Take me away von ebony-zoot ================================================================================ Kapitel 1: Take me away ----------------------- Take me away „Ich meins ernst, Colin! Das ist kein Spiel mehr und es ist alles andere als witzig!“ „Denkst du nicht, er ist alt genug, um auf sich selbst zu achten?“, frage ich gelangweilt und werfe die Beine vor mich auf den Couchtisch. Shannon verzieht das Gesicht dabei, sagt aber nichts dazu. „Man ist niemals alt genug, um Fehler zu machen“, grollt er. Ich zucke mit den Schultern. „Und wieso bist du dir so sicher, dass es ein Fehler ist. Vielleicht ist es ja auch keiner, vielleicht -“ Shannon schneidet mir das Wort ab und funkelt mich wütend an. „Ach bitte! Mach mir nichts vor, dir liegt doch gar nichts an Jared. Weißt du, was das Problem an dir ist? Du bist wie ich! Und ich weiß ganz genau, warum jemand wie ich, Jared schöne Augen machen würde. Du willst dir nur beweisen, dass du in der Lage bist, ihn rumzukriegen. Weil er was besonderes ist. Er ist ein Frauenmagnet und es gibt wohl kaum eine, die ihn nicht haben will. Aber Jared ist schwierig und genau das reizt dich. Du willst ihn, weil nicht jeder ihn haben kann. Und sobald du ihn hattest lässt du ihn fallen!“ Ich schnalze mit der Zunge und schnaube abwertend. Shannon und Jared scheinen offenbar dieselbe schlechte Meinung von mir zu haben. Nur deshalb sitze ich ja überhaupt hier. „Du bist sprunghaft, Colin. Ich denke nicht, dass du wirklich an mir interessiert bist. Sobald ich dir zu langweilig bin oder du jemanden siehst, der interessant ist, würdest du mich vergessen.“ So in etwa hat Jared sich ausgedrückt und ich finde es unfair, dass er mir sozusagen erst gar keine Chance gibt. Ich habe ihm bisher nicht gesagt, dass ich ihn haben will, ich schätze, das weiß er. So wie ich weiß, dass er mich haben will. „Ergibt keinen Sinn. Um mir selbst was zu beweisen, wäre Jared viel zu einfach. Und ich bin nicht so leichtsinnig unsere Freundschaft für nichts zu riskieren und mich nachher auch noch mit seinem wütenden großen Bruder rumzuschlagen. Nein, ich sag dir was: Wenn ich Jared haben will, dann nur aus dem Grund, weil er für immer mir gehören soll!“ Ich sehe Shannon tief in die Augen und er erwidert meinen Blick zerknirscht. Ich weiß, es fuchst ihn, wenn ich meine ehrlichen Absichten offen darlege. Dann kann er mich nicht mehr verwarnen, denn dann weiß er auch ganz genau, dass es allein Jareds Sache ist. „Weißt du, was eine Herausforderung wäre? Tomo! Tomo ist mit Vicki verheiratet und er liebt sie. Wenn ich mir also irgendwas beweisen muss, würde ich es mit Tomo versuchen. Schon alleine, weil ich glaube, dass er mich hasst, seit er mich mit seiner Schwester erwischt hat. Er hat da einen ähnlichen Beschützerinstinkt wie du, dabei war sie es, die mich damals abgefüllt hat. Da kann man sagen, was man will, Ivana ist eine ziemliche Hure. Und ich wette, Tomo hat dieselbe Hure in sich, man muss sie nur wachkriegen.“ Shannon sieht mich nachdenklich an, während seine Finger auf seinem Oberschenkel klopfen, wie er es immer tut, wenn er für seine Verhältnisse zu lange still gehalten hat. „Rein theoretisch, würdest du dir also zutrauen, Tomo flachzulegen, auch in dem Risiko, dass du dadurch seine Ehe zerstörst und er sich vielleicht sogar in dich verliebt und du ihm das Herz brichst.“ Ich lehne genervt den Kopf in den Nacken. Er stellt mich ja gerade als ein Scheusal da. Wir reden hier ja schließlich nur theoretisch, das würde ich natürlich niemals tun. „Theoretisch ja. Es wäre nur, um zu beweisen, dass selbst einer, der eine natürliche Abneigung gegen mich hat, mir nicht widerstehen könnte, wenn ich es darauf anlege.“ „Ja, ich verstehe.“ Shannon nickt und seine Augen fixieren einen unsichtbaren Punkt an der Tapete über mir. „Aber natürlich bist du hier, weil du eigentlich Jared willst.“ Ich nicke. Das habe ich ihm schon alles ein paar Mal erklärt und mir scheint, er hat es immer noch nicht ganz verstanden. „Ich will dir erklären, dass ich Jared will, damit du aufhörst, mir alles zu vermasseln. Es geht nicht nur darum, ihn flachzulegen. Ich will ihn haben, hörst du? Ich will ihn für mich haben, mit der Gewissheit, dass niemand ihn mir je wieder wegnimmt! Wenn du uns ständig störst, kann ich ihm das nie zeigen und dann kommt mir vielleicht doch noch jemand anderes zuvor.“ Momentan ist die Gefahr relativ gering, denn soweit ich von Jared weiß, hat er niemanden am Start. Niemanden, für den er sich interessiert und selbst niemanden, mit dem er mal die Sau rauslässt. Einfach mal sinnlos vögeln, um das Kind beim Namen zu nennen. Aber sowas tut Jared offenbar nicht. Ich habe echt keine Ahnung, wieso nicht. Immerhin ist er reich, er sieht verdammt gut aus und er hat keine Beziehung. Hin und wieder braucht man doch einfach mal Sex. Aber Jared möglicherweise wirklich nicht. Oder er lässt es in einem seiner Bartholomew Cubbins Videos raus. Die haben schon eine sehr hohe Sexrate, wenn ich das richtig gesehen habe. „Mir gefällt dein Besitzdenken nicht“ Shannon mustert mich misstrauisch, als würde ich versuchen, ihn für irgendein krankes Spiel einzuplanen. „Aber du willst offensichtlich sesshaft werden, ja? Mit meinem Bruder, ja? Falls er überhaupt Interesse an dir hat, ja?“ „Ja zum ersten, ja zum zweiten, ja zum dritten!“ Shannon spitzt die Lippen und schweigt einen Moment. Ich denke, wenn er Nein sagt, werde ich mir Jared einfach schnappen, ihn zu einem Spontanurlaub zwingen und ihn so lange nerven, bis er mir verfällt. Ich glaube, dass ist keine gute Taktik, aber ich habe niemals Interesse an einer Beziehung gehabt, also muss man mir doch verzeihen, dass ich keine bessere Idee hab, als die Sache so anzugehen. Und das alles auf Colin-Art zu machen, scheint mir sehr Colin zu sein. Und wenn Jared Colin will, dann wird er sicher auch die Colin-art mögen. „Okay, ich habe einen Vorschlag“, sagt Shannon plötzlich und die Art wie er dabei grinst, lässt mich erahnen, dass ich gleich einen Last-Minute Flug für zwei nach Papua-Neuguinea buchen werde. „Da dir mein Segen natürlich wichtig ist, weil einen Leto gibt es eben immer nur zu zweit. Also ich habe kein Interesse an dir, ich meine damit, wenn ich dich nicht leiden kann, wird Jared dich genauso leidenschaftlich hassen, wie ich.“ „Ja, schon klar“, brumme ich. Ich hasse Shannons Macht. Er ist ein Mistkerl. Das liegt alles nur an dieser verdammten Letoehre. Ich hasse die Letoehre. Die macht einem fast alles madig. Aber Jared gibt es eben nur als Leto und ich glaube auch, dass ich ihn gerade deshalb haben will. Er ist nicht, wie jeder andere. Er hat ganz andere Vorsätze und Ziele und er hat ein wenig den Verstand verloren. Er ist eine Diva und manchmal habe ich den Verdacht, er ist asexuell. Aber genau das alles will ich. Ich will ihn genau so haben, mit all den Macken. „Sehr gut. Also, du bekommst meinen Segen unter einer Bedingung. Zeig mir, dass du eines Letos würdig bist!“ Okay. Da ist sie wieder, die schlechte Seite der Letoehre. Der Ur-Leto ist vermutlich vor vielen hundert Jahren mal komplett gegen den Schrank gerannt, weshalb nun alle Nachfahren einen kleinen Dachschaden haben. Ja ja … ich liebe auch diesen Dachschaden. Aber man muss doch zugeben, das macht alles nur komplizierter als es schon ist. „Und wie? Soll ich mir einen Marshawk schneiden? Oder mir Fans zulegen, die meine Familie sind und Echelon heißen und hin und wieder ein klein wenig -“ „Nichts gegen die Echelon!“ bellt Shannon. Da scheint er genauso empfindlich zu sein wie Jared. Ich dachte Shannon wäre lockerer. „Und Haareschneiden ist ja wohl ein Witz, auch wenn ich finde, dass deine Haare aktuell dem alten Wischmopp in unserem Studio Konkurrenz machen, aber wenn du drauf stehst. Nein, darum geht’s nicht. Ein Leto, bekommt immer, was er will. Das ist dir sicherlich aufgefallen.“ Weil ein Leto aus irgendwelchen Gründen immer auf der Sonnenseite des Lebens steht! „Hmhm. Und weiter?“ „Sagen wir es so, zeig mir, dass du Tomo kriegst und du kannst Jared haben. Wenn du es schaffst, bei Tomo zu landen, weiß ich, dass du uns das Wasser reichen kannst. Wenn nicht, werde ich Jared für jemanden aufbewahren, der unserer würdig ist.“ „Pff“, mache ich und schüttele trotzig den Kopf. „Hast du dich mal beobachtet? Du sitzt hier, als würde dir Jared gehören und bestimmst über seine Zukunft!“ „Ja und ich weiß, dass würdest du gerne machen!“, grinst er. Ich knirsche mit den Zähnen. Der verfluchte Mistkerl hat recht! Ich will natürlich nicht in Jareds Leben rumpfuschen, aber ich will schon derjenige sein, der in der Lage ist, Jared von Dingen zu überzeugen oder abzuraten. Ich will das er meinem Urteil so vertraut, wie er es bei Shannon tut. „Ich werde Tomo flachlegen, riskieren, dass er mich anschließend hasst, woraufhin vielleicht auch Jared mich hasst? Nicht zu vergessen, dass ich möglicherweise eine Ehe zerstöre.“ Ich sehe Shannon fragend an und er nickt. Ich seufze ergeben. „Alles klar. Morgen gegen acht Uhr habe ich ihn flachgelegt und dann kriege ich Jared!“ Wir sind uns einig. Möglicherweise in einer Sache, die moralisch überhaupt nicht vertretbar ist, aber darum macht sich im Augenblick keiner von uns Gedanken. Ich werde Jared bekommen und ich bin bereit dafür über Leichen zu gehen. Oder über Tomo zu rutschen … Und wann genau habe ich angefangen einen so niveaulosen Monolog zu führen? -- Die ganze Sache hat natürlich ihre Tücken. Aber ich glaube auch, dass genau darin die Herausforderung liegt. In erster Linie geht es natürlich darum, Jared zu gewinnen. Aber in zweiter Linie ist es ein Ausdruck der Kunst, mit Tomo zu vögeln, ohne das man mich nachher verprügeln will. Dafür müssen ein paar Dinge eintreten, die zweifellos nicht in Ordnung sind. Tomo muss mich wollen (gut, das ist noch in Ordnung), seine Frau darf nichts davon erfahren, Tomo muss es nur um Sex gehen und bis auf Shannon sollte wirklich niemand davon wissen. Also kommt es auf meinen Charme an, der schmutzig genug sein muss, dass Tomo nur Sex will und versteht, dass ich auch nur das will. Mein Plan ist da auch relativ simpel, denn ich habe keinen. Ich warte einfach in der Nähe seiner Haustür bis er alleine rauskommt und komme ihm dann rein zufällig entgegen. Jedenfalls habe ich mir ein Limit bis zwölf Uhr gesetzt und wenn er bis dahin nicht rausgekommen ist, muss ich mir etwas anderes einfallen lassen. Und jetzt sitze ich seit geschlagenen drei Stunden in meinem Auto, eine Armee von Kaffeebechern auf dem Rücksitz und warte. Vicki ist vor etwa zehn Minuten ins Auto gestiegen und weggefahren. Also eigentlich könnte ich auch aussteigen und einfach klingeln. Und wenn Tomo nicht da ist? Dann habe ich drei Stunden vollkommen umsonst hier gesessen. Ich seufze, nehme mein Handy raus und rümpfe die Nase über ein Bild, dass Jared mir geschickt hat. Er schickt mir ständig irgendwelche Bilder, die absolut nicht witzig sind und vermutlich irgendwas über Kunst aussagen sollen. Ich habe keine Ahnung, wie man mit einem Handy ein Bild verschickt, aber Jared beherrscht das ja offenbar, denn meine Speicherkarte müsste die nächsten Tage aus allen Nähten platzen. „Das ist dein Schuh, echt jetzt, Jared?!“, murmel ich vor mich hin, schüttel den Kopf und stecke das Handy wieder weg. Ich werfe den leeren Kaffeebecher zu den anderen auf den Rücksitz, steige aus dem Auto und bin fest entschlossen die letzten zwei Minuten bis vor zwölf Uhr damit zu nutzen, an Tomos Haustür zu klingeln. Und dann … werde ich mir was neues einfallen lassen! „Jared ist nicht hier. Und bevor du fragst, meine Schwester auch nicht!“ Ich zucke erschrocken zusammen, wirbele herum und starre direkt in Tomos, etwas unterkühltes Gesicht. „Oh! Hi, ich … Hi. Ich wollte auch eigentlich zu dir.“ Es dauert einen Moment, bis ich meine Fassung wieder habe. Tomo zieht unbeeindruckt eine Augenbraue hoch. Er ist wirklich eine Herausforderung, denn er kann mich noch immer kein Stück leiden. „Und was willst du von mir?“ „Uhm“ Ich habe nicht gedacht, dass Tomo in der Lage ist, so lange abweisend zu sein. Jared sagt eigentlich immer, dass Tomo der freundlichste Mensch ist, den er kennt. Jared scheint wohl nicht viele Menschen zu kennen. „Also … Es belastet mich etwas, das wir ...“ Ich sehe mich zerknischt auf der Straße um. Es ist niemand zu sehen, aber das bedeutet nicht, dass auch wirklich niemand da ist. „Könnten wir das vielleicht drinnen besprechen?“ Ich sehe auf seine Hausschuhe und dann auf den Müllbeutel in seiner Hand. „Drinnen? Bei mir?“, fragt er skeptisch. Ich seufze. „Das ist doch blöd so zwischen Tür und Angel.“ Tomo sieht mich ausdruckslos an, ehe er sich dann von mir wegdreht und den Beutel in den Mülleimer wirft. „Meinetwegen. Aber wenn du anfängst mir auf den Sack zu gehen, werfe ich dich direkt wieder raus.“ Ich nicke eifrig, während ich in Gedanken süffisant grinse. Damit ist der erste Schritt schon mal getan. Ich folge ihm nach drinnen ins Haus. Im Flur begegnen mir zwei Katzen, um die ich einen größeren Bogen mache, damit ich nicht ausversehen auf eine drauftrete. Ich bin ein ziemlicher Trampel. Auf Katzen treten kann ich wahnsinnig gut. Das Wohnzimmer ist vollkommen unleto. Es ist nicht so groß, bei weitem nicht so leer und hat auch keine Chaosecke. Bei Jared ist das immer die Ecke, in der er sitzt. Alles andere ist fast schon penibel aufgeräumt. Tomos Wohnzimmer erinnert mich da mehr an das Wohnzimmer meiner Mum. Teppiche, Dekoration, ein weiches Sofa und ein ausreichend großer Fernseher. Alles hier lädt dazu ein, sich hinzusetzen und zu entspannen. Bei Jared hat man mehr das Gefühl, man darf auf keinen Fall etwas anfassen. Und ich glaube bei mir haben die Leute den Gedanken, man müsste dringend wieder putzen. Aber wenigstens Jared fühlt sich in meinem Chaos wohl und mehr brauche ich gar nicht. „Was willst du von mir?“, fragt Tomo, kaum dass ich es mir auf dem braunen Sofa gemütlich gemacht habe. Eine schneeweiße Katze springt neben mich und rollt sich schnurrend auf meinem Schoß zusammen. Katzenhaare. Überall! Wenn ich keine Spuren hinterlassen will, werde ich meine Kleidung anschließend verbrennen müssen. „Wir hatten einen schlechten Start, ich würde es gerne einfacher machen. Weil ich ja mit Jared befreundet bin und ich finde, dann sollten wir uns auch verstehen. Es tut mir sehr leid mit deiner Schwester, ich habe wirklich nichts Böses gemacht und sie hat mir auch nie Vorwürfe gemacht.“ Tomo seufzt, lehnt seinen Kopf zurück gegen das Polster der Couch. „Colin, ich mag dich einfach nicht. Nicht wegen Ivana oder der Tatsache, dass ich vermute, dass du auch mit Jared was laufen hast und dir scheinbar vollkommen egal ist, ob du nun Männlein oder Weiblein abschleppst. Ich kann dich einfach nicht leiden. Du hast einen scheiß Charakter und ich halte mich von Menschen fern, die in keinster Weise mit meiner Einstellung sympathisieren.“ „Oh“, mache ich knapp. Wie kann man so genau darüber nachdenken, warum man einen Menschen nicht leiden kann? Und was ist das überhaupt für ein Grund?! Wie soll ich denn dagegen etwas machen können. Shannon, der Miskerl! Er hat genau gewusst, warum Tomo mich nicht ausstehen kann! „Aber ich kann dich leiden und Jared kann mich leiden und Shannon kann mich auch leiden.“ „Shannon desinfiziert jedesmal das Sofa, an der Stelle auf der du gesessen hast.“ „Was?!“, stoße ich fassungslos aus. „Wow … Das ist ziemlich verletzend.“ Tomo zuckt mit den Schultern. „Letos eben. Die haben so ihre Eigenarten, da darf man sich nichts draus machen.“ Sein Tonfall klingt fast schon nach Mitleid. Wenn Tomo wirklich so gutmütig ist, wie Jared sagt, dann springt er auf Mitleid sicher an. „Ich will ja nur … Ich habe Jared wirklich gerne und ich will, dass das so bleibt, aber ich habe das Gefühl er entgleitet mir. Ich dachte, es ist leichter für ihn, wenn ihr mich nicht mehr hasst. Aber ich scheine wohl ziemlich verkorkst zu sein.“ Ich schaue ihn mit dem verzweifelsten Blick an, den ich aufbringen kann und der ist nicht einmal geheuchelt. Ich bin wirklich verzweifelt, denn wenn ich Tomo nicht kriege, kriege ich Shannons Zustimmung nicht und ohne Shannon kein Jared. Tomos Augen fixieren die Katze auf meinem Schoß, die sich gerade streckt und dann ausgiebig gähnt, um sich wieder zu einem großen Ball zusammenzurollen. „Ist dir nicht aufgefallen, dass Jared nur verkorkste Menschen um sich herum hat? Ich schätze er sammelt die.“ Tomo zuckt mit den Schultern. „Vielleicht. Aber … ich weiß nicht. Was ist an mir so schrecklich, dass du mich so sehr hasst?“ „Ich hasse dich nicht. Prinzipiell bist du mir egal. Solange du dich von den Menschen in meiner Umgebung fernhältst“, sagt er prombt. „Du verletzt andere, wenn du in der Gegend rumvögelst. Ich kann dir gleich sagen, dass Jared das nicht mit sich machen lässt.“ „Aber das will ich nicht. Ich würde das Jared nie antun. Aber ich denke, er glaubt mir nicht, sonst ...“ Ich zucke verloren mit den Schultern. Eine bittere Wahrheit. Ich würde Jared nicht betrügen. „Um ihm das zu beweisen, brauchst du einiges ein Zeit. Menschen ändern sich nicht einfach -“ Tomo hält verdutzt inne, als ich zu ihm rüberrutsche und meine Finger in seinen Oberschenkel kralle. Die Katze springt beleidigt von meinem Schoß und rollt sich schließlich auf dem weichen Teppich wieder zusammen. „Du musst mir helfen, ihn zu überzeugen!“ Ich habe mein Gesicht so nah vor seinem, dass ich seinen Atem spüren kann. Er zuckt mit dem Kopf zurück, schafft es jedoch nicht mir vollends zu entweichen. „Ich … bin mir nicht sicher ...“, murmelt er stockend. Ich bemerke die Röte, die sich über seine Wangen zieht, weil ich so dicht vor ihm bin und er mir nicht ausweichen kann. Ich senke den Kopf ein wenig, beuge mich zu seinem Hals durch und atme tief durch die Nase ein. Jared macht es jedesmal verrückt, wenn ich so dicht an seinem Hals lehne. Ich würde ihn so immer bekommen. Doch zu mehr als einer kurzen Fummelei, kam es ja Dank Shannon noch nie. Ob es bei Tomo so funktioniert ist fraglich. Aber ich merke, wie er unter mir erstarrt, was definitiv besser ist, als würde er mich sofort von sich stoßen. „Du riechst gut“, sage ich rau. „Was ist das für ein Duft?“ Tomo gibt ein ersticktes Quietschen von sich. „Ich weiß nicht … Waschpulver?“ Ich lache leicht, während ich mit der Nase über seinen Hals streife. Tomo hält die Luft an, als ich mit der Hand durch sein Haar streife und mich daran festkralle. Jareds Haar ist länger. Ich zwirble seine Haarsträhnen gerne um meine Finger und ziehe ihn dann zu mir herunter, um ihn zu küssen. Sein Bart kitzelt mich, wenn ich mit meinen Lippen nach seinen suche. Tomos Bart hingegen kratzt. Er ist nicht so weich wie Jareds und auch seine Lippen sind nicht so weich. Vielleicht weil er angespannt ist und Jared nur darauf wartet, dass sich unsere Lippen treffen. Aber Jared schmeckt auch anders. Er schmeckt warm und süß, wenn meine Zunge um seine kreist. Tomo hingegen schmeckt nach Kaffee. Angenehm. Aber eben nicht wie Jared. Jared zuckt auch nicht zusammen, wenn ich meine Hände unter sein Shirt stecke. Ganz im Gegenteil, Jared stöhnt auf, lehnt sich zurück und zieht sich das Shirt über den Kopf. Tomo aber verharrt stumm, als wüsste er nicht recht, was er tun soll. Ich ertaste die Härchen an seinem Bauchnabel, die warme Haut, als ich weiter nach oben wandere und die Haare auf seiner Brust. Auch anders als bei Jared. Jareds Brust ist entweder weich und glatt oder kratzig. Aber nie haarig. Ich seufze leise, während ich an Jared denke. An die Art, wie er nach Luft schnappt. Wie seine Hände sich in meinem Nacken verschränken oder manchmal sogar frech über meine Brust wandern und schließlich in meine Shorts schlüpfen. Ich keuche auf, beiße in seine Unterlippe, was ihm ein raues Seufzen entlockt. Ich setze mich auf seinen Schoß, schiebe ihn zurück, so dass er seitlich an der Lehne des Sofas hinab rutscht und schließlich unter mir auf dem Sofa liegt. Ich schließe die Augen, beuge mich über ihn und küsse ihn so hart, dass uns beiden die Luft wegbleibt. Ich bin süchtig nach Jared. Jeder meiner freien Gedanken gilt ihm, sogar meine Träume sind von ihm besessen. Ich weiß, dass ich ihm treu sein kann und ich weiß, dass ich nie wieder einen anderen will als ihn. „Jared“, seufze ich atemlos. „Ich bin nicht -“, keucht er rau und bricht ab, als ich dieses Mal die Initiative ergreife und meine Hände unter den Bund seiner Hose bis in seine Shorts schiebe. Er stöhnt auf, wirft den Kopf so weit zurück, das ich mich sein stacheliges Kinn bis zu seiner Kehle küsse kann. Ich fühle den Puls seiner Erektion unter meinen Fingern, der beinahe im selben Rhythmus schlägt, wie mein Herz. Ich rutsche ein Stück auf seinen Oberschenkeln zurück, um meine Hand besser bewegen zu können, während ich mit der Linken versuche, den Bund der Leggins weiter hinab zu schieben. „Tomo!“ Der Ausruf hallt so schrill durch den Raum, dass ich erschrocken zurückspringe und mit meinem ganzen Gewicht auf Tomos Füßen lande. Er schreit schmerzhaft auf, zieht seine Füße zurück und setzt sich fluchend auf. Tomo? Ich blinzle irritiert. Tomo … Für einen Moment, habe ich mich offenbar selbst verwirrt, auch wenn es immer noch der richtige Weg war. Für mich jedenfalls. Aber nicht für Tomos Frau, die wutentbrannt im Türrahmen steht und mich und Tomo alleine durch ihren Blick versucht zu töten. Und auch nicht Jared, der fassungslos hinter ihr steht, irgendetwas vor sich hinmurmelt und schließlich eine Hand auf Vickis Schulter legt, um sie davon abzuhalten, sich auf Tomo zu stürzen. Oder vielleicht auch auf mich. „Scheiße … Scheiße“ Tomo rutscht an den Rand der Couch, so weit wie möglich von mir weg. Ich sehe, dass er am ganzen Körper zittert und in meinem Magen breitet sich ein so schlechtes Gefühl aus, wie ich es nie zuvor in meinem Leben gefühlt habe. Aha, denke ich mir, das also ist ein schlechtes Gewissen. „Zu weit, zu weit ...“ verstehe ich nun auch, was Jared vor sich hinmurmelt. Aber Sinn ergibt es keinen. „Tomo!“, ruft Vicki wieder aus und Tomo zuckt zusammen. „So war das nicht … Was zur Hölle soll das?! Wer ist der Kerl?!“ „Colin“, sagt Jared leise. „Was?“ Vicki dreht sich zu ihm um. „Dein Colin?“ Jared verzieht daraufhin das Gesicht und nimmt die Hand von ihrer Schulter. „Nicht meiner. Einfach nur Colin. Er wird ganz sicher niemals meiner sein!“ Jareds blaue Augen ruhen auf mir. Eine unsichtbare Hand schließt sich um mein Herz und drückt es so fest zusammen, bis ich denselben Schmerz fühle, der in Jareds Gesicht zu lesen ist. Ich muss den Blick senken, weil ich es nicht ertrage ihn so verletzt und verloren zu sehen und zu wissen, dass ich daran Schuld bin. „Ich wollte dich nur haben.“ Die Worte kommen nur unter größter Anstrengung aus meinen Mund, denn eigentlich ist mir danach, laut zu schreien. Der Schrei sitzt fest in meiner Kehle und ich muss mich zwingen, den Mund zu schließen, um ihn festzuhalten. „In dem du deine Hände an seinem Schwanz hast?!“, schließt er bitter. Ich schlucke schwer und wage es nicht, mich zu bewegen. Wie Jared das sieht, macht das wirklich keinen Sinn. Aber ich habe die Abmachung mit Shannon getroffen, nur … Wieso fällt mir erst jetzt auf, dass das was ich mit Shannon abgemacht habe, entgegen dem geht, was ich Jared beweisen wollte?! Ich kann die Abmachung nicht erfüllen, wenn Jared doch von mir sehen will, dass ich es schaffe, niemanden neben ihm zu haben. Wir sind schließlich nur deshalb noch nicht zusammen und das Problem mit Shannon hätte ich anders lösen müssen. Vielleicht hätte ich das mit Jared zusammen überlegen sollen. „Tomo ...“, sagt Jared dann. „Ich habe keine Ahnung, wie das passieren konnte! Das war keine Absicht. Ich habe doch gesagt, ich kann das nicht! Ich bin nicht dafür gemacht. Ich hab gesagt, ich will ihn gar nicht erst in meiner Nähe haben!“, stößt Tomo panisch hervor. Ich wage einen Blick zu Jared, der plötzlich eiskalt wirkt, als würde er es darauf abzielen, dass alle um ihn herum erfrieren. „Und ich habe keine Ahnung, wie ich dich jemals in meiner Nähe ertragen konnte, ohne zu wissen, wie gut man dir vertrauen kann. Deine Zusammenarbeit mit Mars ist beendet.“ Ich schnappe nach Luft, Vicki starrt Jared mit offenem Mund an und Tomo ist offensichtlich in eine Leichenstarre verfallen. „Was … Ich … Du kannst nicht ...“, stößt er aus und öffnet und schließt den Mund dabei, wie ein Fisch. Ein Fisch, der sein Wasser verloren hat und auf dem Fußboden um sein Leben zappelt. „Und ob ich kann! Ich kann alles! Beschissene Gitarristen gibt es schließlich wie Sand am Meer!“, faucht Jared. Tomos Gesicht nimmt eine ungesunde Farbe an, was das schlechte Gefühl in meinem Magen nur noch schlechter macht. „Jared, das ist meine Schuld. Mach ihn nicht dafür verantwortlich, er hat nicht ...“ „Du hast Sendepause, Colin! Meinst du nicht, du hast genug angerichtet?! Du hast dich nicht mehr einzumischen. Ich will das du jetzt aufstehst und dich verpisst und wenn du es wagst, mich noch einmal zu belästigen, werde ich eine einstweilige Verfügung gegen dich erwirken und glaub ja nicht, dass ich das nicht wahrmache!“, zischt Jared mir zu. Seine Augen haben nichts mehr von dem Schmerz, den er eben gezeigt hat. Stattdessen scheinen sie wie pures Feuer zu glühen und ich befürchte, dass es in der Lage ist, auf mich überzuspringen und mich lichterloh zu brennen. Ich nicke knapp. Der Schrei steckt noch immer in meiner Kehle, als ich aufstehe. Er droht stärker als vorher aus meinem Mund zu dringen, aber ich beiße die Zähne so fest zusammen, das mein Kiefer knackt. „Er hat an dich gedacht!“, ruft Tomo, als ich mich an Jared vorbeischiebe und mich bemühe, ihn nicht mehr anzusehen. „Er hat deinen Namen gestöhnt! Er wollte dich!“ Ich bleibe stehen. Versucht Tomo gerade meinen Hals zu retten?! Nachdem ich dafür verantwortlich bin, dass Jared ihn aus der Band wirft? Er scheint ein so viel besserer Mensch zu sein als ich. „Was?“ Jareds Frage ist nur ein Flüstern. Ich wage es, mich zu ihm umzudrehen und begegne seinem verwirrten Blick. „Das ist wahr. Ich denke immer nur an dich. Jede freie Sekunde und ich habe für einen kurzen Moment vergessen, dass Tomo nicht du bist. Es hätte mir auffallen sollen, aber ich … Ich wollte eigentlich nur … ich wollte ziemlich dumm sein, aber ich hatte plötzlich nur noch dich in meinem Kopf und wie gut du riechst und wie es mir gefällt, wenn ich dich streichle und du deine Beine so fest um meine Hüfte schlingst, als würdest du glauben, ich könnte plötzlich wieder verschwinden.“ Jared sieht mich wortlos an. Seine Augenbrauen ziehen sich verunsichert zusammen, während er mich mustert und es in seinem Kopf zu arbeiten scheint. „Du hast den Test nicht bestanden, Colin“, sagt er schließlich. Ich blinzle irritiert, sehe von Tomo zu Vicki, die jedoch nach wie vor so wütend aussieht, dass mir bei ihrem Anblick heiß und kalt zugleich wird. „Ein Test?“ quietsche ich, weil der Schrei noch immer in meiner Kehle tobt. „Ich habe dir gesagt, ich kann nicht mit dir zusammen sein, weil ich dir nicht glauben kann, dass du mich nicht betrügst. Aber du warst dir so sicher, dass das niemals passiert. Also wollte ich absolute Sicherheit. Ich habe mit Shannon gesprochen und wir haben uns den Plan überlegt, der für dich eine solche Herausforderung sein sollte, dass du nur noch daran denkst, dich selbst zu beweisen. Ich habe gehofft, dass ich dir wichtig genug bin. Ich hatte die kleine Hoffnung, dass du noch an mich denkst. Vielleicht hast du ja an mich gedacht, aber letztendlich, hattest du deine Hände in Tomos Hose und nicht in meiner. Du hast den Test nicht bestanden.“ Ein Test. Ich kralle mich am Türrahmen fest, als mir schwindelig wird. Mir ist schlecht, ich will schreien und ich will nicht, das alles wegen meiner Dummheit den Bach runtergeht. „Sag mir, Colin. War es die Herausforderung wert? War es das wert, eine Ehe zu zerstören, eine Band kaputtzumachen, damit eine Freundschaft zu zerstören und letztendlich mich zu verlieren, der dir angeblich so viel bedeutet? War es all das wirklich wert, nur weil du beweisen wolltest, dass du Tomo rumkriegen kannst, obwohl er dich nicht leiden kann?“ „Ich wollte das nicht ...“ Ich japse nach Luft, ächze, weil ich den Schrei kaum unterdrücken kann und sinke langsam am Türrahmen hinab auf die Knie. Meine Hände verkrampfen sich in meinen Haaren und ich krümme mich schmerzhaft zusammen. Ich wünsche, ich könnte mich auflösen oder die Zeit zurückdrehen. Oder an einem Ort landen, an dem ich nicht alles zerstört habe. Ich wünsche, ich hätte es nicht verbockt. Ich wünsche, ich hätte nachgedacht. Ich wünsche, ich wäre nicht so ein Vollidiot und wäre derjenige, der Jared verdient hat. Aber das habe ich nicht. Ich habe niemanden verdient. Niemand sollte mit jemandem wie mir gestraft werden. Ich bringe nur Unglück und das nicht nur über mich, sondern auch über alle anderen. Ich habe Tomos Leben zerstört. Und Vickis daher auch. „Dafür ist es jetzt zu spät“, sagt Jared ruhig. Ich weiß nicht, ob er wirklich ruhig ist, denn ich schaffe es nicht, zu ihm aufzusehen. Ich schaffe es auch nicht, aufzustehen und einfach zu gehen und mich den Rest meines Lebens zu verdammen. Jared hat mir eine Chance gegeben, mich zu beweisen und ich hab es mit vollem Anlauf zerstört. „Jared … kannst du nicht … Ich weiß auch nicht. Aber … er hat doch an dich gedacht, ich finde, dass ist sehr viel wert.“ Tomo wieder. Wieso gibt es so liebe Menschen? Wieso kann ich nicht so sein? „Nein, kann ich nicht. Mag ja sein, dass er an mich gedacht hat, aber letztendlich ist er hierher gekommen, um dich zu vögeln und aus keinem anderen Grund. Und das obwohl er wusste, dass ich einen Vertrauensbeweis brauche!“, sagt Jared hart, aber ich glaube aus seinem Ton einen kleinen Funken Unsicherheit herauszuhören. Aber ich bin inzwischen auch so verzweifelt, dass ich mich an jeden Halm klammere, den ich finden kann. „Ihr habt allesamt einen an der Waffel. Ihr könnt mich alle mal, wisst ihr das?! Die Idee war scheiße von dir, Jared! Colin hat Mist gebaut und er weiß dass, denn er sitzt gerade wie ein Häuflein Elend vor dir. Ich sag dir, wenn das Tomo wäre, würde ich mich daran entsinnen, dass ich diesen Mann liebe, weil er ist, wie er ist. Und ich selbst an Colins Stelle wäre über Leichen gegangen, um den Mann zu kriegen, den ich will. Ich würde mit einer ganzen Fußballmanschaft schlafen, wenn man mir sagt, dass ich ihn dann kriegen würde. Und so in etwa hat Shannon ihm das doch versprochen oder?“ Vicki schnalzt mit der Zunge. Ich winkle die Knie an, schlinge die Arme darum und hebe langsam den Kopf, um zu ihr aufzusehen. Hat sie mich nicht gerade noch gehasst? Ich habe doch auch ihre Ehe zerstört … Obwohl, so wie sie spricht, scheint sie Tomo wirklich zu lieben. So spricht doch niemand, der voller Wut auf ihren Mann ist? „Colin, es tut mir leid, dass ich bei der Scheiße mitgemacht habe, ich fand das dumm, aber ich dachte, es würde anders enden. Jared hat mich dazu angestiftet und Tomo auch. Wir werden uns nicht trennen, auch wenn du deine Hände in Tomos Hose hattest und das war so nicht abgesprochen!“ Bei diesen Worten wirft sie Tomo einen wütenden Blick zu, der sich verkniffen auf die Unterlippe beißt. „Oh Gott, ich hatte deshalb gerade echt Schiss“, stößt er schließlich erleichtert aus. Vicki lächelt ihm sanft zu, setzte sich an seine Seite und zieht ihn zu sich, um ihn zu küssen. Mir wird heiß und kalt zur gleichen Zeit, währen ich sie beobachte. Ich glaube, das ist eine Beziehung, von der ich nur träumen kann. Sie lieben sich, ohne irgendwelche Vorbehalte. Ich registriere mit einem Seitenblick zu Jared, dass auch er Vicki und Tomo beobachtet und sich scheinbar seine eigenen Gedanken macht. „Siehst du, und Jared wird Tomo auch nicht aus der Band werfen, davon ist nämlich überhaupt keine Rede gewesen!“, sagt Vicki schließlich. Sie lehnt ihren Kopf an Tomos Schulter, als er einen Arm um sie legt und fixiert Jared mit einem wachsamen Blick. „Er hatte seine Hände in Tomos Hose. Zu weit! Das war so nicht abgemacht!“, widerspricht Jared eisern. „Jared!“, faucht Vicki. „Ja, ja, schon gut. Er fliegt nicht raus“, brummt er und sieht dabei zu mir, denn schlussendlich bin ich wohl der einzige, der ihm das geglaubt hatte. „Und weiter?“, fordert sie abwartend. „Nichts und weiter. Von mehr war nicht die Rede.“ Jared verschränkt die Arme vor der Brust und lehnt sich gegen die Wand. Vicki seufzt genervt. „Hört mal, ich lasse euch nicht so gehen, wenn Jared schon wieder bockt und Colin so aussieht, als würde er sich gleich vor den nächsten Zug werfen. Colin, komm her, setzt dich.“ Ich sehe auf den Platz auf der Couch, den sie mir anweist, rühre mich aber nicht von der Stelle. „Ich kann nicht. Ich schaff's nicht ...“ Ich presse die Lippen zusammen. Ich kann ja nicht mal meine Arme heben und ich habe keine Ahnung, woher diese Schwäche rührt. Ich hoffe nur, dass sie mich nicht wieder rausschmeißen wollen. „Ich bocke nicht“, knurrt Jared etwas später, als wäre das jetzt erst bei ihm angekommen. „Er hat es versaut und er wusste, was ich wollte. Ich finde nicht, dass ich mich für meine Entscheidung rechtfertigen muss. Wenn ich mich emotional auf jemanden einlasse, will ich sicher gehen, dass ich ihm vertrauen kann, weil ich sonst als Wrack ende.“ Tomo lehnt sich bei Jareds Worten kurz zu Vicki vor und flüstert ihr etwas zu, woraufhin sie verstehend nickt. „Okay. Verstehe ich. Du hast schlechte Erfahrungen gemacht und bist seither misstrauisch. Ganz ehrlich, Jared. Wenn du nicht bereit bist, was zu riskieren, brauchst du keine Beziehung.“ Jared hebt wütend den Kopf. „Du hast keine Ahnung und du hast auch kein Recht darüber zu urteilen. Colin hat doch noch nie eine Beziehung gehabt, die ihm ernst war. Und er hat bewiesen, dass er es wegen Kleinigkeiten verbockt. Oder ist es nun plötzlich in Ordnung, dass er jemand anderen vögelt, solange er dabei an mich denkt?!“, ruft er schrill und tritt wütend mit dem Fuß gegen die Wand. „Nein, ist es nicht. Aber er tut doch ohnehin alles, was du willst, um dich zu bekommen. Du kannst ihm mit Tomo keine Vorwürfe machen, wenn Shannon ihm dich dadurch versprochen hat. Da lag von Anfang an euer Fehler. Also, es ist ganz einfach Jared: Entweder bockst du weiter und gehst jetzt, in der Gewissheit, dass du derjenige bist, der nicht die Eier hatte, was zu riskieren. Colin hingegen hat alles für dich riskiert. Er hat riskiert ein Leben zu zerstören und damit auch dich zu verlieren und ich glaube, es war ihm irgendwo auch bewusst, was hätte sein können. Aber letztendlich hat er das alles riskiert, um dich zu bekommen. Schließen wir daraus, dass Colin Eier hat.“ „Macht es dir was aus, nicht mehr über Colins oder Jareds Eier zu reden? Das gefällt mir nicht“, murmelt Tomo seiner Frau zu. Sie hebt eine Augenbraue und mustert Tomo abschätzend. „Er hatte die Hände in deiner Hose. Ich müsste also angepisst sein!“ „Oder?“ fragt Jared trocken. „Du hast das Oder nicht erwähnt?“ „Habe ich nicht? Na ja, das Oder ergibt sich von selbst. Oder, du holst dir endlich, was du willst, selbst wenn es nur ein paar glückliche Tage sein sollten.“ Jared befeuchtet sich mit der Zunge nachdenklich die Unterlippe, ehe er anfängt im Wohnzimmer auf und abzugehen. Die weiße Katze auf dem Teppich folgt mit dem Kopf merklich irritiert Jareds Schritten. Ich werde mir eine Katze zulegen, wenn Jared mir eine Chance gibt. „Warum hast du mit Ivana geschlafen?“, fragt er dann und bleibt unmittelbar vor mir stehen. „Sie hat mich mit Whiskey abgefüllt, weil sie gesagt hat, dass echte Iren, Whiskey trinken und dann hat sie sich vor mir ausgezogen. Sie hatte nicht mal Unterwäsche an!“, sage ich schnell. „Hey!“, ruft Tomo aus, aber ich beachte ihn gar nicht, sondern sehe atemlos zu Jared. „Und danach hast du nie wieder mit ihr geschlafen? Ich meine, seit du nüchtern bist?“ Ich schüttle den Kopf. „Ich habe in deinem Handy gelesen“, sagt Jared schließlich. „Deshalb bin ich misstrauisch. Daher bin ich überhaupt erst darauf gekommen, dass du mich im Falle eines Falles betrügen könntest. Du hattest eine Nachricht von ihr drauf.“ Als ich das letzte Mal eine Nachricht auf seinem Handy gelesen habe, ist er ausgeflippt. Daran kann ich mich noch sehr genau erinnern. Dabei war es eine eher langweilige Nachricht für mich und ich hatte es auch nicht darauf abgezielt. Ich hatte nur nach Spielen auf seinem Handy gesucht, bis ich gemerkt habe, dass es auf Jareds Handy keine Spiele gibt. Ich flippe nun nicht aus. Ich weiß nicht, was er gelesen hat, aber es scheint etwas privateres zu sein, als die Nachricht, dass die vorläufigen Cover in Druck gehen. Ich rege mich auch nicht auf, weil er von mir aus mein ganzes Handy durchwühlen kann, mit all den schmutzigen Nachrichten, die ich bekomme. Da habe ich nichts zu verbergen, denn nichts davon hat damit zu tun, dass Jared bei mir zweitrangig ist. „Von Ivana?! Ivana schreibt dir Nachrichten?!“, krächzt Tomo, woraufhin Vicki ihm einen Hieb mit dem Ellenbogen in die Rippen versetzt. „Nun hör schon auf, sie ist älter als du und kann schreiben, wem sie will!“ „Und was hat sie geschrieben?“, frage ich nach, denn irgendworauf will er doch sicherlich hinaus. Ivanas Nachrichten sind nicht immer ganz ohne, aber letzendlich sind es auch nur Nachrichten und ich antworte sehr oft auch gar nicht darauf. „Sie hat geschrieben, sie ist im Parkhaus vor dem Theater und sie hat gefragt, ob du den Parkplatz neben ihr möchtest, damit du ihren Rücksitz ausprobierst.“ „Wa- Autsch!“ Tomo reibt sich mit schmerzverzerrter Miene die Rippen. Ich grinse vor mich hin, als ich mir die Nachricht ins Gedächtnis rufe. „Ich bekomme selten so direkte Nachrichten. Das hat mir gefallen“, nicke ich und seufze dann. „Aber du hast auch das Datum gesehen? Und vielleicht ist dir aufgefallen, dass ich an dem Tag nicht bei ihr auf dem Rücksitz war, sondern mir mit dir eine Dokumentation über Asien angesehen habe, um schließlich wieder nur kurz deine Hand auf meinem Schwanz zu spüren, bis Shannon uns unterbrochen hat!“ Jared presst die Lippen zusammen, während er sich nachdenklich mit der Hand über das Kinn streicht. „Colin, ich kann das nicht riskieren. Es wird mich zerstören und das kann ich mir einfach nicht erlauben.“ „Ich hatte seit über sechs Monaten keinen Sex mehr“, antworte ich. Jared sieht mich verdutzt an und zieht die Brauen zusammen. „Sag mir noch mal, ich würde es nicht ernst meinen. Ich habe die Aussicht auf Ivana auf dem Rücksitz sausen gelassen, in der sicheren Gewissheit, dass sie wieder keine Unterwäsche trägt und scheiße man, du weißt, wie heiß das ist! Und warum habe ich das nach einem halben Jahr ohne Sex gemacht?! Weil ich einen sexlosen Abend mit dir noch immer einem flüchtigen One-Night-Stand vorziehe. Jared, ich habe inzwischen das Gefühl, ich habe die kalte Dusche erfunden und dennoch sitze ich hier, und hoffe auf ein Wort von dir. Jared … bitte, nimm mich mit!“ Jared fährt sich durch die langen Haare, zwirbelt das Ende der Strähne, um seinen Finger, um dann vor mich zu treten. Er schluckt schwer, hält mir die Hand hin und ich zittere, als ich es schaffe meine eigene Hand auszustrecken und sie in seine zu legen. Er zieht mich mit einem einzigen Ruck in den Stand, woraufhin ich schwach gegen den Türrahmen stolpere und sicherlich umgefallen wäre, wenn es mich nicht gestützt hätte. „Wenn du mich fallen lässt, werde ich am Boden zerschellen und nie wieder zu reparieren sein. Und du wirst damit leben müssen, mich zum Wrack gemacht zu haben. Ich übertreibe nicht, Colin. Weißt du, warum Shannon uns immer wieder unterbricht? Weil er nicht riskieren will, dass das passiert. Nicht bevor ich selbst beschlossen habe, es zu riskieren und mir dabei absolut sicher bin. Colin, wenn ich eine Beziehung eingehe, muss ich mir sicher sein, dass ich mich damit nicht selbst zerstöre.“ Er sieht mir in die Augen und ich verschränke meine Hände in seinen. Er hat Angst. Ich sehe, dass er Angst hat. Und vielleicht war das der Grund für diesen dämlichen Test. Vielleicht ist es auch der Grund, weshalb er nicht bereit war, mich gewinnen zu lassen, denn durch Shannons Lockangebot, konnte ich doch nur scheitern. Jared hat panische Angst, sich auf mich einzulassen und schlussendlich zu scheitern. „Jared, ich verspreche dir, ich werde dich niemals betrügen. Ich werde dich niemals belügen, wenn du mich nicht gerade fragst, ob du zugenommen hast.“ Jared gibt ein ersticktes Lachen von sich und schließt die Augen. „Ich will gar nicht, dass du dich änderst, ich will nur, dass du auch wirklich der bist, den ich sehe.“ Ich ziehe ihn zu mir heran, vergrabe mein Gesicht in seinem Haarschopf, ziehe die Luft tief ein und seufze. „Ich weiß nicht, was du siehst. Aber wenn du mir die Chance gibst, werde ich es dir zeigen.“ Jareds Augen schauen zu mir hoch, er schluckt ein weiteres Mal und ich ziehe ihn zu mir und lege meine Lippen auf seine. Er seufzt auf, krallt seine Hände so fest in meinen Nacken, dass seine Fingernägel Spuren hinterlassen. Das ist Jared. Ich kann ihn riechen. Ich kann die Süße schmecken und ich fühle die weichen Haare seines Barts an meinem Kinn. Ich taste seine Wirbelsäule unter seinem Shirt … und er riecht so unglaublich gut. Nicht nach Waschpulver, auch nicht nach After Shave. Er riecht einfach nach Jared. „Nehmt euch ein Zimmer – Autsch, verdammt nochmal!“, flucht Tomo. „Sorry … ich wollte das immer schon mal sagen und Colin hat seine Hand an seinem Arsch, als ich finde, das ist ziemlich eindeutig!“ Jareds Lippen lösen sich von meinen und er lehnt den Kopf gegen meine Brust. Ich sehe an seinem Rücken hinab und stelle fest, dass meine rechte Hand, tatsächlich genau da liegt, wo Tomo sie beobachtet hat. Aber da es Jared nicht zu stören scheint, stört es mich auch nicht. Nichts wird mich jemals so weit stören, dass es mich dazu bringt, mich Jareds Nähe zu entziehen und ich will nicht riskieren, dass er je wieder seinen Kopf von meiner Brust nimmt. Selbst wenn er dadurch meinen verräterischen Herzschlag spüren kann. 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