Dem Frühjahr folgte der Tod von LittleKaku (Wenn die Vergangenheit zur Zukunft wird) ================================================================================ Kapitel 7: Zeichen der Götter I: Wenn die Hoffnung schwindet.... ---------------------------------------------------------------- * * * "Karma is A Bitch. Das Leben fi*** dich immer dann, wenn du gerade was Lebenswertes gefunden hast." -unbekannt- * * * Locker joggte ich neben Jamie her, Kathi war hinter uns, bei ihr Ava und Jean, vor mir lief Karr mit dem Rücken voran. Den Hünen schien es nicht im Geringsten zu behindern, dass er nicht sah, wo er hintrat. Er war vor knapp einem Jahr zu uns in die 104. gekommen, er hatte den Befehl, den richtigen Umgang mit dem 3D-Gear zu lernen. Unsere Gruppe aus „Unsterblichen“ wie man uns hinter unseren Rücken nannte war in den drei Jahren unserer Ausbildung nicht weiter gewachsen, das würde sich aber in ein paar Monaten ändern. Die Aufklärungslegion, beziehungsweise Levi, hatte in einem verbotenen Teil der Unterstadt einen Tank gefunden. In diesem Tank war nicht etwa Wasser oder Öl, nein. Der Inhalt des Gefäßes war weitaus wertvoller, konnte er sich doch selbst vermehren. Es war NaNide, eine Flüssigkeit, die aus Kochsalzlösung als Basis und Nanobots bestand. In den Tank war ein Interface  integriert, mit welchem man das NaNide auf den einzelnen Bot genau dosieren konnte. Je nach Alter, Körpergröße, Geschlecht und Gewicht kam eine bestimmte Menge auf eine Person, es wurde langsam in die Halsvene Injiziert. Das besondere an NaNide war, dass die Bots sich mit dem im Blut enthaltenen Eisen reproduzieren konnten, die Bots an sich waren so winzig, dass mit etwa einem Gramm Eisen ein paar hundert Bots produziert werden konnten. Natürlich, es brauchte noch andere Metalle, die meisten wurden aber aus dem Blut genommen. Dallis Zacklay hatte bestimmt, dass ich mit meinem Team Soldaten aussuchen sollte, die eine starke psychologische und physiologische Stabilität aufwiesen. Diesen Soldaten sollte NaNide gespritzt werden und zwar mit genau der gleichen Programmierung wie wir „Eiskinder“ sie hatten. Welche das war wusste ich nicht, aber ich konnte meine Nanobots scannen, dann bekam das Interface dadurch raus, was gedeichselt werden musste. „Jamie, wen würdest du fürs Team vorschlagen?“ Die junge Frau neben mir zog die Stirn kraus. „Ein paar. Dieser Armin hat was auf dem Kasten, wenn auch nicht viel. Seine beiden Freunde scheinen mir auch geeignet.“ „Was ist mit den schon ausgebildeten Soldaten?“, fragte Karr mich, woraufhin ich den Muskelberg fragend ansah. „Von denen kenn ich nicht viele. Levi wäre bestimmt der Overkiller, aber ich glaube, der darf vom Oberboss aus nicht.“ „Sind wir denn keine Menschen mehr?“, fragte Kathi mich von hinten, nachdem Jean den Berg wieder runter zu Marco geschlittert war. „Ich weiß es nicht. Ich würde sagen, wir sind was dazwischen.“ „Zwischen was?“ Sie und Ava holten zu uns auf, wobei Kathi an meiner Seite lief und Ava an Jamies. Ich wartete mit meiner Antwort, bis der Ausbilder an uns vorbeigeritten war. Beim momentanen Tempo hatten wir unseren Zielpunkt in etwa einer halben Stunde erreicht. Als Shadis außer Hörweite war begann ich. „Ich weiß nicht, wie es um euch steht, aber ich habe Erinnerungen aus einer,… Mist, wie soll ich das sagen? Ich habe Erinnerungen aus einer Sicht, die nicht Menschlich sein kann.“ „Hä? Was soll das heißen?“, fragte Kathi mich. „Ich weiß es nicht.“, gab ich zurück. „Wenn du dich an sowas erinnerst… Vielleicht hängt es mit den Bots zusammen.“ Ich versuchte mir die Bilder aus meinem Anfall in den ersten Stunden nach der Cryostase wieder in Erinnerung zu rufen, als mit einem mal alles um mich herum verschwand. **** „Team sieben, ihr werdet nach Mombasa ausrücken. Passt auf Team Alpha auf und vor allem: Sichert den Rückzug. Abtreten.“ Ich wandte mich mit Maddie, Karr und der Handvoll anderen ab, ehe wir alle Richtung Ausstattung gingen. Jore, der älteste von uns nahm Karr an die Hand, die Kleine war noch arg wackelig auf den Beinen. Voll ausgerüstet ging es in das Rotorflugzeug, wir alle, Maddie, Karr, Jore, Argo, Soma, Mordendyk, Areyone, Yoogs und Elfay zogen in unsere letzte Schlacht. Abgeschottet von der Pilotenkanzel rückten wir alle dicht zusammen und hielten uns bei den Händen. Karr saß in meinem Schoß und weinte bitterlich. „Wir werden es nicht schaffen, oder, Izzy?“ Ich drückte sie fest an mich. „Ich werde auf dich aufpassen, Kleines. Ich lasse nicht zu, dass einem von euch was passiert.“ Argo nickte schwach, ebenso Mordendyk und Yoogs. Areyone, Soma und die anderen schwiegen, doch ich sah das Vertrauen und den Hoffnungsschimmer in ihren Augen. „Wir platzieren die Bombe etwas nördlich von Mombasa statt in der Mitte. Shae liegt dann noch im Explosionsradius.“ „Bist du wahnsinnig? Du willst den Moderator…“ „Wenn wir den Moderator nicht zerstören, dann wird er uns zerstören. Wenn wir ihn nicht vernichten, dann wird es immer so weiter gehen.“ „Und die Rebellen? Die werden uns doch nicht mit offenen Armen empfangen, nachdem wir ihre Hauptstadt in die Luft gejagt haben!“ Ich hielt Karr fest, ehe das zottelige Kind sich auf Argo stürzen konnte. „Ich habe mich ins Satellitensystem gehackt. In das der Rebellen.“ „Was? Du…!“ „Lass mich ausreden. Die Rebellen haben über die Jahre ganz Mombasa bis zum letzten Mann nach Nordosten in eine der verlassenen Untergrundmetropolen verlegt. Das zeigt zumindest das Infrarotmuster des Hauptsatteliten.“ „Aber das bedeutet ja…“ Ich nickte und alle entspannten sich ein wenig. „Die Rebellen wussten, was die Oberen vorhatten. Die Gesichtslosen sind faul geworden. Sie überlassen die Überwachung der ganzen Spionage einem einfachen Computer.“ „Du meinst Nemesis?“ Ich nickte. Vor Jahren hatte ich an Nemesis mitgewirkt, ich war gerade sieben, hatte aber schon das technische Verständnis eines Veteranen. Man hatte es mir gewaltsam ins Hirn geladen, aber was man hat, hat man. Ohne, dass die anderen etwas mitbekamen baute ich eine winzige Falle in Nemesis ein, und zwar würde Nemesis eine Art Bewusstsein entwickeln können. Als KI traute ich ihr genügend Gewissen zu, dass sie den Rebellen ab und an etwas zukommen ließ. Denn nicht die Rebellen waren böse, es waren die Oberen, die die Menschen ihres grundlegendsten Merkmales zu berauben gedachten: Der Fähigkeit zu empfinden, zu denken. […] Jore atmete flach, das Blut sickerte ungehindert aus seinem Bauch. Das Messer des Androiden war eines mit Nano-Killern gewesen, wurde man von sowas getroffen,  konnten die Nanobots die Wunden nicht heilen. Der Körper würde die Wunde langsam schließen, wenn sie nicht zu schwer war. Doch Jores war zu schwer. Er strich ganz sanft mit seinem aufgerissenen Daumen über meine Hand, deren Finger ich um seine geschlossen hatte. „Mach…dir nichts draus…Krümel… Pass auf… die anderen auf… für mich…ja?“ Ich weinte los, die Tränen vermischten sich mit Jores Blut und tropften auf den groben Beton des Hauses, in dem wir Deckung gesucht hatten. Das hier war kein fairer Krieg, wenn Krieg denn jemals Fair war. Es war ein Schlachtfest, die Androidenscharen brachten nicht nur die Rebellen um, nein, sie wurden auch auf uns gehetzt und wir wiederum auf die Rebellen. Die Oberen wollten uns vom Antlitz dieser Welt tilgen, man hatte uns nur für den Kampf gebraucht. Die Bombe tickte, man wollte uns nicht entkommen lassen. Wir legten Jore in eine Mulde, die eine Granate gerissen hatte und begannen damit, seine Leiche mit Trümmern zu bedecken. Ich hang seinen Helm auf ein rostiges Rohr, welches aus dem Beton ragte. Das Licht der Sterne und der Feuer wurde vom glatten Material zurückgeworfen. […] Die Androiden hatten uns auf dem Dach eingekesselt und drängten uns zum Rand. Yoogs und Soma, die nach Jores Tod die ältesten von uns waren sahen zu Maddie, Karr und mir. Als die vier Androiden auf uns losstürmten packten Soma und Yoogs je zwei an den Armen und rissen sie an uns vorbei in die Tiefe. Mordendyk und Areyone schrien, waren die „Schwestern“ doch in die „Brüder“ verliebt gewesen. Maddie half mir, sie vom Rand wegzuziehen. […] Zu fünft zogen wir durch den nebeligen Morgen, der stinkende Smog aus Rauch von brennenden Körpern, Treibstoff und Blut war so dicht, dass man ihn schneiden konnte. Und sie wussten das, als sie von der Seite auf uns zusprangen. Es waren zwei stark Beschädigte, aber sie waren so lautlos gewesen, dass Mordendyk und Areyone sie nicht bemerkt hatten. Die schwarzen Messer der Androiden rissen ihre Kehlen von einem Ohr zum anderen auf, ehe die zwei den Feind überhaupt bemerkt hatten. […] Mit einem Krachen stand Maddie vor mir, sie [...] Die Fläche unter uns dampfte und glühte regelrecht, die Hand auf der […] Wir wurden aus der Gefahrenzone gebracht, der Moderator […] Kontrolle über uns […] Ich verschwand…. Meine Hände […] Trümmerteile […] Maddie […] Karr […] Ein Rohr[…] Maddie unter mir […] Verzweiflung […] Blut spritzte[…] Grüne Augen… **** „Ysabel! In Gottes Namen oder wem auch immer, lass den Scheiss!“ Ich starrte entsetzt in Bertholds Gesicht. Der Fubar hielt mich fest, drückte mich zu Boden. Halt. Diese Position gefiel mir nicht. Ich wirbelte uns mit einem Mal herum, nun war es Berthold, der unten lag. Schon besser. „Okay, was war los, warum lag ich unter dir und was soll ich lassen?“ Statt Berthold antwortete mir Reiner, der sich die Haare raufte. „Erstens, du bist in vollem Lauf ohnmächtig geworden. Zweitens hast du um dich geschlagen und bist fast einen Abhang runtergesegelt. Und drittens sollst du von ihm runter gehen, das macht mich eifersüchtig.“ Bei Reiners letztem Satz lachte ich, sah ihn aber dann wieder ernst an. „Danke für die Info. Und danke dafür, dass ihr mich nicht habt runtersegeln lassen.“ Reiner winkt ab und meinte nur was von wegen, wenn sie mich hätten fallen lassen, hätte Eisenfaust sie umgebracht. Vielleicht hätte der Hüne das auch. Vielleicht sogar zu Recht. Ich zog Bertl hoch und klopfte mir den Staub vom Rücken, was aber bei weilen zwecklos war, da ich ob des langen Laufens vollkommen nassgeschwitzt war. „Wie lange war ich weg?“ Reiner zuckte die Schultern. „Vielleicht zehn Minuten?“ „Und wo sind die anderen?“ „Ich glaub, die kommen da gerade. Du bist den Berg runter gekommen, ihr wart viel weiter vor uns. Wir haben dich auch gerade erst gefunden.“ Ich sah leicht nickend in die Richtung, in die Reiner zeigte und sah sofort Karr. Der Hüne preschte in einem irrsinnigen Tempo heran ehe er die Hacken in den Boden stemmte und schlitternd zum Stehen kam. Sofort packte er mich an den Schultern und sah mir in die Augen. „Ist alles Okay bei dir?“ Ich nickte, doch Karr zog die Brauen zusammen und drückte mir ein sauberes Tuch unter die Nase. Erst jetzt bemerkte ich den Metallischen Geschmack von Blut auf meinen Lippen. „Das Nasenbluten ist oft eine Nebenwirkung von plötzlicher, extremer Hirnleistung. Du hast dich an was erinnert, nicht?“ Mit einem Mal versteifte ich mich und die eben gesehenen Szenen traten wieder vor mein inneres Auge. „Mombasa.“ Karr hielt vorsichtig meine Schultern. Ich begann zu zittern und Tränen traten unkontrolliert aus meinen Augen. Jamie und der Rest der Truppe hatte uns mittlerweile erreicht. „Ich habe gesehen… Der Flug nach Mombasa… Jore… Argo… die anderen…“ Die Tränen rannen wie ein Sturzbach meine Wangen hinunter, ich krallte mich an Karrs Brust fest und der Hüne barg mich in seinen Armen. „Ich…“ „Es ist gut, Ysabel. Was auch immer passiert ist, es war nicht deine Schuld.“ Jamie sah meinen Zusammenbruch wohl kommen. Aber auch ihre tröstenden Worte konnten ihn nicht aufhalten. „Es…ist nicht gut! … Scheisse! Ich hab sie umgebracht!“ **** Jamie stockte. Ysabel schrie immer wieder, sie habe sie umgebracht, sie habe Maddie getötet. Maddie… Jamie ahnte, dass Medaeis gemeint war. Medaeis war etwa so alt wie Jamie selbst, sie hatte Ysabel aufgenommen, als… als? Das wars dann wieder mit Jamies Erinnerungen. Ales in allem war Maddie mit Karr zusammen Ysabels Familie. Eisenfaust hatte Ysabel hochgenommen und begann den Berg wieder hoch zu traben, der Ausbilder kam schon wieder in Sicht. Nun, Jamie sah ihn nicht, aber sie hörte ihn irgendwo weiter unten brüllen. Es wäre wohl besser, wenn er Ysabels Zusammenbruch erst mal nicht mitbekam. Jamie lief nicht gerne, aber in ihrer Zeit in der 104. konnte sie dem nicht entkommen. Morgens eine Stunde, mittags eine Stunde, abends eine Stunde laufen. Jeden Tag und wenn es nicht gerade ein Weitlauf wie jetzt war, dann in ziemlich hohem Tempo. Immerhin hatte sie Ysabel und Eisenfaust, die Zwei halfen ihr immer wieder hoch. Nun holte Jamie wieder zum Hünen auf, sie hörte Ysabel immer noch schluchzen, aber es war nicht mehr so schlimm wie vorhin. „Lass mich runter! Ich kann alleine – hicks – laufen!“ Eisenfaust hörte gar nicht auf die wesentlich Kleinere, das Kraftpaket trabte einfach stur weiter bis das Lager in Sicht kam. Die letzten hundert Meter lief Ysabel dann wieder selber, immerhin war Shadis nun bei ihnen. Man sagte ihm zunächst, Ysabel sei gestürzt und habe sich die Nase blutig geschlagen, was er auch hinnahm. Obwohl Ysabel und ihr Trupp eigentlich nie verletzt wurden. Nun ja. Shadis hatte sie vermutlich durchschaut, was Jamie etwas an ihrer Meinung wackeln ließ, dem hirnlosen Psycho-Brüllaffen doch etwas Intellekt zu zugestehen. Fürs erste würde er aber der Brüllaffe bleiben. Alle Kadetten stellten sich auf, wie sie das Lager erreicht hatten. So stand man eine Weile schweigend und starr da, bis der Ausbilder zu schreien begann. „Es ist drei Jahre her, seit dem ich euch als Maden herbekam! Ihr habt geheult, geschrien und gewinselt, ihr seid abgehauen. Die Schwachen sind gestorben und nun seid ihr übrig. Soldaten, die ihre Aufgabe wenigstens halbwegs ehrenvoll antreten! Die zehn besten von euch bekommen die Möglichkeit, ihre Ärsche hinter den Mauern in Sicherheit zu bringen, aber wenn ihr nur einen Funken Anstand habt, dann setzt euch gefälligst für alle Menschen ein!“ Hinter Jamie tuschelte man. „Die Unsterblichen nehmen doch mehr als die Hälfte der Plätze weg! Das ist nicht fair!“ Shadis begann wieder zu brüllen. „Seit dem Auftauchen der Unsterblichen gibt es den Plan einer vierten Einheit! Diese Einheit ist noch nicht gegründet, aber sobald sie steht, werden einige von euch die Chance erhalten, zu Unsterblichen zu werden! Also, Carrai! Du und deine Leute, packt eure Sachen! Die Mauerngarnison holt euch ab und bringt euch zu den Aufklärern.“ Jamie brummte noch etwas wie sie gehöre doch nicht zu den Verrückten in ihren imaginären Bart, aber niemand schien es gehört zu haben. Die zehn Besten wurden verlesen, und wie zu erwarten war Mikasa Ackermann an erster Stelle. Es folgten Reiner und Berthold, dann Eren und weiter hörte Jamie gar nicht mehr zu. Sie drängte sich an Kathi vorbei zu ihrem Bett und zog es ab, ehe sie die Laken in die große Dreckwäsche-Kiste mitten im Raum warf. „Hey Ysabel! Wir werden ganz schön Probleme mit dem Wetter bekommen!“ „Was meinst du?“ „Ich bezweifle, dass Bertl als dritter nicht zur Militärpolizei geht. Wir sind ja alle bei den Aufklärern, okay, bis auf Jamie.“ Ysabel drehte sich zu Kathi um. „Worauf zum Teufel willst du hinaus? Sprich Deutsch mit mir, Alter!“ „Wir haben an dir und Bertl immer das Wetter abgelesen.“ Ysabel legte den Kopf schief. Sie hatte das letzte Jahr neben Berthold geschlafen, weil Reiner keine Lust mehr hatte, seinen Kumpel jeden Morgen zu entknoten und von sich zu schieben. Der Vorteil an Ysabel neuem Schlafplatz war der, dass sie zum einen genau so chaotisch schlief wie Bertl und zum andern weitaus länger schlief als der Große. Von Berthold konnte man quasi ablesen, welches Wetter es an diesem Tag geben würde, Ysabel steuerte die Nacht bei. Selbst Jamie fand es Lustig, jeden Morgen zu schauen, in welchen unmöglichen Posen die zwei wieder schliefen. Manchmal lag Bertl mit dem Gesicht zwischen ihren Brüsten, dann hatte sie ihre Hände an seinem Hintern… Jeden Morgen aufs Neue wurde Bertl knallrot, wenn er sah, wo er wieder gelegen hatte. Und Ysabel wusste nichts davon. Das war echt das Beste daran. „Und jetzt willst du mir auch sagen, ich habe ihn im Schlaf begrapscht, nicht?“ „Grapschen war noch das harmloseste!“ **** Smith wartete ungeduldig auf den Wagen der Mauerngarnison, er wollte Ysabel und ihren Freunden vor der nächsten Expedition noch beglückwünschen. Immerhin hatten sie Shadis Erwartungen mehr als nur königlich übertroffen. Endlich kam der offene Wagen in Sicht, selbst Levi trat zum Kommandanten. „Die ausgebrochene fünf Meter Klasse von vor einem Jahr hat wohl durch Eisenfaust den Kopf verloren.“ „Ich habs gehört. Sie war wohl bis in den Wald nahe dem Lager gekommen, da hatten die Kadetten aber gerade Training.“ „Ist schon erstaunlich, wenn man bedenkt, dass Eisenfaust das 3D-Gear eigentlich nie benutzt. So wie Shadis das gesagt hat, hat er sich sogar geweigert, die Klingen zu benutzen. Er hielt sie für Zahnstocher.“ „Er hat die Klingen auch gar nicht gebraucht. Hat dem Riesen einfach den Wirbel rausgerissen, den wir immer rausschneiden.“ Smith starrte seinen Hauptmann einen Moment lang an, ehe der Wagen vor ihnen hielt. „Hallo die Herren. Habt ihr noch Tee übrig?“ Ysabel sprang heraus. Sie war so fidel wie Smith sie eben kannte, sie hatte auch einiges an Muskeln zugelegt, wobei sich das noch im Rahmen hielt. Allein ihr Gesicht war so kindlich wie immer. Sie schlug ihre Faust gegen Levis, es war wohl ein Gruß zwischen den beiden, Smith gab ihr ganz normal die Hand. Der Wagen wackelte arg, als Eisenfaust herabsprang, Katharina und Ava auf je eine Hand nahm und ebenfalls herabsetzte. Allein Jamie blieb auf dem Wagen, doch sie nickte Smith zu. „Alles Gute und Herzlichen Glückwunsch zu eurem Abschluss. Ausbilder Shadis war wirklich schwer begeistert.“ Katharina streckte sich und zog dann eine Grimasse in Levis Richtung, ehe sie sich an Ysabel schmiegte. Die legte ihrerseits die Arme um die kleine Blonde und wiegte sie leicht. „Shadis hats uns aber auch alles andere als leicht gemacht, das versichere ich ihnen.“ Smith nickte der jungen Frau zu, sie war in den vergangenen Jahren wirklich Erwachsen geworden. Ihm war bewusst geworden, dass die Anziehung nicht von ihr als Frau ausging, auch wenn sie einmalig schön war. Nein, es war sein Wunsch, sie zu beschützen, ihr ein Halt sein zu können. Er fühlte viel mehr für sie, als er sich eingestehen durfte, doch es war Liebe. Eine Liebe, die sich nicht auf das Körperliche, sondern auf den Wunsch bezog, eine Familie zu haben. Ein Kind. Er wünschte sich, ihr ein Vater sein zu können, auch wenn er das zuerst für das Verlangen nach einer Beziehung zu ihr gehalten hatte. „Macht es was, wenn ich gleich erst mal richtig baden gehe? Die Waschräume im Lager waren ja ziemlich dürftig.“ Smith nickte ihr zu. „Ab morgen Früh seit ihr mit ein paar wenigen im Hauptquartier alleine. Wir gehen auf Expedition.“ Ysabel sah ihn fragend an. „Wie lange denn ungefähr?“ Smith runzelte die Stirn. „Es kommt darauf an, wie gut wir vorankommen. Und darauf, ob wir vielen Riesen begegnen.“ >Und ob wir es überhaupt lebend zurückschaffen…< fügte er in Gedanken hinzu. Die Schwarzhaarige drehte sich zu ihren Kameraden um. „Was meint ihr? Sollen wir morgen dann ein bisschen den anderen noch-Kadetten helfen oder so?“ Sie sah wieder zu Smith. „Wenn das in Ordnung ist.“ Smith nickte. „Die Kadetten der hundertvierten verbringen morgen in Trost. Wenn ihr wollt, holen wir euch ab.“ Der Fahrer des Wagens rückte einen der Gurte am braunen Zugpferd zurecht. „Das wäre toll.“ **** Der Wind auf der Mauer war kühl und frisch, er weckte mich erst richtig auf. Trost war wie zu erwarten eine relativ dicht bebaute Stadt. Die Häuser schmiegten sich zwar nicht an die Mauer, die den Außenbezirk umgab, dafür aber umso dichter aneinander. Die Kadetten waren fast alle hier oben auf der Mauer über dem Tor, sie reinigten die schweren Geschütze und feixten rum. Jamie war noch ziemlich zerknittert, sie schien nicht so gerne früh aufzustehen. Und ihre Gurte waren auch nicht richtig fest. Ich zog und zupfte an ihr herum, was sie nur mit einem unwilligen Brummen hinnahm und nach Beendigung meiner Anzughilfe kurz ihren Kopf gegen meine Schulter lehnte und demonstrativ schnarchte. Eren und die anderen waren fast alle hier, Connie quälte sich mit den schweren Kugeln, Mikasa drehte eine der Kanonen und Armin ragte mit einem Putzer herum, bis Sasha mit einem geklauten Schinken ankam. Die Kadetten sicherten sich alle ein Stück, ehe sie sich wieder der Arbeit zuwandten. Ich stand einen Moment bei Eren und sah mit ihm auf die Stadt, die sich wie ein Teppich tief unter uns erstreckte. „Ihr habt es wirklich schön hier in eurer Welt. Also bis auf das mit den Riesen. Ich mein, eure Städte sind im Vergleich zu der, in der ich aufgewachsen bin richtig hell und sauber.“ Eren nicke. „Ich kann mir schon denken, wie du das meinst. Die Menschen machen das Beste aus ihrer Situation.“ „Das macht sie doch aus, oder?“ Ich lachte. „Seitdem ihr alle aufgetaucht seid haben die Menschen wieder Hoffnung! Die Selbsttötungen sind fast ganz ausgeblieben, sowie ich das gehört habe. Weißt du, ich bin mir sicher, mit euch an unserer Seite können wir die Titanen endlich besiegen!“ Gleißend helles Licht brannte sich für einen Moment in meine Netzhaut und nahm mir die Sicht. **** Im ersten Moment realisierte Ava gar nicht dass etwas geschehen war. Sie blinzelte einfach wie verrückt, um das Nachleuchten von der Retina zu bekommen. Gerade als sie wieder etwas erkennen konnte, wurde sie von einer glühend heißen Welle aus Luft getroffen, der Wind fegte sie von der Mauer wie ein Blatt vom Baum, sie wirbelte, strauchelte in der Luft, ehe sie die Haken schoss und hart gegen die Mauer prallte. Sie sah Sternchen, spürte aber, wie etwas an ihrem einen Haken riss. Unter ihr baumelte einer der Top zwanzig, Samuel oder so hieß er. Der Haken hatte sich durch sein Bein gebohrt, hielt den jungen Mann so am Leben. **** Fassungslos starrte ich in die Tiefe, dorthin, wo eigentlich das  Tor hätte sein müssen. Eine tiefe Schneise zog sich bis zu den ersten Häusern, Trümmer lagen überall. Schreie schallten herauf. „Angriff! Der Feind ist direkt vor uns! Lasst ihn nicht entkommen!“ Eren ließ sich ein Stück fallen, ehe er hochschnellte. Ich folgte ihm und sah direkt, was er meinte. „Was ist das, Eren?“ Er beachtete mich nicht, sondern starrte hasserfüllt in das riesige, hautlose Gesicht der Kreatur, die sich mit einer Hand an der Mauer festhielt. Das Ding musste mindestens sechzig Meter groß sein! „Yo… Es ist fünf Jahre her…“ Das Wesen holte aus und sein gewaltiger Arm traf die Mauer wie ein Bulldozer, es riss die oberste Schicht aus Steinen ab, zerschmetterte die Artillerie wie Spielzeug. Die Artillerie… „Eren! Pass auf! Es ist intelligent!“ Das Ding starrte mich aus dunklen Menschenaugen an, ehe es mich ergreifen konnte preschte ich schon seinen Arm hoch in Richtung der Augen, ich konnte die Hitze, die die freigelegten Muskeln abstrahlten durch meine Schuhsohlen spüren. Eren hatte den Nacken fast erreicht, er würde den Koloss ausnehmen, soviel war sicher. Mit einem Mal trat eine gigantische Wolke aus kochend heißem Dampf zwischen den Muskeln hervor, Eren wurde davon verschluckt, ich hörte ihn aufschreien. Etwas Spitzes traf mein Bein und bohrte sich durch, ich rutschte aus und fiel, ehe Erens zweites Seil den Sturz abfing und mir das Bein brach. Kopfüber hing ich nun im Kreuz der Kreatur, die Hitze war unerträglich. Dann ließ der Zug auf das Seil nach, etwas raste an mir vorbei in die Tiefe. Ich konnte durch den Rauch nicht erkennen, was es war, aber es hatte menschliche Schemen. Dann sah ich die Mauer auf mich zu rasen, ich drehte mich und versuchte den Schwung so gut es ging abzufedern. „Ysabel! Bist du in Ordnung?!“ Eren zog mich hoch und half mir noch in der Luft, den Haken aus meinem Bein zu ziehen. „Es hat auf die Artillerie gezielt! Eren!“ „Es ist genau wie vor fünf Jahren… Kannst du dich bewegen?“ Ich nickte und folgte ihm auf die Mauer, obwohl mein Bein mir die Tränen in die Augen trieb. Oben starrte Jamie fassungslos auf das Desaster, ich packte sie am Arm du bedeutete ihr, mit mir zu kommen. **** Ava erblickte Ysabel, wie sie mit blutdurchtränkter Hose und Jamie im Schlepptau in die Stadt hinunter sprang. Sie folgte ihnen, seit Sasha den ohnmächtigen Samuel losgemacht und in Sicherheit gebracht hatte, hatte sie wie paralysiert in ihren Gurten gehangen. Gebäude rasten an ihr vorbei, während vor ihr Ysabel Richtung Lager jagte. Ehe Ava reagieren konnte hatte sich eine glühende Hand um ihren Körper geschlungen und riss sie aus der Bewegung. Über ihr ragte eine scheußliche Fratze auf, die Gelben Zähne schon rot gefärbt vom Blut der Menschen, die zwischen ihnen zerquetscht wurden. Ava schrie als das Maul immer näher kam, doch dann blitzte es und ein verschwommener Schemen raste in einer Welle aus Blut von einer Schulter des Titanen zur anderen. Der Griff um Ava lockerte sich und sie landete noch immer geschockt neben Kathi. „Alles OK?“ Ava nickte und holte dann zu Ysabel und Jamie auf, die ein paar Dächer weiter auf sie warteten. Zu viert rasten sie zum Lager, wo sie schon von Eisenfaust abgefangen wurden. Der riesige Kerl war voller verdampfendem Titanenblut. „Das Tor ist zerstört. Wir sollen bei der Evakuierung helfen.“ Ysabel nickte und jagte wieder los, nachdem sie ihre Gasampullen aufgefüllt hatte. Die anderen, sogar Eisenfaust folgten ihr ohne dass sie etwas sagen musste, es schien Ava einfach richtig, Ysabel quasi zur Chefin zu machen. Ava hörte einen Mann schreien, sie wirbelte im Flug herum, landete auf dem Nacken des Titans und zerschnitt diesen Sauber. Der Soldat landete unsanft auf dem Boden, er hatte vermutlich einige Brüche. Ava hatte jedoch keine Zeit ihm weiter zu helfen, sie sah zu, Ysabel und die anderen nicht zu verlieren. Mit ihrem Trupp landete sie direkt auf dem offenen Platz vor dem Tor, Titanen aller möglichen Klassen kamen auf sie zu. **** War ich verrückt? Ich führte meinen Trupp direkt in das Gebiet, in dem wir nicht kämpfen konnten. Aber es blieb keine andere Wahl. Hier waren noch zu viele Menschen, als dass wir diesen Bereich einfach auslassen konnten. „Jamie! Kümmert euch um die Titanen auf der Hauptstraße!“ „Was hast du vor?“ Jamie starrte mich schon fast geschockt an. Ich wusste, sie wollte mich nicht noch einmal verlieren. Wir waren zu Akademiezeiten nie wirklich Freunde gewesen, doch ich war die einzige, die Jamie von unserem ganzen Haufen noch am nächsten stand. Ich wusste das verdammt genau, aber ich wollte auf keinen Fall den Tod meines gesamten Teams verursachen. Nicht schon wieder. Und wenn ich mich dafür opfern musste! „Ich halte die Viecher auf! Los!“ Sie wollte protestieren, doch ich kam ihr zuvor. „Das ist ein Befehl, Jamie!“ Durfte ich ihr eigentlich Befehle geben? Irgendwie schon… ich war Ranghöher, soweit ich das noch wusste. Kathi schien das aber nicht zu interessieren. „Ysabel! Du bist der Leader! Du kannst nicht jetzt schon abspringen!“ „Fall mir nicht in den Rücken! Jetzt geht!“ „Nein!“, sie packte mich bei den Schultern. „Du gehst mit deinem Team. Ich mach das.“. Ihre Partikelwaffe zischte, als sie sie aktivierte. „Geh, Ysabel. Lass sie nicht alleine.“ **** Berthold sprang von dem Titanen ab, den er soeben erlegt hatte. Die Mutter packte ihr Kind und rannte aus der Gasse, ehe auch der Dunkelhaarige sich wieder in die Luft begab. Zu seiner Linken war das zerschmetterte Tor, gut zwanzig Riesen bewegten sich direkt auf…. „Katharina?!“ Das stand Kathi! Ganz alleine! Vor zwanzig Gegnern! „Reiner! Wir müssen sie da weg holen!“ Sein bester Freund starrte ihn einen Moment geschockt an, ehe er sein Messer einsteckte und zusammen mit Berthold lossprang. Die Blonde sah sie kommen, doch sie blieb nicht dort stehen, wo die Jungs sie in ihrer Momentanen Flugkurve hätten packen können, sie rannte direkt zu den Titanen! „Kathi! Was tust du!?“ Berthold krachte in die Hauswand, so sehr war er geschockt, dass die Kleine nun sogar ihre gesamte Ausrüstung abwarf! Sie wollte Selbstmord begehen! Er sah, wie sie mit ihrer Waffe zielte und schoss, das Projektil zerriss einem Titanen den Kopf, nein, sogar die Schultern, unter dem zweiten schmolz der Boden, der Dritte wurde von der Wucht davongeworfen. Sie war gut, aber das würde sie niemals durchhalten. „Komm!“, ächzte Reiner von oben, als er seinen Freund hochzog. „Lass uns den anderen folgen.“ Noch einmal sah Berthold zu der Blonden mit der großen Narbe, ehe er lossprang. Das Krachen vernahm er unter dem Geschrei der fliehenden Menschen nicht mehr. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)