Misfits: Kreuzdame von Hushpuppy ({ boy x boy }) ================================================================================ Kapitel 7: Lukas - Zurück in der Schule Pt. 1 --------------------------------------------- Gegen Ende jeder Ferien nahm ich mir fest vor meinen Schlafrhythmus in den Griff zu bekommen bevor ich wieder morgens um halb sieben aufstehen musste, doch jedes Mal versagte ich in diesem Vorhaben. So auch gegen Ende dieser Sommerferien. Hinzu kam noch meine Panik vor dem ersten Schultag. Ich hatte Gaara das letzte Mal auf seiner Party gesehen, als wir im Streit auseinander gegangen waren und wusste nicht, wie ich mit der Situation umgehen sollte, ihn jetzt wieder zu sehen. In meinem Kopf spukten sämtliche Szenarien wie der nächste Tag ablaufen könnte, was daraus hinaus lief, dass ich in dieser Nacht gar nicht schlief. Vollkommen übermüdet und gleichzeitig nervös, machte ich mich morgens also für die Schule fertig. Gemeinsam mit meiner jüngeren Schwester Alex verließ ich das Haus, wir fuhren mit derselben Straßenbahn in Richtung Schulzentrum. „Du hast nicht mehr mit Gaara gesprochen, oder?“, fragte Alex, die mich von der Seite her beobachtete, während ich mir nervös auf der Unterlippe kaute und meine braunen Augen beobachteten, wie die Fassaden von Berlin an uns vorbei zogen. Für den ersten Schultag hatte sich Alex, meiner Meinung nach, zu sehr raus geputzt. Ihre herbstbraunen, lange Haare glänzten im Licht der Morgensonne, die bereits warm durch die Fenster der Bahn herein fielen. Ihre glatten Beine wurden nur von einer Hotpants gekleidet, auf ihrem Oberteil war eine Sonnenblume abgebildet und das Top war so locker, dass es ein wenig ihres flachen Bauches zeigte. „Hmm“, machte ich als Antwort auf ihre Frage nur. „Scheiße, ihn jetzt wieder zu sehen“, stellte Alex fest. „Aber daran bist du selbst Schuld, wenn du nicht versuchst, das Ganze zu klären.“ „Ich habe versucht es zu klären“, meinte ich trotzig. „Aber er lässt nicht mit sich reden. Eigentlich geht dich das auch gar nichts an.“ „Ach was.“ Alex prustete empört. „Wenn ich wieder was mit nem Kerl habe, willst du auch alles wissen, was zwischen uns passiert. Obwohl... du würdest dich noch freuen, wenn wir uns streiten und trennen.“ „Zu aller erst einmal, waren Gaara und ich nie zusammen“, sagte ich und spürte, wie mir diese Worte Schmerz bereiteten. Aber es stimmte, offiziell waren wir nie ein Paar, deswegen konnte ich mich auch nicht darüber beschweren, dass er sich von mir getrennt hatte. „Und zweitens, bin ich älter als du. Du bist gerade mal 15 Jahre alt, da darf man noch keinen Freund haben.“ „Das wirst mir auch noch in zwei Jahren sagen“, seufzte Alex und verdrehte die Augen. „Stimmt, weil ich dein älterer Bruder bin. Ich darf das!“ Ich betonte die letzten drei Worte so, dass es Alex zum Lachen brachte. Auch mir zuckte ein stummes Lächeln über die vollen Lippen. Wir stiegen an derselben Haltestelle aus, gingen dann jedoch in zwei unterschiedliche Richtungen davon. Alex traf sofort ein paar ihrer neuen Freundinnen, die alle ähnlich aussahen wie sie, mit kurzer Kleidung und viel zu jungen Gesichtern. Schwermütig seufzend beobachtete ich wie sie gemeinsam schnatternd und lachend davon gingen, dann wandte ich mich um und musste abrupt stehen bleiben. Erschrocken zuckte ich zusammen, als ich nur wenige Zentimeter vor mir das äußerst wütende Gesicht von Samantha sah. „Das steht dir nicht“, ging es mir über die Lippen. „So wütend zu sein...“ Ich griff mit meinen Fingern an ihre Mundwinkel und zog sie ein wenig nach oben, sodass ein etwas schiefes Lächeln entstand, das jedoch ihren finsteren Blick nicht erreichte. Ihre langen, hellbraunen Haare trug sie heute zu einem voluminösen Pferdeschwanz. Durch die warme Sonne des Sommers war ihre Haut noch gebräunter als sonst, passend zu ihren braunen, großen Augen, die durch die langen Wimpern noch größer wirkten. Sam trug ein luftiges Oberteil und darunter eine helle Hotpants zu schwarzen, einfachen Schuhen. Sie kleidete sich immer lieber etwas sportlich. Schnippisch schlug sie mir die Hände weg und griff mit einer Hand an mein Ohr. Sie zog daran und ich beugte mich mit dem Zug ein wenig nach unten. „Aua!“, beschwerte ich mich. „Warum machst du das?“ „Ich habe euch den Rest der Ferien Zeit gegeben“, sagte Sam tadelnd. „Das war mehr als genug Zeit, um euren dummen Streit wieder auf die Reihe zu bekommen und, was habt ihr gemacht? Gar nichts! Gaara hat rum geheult und Noah hat mir erzählt, dass du auch rum geheult hast. Wieso tut ihr euch nicht zusammen und heult gemeinsam rum? Und, wenn ihr damit fertig seid, vögelt ihr euch gegenseitig das Hirn raus, dann braucht ihr auch nicht mehr über solche dummen Streits nach zu denken und könnt für den Rest eures Lebens miteinander dumm und glücklich sein. Na, wie klingt das?“ „Gut?“, fragte ich verwirrt und unsicher. „Bitte, lass mein Ohr los.“ Sie ließ los und ich rieb es mir schmollend. Sam seufzte schwer und strich mit ihren zarten Fingern ein paar meiner hellbraunen Strähnen aus meinem Gesicht. „Du lässt dir die Haare wieder zu lang wachsen“, sagte sie in einem nicht mehr ganz so wütenden Tonfall. „Wie am Anfang, als ich dich kennen gelernt habe, da hast du dein Pony wie ein Schleier vor deinen Augen getragen, damit niemand sieht, wie verletzt du bist. Mach das nicht noch mal. Versteck dich nicht vor uns.“ „Ich versuch's“, murmelte ich. „Aber Sam, das mit Gaara ist nicht so einfach. Hat er dir erzählt, wie der Streit gelaufen ist?“ „Ich habe alles, was ich weiß, von Noah erfahren“, sagte Sam und lächelte etwas schief, als ich schwer seufzend die Augen verdrehte. „Du kennst ihn doch, er kann nichts für sich selbst behalten.“ „Er ist so eine Tratschtante, das ist furchtbar.“ „Ich weiß. Aber das hast du doch schon öfter mit erlebt, er kann nichts für sich behalten.“ Sam hakte sich bei mir unter und gemeinsam betraten wir den Weg zur Schule mit vielen anderen Schülern, die um uns herum gingen, sich begrüßten und gegenseitig von ihren Ferien erzählten. „Ich versuche dir und Gaara zu helfen“, sagte Sam, während wir den Weg entlang schlenderten. „Aber vorher muss ich wissen, wie wichtig dir die Beziehung zu ihm ist. Reicht es dir nur mit ihm befreundet zu sein oder willst du mehr? Bist du nur sexuell an ihm interessiert oder sind da stärkere Gefühle im Spiel? Ich muss wissen auf was ihr Beide hinaus seid. Von Gaara weiß ich es schon, ich kenne ihn lange und gut genug, um zu wissen, wie er fühlt. Aber wie sieht es bei dir aus?“ „Wie fühlt Gaara denn?“, schoss mir die Frage hervor, doch Sam schüttelte nur lächelnd den Kopf. „Das verrätst du mir nicht“, stellte ich seufzend fest. „Naja, also...“ Meinen Gefühlen gegenüber Gaara war ich mir definitiv bewusst. Ich wusste ganz genau, was ich von ihm wollte. Meine Neugierde, was er fühlte, was ziemlich groß, doch ich verkniff es mir zu versuchen es aus Samantha heraus zu quetschen. Sie war nicht wie Noah, sie behielt Geheimnisse für sich. Darum konnte ich mich ihr auch anvertrauen. „Eigentlich müsste Noah es dir doch erzählt haben“, sagte ich. „Nein, du hast niemandem jemals erzählt, was du gegenüber Gaara fühlst. Nur, dass es dich fertig macht, mit ihm im Streit zu sein.“ Für einige Momente kehrte Stille ein. Sie bogen um eine Ecke und vor ihnen erstreckte sich das riesige, zweigeteilte Schulgebäude, vor dem wie immer aus riesiges Chaos herrschte. Eltern brachte ihre Kinder zur Schule, ältere Schüler suchten in ihren Autos nach Parkplätzen, größere und kleinere Gruppen hatten sich über dem gesamten Gelände versammelten, Lachen und Gespräche erfüllten die sommerliche Luft. „Bist du in ihn verknallt?“, fragte Sam schließlich. „Ja“, antwortete ich. „Ziemlich.“ Ich spürte wie meine Wangen sich ein wenig rot verfärbten. Aus dem Augenwinkel erkannte ich, wie Sam schmunzelte. Noch immer miteinander verhakt, gingen wir die Treppen zum Eingang hoch und mit jedem Schritt fiel mir das Gehen etwas schwerer und mein Herz pochte heftiger. Ich rief mir die Erinnerungen an mein letztes Schuljahr zurück, als ich jeden Tag Mobbingattacken aushalten musste und ebenfalls kaum die Treppen hoch kam. Das war schlimmer gewesen, mich jeden Tag so demütigen und beleidigen zu lassen, diesmal musste ich nur einer Person gegenüber treten und die würde mich nicht mobben. Auch, wenn dieses gegenüber treten, schmerzen würde. Am besten tat ich erst mal so, als wäre nichts geschehen... nein, das ging auch nicht. Ich konnte mich unmöglich auf dieselbe Weise mit Gaara unterhalten wie vor diesem Streit, dann blieb mir nur übrig ihn entweder direkt anzusprechen oder zu ignorieren. Beides war schwierig, beides wollte ich nicht machen. Direkt vor dem Eingang blieb ich schlagartig stehen und schluckte hart. Ich spürte wie Sam mir ermutigend über die Schulter strich. „Keine Angst“, sagte sie. „Ich lasse mein Bambi nicht alleine im Wald.“ „Hast du einen Plan?“ „Ja, habe ich. Bevor wir alle in die Turnhalle gehen und unsere Stundenpläne und die alljährliche Predigt von Frau Beyl-Schüller abholen, setzen wir uns mit Gaara zusammen und reden mit ihm“, offenbarte Sam ihren Plan. „Hmm“, kommentierte ich mit verzweifeltem Unterton. „Wir werden den Streit wohl kaum jetzt klären können“, gab Sam zu. „Aber wenigstens mal aushandeln, wie ihr Zwei in nächster Zeit miteinander umspringt. Vielleicht klärt der Streit sich mit der Zeit von alleine.“ „Das wäre super“, gestand ich. Sam musste ein wenig an mir ziehen, damit ich mit ihr ins Schulgebäude ging. Bis zur Versammlung in der Turnhalle hatten wir nicht mehr allzu viel Zeit, weshalb wir sofort in die Gemeinschaftsräume der Oberstufe steuerten. Ab sofort waren wir im Gemeinschaftsraum der 12. Klassenstufe, in der ein reges Durcheinander herrschte. Man konnte deutlich erkennen, dass die Schüler seit der elften Klasse weniger geworden waren, doch von denen, mit denen ich am meisten zu tun hatte, war niemand bisher abgegangen. Schifti mimte in einer Ecke den Entertainer und erzählte lauthals von Partys und dem Festival in den Sommerferien. Florian und Kiaro, die unzertrennlichen und doch so unterschiedlichen, saßen in der anderen Ecke und unterhielten sich miteinander. Neben Kiaros Sessel stand seine geliebte Gitarre, die er so gerne mit in die Schule nahm, um in den Pausen und Freistunden ein wenig zu spielen. Und relativ mittig im Raum, auf zwei Couchs, die sich direkt gegenüberstanden, saß meine eigentliche Clique. Kaito sah ungewöhnlich gut ausgeschlafen aus, seine Haut war mal ausnahmsweise nicht ganz so blass wie sonst und seine braunen Haare waren gewachsen. Hinter einem Ohr klemmte eine Zigarette, er trug ein einfaches Top, das die Ansätze seiner schlanken Brustmuskeln zeigte und darüber ein dünne Stoffjacke, die er an den Ärmeln hochgekrempelt hatte und die hinten eine Kapuze hatte. Gerade lachte er über etwas, das Noah erzählte. Am Ende der Sommerferien war es Noah immer besser gegangen und seine depressive Phase schien vorerst überwunden, obwohl ich jetzt schon wusste, dass sie wieder zurück kommen würde. So war das nun mal leider mit Depressionen. Heute trug Noah eine helle, lockere Jeans, die an den Knien aufgerissen war und darüber ein enges T-Shirt auf dem mit bunten Buchstaben der Name von irgendeiner Band stand, die kein Mensch kannte. Sein blasses Gesicht war geziert mit Sommersprossen, noch immer fand ich, dass Noah süß aussah. Für einen Jungen war er wirklich niedlich mit der Stupsnase und den riesigen, blauen Augen. Seine Haare waren kurz und blond. Und natürlich war Gaara ebenfalls dabei. Er saß gleich neben Kaito und war gerade damit beschäftigt Zigaretten zu drehen. Lässig lehnte er in der Couch, die Beine auf dem flachen Tisch zwischen ihnen hochgelegt. Er trug eine enge, schwarze Jeans und darüber ein einfaches Shirt. Ich liebte diese Jeans an ihm, ich fand darin sahen seine Beine am Besten aus... und sein Hintern auch, wenn ich das mal so zugeben darf. Wie immer fielen ihm seine braunen Haare verwegen auf die Stirn, darunter lugten grau-grüne Augen hervor und seine blassen Lippen wurden von einem frechen Grinsen geziert. Er sah so gut aus, dass ich ihn dafür gerne geschlagen hätte. Nein, am liebsten würde ich ihn küssen und mich einfach wieder mit ihm vertragen, aber das musste man sich auch erst einmal trauen. Sam musste mich schieben und ziehen, dass ich mit ihr mit kam. Vollkommen verunsichert setzte ich mich neben Noah, Sam setzte sich neben mich und die besten Freunde Gaara und Kaito saßen uns gegenüber. Mit einem Schlag war die heitere Stimmung zwischen den Dreien wie verstorben und einige Sekunden peinlichster Stille kehrten ein. Dann platzte Samantha los. „Nein, so wird es die nächsten Tage und Wochen nicht aussehen!“, sagte sie säuerlich. „Ich will nicht, dass wir uns gegenseitig anschweigen und ich will nicht, dass wir uns trennen, damit wir uns nicht anschweigen. Oder, dass sich einer ausklinkt, verstanden? Wir sind eine Clique – ein Team – und wir finden jetzt eine Lösung für dieses Problem.“ „Das ist aber nicht unser Problem“, ergriff Kaito das Wort. „Wenn die Zwei es nicht auf die Reihe kriegen, miteinander zu sprechen -“ „- müssen wir sie eben dazu zwingen“, beendete Sam den Satz. Ich gab mir große Mühe Gaara nicht anzuschauen, obwohl ich seinen Blick deutlich auf mir spüren konnte. Es bereitete mir eine Gänsehaut, von der ich nicht ganz wusste, ob sie mir angenehm war oder nicht. Um uns herum begannen bereits die Ersten in die Turnhalle aufzubrechen. Nervös rieb ich meine Hände aneinander, starrte einen unbestimmten Punkt auf der Tischplatte an, während Sam anfing Vorschläge zu machen, wie wir weiter vorgehen sollten. Alle waren nicht so das Wahre. Ich war ihr dankbar dafür, dass sie sich Mühe gab, unsere Clique aufrecht zu erhalten, aber Fakt war, dass Gaara und ich nicht mehr normal miteinander umgehen konnten. Ich traute mich kaum ihn anzuschauen und ich konnte ihm ansehen, dass er sauer auf mich war. Wenn ich Eins und Eins zusammen zählte, gab es vorübergehend nur eine Lösung... Abrupt stand ich auf, sodass Sam verstummte und die Blicke der Vieren auf mir lagen. „Danke, dass du dir die Mühe machst“, sagte ich an Sam gewandt. „Aber ich glaube, es ist besser, wenn ich euch vorerst aus dem Weg gehe. Oder zumindest...“ Ich schaffte es Gaara anzuschauen, unsere Blicke trafen sich und ich hoffte, er konnte mir nicht ansehen, wie verletzt ich war und wie schwerfällig mein Herz gerade gegen meine Rippen schlug. „Oder zumindest dir.“ Und mit den Worten brach ich ebenfalls zur Turnhalle auf. „Ach Lukas“, hörte ich Noah noch seufzen und Sam meckerte Gaara an, ob er nun zufrieden wäre. Ich verließ den Gemeinschaftsraum und ging mit der Menschenmenge zum jährlichen Empfang durch unsere Stufenleiterin Frau Beyl-Schüller. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)