruhig durch den Raum schritt und sich direkt neben ihm nieder ließ. Ihr Gesicht war verschlossen. Sicherlich verbarg sie etwas.

Ayume. Woher kam ihm dieser Name nur so bekannt vor? Dazu noch ihr Gesicht. Es war zum Haare raufen, aber er musste sie wohl fragen, auch wenn er wusste, dass sie wieder dicht halten würde, wie ein Wasserschloss.

Gerade, als er das erste Steak, welches er sich gekonnt komplett zwischen die Kiemen gesteckt hatte, schlucken wollte und sich zu seiner Begleitung herum wandte, erkannte er den Ersten, der sich schon einen Weg zu der Schwarzhaarigen bahnte. Sogleich überdachte er sich seinen Plan. Die Show konnte beginnen. Notfalls würde er eben eingreifen, wenn sie sich nicht zu wehren wusste.

Ihr war sein Blick nicht entgangen und sie konnte fühlen, wie sich jemand von hinten näherte. Hatte er sich deshalb umgewandt und drehte ihr jetzt den Rücken zu? Ärger vermeiden klang nicht nach dem großen Portgas D. Ace, also steckte ein Plan dahinter. Sie könnte beinahe schon wieder eine Wette abschließen.

„Was treibt eine so hübsche junge Dame in einer, von Barbaren verseuchten Kneipe, wie dieser?“, drang schon die Stimme des Fremden an Ayumes Ohr. Wenn es nach ihr ginge, stand er schon viel zu nah. Sie wurde nervös, ließ sich jedoch nichts anmerken. Nur die Ruhe bewahren, du hast alles unter Kontrolle, sagte sie sich in Gedanken, als sie sich herum wandte. Schließlich wollte sie Ace zeigen, dass sie sich auch alleine zu helfen wusste.

Ace hatte die Ohren gespitzt. Mal sehen, was das Unschuldslamm drauf hatte.

„Jedenfalls suche ich keine Unterhaltung.“, gab sie schlich von sich. Ihre Stimme war kalt, beherrscht, aber selbstbewusst.

Der Mann vor ihr war bereits in mittlerem Alter, angegrautes Haar, zumindest der Rest, der sich noch auf dem Kopf befand. Mit einer kleinen Narbe am Kinn und der offenen Lederweste, worunter der Bierbauch zu erkennen war, schien er sich schon als schlimmen Finger zu sehen.

„Ich wüsste auch weitaus besseres mit dir anzustellen, als mich nur mit dir zu unterhalten.“, konterte er geschickt mit einem viel sagenden Lächeln auf den Lippen.

Ace würde sich am liebsten selbst auf die Stirn schlagen für diesen flachen Spruch, doch er hielt sich raus. Noch war Ayume ja gewohnt höflich gewesen.

Diese hingegen wirkte von dieser eindeutigen Aufforderung zunächst etwas vor den Kopf gestoßen, ehe sie sich besann. Sie war nicht mehr das kleine hilflose fünfzehnjährige Mädchen, welches sich vor bösen Männern fürchten musste.

„Da könnte ich mir etwas Schöneres vorstellen. Ertrinken zum Beispiel.“, kam es ihr von den Lippen.

Der hatte gesessen. Das Grinsen der Feuerfaust wurde um einiges breiter. Er wusste aus Erfahrung. Jetzt ging es in die zweite Runde.

„Ganz schön frech für deine Große, Püppchen. An deiner Stelle würd ich meinen Mund nicht so weit aufreißen. Weißt du überhaupt, wer ich bin?“, knurrte der Mann, in seiner Ehre verletzt.

„Nein, weiß ich nicht. Spricht nicht sehr für dich.“, gab sie gelassen zurück. Nun war es an ihr, das Spiel einfach mal umzudrehen.

Mit einer ausholenden Bewegung hatte er ein Messer gezückt und hielt es Ayume unter die Nase. Seine Geduld hatte wohl schneller ein Ende gefunden, als die Schwarzhaarige angenommen hatte.

„Hör zu, Püppchen, ich sage das nur einmal. Du bist hier in meinem Bezirk. Ich bin der große Dom, der Anführer der Gaunertruppe dort vorne. Und wenn dir etwas an deinem Leben liegt, dann hebst du jetzt deinen hübschen Hintern von dem Barhocker und kommst mit, verstanden?“ Das wütende Funkeln in seinen Augen verriet Ayume, dass er es ernst meinte. Das Messer in seiner Hand war nur wenige Zentimeter von ihrem Gesicht entfernt und auch, wenn sie wusste, dass sie eine gefährliche Teufelskraft besaß, so machte sie der Umstand doch etwas nervös. Vielleicht hatte sie auch übertrieben.

Aber diese Blöße würde sie sich natürlich vor Ace, der alles genau mitbekam, nicht geben, darum sprang sie über ihren eigenen Schatten und erhob sich tatsächlich vom Barhocker. Dieser Zug ließ sogar ihren Begleiter herum fahren. Sie hatte natürlich nicht vor mit diesem widerlichen Gauner mitzugehen, aber irgendwie musste sie ja über ihre Unsicherheit hinweg täuschen.

Also, ohne weiter darüber nachzudenken, ergriff sie die Klinge des Messers, welches ihr unheimlich nahe gekommen war und blickte ihrem Gegenüber direkt in die Augen.

„Wenn ich etwas nicht ausstehen kann, dann sind es aufdringliche und unhöfliche Menschen.“, gab sie zu, während ihre Finger einen seltsamen Schimmer annahmen und kurzerhand durch die Klinge drangen, sodass diese in kleinen Einzelteilen zu Boden fiel.

Entsetzt hatte er die Augen aufgerissen und sein Blick zuckte zwischen seinem verkrüppelten Messer und der jungen Frau hin und her.

„Haben wir das geklärt, ja?“, hinterfragte sie schnell, noch die hilflose Situation ihres Gegners ausnutzend.

„Gut, schönen Tag noch, der Herr.“, setzte sie hinzu, als er noch immer nach Worten rang. Damit hatte sich die Sache für Ayume geklärt. Sie platzierte sich erneut auf dem Barhocker und wandte dem Fremden den Rücken zu. Beinahe könnte sie sich selbst auf die Schulter klopfen. Und das alles ohne jemanden zu verletzten, oder zu töten.

Hingegen ihrer Erwartungen jedoch, hatte es sich für Dom nicht geklärt. Die Erniedrigung, die er vor versammelter Mannschaft ertragen musste, brachte ihn dazu, seine Pistole zu ziehen und auf Ayumes Rücken zu zielen. Sie spürte, wie ihr ein eiskalter Schauder den Rücken entlang lief und war sich sicher, dass Dom nun seinerseits zum Showdown ansetzte. Dazu musste sie nicht erst ihren meerblauen Blick heben.

Der Schuss konnte ihr nichts anhaben, soviel war Ace mittlerweile klar, dennoch hatte auch seine Geduld mal ein Ende, also erhob er sich zu voller Größe und blickte auf den verwunderten Mann hinab, der ihn natürlich sofort erkannt hatte.

„Irgendein Problem mit meiner Begleitung?“, forschte die Feuerfaust. Seine Stimme war ruhig, auf seinem Gesicht das typische Lächeln, doch nicht freudig. Es war überlegen. Demonstrativ schob er mit dem rechten Zeigefinger seinen Hut zu Recht, wobei er sich den Spaß nicht nehmen ließ, dass sein Finger dabei brannte.

Eilig wich der Mann zurück, ließ die Waffe sinken und setzte einen unschuldigen Blick auf.

„Ich wusste nicht, dass die Dame zu dir gehört, Feuerfaust.“

Damit hatte Ace auch schon gewonnen. Lahmer Sieg. Schade, etwas Keilerei hätte nicht geschadet. Doch da der Mann zum offensichtlichen Rückzug antrat, nahm er auch wieder Platz. Wie er bereits gedanklich erwähnte, eine langweilige Insel.

Sankt Rotznase

Gerade hatte er Ayume bei der kleinen Herberge abgesetzt in der Hoffnung sie würde den fehlenden Schlaf nachholen, den sie dringend gebrauchen konnte. Zwar hatte sie nichts von ihrem müden Zustand durchdringen lassen, doch die dunklen Augenringe und die schwer klimpernden Lider hatten sie verraten. Ace hingegen hatte noch ein geplantes Treffen mit demjenigen, der ihm die Informationen über Black Beards weitere Schritte geben wollte. Gerade, als er um die Ecke bog, griff eine schlanke Hand nach seinem Oberarm, woraufhin er sich gehetzt herum wandte. Ein paar funkelnde Augen waren auf ihn gerichtet.

„Ace, die Feuerfaust, richtig?“, gab die große blonde Schönheit von sich, woraufhin er nur eilig nickte.

War sein Ruf ihm schon wieder vorausgeeilt?

„An deiner Stelle wäre ich etwas vorsichtiger. Genau heute hat ein Marineschiff hier angelegt. Sie scheinen auf der Suche nach jemanden zu sein. Mein Name ist übrigens Millenia.“, stellte sie sich kokett lächelnd vor, woraufhin es Ace, wie Schuppen von den Augen fiel. Seine Informantin.

Nun war das Lächeln auch auf seine Züge zurück gekehrt. Er nickte unauffällig auf die dunkle Schenke, die sich zwei Straßen weiter am Eck befand. Dort würde die Marine sicherlich nicht aufschlagen. Zumindest nicht, ohne, dass er es sofort mitbekommen würde. Immerhin war der Wirt ihm noch einen Gefallen schuldig.
 

Schweißgebadet schlug die junge Schwarzhaarige ihre Augen auf, ehe sie sich gehetzt aufsetzte und ihren Blick verloren im leeren Zimmer herum wandte. Sie musste sich kurz ordnen, um zu begreifen, dass sie gerade nur einen Alptraum gehabt hatte. Die Sonne war bereits im Begriff unter zu gehen, was Ayume durch das Fenster bemerkte. Lange hatte sie zwar nicht geschlafen, dennoch wuchtete sie sich aus dem kleinen Bett und fuhr sich mit den Händen über die müden Augen.

Vielleicht würden ihr ein paar Schritte an der frischen Luft gut tun. Immerhin war Ace noch nicht zurück.

Grübelnd zog sie sich ihre Stiefel über die Füße, ehe sie aus dem Raum in den Flur trat, der alten Frau, die sie beherbergte ein höfliches Nicken schenkte und hinaus auf die Straße ging.

Sie sog die Luft tief in ihre Lunge ein, bevor sie sich daran machte die lange Hauptstraße entlang zu laufen und tatsächlich. Die Bewegung entspannte sie merklich. Ihre Gedanken kamen wieder zur Ruhe und der Alptraum rückte in die tiefen ihres Unterbewusstseins zurück, als hätte es ihn nie gegeben.

Nach einer Weile kam sie direkt an dem Sandstrand an, wo auch die Striker in der Bucht stand. Nur noch wenige Menschen, vor allem Pärchen, tummelten sich in der Ruhe des Abends in dem noch immer warmen Sand, also beschloss die Schwarzhaarige sich ebenfalls ein geeignetes Plätzchen zu suchen und ihren Gedanken ein wenig nach zu hängen.

Lange schon war sie nicht mehr alleine gewesen. Sie genoss die Stille, während ihre Augen auf dem rötlich schimmernden Horizont lagen. Was würde sie dafür geben, wenn sie diesen Moment mit Nabiki zusammen erleben dürfte. Bei den Gedanken an ihre beste Freundin zog sich, wie immer, ihr Magen schmerzlich zusammen. Drei Jahre schon. Drei geschlagene Jahre war sie schon nicht mehr hier und Ayume war es, als stand sie erst gestern noch vor dem windschiefen Kreuz.

Plötzlich zog eine bittere Stille über den Strand auf, an dessen Rand sich Ayume auf einen kleinen Felsen gesetzt hatte. Im Augenwinkel bemerkte sie die ängstlichen und ehrfürchtigen Gesichter der Menschen, die sich eilig verbeugten. Sie wandte den Kopf, um den Grund für die plötzlich bedrückte Stimmung zu erkennen und der Anblick traf sie, wie ein Schlag mitten ins Gesicht.

Ein rundlicher Mann mit einer schwarzen Turmfrisur ritt auf einem verhüllten Sklaven auf den Strand zu, der eilig von ein paar Wachen geräumt wurde. Um seinen Kopf herum befand sich eine Luftblase, welche dazu diente nicht dieselbe Luft, wie das gemeine Volk atmen zu müssen. An einer Kette hielt er zwei verhüllte Frauen, denen eine Halsfessel angelegt war.

Wut, unbändige Wut brodelte in ihr, als ihre Augen zwischen den Sklaven und dem fetten Mann hin und her zuckten.

„Verbeug dich gefälligst vor dem Himmelsdrachen, Gör!“, schnitt eine Stimme durch die Stille, als die Wache bei der Schwarzhaarigen angekommen war.

Sie schluckte hart und zwang sich ruhig zu bleiben, doch ihre Hände zitterten, weil das Blut in ihr noch immer kochte. Als sie nicht reagierte, packte sie der ruppige Mann an den Haaren und zwang sie somit von dem Felsen auf die Knie.

Ayumes Gesicht blieb ausdruckslos, wobei ein dunkler Schatten über ihre Augen gefallen war. Ihr sonst so wohl durchdachtes Wesen nahm nun endgültig Abschied, als die belustigte Stimme des Himmelsdrachen über den Strand erklang.

„Noch nie was von Respekt gehört, Drecksstück?“
 

„Ich bin eine verdammte Hure…“… „Sankt Carlos war noch nie zimperlich mit seinen Sklaven.“ … „Lass mich nicht alleine, Yümchen.“… „Sie war eine einfache Hure…“… „Ich bin eine schlechte große Schwester, nicht?“… „Nabiki ist tot. Beim Geschlechtsverkehr wohl erwürgt worden.“… „Irgendwann sind wir frei!“… „Nabiki ist tot.“… „Ich möchte doch nur… dass du nicht so endest, wie ich, Ayume.“ … „Sonst endest du, wie deine dreckige Schwester!“… „ICH BIN FREI!“
 

Obwohl die Wache einen heftigen Druck auf Ayumes Hinterkopf ausübte beugte sie ihn nicht, stattdessen kam sie auf die zitternden Beine zum Stehen. Überrascht versuchte die Wache sie zu Boden zu ringen, doch die junge Frau stemmte sich beinahe mit unmenschlicher Kraft dagegen. Was war das? Ihre Haut war so unendlich kalt.

Selbst Sankt Carlos schien beeindruckt mit welchem Ehrgeiz sich die junge Schwarzhaarige auf den Beinen hielt. Belustigt klatschte er in die Hände. Sie wollte er in seiner Sammlung haben. Wäre doch gelacht, wenn er sie nicht bekommen würde. Schließlich bekam er immer, was er wollte. So ein Glück, dass er auf diese widerliche Erholungsinsel gekommen war.

„Du sollst dich vor unserem Herrscher verneigen, du Miststück.“, keuchte die Wache angestrengt, als Ayume bereits einen Ausfallschritt zur Seite machte mit dem Arm ausholte und ihrem Gegner mit voller Wucht ihren Ellbogen in seine widerliche Visage donnerte. Sofort wurde der Griff an ihren Haaren gelockert und ihr Peiniger lag, alle Viere von sich gestreckt, im Sand.

Oh nein, sie war schon lange nicht mehr die hilflose kleine Fünfzehnjährige, die sich einen solchen Umgang gefallen lassen würde.

„Ich werde mich sicherlich nicht vor diesem Mörder beugen.“, zischte sie. Ihre Stimme bebte, während ihre Hände zitterten. Sie hob den meerblauen Blick und durchdrang den Himmelsdrachen, der bei dem Ausdruck ihren Augen zusammenzuckte.

„Ist das nicht das Gör, das einst vom Shikigami mitgenommen wurde?“, knurrte der Himmelsdrache, wobei er die Frage eher sich selbst stellte. Es war wohl besser, wenn er nichts dem Zufall überlassen würde. Schnell nahm er seine Teleschnecke zur Hand und alarmierte die Marine. Sehr zu seiner Freude hatte sich doch erst heute ein Suchtrupp hier eingefunden. Er würde das Mädchen bekommen. Soviel war sicher.

Zeitgleich umstellten die restlichen Wachen des Weltaristokraten die junge Schwarzhaarige, die sich davon aber nicht aus der Fassung bringen ließ. Er war direkt vor ihrer Nase. Ihre gesamte Wut, die mit den Jahren immer mehr abgeflaut war, brach aus ihrem Inneren hervor und sie würde einen Teufel tun und sich zurücknehmen.

Der erste tat einen Schritt in ihre Richtung, woraufhin sie sofort reagierte. Sie packte die Faust, die direkt auf ihr Gesicht zusteuerte und beförderte die Wache mit einem einzigen Tritt mehre Meter durch die Luft, ehe er mit einem erstickten Keuchen auf dem Boden aufkam. Sofort stürzte sich der Rest des Gesindels auf die einzelne Frau.

Ihre Sinne waren scharf, wie nie, als sie zwischen den Fäusten hindurch tauchte und ebenfalls einige Schläge landete. Gerade, als sie sich herum wandte, schoss eine Eisenstange auf ihre Stirn zu. Die Kälte durchdrang sie, wie ein alter Bekannter, ummantelte ihre Seele und ließ die Stange einfach zerbrechen. Kurz stockte der Angreifer, als die Aufschlagstelle silbrig schimmerte, schon holte Ayume zum Gegenschlag aus. Ein reißendes Geräusch war Begleiter ihres Treffers. Schnell zog sie die rasiermesserscharfe Hand aus dem Gesicht des Mannes, als sie schon herum wirbelte und dem Zweiten die Brust durchdrang. Nun wichen die letzten beiden Männer ängstlich zurück und versuchten die Schwarzhaarige auf Abstand zu halten, was ihr nur ein leichtes Zucken der Mundwinkel entkommen ließ, als der Schuss ihre Wange streifte und ihren Blick sofort in die Richtung des Himmelsdrachen wandern ließ. Er hatte ein festes Grinsen aufgesetzt, als hinter ihm, die fünfzig Mann starke Besatzung, der Marine stand.

„Ayume, im Namen der Gerechtigkeit, bist du hiermit festgenommen.“, gab der Marineoffizier schlicht von sich, als sie ihre Augenbraue erhob.

Die Marine hatte sie also erkannt? Sicherlich waren es wieder ihre verräterischen Augen gewesen, die so einprägsam waren, dass sie sogar nach drei Jahren noch daran erkannt werden konnte.
 

Nichts, wie weg von hier, befand Ace, als er sich durch den überfüllten Schankraum kämpfte. Dieses irre Weibsstück war ganz schön aufdringlich und die Informationen, die sie hatte, waren absolut unbrauchbar gewesen. Das war alles nur ein Vorwand gewesen, um ihn hierher zu locken, bemerkte er bitter, als er sich in aller Eile den Lippenstift von der Wange zu wischen versuchte. Was machte Mann da also? Richtig, warten bis gnädige Frau auf die Toilette muss und sich dann schnell vom Acker machen. Grummelnd trat er auf die Straße, als hektisch eine Horde Marinesoldaten an ihm vorbei liefen. Verwirrt legte er seine rechte Hand an die Hutkrempe und beschloss der ganzen Sache auf den Grund zu gehen. Irgendwas musste diese Idioten ganz schön aus der Fassung gebracht haben, wenn sie ihn nicht mal bemerkt hatten.

Schon von Weitem vernahm er den ersten Schuss, welcher in den leer gefegten Straßen widerhallte. Am Strand hatten sie sich positioniert. War das nicht Sankt Carlos, dieser schleimige Weltaristokrat mit der Rotznase? Was machen die denn da für einen Aufstand? Er hielt sich bedeckt. Diese Art von Ärger konnte er nicht gebrauchen zum Schluss würde noch der Admiral höchst persönlich antanzen.
 

„Wenn du dich kampflos ergibst, dann können wir über deine Strafe verhandeln. Wenn du sogar mit den Informationen über den Shikigami herausrückst, dann könnte man sogar über eine Begnadigung nachdenken.“, knurrte der Offizier, noch immer seine Waffe auf die junge Frau gerichtet, die seinem Blick stur stand hielt.

Kampflos. Soweit würde es noch kommen. Diesem widerlichen Weltaristokraten würde sie höchst persönlich das überlegene Grinsen aus dem Gesicht wischen.

Der Marineoffizier nickte zwei seiner Soldaten zu, die sogleich auf Ayume zu

schritten, um sie, wie bereits angedroht, festzunehmen. Sie regte sich nicht, nicht einmal, als die Soldaten den Radius, den die Wachen um sie gezogen hatten, durchschritten. Erst, als sie direkt in Reichweite waren, löste sie ihre Starre, packte den Ersten am Hinterkopf und schlug ihn mit dem Gesicht in das Gesicht seines Kollegen.

„Kampflos ist keine Option.“, gab sie ruhig von sich, als die beiden Soldaten vor ihr in den Sand sackten.

Von der Schnelligkeit der jungen Frau überrascht, fing der Offizier seine entlaufenen Gesichtszüge wieder ein, als sie schon begann in Richtung des Aristokraten zu gehen. Dieser wurde nun sichtlich, mit jedem Schritt, den Ayume machte, nervöser. Seine Hand zuckte an der Teleschnecke. Musste er wirklich soweit gehen?

Die Marinesoldaten erhoben erneut die Waffen, legten an, zielten und eine Welle aus Kugeln ergoss sich auf die junge Frau. Nun war es sicher. Der Rauch legte sich, sie hielt zwar inne, war aber nahezu unverletzt, bis auf wenige Kratzer, die aus denen sich langsam, aber sicher, ein feiner Rinnsal an Blut löste. Teufelskräfte.

Hektisch schrie der Himmelsdrache seinen Notruf in die Teleschnecke, als die Marinesoldaten auf Ayume zustürzten. Diese hingegen bewegte sich mit fließenden und grazilen Bewegungen, gleich einem todbringenden Tanz, durch die Angreifer hindurch. Waffen splitterten, das Blut färbte den Boden Purpur, als sie letzten Endes vor dem Aristokraten zum Stehen kam.

Hinter ihr ging gerade die zweite Welle an Schüssen in einem bitterlich heißen Feuersturm unter, als sie eine Berührung am Rücken wahrnahm. Sie hatte sich so sehr ihrer Wut hingegeben, dass sie gar nicht auf ihre Umgebung geachtet hatte. Rücken an Rücken stand sie nun mit der Feuerfaust, dessen Arme brannten, als er sie angriffslustig zur Seite wegstreckte.

„Ziemlich feige jemanden von hinten zu attackieren.“, drang die raue Stimme von Ace an ihre Ohren, doch sie schenkte ihm keine weitere Beachtung. Sankt Carlos war gerade dabei seinen Sklaven zu treten, damit dieser schneller das Weite suchen würde, als sie ihre linke Hand ausstreckte und diese zu einer Faust ballte.

Aus dem Boden, rings um den Aristokraten, schossen schwarze Klingen, die ihm sogleich den Weg abschnitten. Gelassen schritt Ayume direkt auf den Mann zu, der angsterfüllt seinen Blick über seine Schulter warf.

„Du hast keine Chance. Gleich wird Admiral Kizaru hier erscheinen und dir dein Licht ausblasen, Teufelsweib.“, kreischte Carlos, was Ace sofort aufhorchen ließ. Verdammt, der Admiral war sicher schon auf dem Weg hierher.

Mit dem Ziel den Kampf schnell zu beenden, wandte er sich den Marinesoldaten zu, die ihm nichts entgegenzusetzen hatten.

Ein fürchterlicher Krach ließ die Feuerfaust herumwirbeln, als er mit Erstaunen feststellen musste, dass seine unschuldige Begleiterin wirklich ordentlich Bums in ihren Schlägen hatte. Mit ihren Teufelskräften hatte sie die Fesseln der Sklaven gelöst und mit einem Tritt, direkt in seine Visage, hatte sie Sankt Carlos einfach durch eine Hausmauer befördert.

Sich wieder erinnernd, dass hier sogleich der Admiral aufschlagen würde, beschloss Ace den Feldzug seiner Begleitung zu beenden, indem er sich von hinten näherte, sie gekonnt ergriff und über seine Schulter schmiss.

Sie war seltsam ruhig auf seiner Schulter, was ihm leichte Sorgen bereitete, dennoch minderte er seine Geschwindigkeit nicht, sondern rannte gehetzt über den Strand, als ihm eine kleine Nussschale ins Auge fiel. Sicher war sie viel langsamer, aber auch viel unauffälliger, als die Striker.

Kurzerhand warf er Ayume über die Reling auf das Deck der unbesetzten Nussschale.

„Lös die Segel, steuer das Schiff aus der Bucht, ich hole die Striker.“, er hoffte inniglich sie würde auf seine Aufforderung reagieren, als er den Knoten des Taus löste und seinerseits den Stand entlanglief. Tatsächlich bemerkte er im Augenwinkel, wie sich die Segel der Nussschale spannten und sie auslief.

Erleichtert seufzte die Feuerfaust, ehe er auf die Striker sprang und dem kleinen Boot nachsetzte.
 

Die Wut flaute langsam ab und zurück blieb die Erkenntnis, dass sie soeben fast fünfzig Marinesoldaten das Leben genommen und dazu einem, der heiligsten Führer der Menschheit einen Tritt in sein Gesicht verpasst hatte. Das war der zweite Gegenschlag für Nabiki. Mal sehen welche Auswirkungen dieser Rachezug haben würde.

Sicherlich hatten diese Männer Familie. Schnell schüttelte sie den Kopf, um die bitteren Gedanken zu vertreiben. Hoffentlich würden sie es schaffen, bevor der Admiral diese Insel erreichte. Ihre Gedanken wurden jäh unterbrochen, als Ace von der Striker an Bord der Nussschale sprang und mit einem Tau sein geliebtes Gefährt festmachte.

„Herzlichen Glückwunsch.“, bemerkte Ace schlicht, als er neben der Schwarzhaarigen an das Steuerrad trat und seinen Blick in die Ferne richtete.

Etwas verwirrt legte sie ihre blauen Augen auf die Feuerfaust, welcher sich leicht räusperte und sogleich sein typisches Lächeln aufsetzte.

„Du hast es soeben geschafft, dass gleich bei deiner ersten Rauferei der Admiral höchst persönlich gerufen wird.“

Sie könnte sich für ihre Dummheit ohrfeigen, gerade jetzt, wo sie es nochmal aus seinem Mund gehört hatte. Wie kam sie nur auf die abenteuerliche Idee, sich mit dem Himmelsdrachen Carlos anzulegen? Gedankenverloren befühlte sie das Amulett an ihrem Hals. Ja, diese Aktion würde nicht ohne Folgen bleiben, das war Ayume klar, aber dennoch. Für Nabiki.

Ace bemerkte ihren tristen Blick und schwieg. Sicherlich hatte sie guten Grund für ihre Tat, auch wenn sie unüberlegt und sehr riskant war. Und wieder stellte sich ihm die Frage, woher im dieses Gesicht nur so bekannt vorkam. Doch für den Moment würde er es auf sich beruhen lassen. Vielleicht hatte sie irgendwann genug Vertrauen und würde es ihm von selbst verraten. Auch wenn Ace nicht gerade für seine Geduld bekannt war, aber er musste sich eingestehen, dass es Dinge gab, die Zeit brauchten.

„Ich übernehme das Steuer. Leg dich hin und ruh dich aus.“, befahl Ace in einem strengen Ton, andernfalls würde sie ihm nur widersprechen.

„Wohin soll es dieses Mal gehen?“, hinterfragte sie schlicht, trat vom Steuer und ließ die Feuerfaust ans Werk. Sie musste sich eingestehen, dass dieser Kampf doch sehr an ihren Kräften gezerrt hatte. Dazu kam, dass sie schon letzte Nacht nicht geschlafen hatte.

„Ich bringe uns in Sicherheit, aber erst einmal aus dem Radius, in dem uns der Admiral aufspüren kann.“, bemerkte er fadenscheinig.

Ayume ließ es auf sich beruhen, sie wollte ihm nicht alles aus der Nase ziehen. Sie würde dann schon merken, wohin er sie gebracht hatte. Müde schleppte sie ihren lädierten Körper bis zur Reling, wo sie ihren Rucksack auf der Striker holte und ihn sogleich als Kopfkissen nutzte, während sie sich auf dem Deck ausstreckte. Es dauerte nicht lange, dann war sie auch schon in einen traumlosen Schlaf gefallen.

Vertrauen oder Misstrauen?

Er stand über sie gebeugt und fragte sich, ob er sie nun wecken sollte, schließlich war es schon später Nachmittag und sie schlummerte noch immer friedlich mit dem Kopf auf ihren Rucksack gestützt. Zwischenzeitlich hatte sich sogar Ace schon eine Runde aufs Ohr gelegt. Ein Schmunzeln entkam ihm, als er wieder in ihr unschuldiges Gesicht blickte. Kaum zu glauben, dass diese junge Frau vor kurzem noch fünfzig Marinesoldaten und den Himmelsdrachen verprügelt hat. Das Einzige, was noch von dem Kampf zeugte, waren die leichten verkrusteten Blutspuren in ihrem Gesicht und die zerschlissene Kleidung, die sie trug.

Er erinnerte sich an ihren Blick, den sie starr auf Sankt Carlos gerichtet hatte. Die unbändige Wut, die in ihren sonst so sanften Augen aufloderte. Irgendwas stank bis zum Himmel. Was Ace bisher von ihr wusste, war sie nicht der Typ Mensch, der sich von einfachen Worten so reizen ließ. Irgendwas war vorgefallen, was sie zu dieser äußerst dämlichen Aktion bewogen hatte. Sicherlich wieder ein Kapitel in ihrem Leben, über das sie mit ihm nie sprechen würde. Es stand ihm auch gar nicht zu, sie deswegen überhaupt zu fragen, auch wenn er es zu gerne wüsste.

„Ich kann förmlich spüren, wie du mich anstarrst, Ace.“, murmelte sie und fuhr sich mit den Händen über ihr blasses Gesicht. Damit hatte sich seine Frage, ob er sie nun wecken sollte, auch erledigt.

Ertappt legte er seine rechte Hand an seine Hutkrempe und ließ sich direkt neben ihr auf den Boden nieder.

„Ist schon später Nachmittag. Ich hab mich nur gefragt, wie lange Dornröschen noch schlafen will.“, eine nette Metapher, auch wenn er selbst nichts auf Märchen gab.

„Du hättest mich nur wecken müssen.“, gab sie zurück und rappelte sich hoch. Ihre Glieder brannten und fühlten sich schwer, wie Blei. Die Erinnerungen an den vorherigen Tag drangen wieder in ihr Gehirn vor, als sie unsicher zu Ace schielte.

„Ziemlich blöde Aktion, nicht?“, hinterfragte sie mit belegter Stimme. Sein Blick schnitt den ihren, als er schon wieder belustigt eine Augenbraue zucken ließ.

„Dein Glück, dass du mit mir unterwegs bist. Mich erschreckt so schnell nichts mehr.“, gab er zurück. Fühlte sie sich etwa schuldig? Etwa, weil sie ihn in Gefahr gebracht hatte? Sein Grinsen wurde breiter. Als ob er das nicht oft genug selbst machen würde. Seine gesamte Reise war auf der Gefahr aufgebaut. Gefahr, der lachte er ins Gesicht.

„Hahahaha!“

Aus welchem Grund auch immer, aber das lachende Gesicht seines Bruders Ruffy drang vor seinem inneren Auge. Ja, auch er hatte ein Händchen dafür, sich in dumme Lagen zu manövrieren, aber er würde es noch weit bringen. Der Kleine hatte etwas auf dem Kasten. Gewisse Parallelen zwischen Ruffy und Ayume waren zu erkennen. Ein Ziel vor Augen, der Ehrgeiz und der Wille es auch zu erreichen und keine Scheu vor der Gefahr. Ein festes Grinsen umspielte seine Lippen, als Ayume ihn nur skeptisch musterte. Sie war eindeutig zu ernst für seinen Geschmack, befand die Feuerfaust. Schnell hatte er Ayume seinen Arm umgelegt und zog sie in den Schwitzkasten, woraufhin er mit der Faust über ihre Haare rubelte.

„Erst die unschuldige Blume spielen und später der Marine gehörig den Arsch aufreißen.“, grinste der Schwarzhaarige.

„Ace! Hör auf damit!“, beklagte sie sich und versuchte den Kopf hervor zu ziehen, woraufhin er von ihr abließ, aber dennoch schallend lachen musste.

Sie schüttelte den Kopf und fuhr sich anschließend durch die langen schwarzen Haare, ehe sie ihm einen finstern Blick schenkte. Kindskopf.

Irgendwann würde er sie schon noch dazu kriegen, dass sie die Fassade der ernsten und erwachsenen Ayume fallen ließ und ihm ein Lächeln schenkte. Andernfalls wäre er nicht Portgas D. Ace.

„Wird dir eine ordentliche Summe auf deinen Kopf bringen.“, bemerkte er schlicht, woraufhin sie verständlich nickte. Man verprügelt auch nicht jeden Tag einen Weltaristokraten.

„Hunger?“, wie auf Kommando begann ihr Magen zu knurren. Verräterischer Körper, grummelte sie gedanklich, als ihr Gefährte natürlich sein typisches Lächeln aufsetzte und in seinem Rucksack kramte.

„Ich habe hier noch ein paar, sagen wir Geschenke, von deinem Onkel.“, gab er zu, als er sein Diebesgut ausbreitete.
 

Ace schielte auf seinen Kompass, als er den Kurs korrigierte. In einem Tag würden sie vermutlich an seinem nächsten Ziel ankommen, wo sie auch erst einmal sicher war, bis sich die Lage mit dem Weltaristokraten entspannt hatte. Zunächst jedoch würde er sie erst einmal im Unklaren lassen, wohin die Reise ging.

Er wandte seinen Blick über die Schulter, um nach besagter Begleitung zu sehen, die noch immer am Heck der Nussschale stand. Das Rot des Abends umrandete ihre schmale Silhouette und ihre Haare wehten im Wind der rauen See. Ihren Blick hatte sie in die Ferne gerichtet, während sie, wie immer, stumm ihren Gedanken nachhing.

Mittlerweile hatte sie sich die Spuren des Kampfes von der Haut gewaschen und sich neu eingekleidet. Beinahe könnte man vermuten, dass es sich um eine ganz normale junge Frau handelte.

Sie wusste nicht wieso, aber ihre Gedanken schweiften zu Mister Hopkins, der sie als junges Mädchen zu sich aufgenommen hatte. Er war der erste Mensch in ihrem Leben gewesen, der sich nicht von ihren Augen abschrecken ließ, der ungezwungen einfach nett zu ihr war. Was würde er denken, wenn er den Steckbrief von ihr in der Zeitung sah? Die kleine Ayume, die sich gegen die Gerechtigkeit stellte und ein Leben als Pirat gewählt hatte. Wenn sie an ihr altes Leben dachte, dann klang das sehr unglaubwürdig, doch trotzdem stand sie hier. Mitten auf dem freien weiten Meer, zusammen mit Portgas D. Ace, der Feuerfaust. Einen Schritt näher an ihrem eigentlichen Ziel. Ein feines Schmunzeln überkam sie, als die Menschen, die ihr trotz allen Umständen ans Herz gewachsen waren, nacheinander ins Gedächtnis kamen. Ja, diese Menschen hatten sie geformt und zu dem gemacht, was sie heute war. Und trotz des ganzen Unheils, was sie erlebt hatte, gab es immer noch Menschen, weswegen sie alles auf sich nahm.

Sie schreckte leicht hoch, als sich Ace ihr an die Seite stellte und ebenfalls seinen Blick hinaus aufs Meer gleiten ließ. Was ihn wohl zu dem Menschen gemacht hatte, der er heute war? Stets hatte er ein Lächeln auf den Lippen, wirkte so, als könnte ihm niemand etwas anhaben. Doch ein Schatten trübte seinen Blick, ließ die Maske, die er immerzu trug ein wenig unwirklich erscheinen. Ayume war es direkt beim ersten Augenkontakt aufgefallen. Verfolgte er einen Traum? Was mochte es nur sein, was die Feuerfaust noch erreichen wollte? Seine Züge waren weich, von den letzten Sonnenstrahlen untermalt. Er wirkte entspannt und man merkte genau, dies war seine Welt. Das Meer war seine Heimat.

Ayume senkte den Blick, als sie merkte, dass sie ihn vermutlich angestarrt hatte.

„Sag mal…“, begann er seine Stimme zu erheben, woraufhin sie erneut ihren Blick auf ihn legte.

Er verschränkte die Arme und lehnte sich auf das Geländer der Reling.

„Bei unserer ersten Begegnung hast du davon gesprochen, dass euer Doktor aussieht, wie Black Beard. Ich gehe davon aus, dass du ihn kennst. Aber woher?“

Sollte sie es ihm verraten? So, wie es schien stand er selbst im Zwist mit diesem widerlichen Fettsack, der sich einen Piratenkaiser schimpfte. Sie musste ja nicht näher ins Detail gehen.

„Damals habe ich als Kellnerin in einer Kneipe gearbeitet. Black Beard war darin Stammgast.“, gab sie wahrheitsgemäß an, was Ace nun zu ihr blicken ließ.

„Eine Bar ist mir auf eurer Insel gar nicht aufgefallen.“, gab die Feuerfaust zu verstehen, dass es ihn interessieren würde, wo genau die Kneipe lag. Natürlich, denn wie er auf Dr. Kurotsuru reagiert hatte, nahm Ayume an, dass er Black Beard verfolgte.

„Ich stamme nicht von dieser Insel, auf der du mir begegnet bist.“, Ayume wusste, dass sie sich langsam in Untergründe begaben, die lieber verschüttet bleiben sollten.

Plötzlich fiel es der Feuerfaust, wie Schuppen von den Augen. Diese Information war für ihn, wie ein Schlag ins Gesicht. Der Zeitungsartikel, den Paps studiert hatte. Von dem Mädchen, dass ihre Mutter tötete und mit dem Shikigami verschwand. Ayume. Daher kannte er ihr Gesicht und vor allem die strahlend meerblauen Augen. Er schlug sich wortlos mit der flachen Hand auf die Stirn.

Damals hatte er die Geschichte als Märchen abgetan. Der Shikigami der sieben Weltmeere war nur eine erfundene Legende für ihn. Aber dieses Mädchen war der lebende Beweis dafür, dass es ihn doch gab, oder?

„Ist es wahr, was man über ihn sagt?“, hinterfragte Ace mit rauer Stimme.

„Über wen?“, hakte Ayume dazwischen. Natürlich wusste sie nicht, wovon er sprach. Zum Glück konnte sie keine Gedanken lesen.

„Der Shikigami.“, erklärte sich Ace schlicht.

Nun war dieses Geheimnis auch gelüftet. Die junge Frau war der Feuerfaust sehr dankbar, dass er nicht näher auf ihre Geschichte einging, sondern stattdessen das Thema auf den Shikigami gerichtet hatte.

„Vielleicht. Bestimmt nicht alles, aber ein Großteil davon.“, gab sie zu verstehen.

Das war nicht gerade die Antwort, die sich Ace erhofft hatte, aber besser als nichts.

„Der Shikigami der sieben Weltmeere. Ich dachte immer, das ist eine Geschichte um den Menschen Angst zu machen.“, schmunzelte Ace.

„Nein, es gibt ihn wirklich. Ich habe keine Vorstellung davon, wie mächtig er ist, aber seine Crew ist bei weitem nicht so verflucht, wie jeder annimmt.“, gab die junge Frau zu. Irgendwie war es erleichternd mit jemanden über solche Dinge zu sprechen.

„Mächtig, ja? Ich glaube er hat deiner Stahlbirne eh nichts entgegen zu setzten.“, begann Ace seine Gefährtin ein wenig zu necken.

„Stahlbirne.“, schnaubte sie nur und richtete ihren Blick wieder hinaus aufs Meer.

War eine gute Entscheidung, dass er sie mit sich genommen hatte, befand die Feuerfaust schmunzelnd. So würde es auf Dauer wenigstens nicht langweilig werden.
 

Aces Traum:
 

Ein Schrei ließ ihn zusammenzucken. Seit Stunden rannte er schon durch die finsteren Gassen dieser leer gefegten Stadt und immer entwischte ihm dieser miese Schleimbeutel um ein Haar. Er verschwand in den Gassen, so als würde er einem Gespinst hinterher jagen.

„Verdammt. Komm endlich raus du Feigling und stell dich mir!“, brüllte Ace ungehalten. Sein Blut kochte. Er hatte dieses Versteckspiel satt. Dieser verfluchte Verräter hatte nicht mal genug Eier in der Hose, um sich ihm offen in einem Kampf zu stellen.

„Komm raus Black Beard!“, zischte Ace noch einmal und tatsächlich es half.

Die Feuerfaust befand sich nun auf einem freien Feld, ganz alleine gegenüber dem Mann, den er seit so langer Zeit verfolgte. Endlich. Sein Herz schrie nach Rache.

Ace hob aggressiv die Fäuste empor, die natürlich sofort zu brennen begannen. Er fühlte die vertraute Hitze auf seiner Haut, doch seinen Gegner ließ da völlig kalt.

Er lachte ihm hämisch ins Gesicht, als er hinter seinem Rücken etwas hervor holte.

„Sieh doch, lieber Ace. Ein Püppchen. Ein Püppchen ganz für mich alleine. Und wie sie dich ansieht.“ Black Beard hatte seine Stimme verstellt, damit sie annähernd weiblich klang, als er Ayume, wie eine Marionette vor sich tanzen ließ. Ihr Kopf hing nach vorne. Sie war wohl bewusstlos.

Und wieder hatte sich dieser miese Feigling an jemand Unschuldigen vergriffen, wieder führte er Ace vor. Die Feuerfaust konnte sich kaum mehr beherrschen und aus seinem gesamten Körper schossen Flammen, als sein Rivale die Frau losließ.

Etwas verwirrt hielt Ace inne, doch Ayume fiel nicht, wie gedacht auf den Boden, sie senkte die Arme und hob den Blick. Ihre Augen waren nicht mehr blau, sie waren schwarz, wie die Nacht. Etwas in ihm verkrampfte sich, als er in ihr ausdrucksloses Gesicht sah.

Sie hob die Hand und plötzlich schossen die kalten Klingen aus dem Boden, rissen schmerzlich einige Fetzen aus seiner Haut, weil er sich nicht bewegen konnte. Seine Beine wollten ihm nicht gehorchten.

„Ich sagte doch, ich kenne Black Beard. Du dachtest du kannst mir vertrauen, dabei bist du direkt in unsere Falle getappt.“, bemerkte sie schlicht.

„Ayume.“, entkam es Ace, der nicht glauben konnte, was sie da von sich gab. Wie hatte er sich so in jemanden täuschen können? Wieder das schallende Lachen seines Rivalen, als er der Frau die Hand auf die Schulter legte und Ace mit seinen Augen fixierte.

„Lass ihn leiden, bevor du ihm den Gnadenstoß gibst, Püppchen.“, ließ er verlauten, wandte sich ab und verschwand in der Dunkelheit. Die Klingen schossen erneut aus dem Boden und ein heftiger Schmerz durchzuckte ihn.

Plötzlich schritt jemand betont lässig an ihm vorbei. Er erkannte die Person alleine an dem hoch gewachsenen schwarzen Zylinder, der auf dem Kopf thronte.

„Sabo.“, entkam es Ace heiser.

„Sehr gut Ayume. Lass ihn leiden. Er hat es verdient, denn er trägt das Blut eines Dämons in sich.“, feuerte der kleine blonde Junge die Schwarzhaarige an.

Er trug das Blut eines Dämons in sich. Sabo hatte Recht. Er hatte es nicht verdient zu leben.

Und damit schoss die letzte schwarze Klinge aus dem Boden, direkt durch seine Brust.
 

Ace schreckte hoch, als ihm sogleich ein eiskalter Windhauch ins Gesicht schlug. Er musste sich kurz ordnen, ehe er das Hirngespinst aus seinen Gedanken vertreiben konnte. Sein Blick blieb kurz an der friedlich schlafenden Ayume hängen, als er sie selbst ertappte, wie er sich fragte, ob sie wohl zu so einem Verrat fähig sei. Unsanft schlug er sich beide Hände vors Gesicht, ehe er sich über die Augen rieb. Sowas durfte er nicht einmal denken.

Die Nussschale schwankte gefährlich hin und her, als sich das Meer immer weiter aufbäumte. Da würde wohl sogleich ein Unwetter losbrechen. Schnell sprang die Feuerfaust von seinem Schlafplatz auf und schritt an das Steuer, welches er mit einer Halterung festgemacht hatte. Schien alles noch an Ort und Stelle zu sein, befand er, als ihn schon der erste dicke Regentropfen mitten auf die Stirn traf. Auch das noch, grummelte er innerlich, als ein schwarzer Haarschopf in sein Blickfeld drang. Einen Augenblick forschte er tatsächlich, welche Augenfarbe sie hatte. Jetzt war er komplett wahnsinnig geworden, bedachte er, als er zu ihr zurück kam.

„Scheint wohl etwas unruhig zu werden heute Nacht.“, bemerkte er angesäuert.

Sie hatte sich mit ihren zierlichen Händen an die Reling geklammert und blickte aufs Meer hinaus, wo sich die ersten Wellen aufbäumten. Sie waren nicht sehr hoch, aber es genügte um die Nussschale hin und her zu wiegen. Mittlerweile goss es in Strömen, woraufhin sich Ace sein gelbes Hemd übergezogen hatte und den Hut tiefer ins Gesicht richtete.

Resigniert ließ er sich an der Reling herab gleiten und setzte sich auf den Holzboden, während er die Beine anzog und stur vor sich hin starrte. Blieb ihnen wohl nichts anderes übrig, als darauf zu warten, dass das Unwetter vorbeizog.

Immer wieder ertappte er sich dabei, wie seine Gedanken an den Traum zurück glitten und er sich fragte, ob er Ayume wirklich vertrauen konnte. Immerhin gab sie nicht viel von sich Preis. Wer wusste, ob sie nicht tatsächlich mit Black Beard unter einer Decke steckte.

Warum hätte sie ihm sonst helfen sollen, nachdem er den Doktor verprügelte und daraufhin in den Fluss geschmissen wurde. Im Stillen betrachtet ergeben ihre Reaktionen jetzt erst einen Sinn. Aber war es wirklich so?

Ayume ließ sich ebenfalls auf den Boden aufkommen, löste die Reling jedoch nicht aus ihrer Umklammerung. Das hatte ihr gerade noch gefehlt ein Sturm, der sie von Bord gehen lassen könnte. Schon alleine beim Gedanken daran stellten sich ihr alle Haare auf. Zumindest jene, die nicht schon von der bitteren Kälte in die Luft standen. Unbändig peitschten ihr die Regentropfen ins Gesicht, als sie ihren Blick auf Ace legte. Was hatte er denn?

Über seinen Augen war ein trüber Schatten seine Züge waren hart. Er schien völlig in Gedanken zu sein. Ob er sich wohl Sorgen wegen des Sturmes machte?

„Ace?“, brachte sie hervor. Ihre Stimme zitterte. Ob es an der Angst, oder an der Kälte lag war dahin gestellt.

Sofort schreckte er aus seinen Gedanken und richtete seine Augen auf die Gegenüber. Doch da war etwas. Misstrauen? Ayume forschte in seinem Blick. Irgendwas schien komisch. Ob er sich dazu äußern würde, wenn sie ihn danach fragte?

„Alles in Ordnung? Du wirkst… anders.“, wagte sie einen Versuch. Er wich ihrem Blick aus, war nicht verwunderlich, dass er es nicht erzählen wollte.

„Sag mal…“, begann er. Es ließ ihm keine Ruhe und er wollte dieses Gefühl loswerden.

„Wie kam dir Black Beard vor?“, versuchte er es zu umschreiben. Er würde sich sicherlich nicht hinter die Maske blicken lassen.

Die Frage schien ihm etwas zu bedeuten. Scheinbar grübelte er darüber, also beschloss Ayume ehrlich zu sein. Sicherlich hatte sie von Ace nichts zu befürchten, wenn sie ihre Abneigung aussprechen würde.

„Ich war noch ziemlich jung, als Black Beard das erste Mal die Rote Zora betrat. Ich spürte sofort, dass etwas mit ihm nicht stimmt. Ich kann das nicht genauer erklären, es war nun mal so. Er legte ein sehr rüpelhaftes Verhalten an den Tag, was mich schier zur Weißglut brachte. Im Nachhinein kann ich dir gar nicht sagen, warum es mich so aus der Haut fahren ließ. Am Ende habe ich ihm sein Bier, wonach er verlangte, ins Gesicht geschüttet. War vielleicht nicht meine beste Entscheidung, die ich getroffen hatte, aber ich bereue es nicht. Ich dachte immer die Piratenkaiser wären in einer bestimmten Art und Weise ehrenhaft. Aber ich habe mich wohl getäuscht.“, gab sie offen zu.

„Piratenkaiser? Black Beard ist kein Kaiser. Er war lange Zeit mein Untergebener in der zweiten Division, bis…“, Ace brach ab. Konnte er ihr vertrauen?

„Bis?“, hinterfragte sie.

„Bis er den Namen Paps beschmutzt hat, indem er ein Crewmitglied tötete für den Besitz der Finsternisfrucht.“, schloss Ace. Er hatte sich eh schon verraten. Unwillkürlich verkrampften sich seine Muskeln, als ihm der Tag erneut ins Gedächtnis kam. Black Beard der miese Verräter.

Ayume senkte den Blick, aus ihrem Gesicht war, wie immer, nicht viel zu lesen, doch da Ace sie ein wenig kannte, wusste er, dass sie ihre Worte mit Bedacht wählte.

Diese Offenheit seinerseits ließ die Schwarzhaarige grübeln. Deswegen war er hinter Black Beard her. Er wollte den Namen seines Kapitäns reinwaschen.

„Ich…“, begann sie, brach jedoch ab, als die Gedanken von jenem Tag über sie hereinfielen.

„Nachdem ich ihm das Bier in sein widerlich grinsendes Gesicht geschüttet hatte, wurde ich vor versammelten Menschen in der Kneipe zu Recht gewiesen. Er schritt dazwischen, aber nur aus dem Grund, um mich noch mehr vor zu führen. Er redete davon, dass er mich besitzen wolle, da ich in seinen Augen irgendeinen Wert besaß. Meine… Nora handelte mit ihm aus, dass er mich heiraten und ihr zusätzlich zwanzig Prozent seines Gewinnes abgeben müsse. Dazu stimmte er ein.“, entkam es ihr, ehe sie sich recht besann, was sie da überhaupt Preis gab. Die Gedanken an den Tag stießen ihr, wie Messer in die Brust.

„Jetzt, da du mir von der Finsternisfrucht erzählt hast, ist mir auch klar, warum keiner meiner Angriffe effektiv war. Ich habe ihm mehrmals versucht ein Messer in die Brust zu jagen.“, gestand sie. Es sprudelte geradezu aus ihr heraus. Sie konnte nichts dagegen tun, damit es stoppte. So lange hatte sie geschwiegen und jetzt? Jetzt erbrach sie es beinahe in einem giftigen Schwall, direkt an die Ohren der Feuerfaust. Sie traute sich nicht den Blick zu heben.

„Deine Mutter hat dich an Black Beard verkauft?“ Ace konnte nicht glauben, was er da soeben vernommen hatte. Nora, das war doch ihre Mutter gewesen, laut dem Zeitungsartikel.

„Mutter? Nein. Nora war nicht meine Mutter, weder leiblich, noch geistig.“, gab Ayume zu. Es war ihr, als würde ein riesengroßer schwerer Felsbrocken von ihr abfallen, als sie es endlich jemanden erzählen konnte.

Das gesamte Misstrauen, was er seit dem Traum gegenüber Ayume gehegt hatte, war mit einem Schlag von ihm abgefallen. Er könnte sich selbst Ohrfeigen, das er so etwas überhaupt angenommen hatte. Stattdessen brodelte Wut in ihm. Dieser verfluchte Black Beard.

„Dafür werde ich ihm eine besondere Abreibung verpassen, wenn ich ihn treffe, die alte Stinkmorchel.“, versuchte Ace seine Gefühle zu überspielen, indem er auch gekonnt sein typisches Lächeln aufsetzte. Wobei er seine Drohung durchaus ernst meinte. Dafür würde Black Beard noch Blut und Wasser schwitzen müssen.

Wieder schwankte die Nussschale gefährlich in den Windböen, als sich Ayume nur noch weiter an die Reling drückte und ihre Augen schloss. Der Regen hatte mittlerweile ihre Kleidung durchweicht und mit jedem Windzug fröstelte sie noch mehr.

Sie spürte ein leichtes Gewicht auf ihrem Kopf, woraufhin sie die Augen erneut öffnete. Ace schenkte ihr ein breites Grinsen, als er sich durch die Haare fuhr. Nun saß er direkt neben der jungen Frau, der triste Schatten über seinen Augen war beinahe verschwunden. Schien, als habe sie seine Zweifel wohl verfliegen lassen.

„Scheiß Wetter, nicht? Lass die Reling ganz. Vielleicht brauchen wir sie noch.“, bemerkte er belustigt, woraufhin Ayume sich an den Kopf fasste und Ace Hut betastete.

„Danke, Ace.“, kam es fein von ihren Lippen, als sie einen Hauch von einem Lächeln durchblicken ließ. Jackpot Ace, jubelte er gedanklich, als er sie mit einem Ruck an sich zog und ihr erneut über den Kopf rubelte.

„Ein Wunder, die Stahlbirne kann lächeln!“, rief er übertrieben aus.

„Lass das, Wunderkerze.”, murrte sie.

„Und schlagfertig ist sie auch noch geworden.“, lächelte er und ließ von ihr ab. Wie kam er nur auf die unsinnige Idee sie würde auf Black Beards Seite stehen?

Sie schenkte ihm ihren bekannten Blödmann-Blick und richtete den Hut auf ihrem Kopf.

Er könnte sich wirklich an die Begleitung gewöhnen, schmunzelte er innerlich.

Soll ich, oder soll ich nicht?

Der Sturm war vorbei und schnell hatte der leuchtendblaue Himmel sein Gesicht wieder gezeigt. Die Sonne war mittlerweile schon hoch über ihren Köpfen und begann das Deck zu trocknen und mit dem Holz würden sicher auch bald die nassen Kleider trocken werden.

„Ace?“, hauchte Ayume. Ihre Stimme war nur ein feines erschrockenes Flüstern, worauf hin er sich schnell nach ihr umwandte. Ihr Blick war auf das Meer hinaus gerichtete und ihre Gesichtsfarbe war einem Aschegrau gewichen. Unweigerlich fragte sich der junge Pirat, ob er sich vielleicht am Kurs geirrt hatte, oder war der Admiral aufgetaucht, doch als er ihrem Blick folgte wuchs sein Lächeln.

Na endlich. Da war sie. Die Sicherheit, dass der Admiral die nächste Zeit sicher nicht an Ayume herankommen würde. Sein Zuhause, die Moby Dick.

Schon von der Ferne hörte er die vertrauten Stimmen, die sich eilig etwas zuriefen. Schnell hastete er zur Stricker, pflückte ein schwarzes Tuch hervor und hechtete den Segelmast empor. Kurz verharrte er in einer Bewegung und genoss den Ausblick auf das riesenhafte Schiff, auf dem er Zuhause war, ehe er das schwarze Tuch über das Segel spannte und der Jolly darauf der Moby Dick entgegen blickte. Verwundert trat Ayume ebenfalls an den Mast heran, wobei ihr Blick zwischen Ace und der Moby Dick hin und her zuckte.

War das etwa sein Plan gewesen? Ein mulmiges Gefühl breitete sich in ihr aus, als ihr klar wurde, dass sie sogleich dem stärksten Menschen der Welt gegenüber stand. Whitebeard.
 

„Was verschafft uns die Ehre, Ace?“, drang sofort eine schnittige Stimme an Ayumes Ohren, als sie direkt neben diesem gewaltigen Dreimaster angekommen waren.

„Dachte ich besuche euch und sehe nach, ob ihr nicht zu viel Blödsinn angestellt habt.“, grinste der Schwarzhaarige schlicht, als er neben Ayume auf dem Deck aufkam und sich behände seinen Hut von ihrem Kopf pflückte.

Schnell fuhr sich die Schwarzhaarige nervös durch die Haare, ehe sie sich wagte und ihren Blick hochgleiten ließ. An der Reling standen die berüchtigten Whitebeardpiraten und alle Blicke, wie sollte es auch anders sein, waren auf sie gerichtet. Sofort spürte sie, wie die Hitze in ihre Wangen schlug und schnell senkte sie den Blick wieder zu Boden.

„Und wer ist die Kleine, hm? Bringt man seine Betthäschen jetzt schon mit aufs Schiff?“, kam es prompt zurück. Bitte was? Ayumes Gesichtsfarbe wechselte zu einem Purpur. Was die nur von ihr dachten.

„Achwas. Die Stahlbirne ist ein Goldeselchen, kein Betthäschen. Sei nett zu ihr, Marco.“, erwiderte Ace kühl und ergriff Ayumes Arm, die den Kopf tief gesenkt hatte, ehe er sie zur Seilleiter schleifte. Konnte es noch peinlicher werden?

„Marco, beherrsch dich doch. Die Kleine kann dich hören.“, kam auch von oben der Protest, was besagter nur mit einem Zischen konterte.

„Nach ihnen, die Dame.“, grinste ihr Ace aufmunternd und zugleich etwas entschuldigend zu, wobei er ihr bedeutete an Bord zu gehen, was sie auch widerwillig in Angriff nahm.

An der Reling wurde ihr sogleich unterstützend die Hand gereicht, die sie natürlich ergriff und somit auf das riesenhafte Deck gezogen wurde. Sie war umringt von vielerlei Piraten, die neugierig ihre neue Mitreisende bestaunten.

„Willkommen auf der Moby Dick.“, trat sogleich der Erste an sie heran. Er war riesenhaft und sehr breit in seiner Erscheinung. Sein Gesicht wirkte, trotz des leichten Lächelns, grimmig. Eine starke Aura umgab seinen Körper. Sicher eine Teufelsfrucht, wie Ayume sich dachte.

„Ja, willkommen. Mach's dir nicht zu gemütlich. Wir brauchen keine Frau an Bord.“, knurrte der Zweite mit der schnittigen Stimme. Er war ebenfalls sehr hoch gewachsen. Sein Gesichtsausdruck war wenig begeistert von der Schwarzhaarigen. Er hatte die Arme vor der Brust verschränkt und auch ihn umgab diese starke Aura.

„Jetzt mach ihr doch keine Angst, Marco.“, grummelte der Erste und strich sich verlegen über den Hinterkopf.

Wieder zischte Marco nur und legte seinen kühlen Blick auf Ace, der sich gerade über die Reling schwang. Sein Lächeln war, trotz der leicht angespannten Stimmung ungetrübt.

„Marco, Jozu, Leute, das ist Ayume.“, stellte er mit erhobener Stimme vor.

Ihr wäre es im Moment ganz Recht gekommen, hätte sich ein Spalt aufgetan und sie verschluckt, so unangenehm waren die Blicke, die auf ihr lagen.

„Willkommen auf der Moby Dick.“, kam es mehrfach zurück, woraufhin Ayume immer leicht den Kopf neigte. Von der starken Kriegerin war nicht mehr viel zu erkennen, so eingeschüchtert, wie sie vor dem Rudel Piraten stand. Marco musste ganz schön Eindruck geschunden haben.

„Verprügel ihn einfach, dann lässt er die dummen Sprüche.“, schmunzelte Ace, als er Ayume ins Ohr flüsterte. Sie blickte ihren Gefährten erschrocken an und schüttelte kaum merklich den Kopf.

Ja, war sie denn übergeschnappt? Sie wusste bessere Wege zu sterben, als durch einen der Whitebeardpiraten.

„Was führt dich nun hierher zurück?“, hinterfragte Marco noch einmal.

„Ich dachte, ich statte euch einen Besuch ab und ganz nebenbei warten wir hier, bis sich die Aufregung um Ayume wieder etwas gelegt hat, ehe wir weiterreisen.“, gab Ace schlicht zu.

Beinahe hätte sie vergessen gehabt, dass ihre Tat sicher große Wellen schlagen würde. Der Plan auf die Moby Dick zu segeln und dort zu verharren, bis etwas Gras über die Sache gewachsen war, schien gar nicht so falsch zu sein. Hier überlegt der Admiral sicher zweimal, ob er sie angriff, sofern Whitebeard ihren Aufenthalt erlauben würde. Whitebeard. Eine Gänsehaut legte sich über sie.

„Was für eine Aufregung?“, hakte Marco nach, zog neugierig die Augen zu feinen Schlitzen, als er erneut einen Blick auf die Schwarzhaarige warf.

„Ayume hat dem Himmelsdrachen Carlos ein paar heiße Ohren verpasst. Davon war der Admiral nicht sehr begeistert.“, grinste Ace schief, als er sich schon wieder an die Hutkrempe griff.

Kurz musste Ayume zufrieden feststellen, dass Marco unglaubwürdig drein blickte, ehe er wieder die grimmige Maske aufzog.

„Ist auch nicht besonders klug einen Weltaristokraten zu verdreschen.“, merkte er schlicht an.

„Bwahahahaha, den Blick hätt ich gerne gesehen. Wie er wohl geguckt hat, als ihm die Kleine die Fresse poliert hat? Bwahahaha.“, entkam es Jozu, der im Übereifer Ayume auf den Rücken schlug, sodass sie beinahe vorneüber auf die Nase gefallen wäre, hätte sie Ace nicht am Kragen gehalten.

„Hast ganz schön Mumm in den Knochen.“, meinte ein weiteres Crewmitglied grinsend.

Warum musste das Ace auch an die große Glocke hängen?

„Wie kamst du überhaupt dazu einem Weltaristokraten saures zu geben?“ Marco war ganz schön neugierig, wie Ayume feststellen musste.

„Das sind private Angelegenheiten, die ich nur ungern an die Öffentlichkeit hängen würde.“, merkte die junge Frau an. In ihrem Inneren herrschte die blanke Nervosität, doch äußerlich wirkte sie wieder ruhig. Hoffentlich kam er sich nicht vor den Kopf gestoßen vor.

„Jetzt lass sie doch erst einmal ankommen, ehe du sie über nähere Details ausquetscht.“, lachte Ace, woraufhin sich Marco an die Reling lehnte und mit der Schulter zuckte.

„Wie du willst.“, grummelte er.

„Ace, mein Sohn. Ich bin erfreut dich wieder zu sehen.“, drang eine gewaltige und tiefe Stimme über das Deck, woraufhin sich sofort alle herum wandten. Ayumes Augen weiteten sich erschrocken, als Whitebeard unter Deck hervor kam, gefolgt von einigen Krankenschwestern, die einen riesigen Apparat schoben. Gelassen ließ sich der große Piratenkapitän auf seinem Thron nieder, der inmitten des Decks gebaut war. Unter seiner Nase hing ein Schlauch, der mit dem Apparat gekoppelt war. War Whitebeard etwa krank?

„Paps.“, erwiderte Ace freudig und schritt an den groß gewachsenen Mann heran.

„Und wer ist diese junge Frau, die du uns mitgebracht hast?“, hakte der große Piratenkaiser sogleich nach, als Ayume schon seinen Blick auf sich spürte. Natürlich hatte sie ihre Augen wieder zu Boden gesenkt, aber alleine die Aura, die Whitebeard umgab war so gewaltig, dass sie nicht anders konnte, als den Kopf gesenkt zu halten.

„Aces Betthäschen.“, bemerkte Marco trocken, aber leise.

„Das ist Ayume, ich…“, weiter kam die Feuerfaust nicht, da sein Kapitän die Hand hob.

„Ich würde es gerne von ihr selbst erfahren.“, bemerkte er schlicht, mit einem Seitenblick zu dem Kommandanten der zweiten Division, welcher nur nickte.

Whitebeard neigte sich leicht vor und betrachtete die junge Frau genauer, die soeben inmitten seiner Crew zu einer Salzsäure erstarrt war. Was nicht unbedingt daran lag, dass Whitebeard mit ihr reden wollte, sondern wegen der provokanten Äußerung Marcos.

„Also, wer bist du?“, bemerkte der großgewachsene Mann erneut, als sie nicht auf seine erste Aufforderung reagierte.

Schnell fing sich die Schwarzhaarige wieder, versuchte ihrem Gesicht wieder eine normale Farbe einzuhauchen und trat vor den mächtigen Piratenkaiser.

„Mein… mein Name ist Ayume, Sir.“, gab sie zu verstehen. Sie konnte es nicht verhindern, dass ihre Stimme leicht zitterte.

„Guarararar, hört euch das an, meine Söhne. Eine sehr wohlerzogene junge Dame, Guarararar. Da könnt ihr euch ruhig noch eine Scheibe von abschneiden.“, brach Whitebeard hervor. Auch der Rest der Crew stimmte in das schallende Gelächter mit ein.

Eine Scheibe von abschneiden, hoffentlich nahmen sie das nicht zu wörtlich, schluckte Ayume unsicher. Ob diese Reaktion gut, oder schlecht war, würde sich noch herausstellen.

Sie hatte den Blick noch nicht gehoben, weswegen sich Whitebeard noch etwas weiter zu ihr beugte. Was sucht sie denn da auf dem Boden?

„Was bringt eine so wohlerzogene junge Dame in die Gesellschaft von uns Piraten?“, hakte der Kaiser unverblümt nach. Immerhin war er hier der Kapitän und es war sein Recht solche Fragen zu stellen, vor allen Dingen, wenn der Besuch wohl für längere Zeit auf der Moby Dick bleiben wollte. Immerhin hatte sie sich dann auch an gewisse Regeln zu halten.

Ayume überlegte lange und intensiv, was sie wohl dem Piratenkaiser nun antworten sollte. Beinahe schien die neugierige Stille, die sich plötzlich über das Deck gelegt hatte zu zerreißen, als sie ihre Stimme hob.

„Mein Traum. Einer der berüchtigtsten Piraten der Welt zu werden.“, gab sie kaum hörbar zu verstehen. Jedoch durch die Stille an Deck konnte es jeder vernehmen. Sogar Ace wirkte im ersten Moment erstaunt welchen Mut die junge Frau mit ihrem Satz an den Tag gelegt hatte.

Whitebeard hingegen lehnte sich gemütlich zurück und fuhr sich mit Daumen und Zeigefinger über den sichelförmigen Schnauzer. Sein Gesicht wirkte unergründlich, auch wenn sich einige Denkfalten auf seiner Stirn breit gemacht hatten.

„Lasst mich bitte mit der jungen Dame einen Augenblick alleine.“, herrschte seine Stimme.

Niemand widersprach ihm, doch man sah an den Gesichtern seiner Crew, dass es ihnen nicht sonderlich zusagte den Kapitän alleine zu lassen. Immerhin kannte niemand die fremde Schwarzhaarige, doch ihrem Vater konnte sie schließlich nicht gefährlich werden, also zogen sie ab.

Nur Ace zögerte einen Augenblick, weswegen Whitebeard ihm einen vielsagenden Blick zuwarf, woraufhin auch er schweigend mit dem Rest unter Deck ging. Erst, als der Piratenkaiser mit der jungen Frau komplett alleine war, richtete er erneut seinen Blick auf sie.

„Ayume.“, ihren Namen aus seinem Mund ließ sie hochblicken. Sein durchdringender Blick glitt sofort zu ihren meerblauen Augen. Wie sie ihre verfluchten Augen hasste.

„Ja.“, gab sie halblaut von sich, was dem Kaiser bedeuten sollte fortzufahren.

„Ah, diese Augen kenne ich doch.“, bemerkte er schlicht und nahm einen Schluck aus seinem Sakekrug, der neben Ayume eher, wie ein Sakefass wirkte.

Als ihr dieser immense Größenunterschied bewusst wurde, schluckte sie erneut nervös.

„Bist du nicht das kleine Mädchen, welches die berühmte Roberts Jane Nora tötete und danach mit dem Shikigami der sieben Weltmeere spurlos verschwand?“, hakte er nach. Er war sich beinahe sicher, denn diese Augen konnte es nur einmal auf dieser Welt geben.

„Ja, besagtes Mädchen war ich.“, gab sie zu. Was sollte sie noch leugnen, wenn es so offensichtlich war.

Whitebeard musste schmunzeln, als er an den Zeitungsartikel dachte, den er damals zufällig in die Hände bekommen hatte. Lange hat die Marine hoffnungslos nach diesem Mädchen gesucht. Hatten wohl Angst sie könnte ein Pirat werden. Er musste sich eingestehen, dass das Interesse für die junge Frau mit dieser Erkenntnis um Einiges gewachsen war.

„Erzähle mir von deiner Geschichte. Was bringt ein Mädchen, das von einem Seeräuber entführt wird, zu dem Traum ein solcher zu werden?“ Er war sich der schwere dieser Frage bewusst, dennoch würde es ihn interessieren, wie die junge Frau reagierte.

Ayume tippelte nervös von einem Bein auf das Andere. Konnte sie darüber reden? Was würde der Mann mit ihr anstellen, wenn sie sich weigerte ihm ihre Geschichte zu verraten?

Sie seufzte schwer, ehe sie sich dazu durchrang. Eine Kurzfassung würde ihr schon nicht das Genick brechen und außerdem schien der Piratenkaiser eine vertrauensvolle Person zu sein. Immerhin nannte ihn seine Crew ‚Vater‘.

„Ich… ich wurde einst auf einem Sklavenmarkt versteigert.“, begann sie bitter, als schon die Bilder der Vergangenheit in ihrem Kopf, wie ein Film abliefen. Sie spürte die Demütigung und fühlte die belustigten Blicke der Menschen auf ihrer Haut.

„Für hunderttausend Berry erwarb mich Roberts Jane Nora. Ich wuchs bei ihr auf, zusammen mit meiner Schwester Nabiki, die ebenfalls von besagtem Sklavenmarkt stammte.“, wieder brach die Schwarzhaarige ab und rang um Fassung, während ihre Stimme bebte. Nabiki.

Whitebeard verfolgte den Kampf der jungen Frau gespannt, während er aufmerksam der Geschichte lauschte.

„Ich versprach meiner Schwester, dass falls sie es nicht schaffen sollte, ich einer der berüchtigtsten Piraten der Welt werde. Ich sollte frei sein. Sie hat es nicht geschafft, sie wurde eine Woche, ehe der Shikigami die Insel erreicht von dem Weltaristokraten umgebracht.“, nun musste Ayume schlucken. Der Druck auf ihrer Brust hatte ungeahnte Ausmaße erreicht und schon löste sich eine einzelne Träne aus ihrem linken Auge. Hastig fuhr sie mit ihrem Ärmel über die Wange um den kurzen Moment der Schwäche zu vertuschen, doch Whitebeard hatte es schon längst gesehen, auch wenn sie wieder den Blick gesenkt hatte.

„Du bist jedoch nicht bei dem Shikigami geblieben, wie ich sehe. Warum?“, dies war der Teil, den Whitebeard erfahren wollte.

„Er setzte mich auf einer Insel in der alten Welt ab, weil er keine Verwendung für ein kleines Mädchen hatte. Jedoch merkte ich erst spät, dass er mir eine Teufelsfrucht mitgegeben hatte, die ich unwissend, wie ich war, verzerrte, ehe mir bewusst wurde, was ich da tat. Drei Jahre habe ich nun meine Fähigkeiten trainiert und dann bin ich Ace begegnet. Und nun steh ich vor ihnen, Piratenkaiser Whitebeard, mit der Bitte, dass sie mich beherbergen, bis der Aufstand um meine Person wieder etwas abgeflaut ist.“, nun legte sie wieder ihren Blick auf den groß gewachsenen Mann, der sich erneut in seinem Thron zurück legte.

„Welchen Aufstand?“, wollte er wissen. Sein Gesicht war noch immer unergründlich.

„Ich habe den Weltaristokraten, der meine Schwester tötete, getroffen und…“, Ayume brach ab. Oh je, jetzt musste sie ausgerechnet dem stärksten Mann der Welt beichten, welchen dummen Fehler sie begangen hatte.

„Guarararar. Du hast einen Weltaristokraten verprügelt? Guarararar. Kein Wunder, dass die Marine hinter dir her ist.“, brach er heraus. Er konnte sich kaum halten vor Lachen, was Ayume wieder eine leichte rötliche Farbe um die Nase spielte. Wie peinlich.

„Was hältst du davon, junges Fräulein, Mitglied meiner Crew zu werden?“, machte er ihr den Vorschlag und kurz entglitten ihr sämtliche Gesichtszüge.

Hatte der mächtigste Pirat ihr etwa gerade das Angebot gemacht ein Whitebeardpirat zu werden?
 

„Jackpot, Ace!“, keuchte die Feuerfaust aufgeregt, als er die Faust in die Luft riss. Hinter der Türe zum Deck hatten sich neben Marco, Jozu und Ace auch einige restliche Crewmitglieder gesammelt, die zusammen dem Gespräch lauschten.

„Schnauze, Vater wird dich hören.“, knurrte Marco, der mit dem Ohr ganz nahe am Holz hing, um auch jedes Wort zu verstehen. Konnte Ayume nicht mal lauter reden?

„Schon gut, tut mir Leid.“, brachte Ace entschuldigend hervor.

„Jetzt seid doch mal ruhig. Wir hören ja nicht, was sie reden.“, fauchte jemand aus der dritten Reihe.

„SÖHNE!“, donnerte die Stimme von Whitebeard in das Innere der Moby Dick, woraufhin sie alle samt erschrocken zurück zuckten.

„Vollidioten.“, schnaubte Marco, als er ertappt die Türe aufmachte.

„Wer hat euch eigentlich erlaubt zu lauschen?“, grummelte der Piratenkaiser, woraufhin Jozu stumm auf Ace deutete, der panisch die Arme vom Körper abhob und eine verneinende Geste machte.

Auch Ayume hatte ihre Augen auf die Szene gelegt und wirkte etwas überrascht, als die Whitebeardpiraten wieder an Deck stiefelten.

„Sie können deine Entscheidung ruhig hören, Ayume.“, gab Whitebeard zu, woraufhin sie nickte und ihre Worte noch einmal wiederholte.

„Ich bin dir sehr dankbar, Whitebeard, für dein Angebot, aber ich kann es nicht annehmen.“

„WAS?“, entkam es Ace, was sofort von einigen Anderen als Echo zurückschallte. Sie konnte das Angebot doch nicht einfach ablehnen. Er hätte seinen Hintern darauf verwettet, dass sie sich freuen würde und nun?

„Ich möchte Mitglied der Nebelpiraten werden.“, gab sie offen zu. Wieder dieser entschlossene Ausdruck in ihren Augen. Dieser Mut und dieser Wille waren wirklich bewundernswert. Sogar Marco hob verwundert die Augenbraue.

„Ayume.“, richtete sich Whitebeard noch einmal an die junge Frau, die sofort wieder nervös wurde. Was würde er wohl zu ihrer Entscheidung sagen? Sicherlich war er nicht erfreut, doch als sie aufsah, zierte ein feines Lächeln seine Züge.

„In deinen Augen erkenne ich den Ehrgeiz und den Willen, der die Welt verändern kann und genau deshalb, meine Tochter, stehst du fortan unter meinem Schutz.", ließ der riesenhafte Mann verlauten und hob sein Sakefass, als wollte er es damit besiegeln.

Aber halt, sie hatte doch abgelehnt, wie kam er dazu sie trotzdem, als seine Tochter zu bezeichnen?

Ihre Gedanken jedoch wurden unterbrochen, als ihr sofort einige Männer auf die Schulter klopften und Ace sich freudig an ihre Seite stellte.

„Du bist zwar keine Whitebeardpiratin geworden, aber immerhin ein Teil unserer Familie.“, schmunzelte die Feuerfaust.

„Herzlichen Glückwunsch, Ayume.“, warf ihr auch Marco zu, der nun ein einfaches Grinsen aufgesetzt hatte, als er sich an die Reling lehnte und den Trubel überschaute.

„Lasst uns ein Fest geben, zu Ehren von Ayume!“, rief der Smutje aus, woraufhin Whitebeard erneut zustimmend sein Fass hob. Die Stimmung war kaum zu greifen. Die lachenden Gesichter und die Freude, die sich über das Deck ausbreitete ließen der jungen Frau ganz warm ums Herz werden.

Jetzt konnte sie die Crew verstehen, was für ein großartiger Mann, Whitebeard.

Eine neue Familie

„Sag mal, Ayume? Schmeckt dir unser Sake nicht?“, hinterfragte der Smutje spitz, der sich neben sie auf die Bank fallen gelassen hatte. Sie hatte noch nicht einen Schluck aus dem Krug genommen, den er ihr bei Beginn der Festlichkeit hinstellte.

„Nicht doch. Ich … der Alkohol behagt mir nicht.“, versuchte sie sich rauszureden, woraufhin der Smutje jedoch abwinkte.

„Das ist eine Ausrede. Du musst ihn probieren. Los. Immerhin bist du jetzt ein Teil der Whitebeardfamilie.“, gab er sich nicht geschlagen.

Seufzend blickte Ayume noch einmal in den Krug, ehe sie ihn anhob, dem Smutje zuprostete und einen Schluck Sake zu sich nahm. Sie musste dem ihm wirklich Recht geben, der Sake schmeckte süß und brannte kaum.

„Siehst du, so schwer war das gar nicht. Wer einen Aristokraten den Arsch aufreißt muss auch ordentlich seine Feier genießen!“, rief er aus und hob den Krug. Woraufhin Ayume ihren ebenfalls hob und mit ihm anstieß.

„Ayume!“, drang eine zweite Stimme an ihr Ohr, als sich von der rechten Seite Jozu näherte und sich sogleich neben ihr fallen ließ. Sofort stieß er mit ihr an und wartete geduldig, bis auch sie einen Schluck des Sakes zu sich nahm.

„Warum zu den Nebelpiraten? Bei uns ist es doch viel schöner.“, grummelte der bullige Mann.

„Vielleicht, weil sie mir das Leben gerettet haben.“, gab Ayume ganz offen zu. Sie fühlte sich hier wohl.

„Das bekomme ich auch hin.“, schmunzelte Jozu, woraufhin sogar Ayume ein leichtes Lächeln entfuhr.

„Hey, sieh einer an. Die junge Frau kann lächeln.“, rief er gespielt erstaunt aus.

Ja, sie wusste, dass sie es viel zu selten tat. Aber lange Zeit hatte sie einfach keinen Grund dazu gehabt. Irgendwann war es von ihr abgefallen.

„Sorry übrigens.“, drang eine weitere Stimme an ihre Ohren. Es war Marco, der wie immer an der Reling lehnte, jedoch direkt hinter Ayume. Verwundert wandte sie ihren Kopf herum, als er ihr schon ein Lächeln schenkte.

„Für die unfreundliche Begrüßung.“, fügte er noch hinzu. Sieh einer an. Wieder der Typ Mensch, der Äußerlich zunächst forsch wirkt, aber im Grunde ein netter Kerl ist.

„Schon vergessen.“, gab sie nach und stieß auch mit dem Blonden an. Die Stimmung war ausgezeichnet, sie fühlte sich wohl. Die Whitebeardpiraten waren tolle Menschen, wie sie feststellen musste.

„Hey Ayume!“, kam der lachende Techniker an ihren Tisch getaumelt. Er hatte wohl schon ein wenig zu viel Sake.

Sie blinzelte ihm belustigt zu, als er sich über den Tisch neigte und schief lächelte.

„Kennst du schon den besten Witz aller Zeiten?“, hinterfragte er verwaschen, woraufhin Ayume die Augenbrauen in die Höhe zog.

„Verschone uns.“, herrschte der Smutje, der sich die flache Hand auf die Stirn schlug und auch Jozu schüttelte den Kopf.

„Ich… ehm…“, Ayume rang um eine freundliche Verneinung, als sie die Reaktionen der Anderen sah.

„Treffen sich zwei alte Piraten. Ahahaha.“, kurz brauchte er, um sich wieder zu sammeln, ehe er weiter machte.

„Sagt der eine: „Messerjockel, Wusstest du, dass die Marine neuerdings nur noch Nichtschwimmer in die Flotte aufnimmt?“ Fragt der andere: “ Nein, warum denn das?“ Ahahaha.“, wieder konnte er sich nicht beherrschen, was Ayume nur unsicher einen Blick zu Jozu werfen ließ, der noch immer resigniert den Kopf schüttelte.

„Der Erste: “Na, die verteidigen die Schiffe viel länger!“, nun rollte er sich schon fast vor Lachen auf dem Tisch, während nur verhaltene einzelne Räusperer als Antwort kamen.

Aus Mitleid versuchte sich Ayume an einem Lächeln, wobei er sie skeptisch betrachtete.

„Seht ihr! Wenigstens die Lady hat einen guten Sinn für Humor!“, brüstete er sich, woraufhin Marco ihm einen Apfel an den Kopf warf.

„Buuuh!“

Damit brach auch der Rest der umliegenden Piraten in schallendes Gelächter aus, wobei sich dieses Mal nur Ayume verhalten räusperte.

Ihr Blick fiel auf einen Tisch etwas abseits von ihrem eigenen, an dem auch Ace saß und sich angeregt mit einer Krankenschwester unterhielt. Ob er merkte, dass sie sich ihm offensichtlich an den Hals warf? Bestimmt. Ayume schätzte die Feuerfaust sogar als jemanden ein, der nichts anbrennen ließ. Eine tatsächliche Feuerfaust eben. Der Smutje holte sie wieder aus ihren Gedanken, als er ihr einen neuen Sakekrug vor die Nase stellte.

„Wie trinkfest bist du, Kleine?“, hinterfragte er schelmisch grinsend.

„Oh, gar nicht.“, bemerkte sie und schob den Krug von sich.

„Pah und das soll ein berüchtigter Pirat werden? Kannst ja nicht mal einen Sakekrug austrinken.“, knurrte er gespielt ernst.

Sie blickte ihn verunsichert an. Tatsächlich? Ihr Blick glitt zu dem Sakekrug. Der war aber voll. Na, was soll‘s, bedachte die Schwarzhaarige, ergriff den Krug und leerte ihn mit einem Zug.

Marco, der ihr mittlerweile gegenübersaß brach in lautes Gelächter aus.

„Einen Zug, wie vier Bergschafe.“, grölte er. Mittlerweile waren alle schon leicht angeheitert, immerhin floss der Sake in Strömen.

Ayume war leicht schwindelig nach der Aktion, aber die Blöße würde sie sich natürlich nicht geben, also vertuschte sie es mit einem leichten Lächeln.

„Solltest viel öfter die Mundwinkel nach oben tragen. Steht dir gleich viel besser, als das ernste Gesicht.“, bemerkte der Smutje schlicht, bevor er dem schnarchenden Techniker auf den Hinterkopf schlug. Dieser schoss sofort in die sitzende Position und blickte sich verwirrt um.

„Hör mal. Du kannst doch nicht auf der Feier der Kleinen herum schnarchen, du Lump.“, schimpfte der Smutje, woraufhin erneut alle umliegenden Piraten in schallendes Gelächter verfielen.

Auch Ayume kicherte leise. Das war mitunter einer, der schönsten Tage in ihrem gesamten Leben.
 

„Wie lange hast du vor zu bleiben, Ace?“, letztes Wort betonte sie noch einmal extravagant, doch Ace hätte auch ohne diesen Hinweis auf seinen Namen schwören können, dass die Gute einen eindeutigen Hintergedanken hatte. Etwas peinlich berührt rutschte der Kommandant, der zweiten Division, das Stück zurück, welches sie zu ihm aufgeschlossen hatte.

„Weiß nicht. Schon ein paar Tage.“, gab er zurück, woraufhin ihre Augen zu funkeln begannen.

Gruselige Frau, befand die Feuerfaust, als seine Aufmerksamkeit erneut an den Tisch fiel, an dem er schon die ganze Zeit über schallendes Gelächter vernahm. Ayume war mitten unter seinen Jungs und tatsächlich. Sie lachte sogar.

Hatten seine affenköpfigen Freunde es doch wirklich geschafft die junge Schwarzhaarige früher zum Lachen zu bewegen, als er.

Die Krankenschwester völlig ignorierend erhob sich die Feuerfaust und schritt auf den Tisch zu, an dem sie der Schwarzhaarige erneut einen Sakekrug reichten und ihr johlend zuprosteten.

„… und dann hat er tatsächlich versucht unseren Käpt’n nachts mit einem Säbel zu erdolchen!“, verkündete der Smutje finster, woraufhin Ayume ihre Hand vor den Mund schlug.

„Na, was erzählst du denn wieder für Ammenmärchen?“, hinterfragte Ace rau. Er konnte sich schon denken, um wen es dabei ging.

„Da ist er ja, der sture Bursche. Hab der jungen Lady nur erzählt, wie du damals aufs Schiff gekommen bist.“, schmunzelte er gewitzt.

„Und ihr gleich einmal von meiner dümmsten Tat berichtet. Ich bin begeistert.“, bemerkte Ace trocken und erbeutete sich den vollen Sakekrug vom Techniker, der schon wieder auf seiner Faust gestützt eingeschlafen war.

Er schien wohl nicht sehr erfreut darüber zu sein, dass der Smutje ihr ein wenig Einsicht auf sein Leben gegeben hatte. Scheinbar traute er ihr noch nicht.

„Zieh mal nicht so ein Gesicht, Ace. Du bist nun mal nicht gerade für raffinierte Taten bekannt.“, zog ihn Marco auf, woraufhin er nur grummelte.
 

Langsam wurde es ruhiger auf dem Deck der Moby Dick. Viele waren an Ort und Stelle eingeschlafen, Einige wankten noch umher und wiederrum Einige waren schon in ihren Kajüten verschwunden, so wie Whitebeard auch. Der Tisch von Ayume war ebenfalls nur von dem vollends betrunkenen Smutje und Ace besetzt, bei welchem man den Alkohol auch schon in den Augen erahnen konnte. Auch in Ayumes Blutbahnen zog der Alkohol seine Kreise und brachte das Deck dazu sich langsam zu drehen.

„Ayume, sing dosch ma ein Lied etz!“, forderte der Smutje sie schon zum tausendsten Male auf.

„Ich kann nicht singen.“, gab sie zum tausendsten Male zurück, was Ace leise schnauben ließ.

„Ace! Sag dusch ihr mal, dasch schie singen scholl!“, wandte sich der Mann an die Feuerfaust, der sich gekonnt von seiner Bank erhob, um den Tisch schritt und hinter Ayume zum Stehen kam. Aufgescheucht blickte sie Ace an, wobei sie dabei leicht mit dem Kopf schüttelte.

„Ich kann wirklich nicht singen.“, beteuerte sie.

„Das Singvögelchen hat tief genug in ihr Becherchen geguckt. Ab in die Falle.“, brummte der Kommandant und hob sie kurzerhand hoch, warf sie über seine Schulter und ließ den verwunderten Smutje alleine am Tisch zurück.

„Ace, lass mich bitte runter.“, meinte die Schwarzhaarige mit müder Stimme.

„Kommt gar nicht in Frage.“, grummelte er. Zum Schluss würde sie noch umkippen. Wo sollte er sie eigentlich einquartieren?

Schnell umging er die Frage und schritt direkt auf seine Kajüte zu. Was sollte er jetzt um diese Uhrzeit auch lange auf dem Schiff herum suchen? Sie würde vermutlich sowieso sofort einschlafen, sobald sie in den Federn lag, bedachte er.

In seinem Raum angekommen, ließ er die Schwarzhaarige unsanft auf sein Bett fallen, woraufhin er sich abwandte und seinen Hut auf den dafür vorhergesehenen Ständer hing.

Ayume blickte sich in dem kleinen Raum um. War das nicht Aces Kajüte? Sollte das heißen, dass sie hier zu zweit die Nacht verbringen?

Bei dem Gedanken schoss ihr sofort die Röte ins Gesicht. Das hatte er doch nicht wirklich vor? Der gesamte Raum begann sich langsam zu drehen. Sie hätte nicht so viel Sake trinken sollen.

Die Feuerfaust hatte ihr den Rücken gekehrt, als er sich noch an einem kleinen Regal zu schaffen machte.

Wieso hatte er eigentlich so schlechte Laune? Lag es daran, dass sie etwas aus seiner Vergangenheit erfahren hatte? Dann hätte er sie nicht auf dieses Schiff bringen dürfen, wenn es ihm so ein Dorn im Auge war.

Kurzerhand öffnete Ayume den Clip ihrer Blume und warf das Gebilde an Aces Kopf.

„Warum bist du so griesgrämig? Wenn du nicht willst, dass ich etwas von dir erfahre, dann hättest du mich nicht auf die Moby Dick bringen dürfen.“, murrte sie, ehe ihr Kopf überlegte, was sie da eigentlich von sich gab.

„Was?“, hinterfragte er verwundert und drehte sich zu ihr um.

„Du hast mich schon verstanden.“, meinte Ayume kleinlaut.

Was war nur mit ihr los? Ihr Kopf ratterte. Dieser verdammte Alkohol!

Ace setzte jedoch sein typisches Lächeln auf, ehe er sich an den Bettrand setzte.

„Weißt du Stahlbirne. Du hast ne ziemlich gute Beobachtungsgabe, aber liegt nicht daran, dass du irgendwas über mich erfahren hast. Keine Sorge. Sonst hätte ich dich wirklich nicht mit hierher genommen.“, schmunzelte er. Mal sehen, wie weit er sie reizen konnte, nachdem sie nicht mehr klar bei Verstand war.

Kurz wirkte die Schwarzhaarige überrascht. War er doch tatsächlich mal offen. Das erlebte man auch nicht alle Tage.

„Woran liegt es dann, hm?“, hinterfragte sie sogleich. Mal sehen, was er noch so von sich gab, wenn er schon mal dabei war.

Das Spiel hatte Ace natürlich durchschaut und er nahm die Herausforderung an. Warum auch nicht? Schließlich war er Portgas D. Ace.

„Weil die Affenköpfe es zuerst geschafft haben ein Lachen aus dir raus zu kitzeln, du Miesmuschel.“, gab er zu. Wie erwartet wechselte Ayume binnen Sekunden die Gesichtsfarbe, was ihn nur noch breiter grinsen ließ.

Sie wandte beschämt ihr Gesicht ab.

„Blödsinn.“, murrte sie dennoch.

„Aber hey, das kannst du dir gleich beibehalten. Das Lächeln steht dir nämlich viel besser, als dieser gezwungene ernste Blick.“, damit stupste er sie leicht in die Seite. Sofort merkte er, wie ihr Körper reagierte und er auf eine metallische Stelle stieß. Spielverderber, bedachte die Feuerfaust. Seine Schwachstellen mit der Teufelskraft tarnen war schon ein kluger Schachzug.

„Und ihr habt alles mit angehört?“, hinterfragte sie plötzlich. Ihre Stimme klang belegt.

Ace wusste, dass es kein feiner Zug gewesen war von der Vergangenheit der Schwarzhaarigen auf die Art und Weise zu erfahren. Er seufzte leicht.

„Ja, wir haben alles mitbekommen.“, anlügen war keine Option, schließlich war sie nun ein Teil der Whitebeard Familie.

„Hm.“, gab sie nur zurück. Sicherlich musste es ihr unangenehm sein, denn wer erzählt schon gerne, dass er auf dem Sklavenmarkt, wie ein billiges Stück Fleisch verschachert wurde, oder, wie der wichtigste Mensch in seinem Leben starb. Er ballte unwillkürlich die Hände zu Fäusten.

Ayume spürte sofort den Auraanstieg, woraufhin sie sich doch noch einmal zu der Feuerfaust herum wandte. Die Luft um seinen Körper flimmerte und seine Hände waren geballt.

Warum war er den plötzlich so wütend?

„Ace?“, holte ihn ihre Stimme wieder aus den Gedanken. Beinahe hätte er sich doch tatsächlich vergessen, wenn er daran dachte, was er mit Black Beard tun würde, wenn er ihn endlich gestellt hatte. Es gab Einiges zu vergelten, Black Beard. Ungeschoren würde er nicht davon kommen, nachdem er dem Mädchen, welches sowieso schon so viel erleiden musste, noch mehr Kummer bereitet hatte. Es war kaum zu glauben. Verlobt mit Black Beard. Vermutlich hatte er schon seine widerlichen Griffel an… Halt. Ace musste sich beruhigen, oder die Moby Dick würde in Flammen aufgehen. Nun war sie die Tochter von seinem Paps und somit war es gleich noch ein viel schlimmeres Vergehen, was Black Beard sich da angemaßt hatte.

„Ace?“, versuchte Ayume es erneut und endlich klärte sich sein Blick wieder. Die Aura wurde weniger und die Temperatur in der kleinen Kajüte flaute wieder ab. Ein Glück. Sie dachte schon, gleich würde hier alles in Flammen aufgehen. Sie hatte ihm unbewusst eine Hand an den Oberarm gelegt. Eigentlich müsste sie sich verbrennen, doch ihre Hand war kalt, wie immer. Dank ihrer Teufelskräfte.

„Na, siehst aus, als hättest du einen Geist gesehen.“, schmunzelte Ace, der über sein Verhalten hinweg täuschen wollte.

„Du sahst eher gerade aus, als würdest du uns hier drinnen kochen wollen.“, gab sie nüchtern zu. So schnell brachte man sie nicht aus dem Konzept. Schon gar nicht mit alkoholgelöster Zunge.

„Ich glaube du fantasierst. Wie viel hast du getrunken?“, neckte er sie.

„Das tut gar nichts zur Sache. Meine Augen funktionieren wunderbar.“, gab sie beleidigt zurück.

„Doch nicht so viel?“, hakte er nach. Ach, er konnte das Spiel beliebig lange weiterführen.

„Mehr als du denkst. Erklärst du mir nun, was das gerade war?“, hakte sie hinterher. Auch sie kannte das Spiel in und auswendig. Immerhin sah sie ihm an den Augen an, dass etwas nicht stimmte.

„Ich glaube nicht, nein. Wie viel denn?“, so leicht ließ er sich nicht aus der Reserve locken.

Sie verzog das Gesicht. Erster Teilsieg für die Feuerfaust.

„Vier oder Fünf Krüge. Warum nicht?“ Geistig streckte sie ihm bereits die Zunge raus. So einfach nicht, Portgas D. Ace.

„Das glaube ich nicht, das waren höchstens zwei. Weil die Stahlbirne mir mit ihrem losen Mundwerk gerade zu neugierig ist, darum.“, konterte er und schnippte ihr mit brennenden Fingern an die Stirn. Natürlich reagierte ihre Teufelskraft sofort und es war ein leises ‚Bing‘ zu hören, was Ace schallend lachen ließ.

„Weil die menschliche Wunderkerze wieder einmal auf stur schaltet.“, grummelte sie, wobei ihre Augen mittlerweile müde klimperten.

Ace würde diese Runde gewinnen, komme, was wolle. Er neigte sich über das Bett zu ihr und bemerkte zufrieden, wie sich ihre Augen weiteten. Kurz vor ihrem Gesicht hielt er inne.

„Wenn du jetzt schläfst, dann verrate ich es dir morgen.“, raunte er ihr entgegen, was ihren Kopf sofort schlagartig erröten ließ.

Sie konnte die Hitze spüren die von ihm ausging und das auffordernde Funkeln in seinen Augen brachte ihr Herz dazu, wie wild in ihrer Brust zu trommeln, als sie nur benommen nickte.

„Gewonnen.“, schmunzelte er, griff an ihren Hinterkopf und gab ihr einen schnellen Kuss auf die Stirn, ehe er sich abwandte, seine Schuhe von den Füßen schüttelte und sich auf die zweite Seite des Bettes schmiss.

„Schlaf gut Stahlbirne.“, kicherte er noch, ehe er sich zur Seite drehte und ihr den Rücken kehrte.

Sie merkte, wie das Blut in ihren Wangen pulsierte, als sie sich ganz gedankenverloren auf die Stirn griff. Schnell machte sie es Ace nach, wandte ihm den Rücken zu und schloss die Augen.

Lady Swordsmistress

Gerade, als die Sonne aufging und sich langsam über den Meeresspiegel erhob, schritt Ayume über das riesenhafte, wie leer gefegte Deck der Moby Dick. Einen Moment könnte man wirklich denken, es sei ausgestorben. In ihrem Kopf dröhnte die Nachwirkung des Sakes, warum sie ganz froh war, niemanden anzutreffen. Dazu mischte sich noch ein unwohles Gefühl in der Magengegend. Sie lehnte sich über die Reling und sog die frische kühle Seeluft in ihre Lunge ein. Es half ihr etwas über die körperlichen Leiden hinweg. Wie kam sie eigentlich auf die dumme Idee sich von trinkfesten Männern herausfordern zu lassen? Die Schwarzhaarige schloss die Augen und kurz durchzuckten sie die Erinnerungen an den gestrigen Tag, welche es sogar schafften ihr ein sachtes Lächeln ins Gesicht zu treiben.

‚Tochter‘. Wie es wohl war einen Vater zu haben? Einen Vater, wie Whitebeard? Der Begriff Eltern löste in der Schwarzhaarigen keine Gefühle aus. Sie verband damit nichts, doch als der mächtige Pirat sie ‚seine Tochter‘ genannt hatte, konnte sie einen Teil dieser fremden Gefühle einfangen. Sie konnte erahnen, wie es war einen Vater zu haben. Whitebeard liebte seine Crew, als seien es seine Kinder und das brachte ihm dieses loyale Team, welches seinen Namen mit ihrem Leben verteidigte.

Seltsam, dass ausgerechnet dieser Mann, sie, als seine Tochter bezeichnete.

Er brachte ihr ein Vertrauen entgegen, welches sie sich nicht erklären konnte, dennoch schwor sich die junge Schwarzhaarige, dass sie ihn nicht enttäuschen würde. Nein, sie würde noch viel härter dafür arbeiten, dass dieser Mann mit Stolz behaupten konnte, dass sie seine Tochter war.
 

Nur Wenige hatte es zur Mittagszeit auf das Deck verschlagen und auch sie wirkten alle etwas lädiert von letzter Nacht. Ayume hatte sich mittlerweile wieder vollends erholt, zum Glück.

Als sie ihren Blick schweifen ließ, sah sie schon von weitem, wie Marco auf sie zukam. Abwartend wandte sie sich dem Kommandanten der ersten Division zu, als er sich neben sie an die Reling lehnte.

„Letzte Nacht gut überstanden?“, hakte er nach. In seinen Augen war ein Funkeln, welches Ayume nicht deuten konnte.

„Scheint wohl so.“, gab sie zu verstehen.

„Du hast doch Teufelskräfte, richtig?“, bog er das Thema in die eigentliche Richtung, die er verfolgte.

„Ja, habe ich.“, gestand sie, immerhin hatte auch er das gestrige Gespräch mit dem Piratenkaiser belauscht.

„Was hältst du von einem kleinen Übungskampf? Unter Nakamas versteht sich.“, sein Lächeln war ungetrübt, doch Ayume grübelte einen Moment, ob sie es wirklich wagen sollte, oder ob sie sich damit wohl komplett zum Idioten machen würde.

„Keine Angst. Ich nehm dich nicht zu hart ran. Ich will nur sehen, was du kannst. Reine Neugier.“, erklärte er sich, als er ihr nachdenkliches Gesicht bemerkte.

„Jetzt gleich?“, ihre Stimme klang ruhig, obwohl in ihr die Bedenken brodelten. Gegen Marco war sie sicherlich nur eine kleine Kerze im Wind, trotz ihrer Teufelskräfte.

„Mach dir nicht ins Hemd.“, neckte er sie, boxte ihr gegen die Schulter und warf ihr ein aufforderndes Lächeln zu.

„Wie du willst, aber… ich kann sie noch nicht richtig steuern.“, begann sie sich sofort zu erklären, was der Kommandant jedoch mit einer Handbewegung abwinkte.

„Dann lass es mich dir beibringen.“, wieder dieses Funkeln in den Augen.

Wieso sollte sie es nicht wagen? Ein Übungskampf unter Nakamas würde ihr sicher kein Bein brechen und sie war sich nahezu sicher, dass Marco ihr noch Einiges beibringen konnte, wenn sie ihn nur ließ.

Gelassen schritt der Blonde über das Deck, ehe er Ayume zu sich winkte.

„Komm schon.“, forderte er sie auf, woraufhin sie zögerlich hinterher ging.

In der Mitte des Schiffes, wo sich keine störenden Gegenstände, Masten oder Crewmitglieder aufhielten, blieb Marco stehen und breitete die Arme aus.

„Voilà. Hier ist unser Kampfplatz.“, schmunzelte er.

„Mitten auf dem Deck?“, hinterfragte die Schwarzhaarige skeptisch. Wo jeder ihre stümperhaften Versuche mit ansehen konnte, fügte sie gedanklich noch hinzu.

„Unter Deck ist viel zu gefährlich.“, bemerkte Marco schlicht und mit einem Mal umgab ihn diese mächtige Aura, von der Ayume schon bei der Ankunft einen leisen Hauch verspürt hatte.

Er unterlegte diese Aura mit blauen Flammen, die aus seinem Körper heraus züngelten.

Noch eine Feuerfrucht? Aber hatte Ibiki nicht damals erwähnt, dass es jede Frucht nur einmal auf der gesamten Welt gab? Wie konnte das sein? Sicherlich steckte etwas dahinter, was er noch nicht Preis geben wollte. Kommandant der ersten Division, Marco.

Ayume schauderte, als seine Kraft sie umfing. Er quittierte ihren nachdenklichen Blick mit einem schmalen Lächeln.

„Jetzt mach keinen Rückzieher.“, befahl er. Seine Stimme war bestimmend. Er hatte Recht, es war doch nur ein Übungskampf.

Die Schwarzhaarige schloss einen kurzen Moment ihre Augen, konzentrierte sich auf die Kraft, die tief in ihr schlummerte und so, als ob sie den Zündschlüssel gedreht hätte, erwachte diese Kraft zum Leben. Sie bahnte sich kribbelnd einen Weg durch ihre Blutbahnen, umfing sie mit der gewohnten Kälte und pulsierte in ihrem Kopf. Der Geschmack von Blei, der sich über ihre Zunge legte, war Ayume mittlerweile ebenfalls vertraut.

Sie öffnete ihre Lider und legte den meerblauen Blick auf ihren Gegenüber. Die Umgebung war aus ihrem Denken komplett ausgeblendet, als Marco sich schon zum ersten Angriff bereit machte. Sie wusste, dass er sich zurück nehmen würde, dennoch hatte sie ein flaues Gefühl im Magen.

Schon stieß er sich vom Boden ab und kam auf sie zugeschossen. Seine Bewegungen waren mit bloßem Auge kaum zu verfolgen und im letzten Moment schaffte es die Schwarzhaarige, wenn auch nur durch Zufall, seinem Schlag auszuweichen. Ehe er den Boden traf bremste er scharf ab und wirbelte zu Ayume herum. Instinktiv hob sie ihren linken Arm schützend vor das Gesicht, als eine leichte Druckwelle über die Moby Dick ging.

Der Aufprall hallte in ihrem gesamten Körper nach und kurz rang sie um Fassung. Und das war nur ein kleiner Teil der Kraft, die in Marco steckte.

Abwehr, darauf war sie geschult, doch das würde ihr bei dem blonden Kommandanten nicht viel bringen, denn scheinbar war er in der Lage diese Abwehr zu durchbrechen, was auch sein überlegenes Grinsen aussagte.

„Es gibt Teufelskräfte, die sich gegenseitig ausstechen, Ayume. Sei auf der Hut, denn nur, weil dein Körper nun aus Metall besteht, gibt es Kräfte, die dich verletzten, sogar töten können.“, hallte Ibikis Stimme durch ihren Kopf.

Erneut holte Marco zum Schlag aus. Sie musste sich wohl auf ihre Schnelligkeit und ihren Beobachtungssinn verlassen, dem sie schon Einiges zu verdanken hatte.

Die Ausholphase dauerte lange, dennoch war der Aufprall, der darauf folgte verheerend, wenn er sein Ziel traf. Das Feuer, das seinen Körper umhüllt ist Schutzhülle und Heilung zugleich, was ihn nahezu unbesiegbar macht und die Aura um seinen Körper sagt, dass er noch lange nicht ernst machte.

Das alles schoss Ayume in wenigen Sekunden durch den Kopf. Sie analysierte Marco, während er versuchte einen Treffer gegen seine Nakama zu landen, die geschickt auswich. Sie hatte seine Taktik durchblickt, konnte seinen nächsten Schlag voraussehen, doch die Flucht würde ihr Überleben nicht sichern, wenn dies ein ernster Kampf wäre. Klar, könnte sie drauf hoffen, dass ihr Gegner schnell ermüdete, doch das war keine Option, wie sie einen Kampf gewinnen wollte.

Wieder zischte nur haarscharf der letzte Angriff an der Nase der Schwarzhaarigen vorbei, als Marco sie mit seinen Augen fixierte.

„Wehr dich endlich. Hab keine Angst von deiner Teufelsfrucht Gebrauch zu machen. Solange du sie nicht nutzt kommst du nie hinter das Geheimnis, wie du sie beherrschen kannst.“, forderte er.

Ayume nickte. Er hatte Recht. Solange sie sich vor den Auswirkungen der Frucht fürchtete, solange würde sie es nie beherrschen können. Damit nahm Ayume eine leichte Kampfhaltung ein.

Marco grinste schief und wartete geduldig, bis sie ihren Zug machte.

Nun war sie es, die auf den Kommandanten zuschoss, ihre Kraft an den Armen konzentriert holte sie zum Schlag aus und wurde abgeblockt. Wieder eine leichte Druckwelle, die über das Deck der Moby Dick fegte.

„Nicht schlecht, junge Frau.“, schmunzelte Marco und schleuderte sie, alleine mit dem Druck seiner Aura von sich hinfort.

„Noch einmal, aber dieses Mal wehre ich mich.“, forderte er, als sie sich gerade wieder hochrappelte.

Sie zog einen entschlossenen Gesichtsausdruck auf und schoss erneut auf ihn zu, gekonnt machte er einen Schritt zur Seite und rammte der Schwarzhaarigen sein Knie in den Bauch. Binnen Sekunden hatte ihr Körper reagiert und den Schlag abgefangen, jedoch konterte Marco das mit seinem flammenden Arm, dessen Ellbogen er ihr direkt ins Genick donnerte.

Benommen fiel sie zu Boden.

„Auch deine Gegner weichen aus. Konzentriere dich nicht so sehr auf die Stelle, die du angreifen willst, sondern betrachte deinen Gegenüber als Ganzes. Versuchs nochmal.“, gab er ihr den Hinweis, als sie schon wieder auf den Beinen stand. Der Schmerz des Schlages durchzuckte noch immer ihre Glieder. Sie spürte, wie ihre Haut unter seinen Angriffen brannte und pulsierte.

Kurz sammelte sie sich. Sie musste ihren Kopf einschalten, das tat sie doch immer. Warum nicht in einem Kampf?

Sogleich hatte sie die Entfernung zwischen ihnen überbrückt, tauchte unter seinem Gegenschlag hindurch und rammte ihm ihre Hand direkt in den Bauch. Einen kleinen Moment überkam sie ein Erfolgsgefühl, als er ihr jedoch die Füße unter dem Boden wegzog und kurz vor ihrem Gesicht mit seinem Schlag inne hielt.

„Schon ein wenig besser.“, murrte er. Vermutlich hatte der Schlag doch gesessen.

Nun begann er wieder eine Folge schwerer Angriffe, denen die Schwarzhaarige einige Male nur durch puren Zufall ausweichen konnte, ehe sie die flammende Faust auf sich zurasen sah.

Instinktiv kreuzte sie die Arme vor dem Gesicht und blockte den Schlag, doch Marco setzte hinterher. Plötzlich brach eine schwarze Klinge schräg aus dem Boden und sofort zuckte der junge Kommandant zurück, ehe sie ihn erwischen konnte.

Er schielte auf das Gebilde, dann sah er zurück in Ayumes Gesicht. Die junge Frau keuchte schon jetzt angestrengt.

„War das dein Werk?“, hinterfragte er, als er mit dem Kopf in Richtung der Klinge nickte.

„Ja.“, gab Ayume tonlos von sich.

„Mach das nochmal.“, forderte er.

„Ich kann es nicht steuern.“, setzte die Schwarzhaarige dagegen.

„Ich habe gesagt, dass du das nochmal machen sollst, verdammt.“, knurrte der Blonde.

Ayume besann sich, hob ihre linke Hand vom Körper ab und spürte, wie die Kraft an ihr riss. Sie konnte diese geballte Aura nicht richtig lenken, als schon überall zwischen ihr und Marco die schwarzen Klingen wahllos aus dem Boden schossen, wie Tretminen.

„Interessant.“, bemerkte er schlicht, als er zusammenzuckte.

Gerade war nur wenige Millimeter hinter ihm eine Klinge aus dem Boden gekommen. Er hatte den dadurch verursachten Windzug im Nacken gespürt.

Erschrocken hielt Ayume inne, was die Klingen sofort wieder verschwinden ließ.

„Ich denke, wir sollten die Schwerter-Show die Tage noch weiter trainieren. Es könnte eine sehr hilfreiche und starke Technik sein. Fernkampf bringt einem in gewissen Hinsichten viele Vorteile.“, gab Marco von sich, fuhr sich mit der Hand über die Stirn und brach somit den Übungskampf ab. Mittlerweile hatte sich um die Beiden eine Traube aus Crewmitgliedern gebildet, die gebannt den Kampf beobachtet hatten.

„Nicht schlecht, Ayume.“, grinste ihr Jozu entgegen, der die Arme vor der Brust verschränkt hatte.

„Vielen Dank.“, gab die Schwarzhaarige nur von sich. Das war wohl die schlechteste Leistung ihres Lebens gewesen. Wenn man bedachte, dass sie in einem echten Kampf wohl tot gewesen wäre, ehe sie den ersten Gegenschlag landen konnte.

Sie spürte, wie Etwas über ihre Stirn lief und erschrocken griff sie danach. Als sie auf ihre Hand blickte erkannte sie es. Blut.

Aber wann hatte Marco sie erwischt? Wie hatte er das gemacht? Sie weitete die Augen. Wenn sie auf der See überleben wollte, dann musste sie dringend stärker werden. Das wurde ihr jetzt, mehr als jemals zuvor, bewusst.

„Scheint so, als hättest du ab jetzt jeden Tag mehrere Trainingsstunden.“, erklang eine vertraute Stimme an ihren Ohren, was ihr sofort eine rote Gesichtsfarbe verlieh. Ace. Die Gedanken an den gestrigen Abend verdrängend nickte Ayume steif.

Die Feuerfaust trat mir seinem typischen Lächeln neben die Schwarzhaarige und hielt ihr ganz beiläufig ein weißes Tuch unter die Nase. Sie blickte hoch, woraufhin er es ihr an die Stirn legte.

„Danke.“, entkam es ihr. Zum Glück hatte sie ihre Stimme im Griff.

„Leute! Seht euch das an!“, grölte der Techniker, der mit laufenden Schritten an seine Crew heran gerast kam. In seiner Hand hielt er eine Zeitung, die im Wind flatterte. Was er wohl gesehen hatte?
 

Zeitgleich auf der Red Force:
 

„Shanks, das musst du dir ansehen!“, entkam es Ben, als er in der Zeitung geblättert hatte.

Der Rothaarige wandte sich von der Reling ab und warf seinem Vizekapitän einen leichten Seitenblick zu. Was hatte er denn jetzt wieder gefunden?

„Vor wenigen Tagen wurde die Marine Augenzeuge eines Anschlags auf den ehrwürdigen Weltaristokraten Sankt Carlos, der sich zu der Zeit auf der Erholungsinsel der alten Welt aufhielt.“, begann er zu zitieren, ehe er sich räusperte und seinem Kapitän einen fröhlichen Blick schenkte.

„Wer kam den auf die glorreiche Idee, sich mit einem Himmelsdrachen anzulegen? Sicherlich wieder einer dieser Rookies, um sich einen Namen zu verschaffen.“, grummelte der Rothaarige, woraufhin er sich den Nasenrücken rieb.

„Nicht ganz, Kapitän.“, schmunzelte Ben und wandte das Titelblatt der Klatschzeitung herum, woraufhin Shanks die Augen weitete.

Ein frisch gedruckter Steckbrief prangerte auf der Frontseite. Auf dem Bild war eine junge Frau mit langen schwarzen Haaren zu sehen. Ihre Hände waren zu Fäusten geballt, ihr Gesicht wirkte entschlossen und da waren sie. Die berüchtigten Augen, die Shanks unter tausenden Paaren wiedererkannt hätte.

„Darf ich vorstellen. Lady Swordsmistress. Einsteigerkopfgeld neunzig Millionen Berry. Gesucht wegen dem Attentat gegen den Weltaristokraten Sankt Carlos. Ganz nebenbei hat sie eine fünfzig Mann starke Marinebesatzung ausgeschaltet, weswegen sie als unberechenbar und höchst gefährlich eingestuft wurde.“, bemerkte Ben, der noch immer das zufriedene Grinsen im Gesicht stehen hatte.

Shanks nahm die Zeitung an sich und ließ noch einmal seinen Blick über das Titelblatt schweifen, ehe auch er ein freudiges Lächeln aufsetzte.

„Ich freue mich sehr dich endlich kennen zu lernen, Ayume.“, meinte der Rothaarige, mehr zu sich selbst, als zu seinem Freund gewandt.
 

Auf der Thyr:
 

„Glückwunsch. Du hattest wohl einen guten Riecher bei der Kleinen.“, brummte Shachi, als er den Steckbrief der jungen Ayume in der Zeitung musterte. Hatte sie doch tatsächlich einen Weltaristokraten angegriffen. Schmunzelnd erinnerte sich der Smutje an das eingeschüchterte Mädchen, das einst vor drei Jahren an diesem Tisch gesessen hatte.

„Hast du meine Entscheidungen jemals angezweifelt?“, hinterfragte der Shikigami schlicht, als er sich in seinem Sitz zurück lehnte und mit einem leichten Schmunzeln an der Zigarre zog.

„Nicht einmal im Traum.“, grunzte der Smutje.

„Wurde auch Zeit, dass sie aktiv wird.“ Der schwarzgekleidete Kapitän nahm die Zeitung zur Hand und musterte das Bild der jungen Frau. Sie schien tatsächlich etwas Besonderes zu sein. Die Entschlossenheit in ihrem Blick war der Grund dafür gewesen, dass er ihr ein neues Leben ermöglicht hatte. Doch wer hätte damit rechnen sollen, dass sie sich sogar mit dem Weltaristokraten anlegen würde? Bald war es soweit. Ayume würde zurückkehren, das hatte der Shikigami im Gefühl.

Mit einem leichten Lächeln riss er die Seite aus der Zeitung und legte sie zusammengefaltet in seine Manteltasche, ehe er den Sakekrug erhob.

„Dann lasst uns ein kleines Fest für unsere Swordsmistress geben.“, hallte seine Stimme durch die Kombüse, woraufhin seine Crew freudig die Krüge erhoben.
 

Auf dem Sabaody Archipel:
 

Erneut fuhren seine Augen den Steckbrief entlang, ehe er sich aus seiner Starre löste und sich mit der flachen Hand auf die Stirn schlug. Sofort wandten die restlichen Glücksspieler ihren Blick auf den Grauhaarigen, der sich davon jedoch nicht beirren ließ.

Seine Ayume hatte den Himmelsdrachen Sankt Carlos verprügelt. Wie kam sie nur auf diese selten dämliche Idee? Und wie war sie nur dem Admiral entflohen?

Er fuhr sich mit beiden Händen über sein Gesicht, ehe er erneut das Bild musterte.

Sie würde wohl denselben Weg einschlagen, den er mittlerweile abgelegt hatte. Aber wieso?

Was hatte sie nur vor? Wohin führt sie ihr Weg?

Silvers Rayleigh zog seine Stirn in tiefe Denkfalten. Was würde er dafür geben sie zu treffen und ihr die Wahrheit zu erzählen. Ihr zu erklären, warum sie einsam und alleine aufwachsen musste und dass es nicht daran lag, dass ihre Eltern sie nicht geliebt hatten.

Er hatte ihre Mutter, ihren Bruder und sie komplett ihrem Schicksal überlassen, als er beschloss sich von ihnen fern zu halten. Schutzlos hatte er sie der Marine ausgeliefert. Was würde er dafür geben sie zu sich zu holen, seine Pflicht als Vater endlich zu erfüllen und sie zu behüten. Doch Rayleigh wusste, dass sie ihn sicherlich nur als Verräter ansehen würde. Den Hass in ihren Augen wollte er sich nicht vorstellen.

Erneut wanderte sein Blick über den Steckbrief der jungen Frau. Swordsmistress Ayume. Er konnte sich nicht verkneifen, dass sich bei ihrer Kopfgeldsumme etwas Stolz in sein Herz schlich.

Sie kam eben ganz nach ihrem Vater. Ob das nun gut, oder schlecht war, würde die Zeit mit sich bringen.
 

Zurück zu Ayume:
 

„Swordsmistress.“, schmunzelte Marco und warf einen Seitenblick zu der Schwarzhaarigen, die noch immer erstaunt auf die Zeitung blickte.

„Neunzig Millionen Berrys.“, belächelte Jozu und legte Ayume seine riesenhafte Hand auf die Schulter. Sie schenkte ihm einen leicht verlegenen Blick.

„Das Bild ist schrecklich.“, gab sie von sich, woraufhin die Whitebeardpiraten in schallendes Gelächter verfielen.

„Das Wichtigste haben sie in ihrem Schmutzblatt vergessen.“, bemerkte der Smutje schlicht, woraufhin sich die Blicke der Mannschaft auf ihn richteten.

„Mitglied der Whitebeardfamilie.“, ergänzte er nach einer dramatischen Pause, woraufhin ihm zustimmende Rufe entgegen schallten.

Ayume schmunzelte leicht. Nun war es offiziell. Sie war einer der Rookies und ihren Namen hatte sie sich auch schneller gemacht, als sie je gedacht hätte. Zudem wurde ihr gleich ein Spitzname gegeben. Swordsmistress. Damit konnte sie leben, befand sie und sobald sie ihre Kräfte beherrschte würde sie ihrem Namen auch alle Ehre erweisen.

Notruf

Nachdem sich der Mob um sie endlich aufgelöst hatte, saß sie auf der Reling und beobachtete die Sonne, wie sie langsam am Horizont verschwand. Sie brauchte den kurzen Moment der Ruhe, auch wenn ihr die Crew sehr am Herzen lag. Einen Teilsieg hatte sie schon zu verbuchen. Roberts Jane Nora, ihre vermeintliche Mutter hatte für die Schandtaten, die sie Nabiki angetan hatte bezahlt, der Weltaristokrat hatte seine Lektion erhalten, auch wenn Ayume mit dem Ergebnis noch nicht ganz zufrieden war. Sie hatte einen Namen, ein beachtliches Kopfgeld und sie hatte eine Familie. Als sie vor drei Jahren mit dem Shikigami aufgebrochen war, war sie ganz alleine. Sie wusste nicht wohin mit sich und nun? Nun hatte sie einen Onkel, der sie immer willkommen heißen würde, einen ‚Vater‘, der sie in seinen Schutz genommen hatte. Eine mächtige Crew, die hinter ihr stand und einen Gefährten, der sie noch einige Zeit begleiten würde, ehe sie den letzten Schritt in ihre Freiheit unternehmen würde. Ace. Wieder zuckten die Bilder letzter Nacht durch ihren Kopf und sie konnte nichts dagegen unternehmen, ein Rotschimmer legte sich über ihre Wangen. Wie peinlich. Er war so nah. Sie wusste nicht, was das für eigenartige Gefühle in seiner Gegenwart waren, aber sie schob es auf den Alkohol.

Schnell schob sie die Erinnerungen in die Tiefen ihres Gehirns zurück, als sie schon die bekannte Aura der Feuerfaust fühlte, wie er sich von hinten näherte.

Sie blickte hoch, als er neben ihr zum Stehen kam. Er hatte sein typisches Lächeln im Gesicht und seine rechte Hand an der Hutkrempe.

„Und, wie fühlt man sich als Rookie?“, hinterfragte er belustigt.

„Großartig.“, gab sie fein von sich, wobei ein leichtes Lächeln ihre Züge zierte.

Ja, wenn er bedachte, dass es ihr Traum war, einer der berüchtigsten Piraten der Weltmeere zu werden, dann hätte er sich die Antwort bereits denken können. Ob ihr die Gefahren bewusst waren, die nun auf sie zukommen würden? Immerhin war sie nun eine gesuchte Verbrecherin in den Augen der Marine, auch wenn ihr das Kopfgeld die Sicherheit gab, dass sich so schnell kein einfaches Gesindel mehr an ihr vergreifen würde.

„Du weißt hoffentlich, dass dein Weg sich jetzt um Einiges schwieriger gestalten wird?“, formulierte die Feuerfaust seine Gedanken in Worte, woraufhin Ayume selbstsicher nickte.

„Ja, ich bin mir bewusst, dass ich viel härter trainieren muss, um mich jetzt zu beweisen.“

Wie erwachsen sie klang. Wie entschlossen ihre Worte kamen. Er hatte kurz vergessen, dass die Stahlbirne sich viel zu viele Gedanken machte.

„Was hast du jetzt vor?“, befragte er sie, wobei er sich an die Reling lehnte, auf der sie saß.

„Ich habe meine Pläne nicht geändert. Ich muss noch viel lernen, trainieren und mich beweisen. Ich werde frühestens in einem Jahr zur Grand Line segeln und den Shikigami suchen. Bis dahin hast du mich wohl, oder übel noch am Hals.“, nun legte sie ihre blauen Augen auf Ace, der den Blick mit einem Lächeln quittierte. Etwas anderes hatte er nicht erwartet.

„Das wollte ich hören.“, schmunzelte Ace und knuffte ihr in die Seite.

„Du schuldest mir übrigens noch eine Erklärung.“, flüsterte sie. Schon war ihre Courage wieder geflohen und schnell senkte sie den Blick. Diese verfluchte Schüchternheit.

Er schmunzelte leicht, während er grübelte, wie er es ihr denn sagen sollte. Die schonungslose Wahrheit würde er ihr sicherlich nicht ins Gesicht werfen, denn es ging ihm noch etwas zu weit in seine eigenen Angelegenheiten.

„Es hat mich nur wütend gemacht, wie Black Beard sich erdreistet mit einem Familienmitglied von Paps umzugehen. Ich habe ja so schon nicht viel Sympathie für ihn übrig.“, gestand er. Das sollte erst einmal reichen, um ihre Neugier zu stillen.

Sie nickte verständlich. Natürlich war der jungen Frau bewusst, dass sich Ace noch immer bedeckt hielt, doch irgendwann würde er ihr vertrauen.

„Ein Familienmitglied Whitebeards.“, schmunzelte Ayume. Sie konnte es immer noch nicht glauben.

„Was hältst du von einem Tattoo? Um jeden zu zeigen, dass du zu uns gehörst.“, feixte die Feuerfaust gespannt auf ihre Reaktion.

Sie legte die Stirn in tiefe Denkfalten, ehe sie überraschend nickte.

„Das klingt gut. Solange ich nicht zu deinem Tätowierer gehen muss.“, gab sie zurück.

„Warum das?“, Ace wirkte etwas verwirrt, als sie ihren Blick hob und ihm ein schmales Lächeln schenkte.

„Er konnte ja scheinbar nicht schreiben.“, machte sie die Anspielung auf das durchgestrichene „S“ auf seinem Oberarm.
 

Die Tage vergingen, wie im Flug und alles blieb ungewöhnlich ruhig. Ayume hatte erwartet, dass ihre Attacke gegen den Weltaristokraten weitaus schlimmere Folgen haben würde, jedoch war davon rein gar nichts auf der Moby Dick zu spüren. Jeden Tag widmete sich die junge Frau einem Übungskampf, doch nicht nur mit Marco, sondern auch Jozu, Ace und einige andere Nakamas hielten sie auf Trab. Von Tag zu Tag konnte sie zu ihren vielen Blessuren auch ein paar Erfolge verbuchen, die sie hoffen ließen. Sie würde wachsen, mit jeder Herausforderung.

Marco hatte skeptisch die Arme vor der Brust gekreuzt, während er den Kampf beobachtete. Sie machte erstaunlich schnelle Fortschritte, musste er feststellen.

Gerade schloss sie kurz die Augen, ehe sie mit geschärften Sinnen ihre Umgebung erneut überblickte. Vor ihr stand Jozu, der sich gerade zu einem weiteren Angriff bereit machte.

„Volle Kraft.“, knurrte Marco in ihre Richtung, woraufhin sie verständlich nickte.

Auch Ace saß auf der Reling und verfolgte den Kampf interessiert.

Jozu konzentrierte seine Diamantfrucht auf den Unterarm, ehe er ihr entgegen gestürzt kam. Er war wesentlich langsamer, als Marco, oder Ace, doch nicht weniger gefährlicher. Ein falscher Schritt und er könnte die junge Frau zerbrechen, wie ein Stück Porzellan. Diamant war eben härter, als Stahl.

Kurz durchzuckten einige Szenarien Ayumes Gehirn, ehe sie sich den perfekten Plan zu Recht legte und im Sekundenbruchteil reagierte. Kurz bevor sie der Schlag des Kommandanten der dritten Division erwischen konnte, stemmte sie sich vom Boden und sprang über seinen Kopf hinweg. Kurz vor seiner Nase schossen die Klingen in die Höhe, denen er gerade noch entging, in dem er sich zurückfallen ließ. Daraufhin konterte Ayume den Zug mit einem Tritt zwischen die Schulterblätter ihres Nakamas, der gefährlich taumelte.

Gehetzt wandte er sich herum, doch Ayume war schon wieder verschwunden. Er fühlte, wie sein Körper unter ihrem Tritt erzitterte. Sie hatte wirklich ordentlich Bums hinter ihren Schlägen. Außerdem war sie verdammt schnell. Er konnte fühlen, wie der Boden unter ihm erzitterte und schnell sprang er zur Seite, ehe die Klingen ihn durchdringen konnten. Da stand sie schon vor ihm und ihre Faust traf auf die zwölf. Seine Nase begann zu bluten, was er nur mit einem Schmunzeln quittierte und sich die Flüssigkeit mit dem Ärmel aus dem Gesicht wischte. Wieder verfehlten ihn die Klingen nur um wenige Zentimeter. Wieso war sie denn so schnell? Auch wenn sie seinem Diamanten nichts entgegen zu setzten hatte, so kam er nicht einmal dazu, dass er sie erreichte, ohne mit einem Gegenschlag zu rechnen. Er spürte ihre kalte Aura im Nacken, doch ehe er reagieren konnte traf ihn die Wucht und er ging zu Boden. Jetzt hatte ihn die junge Frau tatsächlich von den Füßen gerissen, bemerkte er etwas erstaunt. Sie wurde wirklich von Tag zu Tag besser.

„Benutz deine Klingen, Ayume.“, forderte Marco, als er Jozu einen schelmischen Blick schenkte.

„Ja, Marco.“, gab sie zurück. Sie stand schon wieder hinter Jozu, der sich eilig herum wandte und die Klinge, die auf ihn zuschoss gerade noch mit seinen Armen abwehren konnte.

„Flinkes Biest.“, entkam es ihm knurrend.

Ayume keuchte bereits. Es war anstrengend sich so zu verhalten, dass der überlegene Kämpfer nicht an sie heran kam. Er konnte den Kampf sehr schnell für sich entscheiden, wenn er sie denn auch nur ein einziges Mal treffen würde.

Schnell hob sie beide Arme vom Körper ab und konzentrierte sich auf die mächtige Kraft, die durch ihren Körper strömte. Hoffentlich konnte sie diese bald vollends beherrschen, denn noch immer blieb das Restrisiko, dass sie ihr entgleiten konnte. Wie auf Kommando brachen die Klingen aus dem Boden, wie Tretminen. Der Kommandant der Dritten Division war nun komplett eingekesselt und an jeder Bewegung gehindert, da die Spitzen der Schwerter alle nur wenige Millimeter von ihm entfernt waren. Auch Marco und Ace sprangen gekonnt zur Seite, da einige Klingen wahllos aus dem Boden geschossen waren. Mit einem feinen Lächeln strich sich die junge Frau durch die Haare. Ihre Kraft war nun beinahe komplett aufgebraucht, was sie vor allem an dem Zittern ihrer Glieder bemerkte.

„Ayume!“, schallte eine Stimme über das Deck, als der Smutje erschien.

Somit war der Kampf abgebrochen und das gerade, als Ayume beinahe als Sieger daraus hervorgegangen war.

„Ja?“, rief sie ihm entgegen.

Eilig kam er herbei gelaufen. In seiner Hand hatte er eine Teleschnecke, die er in die Luft hielt.

„Hier is ein Anruf für dich. Scheint dringend zu sein. Der Kerl ist nicht sehr freundlich.“, knurrte der Smutje, als er ihr die Schnecke aushändigte.

Auch Ace war an die junge Frau herangetreten und wartete neugierig, wer sie wohl anrufen mochte.

„Hallo?“, forschte Ayume, als am anderen Ende nichts zu hören war.

„Ayume?“, knurrte eine bekannte Stimme. Sofort erhellte sich das Gesicht der Schwarzhaarigen.

„Tom?“, hinterfragte sie trotzdessen, dass sie seine Stimme schon erkannt hatte. Was brachte ihn wohl dazu, dass er Kontakt zu ihr aufnahm?

„Hör mir zu!“, seine Stimme klang düster und angeschlagen, was Ayume sofort versteifen ließ.

„Was ist passiert?“, hakte sie sofort hinterher.

„Hör mir zu!!!“, fauchte der Koch am anderen Ende der Teleschnecke.

Ayume schluckte hart. Das klang alles andere, als erfreulich.

„Die verdammte Marine hat den Hinweis bekommen, dass du hier gelebt hast…

Sie haben das Dorf durchsucht. Ibiki wurde exekutiert, weil er keine Auskunft über dich geben wollte. Sie haben den Doktor verhaftet, wegen Hochverrat.

Sicherlich sind sie auf dem Weg hierher. Ich werde ihnen nichts verraten, Ayume.“, seine Stimme war hektisch, aber ernst.

„Ich…“, begann Ayume sofort.

„Nein! Komm nie wieder hierher. Hörst du?“, fauchte der Koch bitter.

„Aber…“, wieder versuchte sich die Schwarzhaarige an einer Erwiderung.

„Nie wieder!! Verstanden?“, forderte er von ihr.

„Ja…“, gab sie geknickt von sich. Sie wusste, dass es unmöglich war den Koch von seiner Entscheidung abzubringen. Was hatte sie den Menschen in dem Dorf nur angetan?

„Ach verdammte Scheiße…“, kam es noch einmal aus der Teleschnecke, ehe es nur noch tutete.

Er hatte aufgelegt. Noch immer starrte die junge Frau auf die Teleschnecke in ihrer Hand, unfähig zu begreifen, welche Informationen sie gerade bekommen hatte.

Ibiki war tot? Der Doktor und Tom… In ihr verkrampfte sich alles.

Ace blickte in ihr angespanntes Gesicht, ehe er die Entscheidung traf. Die gesamte Crew der Moby Dick hatte das Gespräch vernommen, denn Tom war nicht gerade für sein leises Organ bekannt. Schon gar nicht, wenn er in Rage war.

Gerade wollte Ace den Mund öffnen, als ihn eine schneidende Stimme unterbrach.

„Bereitet alles vor. Wir tauchen unter. Kurs auf …“, sofort begann ein Trubel auf Deck, als sich die Besatzung dem Befehl ihres Kapitäns widmete.

„Kurs auf die Marinebasis G2.“, endete Ace und schenkte seinem Paps einen dankbaren Blick, woraufhin sich der große Piratenkaiser abwandte und zusammen mit seiner Apparatur unter Deck verschwand.

Kurzerhand packte Ace seine erstarrte Gefährtin und zog sich mit sich unter Deck. Gleich würde die Moby Dick abtauchen.
 

Ein Ruck ging durch das Holz, welches unter dem Gewicht des Wasserdrucks laut zu Knarzen begann. Die Crew hatte sich in der Kombüse gesammelt und Ayume fühlte die vielen stummen, aber mitleidigen Blicke brennend auf ihrer Haut. Sie hatten den Blick gesenkt, starrte auf die Tischplatte, unfähig sich zu äußern, während lodernd die Wut in ihrem Magen brannte. Was nahm sich diese miese Marine überhaupt heraus, sich gegen Unschuldige zu wenden, die absolut nichts dafür konnten? War das ihre Definition von Gerechtigkeit?

Ihre Hände waren geballt, ihre Muskeln angespannt und die kühle Aura um sie herum beschrieb den inneren Kampf, den Ayume gerade führte. Ace saß stumm neben ihr, konnte seine Augen nicht von ihr nehmen.

„Ich würde sagen, wir lassen Ayume nicht alleine gehen. Sicherlich wird die Marine schon damit rechnen, dass sie kommt die Gefangenen befreien will. Umsonst haben sie keine gemacht.“, bemerkte Marco trocken. Auch er war nicht sehr erfreut, zu welchen Mitteln die Marine griff, um seine Nakama aus der Reserve zu locken.

„Ja, wir machen diese Marinebasis am besten sofort dem Erdboden gleich. Damit sie sich genau überlegen, mit wem sie sich das nächste Mal anlegen.“, knurrte Jozu, der ebenfalls mitleidig seinen Blick auf der Schwarzhaarigen liegen hatte.

„Nein.“, hauchte Ayume. Sie hob den Blick nicht an, doch sie schüttelte bestimmend den Kopf.

„Wie nein?“, hinterfragte der kühle Blondhaarige.

„Ich möchte alleine gehen. Immerhin geht es um meinen Onkel.“, gab sie schlicht zu. Ihre Stimme war kalt und beherrscht. So hatte Ace seine Gefährtin schon lange nicht mehr erlebt.

„Ganz alleine in eine Marinebasis? Die erwarten dich sicher.“, fauchte Marco, der an das Gewissen seiner Nakama appellierte. Kam gar nicht in Frage, dass sie alleine ging.

„Ich möchte nicht, dass ihr den Kampf für mich übernehmt.“, nun hob sie ihren Blick. In ihren Augen war die Entschlossenheit, die Whitebeard dazu veranlasst hatte, sie als seine Tochter zu benennen. Diese Entschlossenheit, die unverkennbar ihre stärkste Charaktereigenschaft war.

„Ich begleite sie. Lasst uns etwas abseits der Marinebasis von Bord. Wir legen den Rest der Strecke mit der Stricker zurück. Sollte etwas schief gehen, dann greift ein.“, gab nun auch endlich Ace seine Meinung zum Besten.

„Und wag es nicht zu sagen, dass du alleine gehen wirst. Ich komme mit. Ende der Diskussion.“, fügte die Feuerfaust trocken hinzu, was Ayume nicken ließ.

„Wie ihr wollt. Sobald irgendetwas passiert, dann gebt uns Bescheid. Nehmt die Teleschnecke mit euch. Wir greifen ein, wenn es sein muss.“, forderte Marco und überreichte Ace die Schnecke, die er gekonnt in seiner Hosentasche verschwinden ließ.
 

„Pass auf dein hübsches Köpfchen auf. Es hilft deinem Onkel nicht weiter, wenn du die Beherrschung verlierst. Ihr müsst versuchen ungesehen in die Basis zu gelangen.“, erklärte Marco, als Ayume vor ihm an der Reling stand. Sie nickte verständlich, blieb aber stumm. Sie war nicht in der Lage ihre Gedanken in Worte zu formulieren, in ihrem Kopf kreiste das Denken wilde Bahnen.

„Und denk dran. Du bist unsere Nakama. Du bist nicht alleine.“, fügte Jozu noch hinzu. Wieder nickte die Schwarzhaarige verständlich, ehe sie die Stimme von Ace aus ihre Trance riss.

„Komm jetzt.“, forderte er. Die Feuerfaust stand schon auf der Stricker und hatte sie zum Aufbruch vorbereitet.

Mit einem unguten Gefühl in der Magengegend schwang sich die junge Frau über die Reling, ehe sie die Strickleiter hinab zu Ace überwand. Es überkam sie das alt bekannte Gefühl der Angst, als das Boot gewohnt schaukelte. Sie wiederstand dem Drang sich am Masten festzuklammern und hielt sich lediglich mit der linken Hand daran fest.

Etwas überrascht legte Ace seinen Blick auf sie.

„Können wir?“, hinterfragte er etwas skeptisch.

„Ja.“, murmelte sie nur. Ihren Blick hatte sie in die Ferne in Richtung der Marinebasis gelegt, während sie innerlich hoffte, dass Tom noch einen kleinen Moment aushalten würde.

Die Todesaktion

Etwas verstimmt zog die Feuerfaust seiner Gefährtin die Marinemütze auf den Kopf. Sie hatte ihre Haare zu einem Knoten gebunden, den sie ebenfalls darunter versteckte. Vielleicht sollte er noch nach einer Sonnenbrille suchen?

Sie knöpfte gerade die blaue Uniform zu, als Ace auffiel, dass ihre Hände zitterten. Sie war von dem Übungskampf mit Jozu noch total ausgepowert und trotzdem bestand sie darauf alleine in diese Marinebasis zu dringen.

Innerlich seufzte er, als er bedachte, dass es ihnen vermutlichen den Kopf kosten könnte. Sicherlich war die Basis nicht, wie beim ersten Mal, sehr spärlich besetzt. Immerhin hielten sie hier die Gefangenen fest, weswegen sie ausgehen konnten, dass Ayume hier früher, oder später auftauchen würde. Wenn nicht sogar der Admiral höchst persönlich hier anwesend war. Ob ihr das bewusst war?

„Bereit?“, forschte Ace, woraufhin sie nickte. Er fühlte sich, wie vor einigen Wochen, da hatte sie auch kein einziges Wort mit ihm gesprochen.

Ein hektisches Treiben empfing die beiden Piraten, als sie direkt vor das Tor der Basis traten. Die Wachen waren verstärkt und einige Soldaten liefen Patrouille, um auch gegen jeden Angriff gewappnet zu sein.

Ace zog seine Mütze tiefer ins Gesicht, was ihm von Ayume nachgemacht wurde, ehe sie direkt an die Wachposten heran traten.

„Sektor vier ist ruhig. Wir übernehmen die Wachposten im Inneren.“, kam es kalt von Ayume. Ihre Stimme erschreckte Ace kurz. Woher hatte sie die Informationen?

„Gut, Soldat. Wachposten in Ebene A und in Ebene C. Teilt euch auf.“, knurrte der Mann am Tor, ehe er es öffnete, um seine Kollegen eintreten zu lassen.

Ace neigte sich leicht zu Ayume hinab, ehe er flüsterte:

„Wie zur Hölle kommst du an die Informationen?“

Sie warf ihm einen kleinen Seitenblick zu, als sie ihm schon einen kleinen Zettel aus ihrer Hemdtasche entgegen hielt.

„Die Beiden waren Wachsposten des Sektors vier.“, gab sie schlicht zurück.

„Soldaten?“, kam ein großgewachsener Offizier auf die Beiden zu.

„Sir?“, bemerkte Ayume ruhig.

Die Schauspielerei schien ihr im Blut zu liegen. Ace hielt sich etwas im Hintergrund. Er wollte die gesamte Mission nicht auffliegen lassen. Viel zu viel stand auf dem Spiel.

„Posten?“, knurrte der Offizier gehetzt, als er sich schon zu dem Rest der Marineleute umdrehte, die gerade ihren Verpflichtungen nachgingen.

„Wachposten Ebene A und Ebene C.“, bemerkte Ayume, woraufhin der Offizier ihr ein Nicken schenkte.

„Auf die Posten, Soldaten.“, forderte er.

„Ja, Sir.“, schnaubte die Schwarzhaarige und ließ ihren Blick wandern. Wo waren nur die Gefangenen?

„Ich schlage vor wir trennen uns und durchsuchen das Gebäude.“, gab sie an Ace gewandt weiter, als der Offizier schon wieder von Dannen gezogen war.

„Vergiss es.“, knurrte Ace. Sicherlich würde er seine Nakama nicht alleine hier herumlaufen lassen. Er hatte ein ungutes Gefühl und auf dieses konnte er sich immer verlassen.

Irgendwas stank zum Himmel. Es war viel zu leicht hier in die Basis zu kommen.

„Die Zellen befinden sich meist in den untersten Ebenen.“, bemerkte Ace kühl und schritt voraus. Wäre doch gelacht, wenn sie die Gefangenen nicht finden würden.
 

Zeitgleich:
 

„Willst du uns nicht verraten, wo sich der Abschaum aufhält?“, schmunzelte der Vizeadmiral, der mit seinem Gesicht nahe an das lädierte Gesicht des Kochs gerückt war.

Beide Arme und Beine waren mit dicken Ketten an der Mauer befestigt und sein Kopf war gesenkt. Das Blut tropfte ihm von der Nase, während er dunkel knurrte.

„Vergiss es, Mopsgesicht. Ihr könnt mich ruhig töten. Ich werde euch einen Scheiß verraten.“, entkam es seinen aufgesprungenen Lippen, ehe er den Blick hob und dem Vizeadmiral provozierend ins Gesicht spuckte.

„Drecksgesindel seid ihr. Von wegen Gerechtigkeit. Ich scheiße auf euch und eure höhere Gewalt. Ihr könnt mich mal am Arsch lecken.“, setzte Tom hinterher, woraufhin er gekonnt einen Schlag in den Magen bekam.

Schmerzlich krümmte er sich zusammen und rang hörbar nach Atem. Oh nein, er würde nichts verraten. Er würde seine Ayume nicht ausliefern. Lieber würde er sterben.

Angeekelt wischte sich der Vizeadmiral über das Gesicht, ehe er seinen rasenden Blick wieder auf den Koch vor sich legte. Wie gerne würde er kurzen Prozess mit diesem widerwärtigen Mann machen, doch dann würde ihnen nur das Druckmittel gegen die Swordsmistress fehlen. Doch sobald er auch dieses Miststück in seiner Gewalt hatte, würde er sich nicht mehr zurück halten. Sie konnten gerne gemeinsam auf dem Schafott hingerichtet werden, wenn das ihr Wille war. Bitte.

„Sicherlich wird deine teure Swordsmistress bald hier auftauchen, um ihre Lieben zu retten. Lass dir gesagt sein, dass ich ihr höchst persönlich beide Arme brechen werde, ihr in das widerliche Gesicht treten und sie nachher zu dir in deine Zelle befördern werde. Ihr dürft gerne zusammen sterben. Solange lasse ich dich am Leben, Koch.“, das letzte Wort sprach er übertrieben abfällig aus.

Die Eisenketten klapperten laut, als sich der Koch versteifte. Sein Blick sprühte bittere Flammen in Richtung des Vizeadmirals. Wenn er seiner Nichte auch nur ein Haar krümmen würde, dann…

„Denk in Ruhe drüber nach, ob du dich nicht begnadigen lassen willst, indem du uns die Informationen gibst, die wir verlangen.“, kicherte der Mann schlicht, wandte sich ab und hinter ihm verschloss sich die Zellentüre mit einem lauten Krachen. Tom blieb alleine mit zwei Wachen in den kleinen Raum zurück. Hoffentlich hielt sich Ayume an seine Worte und sie würde nicht hierher kommen.
 

„Ebene G.“, murmelte sie nachdenklich, als sie ihren Blick schon herum wandte. Die Wachposten waren immer großer geworden und hier unten tummelte sich ein ganzes Bataillon Marinesoldaten. Also, wenn sie hier nicht richtig waren, dann wusste die junge Frau auch nicht mehr weiter. Sie fühlte, dass sich hier einige gewaltige Auren tummelten. Die Marine hatte ganz schön aufgefahren. Nun war es sicher, dass sie nur darauf warteten, dass sie ihren Onkel retten würde. Auch Ace ließ seinen Blick schweifen. Es war viel zu leicht. Irgendwas stank bis zum Himmel. Jeder Faser in seinem Körper war bis zum Zerreißen gespannt. Er wartete schon fast darauf, dass im nächsten Moment der Admiral höchst persönlich um die Ecke kam und ihre Tarnung auffliegen ließ.

Ayume entging die Unruhe ihrer Begleitung nicht und auch sie hatte im Gefühl, dass hier irgendwas nicht stimmen musste. Doch es half nichts. Sie war hier, um ihren Onkel und den Doktor zu befreien. Die beiden Unschuldigen, die rein gar nichts mit ihrem Zwist mit der Marine zu tun hatten.

Lieber würde sie sterben, als die Beiden hier zurück zu lassen. Sie wollte nicht noch einmal geliebte Menschen verlieren. Ihr Herz würde den erneuten Verlust nicht verkraften.

Sie setzte eine undurchschaubare Maske auf und schritt voran. Suchend wandte sie ihren Blick in die verschiedensten Gänge. Hier war definitiv das Gefängnis, aber wo befand sich Tom?

„Soldaten?“, fauchte eine Stimme hinter ihnen. Schnell wandte sich Ayume um ihre eigene Achse. Hinter ihnen stand der Kellerwärter mit einem dicken Schlüsselbund am Gürtel baumeln. Wie in Trance fixierten Ayumes Augen die Schlüssel.

„Ja, Sir.“, übernahm dieses Mal Ace, da seine Gefährtin nicht reagierte.

„Was habt ihr hier zu suchen? Posten?“, hinterfragte er skeptisch.

„Verstärkung Ebene G, Hochsicherheitstrakt.“, versuchte Ace sein Glück. Mal sehen, ob sein Schauspiel genauso gut war, wie das seiner schwarzhaarigen Begleitung.

Kurz rang der Kellerwärter mit sich, ehe er nickte.

„Zu dem rasenden Koch, nicht? Hat er wieder gewütet? Man sollte ihm seinen Kopf gegen die Mauer schlagen, dann wäre wenigstens für einige Stunden Ruhe.“, knurrte der Mann, woraufhin sich Ayume sichtbar anspannte. Ace hoffte nur innerlich, dass sie nicht die Beherrschung verlieren würde. Sie waren kurz davor ihr Ziel zu erreichen, ohne dabei aufgeflogen zu sein.

„Geradeaus und die letzte Türe rechts.“, gab der Kellerwärter von sich, ehe er einen kleinen Seitenflur entlang davon schritt. Ein lautes Krachen war zu vernehmen, als er mit dem Fuß gegen eine Zelle schlug.

„Halt gefälligst deine vorlaute Klappe, sonst komm ich rein und reiß dir deine Eingeweide heraus.“, hallte seine Stimme wieder.

Ace hingegen packte Ayume unsanft am Arm und zog sie hinter sich her. Er spürte, wie ihre Blut pulsierte und er konnte ahnen welche Gefühle in ihr herrschten, doch gleich hatten sie ihr Ziel erreicht und dann nichts wie weg von hier.

Tatsächlich, als sie den Flur durchquert hatten standen sie vor einer gepanzerten Türe, hinter welcher sich wohl die Zelle des Koches befand. Stimmen drangen aus dem Inneren. Vermutlich waren Wachen zu seinem Schutz positioniert worden. Doch nun galt alles, oder nichts. Sie hatten genau einen Versuch, um den Koch zu befreien.

„Ayume?“, hinterfragte die Feuerfaust, woraufhin sie den Blick hob und verständlich nickte.

„Wir haben einen Versuch.“, warnte er sie noch, als sie sich aus seinem Griff befreite.

„Dann lass uns nicht versagen.“, bat sie ihn aufrichtig. Er konnte nicht anders, er musste lächeln.

„Herausforderung angenommen, junge Dame. Gewonnen hat, wer mehr Marinesoldaten erledigt.“, schmunzelte Ace. Ihre Augen blitzten auf, als sie eifrig nickte. Das würde ihr eine Genugtuung sein, wenn die Marine für ihre Taten Buße tun musste.

Wie auf Kommando senkte sie den Blick und sofort schossen die schwarzen Klingen aus dem Boden und hoben die Tür aus den Angeln. Scheppernd kam sie vor den Füßen der Piraten auf dem Boden auf, als sich Ayume und Ace gleichzeitig die Marinemützen vom Kopf zogen und eintraten. Ace Fäuste brannten, als er dem ersten der Wachen sofort einen heftigen Faustschlag ins Gesicht verpasste, während Ayume die zweite Wache mit einem gekonnten Tritt gegen die Wand beförderte.

„Sie haben eine Rettungsaktion bestellt?“, murrte Ace mit einem breiten Grinsen im Gesicht, als er Toms verblüfftes Gesicht erkannte.

„Was zum Geier machst du hier, Fräulein. Habe ich dir nicht gesagt, dass du deinen Arsch nicht hierher bewegen sollst?“, keifte der Koch entsetzt, woraufhin sich Ayume zu ihm beugte.

„Du hast davon gesprochen, dass ich nicht auf die Insel zurückkehren soll. Du hast nichts davon gesagt, dass ich nicht in die Marinebasis kommen soll.“, gab sie schlicht zurück und durchtrennte seine Fesseln mit ihrer Teufelskraft.

„Du und der Hohlkopf verschwindet jetzt von hier. Das ist eine Falle. Sie wollen dich genau hier haben. Wie konntest du nur so dumm sein und hierher kommen?“, knurrte Tom, als er sich schmerzlich über die Handgelenke rieb.

„Jetzt mach aber mal halblang. Sie ist schließlich gekommen, um dich aus deiner bescheidenen Situation zu retten.“, bemerkte Ace angesäuert, vielleicht auch wegen seinem netten Spitznamen.

„Ihr wisst gar nicht, welcher Übermacht ihr auch stellen müsst, wenn ihr nicht sofort abhaut!“, behaarte Tom auf seinem Standpunkt.

„Hör auf zu meckern und komm jetzt. Wir müssen Dr. Kurotsuru finden.“, meinte Ayume ruhig. Ihre Stimme gab nicht viel Aufschluss auf ihre Emotionen und ihr Gesicht war hinter einer undurchschaubaren Maske versteckt.

Sie neigte sich zu dem Koch hinab und nahm seinen rechten Arm, den sie sich um die Schulter legte.

„Ayume. Bitte. Hör mir zu.“, versuchte es Tom noch einmal.

„Nein, du hörst jetzt zu. Ich bin hierher gekommen, um dich und den Doktor hier raus zu holen, weil ihr immerhin wegen mir in dieser Situation seid. Und ich werde einen Teufel tun und die Marine einfach davon kommen lassen. Verstanden?“, knurrte sie mit einem Ton, der keine Widerrede zuließ. Ace zog verwundert eine Augenbraue in die Höhe, während Tom etwas verdattert drein blickte. So hatten die Beiden ihre Ayume noch nie erlebt.

„Das trifft sich sehr gut, Swordsmistress Ayume. Kind eines Teufels. Besessen vom Shikigami der sieben Weltmeere. Im Namen der absoluten Gerechtigkeit bist du verhaftet.“, drang eine schelmische Stimme an ihr Ohr, woraufhin sie sich mit ihrem Onkel auf der Schulter gestützt herum wandte.

Auch ohne nachzusehen spürte sie die Auren der Krieger, die sich nun vor der Zellentüre gesammelt hatten. Sie würde ihre Gegner sicher nicht unterschätzen.

Aces Blick zuckte zwischen der Gewalt an Marinesoldaten, geführt vom Vizeadmiral, zurück zu Ayume, über deren Gesicht gerade ein finsterer Schatten gefallen war.

„Scheiße…“, entkam es Tom nur, als er schon den Kopf hängen ließ.

„Das passt mir aber gerade nicht in meinen Zeitplan. Tut mir leid.“, schnaubte sie. Alleine in ihrer Stimme schwang eine Eiseskälte mit, die Ace kurz schaudern ließ. Sie machte ernst. Warum nicht? Let’s get ready to rumble!

Sie spürte bereits, wie der Boden unter ihr erzitterte. Eine Teufelsfrucht. Interessant. Was sie wohl drauf hatte? Ayume reagierte sofort, schob Tom zu dem verdutzten Ace und konzentrierte sich auf ihren Körper, als schon braune Dornenranken aus dem Boden schossen und sich um ihren Körper legten. Ihr Blick zuckte über das Gebilde. Das war nicht ihr Ernst? Pflanze gegen Stahl. Mit einem gewaltigen Ruck hatte sie die lästigen Fesseln durchtrennt, woraufhin es sich wieder in den Boden zurückzog.

Ace hatte Tom über seinen Kopf hochgehoben, denn auch ihn hatten die Dornen ergriffen, die sogleich in einem Feuermeer untergingen.

Es half nichts. Sie mussten sich hinaus kämpfen, denn hier in diesem engen Raum war Tom in der aller höchsten Gefahr verletzt zu werden. Die beiden Nakamas warfen sich stumm einen vielsagenden Blick zu. Sie mussten nicht reden, um die Absicht des Gegenübers zu verstehen. Tom wirkte nervös, was in seiner Lage nur verständlich war, doch dass er dabei den Mund hielt machte Ayume etwas Sorgen.

„Netter Versuch.“, schmunzelte Ace, währen Ayume sich nun daran machte aus der Türe zu preschen. Sie stürzte sich in das wilde und unübersichtliche Getümmel, verteilte einige Schläge und bahnte sich so eine Schneise, in der Ace zusammen mit Tom folgen konnte. Auch die Feuerfaust konnte sich nicht verkneifen zusätzlich noch einige Schläge und Tritte zu verteilen, soweit es ihm möglich war, mit dem Koch auf der Schulter.

„Haltet sie auf. Schießt auf den Koch. Er hat keine Teufelskräfte!“, brüllte der Vizeadmiral, woraufhin Ayume sofort in ihrer Bewegung inne hielt.

Ace ahnte schon, dass er sie damit zur Weißglut gebracht hatte. Doch ehe sich die Feuerfaust versah, zwängte sich die Schwarzhaarige an ihm vorbei und machte sich daran, den Vizeadmiral höchst persönlich zur Verantwortung zu ziehen.

„Beschütze meinen Onkel!“, forderte sie, so leise, dass selbst Ace es kaum verstanden hatte. Die Aura, die sie umgab war gewaltig. Das musste die bittere Wut sein.

„Komm Onkelchen. Die Lady kommt zu Recht.“, gab Ace von sich, ehe er sich weiter durch die Bataillon an Soldaten kämpfte. Irgendwie hatte er im Gefühl, dass das noch nicht alles gewesen ist.

Ehe sich Ayume versah, bekam sie einen heftigen Schlag mitten ins Gesicht. Sie hatte nicht schnell genug reagiert und prallte mit dem Kopf gegen die robuste Eisenmauer der G2. In ihrem Kopf hallte der Schlag wieder.

„Stein, Schere, Papier!“, fauchte der Offizier, der ihr direkt gegenüber stand. Seine Faust war zu Gestein geworden.

„Stein bricht Schere.“, fügte er lässig hinzu, als er ihrem blutenden Gesicht ganz nahe kam.

Sie verzog die Mundwinkel, jedoch verließ kein Laut des Schmerzes ihre Lippen. Binnen Sekunden war sie unter dem Angreifer hinweg getaucht und statt ihr wuchsen Klingen aus dem Boden empor. Die Erste schaffte es eine lange Kerbe in das Gesicht des Offiziers zu treiben, woraufhin er fluchend zurück stolperte. Mit einem lauten Donner ergoss sich der erste Kugelhagel am anderen Ende der Ebene G. Hoffentlich hatten sie ihren Onkel nicht erwischt.

Ayume konnte nicht lange nachdenken, da sie erneut einem harten Schlag ausweichen musste. Sie erinnerte sich an das Übungstraining mit Jozu. Ein Schlag und sie war erledigt.

Schnell holte sie sich alles, was sie vorhin gelernt hatte wieder ins Gedächtnis. Sie schärfte ihre Sinne und begann die Bewegungen und die Ausführungen ihres Gegners zu beobachten, gleichzeitig darauf zu reagieren, als plötzlich wieder die Dornen an ihr empor wuchsen.

Feige Masche, zwei gegen eine, bedachte sie bitter, als sie die Gebilde an ihren Beinen durchtrennte, schnell dem Angriff auswich, um die eigene Achse wirbelte und dem Offizier einen heftigen Schlag mit geschärfter Handkante in den Nacken verpasste.

Sie spürte, wie er nachgab und mit dem Gesicht voraus auf dem Boden aufschlug. Also keine Teufelsfrucht, die mit dem kompletten Körper gekoppelt war. Das einzige Gefährliche waren seine Hände.

Nur um wenige Zentimeter schossen die Ranken an ihrer Nase vorbei. Sie konnte den Luftzug spüren, als sie sich nach hinten warf und abrollte. Plötzlich ein klickendes Geräusch und es war, als würde man ihr die Kraft aus dem Körper saugen.

„Miststück.“, fauchte die Stimme des Vizeadmirals an ihrem Ohr, als sie schon auf die Knie fiel. Eine Fessel hatte sich um ihren Hals geschlossen. Sie ließ ihren Blick schweifen. Überall lagen Marinesoldaten. Einige bluteten, andere waren bewusstlos. Einzig drei Offiziere, der Vizeadmiral und sie standen noch auf den Beinen. Doch warum konnte sie ihre Teufelskräfte nicht mehr benutzen?

Der Vizeadmiral bäumte sich vor ihr zu voller Größe auf und ließ seinen Blick verächtlich über sie gleiten.

„Doch nicht so unbesiegbar ohne die Feuerfaust, hm?“, gab er belustigt von sich.

Sie senkte den Blick. Ayume wusste, dass sie sich soeben in einer misslichen Lage befand und ihr Kopf suchte bereits nach einem Ausweg. Wenn alles gut gegangen war, dann würde Ace ihren Onkel in Sicherheit bringen. Das war alles, was zählte.

Ein gewaltiger Tritt in die Magengrube holte die Schwarzhaarige wieder zurück in die Gegenwart, als sie keuchend und nach Atem ringend zu Boden ging. Verdammt, wann hatte ein Schlag das letzte Mal so derartig geschmerzt?

„Nun ist dir dein vorlautes Mundwerk wohl vergangen? Ohne deine Teufelskräfte bist du absolut hilflos. Kleines Mädchen.“ Er schenkte ihr ein schiefes Lächeln, als er sich zu ihr hinab beugte.

Kleines Mädchen. Immer wieder hallte dieser Satz in ihrem Kopf wieder.

„Seht sie euch an. Swordsmistress. Am Boden wimmernd, wie ein kleines Mädchen.“, provozierte der Vizeadmiral. Er würde an ihr vergelten, welche Unannehmlichkeiten er mit diesem widerlichen Koch gehabt hatte. Auch wenn dieser mit der Feuerfaust fliehen konnte, so hatte er immer noch was er wollte. Swordsmistress.

Er schnipste mit seinen dicken Fingern, als der Offizier seine Geisel zur Schau stellte. Doktor Kurotsuru befand sich in keinem guten Zustand. Er war mit vielen kleinen Wunden übersät. Ein Auge war blau und komplett zugeschwollen und seine Arme steckten in dicken Eisenfesseln. Er hielt seinen Blick gesenkt.

Plötzlich riss den Vizeadmiral ein Schlag von den Beinen. Er war absolut nicht darauf gefasst gewesen und dementsprechend verdattert war auch sein Gesichtsausdruck, als er am Boden aufkam.

„Ich habe dir schon einmal gesagt. Leg deine dreckigen Hände an meine Nichte und ich reiße dir deinen Wohlstandsarsch auf.“, fauchte Tom, der sich schmerzlich die Hand rieb.

Aber…

Er sollte doch schon längst mit Ace geflohen sein. Was machte er denn hier? Sofort wurden die Waffen auf Tom gerichtet. Nein! Ayume konnte nichts tun. Sie stemmte sich vom Boden hoch. Konnte sie ihn erreichen, ehe sich die Schüsse lösen würden? Wo zur Hölle war Ace?

Schon hallten die Schüsse an den Wänden wieder, Ayume fiel rücklings zurück auf den Boden. Ein brennender Schmerz kristallisierte sich an ihrer linken Schulter, wo auch bereits heiße Flüssigkeit hervor quoll.

Sie japste nach Luft, doch die Hitze, die ihr nun entgegen schlug nahm ihr beinahe die Luft zum Atmen.

„Verdammter starrsinniger alter Mann.“, grummelte Ace, der soeben die Offiziere ausgeknockt hatte. Tom beugte sich sogleich zu seiner Nichte hinab und beäugte sie sorgenvoll. Sie konterte das mit einem finsteren Blick.

„Ver… schwindet endlich.“, brachte sie zwischen den Zähnen gepresst hervor.

„Wir verschwinden jetzt.“, knurrte Ace, der sich Ayume gekonnt über die Schulter warf. Einen Augenblick wurde ihr Sichtfeld trüb, als der Schmerz durch ihre Glieder schoss. Gleichzeitig griff Tom nach dem stummen Arzt und begann ihn im Lauf zu unterstützen.

Ace zuckte jedes Mal zusammen, als der Seestein gegen seinen Körper prallte. Verdammt, wieso hatte er daran nicht gedacht? Sollte er? Seine freie Hand wanderte zu der Teleschnecke, die er in der Hosentasche hatte.

„Ruf sie nicht.“, begann die Schwarzhaarige mit belegter Stimme.

„Du bist platt. Wir schaffen es nur mit viel Glück hier raus.“, gab ihr Ace zur Antwort.

„Ich kann kämpfen. Lass mich runter.“, forderte Ayume schlicht.

Unsanft setzte Ace sie in einem leeren Flur auf Ebene G ab und durchdrang sie fast mit seinem finsteren Blick. Doch sie hielt stand.

Auch Tom hielt inne und beobachtete die Situation angespannt. Er sog die Luft scharf in seine Lunge ein. Auch er war lädiert und verletzt. Wie sollten sie es nur hier raus schaffen?

„Mit Seesteinfesseln wirst du nicht kämpfen können.“, versuchte Ace ruhig zu erklären. Ayume war mit dem Rücken an die kalte Eisenmauer gelehnt, als sie mit ihren zierlichen Händen nach der Fessel griff. Sie saß felsenfest. Die Schwarzhaarige hatte keine Möglichkeit ihr zu entkommen.

„Wir müssen uns bis Ebene D kämpfen, dann durch den Ausgang auf die Stricker und zurück zur Moby Dick. Das schaffen wir nicht in dem Zustand in dem ihr euch befindet. Ich wette mit dir, dass sie schon auf uns lauern werden.“, schloss die Feuerfaust.

Ayume ließ ihren Blick schweifen. Ace hatte Recht, sie war unnütz mit dieser Fessel, aber aufgeben kam gar nicht in Frage. Sie würde die beiden Unschuldigen hier raus holen und wenn es ihr eigenes Leben kosten würde.

Schnell griff sie mit ihrer unverletzten Hand nach einem Schwert, was vermutlich ein Marinesoldat bei sich getragen hatte. Ein seltsames Gefühl befiel sie, als sie darüber nachdachte, dass sie noch nie eine Klinge geführt hatte. Doch, wenn es das Leben von Tom und dem Doktor schützen sollte, dann war ihr jedes Mittel Recht.

„Dann so.“, bemerkte sie mit belegter Stimme. Sie konnte nicht verbergen, dass sie völlig am Ende ihrer Kräfte war. Ein sehr ungünstiger Zeitpunkt, wenn man bedachte, dass sie sich sogleich einer Übermacht an Marinesoldaten stellen mussten.

Seufzend griff Ace in seine Tasche. Er würde ihr Leben sicher nicht riskieren.

„Marco?“

„Ace? Wie sieht es aus? Es legen grad zwei voll besetzte Marinekriegsschiffe an. Was ist los? Kommt da endlich raus!“, fauchte der Kommandant der ersten Division.

„Ayume ist mit Seestein gefesselt und verletzt. Wir haben die beiden Gefangenen gefunden, aber auch sie sind verletzt. Das wird eine Todesaktion, Marco.“, erklärte Ace rau.

Ja, diese Situation war vollkommen aussichtslos.

„Wir kommen.“, zischte der Blonde nur noch, ehe er auflegte.

Ayume warf Ace einen vielsagenden Blick zu, ehe sie stumm an ihm vorbei schritt und die Treppen in die höhere Ebene in Angriff nahm.

Außer Kontrolle

„Herzlich willkommen in der Marinebasis G2.“, ein schwarzhaariger Mann stand in Front der Marinesoldaten, die bereits alle ihre Waffen auf den Ausgang der Ebene E gelegt hatten. Diesen Aufmarsch hatte Ayume erwartet. Innerlich seufzte sie. Dies wird eine Todesaktion, schoss ihr durch den Kopf. Dann war es so, wenn sie nur das Überleben der beiden Gefangenen sichern konnte. Sie verließ sich dabei vollkommen auf Ace. Sie würde ihm danken müssen, wenn sie hier raus waren. Niemals war jemand so treu an ihrer Seite gestanden, wie die Feuerfaust. Ein letztes Mal schloss sie kurz die Augen, schärfte ihre Sinne und konzentrierte sich. Die Schmerzen versuchte sie auszublenden, genauso wie die Müdigkeit, die ihre Glieder befallen hatte.

„Ayume. Hau ab und lass uns hier.“, gab nun auch der Doktor von sich, der verschreckt auf die Übermacht an Marinesoldaten blickte. Wenn er ihre Chancen ausrechnen müsste, dann waren sie bei Null. Das konnten sie nicht überleben.

„Wir haben das alles auf uns genommen, um dich zu beschützen. Wirf dein Leben nicht weg.“, fügte er noch hinzu. Er hoffte, dass er an ihr Gewissen appellieren konnte, doch sie schüttelte den Kopf.

Ace stellte sich schützend vor die Beiden Zivilisten, während Ayume ihr Schwert vor ihren Körper abhob.

„Versteckt euch, sobald der Kampf beginnt in der Nische hinter uns.“, flüsterte Ace, woraufhin Tom seinen Blick suchend herum wandte.

„Bereit?“, wandte er sich an die Schwarzhaarige.

„Bereit.“, gab sie zurück. Was blieb ihr auch anderes übrig?

Seite an Seite brachen sie in die Marinesoldaten und schnitten eine glühende Schneise in die Formation, woraufhin wildes Getümmel ausbrach. Schüsse zuckten durch die Gegend und Schreie hallten durch die Halle.

Gerade tauchte Ayume unter einem brechenden Schlag hindurch und rammte dem Mann vor ihr das Schwert in die Kinnlade, als sie schon einen Tritt zwischen den Schulterblättern unterlag. Sie fiel vorne über auf den Boden, doch schon schoss die sengende Hitze über sie hinweg und schleuderte den Angreifer quer durch die Luft. Sie besann sich schnell und rappelte sich hoch, stand sogleich wieder Rücken an Rücken mit der Feuerfaust. Seine glühende Haut brannte auf ihrer eigenen wieder und sie versuchte etwas Abstand zu ihrem Gefährten zu gewinnen, indem sie das Schwert fest in ihre Hand nahm und sich erneut ins Getümmel stürzte.

Plötzlich brach eine Faust wenige Zentimeter neben ihr in den Boden ein. Der Steinmensch. Den hatte sie beinahe vergessen. Gehetzt sprang sie zur Seite, wodurch sie erneut einem Schlag entging.

„Stein zertrümmert auch mit Leichtigkeit Knochen.“, grinste er.

Verdammt gegen ihn hatte sie keine Chance. Ihre Glieder waren schwer, wie Blei. Ihre Schnelligkeit litt darunter, genauso wie ihre Ausweichmanöver. Wenn sie nichts unternahm, dann würde sie wohl sterben.

Die Bilder der lachenden Whitebeardpiraten zuckten durch ihre Erinnerungen.

„Meine Tochter.“, drang es in ihren Kopf. Whitebeard. Sie konnte ihn nicht enttäuschen. Was war sie denn für eine schlechte Tochter, wenn sie es nicht einmal schaffte aus einer Marinebasis zu verschwinden?

Ihre letzte Kraft sammelnd wandte sie sich unter dem Schlag hindurch und donnerte dem riesenhaften Offizier ihren Schwertknauf an die Schläfe. Sofort ging er zu Boden, wo sie nicht lange fackelte und das Schwert direkt durch sein Gesicht in den Boden rammte.

„Schwert sticht Stein.“, keuchte sie.

Sie vernahm einen spitzen Schrei, weswegen sie sich sofort herum wandte und genau in diesen Moment spritze ihr der rote Lebenssaft entgegen. Ihre Augen waren geweitet, den Schuss vernahm sie nicht einmal mehr, als sie ein schweres Gewicht von den Beinen riss.

Sie zitterte am gesamten Leib, als sie sich unter Doktor Kurotsuru hervor wuchtete. Er rührte sich nicht mehr, sein Mund blubberte, als das Blut in einem Schwall daraus hervor quoll. Seine Augen waren starr zur Decke gerichtet. Er hatte sich zwischen sie und die Kugeln der Marine geworfen und dies mit seinem Leben bezahlt.

Keuchend wich die junge Frau von dem Toten und schlug sich die blutenden Hände vor den Mund. Sie hatte den Doktor auf dem Gewissen. Weil sie unfähig war.

Ihr Denken kreiste, während sie in die toten Augen des Mannes blickte, der sie einst bei sich in seiner Praxis aufgenommen hatte. Der Mensch, der ihr jeden Tag ein Lächeln geschenkt hatte. Sie fühlte, wie sich ihr Herz in der Brust schmerzlich zusammen zog.

Binnen Sekunden schlug ihre Stimmung in pure Wut um, als sie erneut nach dem Schwert griff und sich aufrappelte. Ihre Augen sprühten wütende Funken, als sie sich in die aufgestellte Reihe der Schützen warf und ihnen, einem nach dem Anderen, die Köpfe von den Schultern trennte.
 

Es nahm kein Ende. Es schien fast so, als würden für jeden toten Soldaten sofort drei Neue nachrücken. Ace hatte den Überblick und seine Gefährtin aus den Augen verloren. Alles war außer Kontrolle. Hoffentlich würden Marco und die Anderen bald auftauchen.
 

Sie sackte zusammen. Es war vorbei. Ihre Kraft völlig verbraucht. Unfähig sich weiter zur Wehr zu setzen. Eine bittere Träne löste sich aus ihrem Auge. Den Doktor hatte sie bereits verloren. Sie würde her inmitten der vielen toten Soldaten einfach darauf warten, dass jemand ihr Leben beendete. Jetzt, wo sie endlich eine Familie gefunden hatte, ihrem Ziel so nah gekommen war. Ja, jetzt wo sie endlich wieder Freude an ihrem verkorksten Leben gefunden hatte, jetzt war es zu Ende. Die letzten Wochen hatte sie erst erfahren, wie es war zu leben und nun entriss ihr die Marine dieses Gefühl erneut.

„ICH BIN FREI!“, schrie es in Ayumes Kopf, als sich erneut einige Marinesoldaten mit ihren Waffen um sie herum sammelten. So würde es also enden? Als durchlöcherter, am Boden kauernder unnützer Abschaum. Die Vollziehung der Gerechtigkeit. Wenn dies die Gerechtigkeit auf dieser Welt war, dann wollte Ayume hier nicht mehr bleiben.

„Es tut mir leid.“, kam es ihr trocken von den Lippen.

Ein Feuersturm ergoss sich über die Angreifer, die darunter vergingen, wie welke Blumen, als Ayume eine Berührung an der Schulter vernahm.

Sie blickte hoch in das lächelnde Gesicht ihres Onkels.

„Wenn, dann sterben wir zusammen.“, entkam es ihm, als sich Ace zu den Beiden gesellte.

„Nicht, solange ich hier bin.“, knurrte die Feuerfaust. Ziemlich lästiges Gesindel, diese Marine. Wieder formatierten sie sich vor den Piraten. Es waren immer noch so viele Marinesoldaten. Wo kamen die denn alle her? Ayume bebte am gesamten Leib.

Mit einem Mal wurde das Tor zur Marinebasis gesprengt. Es flog wild durch die Luft und begrub einige Soldaten unter sich, als zwei Silhouetten im dämmrigen Tageslicht erschienen.

„Hab gehört hier findet eine Party statt.“, fauchte die kühle Stimme des blonden Kommandanten.

„Ja und wir wurden nicht eingeladen.“, bestätigte die robuste und raue Stimme des dritten Kommandanten.

Sie waren gekommen. Nur wegen ihr. Ayume senkte glücklich den Blick. Ihre Nakamas. Sie hatte Menschen, wie die Whitebeardpiraten gar nicht verdient.

Sofort begannen sie sich durch die Wand aus Soldaten zu kämpfen, wobei Ace ihnen von der anderen Seite entgegen kam.

„Komm jetzt. Wir müssen hier raus, ehe hier noch der Admiral antanzt.“, grunzte der Koch, nahm seine Nichte an sich und unterstützte sie auf dem Weg hinaus. Marco warf ihr beim Vorbeigehen einen skeptischen Blick zu, ehe er dem letzten Offizier das Gesicht nach innen eindrückte und ihn unsanft zu Boden fallen ließ.

„Halt!“, schnitt eine Stimme durch die Halle. Der Vizeadmiral stand im Ausgang zur Ebene E, die Waffe in seiner Hand war auf Ayumes Rücken gerichtet. Ace, Marco und Jozu wandten sich ihm zu.

„Gib auf. Der Kampf ist vorbei.“, schnaubte der Blonde.

„Gleich wird unser letztes Kriegsschiff die G2 erreichen. Nichts ist beendet. Die kleine schwarzhaarige Piratenhure bleibt gefälligst hier.“, knurrte er bösartig.

„Und du glaubst wir kommen mit dem Kriegsschiff nicht zurecht?“, grinste Jozu und formte seinen Arm zu einem Diamanten.

„WIE HAST DU DUMMER PENNER MEINE NICHTE GENANNT, HÄ?“, brüllte Tom und setzte Ayume ab. „Tom.“, warnte sie ihn. Ihre Stimme war nur noch ein leises Flüstern.

„Eine Piratenhure.“, schmunzelte der Vizeadmiral und richtete seine Waffe nun auf den Kopf des Kochs, der völlig unbeeindruckt davon, ihm den Mittelfinger entgegen streckte.

„In dem Mädchen steckt mehr Ehre als in deinem rechten Hodensack, du Knilch.“, gab Tom zurück, was nun dem Mann wütendes Gesicht verlieh.

Schon löste sich der Schuss. Kurzerhand fing Jozu ihn mit seiner rechten Hand ab, während er seine Augenbraue etwas anhob.

„Genug gespielt. Lasst uns verschwinden.“, knurrte Ace und griff nach Ayume, die immer noch auf der Stelle hockte, wo Tom sie zurück gelassen hatte. Die Kommandanten wandten sich von dem Schauplatz ab und schritten zusammen in Richtung Ausgang. Auch Tom folgte ihnen.

„Ihr habt nichts gewonnen. Bleibt hier!“, kreischte der zurückgelassene Vizeadmiral, als er ihnen aufgescheucht hinterher rannte. Die Zornesader auf Toms Stirn begann erneut zu pulsieren, als sich eine Welle an Schimpfwörtern gegen seine Nichte ergoss, sodass er sich kurzerhand umwandte und dem Vizeadmiral, der beinahe aufgeschlossen hatte, seine Faust ins Gesicht donnerte.

So schnell konnte der Koch nicht reagieren, wie ihm gleichzeitig eine Klinge tief in die Magengrube drang. Taumelnd wich er zurück und blickte an sich hinab, wo schon das Blut aus der Wunde sickerte und seine weiße Kutte färbte. Sogleich stand Jozu an seiner Seite und schleuderte den Vizeadmiral mit einem einzigen Schlag quer durch den Raum, bis er mit einem heftigen Aufprall auf dem Boden landete und sich nicht mehr bewegte.

„Tom!“, keuchte Ayume in Aces Armen, doch Jozu warf sich den Koch über die Schulter und preschte an ihnen vorbei.

„Los. Weg von hier.“, befahl Marco und gemeinsam machten sie sich auf den Weg zurück zur Moby Dick.

Hinter der Maske

Keuchend sog der Koch die Luft in seine Lunge, während das Blut förmlich aus seinem Mund sprudelte. Sein Gesicht war bleich und seine Augen panisch aufgerissen, als der Arzt sich über das Messer beugte.

Mit einem Ruck zog er die Klinge aus dem Leib des Kochs und machte sich sofort an der Wunde zu schaffen, als die Türe aufgerissen wurde.

„Tom.“, entkam es Ayume, die sich am Türrahmen gestützt hielt. Ihre Beine zitterten, doch sie hatte es geschafft. Aus ihrer Kajüte über das gesamte Schiff bis zum Behandlungszimmer.

„Ayume! Sei vernünftig.“, knurrte der Arzt, der nicht von der Wunde hoch blickte. Jede Sekunde könnte dem Koch das Leben kosten.

„Lass mich dir helfen.“, gab sie von sich.

War es denn zu fassen? Sie konnte sich selbst kaum auf den Beinen halten und dennoch erschien sie hier und wollte sich nützlich machen. Da der Arzt die Hilfe allerdings gebrauchen konnte, nickte er schlicht und ließ Ayume ihren Wunsch.
 

Der Schiffsarzt wischte sich den Schweiß von der Stirn. Über mehrere Stunden hatte er den Koch nun operiert und tatsächlich sah es jetzt so aus, als wäre er dem Tod gerade noch von der Schippe gesprungen. Und alles nur, weil die Schwarzhaarige noch einmal ihre letzte Kraft zusammen genommen hatte und ihn bei der Operation unterstützt hatte. Bei allem, was ihm heilig war, aber dieses Mädchen hatte Biss.

Er warf einen anerkennenden Seitenblick zu Ayume, die nun, in einer Hand die Hand ihres Onkels haltend, den Kopf auf die Liege gelegt, eingeschlafen war.

Den Schlaf würde sie wohl gut gebrauchen können, auch wenn es dem Schiffsarzt lieber gewesen wäre, er hätte zuerst ihre Wunden behandeln können.

Wieder wurde die Türe aufgerissen, als die Feuerfaust im Türrahmen stand.

„Wird das jetzt zur Gewohnheit, dass jeder Hinz und Kunz einfach in mein Behandlungszimmer platzt?“, knurrte Kenichi, was Ace nur mit einem schlichten Blick konterte.

„Wie sieht’s aus?“, hinterfragte er stattdessen.

„Der Koch scheint zäh zu sein. Ayume auch. Aber man sollte sich um ihre Wunden kümmern.“, bemerkte der Arzt schlicht.

„Kann ich dir unter die Arme greifen?“, hinterfragte die Feuerfaust sofort, als er schon durch den Raum schritt und seine Nakama behutsam hochhob. Bildete er sich das nur ein, oder war sie noch leichter geworden?

„Da hier heute sowieso jeder macht, was ihm Spaß bereitet. Bitte. Leg sie auf die Liege.“, knurrte Kenichi. Er wusste aus Erfahrung, dass es keinen Sinn hatte sich gegen den Sturkopf des zweiten Kommandanten behaupten zu wollen. Immerhin versuchten seine Nakamas ihm schon seit geraumer Zeit auszureden, dass er Jagd auf Black Beard machen sollte.

Wie befohlen legte Ace die Schwarzhaarige auf die zweite freie Liege im Behandlungszimmer. Die Erschöpfung hatte sie nun endgültig übermannt. Ihr Atem ging regelmäßig und tief. Sie nahm nicht einmal wahr, wie der Arzt sich an der zerrissenen Marineuniform zu schaffen machte. Kurz flog Aces Blick über die porzellanartig weiße Haut, ehe er sich räusperte und leicht abwandte.

„Du musst mir nicht helfen. Ich schaff das auch alleine.“, schmunzelte der Arzt, als er das Hemd ungeachtet auf den Boden warf und eine einfache Decke über den Oberkörper der Schlafenden warf.

„Sag mir, was du brauchst. Ich hol es dir.“, meinte Ace beiläufig, als hätte er den Kommentar nicht bemerkt.

„Zunächst einen Skalpell, ein paar Tupfer, eine Pinzette und zwei ruhige Hände.“ Kenichi kniff die Augen angestrengt zusammen, ehe er sich noch einmal müde über die Stirn rieb.

Die Wunde war an den Rändern ausgefranst, was es fast unmöglich machte eine einfache Naht zu setzen, außerdem steckte noch immer die Kugel in ihrem Körper. Eine leichte Entzündung hatte sich bereits gebildet, obwohl es noch immer blutete.

„Einen Skalpell? Du willst sie noch weiter aufschneiden?“, bemerkte Ace trocken, als er das Genannte an den Arzt weiter reichte.

„Leider besitze ich keine Teufelskräfte, die es mir ermöglichen ohne Schnitt an den Fremdkörper zu kommen.“, murrte der ältere Mann, als er eine Spitze setzte. Die nötige lokale Betäubung, die der Schwarzhaarigen die Schmerzen des Eingriffs nehmen würde.

„Was ist das für ein Zeug?“, hakte Ace sofort nach.

„Ace, ich bitte dich. Lass mich meine Arbeit machen.“, fauchte der genervte Arzt, woraufhin die Feuerfaust mit der Schulter zuckte.

Die junge Frau hatte bei Weitem schon genug hinter sich. Ace wollte nichts mehr dem Zufall überlassen. Immerhin hätte er sie um ein Haar in der Marinebasis verloren. So ein leichtsinniger Fehler würde ihm sicher nicht noch einmal unterlaufen. Soviel war klar.
 

„Die Blutergüsse und die Prellungen werden einige Zeit brauchen, bis sie komplett ausgeheilt sind, genauso wie die Schulter sicher nicht über Nacht zusammenwachsen wird, aber sie kommt wieder auf die Beine.“, gab Kenichi von sich, als er den letzten Verband um ihren Oberkörper befestigte und sich erneut müde über die Stirn rieb.

Ace nickte trist, als er sich schon erhob und an die Seite des Arztes trat.

„Wärst du so nett und würdest sie in ihre Kajüte bringen? Sie braucht viel Ruhe und Schlaf. Ich behalte derzeit den Koch hier unter Beobachtung.“, hinterfragte er schlicht, woraufhin Ace erneut nickte.

Vorsichtig hob er Ayume von der Liege hoch, als sie sich leicht regte und murrte. Zum Glück jedoch wurde sie nicht wach.

„Danke, Dok.“, gab die Feuerfaust noch von sich, als er schon den Behandlungsraum hinter sich ließ und durch die Flure der Moby Dick schritt.

Sein Blick wurde trüb, als er das Gesicht seiner Gefährtin musterte. Sie hatte einige Kratzer und Blessuren, die noch von dem harten Kampf zeugten. Es hätte viel schlimmer ausgehen können. Er schluckte, als sein Gehirn die dunklen Gedanken vertrieb, in denen er sich ausmalte, wie er die Leiche seiner Nakama aus der Marinebasis tragen musste.

Wie in Trance änderte er die Richtung und lief stattdessen in Richtung seiner Kajüte. Sie brauchte Ruhe und jemanden, der ein wachendes Auge auf sie werfen würde, bedachte er. Mit seinem rechten Fuß stieß er die Holztür auf und ging zielstrebig auf sein Bett zu, worauf er die Schlafende platzierte und ihren Körper in die Leinen deckte.

„Du leichtsinniger, widerspenstiger und sturer Dummkopf.“, knurrte die Feuerfaust, als er sie betrachtete. Ihre Augenlider flatterten gefährlich. Sie würde doch wohl nicht schon wieder zur Besinnung kommen? Er beschloss, dass er sie einfach am Bett fest ketten würde, wenn sie den Versuch unternahm aufstehen zu wollen. Jedoch konnte er nicht verhindern, dass das Gefühl der Erleichterung von ihm Besitz ergriff, als sie ihre meerblauen Augen öffnete.

Kurz brauchte sie, um sich zu orientieren, als sie ihren unendlichen Blick auf die Feuerfaust zu ihrer Rechten legte.

„Versuch gar nicht erst aufzustehen.“, warnte sie Ace sofort.

Urplötzlich löste sich eine Träne aus ihrem rechten Auge und ihr Blick wanderte an die Zimmerdecke.

„Ich kann mich nicht einmal bewegen.“, flüsterte sie. Ihre Stimme war heißer und angeschlagen, doch sie quittierte das mit einem traurigen Lächeln.

„Ist wohl besser so, dann kommst du wenigstens nicht auf die Idee etwas Dummes anzustellen.“, murrte die Feuerfaust, ehe er sich besann. Sie machte sich sicher schon genug Vorwürfe, als dass er ihr auch noch ins Gewissen reden musste.

„Hast du Schmerzen?“, setzte er also hinterher.

„Nein.“, gab sie an und schloss erneut die Augen. Weitere Tränen bahnten sich stumm einen Weg über ihrer bleiche Wange.

Ace wusste nicht, wie er darauf reagieren sollte. Weinende Frauen waren noch nie sein Spezialgebiet gewesen. Doch Ayume nahm ihm diese Entscheidung sofort ab.

„Ich habe versagt, nicht wahr? Ich habe euch alle in Gefahr gebracht. Der Doktor ist...“, sie brach ab. Ihr Körper wurde von einer Welle der Trauer erschüttert und die Tränen flossen nun, wie kleine Bäche. Ihre Augen waren absolut ehrlich. Jede Emotion zeigte sich darin und das erste Mal konnte Ace erahnen, wie gebrochen diese junge Frau tief in ihrem Inneren war.

Seine Intuition übernahm die Steuerung seines Körpers, ehe sein Kopf überhaupt nachdenken konnte. Er neigte sich leicht zu ihr hinab, schob seinen rechten Arm unter ihren Oberkörper und richtete sie auf, dann drückte er das zitternde Bündel Elend an seine Brust, bedacht sie nicht zu verletzen. Der Seesteinring um ihren Hals brannte auf seiner nackten Haut, doch er versuchte es zu ignorieren, während sich die Schwarzhaarige, wie eine Ertrinkende an ihn klammerte.

„Du hast nicht versagt, Schwachkopf. Du hast die Marinebasis komplett auseinander genommen.“, versuchte Ace einen tröstenden Zuspruch. Sie schüttelte jedoch den Kopf.

„Ich... meine Schwester... Ibiki und der Doktor... ich habe nichts... Tom...“, entkam es ihr wirr. Ace wusste schon worauf sie anspielte und er musste sich für einen Moment eingestehen, dass sie sich ähnlicher waren, als sie Beide gerne zugaben.

Die Bilder kreisten in ihrem Kopf. Das Grab von Nabiki mit den feuerroten Blumen, Ibikis Zusammenbruch in der Arztpraxis, die starren leblosen Augen von Doktor Kurotsuru und das schmerzverzerrte Gesicht von Tom und jedes Mal stand sie daneben und konnte es nicht verhindern. Sie hatte versagt, bei jedem Einzelnen, der ihr am Herzen gelegen hatte. Warum hatte sie Mister Hopkins damals nur gerettet? Sie brachte nichts als Leid über die Menschen. Besser wäre es gewesen, sie wäre statt des Doktors gestorben.

Wieder erschütterte sie eine Welle der Tränen, die sich unwillkürlich aus ihren Augen lösten, als sie bereits das Gesicht am Hals ihres Nakamas versteckte.

Unterbewusst drückte Ace sie noch näher an sich heran. Die keuchte kurz auf, als seine Hand ihre Wunde an der Schulter streifte. Eilig ließ die Feuerfaust wieder etwas lockerer, dachte jedoch nicht daran sie los zu lassen.

„Ayume.“, begann Ace.

Sie blickte auf. Das erste Mal, dass er sie beim Namen genannt hatte.

Sein Blick war auf die gegenüberliegende Wand gerichtet. Er war vollkommen ernst. Das einzige Mal hatte sie ihn so erlebt, als es auf dem Fregattenschiff der Marine jemand wagte Whitebeard schlecht zu machen.

„Diese Menschen haben sich geopfert dafür, dass du leben kannst. Niemand von den Nakamas wäre davor zurück geschreckt sich vor die Kugeln zu werfen, wenn du in Gefahr bist.“, erklärte er. Ayume senkte den Blick. Aber warum nur? Weil sie schwach war.

„Weil ich unfähig bin.“, flüsterte sie fein, wie ein lauer Windhauch.

„Nein!“, konterte Ace hart, sodass sie etwas zusammen schreckte.

„Weil sie dich lieben, jeder Einzelne von ihnen.“, gab er nun sanfter zurück. Sie lehnte ihre Stirn auf seine Schulter. Er konnte ihren Kopf beinahe rattern hören.

„Es tut mir leid.“, entkam es ihr.

Er nahm ihren Kopf von seiner Schulter und zwang sie ihn anzusehen, ehe er ihr ein leichtes Lächeln schenkte.

„Der Doktor sagt Tom ist zäh. Er muss sich nur noch erholen, genauso wie du. Schlaf jetzt.“

„Danke, Ace.“, erwiderte sie stumm. Für alles, fügte sie gedanklich noch hinzu.

Daraufhin drückte die Feuerfaust seine Lippen auf ihre Stirn und ließ sie wieder zurück ins Bett gleiten.

Verschämt waren ihre Wangen leicht errötet, als sie schon die Augen schloss. Vermutlich um ihn nicht ansehen zu müssen. Er schmunzelte.

Auch er hätte sich ohne zu zögern in den Kugelhagel geworfen, selbst wenn er nicht im Besitz der Feuerfrucht wäre, um das Leben seiner Nakama zu schützen, die ihm in den wenigen Wochen, die sie nun miteinander verbracht hatten, ans Herz gewachsen war. Unabhängig davon, dass sie nun ein Teil der Whitebeardfamilie war, auch wenn sich Ace das nicht gerne eingestand, war sie zu einem wichtigen Menschen in seinem Leben geworden. Und das obwohl die Feuerfaust immer pingelig darauf geachtet hatte keine unnötigen Gefühle zu anderen Menschen aufzubauen. Er hatte schon genug mit seinem abenteuerlustigen Bruder zu tun, als dass er sich um noch jemanden Sorgen machen konnte.

Dennoch blieb die Gewissheit, dass Ayume nicht für immer auf der Moby Dick bleiben würde. Er wusste ja, dass sie zu den Nebelpiraten aufbrechen würde, was seiner Jagd nach Black Beard gerade Recht kam.Schließlich wollte er sie an diesem Punkt in seinem Leben nicht dabei haben. Es war viel zu gefährlich die Verlobte direkt vor des Verlobten Griffel zu bringen. Alleine bei dem Gedanken verkrampfte sich Aces Magen. Black Beards Verlobte.

Sie seufzte leise, aber gequält auf. Vermutlich war sie in einen unruhigen Schlaf gefallen, was nach all dem auch nicht verwunderlich war. Gedankenverloren strich er ihr durch die ebenholzschwarzen Haare. Nein, er würde Ayume nicht ausliefern, aber er würde die Schmach, die ihr der bärtige Verräter angetan hatte, vergelten. Soviel war sicher. Und wer weiß. Vielleicht würde er ja irgendwann noch einmal auf seine Nakama treffen und ihr stolz berichten, wie er Black Beard zur Strecke gebracht hatte. Der Gedanke, dass der Zufall entscheiden würde, ob sie sich jemals wiedersahen lag ihm, wie ein Stein im Magen. Vermutlich hatte er sich einfach schon zu sehr an ihre Gesellschaft gewöhnt, bedachte er.

Guten Morgen Dornröschen

Das Klicken der Türe riss Ace aus seinem Schlaf. Wann war er denn eingeschlafen? Beiläufig befühlte er das Bett. Leer. Hastig schoss er in die Höhe, als er sich schon herum wandte und die Schwarzhaarige mit dem Rücken hart an die Tür gepresst vorfand. Ihr Gesicht war kreidebleich.

„Wo warst du?“, hinterfragte er streng.

Sie senkte den Blick und atmete erst einmal tief durch.

„Auf der Toilette. Ich wollte zu Tom, aber...“, weiter kam sie nicht, da sie schmerzlich zusammenzuckte.

Schnell hatte er die wenigen Meter überwunden und packte seine Nakama, um sie zurück zum Bett zu bringen.

„Aber du hast es nicht geschafft.“, beendete er ihren Satz, als sie wieder sicher auf der Bettkante saß. Sie nickte schlicht und rieb sich über das lädierte Gesicht. Ihre Hände blieben an dem Seesteinring hängen, als sie vorsichtig versuchte ihn zu lockern, doch er saß einfach zu fest.

Plötzlich fiel es Ace wieder ein. Der Kellerwärter. Er hatte sich doch die Schlüssel eingesteckt. Etwas überstürzt griff er in seine Hosentasche und tatsächlich. Da war der Schlüsselbund.

Ayume folgte seinem Tun aufmerksam und als er den Schlüssel heraus kramte zog sie eine Augenbraue in die Höhe.

„Woher...“

„Ausgeliehen.“, unterbrach er sie mit einem feinen Schmunzeln, ehe er sich daran machte den passenden Schlüssel für das Schloss zu finden, das sich an der Fessel befand. Natürlich war es der Letzte, der schlussendlich den lästigen Ring vom Hals löste. Die junge Frau spürte, wie nach und nach etwas mehr Kraft und Leben in sie zurück kehrten.

„Wie fühlst du dich?“, befragte sie die Feuerfaust mit einem sorgenvollen Blick.

„Schwach...“, meinte sie trocken, ehe sie sich freiwillig wieder in Aces Bett legte. Schon das zeigte ihm, dass es ihr nicht gut gehen konnte.

„Ich hole Doktor Kenichi.“, entgegnete ihr Ace, was sie mit einem Nicken quittierte, bevor er sich auf den Weg zu besagtem Schiffsarzt machte.

„Ace.“, bemerkte Kenichi schlicht, als er eintrat.

„Wie geht es meiner Patientin?“, setzte der Arzt gleich hinterher.

„Sie hat Schmerzen. Sie ist kreidebleich und sie fühlt sich schwach.“, gab die Feuerfaust wahrheitsgemäß weiter.

„Was nicht weiter verwunderlich ist bei der Menge an Blut, die sie verloren haben muss. Außerdem trägt sie ja immer noch den Seesteinring. Ich werde gleich nach ihr sehen.“, murmelte der Arzt, als er sich schon die passenden Schmerzmittel zurecht legte.

„Den Seesteinring habe ich entfernt. Sie befindet sich in meiner Kajüte.“, entgegnete Ace schlicht, was Kenichi mit einem Lächeln quittierte.

„Damit ich ein Auge auf sie werfen kann.“, knurrte der zweite Kommandant.

„Belassen wir das dabei. Du redest dich sonst um Kopf und Kragen.“, schmunzelte der Arzt schief.

„Wie geht’s Tom?“, wechselte Ace das Thema. Sollte der Arzt doch denken, was er wollte.

„Den Umständen entsprechend. Er ist noch nicht aufgewacht. Aber er hat die Nacht überlebt, also befindet er sich nun auf dem Weg der Besserung.“

Ace seufzte zufrieden. Wenigstens den alten Griesgram konnten sie retten. Er wollte sich nicht ausmalen, wie sehr es Ayume zerstört hätte, wäre ihr Onkel ebenfalls gestorben.

„Dann lass uns mal zu ihr gehen.“, meinte Kenichi, packte seinen kleinen Koffer und bedeutete Ace voraus zu gehen.

Als sie die Türe öffneten war das Bett erneut leer. Beinahe hätte Ace geflucht, doch dann sah er sie, wie sie an der Fensterluke stand und hinaus blickte. Ihre Arme hatte sie um ihren Oberkörper geschlagen, der nur mit den Verbänden bedeckt war. Die blaue Marinehose war noch immer voller Blut und zerschlissen. Er kam nicht umhin ihren zierlichen und trotzdem trainierten Körper zu mustern. Ertappt wandte sie sich herum und zuckte unter Aces Blick zusammen.

„Tut mir leid. Ich wollte nur sehen, welche Tageszeit wir haben.“, gab sie fein wieder und wuchtete sich zurück auf das Bett. Kenichi ließ sich direkt neben ihr nieder und schenkte ihr ein warmes Lächeln.

„Schmerzen?“, hinterfragte der Arzt, als er ihr eine Hand auf die Stirn legte.

„Etwas.“, murrte die Schwarzhaarige.

„Sie reichen aus, dass du dich krümmst .“, bemerkte Ace trocken, was ihm erneut ein schiefes Lächeln von Kenichi einbrachte. Himmel nochmal, was hatte er denn immer zu grinsen? Ace zog sich den Hut tiefer ins Gesicht und verschränkte die Arme vor der Brust.

„Ich habe hier ein Schmerzmittel für dich. Danach fühlst du dich gleich besser. Die Prellungen und die Blessuren, die du hauptsächlich innerlich davon getragen hast, werden dir noch einige Zeit Schwierigkeiten machen. Aber sie werden vergehen. Genauso, wie die Schusswunde an deiner Schulter.“, bemerkte der Arzt sachlich, was Ayume nicken ließ. Seltsam, wie verwundbar sie ohne ihre Teufelskräfte war.

„Wie geht es meinem Onkel?“, hinterfragte sie schnell.

„Er ist auf dem Weg der Besserung. Noch ist er nicht aufgewacht, aber sein Körper braucht den Schlaf.“ Geschickt umging Kenichi den Teil, dass er die Nacht um das Überleben gebangt hatte.

Ayumes Gesicht entspannte sich merklich. Zumindest ihr Onkel würde überleben. Aber was würde nun aus ihm werden? Zurück konnte er auf keinen Fall. Ayume verschob den Gedanken auf später, sie würde sich noch Etwas einfallen lassen müssen, immerhin war sie für all das verantwortlich.
 

„Unglaublich, wie schnell sie sich von all dem erholt hat.“, bemerkte Kenichi schlicht, als er durch den Türspalt ins Innere seines Behandlungsraumes blickte. Seine Stimme war ein feines Flüstern, damit die Schwarzhaarige ihn nicht hören konnte. Ace neigte leicht den Kopf. Oftmals hatte sie nachts gestöhnt und einzelne Tränen waren ihren Augen entwichen. Doch die Feuerfaust war sich nicht sicher, ob Schmerzen die junge Frau geplagt hatten, oder ob es Alpträume waren, deswegen verschwieg er es dem Arzt. Sicherheitshalber hatte er Ayume noch immer bei sich einquartiert, denn er wusste, auch wenn sie äußerlich einen gesunden Eindruck erweckte, dass sie trotz allem noch immer schwache Momente hatte, die sie nur wunderbar überspielen konnte.

„Sie ist zäh.“, entgegnete Ace schlicht und richtete sich seinen Hut auf dem Kopf.

Ayume saß an der Liege ihres Onkels und hielt seine Hand. Noch immer war er nicht erwacht, auch wenn Kenichi ihr schon tausend Mal gesagt hatte, dass er den Schlaf brauchte, so machte sie sich trotzdem Sorgen.

„Und weißt du Onkel...“, begann Ayume weiter zu erzählen. Seit einer Woche besuchte sie ihren Onkel auf dem Krankenbett und jeden Tag erzählte sie ihm vom Wetter, den Geschehnissen auf der Moby Dick oder von bestandenen Abenteuern, die sie erlebt hatte.

„... heute Nacht habe ich etwas Seltsames geträumt.“, sie machte eine kurze Pause, in der sie in das Gesicht ihres schlafenden Onkels blickte. Keine Regung, wie immer.

„Ich habe geträumt, dass ich auf einer grünen wilden Insel bin und dort habe ich eine Frau getroffen. Diese Frau war in Begleitung von einem großen Mann und meiner Schwester Nabiki.“ Kurz musste sich die Schwarzhaarige sammeln, ehe sie erneut die Stimme hob.

„Sie sagte, sie sei meine Mutter und es täte ihr Leid, dass sie mich im Stich gelassen hat. Sie sagte, dass jetzt alles anderes werden würde. Ich könnte jetzt ein beruhigtes Leben führen. Mit ihr, mit meinem Vater und meiner Schwester Nabiki.“ Ayume schmunzelte leicht bei der Erinnerung, die durch ihren Kopf wanderte.

„Ich habe ihr gesagt, dass mein Weg noch nicht beendet ist. Dann bin ich aufgewacht.“, endete die Schwarzhaarige und blickte zum Überwachungsmonitor hoch, der gerade ein Signal von sich gab. Vermutlich war wieder eine Elektrode verrutscht.

„Du... träumst... dummes Zeug.“, keuchte eine Stimme, woraufhin sie aufgeschreckt zusammen zuckte und ihren überraschten Blick auf den Mann vor ihr legte.

Er hatte die Augen noch immer geschlossen, doch er erwiderte den Druck ihrer Hand mit seiner. Er war endlich erwacht. Sie wusste nicht, wann sie sich so sehr gefreut hatte seine Stimme zu hören.

„Tom!“, brachte sie hervor.

„In … bester... Verfassung.“, grummelte er angestrengt. Das Sprechen bereitete ihm noch Schwierigkeiten, doch er schaffte es endlich seine schweren Lider aufzuschlagen.

Die erste Träne der Erleichterung löste sich vom linken Auge der Schwarzhaarigen, als sie ihrem Onkel um den Hals fiel.

„Ich habe mir solche Sorgen gemacht.“, entkam es ihr zittrig.

„Sorgen... so ein Blödsinn.“, knurrte der Koch und schob sie leicht von sich. Er übte sich an einem überlegenen Lächeln, scheiterte aber.

„Und wenn du jetzt nicht gleich aufhörst hier rumzuheulen, dann ... trete ich dir höchst persönlich nochmal in den Hintern, Fräulein!", fügte er hinzu, als er in ihre Augen blickte.

Innerlich machte der Koch einen freudigen Überschlag, dass die junge Frau diese Aktion wohl gut überstanden hatte.

Eilig wischte sie sich die Tränen aus dem Gesicht, als neben ihr schon Doktor Kenichi und Ace erschienen.

„Herzlich willkommen an Deck der Moby Dick. Ich bin der Schiffsarzt Kenichi. Sie haben mehrere Tage lang geschlafen. Aber sie befinden sich auf dem Weg der Besserung, doch ich bitte sie noch etwas Geduld zu haben und das Bett zu hüten.“, begann Kenichi sofort das ärztliche Gespräch.

„Lass mal den... Quatsch. Mein Name ist... Tom und das höfliche Getue kannst du dir sparen...“, gab der Koch zurück.

„Schmerzen?“, umging der Arzt den Kommentar.

„Als hätte mich ein Dolch durchbohrt.“, schmunzelte Tom, wobei er jedoch zu husten begann und sich unter der körperlichen Anstrengung krümmte.

Ayume schenkte ihren Onkel einen düsteren Blick.

„Hör auf mit dem Schwachsinn und mach, was der Arzt dir sagt. Schon dich und ruh' dich aus.“, befahl sie, woraufhin Tom ihr belustigt zuzwinkerte.

„Ja, Mutti.“, gab er zurück, woraufhin die Schwarzhaarige ihre Augen rollte.

„Würdet ihr mich bitte mit Tom alleine lassen? Ich muss noch einige Untersuchungen führen. Jetzt, wo er erwacht ist.“, wandte sich Kenichi an Ace und Ayume, die beide synchron nickten.

Die Schwarzhaarige erhob sich von ihrem Platz und folgte Ace stumm hinaus.

„Ace?“, hielt sie ihn an, als sie die Türe schloss.

„Ja?“, gab er zurück und wandte sich ihr zu.

„Sobald es Tom besser geht, würde ich gerne Richtung Grand Line segeln.“, gestand sie.

Das war es also, weswegen sie seit Tagen schon so nachdenklich wirkte.

„Du hast doch noch über ein Jahr Zeit. Warum plötzlich die Eile?“, hinterfragte er.

Sie seufzte, hatte sich wohl gewünscht, dass er nicht näher darauf eingehen würde, aber seine Frage war berechtigt.

„Ich fühle mich, als würde ich mich im Kreis drehen und nicht vorwärts kommen. Die alte Welt, die Erinnerung. Ich möchte das alles hinter mir lassen. Vielleicht finde ich auf der Grand Line auch einen sicheren Ort, an dem Tom bleiben kann. Ich denke es ist an der Zeit den Shikigami heraus zu fordern. Ich möchte nicht länger warten, Ace.“, gestand sie ihm.

Kurz grübelte die Feuerfaust über ihre Worte und innerlich pflichtete er ihr bei. Die alte Welt war viel zu gefährlich geworden. Durch den Vorfall in der Marinebasis konnte sie sich sicher sein, dass bald sämtliche Marinesoldaten und Kopfgeldjäger auf sie angesetzt werden würden. Und Tom würde von dem Verrat sicher auch nicht verschont bleiben. Wenn sie ihren Traum erfüllen will, dann musste sie jetzt handeln. Sie konnte nicht ewig auf der Moby Dick bleiben.

„Dann segeln wir zur Grand Line.“, meinte Ace schlicht und schenkte seiner Gegenüber ein schelmisches Grinsen.

„Aber, ich...“, begann Ayume verwundert.

„Ich begleite dich noch zur Grand Line, vielleicht finde ich dort die Informationen, die ich brauche.“, unterbrach er sie, ehe sie unangenehme Fragen stellen konnte. Wieder dieses seltsame Gefühl im Magen der Feuerfaust, als er sich klar machte, dass ihre gemeinsame Zeit schneller enden würde, als er sich vorgestellt hatte.

„Ich danke dir Ace. Ich bin dir schon so viel schuldig und ich...“

Wieder unterbrach sie die Feuerfaust lachend.

„Du bist jetzt ein Mitglied der Familie und ob es dir passt, oder nicht. Wir geben hier aufeinander Acht und wir unterstützen uns.“

„Ich weiß, dennoch bin ich euch dankbar. Jedem Einzelnen hier.“, sie senkte den Blick.

Ace rückte sich lächelnd seinen Hut auf dem Kopf zurecht. Wie sie es schaffte, jeden um den Finger zu wickeln? Es war schlicht ihre Art, die die Menschen um sie herum begeisterte. Ein typisch untypischer Pirat.

Er beugte sich leicht zu ihr hinab und kniff ihr sanft in die Wange.

Ihre meerblauen Augen weiteten sich überrascht, als sie ihn direkt ansah.

„Lass uns etwas essen gehen, Stahlbirne, bevor du wieder rührselig wirst.“, gab die Feuerfaust von sich, wandte sich dem Flur zu und schritt voraus. Noch immer zeichnete das fröhliche Grinsen sein Gesicht.

Die Reise geht weiter

Langsam ging die Sonne über dem Horizont auf und die ersten Strahlen brachen sich an der Wasseroberfläche, die friedlich vor ihren Augen lag. Sie zog die frische klare Luft in ihre Lunge, als sie den Kopf zu ihrem Onkel wandte, der sich direkt neben sie gestellt hatte.

„Dann ist es wohl soweit, hm?“, hinterfragte er schlicht.

Sie nickte und ein feines Lächeln umspielte ihre Züge. In den letzten Wochen hatte sich Tom wunderbar erholt, was sicherlich auch an der Fürsorge von Kenichi lag.

Langsam, aber sicher kam Leben auf das Deck der Moby Dick. Ihre Nakamas waren ungewohnt früh auf den Beinen und das genau an dem Tag, an dem sie abreisen wollte. Auch Ace betrat das Deck. Auf seiner Schulter hatte er seinen Rucksack gestützt, als er mit seinem typischen Lächeln an die Reling trat.

„Ein guter Tag, um ins nächste Abenteuer aufzubrechen. Hab gestern schon die Nussschale seetüchtig gemacht.“, bemerkte er erheitert.

„Ayume!“, rief eine kühle Stimme quer über das Deck, als Marco lässig auf die Drei zu geschritten kam.

„Guten Morgen, Marco.“, entgegnete sie, als sie sich herum wandte und ihm einen freundlichen Blick schenkte.

„Du verlässt uns, ja?“, hinterfragte er mit einem schiefen Blick auf das Gepäck, was sie zu ihren Füßen liegen hatte.

„Ich werde auf die Grand Line segeln.“, gestand sie. Die Schwarzhaarige hatte es ihren Nakamas nicht gesagt, dass sie vorhatte bald abzureisen. Sie wollte einen emotionalen Abschied vermeiden. Vielleicht hatte sie auch einfach nur Angst, sie würden es ihr ausreden wollen.

„In dem Floß?“, hakte Marco skeptisch nach, während er einen Blick über die Reling auf die Nussschale warf.

„Das hatten wir vor.“, meinte Ace schlicht. Marco winkte ab und wandte sich wieder seiner Nakama zu.

„Wolltest dich verkrümeln ohne dich zu verabschieden?“

Sie wirkte ertappt und trat nervös von einem Fuß auf den Anderen, was Marco jedoch mit einem Lächeln quittierte.

„Ace hat uns schon Bescheid gegeben.“, gab er zu, woraufhin nun Ace einen ertappten Eindruck machte. Verräter.

„Wir haben euch ein richtiges Schiff bereit gemacht.“, schaltete sich nun auch Jozu dazu. Überrascht warf die Schwarzhaarige Ace einen Seitenblick zu, doch dieser schien nicht weniger verwundert zu sein.

„Das Schiff der fünfzehnten Division, welches noch unbemannt ist. Vater wollte es so.“, gestand der dritte Kommandant mit einem breiten Grinsen.

„Ich danke euch.“, entkam es Ayume freudig.

„Nichts zu danken, junge Lady. Wir achten nur auf deine Sicherheit, wenn du schon mit den beiden Hitzköpfen unterwegs bist.“, schmunzelte er.

„Hier.“, schaltete Marco sich dazwischen und überreichte seiner Nakama ein schwarzes Päckchen. Es lag schwer in ihrer Hand, als sie neugierig ihre meerblauen Augen darauf legte.

„Was ist das?“, wandte sie sich an Marco, der sich verlegen am Hinterkopf griff.

„Ein kleines Geschenk. Wir dachten es passt zu der Swordsmistress.“, gab er zurück.

Vorsichtig löste sie die Kordel, womit das schwarze Tuch verschnürt war und zum Vorschein kamen zwei kurze Katana, die in stabilen Scheiden steckten.

„Damit du dich auch verteidigen kannst, wenn deine Teufelskräfte mal verhindert sind.“, fügte Jozu noch dazu.

Freudig schoss die Schwarzhaarige erst den Kommandant der ersten, dann der dritten Division in die Arme.

„Vielen Dank. Ich danke euch.“, entkam es ihr. Glücklich befühlte sie erneut die beiden Schwerter, die ihr ihre Nakamas geschenkt hatten.
 

Gerade, als sich Ayume auch von dem letzten Whitebeardpiraten verabschiedet hatte und über die Reling klettern wollte, damit sie endlich aufbrechen konnten, schallte erneut eine Stimme über das Deck. Verwundert drehte sich die junge Schwarzhaarige zurück und ihr Blick fiel auf den riesenhaften Piratenkaiser, der sich heimlich auf seinen Thron gesetzt und die Szene vor sich beobachtete.

„Vater.“, automatisch hatte sie Whitebeard so genannt, was dem Weißhaarigen ein Lächeln auf die Züge zauberte.

„Guarararar. Reiß dem Shikigami ordentlich den Hintern auf! Und komm uns besuchen, wenn du kannst. Du bist hier immer willkommen.“, hallte seine feste Stimme in ihrem Kopf wieder, woraufhin sie gerührt den Blick senkte.

„Ich verspreche es.“, entkam es ihr fein.

„Solltest du in Not geraten, dann ruf nach uns.“, forderte der Piratenkaiser erneut.

„Ja, Vater.“, entgegnete die Schwarzhaarige.

„Dann viel Glück, meine Tochter.“, schloss er das Gespräch ab.

Ayume zog die Luft tief in ihre Lunge ehe sie ein Lächeln aufsetzte. Nun wusste sie, wie es war eine Familie zu haben. Die beste Familie, die man sich wünschen konnte. Mit diesem Gedanken stieg sie die wackelige Strickleiter hinab auf das Schiff der fünfzehnten Division, welches sie gedanklich liebevoll 'Hopefuls' genannt hatte. Der Hoffnungsträger. Ace und Tom warteten bereits an Deck und gesellten sich an ihre Seite, als die Feuerfaust schon die Hand zum Abschied in die Luft hob. Diese Geste wurde hundertfach von den Piraten der Moby Dick, die sich nun alle an der Reling gesammelt hatten, erwidert. Ayumes Herz klopfte gegen ihre Brust, ehe auch sie die Hand in die Luft riss und sich stumm von ihren Nakamas verabschiedete. Langsam und gemächlich begann die Hopefuls sich in Bewegung zu setzen und an Fahrt zu gewinnen. Nach und nach wurde die Moby Dick immer kleiner, ehe sie am Horizont verschwand.
 

„Ich werd verrückt.“, kam es entsetzt von Tom, als er Ace beim Essen beobachtete. Er vernichtete gerade die vierte Portion, ohne dabei jegliches Sättigungsgefühl zu zeigen. Nur gut, dass der Koch schon von Ayume gewarnt wurde, ehe er das Essen zubereitet hatte. Aber mit diesem Heißhunger hatte er dennoch nicht gerechnet.

Ayume hingegen schob sich gerade ihre Gabel in den Mund und zwinkerte belustigt. Sie war diesen Anblick ja schon gewohnt. Sie waren schon eine seltsame Truppe, befand sie.

„Ich habe dich gewarnt.“, bemerkte sie schlicht, woraufhin Ace kurz hoch blickte.

„Wer hätte gedacht, dass ich irgendwann in meinem Leben einem Zechenpreller die Mahlzeit für seinen Heißhunger serviere.“, grummelte der Koch und zündete sich ungeachtet davon, dass die Feuerfaust noch immer das Essen in sich schaufelte, eine Zigarette an.

„Apropos Zechenpreller!“, entkam es Ace mit vollem Mund, als er sich zu seinem Rucksack herum wandte und eilig in den Tiefen nach Etwas suchte.

Ayume zog verwundert die Augenbraue in die Höhe.

Mit einem lauten Knall donnerte Ace, ein schelmisches Grinsen im Gesicht, ein kleines Fass auf den Tisch und schielte zu Tom, der ebenfalls etwas skeptisch drein blickte.

„Der versprochene Sake.“, erklärte sich die Feuerfaust und musste zufrieden feststellen, dass ein freudiges Funkeln in die Augen des Kochs gewandert war.

Er griff nach dem kleinen Fass und zog es an sich heran. Vorsichtig öffnete er den Deckel und sog den Duft des Getränkes in die Nase.

„Den muss ich sofort probieren.“, entkam es ihm, woraufhin ihm seine Nichte, wie auf Kommando einen Krug vor die Nase stellte. Sie kannte doch ihren Onkel.

Mit einem Lächeln goss er ihn sich voll und nahm sogleich den ersten Schluck.

„Du hast nicht zu viel versprochen, Bursche. Das ist mit Abstand der beste Sake auf dieser Weltkugel.“, flötete er und zog den Krug auf Ex leer.

Mit einem Siegeslächeln im Gesicht widmete sich Ace wieder den Leckereien, die der Koch für sie gemacht hatte. Somit hatte er seine Schulden auch bezahlt.

Ayume hingegen zuckte mit den Augen zwischen den beiden Männern hin und her. Zumindest schienen sie für den Augenblick zufrieden zu sein.

Somit erhob sie sich und griff nach ihren beiden Schwertern.

„Was hastn du vor?“, hinterfragte der Koch spitz.

„Ich bin oben an Deck, wenn ihr mich suchen solltet.“, meinte sie ruhig, als sie schon aus der Türe schritt.

„Mal ehrlich, Feuerfaust. Du willst sie auf der Grand Line einfach ziehen lassen?“, hinterfragte der Koch plötzlich wieder vollkommen ernst.

„Worauf willst du hinaus?“, hakte Ace hinterher, während er seine Augenbraue skeptisch in die Höhe zog.

„Die Geschichte mit diesem Shikigami. Ich trau dem Ganzen nicht über den Weg.“, merkte Tom an und verschränkte die Arme vor der Brust.

„Wir haben gesehen, was die Marine unternimmt, um Ayume in die Jagdgründe zu schicken. Was, wenn dieser ominöse Märtyrer dasselbe mit ihr vorhat?“, fügte er noch hinzu. Nun verfinsterte sich auch Aces Gesicht, als er sich die Worte des Kochs noch einmal durch den Kopf gehen ließ.

Er hatte Recht. Wer gab ihnen die Sicherheit, dass der Shikigami Ayume nicht aus dem Weg räumen wollte?

„Wir können sie eh nicht von ihrem Weg abbringen. Dafür ist sie zu starrsinnig.“, murrte Ace.

„Ich weiß. Ich bin mir nur nicht sicher, ob ich sie mit dieser Ungewissheit gehen lassen kann.“, gestand der Koch. Er wirkte so ehrlich in diesem Moment, dass Ace verwundert drein blickte.

So hatte er den Griesgram auch noch nie erlebt. Aber es gab ja bekanntlich nichts, was es nicht gab.

„Was willst du denn machen? Sie einsperren?“, hinterfragte der junge Pirat, der nun den siebten Teller von sich schob. Irgendwie war ihm der Hunger vergangen.

„Nein. Sicher nicht.“, entgegnete Tom nachdenklich.

„Sie hat den Weg als Pirat gewählt und dieser Weg führt sie zum Shikigami der sieben Weltmeere, ob uns das nun gefällt, oder nicht.“, merkte Ace an. Auch er hatte ein schlechtes Gefühl seine Nakama ins Ungewisse ziehen zu lassen, doch was sollte er schon tun? Sie anflehen bei ihm zu bleiben und wieder zurück auf die Moby Dick kommen? Sicher nicht. Ihr Weg stand lange bevor sie sich das erste Mal getroffen hatten schon fest. Er hätte alle Zeit der Welt gehabt, um sie aufzuhalten, doch wer war er, dass er sich so etwas erlauben würde? Das Einzige, was ihm übrig blieb war die junge Frau auf das vorzubereiten, was sie vielleicht erwarten würde.

„Du kannst sie mit reinem Gewissen ziehen lassen, ja? Du willst mir doch die Scheiße nicht ernsthaft verkaufen wollen.“, knurrte der Koch, was Ace von seinen Gedanken aufschreckte. Was hatten denn alle mit ihren seltsamen Anspielungen? Sie war seine Nakama. Natürlich machte er sich Sorgen, um ihr Befinden und ihr Wohlergehen.

„Sie ist Teil der Whitebeardfamilie. Natürlich lasse ich sie nicht gerne gehen, aber sie weiß selbst, was sie tut. Falls es dir noch nicht aufgefallen sein sollte ist deine Ayume ein ziemlich schlaues Köpfchen, die nichts unternimmt, ohne sich vorher tausend Mal den Kopf zu zerbrechen.“, konterte Ace.

„Ein schlaues Köpfchen, das mit dem Shikigami von der Bildfläche verschwinden wird. Nicht mehr erreichbar für einfache Menschen, wie uns.“, gab der Koch nach.

„Jetzt mal den Teufel nicht an die Wand, alter Mann.“, knurrte Ace. Das waren Dinge, die er erfolgreich aus seinem Denken vertrieben hatte. Und Dank dem Koch kam alles wieder hoch. Wieso machte es ihm überhaupt so zu schaffen, dass er sich von der Schwarzhaarigen trennen musste? Es stand doch sowieso von Anfang an fest, dass ihre gemeinsame Reise irgendwann ein Ende haben würde. Er bereute es schon fast, dass er diese Frau so nahe an sich heran gelassen hatte, doch die Unsicherheit mit dem Shikigami ließ ihm keine Ruhe.

Er erhob sich geschickt vom Tisch und stiefelte aufgebracht hinauf auf das Deck des Schiffes, auf dem er auch sogleich den Grund für sein inneres Chaos vorfand.

Grazil übte sie einen todbringenden Tanz mit ihren neuen Schwertern. Es wirkte fast, als hätte sie noch nie etwas Anderes gemacht. Ja, es schien beinahe, als wären die Klingen Teile ihres Körpers. Damit hatten seine Nakamas ihr wirklich eine Freude bereitet.

Ihre porzellanartige Haut schimmerte gespensterhaft im sanften Dämmerlicht. Ihre langen Haare hinderten ihre geschärften Bewegungen nicht im Geringsten, obwohl sie um ihren Körper tanzten. Wieso war ihm noch nie diese Anmut aufgefallen, die Ayume an den Tag legte? Sie wirkte, wie eine Raubkatze, die um ihre Beute kreiste, ehe sie zuschlug.

Plötzlich hielt sie inne, mit dem Rücken zu der Feuerfaust.

„Ich kann dich starren spüren.“, erklang ihre Stimme, was Ace unwillkürlich zusammen zucken ließ.

Eigentlich hätte er sich denken können, dass sie es mit ihren übersinnlichen Fähigkeiten spüren konnte, dass er ebenfalls auf dem Deck anwesend war.

Schnell zog Ace sich mit der rechten Hand die Hutkrempe tiefer ins Gesicht und verschränkte die Arme vor der Brust.

„Du wirkst sehr sicher mit den Schwertern.“, umging die Feuerfaust die peinliche Situation.

„Ich handle instinktiv. In der Marinebasis G2 hatte ich das erste Mal ein Schwert in der Hand.“, gestand sie, während sie ihre Bewegungen nun erneut fortsetzte.

Sie machte einen leichten Schritt zurück, konterte eine imaginäre Klinge ihres Gegners, wandte sich leicht um die eigene Achse, tänzelte in einer geraden Achse, ehe sie mit der zweiten Klinge einen Schlag vollführte, zurückwich und die Klingen über ihrem Kopf kreuzte.

Wüsste man nicht, dass dies eine Übung war, so würde man denken können, sie kämpfe gegen einen Geist. Ace beobachtete die Szene vor sich gespannt. Jede ihrer Bewegungen schien genau geplant zu sein.

Sie konzentrierte sich auf ihren imaginären Gegner, mit dem sie sich einen bitteren Tanz um das Überleben lieferte, als sie plötzlich diese vertraute Hitze umfing. Gerade, als sie sich besann schnitt ihre Klinge durch den brennenden Arm von Ace hindurch. Ayume taumelte kurz, fing sich jedoch und legte ihre meerblauen Augen fragend auf die Feuerfaust.

„Genug trainiert. Schon deine Schulter. Du weißt nicht, was uns die nächsten Tage erwartet.“, meinte Ace zu ihr gewandt, was sie mit einem verständlichen Nicken konterte.

„Wenn ihr damit fertig seid, das Schiff in seine Einzelteile zu zerlegen, dann würde ich jetzt beruhigt schlafen gehen.“, knurrte Tom, der die Arme vor der Brust verschränkt hatte.

Eine sternenklare Nacht

Mitten in der Nacht wurde Ayume wach. Sie blickte sich verwundert in ihrer kleinen Kajüte um, fand jedoch den Grund für ihr Erwachen nicht. Müde rieb sie sich über die Augen und fuhr sich anschließend durch die Haare, ehe sie sich erhob. Behände schlüpfte sie in ihre kurze schwarze Hose und zog sich das einfache Hemd über, bevor sie ihren Raum verließ und auf Deck schritt. Dort angekommen fand sie die Feuerfaust vor, der mitten auf der Hopefuls auf dem Rücken lag, seinen Hut neben sich gelegt, mit dem Blick zum Himmel empor. Er war so in Gedanken, dass er die Schwarzhaarige nicht einmal bemerkte. Auch sie ließ ihren Blick zum Himmel hinauf wandern. Es war eine sternenklare kühle Nacht. Kurz wirkte es so, als gäbe es kein Unheil auf dieser Welt, so friedlich schien es in diesem Augenblick. Sie schmunzelte leicht, ehe sie sich abwandte und Ace mit seinen Gedanken alleine lassen wollte.

„Eine Sternschnuppe.“, drang seine Stimme an ihre Ohren, woraufhin sie eilig den Blick wieder zum Himmel empor richtete. Sie konnte den Meteor gerade noch in letzter Sekunde verglühen sehen. Ein freudiges Gefühl machte sich in ihr breit. Warum genau, konnte sie nicht beschreiben. Jedoch wandte sie sich mit einem Lächeln herum und schritt auf die Feuerfaust zu, der sich mittlerweile auch aufgesetzt hatte und nun mit dem Rücken am Mast lehnte. Auch er hatte ein schiefes Grinsen aufgesetzt, doch dieses Mal wirkte es künstlich. Sie ließ sich neben ihm auf dem Boden nieder und legte die Hände in ihren Schoß. Vielleicht wollte er ja reden.

Stumm zogen einige Minuten vorbei, in denen Ayume auf ihre Hände und Ace in die Ferne blickte.

„Was macht dich so sicher, dass der Shikigami dich nicht als Bedrohung sieht und dich töten wird?“, kam es urplötzlich von Ace.

Kurz legte die Schwarzhaarige ihre Stirn in Falten und ließ sich die Frage durch den Kopf gehen.

„Wenn er mich töten hätte wollen, dann hätte er es getan, als ich noch schwach und hilflos war.“, befand sie nach einer Weile.

„Vielleicht wollte er auch nur eine ebenbürtige Gegnerin?“, hinterfragte Ace.

„Kurz nach dem Tod meiner Schwester Nabiki habe ich mich selbst komplett aufgegeben. Ich habe mein Leben täglich riskiert, indem ich Black Beard vor sämtlichen Piraten in der Kneipe angegriffen habe.“, begann sie zu erzählen. Ace schwieg und lauschte ihrer angenehmen Stimme.

„Dann kam der Shikigami mit seiner Crew und forderte seine Bezahlung von Black Beard. Nora zwang mich damals den schwarzen Kapitän zu bedienen, wovor ich mich aber weigerte. Es war, wie jeden Tag. Ich wurde zur Rechenschaft gezogen, doch er ging dazwischen. Das erste Mal, dass jemand einschritt, statt nur zuzusehen. Sein Befehl war, dass ich mit ihm kommen, Nora getötet werden und die komplette Rote Zora abgebrannt werden sollte.“, ihre Stimme war beherrscht, doch die Erinnerungen brachten tausend verschiedene Gefühle in ihr hervor.

„Er setzte mich auf der Insel von Tom ab, nachdem er mir erklärte, dass ich zu jung sei, um auf seinem Schiff zu bleiben. Er überreichte mir jedoch seine schwarze Klinge und einen Rucksack, indem auch die Teufelsfrucht war. Er überließ mich nicht meinem Schicksal.“, schloss sie ihre Geschichte. Ace musste sich eingestehen, dass es nicht danach klang, als wollte sie der Shikigami töten. Er hatte sie damals aus ihrer Sklaverei befreit und ihr ein neues Leben ermöglicht. Eigentlich sollte er ihm dankbar sein, denn dank diesem rätselhaften Mann, hatte er eine neue Nakama.

„Wie kommst du zu der Annahme, er würde mich töten wollen?“, hakte nun die Schwarzhaarige nach.

„Du bist meine Nakama,…“

„Mein Onkel, nicht wahr? Er war noch nie begeistert davon, dass ich losziehen wollte, um Pirat zu werden.“, schmunzelte sie.

Beinahe hätte er ihr verraten, dass er sich Sorgen um sie machte. Er räusperte sich kurz und nickte.

„Dein Onkel, ja.“, gab er zu.

„Ich dachte es mir schon.“, bemerkte sie schlicht, lehnte sich ebenfalls an den Mast und blickte in den Himmel hinauf.

„Weißt du. Ich versprach meiner Schwester, dass ich einst frei sein würde, als berüchtigtster Pirat. Ohne die Hilfe des Shikigamis hätte dieses Versprechen sicherlich irgendwann vergessen. Ich bin ihm sehr viel schuldig.“, gestand sie nun. Gedankenverloren befingerte sie den goldenen Anhänger ihrer Kette, in der sich das Bild Nabikis befand.

„Als ich damals von Zuhause losgesegelt bin, nahm ich meinem kleinen Bruder das Versprechen ab, dass wir uns eines Tages auf dem Meer wieder begegnen werden. Mittlerweile hat er eine eigene Crew und ist einer, der bekanntesten Rookies. Wenn er so weiter macht, dann steht seinem Traum der Piratenkönig zu werden, nichts mehr im Weg.“, mit diesen Worten zog Ace ein altes gefaltetes Papier aus seiner Hosentasche und überreichte es Ayume. Sie klappte es vorsichtig auf und ihr lachte sogleich ein fröhliches Gesicht entgegen. Bei dem Kopfgeld staunte sie nicht schlecht. Monkey D. Ruffy. Das war Aces Bruder?

„Vielleicht begegnest du ihm ja irgendwann.“, schmunzelte die Feuerfaust, woraufhin Ayume ihm den Steckbrief zurück gab.

„Er ist bestimmt ein toller Mensch.“, bemerkte Ayume.

„Ja, das ist er. Ich bin stolz auf ihn. Auch, wenn wir uns geschworen haben, dass wir uns aus den Angelegenheiten des Anderen heraus halten, werde ich ihm immer den Rücken frei halten.“, grinste Ace. Ayume bewunderte das freudige Funkeln in seinen Augen, welches sie in der Form noch nie an ihm gesehen hatte.

Ob Nabiki auch stolz auf die Schwarzhaarige wäre? Was wäre, würde sie ihrer großen Schwester nun begegnen und ihr von den Abenteuern erzählen, die sie erlebt hatte. Würde sie sich freuen? Würde sie mit demselben freudigen Funkeln in den Augen von Ayume erzählen?

„Eine Sternschnuppe.“, holte Ace Ayume aus ihren Gedanken, woraufhin sie wieder ihre Augen zum Himmel empor richtete.

„Zu spät.“, schmunzelte er, während er sie von der Seite betrachtete. Sie würde nie erfahren, dass dies nur ein Vorwand gewesen war, um sie von ihren traurigen Gedanken abzulenken.

Auch sie schenkte ihm ein feines Lächeln. Insgeheim bewunderte die junge Frau ihren Gefährten. Für die Lebensfreude, die er jeden Tag zur Schau stellte. Für seinen Ehrgeiz und den Mut, den er aufbrachte und für seine Stärke. Sie wusste, dass auch seine Vergangenheit nicht nur Sonnenschein war, dazu musste er ihr nicht einmal davon erzählen. Einen besseren Weggefährten hätte sie nicht finden können, denn ohne Ace wäre sie schon viele Male verzweifelt, verloren gewesen. Doch er erwartete keinen Dank, keine Gegenleistung. Ungeachtet davon war sie ihm dankbar, für alles, was er tat, für jede Minute, die er Ayume vergessen ließ, welches Paket sie mit sich trug. Für jeden Tag, an dem sie lebte.

„Ace? Danke.“, entkam es ihr. Sie wusste, dass er ihren Gedankengang nicht folgen konnte, aber trotzdem mussten diese Worte einfach mal gesagt werden. Viel zu lange war Ayume einfach stumm geblieben.

Etwas irritiert strich er sich durch die Haare.

„Wofür denn?“, hinterfragte er lediglich. Wieder schmunzelte Ayume.

„Für alles.“, betonte sie, woraufhin er abwinkte.

„Ich habe gar nichts Großartiges geleistet. Das ist alles dein Verdienst, Swordsmistress.“, das letzte Wort zog er extra lange.

Sie beließ es dabei. Es war anstrengend den Sturkopf von seiner Meinung abzubringen, doch sie wusste tief in ihrem Inneren, dass sie ohne die Feuerfaust niemals hier wäre. Niemals ein Teil der großartigen Whitebeardfamilie, niemals in der Nähe der Grand Line und keinen Schritt näher an ihrem Traum. Und eines Tages würde sie sich revanchieren.

Sie zuckte kurz zusammen, als Ace ihr seinen Hut direkt vor die Nase hielt. Wie gebannt blickte sie auf die beiden Smileys, die ihr mit den verschiedenen Emotionen entgegen blickten. Ja, diese Hutkette war ihr sofort aufgefallen.

„Das bin ich.“, meinte er schlicht und deutete dabei auf den lachenden Smiley.

„Und das bist du.“, grinste er, während sein Finger zu dem Zweiten wanderte. Ayume verzog das Gesicht und schenkte ihm einen beleidigten Blick.

„Siehst du, schon wieder.“, schmunzelte er, woraufhin er ihr seinen Hut auf den Kopf setzte.

„Das Leben ist ein auf und ab, doch das Einzige, was dir am Ende bleibt ist die Gewissheit, dass du nichts bereuen wirst. Dass du trotzallem gelebt hast. Belächle es, wenn dir das Leben mal wieder auf die Schuhe spukt und denk daran, dass irgendwann der Zeitpunkt kommt, an dem du dem Leben auf die Schuhe spukst. Ob du dich betrauerst, oder ob du dich freust, Unerwartetes geschieht immer. Du bestimmst, ob es positiv ist, oder negativ. Das ist das Leben. Man erfährt nur, ob es gut war geboren zu werden, wenn man lebt.“, erklärte er träumerisch und einen kleinen Moment wirkte er viel jünger, als sonst.

Eilig rappelte sich Ayume vom Boden hoch und schritt an die Reling. Ihre Augen waren auf den dunklen Horizont gerichtet, ehe sie die Luft tief in ihre Lunge sog und die Augen schloss.

Sie spürte Aces überraschten Blick auf ihrem Rücken, doch sie ließ sich davon nicht beirren. In ihren Gedanken sah sie das lachende Gesicht ihrer großen Schwester.

„ICH BIN FREI!“, brüllte die Schwarzhaarige in die Nacht hinaus. In der Ferne hallte das Echo ihrer Stimme und sie fühlte sich, als würde ein gewaltiger Felsbrocken von ihrem Herzen fallen.

Lachend kam Ace an ihre Seite getreten und lehnte sich auf seine Ellbogen, auf das Geländer der Reling. Er konnte die Erleichterung, die Ayume genau in diesem Moment befallen hatte beinahe in der Luft aufgreifen und das erste Mal, seit er denken konnte schaffte sie es, ein aufrichtiges und breites Lächeln zu zeigen. Auch vor ihm.

„Willkommen auf dem weiten Meer, Miss Ayume. Ich hoffe sie genießen die Fahrt auf dem Schiff der fünfzehnten Division.“, grinste er ihr zu, woraufhin sie ihm einen leichten Seitenblick schenkte.

„Auf der Hopefuls.“, stellte sie richtig.

„Kapitän Swordsmistress, Tochter Whitebeards, Vizekapitän des Shikigamis der sieben Weltmeere mit ihrem Schiff Hopefuls.“, belächelte er.

„Rechte Hand der Feuerfaust Ace.“, fügte sie hinzu, woraufhin er verlegen den Blick in die Ferne richtete. Verlegen? Diesen Zug hatte sie an ihm auch noch nie erlebt. Schien wohl eine besondere Nacht zu sein.

„Fröhlicher Geburtstag.“, murmelte sie nachdenklich, das Lächeln war von ihren Zügen verschwunden, als sie sich schwungvoll auf die Reling setzte und mit den Beinen baumelte.

Verwundert blickte Ace sie an. Geburtstag? Dann fiel es ihm, wie Schuppen von den Augen.

„Du hast Geburtstag?“, entkam es ihm.

„Nein. Also, vielleicht habe ich das. Ich weiß es nicht. Aber wenn ich mir einen Tag aussuchen könnte, dann wäre es heute.“, gestand sie verlegen.

Ace grübelte kurz, ehe er sich aufrichtete, den Rücken durchstreckte und zu seinem Rucksack ging. Neugierig folgte die Schwarzhaarige der Feuerfaust und neigte sich leicht vor, um seinem Tun zu zusehen. Er kramte in dem Beutel herum, ehe er sich wieder erhob und auf Ayume zukam.

Seine Arme hatte er hinter seinem Rücken verschränkt und ein schelmisches Grinsen zierte seine Züge. Was hatte er denn jetzt wieder ausgeklügelt?

Beinahe durch Zufall war er vor Jahren darüber gefallen, doch seit er Ayume kannte, musste er sich eingestehen, dass es wunderbar zu ihr passen würde. Er konnte sich gar nicht mehr dran erinnern, warum er es damals gekauft hatte. War wohl wieder eine unüberlegte Aktion gewesen, wie er im Nachhinein befand. Sei es drum, sie würde sich sicherlich drüber freuen.

Er trat nahe an sie heran und genoss einen Augenblick ihren neugierigen Schimmer in den Augen. Sie vergaß dabei sogar, dass ihr menschliche Nähe sonst immer unangenehm war, so gespannt waren ihre Augen auf ihn gerichtet.

Behände griff er nach ihrer rechten Hand und streifte ihr das Geschenk über das Handgelenk, während er jegliche Veränderung in ihren Augen aufzufangen versuchte. Das, wenn ihm kein Lächeln einbrachte, dann wusste er auch nicht mehr weiter.

Ungläubig zuckten ihre Augen über das meerblaue Perlenarmband, ehe sie zu Ace wanderten und wieder zurück zu dem Armband. Mit ihren Fingern befühlte sie die kalten Perlen und sie konnte in diesem Moment nicht annähernd beschreiben, was sie empfand.

„Herzlichen Glückwunsch zum neuen Geburtstag.“, gab er von sich, als sie sich noch immer nicht regte. Das gab ihr den nötigen Anstoß und sie fing sich wieder. Ihre Augen schimmerten und ein freudiges Lächeln stahl sich auf ihre Lippen, als sie schon aufsprang und ihm um den Hals fiel.

Ihre kalte Aura umhüllte ihn, als er ebenfalls seinen rechten Arm um ihre Schulterpartie legte und sie an sich drückte. Mit der freien Hand fuhr er sich verlegen durch die Haare. Jackpot Ace, bejubelte er sich selbst.

„Ich… weiß gar nicht, wie ich dir danken soll.“, entkam es ihr, woraufhin er erneut auflachte.

„Schreib es auf die Liste.“, feixte er und griff nach seinem Hut, den er sich gekonnt selbst aufsetzte. Seine Hitze kribbelte auf ihrer Haut und sie wusste nicht, wann sie sich das letzte Mal so lebendig gefühlt hatte. Sie konnte es gar nicht fassen, tausend positive Gedanken zischten durch ihren Kopf, wobei sie keinen davon einfangen konnte. Sie war nicht in der Lage irgendein Gefühl genauer zu beschreiben, denn in ihr tobte ein Sturm. Ausnahmsweise ein positiver Sturm und das nur Dank Ace. Mal wieder.

Peinlich berührt löste sie sich von ihm und trat einen Schritt zurück, während sie ihre linke Hand noch immer schützend das Geschenk der Feuerfaust hielt. Ihr erster Geburtstag und ihr erstes Geschenk zu eben jenem Tag.

Sie war nahezu überwältigt und gleichzeitig absolut sprachlos. Ehe sie überlegte, was sie tat, stellte sie sich auf die Zehenspitzen und hauchte ihm einen feinen Kuss auf die Wange, woraufhin sogar er überrascht die Augen weitete.

Schnell besann sich die Schwarzhaarige, machte ein erschrockenes Gesicht und flüchtete verlegen unter Deck. In ihrer Kajüte angekommen schloss sie hastig die Türe hinter sich und fasste sich an die Stirn. Eindeutig. Sie musste Fieber haben.
 

Zwischenzeitlich rückte sich Ace den Hut auf dem Kopf zurecht und verlagerte sein Gewicht von einem Fuß auf den Zweiten. Ehe er sich räusperte und an Deck entlang schritt.

„Verdammte Scheiße, Ace. Was zur Hölle ist denn los mit dir?“, schimpfte er sich selbst, ehe er sich den Hut noch tiefer ins Gesicht zog und die Arme vor der Brust verschränkte. Es war, als fühlte er noch immer ihre Kälte auf seiner Haut, weswegen er, wie ein gefangenes Raubtier, das Deck entlang schritt.

„Bah, wie hat die Stahlbirne das wieder angestellt?“, knurrte er, als er seine Wange befühlte. Ach verdammt. Er hatte pingelig drauf geachtet, dass ihm kein Mensch, außer seinem Paps und Ruffy, zu nahe kam und jetzt so etwas.

Im Augenwinkel sah er eine Sternschnuppe, die am Himmel entlang ihren Schweif nach sich zog.

„Du kannst mich mal.“, murrte er und schoss einen kleinen Feuerball aus seinem rechten Zeigefinger, den er direkt auf den Meteor gerichtet hatte. Natürlich verpuffte sein Angriff irgendwo am nächtlichen Himmel, lange nachdem die Sternschnuppe verschwunden war.

Hot-Spring-Island

Er folgte mit seinen Augen ihren federleichten Bewegungen, als sie nahezu über das Deck hinweg tänzelte und dabei die Klingen um ihren Körper herum aus den Boden fahren ließ. Ihr Gesicht war hoch konzentriert, ihre Augen auf einen gewissen Punkt in der Ferne fixiert und auf ihrer Stirn stand der Schweiß. Trotz der sengenden Hitze, die auf dem Schiff herrschte war die junge Schwarzhaarige langärmelig gekleidet, was Ace jedes Mal wieder wunderte.

Nach dem Kampf in der Marinebasis war ihr Kopfgeld erneut gestiegen und nun war Swordsmistress Ayume tatsächlich eine der Supernovae. Doch auf diesem Titel ruhte sie sich nicht aus, nein, es schien fast so, als trainiere sie seit dieser Nachricht doppelt so hart, wie zuvor.

Die Zeiten, in denen wahllos Klingen hervor schossen, wurden immer weniger. Langsam, aber sicher schien sie wirklich Herrin ihrer Fähigkeiten zu sein, was der Feuerfaust ein zufriedenes Lächeln verlieh.

Seit Tagen schon ging sie ihm gekonnt aus dem Weg und versuchte direkten Blickkontakt zu vermeiden. Ace wusste, dass diese Stille, die zwischen ihnen herrschte, nicht von langer Dauer sein würde, sie wollte wohl lediglich etwas Gras über den peinlichen Zwischenfall wachsen lassen. Denn noch immer trug sie sein Geschenk am rechten Handgelenk. Genau dort, wo es die Feuerfaust angebracht hatte.

„Man könnte beinahe Angst vor ihr haben.“, schmunzelte der Koch, der an Ace heran getreten war. Auch er beobachtete die junge Frau, wie sie sich bis zum Äußersten trieb.

„Aber nur beinahe.“, bemerkte Ace mit einem breiten Grinsen, als er sich mit dem brennenden Zeigefinger seinen Hut zu Recht rückte.

„Wer hätte gedacht, dass ich, der alte Tom, irgendwann mit zwei gefährlichen und berühmten Piraten das Meer besegle? Auf dem Weg zur Grand Line.“, entgegnete der Koch mit einem schiefen Lächeln im Gesicht.

„Was hältst du von der Eröffnung eines Restaurants auf der Grand Line, in dem ich Stammgast werde.“, feixte Ace.

„Natürlich ohne etwas zu bezahlen, vermute ich.“, grummelte Tom und zog tadelnd die rechte Augenbraue in die Höhe.

„Der Plan klingt gut.“, entkam es Ace lachend.

Ayume hielt in ihrem Tun inne, als ihre Augen in der Ferne Etwas fixierten. Sie schritt an die gegenüberliegende Reling heran und beugte sich leicht vor, wobei sie die Hand schützend über ihre Augen hielt.

Ace folgte ihrem stummen Blick und erkannte eine feine Silhouette am Horizont. Das sollte eine, der letzten Inseln vor der Grand Line sein. Eigentlich ein guter Zeitpunkt um noch einmal etwas zu verschnaufen und die Vorräte aufzustocken. Wer wusste schon, was sie auf der Grand Line erwarten würde?

„Wir steuern die Insel an. Sicherlich können wir dort unsere Vorräte auffüllen.“, meinte Ace an den Koch gewandt, der verständlich nickte, jedoch wurde sein Blick finster.

„Denkst du es ist klug, wenn zwei berüchtigte Piraten an einer einfachen Insel ankern?“, brachte er seine Bedenken zum Ausdruck.

„Solange keine Marinebasis in der Nähe ist haben wir nichts zu befürchten.“, zuckte Ace mit der Schulter und wanderte sogleich zum Steuerrad, wo er ihren Kurs berichtigte.

Ein kleiner Aufenthalt würde ihnen schon nicht weh tun. Immerhin hatten sie keinen festen Terminplan.

Wieder trat der Koch an Ace heran und musterte Ayume, die nun unter Deck verschwand.

„Sag mal…“, begann der Koch.

Ace wusste schon was gleich kommen würde, also nahm er es vorneweg.

„Privat.“, meinte er schlicht.

„Privat?“, hinterfragte Tom spitz.

„Privat bedeutet, dass es dich nichts angeht, alter Mann.“, schmunzelte Ace.

„Hör mir gut zu, Ace. Ich will gar nicht wissen, was hinter meinem Rücken vor sich geht, aber meine Warnung gilt noch immer.“, murrte Tom und erhob seinen Zeigefinger zur Verdeutlichung.

„Keine Angst. In wenigen Wochen seid du und die Stahlbirne mich los.“, konterte die Feuerfaust kühl, woraufhin ihm Tom unsanft an den Oberarm schlug.

„Red doch nicht so einen Unfug, Hohlkopf. Wir sind immerhin ein Team. Aber, als Onkel habe ich gewisse …“

„Gewisse Ambitionen dich in Dinge zu mischen, die dich nichts angehen.“, grinste Ace wieder, was Tom mit einem Schnauben konterte.

„Sieh zu, dass sie wieder redet.“, meinte der Koch schlicht, ehe auch er sich unter Deck begab.

„Ich bin doch nicht der Mechaniker.“, knurrte Ace zu sich selbst, ehe er sich den Hut tiefer ins Gesicht zog.

Sie kämmte sich durch die langen Haare, als sie nachdenklich ihren Blick auf den Spiegel gegenüber legte. Sie konnte sich einfach nicht an ihr neues Ebenbild gewöhnen. Ihre Züge waren viel schärfer geworden und allgemein wirkte sie viel erwachsener, als früher. Ihre Augen stachen aus dem hellen Gesicht hervor.

Sie legte die Bürste zur Seite und zog sich das verschwitzte Oberteil über den Kopf, während ihre Fingerspitzen über die vielerlei Narben an ihrem Rücken und Oberarmen glitten.

Sie waren bittere Zeichen ihrer Vergangenheit, die sie bis an ihr Lebensende mit den lastenden Erinnerungen konfrontieren würden, doch umso weiter sie sich von ihrer Heimat entfernte, desto irrealer wurde der Schmerz, den sie damit verband.

Es waren lange schon keine Zeichen für Schwäche mehr, nein, es war ihre Geschichte. Die Narben waren ein Teil von ihr.

Entschlossen zog die Schwarzhaarige ein weites weißes Shirt hervor, welches zu allem Übel bauchfrei war. Sie hatte es nie getragen aus Angst ihre Narben zeigen zu müssen. Das war auch der Grund, warum sie stets langärmelig trug.

Wieder glitt ihr Blick nachdenklich über den Stoff in ihrer Hand, ehe sie das Shirt überzog. Eigentlich sehr kindisch, dass sie ihr gesamtes Leben zu einem einzigen Versteckspiel gestaltete. Das musste endlich ein Ende haben, befand sie, während sie sich schon erhob, die beiden Katanas ihrer Nakamas mit einem Schwertgurt um die Hüfte band und wieder Richtung Deck schritt.

Die kühle Seeluft umwehte ihre nackte Haut und es war, als fühlte sie das erste Mal in ihrem Leben, dass sie wirklich existierte.

Langsam wurde die Silhouette am Horizont immer schärfer und größer, umso näher sie ihr kamen und insgeheim freute sie sich, dass sie bald wieder ein paar Schritte an Land gehen konnte. Vielleicht würde ja dieser Aufenthalt endlich etwas ruhiger werden.
 

Der kleine Hafen war direkt in das Dorf dahinter integriert, welches gleichzeitig von einem satten grünen Wald umgeben war und fern am anderen Ende der Insel befand sich ein riesenhafter grauer Berg, auf dessen Gipfel etwas Schnee lag. Der Strand war belagert von einigen spielenden Kindern, die beim Anblick der Hopefuls inne hielten und gespannt warteten, wer sich wohl auf diesem Schiff befand. Alles in allem schien diese Insel ruhig und friedlich zu sein.

Zuerst sprang Ace über die Reling auf den kleinen Holzsteg und machte das Schiff mit einem dicken Tau fest, ehe er wartend zu seinen Gefährten hinauf blickte.

Ayume hatte ihren Blick noch immer auf die Insel gerichtet und genoss die friedliche Ruhe, die schon fast in der Luft zu greifen war, während sich Tom schon daran machte, über die Reling zu klettern.

Ein lautes Poltern schreckte Ayume auf, als sie schon ihren Blick zum Steg hinab gleiten ließ, auf dem der Koch gerade eine begnadete Bruchlandung hingelegt hatte.

Ace brach daraufhin in schallendes Gelächter aus, während die Zornesader auf der Stirn Toms schon zu pochen begann.

„Hör auf zu lachen, Hohlbirne!“, fauchte er aufgebracht, woraufhin sich Ace nur noch mehr krümmte.

„Tom?“, hinterfragte die Schwarzhaarige besorgt.

„Schnauze.“, knurrte der Koch und rappelte sich hoch, während er sich schmerzlich das Gesäß rieb.

Ayume zog amüsiert die Augenbraue in die Höhe, ehe auch sie leise kicherte.

„Ich glaube wir brauchen eine Leiter für den alten Mann.“, keuchte Ace, der sich nicht beherrschen konnte.

„Ich benutze dich gleich als lebender Anker, Bursche.“, knurrte Tom. Er hatte eine gefährliche feuerrote Gesichtsfarbe angenommen.

„Willkommen auf Hot-Spring-Island!“, bemerkte eine Stimme ruhig, als die beiden Männer sich sofort herum wandten.

Eine kleine grauhaarige Frau, die sich schwer auf ihren Gehstock stützte war an das Schiff herangetreten und schenkte den Neuankömmlingen sofort ein freundliches Lächeln.

„Heiße Quellen klingt genau richtig für den alten Mann.“, schmunzelte Ace, als er einen belustigten Seitenblick zu Tom warf, der ihm kurzerhand den Mittelfinger zeigte.

Nun schwang sich Ayume ebenfalls über die Reling des Schiffes und kam leichtfüßig neben ihrem Onkel zum Stehen, ehe sie leicht den Kopf vor der alten Dame neigte.

„Vielen Dank für die Begrüßung.“, gab die Schwarzhaarige wieder.

„Angeberin.“, grummelte der Koch und verschenkte beleidigt die Arme vor der Brust, woraufhin Ace erneut in schallendes Gelächter ausbrach.

Etwas irritiert schweifte der Blick der alten Dame über die Neuankömmlinge, als sie schon gleichgültig mit der Schulter zuckte.

„Sie müssen hungrig sein von ihrer langen Reise. Folgen sie mir. Ich werde sie zu unserem Gasthaus bringen. Dort werden auch Zimmer für ihren Aufenthalt zur Verfügung stehen.“, gab die Alte schlicht von sich, wandte sich ab und schritt den Steg entlang.

„Endlich eine Frau, die Gedanken lesen kann.“, bemerkte Ace erfreut und folgte ihr, während Tom Ayume einen schiefen Seitenblick schenkte.

„Als ob man dazu Gedankenlesen müsse, um zu wissen, dass der Fresssack Hunger hat.“, grummelte er.

„Das habe ich gehört, Bruchpilot.“, rief Ace über seine Schulter hinweg, woraufhin Tom nur mit den Zähnen knirschte.

Ayume hingegen fuhr sich peinlich berührt durch ihr Deckhaar. Wie zwei kleine Kinder.

Ein ruhiger Aufenthalt...

Während Ace direkt am Tresen saß und das Essen in Bergen in sich hinein schaufelte, hatten sich Ayume und Tom zusammen an einen Tisch gesetzt.

„Man könnte meinen er hat seit Jahren nichts mehr zu essen bekommen.“, murrte der Koch, während Ayume leise schmunzelte.

„Ich hoffe sie genießen den Aufenthalt. Ich habe ihnen drei Zimmer zu Recht machen lassen.“, betonte die alte Frau freudig.

Es befanden sich noch viele andere junge Leute im Gastraum, wie Ayume bemerkte, als sie ihren Blick schweifen ließ. Schien wohl eine sehr bekannte Urlaubsinsel zu sein.

„Sehr nett von ihnen, vielen Dank.“, gab die Schwarzhaarige zurück, woraufhin sich die Alte leicht verneigte.

„Wir haben nicht oft so hohen Besuch, Lady Swordsmistress.“, gab sie noch von sich, als sie durch den Raum watschelte und sich hinter dem Tresen verkroch, wo sie Ace noch einmal einen freudigen Blick schenkte.

„Bist schon ganz schön berühmt geworden, Fräulein.“, murrte Tom, als er sich mit der Hand durch die grauen Haare fuhr.

„Scheint wohl so.“, gab Ayume etwas verblüfft zurück.

Die Türe wurde ein weiteres Mal aufgemacht und sofort verfielen die Männer im Raum in eine eisige Starre, wobei ihnen alle samt der Mund aufklappte. Auch Tom starrte, wie gebannt auf die Eingangstüre, woraufhin sich Ayume neugierig herum wandte.

Eine junge Frau, mit einer begnadeten Figur, die in einer sehr leichten Kleidung steckte, betrat den Raum, gefolgt von einigen Barbaren.

Ein hoher Federkragen umspielte ihr knallrotes Oberteil und dicke Ledergürtel hielten das riesenhafte Schwert an ihrem Rücken.

Ayume zog verwundert eine Augenbraue in die Höhe, während sich die Fremde verführerisch durch die Haare strich. Sie war sich ihrer Ausstrahlung durchaus bewusst, bemerkte die Schwarzhaarige.

Den Einzigen, den ihr Auftritt völlig kalt ließ, war Ace. Er war viel zu beschäftigt damit seinen achten Teller zu leeren, als dass er sie überhaupt bemerkt hätte.

„Da haben mich meine Augen doch nicht getäuscht, Ace.“, drang ihre helle Stimme durch den Raum, woraufhin er verwundert den Blick hob.

„Kenne ich dich?“, hinterfragte er schlicht und musterte die Fremde, die auf ihn zugekommen war.

„Erinnerst du dich nicht mehr?“, grummelte sie, wobei sie die Arme vor der Brust verschränkte und ihm einen beleidigten Blick schenkte.

Seine Hand fuhr zu seinem Hut, den er sich nachdenklich nach hinten schob. Er schien ernsthaft zu grübeln.

„Ah. Warst du nicht das Mädchen, dass sich in Alabasta hoffnungslos in der Wüste verirrt hatte?“, rief er aus, als der Gedankenblitz durch seinen Kopf schoss.

Peinlich berührt senkte sie den Blick, wobei ein roter Schimmer ihre Wangen belegte.

„Mittlerweile habe ich meine eigene Crew. Ich bin Federboa Azuki, Kapitän der gefürchteten Federboapiraten.“, gab sie von sich, während sie auf ihre Begleitungen deutete.

„Federboapiraten? Ich habe noch nie davon gehört, tut mir leid.“, bemerkte Ace mit einem entschuldigenden Lächeln im Gesicht, was sie erneut mit einem beleidigten Blick konterte.

Ayume hingegen warf einen leichten Seitenblick zu Tom, der noch immer starr die Frau anblickte, als sie ihm unsanft gegen das Schienbein trat. Daraufhin zuckte er tatsächlich aus seiner Trance und rieb sich schmerzlich das Bein.

Seufzend stemmte die Schwarzhaarige ihr Kinn auf die rechte Faust.

„Ist das nicht Lady Swordsmistress?“, flüsterte einer der Barbaren zu seinem nahestehenden Kollegen, welcher sich sogleich dem Raum zuwandte und suchend seinen Blick gleiten ließ.

„Ja, das ist sie. Lady Swordsmistress!“, entkam es ihm, als er sie erspäht hatte. Leider etwas zu laut, denn auch Azuki wandte sich zu ihren Nakamas herum. Sie schenkte ihnen einen abgrundtief bösen Blick, woraufhin beide sogleich verstummten und ihre Blicke auf den Boden legten.

Aces Lächeln verbreiterte sich, ehe er mit dem Daumen über seine Schulter deutete.

„Das sind meine Gefährten.“, stellte er sogleich klar.

Azuki warf der Feuerfaust nur einen schlichten Seitenblick zu, als ihre Augen schon feindlich die junge Schwarzhaarige musterten.

Ayume konterte den giftigen Blick mit einer hochgezogenen Augenbraue. Was hatte sie denn?

„Du bist die Swordsmistress?“, drang ihre Stimme durch den Raum, während sie angriffslustig die Fäuste an die Hüfte stemmte.

„Richtig.“, gab Ayume kühl zurück. Und schon war sie dahin, die Illusion von einem ruhigen Aufenthalt.

„Ich fordere dich zu einem Kampf heraus.“, herrschte die Piratenfrau mit einem überlegenen Lächeln im Gesicht.

Ayume spürte die abwartenden Blicke förmlich auf ihrer Haut brennen, als sie sich gelassen erhob, den Stuhl wieder an seinen Platz zurück schob und sich wieder an Azuki wandte.

„Bitte, Ladys! Wer wird denn gleich…“, begann Tom, woraufhin Ayume ihn beschwichtigend eine Hand auf die Schulter legte.

„Wenn ihr mich entschuldigen würdet. Ich habe keine Zeit für so einen Unsinn.“, meinte die Schwarzhaarige schlicht, ergriff ihren kleinen schwarzen Rucksack, durchschritt den Raum und verschwand aus der Türe.

Irritiert blickte Azuki noch immer auf den Ausgang, wo gerade die Swordsmistress verschwunden war und rang um Worte. Noch nie hatte sie jemand einfach stehen gelassen. Das würde sie nicht auf sich sitzen lassen. Wütend schnaubte sie, woraufhin sie sich neben der Feuerfaust auf den freien Stuhl setzte und den ersten Rum des Tages orderte.

Ace rückte sich den Hut auf dem Kopf zu Recht, ehe er seiner alten Bekannten einen Seitenblick schenkte.

„Ich würde mich nicht mit ihr anlegen.“, meinte er beiläufig, was ihm einen finsteren Blick einbrachte.

„Ich bin lange nicht mehr so schwach, wie du vielleicht glaubst. Und eines Tages werde ich eine Piratenkaiserin, genauso wie mein großes Vorbild Boa Hancock!“, fauchte sie, was Ace erneut in schallendes Gelächter ausbrechen ließ.
 

„Swordsmistress?“, drang eine feine Stimme an Ayumes Ohren, als sie gerade gemütlich durch die ruhigen Straßen des Dorfes schritt und ihren Blick schweifen ließ. Angesprochene wandte sich herum und ihr Blick fiel auf ein Mädchen mit rötlichen Haaren und sanft grünen Augen. Ihre zierliche Figur steckte in einem feinen weißen Kleid. In der rechten Hand hielt sie einen robusten Bambusstab fest umklammert. Sie musste gerade einmal zwölf Jahre alt sein. Ayume spürte einen kurzen Stich in ihrem Herzen, als sie das Kind genauer betrachtete.

„Kann ich dir helfen?“, hinterfragte die Schwarzhaarige freundlich, was ihrer Gegenüber einen nachdenklichen Blick verlieh.

„Wenn ich dich besiege, dann lässt du mich mit dir reisen?“, hakte das Mädchen nach, woraufhin Ayume verwundert die Augenbrauen in die Höhe zog.

„Davon werden deine Eltern nicht begeistert sein.“, gab sie zurück.

Behände umging die Rothaarige den Kommentar und stellte sich in Angriffsposition.

Mit einem Schritt zur Seite wich Ayume dem ersten Schlag gekonnt aus, als schon der Nächste folgte.

Einige Minuten lang versuchte das Mädchen erbarmungslos die Schwarzhaarige zu attackieren, wobei jeder ihrer Schläge ins Leere ging. Bis sie schließlich keuchend inne hielt.

„Wie heißt du?“, nutzte Ayume die Gunst der Stunde.

„Nini.“, entkam es dem Kind gequält.

Ayume spürte, wie aufgewühlt die Rothaarige war, während sie sich vermutlich eine neue Taktik zu Recht legte.

Ehe Nini erneut ausholen konnte, ergriff die Schwarzhaarige den Stock, entwand ihn ihren Fingern und stupste dem Kind damit gegen die Stirn.

Von der Schnelligkeit der Piratin überwältigt riss Nini die Augen erschrocken auf und befühlte ihre Stirn, auf der sich gerade ein leichter roter Punkt bildete.

„Verloren.“, schmunzelte die Schwarzhaarige und kniete sich zu dem Kind hinab.

Etwas betrübt nahm Nini den Stock wieder entgegen und senkte den Blick.

„So werde ich nie ein Pirat.“, murrte sie.

„Wieso möchtest du unbedingt ein Pirat werden?“, hakte Ayume hinterher, woraufhin sich ein sehnsüchtiger Glanz in die Augen des Kindes verirrte.

„Ich möchte meine Schwester finden.“, gestand Nini, woraufhin Ayume geschockt ihre Augen weitete. Konnte es möglich sein? Diese moosgrünen Augen, die roten Haare. Die Gedanken kreisten im Kopf der Schwarzhaarigen.

„Irgendwann möchte ich einem großartigen Piratencaptain dienen, mit ihm um die Welt reisen und dann finde ich meine Schwester. Ich bin mir sicher.“, gab Nini noch einmal mit Druck zu verstehen. Sie hatte das Gefühl Ayume würde ihren Worten nicht glauben.

„Ich möchte, dass du mein Kapitän bist, Swordsmistress.“, fügte sie etwas flehend hinzu.

Ayume senkte den Blick. Jedes ihrer Worte war, wie ein Stich mitten ins Herz. Sie konnte dem Kind unmöglich von Nabiki erzählen. Ihr gestehen, dass sie es nicht geschafft hatte sie zu retten. Nini durfte nicht von Nabikis Tod erfahren.

„Dienen?“, hinterfragte Ayume mit belegter Stimme, woraufhin das Kind den Blick hob.

„Vergiss es. Jeder hat seine eigenen Träume.“, fügte die Schwarzhaarige hinzu.

Nini runzelte die Stirn und zog einen Schmollmund.

„Du kannst nicht immer tun, was andere von dir verlangen. Du musst deinen eigenen Weg finden und ihn gehen, egal wie schwer es scheint. Erst dann bist du frei, Nini.“, erklärte sich Ayume und nahm ihren Rucksack von der Schulter.

Neugierig folgten die Augen der Zwölfjährigen Ayumes Bewegungen, ehe die Schwarzhaarige fand, was sie suchte. Mit einem Schmunzeln ließ sie die Erinnerungen Revue passieren, ehe sie die feinen Dolche, zusammen mit dem dünnen Gürtel hervor zog und sie dem Kind in die Hand drückte.

„Halte an deinem Traum fest und eines Tages wirst du mich besiegen.“

Die grünen Augen strahlten vor Freude und Ehrfurcht, als sie das Geschenk entgegen nahm und mit ihren zierlichen Fingern die Scheiden entlang fuhr.

„Danke, Swordsmistress!“, entkam es Nini völlig verblüfft.

„Mein Name ist Ayume.“, schmunzelte die Schwarzhaarige, ehe sie sich erhob, dem Kind vor ihr nochmal die Hand auf den Scheitel legte und sich dann langsam abwandte.

Die Augen Ninis waren noch immer auf das Geschenk geheftet, sodass sie nicht einmal mitbekam, wie sich Ayume entfernte und um das nächste Eck verschwand.

Trist befingerte die Schwarzhaarige das Amulett um ihren Hals. Das Schicksal war schon sehr trügerisch. Nabiki hatte Familie. Fernab von Caterville gab es Menschen, die die Rothaarige vermisst hatten. Eine kleine Schwester, deren Traum es war, ihr verlorenes Familienmitglied zu finden. Ayume hatte niemanden. Keiner hätte sie vermisst, wenn sie damals statt Nabiki gestorben wäre und dennoch war sie es, die überlebt hatte.
 

Er hätte wetten können, dass er sie hier fand. Am Stand sitzend, im Licht der untergehenden Sonne, mit dem Blick auf das Meer hinaus gerichtet.

Einen Berry für ihre Gedanken, bedachte er, als er schon an seine Nakama heran schritt. Sein Blick flog über ihren Körper, als ihm die weißen dicken Narben, die unter ihrem Shirt hervor spickten, schon ins Auge fielen. Er musste sich eingestehen, dass man der Stahlbirne oft nicht anmerkte, wie hart ihre Vergangenheit auf ihr lastete, doch beim Anblick der Narben konnte man das Leid beinahe spüren, welches sie über die Jahre hinweg auf sich genommen hatte.

Ace zog sich den Hut tiefer ins Gesicht, ehe er sich neben der Schwarzhaarigen in den warmen Sand fallen ließ. Ein leichter Seitenblick in ihr Gesicht verriet ihm schon, dass sie wohl wieder gegrübelt hatte.

Er schwieg und genoss die friedliche Ruhe, die in der Luft lag. Nachdem sie von einem Kampf in den Nächsten gefallen waren tat etwas Erholung unglaublich gut. Nicht, dass Ace jemals ein ruhiges Leben dem Seinen vorgezogen hätte, doch ab und an brauchte selbst die Feuerfaust erholsame Momente.

„Es tut mir Leid, Ace.“, gab Ayume nach einer Weile von sich.

„Hör auf dich zu entschuldigen. Es gibt nichts, was dir Leid tun müsste. Wie wäre es mit einem Bad in den heißen Quellen?“, schwenkte Ace das Thema um. Die innerliche Erleichterung, dass das Schweigen zwischen ihnen endlich gebrochen war, brachte er mit einem breiten Lächeln zum Ausdruck.

„Als Teufelskraftbesitzer in einer heißen Quelle? Wo ist eigentlich Tom?“, hinterfragte die Schwarzhaarige skeptisch.

„Zerbrich dir nicht den Kopf. Etwas Entspannung tut uns gut nach den letzten Wochen. Tom feiert noch mit Federboa Azuki, also komm jetzt.“, beschloss die Feuerfaust und rappelte sich vom Boden hoch, ehe er ihr auffordernd die Hand entgegen hielt.
 

Als Ace die Badeanstalt betrat drang ihm sofort lautes Gegröle entgegen. Er schritt gelassen an die heiße Quelle heran und sein Blick fiel auf die Federboapiraten, die zusammen mit Tom im Wasser, am steinigen Ufer lehnten.

„Wie dünn und zierlich sie ist!“, johlte der erste Barbar zu seinem Kollegen, der mit funkelnden Augen nickte.

„Ihre Augen und ihre Figur.“, setzte er hinterher.

„Habt ihr euch mal diesen Hintern angesehen?“, brachte der Dritte hervor, woraufhin ein Raunen durch die Gruppe ging.

„Isch sagsch eusch genau einma, Freunde! Einen Finger an meine Nischte und isch bresch eusch alle Knoschen!“, knurrte Tom und hob drohend den Zeigefinger.

Die Federboapiraten brachen daraufhin in schallendes Gelächter aus.

„Wie kühl sie unseren Drachen in der Gaststätte stehen ließ!“, fing der Erste wieder an.

„Ich würde sie ja zu gerne kennen lernen.“, schwärmte der Zweite, woraufhin Tom beleidigt die Arme vor der Brust verschränkte.

„Ihr solltet aufpschen, dasch Atschuki dasch nischt hört!“, knurrte der Koch.

„Sonst tritt sie uns wieder!“, jammerte der Dritte.

„Sie ist so ein übellauniger Mensch. Ganz anders, als Swordsmistress.“, bemerkte der Erste.

Ace verschränkte die Arme vor der Brust, während er dem inneren Drang widerstand diesen Idioten die Köpfe zu Recht zu rücken. Schien fast so, als seien die Federboapiraten ein kleiner Fanclub von seiner Stahlbirne, was ihm gar nicht behagte, vor allem, wenn er bedachte, dass sich diese nur durch eine Felswand verborgen in der heißen Quelle nebenan aufhielt. Zum Glück hatten die Idioten das noch nicht bemerkt.
 

Etwas unangenehm war es der Schwarzhaarigen schon, inmitten der vielen Frauen, die sich angeregt über ihr Liebesleben, oder diversen anderen Schund unterhielten, zu sitzen, auch wenn das Wasser sanft ihre Haut umspielte.

„Swordsmistress!“, drang eine düstere Stimme durch die Badeanstalt. Ayume blickte auf und am anderen Ende stand Federboa Azuki, gerade noch in einem kleinen Handtuch gewickelt, während sie drohend einen Finger auf die Schwarzhaarige gerichtet hatte.

Auch das noch, bedachte Ayume und ließ den Kopf sinken.

„Isch werde disch besiegen!“, rief die Piratin aus und funkelte angriffslustig.

Mit was hatte sie das nur verdient? Alle Augenpaare waren nun verwundert auf die Schwarzhaarige gerichtet. Sie wünschte sich im Moment nichts mehr, als einen Spalt, der sie zum Mittelpunkt der Erde befördern würde.

„Lass Ayume in Ruhe du alte Hexe.“, keifte eine weitere Stimme, die Ayume nur zu gut kannte. Konnte es noch schlimmer werden?

„Wasch willscht du, kleine Göre?“, fauchte Azuki aufgebracht und schubste das Kind von sich. Das ließ sie sich natürlich nicht gefallen, holte mit ihrem Bambusstock aus und schlug ihrer Gegenüber auf die Stirn.

„Spinnscht du? Das tut weh, verdammt. Warte nur, wenn ich disch erwische!“, schrill drang das Echo ihrer Stimme durch die betroffene Stille, die sich nun über das Frauenbad gelegt hatte. Nini bleckte nur ihre Zunge, während die Federboapiratin wild tobte. Sie setzte dem Mädchen hinterher, als sie eilig davon rannte, wobei sich eine Welle aus wüsten Flüchen von den Lippen der jungen Frau löste.

Die beiden Unruhestifter waren so laut, dass sicher die ganze Insel von dem Zwischenfall erfahren würde, während Ayume bis zum Kinn im Wasser versank. Ihr Gesicht war hochrot, was nicht an der Wassertemperatur lag.

Mit einem Mal verstummte das Gekeife. Ayume blickte verwundert hoch und erkannte die alte Dame, welche die Mädchen an den Ohren zu sich hinab gezogen hatte.

„Ich entschuldige mich für diese Unannehmlichkeit. Ich werde diese beiden Plagegeister entfernen.“, murrte sie giftig, ehe sie die wimmernden Streithähne mit sich hinaus nahm.

Ayume seufzte gequält und fuhr sich mit beiden Händen über ihr Gesicht.

„Huhu Swordsmistress!“, drang eine weitere Stimme an ihre Ohren, woraufhin sie den Blick die Felswand empor schweifen ließ. Bitte, lass es nicht das sein, was sie vermutete.

Mit erschreckt geweiteten Augen erkannte die Schwarzhaarige zwei Barbaren der Federboapiraten, welche breit grinsend und mit wedelnden Armen auf der Absperrung standen. Sie waren splitternackt und betrunken.

Kreischend bemerkten einige weitere Frauen die Männer, die hoch über ihren Köpfen ins Frauenbad spickten, als sie schon die ersten Gegenstände nach ihnen warfen.

„Seht zu, dass ihr Land gewinnt. Vollidioten.“, knurrte Ace abfällig, als er den Beiden einen Tritt verpasste, woraufhin sie direkt ins Frauenbad abstürzten und benommen auf dem Felsboden aufschlugen. Er zog sich seinen Hut weiter ins Gesicht, welches einen genervten Ausdruck aufhatte.

Zum Glück war wenigstens ihr Gefährte vollständig angekleidet. Doch auch er wurde von den Frauen im Bad wüst beschimpft, ehe einige Gegenstände durch seinen flammenden Körper drangen und er schleunigst das Weite suchte.

Ayume schlug sich die Hände ins Gesicht und senkte den Blick. Womit hatte sie das nur verdient?

Rothaarige Vergangenheit

Die Schwarzhaarige hatte die Hände in den Schoß gelegt und ihr rotes Gesicht gesenkt. Der peinliche Vorfall lag ihr noch immer, wie ein Stein im Magen. Direkt neben ihr saß Ace, den Hut ins Gesicht gezogen, die Augen geschlossen, doch trotz allem waren seine Züge hart. Seinen rechten Arm hatte er provokant über die Stuhllehne von Ayume gelegt. Ein genervtes Zischen seinerseits unterstrich seine üble Laune noch.

Tom war auf seinen Platz zusammen gesunken und schnarchte friedlich vor sich hin, während hinter ihm am Nachbartisch die Federboapiraten Platz genommen hatten. Es herrschte bitteres Schweigen, als Azuki sich einen Kühlbeutel auf die Stirn drückte.

Hinter der Bar, bei der alten Frau stand Nini, die ebenfalls einen angesäuerten Blick Richtung der Federboapiraten warf.

Polternd ging die Türe zum Gastraum auf, als sich zwei riesenhafte Schatten durch die Türe schoben. Ayume bemerkte sofort, wie die Menschen, um sie herum unruhig wurden. Vorsichtig schielte sie mit den Augen zur Tür und erkannte zwei Männer mittleren Alters. Mit einem schelmischen schiefen Grinsen traten sie an die Bar heran und ließen sich auf den Hockern nieder.

Hinter ihnen drangen noch mehr fremdartige Menschen in den Raum und ließen sich an die freien Tische nieder, während sie grölend darauf warteten bedient zu werden.

„Wo ist mein Bier, alte Frau?“, knurrte der größere von Beiden.

Anhand ihrer Kleidung war zu erkennen, dass es sich um Räuber handeln musste, die sich hier auf der Insel niedergelassen hatten. Ayume spürte, dass die Spannung in der Luft beinahe erzitterte. Die Männer waren wohl keine unbeschriebenen Blätter.

„Wollt ihr nicht erst die ausstehenden Zechen bezahlen?“, hinterfragte die alte Dame schlicht, während sie ihre Arme vor der Brust verschränkte. Mutig, wenn man bedachte, dass der Mann vor ihr, sie jederzeit in Stücke reißen konnte.

Ayume senkte den Blick auf ihre Hände, Ace neigte sich leicht nach vorne und sogar Federboa Azuki wurde verdächtig still. Den Piraten im Gastraum war bewusst, dass die Stimmung sich binnen Sekunden sofort wandeln könnte.

„Ich muss keine Zeche bezahlen.“, fauchte der Erste wild und schlug mit der Faust auf den Tresen, sodass sogar Nini erschrocken zurück zuckte.

„Wenn dir etwas an deinem Leben liegt, dann solltest du ihm etwas zu trinken geben.“, schmunzelte der zweite vollbärtige Mann.

„Tut mir Leid. Erst bezahlt ihr eure Schulden.“, konterte die Frau schlicht.

Vermutlich traute sie sich das auch nur, weil so viele Piraten unerkannt im Raum waren, doch ob ihr die Gefahr dieser Situation überhaupt bewusst war?

Der Erste bäumte sich gefährlich vor dem Tresen auf. Sein Gesicht verriet, dass seine Laune gerade gekippt war, als ihm schon das Ende eines Stockes ins Gesicht gehalten wurde.

„Finger weg von meiner Großmutter, sonst setzt es was.“, keifte Nini unerschrocken.

Auch das noch.

Behände griff der Mann nach dem Stock und zog das Mädchen nahe an sich heran.

„Was willst du tun? Mich mit deinem Stock kitzeln? Übernimmst du dich da nicht ein klein wenig, Göre?“, fauchte er. Nini riss erschrocken die Augen auf. Sie hatte die Kraft des Mannes wohl unterschätzt, doch so schnell sie ihre Fassung verloren hatte, so schnell kam auch ihr Mut wieder zurück. Leichtfüßig schwang sie sich auf den Tresen und trat dem Fremden mitten ins Gesicht.

„Ich kann mich auch ohne Stock wunderbar verteidigen. Und jetzt macht, dass ihr hier weg kommt.“, knurrte das Kind. Schallendes Gelächter kam von den Tischen der Räuber, als sie ihren Anführer mit einem Kind raufen sahen. Dieser hingegen fand die ganze Geschichte nicht sonderlich belustigend.

Blitzschnell hatte er eine krumme Klinge gezogen und hielt sie Nini an die Kehle.

„Ich werde dir zeigen, was es bedeutet sich mit den Bergräubern anzulegen, Miststück.“, fauchte er aufgebracht. Ein erschrockenes Aufkeuchen ging durch den Raum, als Nini ängstlich zu ihrer Großmutter blickte, die ihren Gesichtsausdruck erwiderte.

„Mit Räubern legt man sich nicht an, Schätzchen.“, fügte der Zweite gelassen hinzu, ehe er erschrocken zurück zuckte.

Eine eiskalte silbrige Klinge legte sich an die rechte Halsseite des Peinigers und eine kühle Aura durchströmte den kompletten Raum.

„Lass sie los.“, merkte Ayume schlicht an. Ihre Augen waren direkt auf den Anführer der Bergräuber gelegt, der ihr nur einen kurzen Seitenblick schenkte.

„Ist heute Aufstand der kleinen Mädchen?“, hinterfragte er schlicht, als sich der Druck der Klinge verstärkte.

„Ich wiederhole mich ungern.“, schnaubte die Schwarzhaarige, ehe er das Kind unsanft von sich stieß.

Im Augenwinkel bemerkte Ayume, wie der Vollbärtige gerade dazu ansetzte seinem Kumpel zur Hilfe zu eilen, als auch ihm eine riesenhafte Klinge an den Hals gelegt wurde.

„Wisst ihr. Ich kann diese nervtötende Rotznase nicht ausstehen, aber Schlappschwänze, wie euch, noch viel weniger.“, knurrte Azuki, die behände das Monstrum von einem Schwert in ihrer Rechten hielt, den Kühlbeutel noch immer mit der Linken an ihre Stirn presste.

Es wurde verdächtig still im Raum, als sich nun auch langsam der Rest der Räuber von ihren Plätzen erhob, doch sie kamen nicht weit, da sich die Federboapiraten ihnen in den Weg stellten.

„Na, Kumpels? Wohin des Weges?“, befragte Sacho, einer der Barbaren gelassen und schenkte den fremden Männern ein überlegenes Lächeln.

„Touché.“, schmunzelte Azuki.

„Die Vorstellung ist beendet, ihr Waschlappen. Macht euch vom Acker. Gegen Federboa Azuki und ihrer Piratencrew habt ihr keine Chance.“, fügte sich noch hinzu.

Die Männer machten keine Anstalten sich zu bewegen. Gedemütigt von zwei Frauen mitten in einem Gastraum. Sie spürten die belustigten Blicke und ihr Blut brodelte vor Wut.

Mit einer schnellen Bewegung versuchte der Anführer Ayume einen Stich zu verpassen, doch diese hatte den Schwertknauf ihres zweiten Katanas schon in der Hand. Sie konterte den Schlag geschickt und zog dem Räuber behände die Beine unter dem Körper davon. Mit einem lauten Poltern fiel er vorne über auf die Nase und blieb kurz benommen liegen.

„Die Bewohner dieses Dorfes stehen unter meinem Schutz. Ich lasse nicht zu, dass ihr ihnen auch nur ein Haar krümmt.“, gab Ayume von sich. Ihr Gesicht war entschlossen. Sie würde es auch mit allen Bergräubern zeitgleich aufnehmen, wenn sie musste. Nabikis Schwester würde sie nicht auch noch verlieren. Nicht, nachdem sie endlich die einzige Verbindung zu ihrer toten Schwester gefunden hatte.

„Das hat Folgen. Für euch alle!“, brüllte der Mann am Boden wütend, ehe er sich hochrappelte und der Schwarzhaarigen einen tötenden Blick schenkte.

„Auch für dich Blacky. Auch für dich.“, zischte er noch, ehe er sich abwandte, Azuki unsanft anstieß und sich durch die Federboapiraten vorbei drängte. Langsam und zögerlich folgte ihm einer, nach dem Anderen hinaus in die Dunkelheit.

„Als ob diese Pfeife sich mit Azuki und die Federboapiraten anlegen könnte.“, schnaubte die junge Frau und schwang behände ihr Schwert in die Gürtelvorrichtung am Rücken zurück.

„Vielen Dank, Swordsmistress.“, die alte Dame verneigte sich vor der Schwarzhaarigen, die sich ein feines Lächeln abrang.

„Ayume!“, rief Nini aus und funkelte die Piratin dankbar an.

„Ein Hoch auf unsere Swordsmistress!“, rief sie aus, beide Arme zum Himmel gestreckt mit einem breiten Grinsen im Gesicht prangern. Die Geste wurde mit den Bierkrügen der versammelten Menschen wiedergegeben, ehe ein zustimmender Ruf erschallte.

„Sei lieber froh, dass wir dir den Arsch gerettet haben, du Rotznase!“, fauchte Azuki mit einer Handbewegung zu ihrer Crew.

„Mit dir habe ich gar nicht geredet, du Aas!“, keifte Nini sofort und verschränkte die Arme vor der Brust.

„Wie hast du mich genannt, du Stäbchenschwinger?“, fauchte Azuki aufgebracht. Ihr Gesicht wurde feuerrot vor Wut.

Ayume senkte den Blick und legte ihre linke Hand an die Stirn. Die Beiden würden wohl niemals Waffenstillstand halten.

„Aas habe ich dich genannt.“, meinte Nini düster.

Die Federboapiraten tippten von einem Bein auf das Andere, ehe sie sich stumm wieder an ihren Tisch fallen ließen. Peinliche Stille war eingekehrt, in der sich die beiden Streithähne wüste Beschimpfungen an den Kopf warfen.

Der Einzige, der sich kaum halten konnte, war Ace, der den Streit mit schallendem Gelächter quittierte.

„Nini!! Solche Worte aus deinem Mund?“, fauchte eine aufgebrachte Frauenstimme, als eine rothaarige ältere Frau schon den Raum durchschritt.

„Hat man ihnen in ihrer Kinderstube keine Erziehung mitgegeben?“, wandte sie sich schnippisch an Azuki, der es die Sprache verschlug.

„Du kommst sofort mit nach Hause, junges Fräulein. Ich habe nichts, als Ärger mit dir!“, schimpfte die Rothaarige, während Nini ein leidliches Gesicht zog.

„Tut mir Leid, Mum.“, äußerte sich das Mädchen verlegen und sprang behände vom Tresen.

„Nabura, Nini hat zusammen mit diesen Piraten die Bergräuber vertrieben.“, mischte sich nun die alte Frau in das Gespräch mit ein. Mit einem sachten Lächeln versuchte sie die Jüngere zu beruhigen, doch Naburas Gesicht färbte sich binnen Sekunden feuerrot.

„Piraten? Wir haben schon genug Probleme mit dem Räubergesindel. Jetzt verbünden wir uns schon mit Piraten?“, knurrte die Rothaarige.

„Schert euch fort. Niemand braucht eure Hilfe. All die Jahre sind wir mit den Räubern zu Recht gekommen. Und haltet euch fern von meiner Tochter!“, wandte sich Nabura direkt an Ayume, die sie noch immer nicht ansah. Zu sehr schmerzte die Ähnlichkeit zu Nabiki. Nun war es sicher. Sie hatte die Familie ihrer besten Freundin gefunden.

Aufgebracht wandte sich die Rothaarige ihrer Tochter zu, packte sie am Oberarm und zog sie mit sich aus dem Gasthaus.

Azuki fuhr sich durch die Haare, ehe sie ihren Blick auf die Schwarzhaarige legte.

„Was für eine hysterische alte Frau.“, meinte sie gelassen.

Wortlos drehte ihr Ayume den Rücken zu und durchschritt den Raum bis hin zu den Treppen ins obere Stockwerk, wo sich ihr Zimmer befand. Dort angekommen setzte sich die Schwarzhaarige unter das Fenster auf den Boden und griff instinktiv nach ihrem Medaillon.

„Warum hasst sie uns Piraten so sehr? Denkst du, sie macht mich für deinen Tod verantwortlich?“, begann Ayume auf ihre Freundin einzureden, die wie immer, aus dem Bild hervor lächelte.

„Ich sollte mit ihr reden, nicht wahr? Ihr die Wahrheit erzählen. Aber wird sie mir glauben, wenn die Mörderin ihrer Tochter vor ihr steht?“, seufzte die Schwarzhaarige.

Sie hatte ihre Entscheidung längst getroffen. Sie würde mit Nabura reden müssen, das war sie Nabiki schuldig. Sie musste ihrer Mutter sagen, was geschehen war.
 

„Ace!“, flötete Azuki und kam mit zwei Sakekrügen an die Feuerfaust heran getreten. Dieser hingegen blickte noch immer verwundert auf die Treppe, wo Ayume gerade verschwunden war. Sicherlich würde sie wieder grübeln und sich selbst verfluchen. Er kannte das Gefühl versagt zu haben, bei einem Menschen, den man liebte, wie sein eigenes Fleisch und Blut.

Er zuckte erst aus seinen Gedanken hoch, als die Piratin ihm den Sakekrug mit einem Lächeln direkt vor die Nase stellte.

„Soll ich dir etwas Gesellschaft leisten, nachdem der Schwachkopf eingeschlafen ist?“, hinterfragte sie mit sanfter Stimme, während sie in Toms Richtung nickte.

Ace zog verwundert die Augenbraue in die Höhe. Es gab nur zwei Leute, die Tom einen Schwachkopf nennen durften.

„Mir würde es schon reichen, wenn du freundlicher zu meinen Nakamas wärst.“, konterte die Feuerfaust schlicht.

„Willst du nicht lieber mit mir reisen, Ace? Zusammen könnten wir viel mehr erreichen.“, hinterfragte sie, den letzten Kommentar umgehend, als sie sich direkt neben Ace auf den Stuhl fallen ließ.

Das war doch wohl nicht ihr Ernst? Er sollte seine Stahlbirne und den cholerischen Koch sich selbst überlassen und mit der Federboa reisen?

„Vielleicht solltest du erst einmal lernen, was Nakama bedeutet, ehe du Weitere in deine Crew aufnimmst.“, damit erhob er sich, zog seinen Hut tiefer ins Gesicht und wandte sich ebenfalls zum Gehen um.

Er musste nach seiner Stahlbirne sehen, bevor sie sich wieder im Selbstmitleid baden würde.

Als er ihr Zimmer betrat, stand sie am Fenster, mit dem Rücken zum Raum gewandt.

„Du hast dich an der Tür geirrt.“, gab sie schlicht zu verstehen.

Ace schmunzelte. Immerhin war ihre Stimmung nicht so schlecht, wie er angenommen hatte.

„Die Dorfbewohner stehen also unter deinem Schutz?“, gab Ace ruhig zurück und trat an ihre Seite. Draußen war es mittlerweile dunkel geworden.

„Ja. Das bin ich Nabiki und ihrer Familie schuldig.“, gestand sie. Das erste Mal, dass sie so offen über ihre verlorene Schwester sprach.

„Ich bin damals mit beiden kleinen Brüdern Sabo und Ruffy aufgewachsen. Als wir uns geschworen hatten nichts in unserem Leben zu bereuen ist Sabo auf das Meer hinaus gesegelt. Die Marine jedoch hat sein Schiff abgefangen und er geriet in Beschuss. Das Schiff fing Feuer, welches er nicht mehr löschen konnte. Sabo versank im Meer.“, erzählte Ace. Warum er dies tat wusste er nicht, es überkam ihn einfach.

„Das tut mir Leid.“, gab Ayume trist wieder. Sie hatte sich auch ohne diese Erklärung schon denken können, dass Ace einen schweren Verlust zu verkraften gehabt hatte.

Behände legte Ace seinen Arm um ihre Schulter und zog sie an sich, ehe er ihr wieder einmal mit der Faust über den Scheitel rieb.

„Muss es nicht, Stahlbirne, du hast damit nichts zu tun.“, murrte er, während sie sich verbissen wehrte.

„Lass das, Ace!“, entkam es ihr.

Er ließ von ihr ab und schenkte seiner Gegenüber ein breites Grinsen, was sie mit einem finsteren Blick konterte.

„Sicherlich feiert Sabo mit Nabiki eine wilde Fete.“, schmunzelte Ace gelassen.

Ayume zog die Augenbrauen in die Höhe.

„Das würde Nabiki nie machen.“, konterte sie.

„Aber Sabo.“, entgegnete Ace.

„So ein Blödsinn.“, knurrte Ayume und verschränkte die Arme vor der Brust.

„Wer sagt, dass Sabo Nabiki nicht um den Finger gewickelt hat?“ Ace grinste in sich hinein. Wie unschuldig Ayume war, war ihm bis jetzt noch nie aufgefallen.

Ein leichter Rotschimmer legte sich über ihre Wangen, als ihr klar wurde, worauf Ace eigentlich anspielte.

„Als ob sich Nabiki auf so etwas einlassen würde.“, ihre Stimme klang unentschlossen, was Ace natürlich sofort für sich gebrauchte.

Er trat nahe an die Schwarzhaarige heran und drängte sie nahezu an die nächste Wand, als ihr Blick erschrocken auf sein Gesicht gerichtet war. Noch immer hatte die Feuerfaust sein typisches Lächeln aufgesetzt, als er sich etwas weiter zu ihr hinab beugte. Kaum ein Blatt Papier hätte in diesem Moment zwischen sie gepasst, während Ayumes Körper von ihrem Herzschlag erschüttert wurde, war der Rest hoffnungslos erstarrt.

„Ach nein?“ Ein herausforderndes Funkeln blitzte in Aces Augen auf, als sich ihre Nasenspitzen fast berührten.

Mit einem Poltern wurde die Türe aufgerissen, woraufhin sich Ace eilig herum wandte und den Hut tiefer ins Gesicht zog. Timing.

„Swordsmistress!“, keuchte die alte Frau im Lichtkegel des Flures, als auch die ältere Rothaarige dazu stieß, die wütend ihre Arme verschränkte.

„J… Ja.“, entkam es Ayume gehetzt.

„Nini. Sie ist verschwunden. Bitte, ich brauche deine Hilfe.“, keuchte die Alte.

„Mutter!! Wir brauchen keine Hilfe von einem Piraten!“, zischte Nabura.

„Willst du Nini ihrem Schicksal überlassen? Sei nicht so stur.“, keifte die alte Dame ganz außer sich.

Binnen Sekunden hatte sich Ayume wieder gefangen und stürmte aus der Türe, dicht gefolgt von ihrem Nakama. Sie mussten nicht lange überlegen, wo Nini abgeblieben war. Die Bergräuber, da war sich Ayume sicher.

„Ich warne euch. Wenn meiner Nini etwas geschieht!“, rief ihnen Nabura nach, während sie noch immer aufgebracht hinterher hetzte. Plötzlich spürte sie einen harten Griff am Oberarm und wurde prompt zurück gezogen. Die Augen vor Kopfschmerzen zu feinen Schlitzen verengt, hinderte der Koch die Rothaarige daran unüberlegt den Piraten zu folgen. Er hätte wohl nicht so tief ins Glas gucken sollen.

„Lassen sie mich los!“, zischte sie.

„Meine Nichte bringt ihre Tochter sicher zurück. Da verwette ich sogar meinen Arsch drauf. Und jetzt Klappe zu. Ich hab einen fürchterlichen Kater…“, murrte der Koch, was Nabura verdutzt drein blicken ließ. So hatte auch noch niemand mit ihr gesprochen.

Ich bin Federboa Azuki!

„Was gibt es Schöneres, als einen kleinen Waldspaziergang bei Nacht?“, murrte Ace, als er gerade einem schwingenden Ast auswich und sich den Hut wieder gerade rückte.

Ihr Weg führte sie direkt durch den dicht bewachsenen Wald ans andere Ende der Insel, auf dem sich der Berg befand. Wie der Name Bergräuber schon vermuten ließ, würden sie ihr Quartier sicherlich irgendwo auf diesem groß gewachsenen Felsen errichtet haben. Fragte sich nur, was sich schwieriger gestaltete. Den Berg zu erklimmen, oder einen Weg aus diesem verwirrenden Baumlabyrinth zu finden?

„Weißt du überhaupt, wohin du läufst?“, befragte er seine Gefährtin, die genau in diesem Moment inne hielt und sich umsah.

„Wir sind vom Dorf aus immer südwestlich gelaufen. Eigentlich sollten wir schon lange angekommen sein.“, bemerkte die Schwarzhaarige nüchtern und fuhr sich durch die langen Haare. Ihr Gesicht wirkte besorgt. Sie schien wirklich Angst um die kleine Rothaarige zu haben.

„Der Haken ist nur, dass hier kein Berg ist.“, schmunzelte Ace und auch er ließ seinen Blick durch die Umgebung schweifen. Im Augenwinkel bemerkte er einige Schatten vorbeihuschen und wandte sich herum.

„Hier entlang.“, merkte die Feuerfaust an und begab sich in die Richtung, in der er die Bewegung wahrgenommen hatte. Er wusste, dass Ayume es auch alleine gegen die Bergräuber geschafft hätte, aber er wollte zumindest die dummen Gesichter der Männer sehen, wenn seine Nakama alles daran setzte das Kind zurück zu holen.

Tatsächlich traten sie nach kurzer Zeit aus dem verworrenen Wald heraus und befanden sich direkt am Fuße des Berges, dessen Gipfel in einer dichten Nebelwand verborgen lag.

„Sicher ist hier irgendwo ein Pfad. Ich denke nicht, dass sie täglich rauf und runter klettern.“, meinte die Feuerfaust, als er das steinige Gebilde betrachtete.

„Brennt da oben Licht?“, hinterfragte Ayume, woraufhin ihr Gefährte schlicht nickte.

Sie schritt am Berg entlang, während ihre Augen aufmerksam die Umgebung betrachteten. Irgendwo musste doch dieser Pfad sein.

„Hier.“, rief ihr Ace zu, der in die andere Richtung gelaufen war. Eilig überquerte Ayume die Entfernung zwischen ihnen und warf einen skeptischen Blick auf den dünnen Weg, der sich abenteuerlich immer weiter hinauf schlängelte.

„Sag nur, du hast auch Angst vor der Höhe?“, feixte Ace, woraufhin sie ihm einen schiefen Seitenblick schenkte.

„Nein, habe ich nicht.“, murrte die Schwarzhaarige und begann ihrerseits den Aufstieg.
 

Schon von Weitem drang ein lautes Stimmengewirr an ihre Ohren, als sie sich hinter der letzten Felsspalte verborgen hielt. Beinahe, aber nur beinahe hätte sie einmal den Halt verloren. Ein Glück, dass Ace direkt hinter ihr war. Sie warf einen schnellen Blick auf ihre rechte Seite, wo sich ein steiler Abhang befand und schluckte hart. Das hätte auch böse enden können, bedachte sie.

Sie wandte ihren Kopf über die Schulter und schenkte Ace einen verständlichen Blick, ehe sie ihre beiden Klingen fest in die Hand nahm und auf das Plateau vor sich trat.

Das Räuberlager sah aus, wie nach einem verheerenden Sturm. Während achtlos überall zerbrochene Holzfässer lagen, verteilte sich der Inhalt auf dem gesamten Boden. Das kleine Lagerfeuer brannte kaum noch und einige Glasscherben befanden sich rund herum.

Nini lag gefesselt und geknebelt direkt neben dem letzten Zelt, welches ebenfalls einige Löcher aufwies. Daneben standen die beiden Räuber aus der Gaststätte, wobei sich der Anführer missmutig den Kopf rieb.

„Diese miese kleine Göre. Wir hätten sie gleich töten sollen. Sieh dir nur unser Lager an. Die Spinnerin hat mir beinahe den Schädel eingeschlagen.“, knurrte er bitter, was sein Kollege jedoch mit einem schiefen Grinsen quittierte.

„Was lachst du denn da so dumm, hä? Soll ich sie mal auf dich loslassen?“, keifte der Größere sofort.

Sein Gegenüber schüttelte nur betroffen den Kopf.

„Lieber stürze ich mich von unserem Plateau, als dass ich mich noch einmal mit diesem Kind anlege.“, gab er resigniert, wenn nicht sogar etwas müde zurück.

Nini musste den Banditen ja ordentlich eingeheizt haben. Ace grinste schief, als ihm erneut die Schatten im Augenwinkel aufblicken ließen. Schnell packte er seine Nakama und zog sie hinter einem kleinen Felsen in Deckung.

„Was…“, begann die Schwarzhaarige, woraufhin er ihr einfach seine Hand auf den Mund presste und mit der Zweiten symbolisierte, dass sie ruhig sein sollte.

Mit einem fragenden Blick entwand sich Ayume der Mundsperre und spickte hinter dem Felsen hervor.

„Räuber! Ich fordere das Kind!“, fauchte eine all zu bekannte Stimme, was Ayume die Augenbraue hochzucken ließ. Was machte denn Federboa Azuki hier?

Sie hatte sich zusammen mit drei ihrer Nakamas vor den Banditen aufgestellt und fuhr sich mit einem siegessicheren Lächeln durch die langen Haare, ehe sie anklagend mit dem rechten Zeigefinger auf den Anführer deutete.

„Ihr habt keine Chance gegen die Federboapiraten. Gebt auf und überlasst uns das Kind.“, gab sie von sich.

„Ahahahahahaha. Wer hat denn die Witzfigur bestellt? Ahahahaha. Ist heute schon wieder Karneval?“, entkam es dem Bärtigen, während sein Anführer genervt die Augen schloss und die Arme vor der Brust verschränkte.

„Redest du mit mir, du Lurch? Pass besser auf, wie du mit mir sprichst. Ich bin Federboa Azuki, baldige Piratenkaiserin!“, keifte die Piratin aufgebracht, als sie sich schon das Schwert vom Rücken riss. Das war eine Demütigung, die sie nicht auf sich sitzen lassen wollte. Eilig machten sich auch ihre Nakamas zum Kampf bereit, als der Bergräuber erneut in schallendes Gelächter verfiel.

„Ihr vier armen Würstchen gegen ein ganzes Rudel Räuber. Es ist besser du gehst zurück nach Hause und spielst wieder mit deinen Puppen. Die Welt ist viel zu gefährlich für kleine Mädchen.“, presste er keuchend hervor.

Nun war es genug. Die junge Frau preschte einfach voraus, ungeachtet, was ihre Nakamas taten und warf sich auf den Bärtigen, der ihren Schwertschlag gekonnt mit seinem langen Stab abfing.

„Siehst du, kleines Mädchen, du hast mir absolut nichts entgegen zu setzen.“, bemerkte er belustigt, als er sie mit einem einfachen Schwenk von sich stieß. Sie landete hart auf ihrem Hosenboden, während sie ihm einen vernichtenden Blick schenkte.

„Quatsch keine Seifenoper und kämpf ordentlich, du Affe.“, zischte sie, während sie sich schon wieder hoch rappelte und den Dreck aus ihrer Kleidung klopfte.

„Du hast sie gehört, Omar. Auch, wenn es Vergeudung ist ihren hübsches Gesicht zu entstellen.“, bemerkte der Anführer schlicht, ehe nun auch er seine beiden Krummsäbel zückte. Langsam kam der Rest der Bergräuber, die durch den Lärm aus dem Schlaf gerissen wurden, aus ihren Zelten gekrochen und sammelten sich um die Federboapiraten. Azuki ließ ihren Blick durch die Reihen wandern, ehe sie sich erneut durch die langen Haare fuhr und ihre Klinge hart auf der Schulter abstützte.

„Ihr denkt doch nicht, dass ihr gegen uns eine Chance habt?“, fauchte sie.

Eilig stellten sich die Barbaren wieder an die Seite ihrer Nakama, als diese ihnen einen finstern Blick zuwarf.

„Wehe ihr enttäuscht mich wieder.“, zischte Azuki zu ihren Nakamas, die betroffen mit dem Kopf nickten. Sie würden ihrer Kapitänin treu bleiben, bis zum bitteren Ende.

Unüberlegt preschte Azuki vor und holte weit über ihren Kopf aus, als Omar die Gunst der Stunde nutzte und ihr einen heftigen Schlag in die Magengrube verpasste. Sie knickte ein, der Schmerz schoss ihr sofort in den Kopf und das Tränenwasser sammelte sich in ihren Augen. So schnell konnte sie nicht reagieren, wie der nächste Schlag direkt ins Gesicht traf. In einem hohen Bogen kippte sie nach hinten über, als schon das Blut aus ihrer Nase schoss.

Aber wie konnte das sein? Sie war Federboa Azuki! Niemand konnte sie einfach so besiegen. Eilig rappelte sie sich mit schmerzverzerrtem Gesicht hoch und fuhr sich über die Nase, wobei sie das Blut nur weiter verschmierte, statt es zu entfernen. Keuchend versuchte sie auf ihren wackeligen Beinen Halt zu finden, als sie einen tödlichen Blick zu ihren Nakamas warf, die sofort erschrocken zusammen zuckten.

„Was steht ihr so dumm herum?“, keifte sie, was ihre Gefährten sogleich aus der Starre riss und sie sich hektisch ebenfalls auf den Bärtigen warfen.

Mit Leichtigkeit wich der Räuber jedem ihrer Schläge aus. Es schien fast so, als bewege er sich mit unmenschlicher Geschwindigkeit, als er dem ersten Barbar mit einem heftigen Schlag gegen das Genick ausknockte. Hart prallte der Bewusstlose auf dem Boden auf, ehe er starr liegen blieb. Der zweite Schlag traf den Oberarm Sachos, der vor Schmerz aufheulte, während sein Arm in einem seltsamen Winkel vom Körper abstand.

Azuki schüttelte entrüstet den Kopf, als sie das klägliche Scheitern ihrer Nakamas betrachtete.

„Ich bin nur von Idioten umgeben.“, knurrte sie, ehe sie eine Bewegung im Augenwinkel wahrnahm und sogleich zusammenzuckte.

Auch Omar weitete erschrocken die Augen, als sich ein schwarzer Haarschopf in seinen Blickwinkel schob, ehe sein Stab auf eine silbrige Klinge stieß.

Ayume hatte den zweiten Schlag Omars auf Sacho abgewehrt. Kurz erstarb jegliche Bewegung, als alle Augen auf die Schwarzhaarige gerichtet wurden.

„Das kann doch wohl nicht wahr sein.“, knurrte der Anführer der Räuberbande.

Auch Ace trat aus seinem Versteck und setzte sich gemächlich auf den Felsen, um einen besseren Blick auf die Szene zu haben.

Freudig weiteten sich die Augen der kleinen Nini, die sofort zu strampeln begann, als sie Ayume zwischen den Männern sah.

„Noch ein kleines Mädchen, das denkt sie sei eine große Piratin?“, fauchte Omar, der seinen entlaufenen Gesichtszug wieder eingefangen hatte.

„Ich habe euch bereits gesagt, dass dieses Dorf unter meinem Schutz steht. Ich nehme das entführte Mädchen mit und ihr lasst die Menschen in Frieden.“, forderte die Schwarzhaarige schlicht, während ihre Augen zwischen dem Anführer und Omar hin und her zuckten.

Wie immer wirkte das Gesicht Ayumes ausdruckslos, während sie dem Druck, den Omar mit seinem Stab erzeugte, stand hielt. Sie spürte bereits, dass der Räuber unruhig wurde. Vermutlich grübelte er gerade, wie er diese Situation zu seinem Vorteil nutzen konnte, doch Ayume war bereits auf alles gefasst, immerhin befand sie sich inmitten eines Räuberrudels. Sie hatte die Bewegungen des Bärtigen bereits analysiert, als er gegen Azuki kämpfte, weswegen sie sich schon denken konnte, was er als nächstes plante.

Ruckartig ließ er seinen Stab fallen und zog gleichzeitig seinen Säbel, mit dem er auf die rechte Schulter der Schwarzhaarigen zielte. Behände konterte sie auch diesen Angriff mit ihrer Klinge, ehe sie einen Schritt auf den Räuber zu machte.

„Es gibt zwei Möglichkeiten. Entweder ihr übergebt mir das Mädchen und ich verschwinde, oder ich hole sie mir.“, erklärte sich Ayume, während sie auf eine Antwort seinerseits wartete.

„Dass ich nicht lache. Du willst sie holen? Du und welche Armee?“, fauchte der Bärtige wütend und stieß die Schwarzhaarige zurück.

Ace lehnte sich mit seinen Ellbogen auf die Knie und betrachtete das Spektakel vor sich. Noch war es harmlose Kinderplänkelei. Nichts, was seine Stahlbirne nicht in den Griff bekommen könnte.

Der unverletzte Barbar funkelte Ayume begeistert zu, als ihm Azuki einen Tritt gegen das Schienbein gab.

„Starr sie gefälligst nicht so an, Holzkopf.“, zischte die junge Frau wütend, während sie auch ihre beiden anderen Nakamas mit einem finsteren Blick strafte, die wie wimmernde kleine Kinder am Boden lagen.

Ayume fixierte den Räuber mit ihren unergründlichen Augen, ehe sie beide Schwerter vom Körper abhob und ihm so signalisierte, dass sie ihm den Vortritt lassen würde.

Sofort stürmte er auf sie los. Er war schnell, das musste sie ihm lassen. Doch seine Schwertfähigkeiten hielten sich in Grenzen, weswegen Ayume sich zunächst auf das Ausweichen konzentrierte.

Wenige Millimeter vor ihrer Nase zischte seine Klinge vorbei, woraufhin sie seinen Arm unter ihrem klemmte und ihm einen Tritt in seine widerliche Visage verpasste. Benommen begann er zu taumeln, als sich der erste rote Rinnsal aus seiner Nase löste. Ayume fackelte nicht lange und beförderte ihn mit einem gekonnten Schlag in die Magengrube auf den Boden.

Sofort lösten sich die Räuber aus ihrer Starre und mischten sich in den Kampf ein. Niemand kommt nur mit einem blauen Auge davon, wenn man sich gegen ihre Bosse wandte.

Den ersten Schlag konterte Ayume mit der Klinge, den zweiten mit ihrer Handfläche, während sie etwas zurück gedrängt wurde.

Der Federboapirat überlegte nicht lange und sprang an Ayumes Seite, wo er dem Nächstbesten sofort einen Schlag mitten ins Gesicht verpasste. Die Schwarzhaarige wirbelte herum und konterte den Schlag, der auf den Rücken des Barbaren gezielt war.

Sie verlor fast die Übersicht bei den vielen Fäusten und Füßen, die es auf sie abgesehen hatten, als die Schwarzhaarige einen Entschluss fasste. Sie musste ihnen eine Lektion erteilen, ansonsten würde sich das Dorf niemals in Sicherheit wiegen können. Und Ayume konnte niemals mit einem reinen Gewissen von dieser Insel segeln.

Kurzerhand glitten ihre Schwerter zurück in ihre Scheiden, ehe sie den Federboapiraten am Kragen ergriff und ihn gekonnt aus der Gefahrenzone schob. Etwas verdutzt hielt er inne, als vor seinen Beinen schwarze Klingen aus dem Boden schossen.

Jegliche Bewegung erstarb. Es war, als stünden die Bergräuber inmitten eines Minenfeldes. Eine falsche Bewegung und sie würden von tausenden scharfkantigen Schneiden durchbohrt. Ayume fuhr sich mit der rechten Hand über die Stirn, ehe sie ihre Augen wieder auf den Anführer legte.

Seine Augen waren entsetzt aufgerissen.

„Swords… Swordsmistress.“, entkam es ihm.

„Das Kind gegen die Leben deiner Gefährten.“, handelte die Schwarzhaarige schlicht. Sie hatte nicht vor irgendjemanden zu verletzten, sie wollte nur Nini in Sicherheit bringen.

Der Räuber schnaubte, ehe er den Blick senkte.

„Das Dorf steht unter deinen Schutz, Swordsmistress?“, murmelte er, woraufhin Ayume nickte.

„Nimm die Göre mit, aber sieh zu, dass sie unserem Lager nicht mehr zu nahe kommt. Wir lassen die Dorfbewohner in Ruhe, wenn du unsere Leben verschonst.“, gab sich der Anführer geschlagen.

Wie Ayume vermutet hatte. Er stand für seine Männer ein. Zufrieden ließ sie ein leichtes Lächeln durchblicken, ehe sie belanglos über das Lager schritt und Nini die Fesseln entfernte.

„Ayume!“, rief das Kind aus, ehe es der Schwarzhaarigen um den Hals fiel.

„Du hast, was du willst. Lass meine Kameraden frei.“, forderte der Bergräuber tonlos, als sich die Klingen langsam wieder in den Boden hinab senkten.

„Ich habe dein Wort, dass die Dorfbewohner in Frieden leben können?“, hakte Ayume nach, was der Mann nur mit einem Nicken konterte.

„Solltest du dein Wort brechen…“, begann die Schwarzhaarige, was er sofort mit einem Wink unterbrach.

„Du hast mein Wort, unwiderruflich.“, knurrte der Mann in seiner Ehre verletzt.

„Gut.“, endete Ayume das Gespräch, ehe sie schon zu Ace hinüber gehen wollte, der sich abwartend mit breitem Grinsen von seinem Felsen erhoben hatte.

„Das soll es gewesen sein? Die leben noch. Du glaubst doch nicht, dass das Gesindel ihr Wort hält?“, keuchte Azuki völlig außer sich. Sie konnte nicht glauben, wie naiv und blind die große Swordsmistress war.

„Wen nennst du hier Gesindel, Federpute?“, zischte der Anführer, woraufhin die junge Frau erneut ihr Schwert fest in die Hand nahm.

„Dann werde ich eben selbst dafür sorgen, dass ihr dem Dorf nicht mehr zu nahe kommt.“, keifte sie, ehe sie ihre Klinge weit über ihren Kopf erhob und auf den Anführer zu rannte. Ihr Nakama wollte sie aufhalten, doch im letzten Moment überlegte er es sich doch anders.

Kreischend schlug Stahl auf Stahl, als die ersten Funken durch die Dunkelheit stoben. Erschrocken bemerkte Azuki, dass Ayume ihren Angriff soeben mit bloßen Armen abgefangen hatte.

Binnen Sekunden wurde der Federboapiratin die Klinge aus den Händen geschlagen, während ein heftiger Ruck sie von ihren Füßen riss und erneut hart auf dem Boden aufkommen ließ. Noch mit geschlossenen Augen spürte sie die Kälte ihrer eigenen Klinge an der Hauptschlagader.

Als sie sich besann und die Augen öffnete blickte sie sogleich in das Gesicht von Ayume, über deren Augen sich ein wütender Schatten gelegt hatte.

„Azuki.“, gab sie drohend von sich.

„Bist du blöd, oder nur naiv? Sie werden die Menschen hier niemals in Frieden lassen!“, verteidigte sich die junge Frau.

Nun seufzte die Schwarzhaarige und warf die Klinge achtlos auf den Boden.

„Du möchtest Piratenkaiserin werden, nicht wahr?“, hinterfragte Ayume schlicht.

„Ja.“, knurrte Azuki.

„Denkst du, du kannst dir Respekt verschaffen indem du jeden tötest, der dir im Weg steht? Glaubst du wirklich, dass dir die Menschen folgen werden, wenn du keine Rücksicht auf sie nimmst? Eine Kaiserin ist ehrenvoll und gnädig.“, erklärte sich die Schwarzhaarige, während ihre Augen die Federboapiratin beinahe durchdrangen.

„Gnade? Doch nicht mit einfachem Gesindel!“, zischte die Frau am Boden aufgebracht.

„Und du? Du bist ein Pirat. Diese Räuber sind Menschen, wie wir. Was gibt dir das Recht über sie zu richten?“, entgegnete Ayume.

„Ich bin kein Abschaum!“, entkam es Azuki.

„Du bist keine Kaiserin.“, gab die schwarzhaarige Piratin zurück.

„Zumindest nicht in meinen Augen.“, fügte sie schlicht hinzu, ehe sie der entsetzten Piratin den Rücken kehrte.

„Achja. Ich möchte mich gerne verbessern. Nicht das Dorf steht unter meinem Schutz, sondern jeder Mensch, der auf dieser Insel lebt.“

Der groß gewachsene Bergräuber blickte der Schwarzhaarigen verdutzt hinterher, als sie nun auf ihren Nakama zuschritt, der sich den Hut tief ins Gesicht gezogen hatte. Nini erwartete ihre Heldin mit einem breiten Grinsen.

„Ich werde dir zeigen, dass ich eine Kaiserin bin!“, brüllte Azuki, als sie sich hochrappelte. Bittere Tränen lösten sich aus ihren Augenwinkeln, ehe sie wütend die Fäuste ballte.

Ayume warf Ace einen kurzen Blick zu, bevor sie sich noch ein letztes Mal zu der jungen Frau herum wandte.

„Behandle erst einmal deine Nakamas mit dem Respekt, der ihnen zusteht. Denn sie sind es, die ohne zu hinterfragen, dich auf dem Weg zur Kaiserin begleiten werden. Sie werden immer ihr Leben für deines geben und selbst wenn du versagst, stehen sie mit einem Lächeln, bis zum bitteren Ende, treu an deiner Seite. Wenn du wirklich eine Kaiserin werden willst, dann fang an deine Crew zu unterstützen und sie aufzubauen. Sie machen dich zu dem, was du bist. Es sind nicht einfach irgendwelche Leute, es sind deine Freunde.“, schloss Ayume das Gespräch. Vielleicht würde sich Azuki irgendwann an diese Worte erinnern und sich tatsächlich danach richten. Die Schwarzhaarige hoffte es zumindest.

Ace legte seiner Nakama eine Hand auf die Schulter, ehe er sich zum Gehen wandte. Dicht gefolgt von Nini und Ayume bahnte er sich einen Weg hinab von diesem riesenhaften Steinhaufen.

Du bist nicht allein.

„Und plötzlich kamen all die schwarzen Klingen aus dem Boden. Zisch! Und die Blicke der Banditen! Sie hatten Angst! Und wusch. Wenn ich groß bin will ich auch mal so cool werden!“, rief die aufgeregte Stimme Ninis, die weit voraus gelaufen war und wild mit ihrem Stab in der Gegend herum wedelte. Ace konterte dies mit einem breiten Grinsen, ehe er den Blick zu seiner Begleitung schweifen ließ. Sie war den gesamten Weg über schon verdächtig ruhig.

Ayume hatte ihre Augen zu Boden gerichtet, während ihre Finger unruhig am goldenen Anhänger ihrer Halskette spielten. Ihr Gesicht gab, wie immer, nicht viel Aufschluss auf ihre Gedanken, dennoch kannte sie die Feuerfaust mittlerweile gut genug, um zu wissen, was in ihren Köpfchen so vorging. Sicherlich machte sie sich Gedanken über das bevorstehende Gespräch mit der rothaarigen Inselhexe. Noch in ihrem Zimmer war die Schwarzhaarige so entschlossen gewesen Nabikis Familie die Wahrheit zu erzählen und nun? Bah, das musste sicher an der Reaktion der Hexe liegen, dass Ayume nun kalte Füße bekommen hatte.

'Piraten? Wir haben schon genug Probleme mit dem Räubergesindel. Jetzt verbünden wir uns schon mit Piraten? Schert euch fort. Niemand braucht eure Hilfe. All die Jahre sind wir mit den Räubern zu Recht gekommen. Und haltet euch fern von meiner Tochter!', hallte es in Ayumes Kopf wieder. Warum verachtet diese Frau Piraten so sehr? Was war nur vorgefallen, dass sie eine solch schlechte Meinung von ihnen hatte? Oder lag es vielleicht tatsächlich daran, dass sie Ayume selbst für den Tod ihrer Tochter verantwortlich machte? Egal, wie sehr sie es drehte und wendete, sie fand keine Lösung. Nichts, was ihr den Mut gab das Gespräch mit der älteren Rothaarigen zu suchen. Je näher sie dem Dorf kamen, desto mehr versteifte sich ihr Magen. Die ganze Situation wurde langsam unerträglich.

„Was soll das Gesicht?“, riss sie die tiefe Stimme Aces aus ihren tristen Gedanken.

„Huh? Ich... nichts.“, versuchte sie nicht all zu ertappt zu klingen. Manchmal hatte sie das Gefühl er konnte sie lesen, wie ein offenes Buch.

„Für Nichts ziehst du aber ein ziemlich langes Gesicht. Nini ist in Sicherheit und die Banditen lassen das Dorf in Ruhe.“, begann Ace aufmunternd.

„Ja... Tut mir Leid.“, murrte sie und stieß einen leisen Seufzer aus, während ihre Hände noch immer am goldenen Anhänger zupften.

Ace griff mit seiner rechten Hand nach den Ihren und hielt sie in der Bewegung an, was sie sofort erschrocken aufblicken ließ. Dass sie ihm nach all der Zeit noch immer nicht sagen konnte, was sie beschäftigte hinterließ einen faden Beigeschmack auf seiner Zunge.

„Ace...“, kam es ihr von den Lippen.

„Du bist nicht alleine, Hohlbirne.“, konterte er mit einem schiefen Lächeln.

„Ich... ich habe Angst, Ace.“, gestand sie schmal und senkte sofort wieder den Blick zu Boden. Das hatte er selbst ohne ihr Geständnis bereits gemerkt. Ihre Hände zitterten.

„Vor der alten Inselhexe? Was soll sie gegen deine Stahlbirne ausrichten?“, versuchte er die üble Stimmung ein wenig aufzulockern. Ayume schenkte ihm jedoch nur einen düsteren Seitenblick.

„Wovor hast du Angst? Und selbst, wenn sie dich anbrüllt, oder hinaus wirft. Du willst ihr die Wahrheit erzählen, die Wahrheit über ihre Tochter, nicht wahr?“, befragte er sie.

„Ja, ich...“, begann sie mit sich zu hadern.

„Sie ist es nicht, die dir vergeben muss. Die Einzige, die dir vergeben muss ist Nabiki und das hat sie längst getan. Jetzt musst nur noch du dir endlich vergeben.“ Momente, in denen Aces Gesicht derartig ernst wirkte, waren selten, aber gerade hatte er wieder einen Gesichtsausdruck auf, der Ayume an jeglicher Widerrede hinderte.

Aber, wie so oft, hatte die Feuerfaust Recht. Völlig unabhängig, wie Nabura auf sie reagieren würde, sie hätte ihr die Wahrheit erzählt. Sie hätte der trauernden Mutter endlich gestanden, dass das Kind, um das sie sich so lange Zeit sorgte, nicht mehr unter ihnen verweilte. Tief im Inneren hatte die Schwarzhaarige dennoch gehofft, dass Nabura ihr vielleicht vergeben würde, dass sie in der Rothaarigen einen neuen Teil einer verlorenen Familie gefunden hätte, aber das war naiv.

„Danke, Ace.“, entkam es Ayume resigniert. Ihr Gesicht erhellte sich ein wenig und es fühlte sich an, als habe die Feuerfaust, mal wieder, einen riesigen Felsbrocken von ihren Schultern genommen. Es war selbstsüchtig zu denken, dass sie in Nabura und Nini einen Ersatz für den fehlenden Teil ihrer Vergangenheit finden würde. Aber sie musste ihnen zumindest die Wahrheit erzählen. So schmerzhaft es war. Sie hatten es verdient.

Sie spürte, wie Ace den Griff um ihre Hände lockerte und stattdessen den Arm um ihre Schultern legte. Gerade, als sie aufblicken wollte, zog er sie unsanft zu sich und rieb ihr mit der Faust über das Deckhaar.

„Und jetzt weg mit dem langen Gesicht!“, rief er aus.

„Ace! Lass das!“, konterte Ayume erschrocken und wehrte sich verbissen in seinem eisernen Griff.

„Ah! Ihr seid ein süßes Paar!“, holte sie eine kindliche Stimme sofort wieder in die Gegenwart zurück, woraufhin Ace schnell von der Schwarzhaarigen abließ und sich den Hut tiefer ins Gesicht zog.

„Wir... wir sind kein Paar!“, entkam es Ayume augenblicklich, während sie sich die Haare hastig glatt strich. Ihr Herz schlug ihr bis zum Hals, während sie vehement vermied ihren Blick zu Ace schweifen zu lassen. Stattdessen senkte sie ihre Augen auf den Boden.

„Nicht?“, hinterfragte Nini skeptisch und man konnte fast meinen einen enttäuschten Unterton heraus zu hören, was Ace mit einem schallenden Lachen konterte. „Ihr seht aber aus wie eins.“

„Weißt du, Wirbelwind. Die Stahlbirne ist ein Mädchen und jedes Mädchen braucht einen Beschützer.“, begann Ace, als er Ayume zur Bestätigung seine Hand auf den Scheitel legte.

„Willst du auch mein Beschützer sein?“, hinterfragte Nini mit einem freudigen Funkeln in den Augen, worauf Ace erneut einen rauen Lacher losließ.

„Ich kann leider nur auf eine sture, grübelnde, tollpatschige und langgesichtige Piratin aufpassen. Das und ein aufbrausender Wirbelwind überfordern selbst einen gestandenen Piraten, wie mich. Und jetzt komm. Deine Mum macht sich sicherlich Sorgen um dich.“, grinste er und schob das rothaarige Kind voraus.

„Stur, grübelnd, tollpatschig und langgesichtig...“, murrte Ayume. Hmpf, er hätte es auch freundlicher ausdrücken können, schob sie gedanklich hinterher, ehe sie sich daran machte den Beiden zu folgen.
 

Mit dem Aufgehen der Tür zur Gaststätte zuckten alle Augenpaare zu den Ankömmlingen herum. Während Ayume und Ace am Türrahmen inne hielten, rannte Nini schnurstracks in den Raum hinein und riss feierlich ihre Arme in die Luft.

„Nini! Gott sei Dank.“, rief Nabura aus und hastete auf ihr Kind zu. Fürsorglich ließ sie sich neben Nini auf den Boden nieder und nahm das Kind in die Arme. „Bist du verletzt? Haben sie dir etwas angetan?“

„Überall schwarze Klingen. Und die Räuber nur 'oh' und 'ah'. Und die Swordsmistress so: 'Gebt mir euer Wort, dass ihr das Dorf in Frieden lasst'. Das war so cool!“, haspelte Nini überschwänglich, was der Großmutter ein schmales Lächeln der Erleichterung auf die Züge zauberte.

„Alles ist gut. Du brauchst keine Angst mehr zu haben.“, versuchte Nabura sie zu beruhigen.

„Ich glaube die Kleine weiß nicht einmal, wie man Angst buchstabiert.“, murrte Ace an Ayumes Seite, woraufhin diese nur verwundert nickte. Das Kind war wirklich unglaublich. Keine Angst vor Banditen und trotz ihrer Gefangenschaft noch immer voller Energie.

„Mum! Hör mir doch zu! Sie hat unser Dorf gerettet. Die Räuber lassen uns jetzt in Ruhe!“, rief das Kind aus und löste sich aus der Umarmung ihrer Mutter.

Nabura hob den Blick und fixierte Ayume mit ihren moosgrünen Augen, was diese unsicher von einem Bein auf das Andere tippeln ließ.

„Ist das so?“, wollte sie kühl wissen.

„Ja.“, gab Ayume kleinlaut zurück. Angespannt ballte sie unwillkürlich die Hände zu Fäuste.

Urgs, da war sie wieder die alte Inselhexe. Ace überlegte gerade fieberhaft, wie er die Situation entschärfen könnte, als Tom freudig seine Hand auf dem Scheitel der Rothaarigen platzierte.

„Das ist ein Grund zum Feiern!“, rief er aus und hob seinerseits bereits wieder eine Flasche Rum mit der freien Hand in die Luft.

„Auf die Swordsmistress!“, stimmte die Großmutter hinter der Theke sofort mit ein.

Augenblicklich schwang die Stimmung im gesamten Raum um und freudige Gesichter stießen auf den Erfolg der Schwarzhaarigen an.

Nabura und Ayume hingegen senkten beide den Blick, doch als die Rothaarige sich vom Boden erhob kam sie nicht umhin von Tom am Oberarm gepackt zu werden und sich im selben Moment mit einem Hupen in der Hand wiederzufinden. Sie schenkte dem Koch einen düsteren Blick, wovon er sich jedoch nicht beirren ließ und seine Rumflasche voller Elan gegen das Holz des Bechers schlug.

„Seid nicht mürrischer, als eine Miesmuschel. Ich habe doch gesagt, dass meine Nichte eure Tochter wieder zurück bringen wird. Und sie hat zudem noch das ganze Dorf gerettet! Prost!“, schallte seine Stimme über das freudige Gewirr, ehe er die Öffnung an seinem Mund ansetzte und einen großen Schluck Rum zu sich nahm.

Wie er nach dem letzten Kater wieder trinken konnte war Ayume ein Rätsel, jedoch konnte sie nicht verhindern bei seinem Anblick ein Lächeln auf den Lippen zu haben.

Auch Nini bekam einen großen Humpen Himbeersaft von ihrer Großmutter überreicht, den sie stolz in ihrer Hand hielt, als sie den Kampf mit den Banditen auf dem Tresen stehend an die Leute verkündete.

„Nach ihnen große Retterin.“, schmunzelte Ace und deutete eine leichte Verbeugung an, als er Ayume signalisierte, dass sie in die Gaststätte treten sollte.

Sie schenkte ihm einen schiefen Seitenblick, als sie seiner Aufforderung nachkam und sich eilig einen Platz abseits der Feiernden am Tresen reservierte. Als sie Platz nahm senkte sie den Blick auf ihre Hände im Schoß. Der ganze Trubel war ihr unangenehm. Zumal ihr nicht nach Feiern zu Mute war. Nabura schien es ähnlich zu gehen. Sie saß mit einem nachdenklichen Gesichtsausdruck am selben Tisch, wie Onkel Tom, ihren Blick auf den Humpen in ihrer Hand gesenkt.

Ace hingegen stand, weit über den Tresen zur alten Frau gebeugt und gab seine Bestellung auf, während Nini neben ihm noch immer wagemutig ihre Geschichte zum Besten gab.

Ayume spürte einen intensiven Blick auf sich liegen und als sie ihre meerblauen Augen schweifen ließ, zuckte sie erschrocken zusammen. An einem Tisch, im Eck des Gastraumes, saß ein älterer Mann mit langen grauen Haaren, einem teuren Mantel und einer auffälligen gekreuzten Narbe im Gesicht. Er hatte lässig eine dampfende braune Zigarre in der Hand, während seine Augen weiterhin ungestört die Schwarzhaarige zu mustern schienen. Ayume spürte, wie sich eine leichte Gänsehaut über ihre Arme legte, ehe sie den Blick schnell senkte und unsicher mit ihren Fingern spielte. Wieso starrte dieser Mann nur so auffällig? War es vielleicht die Marine? Wenn dem so war, dann waren sie alle in größter Gefahr. Nervös biss sie sich auf die Unterlippe, als sie das Geräusch von klapperndem Geschirr erschrocken zusammenfahren ließ.

„Hast du einen Geist gesehen?“, wollte Ace wissen, gerade als er sich mit einem voll beladenen Teller neben sie auf den Hocker fallen ließ.

„Dort drüben im Eck ist ein Mann... Er starrt auffällig in meine Richtung.“, gab sie hauchfein von sich, jedoch ohne den Blick zu heben.

„Ein neuer Verehrer vielleicht?`“, belächelte Ace das Ganze und ließ prüfend seinen Blick durch den Raum wandern. „Im Eck, hm? Da ist niemand.“

„Was?“, entkam es Ayume verwundert, ehe sie selbst ihre Augen in die Richtung gleiten ließ.

Ace hatte Recht. Der Mann, der kurz zuvor noch an dem einzelnen Tisch gesessen hatte war verschwunden. Sie blinzelte ein paar Mal, um sich sicher zu sein, doch da war niemand mehr.

„Ace. Da war ein Mann. Mit langen grauen Haaren und einer Narbe im Gesicht.“, haspelte sie nervös. Er musste ihr glauben. Sie hatte sich das Ganze doch nicht eingebildet. Diese Aura, die sie alleine beim Blick des Fremden gespürt hatte. Hatte Ace das nicht bemerkt?

„Nichts worüber du dir Sorgen machen müsstest, Hohlbirne. Hast du heute schon etwas gegessen?“, wechselte er spontan, wie eh und je, das Thema.

„Mir ist der Hunger vergangen...“, murrte sie nur und verschränkte die Arme vor der Brust.

„Hier. Iss das. Du wirst die Kraft brauchen, wenn du dich der alten Inselhexe entgegen stellen willst.“, schmunzelte die Feuerfaust und hob der Schwarzhaarigen eine Schinkenkeule direkt vor die Nase.

„Ich...“, begann Ayume wurde jedoch von einer schneidenden Stimme unterbrochen.

„Wer ist eine Inselhexe?“

Erschrocken ließ Ace die Keule fallen und drehte sich mit einem ertappten Gesichtsausdruck dem Schankraum zu. Direkt hinter ihm stand niemand anderes, als Nabura selbst. Sie durchbohrte ihn beinahe mit ihrem Blick, als er sich nervös den Hut zurück strich und ein unschuldiges Lächeln aufsetzte.

„Kennt ihr nicht auch die Sage von der Inselhexe aus dem Wald? Ich habe gehört das soll hier sehr populär sein.“, versuchte er seinen Hals aus der Schlinge zu ziehen. Sie wirkte nicht sonderlich überzeugt, ließ aber von ihm ab, woraufhin er nur erleichtert ausatmete.

„Wie auch immer. Swordsmistress? Auf ein Wort.“

Ayume wurde augenblicklich kreidebleich im Gesicht und ihre Hände begannen zu zittern. Konnte es sein, dass sie bereits von Nabikis Tod wusste? Wollte sie Ayume jetzt letzten Endes dafür zur Rechenschaft ziehen? Ihre Gedanken fuhren wilde Kreisel und ihr wurde ganz unwohl im Magen, als sie eine zarte Berührung an ihrem Rücken spürte.

'Du bist nicht allein, Hohlbirne.', schoss es ihr durch den Kopf, als Ace ihr aufmunternd zunickte. Wie zur Bestätigung wanderten ihre Augen an Toms Tisch. Ein freudiges Grinsen breitete sich auf seinen Lippen aus, als er den Rum empor hielt.

„Ja.“, entkam es der Schwarzhaarigen nur, als sie sich vorsichtig vom Hocker erhob und Nabura in den kleinen Nebenraum der Schenke folgte.

Die bittere Wahrheit

'Bitte, bitte. Lass mich nicht alleine, Ayume!', hallte es in Ayumes Kopf wieder.

Nabiki... Ich konnte nicht verhindern, dass man dir Leid zugefügt hat und am Ende konnte ich dich nicht retten, aber ich werde deiner Mutter das Leid nehmen. Ich werde ihr die Wahrheit erzählen, damit sie endlich aufhören kann nach dir zu suchen. Nabiki... ich hoffe du kannst mir irgendwann verzeihen...
 

„Ich glaube ich muss mich bei dir bedanken, Swordsmistress.“, holte sie die reservierte Stimme Naburas aus ihren Gedankensturm. Erschrocken blickte die Schwarzhaarige auf und schüttelte verwundert den Kopf.

„Nein. Nein, das müsst ihr nicht...“, brachte sie hervor. Ein schwerer Kloß breitete sich in ihrem Hals aus, als sie ihrer Gegenüber in die Augen blickte.

„Ich halte nicht viel von Piraten, Banditen und anderem Gesindel, aber ich glaube ich habe mich in dir getäuscht. Du hast meine Nini gerettet und unser Dorf von den Räubern befreit...“, begann die Rothaarige darauf zu bestehen.

„Ich... ich konnte nicht zulassen, dass Nini etwas geschieht. Die Räuber haben selbst ihr Wort gegeben, dass sie fortan das Dorf in Frieden lassen werden.“, wehrte Ayume vorsichtig ab. Sie musste sich endlich ein Herz fassen. Sie ertrug das Lob aus dem Mund der Rothaarigen kaum.

„Ein höflicher Pirat... Normalerweise kommen sie hierher, verwüsten unsere heißen Quellen, trinken und ...Wie auch immer. Ich wollte mich nur bei dir bedanken. Du hast das Leben meiner Tochter gerettet.“ Der letzte Satz war wie ein Stich mitten durch Ayumes Herz.

„Aber leider nur das Leben einer Tochter...“, Ayumes Stimme war kaum mehr, als ein heiseres Flüstern, dennoch riss Nabura erschrocken die Augen auf und schlug sich ihre Hand vor den Mund.

„Was meinst du damit?“, keifte sie und packte Ayume am Kragen ihres Shirts. Der versöhnliche Ausdruck in ihren Augen war einem dunklen Schatten gewichen und Ayume würde lügen, wenn sie behauptete in diesem Moment keine Angst gehabt zu haben. Nicht, dass ihr diese Frau Schaden zufügen hätte können, aber genau das war die Reaktion, wovor sich Ayume am Meisten gefürchtet hatte. Hass.

Sie senkte den Blick auf ihre bebenden Hände, ehe sie sich räusperte.

„Nabiki...“, mehr wollte sich von ihren Lippen nicht lösen. Aufgescheucht wich Nabura zurück und schlug sich abermals die Hand vor den Mund. Unfähig irgendwelche Worte zu finden schüttelte sie vehement den Kopf.

„Das erste Mal sah ich sie im Lagerraum des Schmugglerschiffes, das uns den weiten Weg über das Meer verschiffte. Wir waren mit anderen Kindern, zusammengetrieben und mit verschnürten Händen im Dunkeln gefangen. Man versteigerte uns auf dem Sklavenmarkt, wo uns Roberts Jane Nora erstand. Wir begannen fortan für sie in der 'roten Zora' zu arbeiten, um unsere Schulden zurück zu zahlen.“, begann Ayume mit brüchiger Stimme zu erzählen.

'Du kannst nicht immer tun, was 'Mutter' von dir verlangt!'

Die ersten Tränen begannen ihren Weg hinab über die leicht geröteten Wangen Naburas zu laufen, während sie sich auf ihrer Unterlippe verbiss. Noch immer schüttelte sie ruhelos den Kopf, als wollte sie Ayume stumm darum bitten nicht weiter zu reden. Doch die Schwarzhaarige konnte nicht aufhören. Es kam ihr einfach von den Lippen.

„Nora war mit unserer Arbeit nicht zufrieden. Sie bekam nicht genug Geld, um den Unterhalt und unsere Schulden ausgleichen zu können... Nabiki war die Ältere von uns. Die Stärkere, die Klügere. Sie setzte sich für mich ein. Sie war, wie meine Schwester...“, nun sammelten sich auch die ersten bitteren Tränen in den meerblauen Augen. Nur mit Mühe konnte sie die Trauer zurückhalten.

'Ich bin eine schlechte große Schwester...'

„An dem Tag, an dem wir fliehen wollten... Ein Handelsschiff war unser einziger Weg unsere Knechtschaft endlich zu beenden... Nora hatte sie verkauft. An den Himmelsdrachen Sankt Carlos. Er hat sie einfach umgebracht.“, bei ihrem letzten Satz griff Ayume in ihren Nacken und löste die Halskette, ehe sie das Schmuckstück an Nabura weiterreichte. Mit zitternden Händen nahm die Rothaarige es entgegen und öffnete den Anhänger.

'ICH BIN FREI!'

Ayume konnte sie noch immer nicht ansehen, denn auch ihr liefen nun die Tränen, wie Sturzbäche aus den Augen. Ehe ihre Gegenüber irgendeine Reaktion auf das Gesagte geben konnte, stand Ayume auf und stürzte aus dem Raum. Sie hielt die Gegenwart von Nabikis Mutter nicht länger aus. Sie wollte nicht wissen, was sie darauf zu sagen hatte. Sie konnte sich den Vorwürfen und den quälenden Fragen nicht stellen. Sie musste einfach nur weg.

Fluchtartig stürmte sie mit gesenktem Kopf durch den Schankraum, die Treppen empor in ihr Zimmer, wo sie die Tür eilig ins Schloss fallen ließ und sich unter dem Fenster zusammenkauerte.
 

Zeitgleich erhoben sich Ace und Tom von ihrem Platz und blickten beide in die Richtung, in der Ayume verschwunden war. Kurz trafen sich ihre Augen, als Tom der Feuerfaust zunickte, die Arme vor der Brust verschränkte und sich wieder auf seinen Stuhl zurückfallen ließ. In seinem Zustand war es ohnehin besser er würde keine Stufen mehr steigen, befand Ace gedanklich, ehe er sich daran machte seiner Stahlbirne zu folgen.
 

Ein leises Klicken und sofort war der Raum von einer bekannten Aura ausgefüllt. Ayume verbarg ihr Gesicht nur noch tiefer in ihren Knien. Sie konnte nicht verhindern, dass bitteres Schluchzen ihre Lippen verließ. Sie war noch nie so unfähig gewesen ihre Tränen zurück zu halten. Es war beinahe so, als nähme es kein Ende mehr.

Langsam ließ sich Ace an ihrer Seite nieder und legte schweigsam seinen linken Arm um ihre Schulter.

Stur, grübelnd, tollpatschig, langgesichtig und eine Heulsuse, ging es Ayume durch den Kopf, woraufhin sie in einen weiteren Heulkrampf verfiel. Sie war nichts, als eine Belastung für die Feuerfaust.

„Es... es tut mir Leid.“, brachte sie zwischen ihren Zähnen hervor. Daraufhin verstärkte Ace den Druck an seinem linken Arm und zog sie an seine Brust, während die rechte Hand langsam begann ihr über den Kopf zu streicheln.

„Halt die Klappe.“, knurrte er.

Es kommt immer anders, als man... Apfelkuchen

Als sich die ersten Sonnenstrahlen durch das Fenster wagten blinzelte Ayume vorsichtig. Eine unbändige Wärme umfing sie, als läge sie noch immer in der heißen Quelle und alles, was geschehen war, schien nur ein einfacher Albtraum gewesen zu sein. Doch sie konnte deutlich spüren, dass sie Partie um ihre Augen herum geschwollen war. Sie hatte geweint und Ace...

Erschrocken wollte sie aufspringen und Abstand gewinnen, als er sie simpel mit dem Druck seines linken Armes zurück holte und ihr erneut seine Rechte Hand auf den Scheitel legte.

„Ace... Ich...“, begann sie unsicher, während ihr das Blut in die Wangen schoss. Er war so nah. Sie konnte spüren, wie ihr Herz heftig gegen ihren Brustkorb schlug.

„Wenn du dich jetzt entschuldigst, dann verfüttere ich dich an die Haie.“, murrte er müde.

„Du... du hast sicher nicht geschlafen und ich...“, wollte sie sich erklären.

„Scht.“, zischte er.

„Aber Ace...“, versuchte sie es ein letztes Mal, woraufhin er sich schlicht in die Höhe wuchtete und ehe sie sich versah, lag sie über seiner Schulter.

„Du wolltest es nicht anders.“, brummte er.

„Lass mich runter! Ace!“, entkam es ihr erschrocken, als sie hilflos mit den Beinen zu strampeln begann. War er etwa wütend?

Kurz hielt er inne, schob sich seinen Hut zurecht und mit einem Schwung stand sie wieder auf dem Boden. Zum Glück. Prüfend hob sie ihren Blick und erkannte, dass er ein breites Lächeln auf den Lippen liegen hatte. Natürlich... er hatte sie lediglich ärgern wollen. Und sie war prompt drauf herein gefallen.

Mit einem leisen metallischen Geräusch tippte er mit dem Zeigefinger gegen ihre Stirn, ehe er ein raues Lachen ausstieß.

„Du solltest dein Gesicht sehen.“, prustete er los.

Ein erleichtertes Lächeln schob sich auf ihre Lippen. Zum Glück war er ihr nicht böse.

„Danke, Ace. Das war alles, was ich sagen wollte.“

„Schon viel besser.“, schmunzelte er und legte ihr erneut seine Hand auf den Scheitel. „Lass uns deinen Onkel suchen und nichts, wie weg von hier.“

„Ja, wir haben keinen Grund mehr länger hier zu bleiben.“, murrte sie und senkte den Blick, zurückdenkend an das Gespräch mit Nabura. Sie wusste nicht, wie sie dieser Frau jemals wieder unter die Augen treten sollte. Es war das Beste einfach von hier zu verschwinden.
 

„Swordsmistress? Auf ein Wort...“

Diese Stimme ließ Ayume in ihrer Bewegung gefrieren. Ihr Herz begann sich ängstlich zusammen zu ziehen, während sie die Hände zu Fäusten ballte. Sie hatte so sehr gehofft Tom zu finden und dann heimlich von dieser Insel zu verschwinden. Sie konnte sich nicht einmal dazu durchringen den Blick zu heben.

Ace stellte sich sogleich an ihre Seite und legte ihr schützend den Arm um die Schultern.

'Du bist nicht allein, Hohlbirne.' Danke, Ace.

„Ich nehme an... das Medaillon gehört dir. Nimm es zurück und danke.“, begann die Rothaarige vorsichtig, als sie Ayume die goldene Halskette entgegen streckte.

Völlig verwirrt nahm die Schwarzhaarige das Schmuckstück entgegen und legte ihren Blick auf das Gesicht ihrer Gegenüber. Auch Nabura musste die halbe Nacht bittere Tränen vergossen haben. Ihre Augen waren ebenfalls mit dicken Schatten unterlegt und leicht angeschwollen. Das Weiß ihrer Augäpfel war mit roten Äderchen durchzogen. Sie wirkte um Jahre gealtert.

„Danke?“, hauchte Ayume tonlos.

„Danke, dass ich nicht mehr in der Ungewissheit bleiben muss, was aus meinem Kind geworden ist. Niemand hätte Nabiki vor dem Aristokraten retten können. Schon gar nicht ein fünfzehnjähriges Mädchen. Aber sag mir eins...“, begann sie sich zu erklären.

„Ja.“, konnte Ayume lediglich von sich geben. Sie wusste nicht, ob sie vor Erleichterung lachen, oder erneut in Tränen ausbrechen sollte.

„War meine Nabiki ein gutes Mädchen?“, wollte Nabura wissen und sofort stiegen wieder die Tränen in ihre Augen.

„Die Beste.“, flüsterte die Schwarzhaarige und streckte vorsichtig ihren linken Arm nach der Frau aus, ehe sie sich wagte Nabura in eine schüchterne Umarmung zu ziehen.

„Sie war die mutigste, klügste und beste große Schwester, die man nur haben konnte.“, schluchzte Ayume an Naburas Ohr.

„Ich bin so stolz das zu hören.“, brachte die Rothaarige hervor. „Ich bin so stolz, Swordsmistress.“

„Ayume. Mein Name ist Ayume.“, stellte sie klar.

„Ayume.“, murmelte die Rothaarige und schloss nun auch die Piratin in ihre Arme. Ayume stieß ein heiseres Lachen aus, als sie Nabura noch ein wenig enger an sich drückte. Nach dem Gespräch gestern war sie fest davon ausgegangen, dass Nabura ihr die Schuld an Nabikis Tod geben würde. Umso mehr sie darüber nachdachte, desto unwahrscheinlicher schien diese Szene zu werden. Und doch stand sie hier, mit der Mutter ihrer Schwester im Arm. Eine Welle der Erleichterung brach über sie herein und ließ ihre Beine weich werden. In diesem Moment schien Nabiki wieder so nahe, als wäre sie niemals fort gewesen.

„Ihr... ihr wollt abreisen, nicht wahr? Warum bleibt ihr nicht noch zum Essen. Nini will sich sicher auch gebührlich verabschieden.“, schluchzte Nabura, als sie Ayume aus ihrem Griff entließ und sie noch einmal aufmerksam musterte.

„Oh... ich...“, begann Ayume mit einem leidlichen Gesichtsausdruck, als sich bereits Ace mit einem Lächeln über ihre Schulter lehnte.

„Wir bleiben gerne zum Essen.“, stimmte er freudig zu. Das hätte ihr eigentlich klar sein müssen.

Nabura neigte leicht den Kopf zum Dank und wandte sich zum Tresen herum, wo die Großmutter beide Hände vor den Mund zusammengeschlagen hatte und sich heimlich die Tränen der Rührung aus den Augen blinzelte.

„Mutter? Hol den guten Wein aus dem Keller. Dies wird ein Abschiedsessen für die Piraten, die unser Dorf gerettet haben.“, richtete sich Nabura an die alte Frau, die sofort eifrig nickte und in der Küche verschwand. Dicht gefolgt von ihrer Tochter.

„Sie ist gar nicht so ein Drache, wie man denken will, hm? Hab gestern noch von dir erzählt. Sie wollte alles wissen. Ein Wunder, dass sie nicht nach deiner Schuhgröße gefragt hat.“, brummte eine bekannte Stimme aus dem Hintergrund, woraufhin sich Ayume herum wandte. Tom stand mit einem schiefen Grinsen und einer Zigarette im rechten Mundwinkel am Türrahmen zum Hinterzimmer gelehnt und zwinkerte aufmunternd.

„Sieht ganz so aus, als hätten wir uns in der Inselhexe getäuscht.“, schmunzelte Ace, der seinen geschulterten Rucksack nun neben einen Stuhl fallen ließ und selbst Platz nahm. Jedoch wurde Ayume das Gefühl nicht los, dass sie diese Wendung allein ihrem Onkel zu verdanken hatte.

„Apropos Inselhexe...“, murrte Tom. „Hey Inselhexe! Ich koche!“

Ayume zog nur die rechte Augenbraue in die Höhe, als Tom mitsamt dem Glimmstängel in die Küche eilte.

„Wen nennst du hier Inselhexe, du Töpfeschrubber?“, keifte Nabura wieder ganz die Alte. „Und raus aus meiner Küche mit diesem giftigen Zeug!“

„Die Beiden kommen scheinbar gut miteinander aus.“, lachte Ace los.

„Scheint so.“, schmunzelte die Schwarzhaarige und ließ sich neben ihrem Nakama auf einen Stuhl fallen. Sie konnte nicht beschreiben, wann sie sich das letzte Mal so erleichtert und frei gefühlt hatte. Mit einem leichten Seitenblick zu Ace kam ihre rote Gesichtsfarbe zurück.

„Oh... hm. Entschuldige wegen gestern.“, begann sie und fuhr sich unsicher durch ihr Deckhaar, während sie den Kopf leicht zur Seite drehte, um ihn nicht direkt ansehen zu müssen. Ehe sie reagieren konnte kniff ihr Ace in die Wange.

„Au. Au. Ace. Lass das! Au.“, entkam es ihr gequält.

„Ich hab gesagt du sollst dich nicht entschuldigen.“, murrte er mit einem schmalen Lächeln.

„Au. Entschuldige. Ich mach es nie wieder. Bitte lass mich los.“, haspelte sie und versuchte seinem Griff zu entgehen, woraufhin er nur zu lachen begann.

„Du entschuldigst dich, dich entschuldigt zu haben und bittest dann darum, dass ich dich loslasse? Hohlbirne.“, schnaubte er belustigt, ehe er sie von ihrer Qual entließ.

„Aua... Ja. Sture, grübelnde, tollpatschige, langgesichtige und heulende Hohlbirne.“, murrte sie, während sie sich schmerzlich über die Wange rieb.

„Das sollte ich mir merken fürs nächste Mal.“, belächelte er und lehnte sich siegessicher im Stuhl zurück.

„Großartig...“, murrte die Schwarzhaarige resigniert.
 

Ayume ließ ihren Blick durch die Runde schweifen und konnte kaum verhindern ein schiefes Grinsen auf den Lippen zu haben. Großmutter, Nabura und Tom saßen mit weit geöffneten Mündern und Augen am Tisch und betrachteten den Whitebeardpiraten dabei, wie er den zigsten Teller mit Speisen verschlang. Einen Moment lang konnte man wirklich denken einen völlig ausgehungerten Wolf vor sich zu haben, während daneben Nini seelenruhig ihre Portion in kleine mundgerechte Stücke schnitt und artig kaute, ehe sie hinunter schluckte.

„Ich... habe noch nie jemanden so schlingen gesehen.“, entkam es Nabura kleinlaut.

„Der Junge hat einen ordentlichen Appetit...“, stimmte die Großmutter fröhlich zu.

„Du bist kein gutes Vorbild für das Kind, du Fresssack.“, knurrte Tom, der sich gerade eine Zigarette entzünden wollte.

„Das sagst ausgerechnet du.“, keifte Nabura und griff nach dem Glimmstängel ehe sie ihn in der Mitte auseinander brach. Tom schnaubte lediglich genervt und verschränkte die Arme vor der Brust.

„Wenn du viel isst wirst du eines Tages so stark, wie ich.“, schmunzelte Ace und tätschelte Ninis Kopf mit seiner rechten Hand.

„Wohl eher schwer, wie ein Pottwal.“, brummte Tom.

„Dann werde ich Piratenkönigin!“, rief das rothaarige Kind aus und begann sich das Essen in den Mund zu schaufeln, was Ace mit einem schallenden Lachen konterte.

„Nini. Denk an deine Tischmanieren. Für eine Frau ziemt es sich nicht so zu schlingen.“, mahnte Nabura mit einer hochgezogenen Augenbraue.

„Ich bin keine Frau, ich bin ein Pirat.“, mümmelte Nini mit vollem Mund.

„Sieh nur, was du angerichtet hast...“, knurrte Tom kopfschüttelnd.

„Esst nur, es ist noch genügend da.“, schmunzelte die Großmutter mit einem fürsorglichen Blick in die Runde.

„Danke Grandma!“, rief Ace fröhlich aus.

„Was ist los, Ayume? Keinen Hunger?“, wollte Tom wissen, als er nachdenklich ihren unangetasteten Teller begutachtete.

„Oh... was? Ich war nur in Gedanken.“, bemerkte sie überrascht und griff nach den Essstäbchen. Sie konnte sich nicht helfen, aber die Szene vor ihren Augen wirkte, wie ein gemütliches Frühstück innerhalb einer großen Familie. Und... das machte sie irgendwie glücklich.

„Ayume...?“, begann Tom erneut, als sie wieder in ihrer Bewegung festgefroren war. Ertappt schnappte sie sich einen Happen mit ihren Stäbchen und schob ihn sich in den Mund.

„Sehr köstlich, Onkel Tom.“, wich sie ihm schnell aus.

„Geht es dir nicht gut? Bist du krank? Hat der Fresssack dir irgendwas angetan? Oder war es der Drache?“, wollte Tom mit hochgezogener Augenbraue wissen.

„Weder noch. Mir geht es gut, Tom.“, versuchte sie ihn zu beruhigen. Sie konnte dabei aber nicht verhindern, dass sich ein Lächeln auf ihre Züge schlich. So grob er auch manchmal war, er sorgte sich um die Schwarzhaarige, als sei sie seine leibliche Nichte.

So viel hatte sich in den letzten Wochen und Monaten verändert. Sie war ein Teil einer großartigen Piratenmannschaft, sie hatte einen Onkel, der sie bis zur Grand Line begleiten würde. An ihrer Seite einen Nakama, der ihr stets den Rücken stärkte und schlussendlich auf dieser kleinen Insel, die sie nur zufällig angesteuerten, hatte sie die Familie Nabikis gefunden.

Die 'Rote Zora' hatte sie hinter sich gelassen, mit dem Gedanken Nabikis letzten Wunsch zu erfüllen und die Rothaarige eines Tages zu rächen. Ayume dachte immer, dass ihr Lebensweg einzig von dem Shikigami der sieben Weltmeere abhängig war, doch nun...?

Sie warf einen schnellen Seitenblick auf Ace, der sich mit Nini einen wahren Wettbewerb im Schlingen lieferte.

Wenn ich es nicht schaffe, dann musst du aufs Meer hinaus segeln und du musst eine der größten Piraten aller Zeiten werden, okay? Neben diesen Worte herrschte ein weiterer Satz, wie eine Ergänzung in ihren Gedankengängen. Du bist nicht alleine, Hohlbirne.

Ihre linke Hand formte sich automatisch zu einer Faust, als sie den Blick auf ihren Tellerrand senkte. Sie würde nicht zulassen, dass noch einmal jemand in ihrer Gegenwart zu Schaden kam. Sie wollte niemanden mehr verlieren. Sie würde ein großer Pirat werden, an der Seite des Shikigamis der sieben Weltmeere, um die Menschen, die ihr ans Herz gewachsen waren zu beschützen. Das war ihr Weg.

Ein kurzer Stüber holte sie wieder aus den Gedanken, als sie verwirrt ihren Blick wieder auf die kleine Runde legte.

„Was soll die Gesichtsakrobatik?“, hinterfragte Ace mit einem schiefen Schmunzeln, ehe er sich den Hut auf seinem Kopf gerade richtete.

„Du siehst aus, als hättest du gerade den Entschluss gefasst eine ganze Flotte der Marine im Meer zu versenken.“, ergänzte Tom grummelnd.

„Ich will mitkommen!“, rief Nini begeistert aus.

„Kommt gar nicht in Frage, junges Fräulein.“, mahnte Nabura, ehe sie sich durch das rote Deckhaar fuhr und an ihrem Weinglas nippte.

„Ich werde euch noch etwas Proviant für den Weg einpacken.“, wechselte die Großmutter bei Ayumes ertappten Gesichtsausdruck schnell das Thema und erhob sich vom Tisch. Während sie das leere Geschirr säuberlich stapelte, kam ihr Tom zuvor.

„Wir übernehmen das. Ayume?“, wandte er sich an die Schwarzhaarige, als der der älteren Frau behände das Schmutzgeschirr aus der Hand nahm.

Verwundert erhob sie sich vom Tisch, stapelte ebenfalls noch etwas Geschirr und folgte ihrem Onkel durch die Schwingtür in die Küche der Gaststätte.

Während Tom belanglos das Wasser in die Spüle füllte und den Lumpen zur Hand nahm, trat Ayume an seine Seite und warf ihm dabei einen fragenden Blick zu. Diesen umging er geschickt, als er anfing die ersten Teller zu waschen und sie an die Schwarzhaarige weiter zu reichen.

„Erinnert an alte Zeiten, hm?“, begann er nach einer Weile.

Ayume schmunzelte stumm, als sie sich daran erinnerte, wie sie in seinem Restaurant alle Töpfe schrubben musste, nachdem sie seinen Wohnzimmertisch zerstört hatte. Ob er sein altes Leben und seine Heimat vermisste?

„Ja, aber diese Küche hat bei Weitem nicht so viele Töpfe und Pfannen, wie ich damals schrubben musste.“, belächelte sie und stapelte das trockene Geschirr zu ihrer Rechten.

„Mhm... Hm. Stell dir nur vor, wie viele Menschen man anlocken könnte, wenn man aus diesem Gasthaus ein Restaurant machen würde. Feines Essen, anschließend ein Bad in der heißen Quelle und am Ende weiter zur Grand Line.“, begann er zu sinnieren und ein abenteuerliches Lächeln spiegelte sich auf seinen Zügen wieder. Sicherlich konnte er es sich in seinem Kopf bereits ausmalen.

„Vermutlich hast du Recht.“, gab Ayume von sich. Sie wurde das Gefühl nicht los, dass Tom sie nicht ohne guten Grund zum Abwasch in die Küche bestellt hatte, aber sie wagte es kaum ihn danach zu fragen.

„Ayume...“, begann er und reichte seinen gespülten Teller an sie weiter. „Ich werde hier bleiben.“

Klirr!

„Oh... es tut mir leid.“, haspelte die Schwarzhaarige und bückte sich sogleich nach den Scherben, die sich über den kompletten Holzboden verteilt hatten. Noch während ihr Kopf ratterte, versuchte sie ihre Unsicherheit mit dem Sammeln des zerbrochenen Porzellans zu vertuschen, dennoch zog sich ihr Herz schmerzlich in ihrer Brust zusammen. Eigentlich hätte sie damit rechnen müssen, dass dieser Tag irgendwann kommen würde. Tom hatte sie nicht begleitet, um mit ihr die Weltmeere zu besegeln. Er hatte seine Heimat verloren und sie war mit ihm zusammen aufgebrochen, um ihm eine sichere Zuflucht zu suchen. Doch, dass er so schnell von Bord gehen würde, damit hatte sie nicht gerechnet.

Er beugte sich ebenfalls hinab, doch statt das Chaos zu beseitigen, legte er Ayume seine rechte Hand auf die Schulter.

„Zieh nicht so ein Gesicht. Hier ist es ruhig und abgeschieden. Genau richtig, für einen alten Mann.“, begann er mit einem schiefen Grinsen. „Außerdem kann ich dafür sorgen, dass die Räuber ihr Wort halten. Ich kann ihnen erzählen, dass die Swordsmistress schon einmal eine ganze Marinebasis ausgelöscht hat, um mich zu befreien.“

„Und wenn die Marine dich hier findet?“, entkam es ihr.

„Dann jage ich ihnen den Drachen auf den Hals, bevor ich ihnen einen Tritt in den Arsch verpasse.“, konterte er auf seine typische Art und Weise.

Ayume senkte den Blick. Einerseits konnte sie es ihm nicht ausreden, andererseits wollte sie ihn nicht in der alten Welt zurück lassen. Das Geschehnis in ihrer alten Heimat hatte sie geprägt, was war, sollte es sich hier auf der Erholungsinsel wiederholen? Konnte sie rechtzeitig hierher zurückkehren, um Schlimmeres zu verhindern? Sie würde sich niemals verzeihen, wenn die Marine Onkel Tom ein weiteres Mal in die Finger bekam, oder Nabura und Nini etwas geschehen würde.

Andererseits, war die Reise zur Grand Line wirklich sicher für den Koch? Es war zum Haare raufen.

„Jetzt hör auf so ein Gesicht zu ziehen, du alte Miesmuschel. Dein Onkel Tom ist ein großer Junge und kann seine Schuhe selbst anziehen. Wolltest du nicht ein großer Pirat werden?“, hakte er hinterher.

„Ja.“; gestand sie schmal.

„Dann geh deinen Weg. Der Shikigami wartet noch auf ordentlich Prügel und wenn du ihn zu lange warten lässt, dann ist er am Ende noch eingeschnappt. Ich hänge ungern anderen Leuten am Rockzipfel.“, Letzteres grummelte er genervt. Ob er sich wie eine Last für Ayume fühlte? Hatte er deswegen diese Entscheidung getroffen?

„Tom...“, begann Ayume unsicher, er unterbrach sie jedoch mit einem vehementen Kopfschütteln.

„Ich muss mich wohl von dir verabschieden, um es mit deinen Worten auszudrücken.“

Ayume nickte verständlich, während Tom sich nun zeitgleich daran machte die restlichen Scherben aufzuheben und sie achtlos in den Müll zu werfen.

„Und jetzt leg einen Zahn zu, Fräulein. Wir wollen euren Abschied noch gebührend feiern.“, brummte er, wieder ganz der Alte.



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Kommentare zu dieser Fanfic (76)
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Von:  cindy-18
2017-07-10T17:36:58+00:00 10.07.2017 19:36
mach bitte bald weiter
Von:  Lito-D-Sun
2017-05-22T20:38:44+00:00 22.05.2017 22:38
Hey, ich hab deine Fanfiktion nun schon das zweite mal verschlungen. Da Sie gelinde gesagt ein Meisterwerk ist. Sprachlich auf einem hohen Niveau und der Oc ist zum Verlieben. Stark aber nicht zu Overpower. Ich mag wie du Ace darstellst. Auch möchte ich wissen wie es mit den Piraten unter dem Shingiam weiter geht. Ich hoffe es geht bald weiter mit deiner Geschichte. Ich hab zwar gelesen das du im März geschrieben hast das es weiter geht ich hoffe Allerdings für mich persönlich das die sehr zeitnah geschieden :). Ich würde mich so freuen mehr von dir zu lesen und die Geschichte weiter zu verfolgen.

Liebe Grüße und ein großes Lob Lito D. Sun :)
Von:  Cirry
2016-10-23T22:05:24+00:00 24.10.2016 00:05
Ich finde die Ff einfach nur Super. Wirklich das ist einer der besten Ff die ich je gelesen habe und ich hab schon viele gelesen. Aber bitterste schreib weiter. Es wäre einfach zum heulen wenn du nicht weiter schreibst. Ich heule ja jetzt schon.
Antwort von:  LynethNightmare
14.03.2017 00:24
Die Fanfiktion ist im Moment (wohl schon sehr lang) pausiert, weil ich mich derzeit anderen, größeren Projekten widme, aber ich werde mich sicher noch dahinter klemmen und sie vollenden. Denn es gibt nichts schlimmeres, als unvollständige Geschichten, nicht wahr? :)
Von:  Leopia
2016-06-03T23:07:19+00:00 04.06.2016 01:07
Hey :)
Ich bin zufällig auf deine FF gestoßen und hab sie gleich in einem verschlungen :))
Die Idee der Story ist SUPER und auch dem entsprechend großartig umgesetzt. Der OC gefällt mir sehr, ich mag ihre ruhige und bedachte Art. Endlich mal jemand, der nicht nur rumschreit XD
Ich bitte dich SCHREIB WEITER !!!
Sehr gerne würde ich wissen, wie es ausgeht. Und du hast es schon so weit geschafft, also bloß nicht schlapp machen :)

Würde mich freuen und warte gespannt.

Alles Liebe
Leopia
Antwort von:  LynethNightmare
14.03.2017 00:25
Ich habe die Fanfiktion im Moment, ja ich weiß, eigentlich schon viel zu lange, pausiert, weil ich mich derzeit anderen, größeren Projekten widme, aber ich werde sie vollenden. Ich mag halbbackene Dinge nicht. :)
Von:  KazuhaToyama
2015-09-15T19:09:46+00:00 15.09.2015 21:09
Ich bin so so begeister vin deiner Fanfic und allen einzelenen Kapiss!!!<3<3
Will mehrBb
Antwort von:  LynethNightmare
19.09.2015 09:30
Vielen lieben Dank für deinen vielen Kommentare :)
Ich komm leider im Moment nicht groß zum Schreiben, aber ich bin sicher bald geht es wieder weiter ;)

VLG
Lyn
Von:  KazuhaToyama
2015-09-13T05:39:00+00:00 13.09.2015 07:39
Was für ein spannendes Kapi!!!<3
Von:  KazuhaToyama
2015-09-12T21:17:06+00:00 12.09.2015 23:17
Ohhh mmggggg wie geiiill!!!!!!<3<3
Von:  KazuhaToyama
2015-09-12T19:54:01+00:00 12.09.2015 21:54
Gammer geile Kapis!!3
Von:  KazuhaToyama
2015-09-12T18:44:02+00:00 12.09.2015 20:44
Oh gott wie geil ihre teufelskräfte!!<3
Aber wie heiss die Frucht?
Von:  KazuhaToyama
2015-09-12T12:00:43+00:00 12.09.2015 14:00
Pmg was wohl lod ist:)


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