Seiltänzertraum von Guardian (Die Suche nach unerhörter Zeit) ================================================================================ Kapitel 4: Herbsterwachen ------------------------- Herbst »Das Leben und die Hoffnung können wie ein Stern erscheinen: Er funkelt und strahlt noch hell am Horizont, doch in Wirklichkeit ist sein Licht längst erloschen. Wie wird es nur mit der Liebe sein?«    September Der Herbst brachte wunderbare Farben mit sich. Rötliche Nuancen schimmerten in all seinen Hautpigmentierungen und noch so dunkle Töne erstrahlten die letzte Sommerwärme hinaus. Das farbige Laub der Bäume fand sich überall wieder und zierte den verregneten Boden am helllichten Tage. Das kühle Nass glitzerte auf meiner Haut und verursachte eine unangenehme Gänsehaut, brachte mich zum Erzittern und meine Gedanken verloren sich in der schönen Aussicht des Waldes. Noch immer wusste ich nicht, wo genau ich mich befand. Unweit meiner bisherigen Reise war mir kaum ein Mensch begegnet, was nicht sonderbar verwunderlich erscheint und doch sichtete ich des Öfteren verschiedene Offiziere, Flüchtlinge und Jäger oder verirrte Einzelgänger wie ich es war. Doch ich war wie ein Schatten umhergewandert, verborgen im dunklen und suchte noch immer die Einsamkeit. Was für ein Sinnbild verkörperte eigentlich der Adler, welcher mir nun schon seit mehreren Saisons verfolgte und mich nie alleine ließ? Meine Zeit blieb seit langem still und kein Gefühl ersetzte diese leere. Wie viel Zeit besaß jede Seele und inwiefern hatte man Einfluss auf etwas, welches nicht greifbar war, nicht körperlich existierte und doch so viel verdeutlichte, wie unsere Geschichten und geschaffenen Momente die wir hinterlassen. Zeit als Besitzgut eines jeden, unschätzbar wertvoll und doch so unerhört genutzt. Nur noch wenige Schritte und ich würde am höchsten Hügel des Waldes hinab auf das kleine Tal erblicken können. Der Wind umschmeichelte meine langen Haare und wirbelte meinen ausgestoßenen Atem fern, verunsicherte meinen festen Stand am Boden und bereitete mir somit angst. Am ende des Hügels angekommen gelang ich ans ende meiner Reise. Ich stand an einer Klippe mit unendlicher Tiefe. Sollte ich nun Wetten? Wer war stärker? Der Wind, welcher unendlich stark umherstriff und mich grundlos niederreißen könnte oder doch meine Wenigkeit, welche den Willen besaß, überleben zu wollen und somit nicht hinab in die Tiefe zu Fallen? Ich breitete meine Arme aus, schloss seufzend meine Augen und wartete. Wartete was nun geschehen würde. Stille. Am Anfang schien alles so leicht, kein Weg war mir zu weit und ich hatte auch schon viel erreicht, aber dass das Ende so schnell Einläutern konnte, war mir fremd. Ein lächeln bildete sich auf meinen Lippen. Ich wartete nun auf dem schmerzenden Aufprall und der sofortigen Konfrontation mit der Dunkelheit, meinem Tod. Ich hatte die Wette verloren. Nur für dich schwöre ich, werde ich wiedergeboren werden!        Oktober Ich schlug meine Augen auf und erkannte meine Umgebung nicht. Sie war völlig verzerrt. Mein Körper fühlte sich fremd an, eigenartig und unbeweglich. Meine Geistige starre hielt mich gefangen und ließ mich nicht frei. Was waren das für sonderbare Stimmen in meiner Umgebung? Wo war meine wohltuende Ruhe, die kostbare Verschwiegenheit und die Geborgenheit freier Träume? »Oh Gott sei Dank, du bist endlich wach«, hörte ich eine flüsternde Stimme. Sie klang in Sorge. Ich wollte sprechen, eine Antwort geben und fragen beantwortet bekommen, doch meine Stimme versagte. Mein Ausdruck im Gesicht musste Antwort genug gewesen sein, den meine eigentlich Tode beste Freundin antwortete: »Du warst im Koma, ein ganzes Jahr lang, liebste Sarah. Ich dachte, du würdest niemals mehr erwachen!« Meine Mimik unberührt, erkaltet. Ich verstand nicht. Wieso lebte sie? Was war geschehen? Die Zeit schien stehen geblieben zu sein. Ihre Worte ein Peitschenhieb, doch die wirkliche Erkenntnis war mein wahres Verhängnis: Das war alles nur ein Traum. Ein noch schlimmerer Traum war jedoch die Realität mit ihren schmerzen, meiner unsagbaren Erkenntnis und damit befundenen Trauer. Meine wirkliche Erinnerung kehrte nach und nach zurück, und das wirre Gerede der Anwesenden Personen, durch meine beste Freundin und der Liebe meines Lebens, erdrückte mein Gemüt ums hundertfache. Die Zeit verging ruhelos und die Stimmen um mich herum wurden lauter, quälender. »Wieso?« Einfach nur wieso? Die Realität sah gemeinerweise anders aus. Nicht meine beste Freundin wurde damals kaltblütig niedergestochen, sondern ich selbst. Wieso? Nicht, weil ich diejenige war die in den Kriegsveteranen verliebt war, sondern meine beste Freundin, trotz ihrer Beziehung mit jemanden anderen. Des weiteren durch einen missglückten Versuch sie zur Vernunft zu Wiegen. Doch, Damon McCullough, meine Liebe des Lebens, war der Verlobte meiner besten Freundin. Sie ging fremd und liebte jemanden, der ihr schadete, womit sie auch mir schmerzen bereitete. Ich wollte doch nur, das Damon erkannte, das sie fremdging und einsehen sollte, das ihr Verhalten falsch sei ihm gegenüber. Gleichzeitig wollte ich sie beschützen, doch ich erkannte, dass ich das genaue Gegenteil erreicht hatte: Sie waren nun miteinander verheiratet. Das erkannte ich an den Eheringen, welche sie beide trugen. Ihre Stimmen redeten laut auf mich ein, doch meine tränen versiegten nicht. Mein Bewusstsein verlor sich in meinem Leid. Was würde nun mit mir geschehen? Wie sollte ich mit diesen schmerzhaften Gefühlen umgehen? War das eine Strafe? Wieso musste es so geschehen? Was ist mit meiner Liebe? Und was hatte mein Traum zu bedeuten?        November - Einige Wochen danach War ich glücklich? Ja und nein, doch eine wirkliche Antwort würde es nie geben. Was hatte ich zu erwarten? Nichts, nur mein Leben. Ich musste aus meinem Selbsthass hinausströmen und mich entwickeln, sodass ich mich selbst wieder ertragen könnte und versuchen würde, meine verlorene Liebe wiederzufinden. Der Regen wollte nicht enden und platzierte sich überall nieder, umschmeichelte alles um sich herum und umgab sich mit seiner flüssigen Konsistenz. Bald würde die Kälte innewohnen und alles in sich erfrieren lassen, einnehmen und für sich alles in hellem Weiß erstrahlen. Bald würde der Winter anklopfen und sich für einige Wochen bereitstellen wollen, Kälte verstrahlen und seine Reinheit präsentieren. Meine beste Freundin berichtete mir vor einigen Wochen, dass ihre Liebe am 5. Juni 1889 Selbstmord begann, und er, Damon McCullough, die Liebe meines Lebens, nur sie geheiratet hatte, damit sie in Schutz sei und somit nicht mehr für die Armee ein Ärgernis war. Sie berichtete auch, das sie und Damon sich entschieden hatten die Scheidung einzureichen im stillem, da ihre Liebe keine Basis mehr besaß. Doch was sollte ich mit dieser Information und den ausgelösten glimpflichen Emotionen anfangen? So wusste ich nur, was ich nicht wollte und konnte so entscheiden, was geschehen könnte. Es sind bisher 4 Monate ins Land gezogen und der Krieg war nun längst vorbei. Kein Blutvergießen durch Flüchtlinge, Unterdrückungen und missachtender Befehle. Rechte und die Sicherheit gewann höchste Priorität in meinem Land. Nun war ich nicht mehr auf der Flucht! »Frei sein und in alle Winde verstreut, erkannte ich, was wirklich für das Leben zählte. Atmen, leben und die Geborgenheit freizügiger Liebe als Geheimzutat genießen. Wer war ich und wer bin ich nun?«     Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)