Seiltänzertraum von Guardian (Die Suche nach unerhörter Zeit) ================================================================================ Kapitel 1: Winterträume ----------------------- Winter »Es tut mir leid, dass meine Existenz nicht geduldet wird und meine Sehnsucht nur ein Schatten des Lichtes scheint. Warum wurde ich geboren, wenn nicht um glücklich zu sein?«    Dezember Schleichend sickerte die weiße Unschuld in Mutter Erde und setzte so ein kaltes Monument der winterlichen Jahreszeit. Der triste Himmel bedeckte sein Reich und veranschaulichte den Wald in ein dunkles Labyrinth. Kleine Schneeflocken zierten den unebenen Waldweg, umschmeichelten jeden Baum, jede Kiefernnadel und fanden sich überall wieder. Ein Schall von Kälte manifestierte sich durch den Wald, prägte sich in jeder Faser des Lebens und eine ungestüme Macht der Natur waltete mit stetem Verlangen nach dem eigenen Sinn, den Grund für des Seins eines Jeden. Unter anderem kahle Bäume im himmlischen weiß getaucht, deren Zweige den kühlen Schnee mit beachtlichen Eleganz trugen und jede Witterung trotzen würden. Es roh alles rein, einer frischen Brise gleich, von den hohen Bergen in den hintersten Täler, erfrischten in hellen Nuancen und ein Geruch der Bäume prägten jene Zeit. Stille beherrschte diesen Wald und kein laut drang durch das Echo dieses Waldes. Leise, fast ernüchtern schlug mein Herz im Rhythmus zum Zittern meiner erkalteten Gliedmaßen. Wie lange war ich nun hier umhergewandert? Wieso wollte der Schmerz nicht milder werden? Jeder weitere Herzschlag schnürte mir den Atem, erlaubte mir nicht, schneller voranzuschreiten. Die Reise durch den Wald kostete mich Kraft, verlangte meine innere Ruhe. Diese Einsamkeit, unsichtbar, nicht greifbar und doch so intensiv, nahm mir die Sicht auf die wesentlichen Dinge des Lebens. Wir waren einander wie enge vertraute, du, der für mich das größte Rätsel bist und ich, die stets an deiner Seite war und einander nicht verzichten wollten. Ich bin erschöpft, dennoch muss ich weiter voran, kämpfend, mit erhobenen Hauptes und meine Hoffnung zerrte mich wieder in ihre tiefe. Ein schwerwiegender Untergang mit undefiniertem und schmerzhaften Fall meines Herzens. Ich weiß, dass ich niemals mehr bei dir sein kann und doch dreht sich meine Welt nur um dich. Einen zarter Augenblick, ein flüchtiger Moment und alles was mir nun bleibt ist meine Erinnerung. Meine Gedanken fürchten sich vor meiner Träumerei, verängstigt, das eine Illusion geschaffene Existenz eine Welle unmöglicher Taten bewirkt. Es war einmal ein kleiner Traum, so klein, das mein geschundenes Herz wieder zu Leben begann und Hoffnung schöpfte. Wie soll das ein Mensch nur alles ertragen? Eine einseitige liebte hatte keine Funktion ohne ihre Erwiderungen durch Geborgenheit, Liebe und Wärme, doch wie jene endete, war nicht zumutbar und keinesfalls zu empfehlen. »Du bist ein Idiot!«, fluchte ich immer wieder. »Oh, Damon, was hast du nur mit mir angestellt?« Wie lange brauchte ich wohl zum Begreifen, das es längst vorbei war? Ich fühle immer noch wie damals, doch da schienst du mich nie verstanden zu haben. War meine Liebe so durchsichtig, unscheinbar und kaum existent?        JanuarHat das Schicksal es voraus gesehen? Oder war es einfach nur Pech und Idiotie zugleich? Tief in diesem verschneitem Wald, meilenweit fern von Zivilisation, indem ich immer noch alleine schien, mit einem schleichenden Nebel und einer Geräuschkulisse der Tiere als stetiger Begleiter meiner Reise. Vermisst mich auch nur einer? Lautes Schweigen und das Warten wird eine kleine Sterbenszeit. Seufzend richtete ich mein Augenmerk nach vorne und war versucht, mein Verlangen nach jenem Mann zu verdrängen. Wieso musste mein verkrüppeltes Herz jemanden wählen, der vermutlich nie Interesse an meiner Person haben würde? Innerlich zerbrach die Hoffnung in einem Scherbenhaufen infiltrierter Wut, Naivität und einem eingeschüchtertem Herz voll Liebe. Die Zuflucht war ein Ort, den ich selbst nicht bestimmen konnte. Meine Füße trugen mich, sodass mein Wille meinen Weg automatisch von dem wegtrugen, welches mir unbeschreibliche schmerzen zukommen ließ. Du hast mich verloren, obwohl ich es selbst entschied, doch du hättest mich abhalten können. Ich habe dir oft gesagt, das ich gerne bei dir war, immer wieder, doch meine Worte fanden anscheinend niemals Gehör. Ich liebe dich, doch es ist leider zu spät. Das Pfeifen des Windes schlug blind in mein vermutlich erbleichtes Gesicht. Mein Atem nur ein Hauch von einem Nebel, umringend, um meine noch vorhandenen Wärme. Nichteinmal mehr dein Antlitz und dein Lächeln zauberten in mir wärme empor oder verursachen eine Positive emotionale Regung. Ich war am erfrieren. Kälte, so unscheinbar und grausam zugleich und ihre Schönheit in vollkommener Sanftmut mit ihrer überwältigenden Kraft an Macht. Die Luft so rein, das jeder Atemzug in ihr schmerzte, gleich mit mehreren Akupunkturen in ihren flatternden Lungen. Die Bäume um mich herum regten sich sachte, kaum merklich mit dem Wind und dessen Kieferspitze tanzten seine Melodie, nahm jede Aufmerksamkeit in sich auf. Was würde wohl ein Baum alles erzählen können? »Jeder Tropfen Regen erfüllt mich mit Leben. Die Wolken stets über mich Wachen und weiterziehen, eine Ruhe mich klärt und Geschöpfe gerne meine Nähe wählen (…).«        Februar Mit eisiger Erkenntnis, das die Natur und ihre Urkraft nicht zu trotzen waren, bestieg ich nun mit fester Zuversicht einen kleinen Berg, wissend, das diese Reise eine Fahrt meiner Seele spiegelte in der ich zurück finden müsste. Die Eiseskälte war nicht mehr unerträglich, gab mir nicht mehr das Gefühl von Verlorenheit und Einsamkeit. Der Frühling war bald anwesend, nun war es Zeit den Samen der Hoffnung zu säen. Doch, das wusste ich nur zugute, konnte ich nicht einfach meine Gefühle in eine Richtung zwängen, welche nicht zu bändigen waren. Dass erste, das mir auffiel, war die Tatsache, dass der Frühling sich zuallererst mit seinem Geruch und Farben präsentierte, noch bevor die Tiere sich lebendig geben würden. Zurückblickend erkannte ich, das die Wälder hier verschont gewesen blieben von dem tosenden Krieg in den Städten und Dörfern ihres Landes. Ich sollte mich Glücklich schätzen, begann ich in Gedanken. Schließlich hätte es mich auch schlimmer erwischen können. Ich lebe. Ich lebe und das zählt. Die Taubheit in meinem Herzen verlor sich langsam und taute, samt des kommenden Frühlings, in sich zusammen und wagte den Versuch, Hoffnung lebendig werden zu lassen. Ein Neubeginn mit der Zeit, ein Neuanfang ihrer Gefühle und ein neuer Versuch, das Leben zu überwinden. Nicht alles konnte schlecht sein, redete ich mir ein. Das Zwitschern der Tiere Schall in meine Ohren und erklang wie eine rhythmische Musik. Wieso hast du das getan? Wie Romeo und Julia, dachte ich immer wieder, könnte es bei uns auch sein nur mit dem unterschied, das der Vorhang niemals fallen würde. Doch nun ist Julia allein, einsam in den Schatten verloren gegangen. Das ist die Hölle, erkannte ich gedanklich. Nächtelang erlebte ich jedes Erlebnis, jede verbundene Erinnerung mit dir, doch zurückblickend bleiben mir nur schmerzen. Du bist mein Untergang gewesen (…). Sooft ich mich auch Frage: »Was wäre, wenn (…)?«, keiner würde mir antworten können. Vielleicht sollte ich wirklich einen Schlussstrich ziehen und einen Neubeginn akzeptieren, wissend, dass es harte Arbeit sein würde. Doch was war schon leicht im Leben? Ich wusste nur eines: Wenn das Licht der Liebe nur für sich selbst leuchtete, war es schlichtweg die Finsternis, die in einem innewohnen würde.     Kapitel 2: Frühlingshass ------------------------ Frühling »Das größte Hindernis für ein Leben ist die schwere Atmung und ein kaltes Herz aus Eis. Mein Leben ohne Luft und ein Herz ohne Gefühl prägen mein Tun in jeglicher weise und fesseln mich am Boden der Tatsachen.«    März Ich will nur zu Dir. Hatte ich in den letzten Wochen etwas anderes gedacht? Es war seltsam im Nebel umherzuwandern und darüber spekulieren zu wollen, was für das eigene Herz wohl am besten wäre. Jeder Gedanke logischer Existenz redete in mir ein, blickte mir trotzig entgegen und debattierte ungehalten, wägte Lösungen, um mein Herz zu bereichern, schwelgte in täglicher Gefahr vor missmutigen Gefühlen irrationaler Ängsten und Träumen. Der Winter war noch anwesend, versteckt in den Schatten, präsent in jedem noch so kleines Winkel des düsteren Waldes. Wo genau war ich nun wirklich? Deine Liebe machte mich groß. Ich wäre am liebsten nur in deine Nähe geblieben und mein Herz hing an einem Heißluftballon, wild, über den Wolken fliegend. Alles war schwerelos und für mich gab es da noch Wunder. Dein Lieben machte meine Leben neu, keine Stunde und auch keine Sekunde, war unmöglich. Unaufmerksam wo ich hinlief, bemerkte ich nur noch, wie ich zu Boden fiel und mir meine Knie aufschürfte. Oberflächlich sammelte sich ein kleiner Fleck von Blut zusammen und bedeckten meinen Knöchel. Seufzend bemerkte ich zudem, das meine Kleidung nicht mehr die sauberste war. Ich sollte also bald einen Weg in Richtung eines Sees des Baches einschlagen, sofern ich einen finden würde. Meine Füße trugen mich über den matschigen Boden, inmitten eines Kieferwaldes, umringt von unzähligen Zapfen und der nächtlichen Dämmerung der Abendsonne. Dieser Wald schien endlos weit, unerreichbar und verwirrend. Wie lange war ich nun unterwegs? Hoch oben in der tiefe des geheimnisvollen Waldes, tief vergraben, lag mein Herz erschlagen durch meine Verletzbarkeit verlorener Impulse einer Liebe, machtbesessene Sehnsucht und einem verstörten Gewissen. Der helle Klang eines Vogels nahm meine Aufmerksamkeit. Ich kannte solche Art von Vögel nicht, konnte mir aber seine Schönheit genaustens einprägen. Er war schwarz, grau meliert und hatte ausgeprägte Flügel und einen langen Schnabel. Seine hellen Augen,- und ein heller Fleck am Bauch, zeigte ein weiteres Schönheitsmakel. »Wer bist du nur?«, doch die Antwort war dieselbe: Eine unheimliche Stille und der Ruf der Tiere. Die letzten Sonnenstrahlen verfingen sich am Horizont und langsam erblasste alles in der Dunkelheit. Noch bevor mir Gefahr drohen sollte, schlug ich mein Nachtlager auf, präzise und unnachgiebig.        April Der Frühling war nun vollends da und jubilierte alles im hellen Glanz. Nach endlos langen Wochen fand ich meinen Weg in einen anderen Wald, lebhafter und farbenfroher denn je. War es wirklich ein anderer Wald? Nun, nachdem ich langsam zur Ruhe kam und meine Sinne besänftigt wurden, durch meine abenteuerliche und unspektakuläre Reise, fand ich den Mut etwas zu öffnen, wozu ich vor einigen Wochen nie in der Lage gewesen wäre. Ich saß soeben an einer Lichtung, hell erstrahlend durch die Sonnenstrahlen und die Vielfalt an Floralien, umfassend angereichert durch einen kleinen Bach, welcher glitzernde Partikel an die Sonne weiterleitete. So schien es mir zumindest. Nachdem ich ordnungsgemäß meinen Vorrat gefüllt hatte mit Wasser aus dem Bach mit Beeren und Früchten aus dem Wald, die ich finden konnte, musste ich nur noch meine Kleidung mit Wasser und Seife säubern, damit ich nicht den abstrakten Geruch der Verwesung bei mir trug. Zuvor aber, bevor mich mein Mut verlassen könnte, öffnete ich einen kleinen Brief. Er wirkte unscheinbar, klein-gefaltet und verfärbt durch die Witterung der letzten Monate. Die geschriebenen Zeilen verunreinigten mein Herz und wandelten meine Gefühle in einen Tornado der schlimmsten Art. Kannst du mir je meine Schwärmerei und die Liebe, die ich für diesen Mann empfunden habe, verzeihen? Es tut mir wirklich sehr leid, liebste Sarah. Es tut mir so leid. Ich wollte nie, das du mit mir in solche Gefahr kommen würdest. Ich verstehe selbst nicht, wieso das alles so geschah. Ich schreibe Dir diesen Brief jener Minute, wo du neben mir liegst und hoffentlich von einer schöneren Welt träumst. Wir sind beste Freundinnen seit so langer Zeit und ich schätze deinen Mut, mir helfen zu wollen, deine Intelligenz und das wichtigste: Deine Treue. Hätte ich mich nur nie mit diesem Mann eingelassen, mich verliebt, wären wir jetzt nicht auf der Flucht vor Ihnen. So hart es auch klingen mag, aber ich werde den morgigen Tag vermutlich nicht überleben und werde Dir die Möglichkeit geben, ein normales Leben zu führen. Ich opfere mich gerne für Dich, schließlich bist du so etwas wie meine Schwester. Wie viel Schmerz sollen wir den sonst noch ertragen? Sie werden Dich nicht mehr verletzen können, dafür werde ich Sorgen. Ihre Rache wird mein sein. Ich wünsche mir, das du zu deinem Schwarm gehen wirst, und versuchst glücklich zu sein und wehe zu rennst fort. Bitte, versprich es mir. Viel Glück. Wie kann ich nur so weiterleben?        Mai Meine beste Freundin war Tod. Diese Erkenntnis sickerte in mir hinein und nahm mir die Luft zum Atmen, widerwillig und nicht zum letzten Mal. Das war noch immer der Grund, warum ich durch den Wald lief und auf der Flucht war. Sie starb völlig Sinnlos, erstochen durch mehreren Stichen im Bauch. Blut. Es war ein rötlicher Schimmer mit verflossenem Lebenselixier, der sich später am Boden wiederfand und jenen Ort für mich prägte. Es war eine grausame Tat, jene, die man nicht Rechtfertigen könnte. Selbstjustiz war nie eine Lösung gewesen, doch ihr Mörder hatte Einfluss und das genügte in dieser Zeit schon. Der verdammte Krieg, fluchte ich leise und endete abrupt meinen Gedankengang. Ich hatte natürlich nicht auf sie gehört und war ihr gefolgt, mit dem Plan, sie weiterhin zu schützen, doch als ich dann bei ihr ankam, war es leider schon geschehen. Mir schien dass alles wie ein endlos langer Albtraum, erschreckend und perfide. Sie starb, weil ihre Liebe misshandelt wurde und er, der Kriegsführer, es verlangte und Frauen missbrauchte. Ich sollte die nächste sein und keiner konnte mir Helfen. Wieso wünschte ich mich immer wieder zu meiner Liebe des Lebens, Damon McCullough, nur dann, um festzustellen, dass er die rechte Hand des Teufels war. Er war mein bester Freund seit Kindertagen, mein Damon. Erzählte er mir nicht, er sei ein Soldat in geheimer Mission und würde uns in Sicherheit wiegen? Bräuchte meine Hilfe, damit ich meine beste Freundin dazu bringen würde, sich mit ihrer Liebe zu treffen, damit er die Chance nutzen konnte, ihn zu fassen?! Ich bin Schuld an ihrem tot! Mein blindes Vertrauen kostete ein Leben, ein kostbares hinzu. Kein Regen dieser Welt konnte diesen Kummer wegspülen, es bereinigen und auf Neustart erschüttern. Feine Regentropfen durchdrangen den Wald, kühlten die obere Schicht der Pflanzen und ergoss sich großzügig über ihnen.     Kapitel 3: Sommerherz --------------------- Sommer »Die Hoffnung als Wegweiser durch Raum und Zeit, schillernde Träume als Ziel einer langen Reise und die düstere Angst, als Hindernis ins ewige Glück. Wo wird man sein, wenn man sich selbst im Wege steht und als Feind kein Ausweg mehr sieht?«    Juni Die Temperatur war weitaus mehr als angenehm, zog einem in einen ruhigen Sog inmitten Liebe und Vertrauen. Die letzten Monate der Trübseligkeit, Angst und Hoffnungslosigkeit verlor sich in der Farbenpracht meiner Umgebung und spiegelte die Seelenschmiede einer höheren Macht. Meine Gefühle erkalteten und waren kaum präsent, existierten nur noch in einem verstecktem Winkel meines Herzens. Gleichgültigkeit ersetzten jede Emotionen und verhalfen zur jener Akzeptanz, sodass das weiterleben einfacher wurde und die Gewissheit in Verschwiegenheit gerät. Trotz der gegenwärtigen Hitze war mir so unendlich kalt. Meine Gedanken schrien unbeirrt weiter. »Damon, warum hast du das getan? Wieso nur? Hasst du mich abgrundtief oder war das ein Teil deines Plans? Hat es sich gelohnt? Ware es das Wert?« Ich verstehe die Welt nicht mehr, spie ein kleiner Rest ihrer Wut in ihren Herzen, versteckt in den Erinnerungen der Vertrautheit, der Verbundenheit einer Freundschaft. »Ich komme auch ohne dich klar«, schrie mir meine innere Moral entgegen und scheiterte an meinem Herzen, das widersprach und bemerkte: »Es klingt etwas traurig, doch du liebst ihn, mehr als dir lieb war.« Das Urteil kam mit deiner Verantwortung deiner Mission. Was wird kommen, was wird sein? Dachte ich noch, während der Anschlag auf meine beste Freundin geschah, und feststellte, dass sie gleich sterben würde, das du als Retter der Not auftauchen,- und uns retten würdest. Die Realität war schlimmer. Gib mir bitte einfach mein Herz zurück, da du es sowieso nicht mehr benötigst! Meine Schritte lauernd, leise und jeder Abtritt meines Fußes nur ein Stempel dieser Zeit. Das Knirschen der Kiesel als einziges Geräusch im Hintergrund und der helle Pfad hinweg ein Ziel. Wohin werde ich noch kommen? Alles war Grün. Grün, durch die Natur gegebenen Lebenselixiere der Metamorphose und Umwandlung durch die Photosynthese. Auch, wenn man meinte, das würde nicht funktionieren, doch konnte man den Sommer sogar riechen und schmecken. Die Natur hinterließ einen gewaltigen und einprägsamen Eindruck, der jeden meiner Sinne kitzelte und antrieb, sie zum Leben erwachen ließ. Vereinzelnde Hummeln summten von einer Blüte zur nächsten, liebkosen jede für sich und sammelten so die Süße dieser Welt. In all dem fühlte ich mich verloren. Die eigene Isolation als mächtiger Schutzwall gegen sich selbst gerichtet und kein entrinnen war diesbezüglich möglich. Würde man mir je verzeihen? Würde sie es tun? Seit geraumer Zeit fühlte ich einen Schatten weit über mir, begleitend durch mehreren Zonen eines Landes. Ein Adler, als stetiger Begleiter meiner Seele. Er war frei, so gerne ich es auch sein würde und musste trotz alldem kämpfen bis zum letzten Blutstropfen meiner Seele.        Juli Wie begann eigentlich die Tatsache, das ich nun seit Monaten auf der Flucht war? Lag es daran, das ich meiner Freundin nur helfen wollte und selbst in noch größeren Probleme geriet? Nachdem ich einige Minuten lang ein Lagerfeuer errichtet hatte, war längst die Nacht angebrochen und verdunkelte sein Reich. Das Essen, welches ich zubereitete, fand seinen weg schnell in meinen Magen. Die tägliche Rotation meines Lebens hatte seit Wochen bestand, von einem Ort zum nächsten und die Wärme schlug nieder mit glühender Hitze in meine Haut ein. Der Mond, fernab meiner nähe, glühte in einem kühlem blau, leuchtete als mein Licht,- und Hoffnungsschimmer der Nacht in einem mir unbekanntem Ort. Um mich herum überall nur Bäume. Dieser Ort beruhigte mich ungemein. Ehe ich mich versah, schlief ich längst am Boden ein und die Zeit verrann, ohne das ich es hätte aufhalten könnte. Noch in meinen Träumen dachte ich an dich. Eine Zeit die niemals vergeht, eine Zeit die niemals etwas sagen konnte, einfach, weil ich dich liebe. Aber ohne liebe schlägt mein Herz nicht mehr. Ich schaue jetzt zum Himmel hoch und denke dann wie jedes Mal, vielleicht tust du es mir gleich und denkst auch an mich. Wie ein Augenblick, ein komisches Gefühl und doch wie Gefahr, durchlebe ich die Liebe in allen Nuancen der Schattenwelt, himmelhoch erlebt und dann der knall der stürtzenden Tiefe. Und wenn es morgen vorbei wäre, ich würde es vermutlich immer wieder tun, dich lieben und durch die Hölle laufen, auch wenn soeben die Selbstlüge und Irrationalität meine Gedanken führen. Ich wünsche mir, wir zwei für immer, das es funktionieren mag und auch, das meine beste Freundin an meiner Seite steht, miterlebt, wie schön es auch sein könnte zu lieben. Doch nichts ist für immer.        August Müde. Seit geraumer Zeit begleitete mich dieses Gefühl und tritt mich täglich nieder. Ich wollte nicht mehr wirklich. Nicht, weil ich unglücklich war, sondern weil ich eine Reise weiter beschreite, den ich nicht mehr wirklich Fortsetzen wollte. Es war anstrengend. Ich wollte nicht mehr Fortlaufen. Warum auch? Ich werde niemals mehr dieselbe sein, so sehr ich es auch versuchen würde. In meiner Einsamkeit schlägt mein leeres Herz, durstend nach einer Erfüllung, nach dem Sinn des Lebens. Die Wege dieser Welt führten mich kaum irgendwo hin, ganz ohne Licht der Hoffnung und lege ich mich mal hin, glaubte ich schon oft zu wissen, es sei endlich vorbei. In einer schwarzen Nacht, noch in weiter Ferne, rief eine Stimme mich: »Finde deinen Weg zurück, hier zu mir!« Doch sollte ich auf meine Stimme der Vernunft hören, meinem Instinkt? Sollte ich ihnen Gehör schenken und es wagen? Mehrere Wochen ist es her, seit ich dich nicht mehr sah, auch die dafür verbundene Sehnsucht scheitert an deiner Existenz, deinem Verrat. Nur dieser Mann, in dieser Uniform war dein Urteil, dein Untergang, leider auch der meiner besten Freundin. Dein Kriegsveteranen Führer, Mörder und dein Vorgensetzer ist Schuld, das an deinen Händen das Blut ihrer haftet. Doch nach all der langen Zeit, das habe ich erneut festgestellt, ist es am besten, loszulassen. Was war der Sinn des Lebens, wenn man es nicht Leben konnte? Ich musste anfangen, mein Leben so zu akzeptieren, wie es war und nicht so, wie ich es gerne haben wollte. Doch, wie beginnt man so etwas? Mein Herz pochierte an den Gedanken, wieder nach Hause zurückzukehren und alles wieder für sich ins reine zu bringen. Ich schlang meinen Rucksack noch enger an mich und klärte meine Gedanken, ehe ich beschloss, das meine Reise bald vorbei sein würde. Ich würde noch etwas laufen wollen, doch dann wäre ich bereit, mich meinen Feinden zu stellen! Nichts konnte für immer sein, selbst die Dinge, die einem Wiederfahren und Wiederkehren. Als ich damals Fortging, war ich schwach, doch nun nach langer Zeit, sah ich ein, das ich mein Leben so nicht Lebenswert erschien und es an der Zeit war, dies zu ändern.     Kapitel 4: Herbsterwachen ------------------------- Herbst »Das Leben und die Hoffnung können wie ein Stern erscheinen: Er funkelt und strahlt noch hell am Horizont, doch in Wirklichkeit ist sein Licht längst erloschen. Wie wird es nur mit der Liebe sein?«    September Der Herbst brachte wunderbare Farben mit sich. Rötliche Nuancen schimmerten in all seinen Hautpigmentierungen und noch so dunkle Töne erstrahlten die letzte Sommerwärme hinaus. Das farbige Laub der Bäume fand sich überall wieder und zierte den verregneten Boden am helllichten Tage. Das kühle Nass glitzerte auf meiner Haut und verursachte eine unangenehme Gänsehaut, brachte mich zum Erzittern und meine Gedanken verloren sich in der schönen Aussicht des Waldes. Noch immer wusste ich nicht, wo genau ich mich befand. Unweit meiner bisherigen Reise war mir kaum ein Mensch begegnet, was nicht sonderbar verwunderlich erscheint und doch sichtete ich des Öfteren verschiedene Offiziere, Flüchtlinge und Jäger oder verirrte Einzelgänger wie ich es war. Doch ich war wie ein Schatten umhergewandert, verborgen im dunklen und suchte noch immer die Einsamkeit. Was für ein Sinnbild verkörperte eigentlich der Adler, welcher mir nun schon seit mehreren Saisons verfolgte und mich nie alleine ließ? Meine Zeit blieb seit langem still und kein Gefühl ersetzte diese leere. Wie viel Zeit besaß jede Seele und inwiefern hatte man Einfluss auf etwas, welches nicht greifbar war, nicht körperlich existierte und doch so viel verdeutlichte, wie unsere Geschichten und geschaffenen Momente die wir hinterlassen. Zeit als Besitzgut eines jeden, unschätzbar wertvoll und doch so unerhört genutzt. Nur noch wenige Schritte und ich würde am höchsten Hügel des Waldes hinab auf das kleine Tal erblicken können. Der Wind umschmeichelte meine langen Haare und wirbelte meinen ausgestoßenen Atem fern, verunsicherte meinen festen Stand am Boden und bereitete mir somit angst. Am ende des Hügels angekommen gelang ich ans ende meiner Reise. Ich stand an einer Klippe mit unendlicher Tiefe. Sollte ich nun Wetten? Wer war stärker? Der Wind, welcher unendlich stark umherstriff und mich grundlos niederreißen könnte oder doch meine Wenigkeit, welche den Willen besaß, überleben zu wollen und somit nicht hinab in die Tiefe zu Fallen? Ich breitete meine Arme aus, schloss seufzend meine Augen und wartete. Wartete was nun geschehen würde. Stille. Am Anfang schien alles so leicht, kein Weg war mir zu weit und ich hatte auch schon viel erreicht, aber dass das Ende so schnell Einläutern konnte, war mir fremd. Ein lächeln bildete sich auf meinen Lippen. Ich wartete nun auf dem schmerzenden Aufprall und der sofortigen Konfrontation mit der Dunkelheit, meinem Tod. Ich hatte die Wette verloren. Nur für dich schwöre ich, werde ich wiedergeboren werden!        Oktober Ich schlug meine Augen auf und erkannte meine Umgebung nicht. Sie war völlig verzerrt. Mein Körper fühlte sich fremd an, eigenartig und unbeweglich. Meine Geistige starre hielt mich gefangen und ließ mich nicht frei. Was waren das für sonderbare Stimmen in meiner Umgebung? Wo war meine wohltuende Ruhe, die kostbare Verschwiegenheit und die Geborgenheit freier Träume? »Oh Gott sei Dank, du bist endlich wach«, hörte ich eine flüsternde Stimme. Sie klang in Sorge. Ich wollte sprechen, eine Antwort geben und fragen beantwortet bekommen, doch meine Stimme versagte. Mein Ausdruck im Gesicht musste Antwort genug gewesen sein, den meine eigentlich Tode beste Freundin antwortete: »Du warst im Koma, ein ganzes Jahr lang, liebste Sarah. Ich dachte, du würdest niemals mehr erwachen!« Meine Mimik unberührt, erkaltet. Ich verstand nicht. Wieso lebte sie? Was war geschehen? Die Zeit schien stehen geblieben zu sein. Ihre Worte ein Peitschenhieb, doch die wirkliche Erkenntnis war mein wahres Verhängnis: Das war alles nur ein Traum. Ein noch schlimmerer Traum war jedoch die Realität mit ihren schmerzen, meiner unsagbaren Erkenntnis und damit befundenen Trauer. Meine wirkliche Erinnerung kehrte nach und nach zurück, und das wirre Gerede der Anwesenden Personen, durch meine beste Freundin und der Liebe meines Lebens, erdrückte mein Gemüt ums hundertfache. Die Zeit verging ruhelos und die Stimmen um mich herum wurden lauter, quälender. »Wieso?« Einfach nur wieso? Die Realität sah gemeinerweise anders aus. Nicht meine beste Freundin wurde damals kaltblütig niedergestochen, sondern ich selbst. Wieso? Nicht, weil ich diejenige war die in den Kriegsveteranen verliebt war, sondern meine beste Freundin, trotz ihrer Beziehung mit jemanden anderen. Des weiteren durch einen missglückten Versuch sie zur Vernunft zu Wiegen. Doch, Damon McCullough, meine Liebe des Lebens, war der Verlobte meiner besten Freundin. Sie ging fremd und liebte jemanden, der ihr schadete, womit sie auch mir schmerzen bereitete. Ich wollte doch nur, das Damon erkannte, das sie fremdging und einsehen sollte, das ihr Verhalten falsch sei ihm gegenüber. Gleichzeitig wollte ich sie beschützen, doch ich erkannte, dass ich das genaue Gegenteil erreicht hatte: Sie waren nun miteinander verheiratet. Das erkannte ich an den Eheringen, welche sie beide trugen. Ihre Stimmen redeten laut auf mich ein, doch meine tränen versiegten nicht. Mein Bewusstsein verlor sich in meinem Leid. Was würde nun mit mir geschehen? Wie sollte ich mit diesen schmerzhaften Gefühlen umgehen? War das eine Strafe? Wieso musste es so geschehen? Was ist mit meiner Liebe? Und was hatte mein Traum zu bedeuten?        November - Einige Wochen danach War ich glücklich? Ja und nein, doch eine wirkliche Antwort würde es nie geben. Was hatte ich zu erwarten? Nichts, nur mein Leben. Ich musste aus meinem Selbsthass hinausströmen und mich entwickeln, sodass ich mich selbst wieder ertragen könnte und versuchen würde, meine verlorene Liebe wiederzufinden. Der Regen wollte nicht enden und platzierte sich überall nieder, umschmeichelte alles um sich herum und umgab sich mit seiner flüssigen Konsistenz. Bald würde die Kälte innewohnen und alles in sich erfrieren lassen, einnehmen und für sich alles in hellem Weiß erstrahlen. Bald würde der Winter anklopfen und sich für einige Wochen bereitstellen wollen, Kälte verstrahlen und seine Reinheit präsentieren. Meine beste Freundin berichtete mir vor einigen Wochen, dass ihre Liebe am 5. Juni 1889 Selbstmord begann, und er, Damon McCullough, die Liebe meines Lebens, nur sie geheiratet hatte, damit sie in Schutz sei und somit nicht mehr für die Armee ein Ärgernis war. Sie berichtete auch, das sie und Damon sich entschieden hatten die Scheidung einzureichen im stillem, da ihre Liebe keine Basis mehr besaß. Doch was sollte ich mit dieser Information und den ausgelösten glimpflichen Emotionen anfangen? So wusste ich nur, was ich nicht wollte und konnte so entscheiden, was geschehen könnte. Es sind bisher 4 Monate ins Land gezogen und der Krieg war nun längst vorbei. Kein Blutvergießen durch Flüchtlinge, Unterdrückungen und missachtender Befehle. Rechte und die Sicherheit gewann höchste Priorität in meinem Land. Nun war ich nicht mehr auf der Flucht! »Frei sein und in alle Winde verstreut, erkannte ich, was wirklich für das Leben zählte. Atmen, leben und die Geborgenheit freizügiger Liebe als Geheimzutat genießen. Wer war ich und wer bin ich nun?«     Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)