Gefängnisliebe von Hushpuppy (ZoSan) ================================================================================ Kapitel 1: 153 Tage [1] Sanji ----------------------------- Ein mechanisches Dröhnen ertönte als Zeichen dafür, dass der Wärter die Gittertür aufmachen konnte. Dies tat er auch sofort und der zweite Wärter, welcher hinter Sanji stand, stieß ihm in den Rücken, damit dieser weiter ging. Er versuchte sich nicht anmerken zu lassen, wie verzweifelt er war. Seine blonden Haare verdeckten sein rechtes Auge, während er mit dem anderen wütend den Rücken des Wärters vor ihm fixierte. Seine Finger zitterten. Am liebsten hätte er sich diese Gefängnisklamotten vom Leib gerissen. Sie waren grau und verwaschen, hingen wie Laken an seinem schlanken Körper und würden für die nächsten fünf Monate seine Kleidung sein. Die beiden Wärter führten ihn durch die Gänge mit den Zellen. Diese waren anders als Sanji sie sich vorgestellt hatte. Keine Zellen in die man hinein schauen konnte, mit Gittern an denen man sich fest klammerte, sondern abgeschlossene Räume. An ihren Türen befand sich oberhalb jeweils ein schmaler Schlitz, durch den man hindurch schauen konnte. Im dritten und letzten Stock des Gebäudes öffnete der Wärter die Tür mit der Aufschrift 'C15' und schob Sanji hinein. „Leiter dieses Stocks ist Mr. Spandam“, sagte der Wärter und ein leichtes Grinsen schlich sich auf seine Lippen. „Du willst diesen Mann lieber nicht kennen lernen, also sei schön brav, ja?“ Damit verschloss er die Tür wieder und Sanji wurde in Stille gehüllt. Langsam drehte er sich, schaute sich in dem kleinen Raum um, den er für die nächsten fünf Monate bewohnen würde. Ihm direkt gegenüber war ein kleines Fenster, welches mit Stahlgittern verschlossen war. Sanji wusste, dass draußen die Sonne schien, doch davon bekam man hier nicht viel mit. Eine nackte Lampe erhellte den Raum in einem furchtbar grellen Licht, das sich in den weißen Wänden spiegelte. Links und rechts vom Fenster, jeweils in einer Ecke, standen zwei Betten aus Stahl. Sie waren flach, sowie die Kissen und die Matratze war dünn, ebenso wie das Laken, mit dem man sich zudecken konnte. Direkt rechts neben der Tür, nur knapp neben dem rechten Bett, befand sich eine Toilette mit einem Klopapierhalter. Das war alles, was die Zelle zu bieten hatte. Sanji bekam ein mulmiges Gefühl bei der Tatsache, dass hier zwei Betten standen. Würde er sich etwa das Zimmer mit jemandem teilen müssen? Er konnte sich nicht vorstellen, wie er das überleben sollte. Wenn das ein angriffslustiger Kerl war oder einer, der ihm an die Wäsche wollte? Und wie sollte er in Anwesenheit eines anderen Kerls auf Toilette gehen? Ihm war nach heulen zumute, doch er hielt die Tränen unter Kraftaufwand zurück. Ein Kloß bildete sich in seinem Hals und begann in alle Richtungen zu drücken. Egal, wie sehr Sanji schluckte, er ging nicht mehr weg. Langsam schritt er zu dem linken Bett, welches nicht direkt neben der Toilette stand und ließ sich darauf nieder. Es fühlte sich an, als würde man direkt auf dem Stahl sitzen. Die Matratze hätten sie sich genauso gut sparen können. Schwerfällig versuchte Sanji die Tränen zurück zu halten. Er spürte, wie sie seine Augen nässten. Seine Lippen begannen ebenso zu zittern wie seine Finger und er öffnete leicht den Mund, um schwer ein und aus zu atmen. Es war unfair. Es war so unfair, dass er hier war. Jahrelang hatte er es über sich ergehen lassen und dann wehrte er sich einmal und landete im Gefängnis. Wenn er nur die Finger von den Drogen gelassen hätte, dann hätte ihm der Richter vielleicht eher geglaubt. „Wir überprüfen deine Aussagen“, hatte die Polizei gesagt. „Aber das ändert nichts daran, dass du ihn angegriffen hast. Es war keine Notwehr. Vorher hast du dich auch nie gewehrt.“ So ein Schwachsinn. Wenn Sanji nur daran dachte, spürte er die Wut in sich aufkochen. Eine Träne löste sich aus einem rechten Auge, floss über seine Wange und tropfte in den Stoff seines Oberteils. Er wusste, dass er furchtbar aussah. Seit Tagen hatte er nicht mehr richtig geschlafen. Dunkle Ringe zierten seine Augen, welche ebenfalls rot und gereizt waren und seine rechte Hand war noch immer bandagiert. Mittlerweile schmerzten die Knöchel kaum noch. Vorsichtig fuhr er sich mit den Fingern der linken Hand über die Bandage und presste die Lippen fest aufeinander, während sich weitere Tränen lösten und sein Gesicht benetzten. In diesem Moment hatte es gut getan ihn zu schlagen. All die Wut und den Schmerz der Jahre heraus zu lassen, aber nun bereute Sanji, was er getan hatte. Beim Gerichtsprozess war auch ein Psychologe anwesend und er traf den Nagel auf den Kopf: „Der Angeklagte bereut nicht die Tat, weil er seinen Stiefvater dadurch verletzt hat. Er bereut sie, weil er dafür jetzt bestraft wird. Deswegen können wir diese Reue an sich nicht gelten lassen. Wir können getrost behaupten, dass der Angeklagte diese Tat wiederholen würde, würde er dafür nicht bestraft werden. Deswegen halte ich eine Gefängnisstrafe für durchaus angebracht.“ Sie hatten ihm gesagt, dass man für seine Tat normalerweise mindestens ein Jahr einsitzen müsste, doch aufgrund der Vorgeschichte der Familie, bekam er 'nur' fünf Monate. Es war lachhaft. Sein Stiefvater hatte ihm seine Kindheit und Jugend zur Hölle gemacht, nicht nur seine Mutter musste unter seinen Schlägen leiden, besonders als Sanji noch jung gewesen war, hat er die Faust seines Stiefvaters häufig zu spüren bekommen. Nun war Sanji 18 Jahre alt und in einer Nacht war er mit seiner Freundin Nami feiern gegangen. Als ihnen die Möglichkeit geboten wurde LSD auszuprobieren, taten die Beiden dies und Sanji machte den Fehler in dieser Nacht nach Hause zugehen. Er hätte mit zu Nami gehen sollen. Dann wäre er auch nicht ausgerastet, dann wäre er nicht auf seinen Stiefvater los gegangen und hätte ihn krankenhausreif geprügelt. Vier Tage lag er im Koma. Vier Tage lang. Und dafür musste Sanji nun einsitzen. Was aus einer Mutter und seinem Stiefvater wurde, bekam er nicht mitgeteilt. In den ersten zwei Monaten galt für ihn Besuchsverbot. Erst danach durfte jemand kommen. Sanji hoffte sehr, dass Nami die erste Person sein würde, die ihn besuchte. Während der letzten Tage hatte er keine Möglichkeit gehabt sich mit ihr auszusprechen und er vermisste sie jetzt schon. Sanji erschrak, als die Tür zu seiner Zelle aufging. Mit tränennassem Gesicht blickte er auf und sah wie ein junger Mann herein geschoben wurde. „Spandam ist der Leiter dieses Stocks und das ist dein Mitbewohner. Wehe ihr vertragt euch nicht“, erklang die Stimme des Wärters, dann wurde die Tür wieder abgeschlossen. Mit schlecht gelauntem Gesichtsausdruck stand nun also Sanjis Mitgefangener vor ihm. Er sah aus wie jemand, der sich gerne prügelte, hatte ein hartes, markantes Gesicht und wütende Augen. Seine Haare waren in einem saftigen Grün und kurz geschnitten, sein Oberkörper muskulös ebenso wie seine Arme. Sanji ertappte sich dabei, wie er feststellte, dass der Mann gut aussah. Manchmal hatte er so komische Gedanken, dabei war er doch mit Nami zusammen, auch wenn er sie nicht so attraktiv fand wie er es hätte tun sollen. „Ich nehme nicht das Bett neben der Toilette“, behauptet der Grünschopf. „Dann musst du wohl auf dem Boden schlafen“, sagte Sanji, seine Stimme verschluckte sich ein wenig an dem Kloß in seinem Hals. „Nein, ich schlafe in dem Bett.“ Er deutete auf das Bett, auf dem Sanji saß. Dieser verengte die Augen zu Schlitzen, spürte wie die Wut in ihm immer stärker wurde. Sollte er direkt am ersten Tag Streit anfangen? Eigentlich wollte er dies verhindern, doch er würde sich auch nicht unterkriegen und herumkommandieren lassen. „Ich war zuerst hier“, stellte Sanji fest. „Darum durfte ich auch entscheiden, in welchem Bett ich schlafe. Tut mir ja Leid für dich, aber du wirst neben der Toilette pennen. Einen so großen Unterschied macht es auch nicht.“ „Wenn es für dich keinen Unterschied macht, kannst du ja dort pennen, Heulsuse.“ Der Grünschopf machte einen Schritt auf ihn zu. „Ich hasse es, wenn sich Menschen selbst so bemitleiden.“ „Halt die Klappe. Ich habe echt keinen Nerv mich jetzt noch zu streiten“, murrte Sanji. „Hast du denn nichts Besseres zu tun als über so nen Mist diskutieren zu wollen? Wenn du unbedingt willst, können wir uns ja abwechseln in welchem Bett wir schlafen.“ Er steckte so viel Sarkasmus in diese Worte wie nur möglich. „Oder ist dir das zu kindisch? Mir ist es jedenfalls zu kindisch darüber zu streiten, wer wo schläft.“ „Du bist zum ersten Mal im Gefängnis“, stellte der Grünschopf fest und setzte sich auf das rechte Bett, sodass er Sanji gegenüber war. An ihm sahen die Gefängnisklamotten sogar gut aus, zumindest das Oberteil. Es schien ihm etwas zu eng, weshalb man die Muskeln gut erkennen konnte. „Was hast du angestellt?“ „Was geht dich das an?!“, fauchte Sanji. „Gar nichts, ich frage aber trotzdem, Goldlöckchen.“ Er lehnte sich gegen die Wand, die Arme vor der Brust verschränkt und durchbohrte Sanji mit seinem harten Blick. „Wenn du heute Nacht heulst, bekommst du Ärger mit mir.“ „Ich heule nicht.“ Sanji wusste, dass diese Worte nicht sonderlich überzeugend klangen. Schließlich saß er dort wie ein Häufchen Elend mit geschwollenen, nassen Augen und feuchten Wangen. Der Grünschopf zuckte nur mit den Schultern, legte sich auf dem Bett nieder, als wäre es sein Eigenes und war keine paar Sekunden später am Schlafen. „Marimo“, murmelte Sanji. Da hatte er ja einen tollen Mitbewohner bekommen. Scheinbar saß der Kerl nicht zum ersten Mal ein und fühlte sich hier wie Zuhause. Ansonsten wäre er wohl nicht sofort eingeschlafen. Hoffentlich würde das nicht noch Prügeleien geben. Je mehr Ärger Sanji stiftete, desto höher wurde die Chance, dass er noch länger hier bleiben musste. Er wollte auf jeden Fall so schnell wie möglich wieder nach draußen. Bis zum Abend saß Sanji nur auf dem Bett und starrte die Decke an, während Marimo munter vor sich her schnarchte. Immer wieder musste Sanji gegen Tränen ankämpfen und die Wut unterdrücken, die sich in ihm anstaute. Er ballte und öffnete seine Finger immer wieder, bis sie sich beinahe taub anfühlten und biss die Zähne fest aufeinander. Am liebsten hätte er irgendwas kaputt gemacht, hätte rum geschrien und auf die Matratze eingeschlagen, doch er hielt sich zurück. Bei einem Gefühlsausbruch würde Marimo sicher einen dummen Kommentar abgeben und ihn noch mehr hassen als er es jetzt schon tat. Sanji wollte keinen Ärger verursachen. Er musste ruhig bleiben und die fünf Monate durchstehen, das hatte er Nami versprochen. Am Abend öffnete sich die Tür zur Zelle automatisch. Über einen Funksprecher ertönte die Stimme eines Mannes, die verkündete, dass es Abendessen geben würde. Von dem Lärm wurde Marimo wach und rieb sich die verschlafenen Augen. Erstaunlich schnell war er auf den Beinen und ging ohne ein Wort zu sagen, aus der Zelle raus. Eigentlich hatte Sanji absolut keinen Hunger, doch er konnte nicht länger in dieser Zelle sitzen und nichts tun, deswegen folgte er Marimo nach draußen. Gemeinsam mit den anderen Gefangenen aus Stock C gingen sie am Ende des Ganges eine Treppe hinunter in die riesige Kantine, in der sich lange Tische und unbequeme Plastikstühle aneinanderreihten. Auf der einen Seite gab es die Theke, an der man sich das Essen holen konnte. Sie mussten sich an einer langen Schlange anstellen. Sanji blieb dicht hinter Marimo, in der Hoffnung, dass der Kerl nicht merkte, dass er sich nur an ihn hing, weil er keine Ahnung hatte, was er tun sollte. Er fühlte sich furchtbar fehl am Platz. Alle Gefangenen waren ungefähr in demselben Alter und ausnahmslos alle waren männlich, es waren junge Erwachsene. Die meisten saßen wegen Körperverletzung ein, genauso wie Sanji. Doch es gab auch welche, die wegen Mord oder Vergewaltigung hier waren. Wenn Sanji herausfinden würde, wer von diesen Typen schon mal eine Frau vergewaltigt hat, dann würde er vermutlich ausrasten und ihm einen Schlag verpassen. Am besten interagierte er mit den anderen Gefangenen so wenig wie möglich. Sein Blick glitt in den Nacken von Marimo, in dem die grünen Haare ein wenig ab standen. Hoffentlich war er kein Vergewaltiger oder Frauenschläger, hoffentlich hatte er niemanden getötet, sonst würde Sanji nichts mehr halten, ihm eine runter zu hauen. Es dauerte gefühlte Ewigkeiten bis sie an der Theke waren und sich ihr Essen abholen konnten. Bei dessen Anblick verging Sanji der Hunger vollkommen. Einen Klecks weißen Kartoffelbrei, ein Stück Fleisch, das aussah wie Leder, eine Hand voll weicher Erbsen und ein Stück Brot, das genauso gut Pappe hätte sein können, so seltsam schmeckte es. Sanji aß ein wenig von dem Brot, dem Kartoffelbrei und den Erbsen. Das Fleisch war so zäh, dass er das Stück auf dem er herum kaute, wieder ausspucken musste. Für jedes Essen gab es noch eine Tüte Apfelsaft. Wenigstens das schmeckte nach etwas. Für Sanji war es die Hölle so ekelhaft essen zu müssen. Bis zu seiner Verhaftung hatte er im Baratie gearbeitet. Ein nobles Restaurant in einem anderen Teil der Stadt, dem Teil der Stadt zu dem Sanji gerne gehört hätte. Dort, wo häusliche Gewalt nicht normal war. Im Baratie arbeitete er nur als Küchenjunge, doch er hatte bereits Pläne gemacht, wie er dort weiter aufsteigen konnte. Mit dem Chef, Jeff, verstand er sich leider nicht allzu gut, aber mit dem verstand sich auch niemand wirklich. Sanji war ihm dankbar, dass Jeff ihm Arbeit gegeben hatte, trotz seiner Herkunft aus dem Ghetto der Stadt. Auch von Jeff hatte er seit der Verhaftung nichts mehr gehört, aber wahrscheinlich war Sanji gefeuert. Die Chance noch einmal in so einem Restaurant zu arbeiten, würde er nie wieder bekommen, darüber war er sich bewusst. Trübselig schlürfte er an seinem Apfelsaft. Neben ihm saß Marimo, um ihn herum andere Gefangene, die miteinander plauderten, als würden sie in der Schulkantine sitzen. „Was habt ihr eigentlich angestellt?“, fragte plötzlich einer von ihnen. Sanji blickte auf und in das grinsende Gesicht des Fragenden, der ihm direkt gegenüber saß. „Das geht dich nichts an“, knurrte Marimo. „Ach, kommt schon. Wir müssen wissen, wie wir euch behandeln sollen. Gehört ihr zu der A-Klasse, der B-Klasse, der C-Klasse oder der untersten Schublade. Na los, sagt schon.“ „Was sind das denn für Einteilungen?“, fragte Sanji. Marimo schenkte ihm einen düsteren Blick. „Halt einfach die Klappe, Heulsuse.“ „Du sitzt zum ersten Mal ein!“, stellte der Gefangene fest. „Du warst noch nie im Gefängnis? Nicht einmal im Jugendknast?“ Als Sanji den Kopf schüttelte, sprang der Kerl und verkündete lauthals, dass es einen Neuling gäbe. Neugierige Blicke wandten sich zu ihnen um, doch die meisten reagierten nicht sonderlich darauf. Zwei Wärter kamen herüber, um den Typen wieder zurück auf seinen Platz zu stoßen und ihm zu sagen, dass er die Klappe halten sollte. Nach dem Abendessen mussten ein paar der Gefangenen abspülen. Sanji und Marimo durften direkt zurück in ihre Zimmer, wo sie von einem Wärter ihre Dienstpläne für den ersten Monat überreicht bekamen. Mit einem Nagel konnten sie sie an die Wand über ihre Betten pinnen. „Du darfst nicht denken, hier Freunde zu finden“, sagte Marimo, während Sanji seinen Plan durchlas. Montags Mittags und Mittwochs Abends, Samstags und Sonntags Morgens hatte er Spüldienst, jeden Dienstag, Donnerstag und Freitag musste in der Wäscherei helfen, jeden zweiten Tag durfte er nach dem Mittagessen nach draußen gehen, jeden Vormittag bis auf Samstag und Sonntag gab es eine Art Unterricht, zumindest stand in den Plänen das Wort 'Soziologie'. Wenigstens würde Sanji die nächsten fünf Monate etwas zu tun haben, er wollte nicht jeden Tag in dieser Zelle verbringen, die Decke anstarren und die Sekunden zählen, die verstrichen waren. „Hast du mich gehört?“ „Ich hab dich gehört, Marimo“, murmelte Sanji. „Ich denke auch nicht, hier Freunde finden zu können. Wie kommst du drauf?“ „Wie kommst du drauf mich Marimo zu nennen?“, fragte Marimo empört. „Du nennst mich Heulsuse und Goldlöckchen!“, entgegnete Sanji. „Das ist was anderes!“ „Was ist denn daran anders?!“ Zwischen den Beiden entbrannte eine Diskussion darüber, warum sie sich gegenseitig beleidigen durften oder nicht und sie hörten erst wieder damit auf, als Sanji fauchte: „Ich weiß halt nicht wie du heißt, dann denke ich mir einen Namen für dich aus und Marimo passt am Besten wegen deinen Haaren!“ „Dann frag doch einfach, wie ich heiße“, knurrte Marimo. „Wie denn?“ „Zoro und du?“ „Sanji.“ „Na bitte, dann brauchst du mich nicht mehr Marimo zu nennen, du Heulsuse.“ „Du machst es schon wieder!“ Diesmal endete die Diskussion erst als die Lichter plötzlich ausgingen. Das bedeutete Schlafenszeit. In der Zelle war es nun so dunkel, dass Sanji die Hand nicht mehr vor Augen sehen konnte. „Verdammt“, murmelte er. „Ich wollte dich noch fragen, was das mit den Einteilung auf sich hat.“ „A-Klasse sind Mörder, B-Klasse Dealer und Schläger, C-Klasse Diebe und die unterste Schublade sind Vergewaltiger. Die A-Klasse wird gefeiert, die B-Klasse kann es sich erkämpfen anerkannt zu werden, die C-Klasse wird nicht ernst genommen und die unterste Schublade wird wie der letzte Dreck behandelt“, erklärte Zoro schlecht gelaunt. In der Dunkelheit klang seine Stimme noch rauer und härter als ohnehin schon, doch seltsamerweise gefiel Sanji dies. „Du darfst vor denen nicht zu geben absolut keine Ahnung zu haben. Du siehst aus wie jemand, der in die C-Klasse gehört, jemand, den man nicht ernst nehmen kann.“ „Halt die Klappe, Marimo“, zischte Sanji. „Ich bin wohl in der B-Klasse.“ „Hätte ich nicht gedacht.“ „Verrätst du mir, wo du bist?“ „Sowie du. Und jetzt, lass mich schlafen.“ Kapitel 2: 141 Tage [2] Zoro ---------------------------- Gegen Ende der zweiten Woche seines Aufenthaltes, war Zoro so genervt vom Unterricht wie man nur sein konnte. Ihre Lehrerin hieß Tachigi und machte immer einen nervösen, unsicheren Eindruck. Die meisten Gefangenen nahmen sie nicht ernst, pfiffen, wenn sie herein kamen und gaben nur dumme Sprüche von sich. Im Gefängnis gab es nur Kerle als Gefangene und kaum Frauen im Personal und von dem wenigen weiblichen Personal war Tachigi wahrscheinlich die gutaussehendste. Zoro hätte es egal sein können, wie die anderen mit ihr umsprangen, hätte ihr Aussehen dem von Kuina nicht so sehr geglichen. Kuina war seine beste Freundin mit der er nun schon seit drei Jahren in einer Wohnung lebte. Tachigi hatte dieselben bläulichen Haaren, dieselben grauen Augen, sie waren sogar ungefähr gleich groß und ihre Gesichtszüge ähnelten sich extrem. Der einzige deutliche Unterschied lag darin, dass Tachigi eine Brille trug, während Kuina auch ohne perfekt sehen konnte. Zoro sehnte sich danach, dass die ersten zwei Monate schnell um gingen, damit Kuina ihn besuchen kommen konnte. Er machte sich Sorgen, dass ihr etwas zustoßen könnte. Soweit er wusste, war der Kerl, der Kuina vergewaltigen wollte, ebenfalls eingesperrt. Natürlich in ein anderes Gefängnis wie Zoro, sonst wäre das Ganze nicht gut gegangen. Vor Gericht hatte man behauptet, dass Zoro es nicht nötig gehabt hatte diesen Typen zusammen zu schlagen, aber die Leute vor Gericht hatten keine Ahnung. Die wussten nicht, was Kuina schon alles durchmachen musste, die wussten nicht um die Schuldgefühle, die Zoro mit sich trug, die wussten gar nichts. Aber Zoro und Kuina hatten einen Pakt, niemals mit jemand anderem über ihre Vergangenheit zu sprechen, deswegen behielt Zoro all seinen Zorn und die Worte für sich. Dann saß er eben die fünf Monate Haft ab, vielleicht würde ihm das sogar gut tun... im Bezug auf sein kleines Alkoholproblem. Bisher schlug er sich wacker, mal abgesehen von der Tatsache, dass er immer zu schlecht gelaunt war. Wahrscheinlich lag dies aber auch an seiner misslichen Situation. In seiner Kindheit und Jugend hatte er bereits in unterschiedlichen Anstalten eingesessen. Mal abgesehen von dem Waisenhaus in dem er mit Kuina aufgewachsen war und jeden Tag Schläge zu spüren bekommen hatte, war er zwei Jahre lang in einer Anstalt für schwererziehbare Kinder gewesen und in seiner frühen Jugend einige Monate im Jugendknast wegen schwerer Körperverletzung. Damals hatte er den Pfleger beinahe zu Tode geprügelt, der sich jahrelang an Kuina vergriffen hatte. Zoro bereute es dies nicht schon früher getan zu haben, danach ließ er sie in Ruhe und sie wurde nie mehr vergewaltigt. Er hatte Schuldgefühle, dass sie dies erleben musste und er anfangs nichts dagegen unternommen hatte. Als sie dann wieder fast vergewaltigt wurden war und vollkommen aufgelöst nach Hause kam, war bei ihm eine Sicherung durchgebrannt. Dass er dazu noch angetrunken gewesen war, machte die Sache nicht besser. Er ließ all die angestaute Wut aus sich heraus. Seit seiner Kindheit spürte er diese Wut, die er mit jedem Schlag in sich eingeprügelt bekommen hatte. Diese Wut auf alles und jeden, an manchen Tagen war es unerträglich. Wenn er nun zuhörte wie diese Gefangenen nach Tachigi pfiffen, wurde er zunehmend wütender. Darum freute es ihn auch insgeheim als sie einen neuen Lehrer bekamen. Wie sich herausstellte, war Tachigi nur eine Art Notlösung gewesen, weil der eigentliche Lehrer für einige Wochen krank geschrieben war. Dabei handelte es sich um einen Mann mit weißen Haaren und strengen Gesichtszügen, den ständig ein Geruch von Zigarren umgab. Von allen wurden er Smoker genannt. Bereits in der ersten Stunde mit ihm, wurde Zoro klar, dass es sich bei ihm um ein ganz anderes Kaliber handelte. Er war ein harter Mann mit einer rauen, männlichen Stimme, doch schienen ihn alle Gefangenen zu respektieren. „Ich weiß, dass keiner von euch Bock auf diesen Unterricht hat“, eröffnete er seine erste Stunde mit ihnen, zog dabei eine Zigarre aus der Innentasche seiner weißen Lederjacke und steckte sich diese in den Mund. Etwas verwundert schaute die Klasse, aus zwanzig Mann bestehend, zu, wie er die Zigarre anzündete und zu paffen begann. „Aber ihr könnt mir glauben, dass ihr es mit Tachigi und mir noch am Besten getroffen habt. Alle anderen Lehrer, die hier unterrichten, kann man in die Tonne klopfen. Wie dem auch sei... heute steht auf dem Unterrichtsplan herauszufinden, was ihr alle gemeinsam habt. Ich soll versuchen aus euch Ratten eine Gemeinschaft zu machen. Das hat bisher noch nie geklappt und es wird auch nicht klappen, aber das sieht der gute Direktor nicht ein, deswegen bleibt uns nichts anderes übrig, als so zu tun, als würden wir es versuchen. Also... was habt ihr alle gemeinsam, abgesehen davon, dass ihr zum Stockwerk von diesem aufgeblasenen Idioten Spandam gehört?“ Allgemeine Stille folgte, dann ertönte aus der hintersten Reihe ein unsicheres: „Wir sind alle Verbrecher?“ Smoker packte das Stück Kreide, das neben ihm auf dem Tisch lag und pfefferte es quer durch den Raum zu dem Gefangenen, der diese Antwort gegeben hatte. „Ich will keine Klugscheißer in meiner Klasse. Du.“ Er deutete auf Sanji, der auf dem Platz direkt neben Zoro saß. Da sie die Neuen waren, mussten sie ganz vorne in der ersten Reihe sitzen, was Zoro noch am meisten nervte. „Was machst du gerne?“ Sanji klappte den Mund auf und wieder zu und sah ein wenig aus wie ein Fisch, der versuchte zu atmen. Eigentlich fand Zoro es niedlich, wenn Sanji nicht weiter wusste und nervös wurde. Sonst tat er immer auf cool und hatte auch stets einen Spruch auf den Lippen, doch dann und wann warf ihn jemand aus der Bahn und er wusste nicht mehr weiter. Warum Sanji Smoker jetzt nicht direkt antwortete, war Zoro schleierhaft, doch es amüsierte ihn zuzuschauen, wie Sanji stotternd nach einer Antwort suchte. „Ist das so schwer zu beantworten?“, fragte Smoker und ein paar andere aus der Klasse begannen zu lachen. Ein Hauch von Rosa legte sich auf Sanjis Wangen, was ihn für Zoro nur noch niedlicher machte. Über den komischen Haarschnitt konnte man sich streiten und seine Augenbrauen hatten eine ziemlich seltsame Form, doch das Gesicht war spitz und hübsch anzusehen, der Körper schlank, nicht zu dünn und nicht zu muskulös. Damit fiel er genau in Zoros Beuteschema. Schon seit Jahren war sich Zoro darüber bewusst bisexuell zu sein, wobei er den Sex mit einem Mann bevorzugte, aber nur, wenn Zoro sich in der aktiven Position befand, in der des Seme. Er ließ niemanden an seinen Hintern ran. „Ich... ehm... ich bin immer gerne...“ „Was ist dein Hobby?“, bohrte Smoker genervt nach. „Kochen“, ging es Sanji über die Lippen und schon wusste Zoro, warum er erst nichts sagen wollte. „Idiot“, zischte Zoro, sodass nur Sanji es hören konnte, während sich allgemeines Gelächter in der Klasse breit machte. „Du kochst wirklich gerne?“, fragte Smoker überrascht. „Ja, ich habe im Baratie gearbeitet“, antwortete Sanji und versuchte sich nichts anmerken zu lassen, doch sein Hals war knallrot angelaufen und Zoro konnte erkennen, wie der Blonde wütend wurde. Er knirschte mit den Zähnen. „Im Baratie? KÖNNT IHR MAL DIE KLAPPE HALTEN!“ Augenblicklich kehrte Stille ein und Smoker wandte sich wieder Sanji zu. „Du hast im Baratie gearbeitet? Das ist doch dieses Nobel Restaurant im östlichen Teil der Stadt. Dort war ich einmal essen, es ist hervorragend. Ich würde dort ständig hingehen, wenn ich es mir leisten könnte. Wie kommt ein Kerl wie du dort hin?“ „Es gab so eine Messe“, begann Sanji zu erklären und man merkte ihm deutlich an, dass er sich unsicher war, ob er dies in der Klasse erzählen sollte. Dafür würde er in der nächsten Zeit von allen gemobbt werden, das wusste Zoro jetzt schon. Wieso hatte dieser Idiot sich nicht einfach etwas ausgedacht? Wie zum Beispiel Fußball? „Bei der Messe konnte man einen Kochwettbewerb machen und dabei hat mich der Chef vom Baratie entdeckt und naja er hat mir eine Stelle angeboten, weil ihm mein Essen gefallen hat.“ „Dem Chef des Baratie hat dein Essen gefallen?“, fragte Smoker ungläubig. „Ich dachte immer man bräuchte sonst was für eine Ausbildung und Erfahrung, um dort anzufangen.“ „Dort mache ich auch noch nicht sehr viel“, gestand Sanji. „Aber der Chef meinte eines Tages könnte ich ein vollwertiger Koch werden, wenn ich mich nur richtig reinhänge. Er hat mir die Chance gegeben aus dem Ghetto zu kommen und jetzt...“ „Jetzt kannst du dir das abschminken“, stellte Smoker ungehalten fest. „Aber weißt du was? Wenn du im Baratie gearbeitet hast, kochst du besser als all unsere Kantinenköche zusammen. Ich rede mit dem Direktor und sorge dafür, dass du ab sofort in der Küche arbeitest. Vielleicht bekommen die Gefangenen dann mal was Ordentliches zwischen die Zähne...“ Er schaute in die Runde und fuhr fort: „Von euch Hirnlosen wird wohl keiner gerne kochen oder haben wir sonst noch versteckte Talente, die wir irgendwo nutzen könnten? Wahrscheinlich nicht. Seit Jahren bekomme ich bei dieser Frage dieselben Antworten. Alle kiffen, saufen und ficken gerne. Das ist alles, was ihr könnt. Oder liege ich da falsch?“ „Ich zeichne gerne“, gestand jemand aus der zweiten Reihe. „Ich habe eigene Spiele programmiert“, kam es von weiter hinten. „Ich schreibe gerne Geschichten und lesen tu ich sie auch gerne“, sagte jemand, der ebenfalls in der ersten Reihe saß. Von überall kamen die versteckten Hobbys, einige Schüler – sowie Zoro – sagten auch einfach gar nichts. Stattdessen schenkte er Sanji ein schiefes Grinsen. „Hör auf so zu schauen, Marimo“, murmelte der Koch. „Bin mal gespannt wie dein Essen schmeckt.“ Am Mittag mussten sie sich noch das ekelhafte Essen der Kantinenköche antun. Ein paar der Klassenkameraden setzten sich zu Zoro und Sanji an einen Tisch und begannen bei ihm scherzhafterweise Bestellungen aufzunehmen. Irgendwann brachte Sanji dies sogar zum Lachen und Zoro musste feststellen, dass er ein schönes Lachen hatte. Wenn auch nur die geringste Möglichkeit bestand, dass Sanji bisexuell oder sogar schwul war, würde er ihn flach legen. Das nahm sich Zoro in diesem Moment vor, da Sanji ihn verlegen angrinste. „Hast du auch einen Wunsch, Marimo? Ich kann dir ein paar Moosbällchen servieren.“ Das brachte die anderen am Tisch zum Lachen. Zoros Blick verdüsterte sich. „Sehr witzig“, murrte er nur. „Ach, du verstehst einfach keinen Spaß.“ „Oh Gott, nicht der“, stöhnte jemand am Tisch und im nächsten Moment saß dieser komische Typ wieder neben Sanji, der sie schon an ihrem ersten Tag genervt hatte. Mittlerweile wusste Zoro, dass der Kerl Gavin hieß und bereits seit fünf Jahren einsaß und noch weitere fünf Jahre hier bleiben müsste: Er hatte den neuen Freund seiner Exfreundin umgebracht. Deswegen fühlte er sich wie der König des Gefängnisses und war der Meinung mit jedem umspringen zu können wie er wollte. „Ich hab gehört unser Blondie kocht ab sofort“, grinste er und wuschelte dabei Sanji durch die Haare. Man konnte deutlich erkennen wie sich Sanji lud. Beinahe wie eine Bombe, die jederzeit explodieren könnte. Doch er presste nur die Lippen fest aufeinander und umklammerte das Besteck, als wollte er es zerbrechen. „Machst du uns Pizza? Hier gibt es nie Pizza, ich habe seit fünf Jahren keine Pizza mehr gegessen, kannst du dir das vorstellen?“ „Mein Mitleid hält sich in Grenzen“, presste Sanji wütend hervor. „Du bist echt gemein“, lachte Gavin sein falsches Lachen. „Wenn das Essen nicht schmeckt, das du machst, bekommst du Ärger, Neuling. Ist schon peinlich genug, dass du überhaupt kochst. Du bist doch keine Pussy, oder? Frauen gehören in die Küche, nicht Männer.“ „Halt die Fresse, du sexistisches Arschloch“, knurrte Sanji und der Gesichtsausdruck von Gavin änderte sich. Er ging sehr nahe an Sanji heran und hauchte bedrohlich: „Was hast du gerade gesagt?“ „Lass ihn in Ruhe“, schaltete sich nun Zoro dazwischen, der gegenüber von den Beiden saß. Gavin wandte sich ihm zu und Sanji nörgelte: „Ich brauche deine Hilfe nicht.“ „Wer von euch Beiden ist eigentlich die Hure?“, erkundigte sich Gavin und ließ Sanji endlich los. „Das würde mich mal interessieren. Also bei mir im Zimmer, bin natürlich nicht ich die Hure. Seit ich hier bin, hatte ich zwei unterschiedliche. Die Zweite, die ich momentan habe, gefällt mir besser als die Erste. Die hat sich noch gewehrt, meine Neue lässt einfach über sich ergehen, das ist perfekt. Ich denke mal, unsere Pussy hier ist bei euch die Hure.“ Er klopfte Sanji auf die Schulter. „Wovon redest du überhaupt?“ Zoro hätte Sanji für diese Frage gerne eine geklatscht. Hatte er ihm nicht ausdrücklich gesagt nicht zuzugeben keine Ahnung zu haben? Wer nicht wusste, wie es im Gefängnis läuft, konnte gleich einpacken. Aber dieser Trottel gab immer wieder zu von nichts eine Ahnung zu haben. Abgesehen davon, war doch ersichtlich, was Gavin wollte. Er begann zu lachen und meinte zu Zoro gewandt: „An deiner Stelle würde ich ihm mal erklären, was ich damit meine. Aber nicht mit Worten, wenn du verstehst, was ich meine.“ Gerade als er aufstand, ertönte die Klingel und wir mussten zurück in unsere Zellen. Zumindest musste die Hälfte der Gefangenen zurück, die andere Hälfte – zu der auch Sanji und Zoro gehörten – hatte erst einmal Freigang, bevor ein Teil von ihnen runter in die Wäscherei musste. Zu diesem Teil gehörte Zoro leider auch. Doch zuerst durfte er nach draußen in den Innenhof und sich dort auf eine Bank pflanzen. Wenn er den Kopf in den Nacken legte und lange genug in den blauen, wolkenlosen Himmel starrte, konnte er für ein paar Minuten vergessen, wo er war und so tun, als wäre er immer noch frei. Dann schloss er die Augen und stellte sich vor, dass er im Park wäre, wo er so häufig mit Kuina hinging und er hörte ihre Stimme in seinem Kopf, die mit ihm über irgendetwas belangloses sprach, was ihn gar nicht weiter interessierte, aber er hörte trotzdem gerne zu. Als er schon mitten in dieser Vorstellung war, wurde er von einer Stimme in die Realität zurück gerissen. Schlecht gelaunt öffnete er die Augen und sah Sanji neben sich sitzen. „Was hast du gesagt?“, fragte Zoro grummelnd. „Ich habe gefragt, ob du mir erklären magst, was das mit der Hure auf sich hat“, antwortete Sanji nicht minder mies gelaunt. „Ist das nicht offensichtlich? Hier gibt es keine Frauen und fast jeder Kerl muss irgendwann mal abladen. In vielen Zellen ist das Vögeln wie eine Art Freundschaftsdienst und jeder darf mal beim anderen. Bei anderen, wie bei Gavin, gibt es klar verteilte Rollen. Wobei bei diesen meistens einer den anderen vergewaltigt. Gavin vergewaltigt seinen Mitbewohner und das ist allen Wärtern scheiß egal, weil eine Vergewaltigung unter zwei Männern in der Regel nicht wirklich ernst genommen wird.“ „Oh“, machte Sanji nur. Er wurde wieder ein wenig rosa auf den Wangen. „Du bist so unschuldig“, stellte Zoro fest. „Bist du noch Jungfrau?“ „Nein. Ich habe eine Freundin.“ „Also nichts mit Kerlen?“, fragte Zoro in der Hoffnung so beiläufig wie möglich zu klingen. Scheinbar war ihm das nicht gut gelungen. „Wieso fragst du das, Marimo? Ich lass dich bestimmt nicht ran!“ „Ich will auch nicht ran!“, behauptete Zoro prompt und gereizt. „Und hör auf mich Marimo zu nennen!“ „Erst, wenn du aufhörst auszusehen wie ein Moosbällchen!“ Und damit sprang Sanji auf und ließ Zoro alleine auf der Bank zurück. „Wenn dieser Idiot wenigstens hässlich wäre“, grummelte Zoro und schloss wieder die Augen. Kapitel 3: 130 Tage [3] Sanji ----------------------------- Genervt nahm Sanji der Köchin das Messer aus den Händen, wirbelte es einmal und zeigte ihr erneut wie sie die Kartoffeln schälen und schneiden sollte. Dann ging er zurück zu dem fetten Koch, der am Herd stand und auf dessen Stirn Schweißperlen standen, obwohl er nichts machte außer zu grunzen und dumm rum zu stehen. „Du sollst die Kartoffelstücke wirbeln“, stöhnte Sanji genervt und schob ihn zur Seite. „Lass mich machen.“ Für einige Minuten übernahm er die Arbeit am mittleren Herd, dann sah er, wie die Köchin, die für die Suppe zuständig war, den Topf herunter holen wollte. Somit übergab er die Arbeit wieder dem fetten Koch und eilte zur Suppenköchin herüber. „Warte, ich will erst probieren.“ Sanji schmeckte mit einem Löffel die Suppe ab. „Die schmeckt nach gar nichts. Wo sind eure Gewürze?“ „Wir haben immer noch keine Gewürze“, sagte die Köchin genervt. „Wir kochen für einen Haufen Gefangene und nicht für ein richtiges Restaurant.“ „Na und? Die haben trotzdem ein Recht darauf was Ordentliches zu essen“, entgegnete Sanji. Er ging zur Arbeitsfläche und nahm sich ein paar Zwiebeln. „Hier, schneide die hier. Mach den Herd unter der Suppe erst mal aus, wirf die Zwiebeln rein und lass die Suppe dann noch mal kochen. Aber nicht zu heiß werden lassen.“ Für einen Moment sah die Köchin aus als würde sie Sanji gerne eine Ohrfeige verpassen, dann schnappte sie sich ein Messer und begann die Zwiebeln zu schneiden. Nach einer Stunde harter Arbeit war das Essen endlich fertig und konnte an der Theke verteilt werden. Sanji empfand es als extrem anstrengend hier in der Küche zu stehen, denn die Köche waren alle unmotiviert und ließen sich nur ungern etwas von ihm sagen. Er musste immer an mehreren Stellen gleichzeitig sein und hatte nicht annähernd dieselben Möglichkeiten wie im Baratie. Doch trotzdem war sein Essen besser als das der Köche vorher und das dankten ihm die anderen Gefangenen. Sogar Zoro ließ ein Kompliment hören als Sanji sich mit einem Tablett zu ihm an den Tisch setzte. „Du kochst gar nicht übel, Goldlöckchen.“ „Freundlicher könntest du es nicht ausdrücken, oder?“, grummelte Sanji. „Freundlicher kannst du es nicht von mir erwarten“, stimmte Zoro zu und aß ein paar der gebratenen Kartoffelstücke. „Das ist alle mal besser als dieser komische Kartoffelbrei.“ „Und anstrengender zu machen, vor allem mit diesem Haufen unmotivierter, untalentierter Schwachköpfe.“ Sanji ließ sich über die Köche in der Kantine aus und Zoro hörte mit einem halben Ohr zu. Danach mussten die Beiden zum Spülen bevor sie nach draußen in den Park gehen durften. Überrascht blieben sie stehen als sie sahen, dass sich draußen eine Gruppe Jungen gesammelt hatten. Zuerst glaubte Sanji, dass sich mal wieder jemand prügelte, dann erkannte er, dass sie alle etwas in der Ferne beobachteten. Langsam schlenderten Zoro und Sanji zu ihnen. „Was ist da los?“, fragte Sanji. „Spandam ist wieder da“, antwortete einer von ihnen und deutete zum Eingang des Gefängnisses, welchen man durch mehrere Zäune nur spärlich erkennen konnte. Wenn man genau hinschaute, sah man dort, wie ein Mann mit hellen Locken und äußerst unansehnlichem Gesicht einen Wärter zusammen stauchte. „Ist das nicht der Leiter von unserem Stockwerk?“, fragte Zoro. „Von Stockwerk C, ja“, nickte der Gefangene. „Der Kerl war wohl ein paar Wochen im Urlaub oder so was, keine Ahnung. Jetzt ist er jedenfalls wieder da. Ich bin echt froh nicht in Stock C zu sein.“ „Warum?“, fragten Zoro und Sanji wie aus einem Mund. „Weil er ein Arsch ist und seine Machtposition gnadenlos ausspielt.“ Leider behielt er damit mehr Recht als allen Gefangenen lieb war. An diesem Abend, bevor sie zum Essen gingen, musste Sanji zusammen mit einem anderen Gefangenen die Flure vor den Duschen wischen. Dabei handelte es sich um Gemeinschaftsduschen und es gab für jeden Gefangenen fest vorgeschriebene Zeiten an denen er duschen sollte. Schlecht gelaunt tauchte Sanji den Wischmop ins bereits schmutzige Wasser, klatschte ihn dann wieder auf den Boden und begann zu wischen. Wenige Meter entfernt, tat der andere Gefangene dasselbe. Bisher hatte Sanji noch kein Wort mit ihm gewechselt und ihn auch noch nicht bewusst im Knast gesehen. Er war ein schlaksiger Junge mit Pickeln im Gesicht und kurzen, schwarzen Haaren. Er sah nicht aus wie jemand, der etwas verbrochen hatte und hier zurecht einsaß. Die Beiden wurden von einem Wärter bewacht, der mit geradem Rücken am Ende des Ganges stand und darauf wartete, dass sie fertig wurden. Als sich ihre Arbeit dem Ende zuneigte, ertönten Schritte, die die Treppe hochkamen. Die Tür zum Treppenhaus wurde geöffnet und man hörte Spandams nervende Stimme bevor er im Gang auftauchte. „- kann doch nicht wahr sein, ich kann euch keine paar Tage alleine lassen. UAH!“ Spandam rutschte auf dem nassen Flur aus und riss den Wärter mit sich auf den Boden, der mit ihm die Treppe hoch gekommen war. Donnernd landeten sie nicht unweit von dem Jungen mit den Pickeln entfernt, der erschrocken zusammen zuckte. „Was zur Hölle war das denn?!“ Spandam rappelte sich wieder auf die Beine, seine Hosen waren durchnässt und auf seinem breiten Gesicht zeigte sich Wut, die er gegen den Jungen richtete. „Hast du sie nicht mehr alle, hier so nass zu wischen?!“ „Tut mir Leid“, stotterte der Junge. „Tut dir Leid?!“, fauchte Spandam und seine Hand zuckte als wollte er ihm eine runter hauen. „Hier ist alles außer Kontrolle! Angeblich soll auch noch irgendein Gefangener in der Küche arbeiten und dort das Kommando geben. Wo sind wir denn hier bitte schön gelandet?! Ich werde in den nächsten Tagen alles wieder in Ordnung bringen, das könnt ihr mir glauben.“ Damit rauschte Spandam mit dem Wärter davon und ließ den Jungen ängstlich zurück. Sanji verkniff es sich etwas zu sagen, sondern presste fest die Lippen aufeinander. „Na kommt, Jungs“, sagte der Wärter, der sie bewacht hatte. „Abendessen ist gleich und ihr müsst die Sachen noch wegräumen.“ Sie taten, was er ihnen sagte und waren keine paar Minuten später in der Kantine. Da es beim Abendessen immer nur Brot und etwas zum Belegen gab, musste Sanji nicht in der Küche stehen. Er war immer nur für das Mittagessen eingeteilt. Obwohl er sich fragte, ob er dies noch länger machen würde, wenn Spandam da allem Anschein nach so gegen war. Das könnte eine hitzige Diskussion zwischen ihm und Smoker geben. Sanji nahm sich etwas zum Essen an der Theke, suchte dann in der Kantine nach Zoro, bis er den Grünschopf in der hintersten Ecke fand. Ein paar Jungen aus ihrer Klasse saßen ebenfalls dort. Sanji setzte sich direkt neben Marimo und begann zu Essen. Zuerst saßen sie dort nur schweigend. Als Sanji den letzten Bissen harten Brotes herunter geschluckt hatte, sagte er: „Ich habe Spandam kennen gelernt.“ „Inwiefern?“, fragte Zoro. „Er hat den Typen zusammen gestaucht mit dem ich geputzt habe.“ „Warum das denn?“ „Weil Spandam ausgerutscht ist. Und dann meinte er noch er würde es nicht zulassen, dass ein Gefangener in der Küche arbeitet. Ich glaube ich bekomme noch Ärger mit dem.“ „Das könnte dir ziemlich gefährden“, stellte Zoro stirnrunzelnd fest. „Machst du dir etwa Sorge um mich, Marimo?“, fragte Sanji mit einem neckischen Grinsen. „Ganz bestimmt nicht!“, fauchte Zoro sogleich. „Das war nur eine Feststellung. Was mit dir passiert, ist mir doch egal!“ „Na klar“, nickte Sanji mit einem Hauch Sarkasmus und brachte Zoro damit nur noch mehr auf die Palme. Irgendwie mochte Sanji seinen Mitbewohner, auch wenn sie kaum etwas voneinander wussten und sich ständig stritten, auf irgendeine Weise war ihm Zoro aber trotzdem sympathisch. Er hatte eine harte Schale und tat immer auf cool, ihn konnte nichts aus der Ruhe bringen und Sanji wüsste gerne, ob dies immer der Fall war oder, ob mehr in Zoro steckte. Doch am meisten interessierte er sich für die Umstände unter denen Zoro eingesperrt wurden war. Er wusste nur, dass Zoro zur Klasse B gehörte, mehr aber auch nicht. Als sich das Abendessen dem Ende zuneigte und schon die Ersten aufstanden und ihre Tabletts weg räumten, gingen die Türen zur Kantine mit einem Krachen auf und Spandam persönlich kam herein gestapft. Er hatte sich umgezogen und sein Blick suchte die Reihen der Gefangenen ab. „WER VON EUCH RATTEN IST SANJI?!“, brüllte er, sodass seine Stimme in jeder Ecke der Kantine zu hören war. In der Stille suchten die Gefangenen stumm nach Sanji und schließlich landeten alle Blicke auf ihm. Für einige Momente überlegte sich Sanji, was er tun sollte, dann entschied er sich jedoch dafür Spandam die Stirn zu bieten. Selbstsicher stand er auf, ging zwischen den Reihen entlang und dann auf Spandam zu, der mit einem Fuß auf den Boden tippte und die Arme vor der Brust verschränkt hatte. „Du bist also Sanji?“, fragte er mit zu Schlitzen verengten Augen. „Ja.“ „Du hast die Frechheit in der Küche zu arbeiten? Weißt du nicht, dass Ratten in der Küche nicht erlaubt sind?“ „Und, wenn die Ratten besser kochen können als die Köche?“, entgegnete Sanji und er hörte, wie dies ein paar der anderen Gefangenen zum Lachen brachte. Spandams Gesicht verzog sich vor Wut und seine Stimme bebte als er fragte: „Was hast du gerade gesagt?“ „Und, wenn die Ratten besser kochen können als die Köche!“, sagte Sanji nun lauter. „Was fällt dir ein hier so freche Sprüche zu klopfen!“, entfuhr es Spandam wütend. „Ich glaube, ich muss dir erst mal Manieren bei bringen. Du wirst ab sofort nicht mehr in der Küche arbeiten, verstanden?“ „Aber sein Essen schmeckt“, ertönte es aus einer Ecke. „Ja genau!“, stimmte jemand anderes zu. „Das normale Kantinenessen schmeckt scheiße, nur das von Sanji ist lecker!“ „Haltet die Klappe!“, brüllte Spandam, doch die Anderen hörten nicht auf zu protestieren. Sanji blickte den Leiter des Stockwerks C nur mit einem schiefen Lächeln an und zuckte mit den Schultern. Spandam kochte vor Wut, doch statt vollkommen auszurasten, drehte er sich auf dem Absatz um und verließ die Kantine. Dafür erntete er von den Gefangenen wilden Applaus. Nach dem Abendessen, als sie wieder in ihren Zellen waren, konnte Sanji sich ein breites Grinsen nicht verkneifen. Er warf sich auf das steinharte Bett und blickte an die helle Decke, an der die nackte Lampe baumelte und ihr unangenehmes Licht ausstrahlte. „Es hat gut getan ihn so auflaufen zu lassen“, sagte Sanji schließlich. „Ich habe mich endlich mal nicht wie der letzte Dreck gefühlt.“ „Du hättest jemand anderen auflaufen lassen sollen“, murrte Zoro. „Jemanden, der nicht so ne hohe Stellung hat. Am besten einen anderen Gefangenen wie zum Beispiel diesen bescheuerten Gavin. Den hättest du ruhig mal zusammen stauchen können.“ „Dieser Spandam geht mir aber mehr auf den Sack“, meinte Sanji. „Gavin labert einfach nur, aber Spandam nutzt seine Position aus. Ich habe die Möglichkeit hier zu kochen, auch wenn das Essen nicht gut ist und die anderen Köche anstrengend, macht es mir trotzdem irgendwie Spaß und das will er mir wegnehmen. Direkt am ersten Tag an dem er wieder hier ist!“ „Das nervt mich auch“, gab Zoro zu. „Aber er ist trotzdem der Leiter unseres Stocks.“ „Was soll er denn schon großartig machen?“, fragte Sanji Schulterzuckend. „Vor allem, da die anderen Gefangenen mich in der Küche behalten wollen.“ Schweigend setzte sich Zoro auf sein Bett, blickte Sanji für eine Weile an, bis es dem Koch eine Gänsehaut bereitete. „Was schaust du so, Marimo?“ Sanji erwiderte den Blick und erkannte, dass Zoro nachdenklich und auch irgendwie besorgt geworden war. „Ich kann nur für dich hoffen, dass das hier nicht so ist, wie im Jugendknast, im Waisenhaus oder in der Anstalt für schwererziehbare Kinder.“ Nach diesen Worten ging das Licht aus und hüllte sie in totale Schwärze. „Wie meinst du das?“, fragte Sanji. „Nicht weiter wichtig“, murrte Zoro. „Das Licht ist aus, lass mich schlafen.“ Seine Worte ließen Sanji jedoch nicht mehr los und er konnte nur schwer einschlafen. Hier im Gefängnis schlief er im Allgemeinen nicht besonders gut, woran vor allem die Härte des Bettes Schuld war, die ihm Rückenschmerzen bereitete. Als er endlich langsam in den Schlaf sank, wurde er durch ein lautes Quietschen wieder geweckt. Plötzlich packten ihn ein Paar Hände und rissen ihn aus seinem Bett heraus. Sofort begann Sanji sich zu wehren und brüllte, dass sie ihn los lassen sollten. Jemand hielt ihm von hinten den Mund zu und zog ihn aus dem Zimmer heraus. „Was ist los?“, hörte er Zoro lauthals fragen. „Du bleibst hier“, sagte eine raue Stimme. „Was habt ihr mit ihm vor? Lasst ihn los!“ Doch der Wärter stieß Zoro zurück in den Raum und schloss die Tür. Sanji wehrte sich mit allen Mitteln und sie mussten ihn zu Zweit festhalten und tragen, damit sie ihn überhaupt von der Stelle bekamen. Sie trugen ihn quer durch den Gang und öffneten an dessen Ende eine Tür, durch die Sanji noch nie gegangen war. Dort schaffte er es einen Fuß zu befreien und dem Wärter, der seine Beine festhielt einen kräftigen Tritt gegen den Kopf zu verpassen. Fluchend hielt er sich die Stelle, ließ Sanjis anderes Bein nun auch los, sodass seine Füße auf den Boden fielen. Kräftig trat er dem zweiten Wärter, der ihm den Mund zuhielt und seinen Oberkörper umklammerte, auf den Fuß. „Verdammt noch mal!“, rief er wütend aus, ließ ihn jedoch nicht los. Mühselig zerrte er ihn in den Raum hinein und warf ihn dort auf den Boden. Sanji hörte wie die Tür verschlossen wurde. Blitzschnell war er wieder auf den Beinen, dazu bereit sich gegen wen auch immer zu verteidigen. Die Wärter hatten ihn in ein Büro gebracht, eher gesagt in das Büro von Spandam, welcher hinter seinem Schreibtisch saß und die Hände vor seinem Mund gefaltet hatte. Anhand dem Blick in seinen Augen, konnte Sanji erkennen, dass ein fieses Grinsen seine Lippen zierte. „Du glaubst also mich vor allen Gefangenen bloß zu stellen?“, zischte Spandam. „Du kleine Ratte? Ich werde dir zeigen, was mit Ratten passiert, wenn sie sich gegen ihren Besitzer wehren.“ „Gegen ihren Besitzer?“, wiederholte Sanji säuerlich. „Was glaubst du eigentlich, wer du bist?“ Spandam stand von seinem Platz auf und ging mit langen Schritten um den Bürotisch herum, das Lächeln wich nicht mehr von seinen Lippen, wurde nur noch breiter, als er aus der Innentasche seiner Jacke einen schwarzen Lederhandschuh hervor nahm. Dieser hatte keine Finger, dafür aber Nieten auf dem Bereich der Knöcheln genäht. Langsam zog Spandam ihn an. „Ich kann dir zeigen, wer ich bin und ich kann dir auch zeigen, wer du bist und, dass du dich besser nicht mit mir anlegst.“ Spandams Faust schoss nach vorne, doch Sanji wich gekonnt nach hinten aus. Mit einer Hand ergriff er den Arm des Leiters, riss diesen nach unten, sodass sein Gesicht ungeschützt war und Sanji ihm mit der linken Faust eine verpassen konnte. Zumindest hätte er dies tun können, wären die beiden Wärter nicht dazwischen gegangen. Gerade noch rechtzeitig hielten sie Sanji fest. Mühselig hielten die Beiden jeweils einen Arm fest und zogen diese nach hinten, sodass Sanji sie unmöglich befreien konnte. Auf Spandams Gesicht zeigte sich noch für einen Moment ängstliche Überraschung, dann verzerrte sich sein Ausdruck wütend und er ließ die Knöcheln knacken. „Na warte, du -“ Er holte aus, doch diesmal hing sich Sanji in seine Arme rein, sodass er mit den Beinen austreten konnte. Heftig traf er Spandam am Brustkorb, der Mann taumelte zurück und stürzte rücklings auf seinen Schreibtisch. „HÖR GEFÄLLIGST AUF DICH ZU WEHREN!“, plärrte er los. „VERGISS ES!“, entgegnete Sanji nicht weniger leise. Einer der Wärter trat ihm kräftig in die Kniekehlen, sodass er einknickte und auf die Knie sackte. Sie fixierten seine Beine mit ihren Füßen, hielten seine Arme fest umklammert und Sanji konnte nichts mehr machen. Egal wie sehr er zerrte, die Griffe waren zu fest und auf die Beine kam er ebenfalls nicht mehr. Sein kompletter Oberkörper und sein Gesicht präsentierten sich Spandam völlig ungeschützt. „So, jetzt aber...“ Er ballte die behandschuhte Hand zu einer festen Faust und die Nieten blitzten im grellen Licht der Lampen. „Diesmal entkommst du meinem Schlag nicht.“ Und Sanji sah nur noch die Faust auf sich zu schnellen. Kapitel 4: 129 Tage [4] Zoro ---------------------------- Zoro konnte nicht mehr schlafen. Nervös ging er im Zimmer auf und ab, seine Augen hatten sich ein wenig an die Dunkelheit gewöhnt und nahmen die Betten und die Toilette als verschwommene Silhouette wahr. Wie hatte er auch nur für einen Moment glauben können, dass es hier anders ablief als im Jugendknast oder in der Anstalt oder im Waisenhaus? Er war schon zu oft in solchen Einrichtungen gewesen, um zu glauben, dass es dort nicht wenigstens eine Person gab, die ihre Machtposition gnadenlos ausnutzte. Zoro wusste nicht, wie lange er in der Zelle umher streifte wie ein gefangener Tiger. Dem Gefühl nach waren es Stunden gewesen, bis er sich auf seinem Bett nieder ließ und unruhig mit dem Fuß auf dem Boden tippte. Er spürte wie die Wut in ihm hoch kroch und seinen Hals zum Schwellen brachte. Aber warum machte es ihn so wütend? Eigentlich konnte ihm Sanji doch egal sein. Er hatte ihn gewarnt sich nicht mit Spandam anzulegen und er hatte es trotzdem getan. Natürlich war es nicht richtig, dass Spandam ihm die Küche verbieten wollte und ihn jetzt für etwas bestrafte, für das Sanji kaum etwas konnte, schließlich waren es die anderen Gefangenen gewesen, die Spandam zum Rückzug getrieben hatten. Trotzdem ging es Zoro nichts an. Ihm konnte Sanji egal. Er sollte ihm egal sein. Das versuchte er sich eine Weile lang einzureden, doch es funktionierte nicht. Er konnte es nicht bestreiten: Ihm war Sanji alles andere als egal. Am liebsten wäre er aus seiner Zelle ausgebrochen und hätte ihm geholfen. Egal, was Spandam gerade mit ihm anstellte, es konnte nichts Gutes sein. Irgendwann saß Zoro in die Ecke seines Bettes gedrängt, lehnte an der weißen Wand und hatte das Gesicht in den Händen vergraben. Seine Augen schmerzten vor Müdigkeit, doch er könnte keine Minuten Schlaf bekommen, wenn er sich jetzt hinlegen würde. Dessen war er sich bewusst. Gerade fühlte er sich an die Zeit im Waisenhaus erinnert, als er in seinem Bett gekauert hatte, mit dem Wissen darüber, dass in eben jenem Moment Kuina in einem anderen Zimmer vergewaltigt wurde. Dort hatte er sich ebenso hilflos gefühlt, aber nicht wütend, sondern mehr ängstlich. Damals hätte Zoro etwas unternehmen können, wäre er nur aufgestanden und in das Zimmer gelaufen, doch er hatte zu viel Angst vor dem Pfleger. Er hatte zu viel Angst vor allen Pflegern. Doch je älter wurde, desto weniger wurde die Angst und irgendwann war er dann auf diesen Pfleger los gegangen und hatte ihn ins Koma geprügelt. Dafür musste er dann einsitzen. Jetzt saß er wieder im Gefängnis, nur, weil er Kuina beschützt hatte. Als seine Gedanken vollkommen zu seiner besten Freundin abschweiften, wurde plötzlich die Tür zur Zelle geöffnet, gerade als das Licht anging. Sofort blickte Zoro auf und sah, wie die beiden Wärter Sanji hinein warfen. Der Junge fiel auf den Boden und blieb dort reglos liegen. „In zwei Stunden ist Frühstück“, sagte einer der Wärter, dann schlossen sie die Tür wieder ab. Einige Augenblicke lang blieb Zoro auf seinem Bett sitzen und starrte mit angehaltenem Atem auf Sanji, der bäuchlings auf dem Boden lag, die Arme von sich ausgestreckt, als würde er nicht mehr leben. Nur ganz leicht konnte Zoro erkennen, dass er atmete. Vorsichtig schob sich der Grünschopf von seinem Bett und kniete sich neben den Koch. Als er dessen blonde Strähnen aus dem Gesicht strich, erkannte er, dass dieses völlig geschunden war. Sein Auge war zugeschwollen, seine Lippe aufgeplatzt und ein dunkler, rötlicher Fleck bildete sich auf seiner angeschwollenen Wange. Als Zoro die Wunde vorsichtig berührte, zuckte Sanji. Stöhnend zog er die Arme an sich heran und versuchte sich aufzustemmen, doch er brach sofort keuchend wieder zusammen. „Dieser Bastard“, zischte Zoro, der das Gefühl hatte vor Wut jeden Augenblick platzen zu müssen. „Dieser widerliche Bastard.“ „Ich muss -“, japste Sanji. „Meine – Rippen – ich – kann – nicht – ich – muss – auf – Rücken -“ „Warte.“ Zoro fasste Sanji so sanft an wie es ihm nur möglich war, doch der Koch zuckte trotzdem vor Schmerzen zusammen. Vorsichtig drehte er ihn um, sodass Sanji nun auf dem Rücken lag und sein komplettes Gesicht offenbarte. Es sah schlimm aus. Doch scheinbar stand es um seinen Oberkörper schlimmer. Zoro konnte deutlich hören, wie ihm jeder Atemzug Schmerzen bereitete. „Hey!“, rief Zoro laut und wandte sich zur Tür. „HEY! Wir brauchen einen Arzt! Er muss auf die Krankenstation!“ Doch niemand reagierte auf seine Rufe oder hörte sie überhaupt. Zoro biss sich auf die Unterlippe und blickte wieder zu Sanji, der die Augen fest geschlossen hatte und durch seinen leicht geöffneten Mund mühselig atmete. „Geht schon, Marimo“, keuchte er. „Ich muss mich nur ausruhen.“ „Nein, das geht nicht“, knurrte Zoro. „Du brauchst ärztliche Hilfe.“ „Du machst dir ja doch Sorgen um mich.“ Sanji öffnete die Augen und lächelte, dabei zuckten seine Lippen als würde ihm sogar diese einfache Bewegung Schmerzen bereiten. Schnell verblasste das Lächeln wieder und er hustete ein wenig. „Komm, ich helf dir aufs Bett...“ Zoro schob einen Arm unter Sanjis Schultern und den anderen unter seine Kniekehlen. Erneut zuckte der Koch unter den Berührungen zusammen, verzog sein Gesicht vor Schmerzen, während Zoro ihn hoch hob und auf seinem Bett ablegte. Sanji war schwerer als Zoro dachte, trotzdem konnte er ihn gut tragen. Sanft legte er ihn auf der Matratze ab. „Wenn wir wenigstens fließendes Wasser hätten“, murmelte Zoro und schaute sich im Raum um. Alles, was sie hatten, waren die beiden Becher Wasser, die sie für die Nacht zum Trinken bekamen. Zoro sammelte Beide ein, zog dann sein Oberteil aus und riss vom unteren Teil ein gutes Stück ab. Dieses tauchte er ins Wasser und begann über Sanjis Gesicht zu tupfen, um die Wunden wenigstens etwas zu reinigen. Bei jeder Berührung zuckte der Koch, beschwerte sich jedoch nicht. „Darf ich deinen Oberkörper sehen?“, fragte Zoro irgendwann. „Ist nicht so muskulös wie deiner“, presste Sanji scherzhaft hervor. „Ich will die Verletzungen sehen“, sagte Zoro, der momentan nicht für Scherze zu haben war. Als Sanji daraufhin nichts sagte, griff Zoro einfach nach seinem Shirt und begann es vorsichtig hoch zu ziehen. Der Koch wehrte sich nicht. Langsam schob Zoro es nach oben, soweit er konnte, sodass Sanjis kompletter Oberkörper frei lag. Es schien als würde Zoros Hals vor Wut zu doppelter Größe anschwellen. Der Oberkörper seines Mitbewohners war mit dunklen und roten Flecken übersät, besonders im Bereich der Rippen, wo es auch viele angeschwollene Stellen zu sehen gab. Als Zoro eine von diesen leicht mit den Fingern berührte, zuckte Sanji deutlich stärker zusammen als zuvor und schob seine Hand fort. „Nicht.“ „Atmen tut weh, oder?“, fragte Zoro, versuchte dabei so ruhig wie möglich zu klingen, doch seine Stimme bebte. Zur Antwort nickte Sanji. „Er hat dir Rippen gebrochen“, stellte Zoro düster fest. „Ich hab mich gewehrt“, erzählte Sanji leise. „Wenn ich mit ihm alleine gewesen wäre, hätte ich ihn fertig gemacht. Aber da waren zwei Wärter, die mich festgehalten haben, während Spandam auf mich eingetreten und eingeschlagen hat. Ich konnte nichts machen. Als er fertig war, konnte ich mich nicht mehr bewegen.“ „Hör auf zu reden“, sagte Zoro barsch. „Und wehe du fängst an zu heulen.“ „Ich heule nicht!“, entfuhr es Sanji ein wenig lauter. „Gut so.“ Danach säuberte Zoro Sanjis Wunden schweigend. Schließlich ging die Tür zu ihrer Zelle auf und alle Insassen wurden über Funksprecher zum Frühstück gerufen. Mühselig wollte Sanji sich aufsetzen, doch kaum, da er seinen Oberkörper ein wenig krümmte, begann er vor Schmerzen zu stöhnen. Als Zoro ihm half, sich aufrecht hinzusetzen, entfuhr Sanji ein spitzer Schmerzensschrei und sofort ließ er sich wieder auf den Rücken fallen, das Gesicht verzogen. Zitternd berührte er mit den Fingerspitzen seine gebrochenen Rippen. „Du musst auf die Krankenstation“, stellte Zoro fest. „Bleib liegen.“ In dem Moment in dem er aufstand, überkam ihm plötzlich ein seltsames Verlangen. Das Verlangen danach sich über den Blonden zu beugen und ihm einen beruhigenden Kuss auf die Stirn zu geben oder besser noch in die Haare. Zoro schluckte dieses Verlangen herunter und ging zur Tür. Er streckte den Kopf heraus, blickte den Gang rauf und runter und entdeckte recht schnell zwischen den Gefangenen, die zur Kantine schlenderten, einen Wärter. „HEY!“, rief er laut und winkte. Der Wärter und andere Gefangene blickten ihn an. „Ich brauche hier Hilfe! Mein Mitbewohner muss dringend auf die Krankenstation!“ Sofort kam der Wärter zu ihm herüber, mit einer Hand umgriff er den Schlagstock, den jeder Wärter mit sich führte. Als er in der Zelle war und Sanji erkannte, zog er seinen Griff fester zu. „Er hat sich Rippen gebrochen und kann nicht aufstehen“, erklärte Zoro. „Ich habe versucht, ihm so gut wie möglich zu helfen, aber meine Mittel sind ziemlich begrenzt. Er braucht richtige ärztliche Hilfe. Ich kann ihn auch tragen, Sie müssen mir nur sagen, wo die Krankenstation ist.“ TSCHAK! Ein brennender Schmerz durchfuhr Zoros Schläfe und ihm wurde schlagartig schwarz vor Augen. Betäubt von dem Schmerz taumelte er noch einen Moment, dann stolperte er über seine eigene Füße und ging zu Boden. Langsam entglitt er in die dunkle Obhut der Bewusstlosigkeit. Flatternd öffnete Zoro seine Augenlider. Das Erste, was er wahr nahm, war das grelle Licht, das ihn umgab. Es brannte in seinen Augen. Nach und nach drang ein Pochen in seinen Kopf ein, besonders schmerzhaft und stark in seiner linken Schläfe. Das einzige Geräusch im Raum war ein helles Piepsen, das in seinen Ohren dröhnte und sie zu betäuben schien. Es dauerte seine Zeit bis Zoro sich erinnerte, dass der Wärter ihn mit seinem Schlagstock K.O. geschlagen hat. Dann erinnerte er sich an den verletzten Sanji. Der Name des Kochs ging ihm gebrochen über die Lippen. Er wollte aufstehen, merkte jedoch, dass er keine Arme mehr hatte. Einige Sekunden lang hatte er schon das Gefühl in Panik geraten zu müssen, dann kehrte er endlich in seine Umgebung ein und konnte seine Situation erfassen. Er hatte seine Arme noch. Sie waren mit einer gräulichen Zwangsjacke eng an seinen Körper gewickelt. Jede Bewegung wurde im Keim erstickt und ohne Arme konnte er unmöglich auf die Beine kommen. Er lag rücklings auf dem Boden, in einem engen, grell weißen Raum, dessen Licht von weißen Halogenlampen gespendet wurde. Um in herum herrschte absolute Stille, die nur durch seinen schweren Atem unterbrochen wurde. War er jetzt in einer Klapse? Hatten sie ihn in eine Irrenanstalt verfrachtet? Wenn ja, hatte er damit offiziell alle unangenehmen Einrichtungen durch, die man sich nur vorstellen konnte. Er hätte bitter gelacht, wäre die Situation nur nicht so unlustig gewesen. Vom Schlag schmerzte seine Schläfe noch höllisch und das grelle Licht machte die Sache nicht gerade besser. Hinzu kam noch ein Hungergefühl, von dem ihm schlecht wurde. Verzweifelt versuchte er sich aufzurichten, sich wenigstens irgendwie zu bewegen, doch es war unmöglich. Mit dieser Zwangsjacke konnte er sich keinen Zentimeter bewegen. Schließlich begann er zu rufen. „IST DA JEMAND!?“ Keine Antwort. „HALLO?!“ Immer noch nicht. „Ich bin wach! Ich bin wach! Holt mich gefälligst hier raus!“ Keine Stimmen, keine Geräusche. „Wie geht es Sanji?! Wo ist er?! Warum hat mich der Wärter K.O. geschlagen?!“ Nicht einmal ein Piepsen. Er war alleine. Kapitel 5: 127 Tage [5] Sanji ----------------------------- „Du brauchst ihn nicht in Schutz zu nehmen.“ Spandam sprach mit beinahe liebevoller Stimme, die in Sanji das Verlangen nach Kotzen hervorrief. „Er hat dir sicher Angst eingejagt, aber darum brauchst du dir keine Sorgen zu machen. Wir trennen euch, wenn dir das lieber ist. Du musst es nur sagen.“ Sanji sammelte Speichel in seinem Mund und spuckte Spandam die volle Ladung ins Gesicht. Sogleich sprang der Leiter von Stock C auf und wischte sich fluchend mit dem Ärmel die Speichel weg. Dabei wich er einige Schritte von Sanjis Krankenbett zurück und wäre beinahe gegen Direktor Kuzan gestoßen, der seine Hände lässig in den Hosentaschen verstaute und eine farbige Sonnenbrille trug, obwohl sie auf der Krankenstation waren – einem geschlossen, riesigen Raum – und draußen ein alles andere als schönes Wetter herrschte. Tatsächlich regnete es und die Tropfen fielen in einem gleichmäßigen Takt gegen die Fenster. Außer Sanji lagen noch drei weitere Insassen auf der Station. Einer von ihnen hatte hohes Fieber und lag hinter zugezogenen Vorhängen und die beiden anderen hatten sich nach dem Frühstück auf den Gängen geprügelt. Eine Krankenschwester kümmerte sich gerade um den mit der gebrochenen Nase, während sich die Beiden gegenseitig wütende Blicke zuwarfen. „Wie es mir scheint“, sagte Kuzan gelassen. „Wurde dieser junge Mann nicht von seinem Mitbewohner zusammen geschlagen.“ „Aber von wem denn bitte sonst?“, fragte Spandam säuerlich. „Sanji wurde abends völlig gesund in seine Zelle gebracht und morgens schwer verletzt dort aufgefunden. Niemand außer diesem Zoro kam an ihn heran.“ „Vielleicht weiß Sanji dazu mehr zu sagen.“ Kuzan blickte ihn an und wartete eine Antwort ab. Langsam glitt Sanjis Blick zu Spandam. Als er endlich damit fertig gewesen war ihm die Eingeweiden aus dem Leib zu prügeln, hatte er nur noch einen Satz zu ihm gesagt. Dafür hatte er sich vorgebeugt, so nahe an sein Ohr heran wie nur möglich und ihm mit heißer Stimme zugeflüstert: „Wenn du dem Direktor davon auch nur ein Wort sagst, wirst du ein paar Monate mehr einsitzen.“ Sanji wünschte sich, er würde davon überzeugt sein, dass diese Drohung nur heiße Luft war, doch die Angst war größer als sein Verlangen vor Kuzan alles richtig zu stellen. Er wusste nicht mit welchen Mitteln Spandam spielte. Ob es nur heiße Luft war oder er tatsächlich dafür sorgen konnte, dass Sanji noch länger hier blieb. Wenn er es sich recht überlegte, konnte er dies sogar. Bevor ein Insasse frei gelassen wurde, mussten die jeweiligen Leiter, auf deren Stockwerk sich der Gefangene befand, eine Art Bewertung abliefern. Ob man den Insassen der Freiheit überlassen konnte, ob er noch länger da bleiben müsste, ob man ihn in die Klapse oder sonst wo einsperren musste. Aber, wenn Sanji es schaffte Kuzan davon zu überzeugen, dass es Spandam gewesen war, der ihn zusammen geschlagen hatte, dann würde er diesen doch feuern und die Bewertung wurde hinfällig? Je länger sich Sanji darüber den Kopf zerbrach, desto unsicherer wurde er sich in seiner Entscheidung. Am Ende entschied er sich dazu den Kopf zu schütteln. „Du weißt nicht, wer dich so zugerichtet hat?“, fragte Kuzan mit ruhiger Stimme. Diesmal schwieg Sanji bloß mit zusammen gepressten Lippen, starrte dabei seine Hände an, die auf der Bettdecke über seinem Bauch ruhten. Mittlerweile fühlte er sich viel besser, auch wenn es immer noch schmerzte seinen Oberkörper zu bewegen. Eine Woche sollte er auf der Krankenstation bleiben. Der Aufenthalt war vor allem eines: Langweilig. Außerdem konnten ihm die Schwestern nicht sagen, was mit Zoro geschehen war. Obgleich Sanji in dieser Nacht ziemlich fertig gewesen war, erinnerte er sich noch gut daran, dass der Wärter seinen Mitbewohner mit dem Schlagstock bewusstlos geschlagen hatte. Danach hatte man Zoro fort und Sanji auf die Krankenstation gebracht. Kuzan und Spandam wussten sicher mehr. „Was ist mit Zoro passiert?“, fragte er also anstatt Kuzan eine Antwort zu geben. „Wie wäre es, wenn du mir eine Antwort auf meine Fragen gibst und ich dir eine Antwort auf deine Fragen“, schlug der Direktor vor und ging ein paar Schritte auf das Krankenbett zu. Seine Haare waren eine dunkle Lockenpracht, die er mit einem Kopftuch befestigte. „Also, Sanji, kannst du mir sagen, wer dich zusammen geschlagen hat?“ „Nein“, antwortete Sanji. „Warum nicht?“ „Weil ich nicht länger hier bleiben will.“ „Wie meinst du das?“ „Wenn ich es verrate, muss ich länger einsitzen.“ Aus dem Augenwinkel erkannte Sanji wie Spandam einen roten Hals bekam und schnappartig nach Luft rang. Wenn Sanji weder log noch ganz die Wahrheit sagt, würde Kuzan vielleicht selbst darauf kommen, was in seinem Gefängnis schief lief. „Seltsam“, murmelte der Direktor. „Du bist nicht der Erste, der so etwas behauptet.“ Er wandte sich Spandam zu, der spitz Luft ausblies und ein scheinheiliges Grinsen aufsetzte. „Es gab schon öfter Gefangene, die morgens übel zugerichtet, aufgefunden wurden und immer haben sie mich angelogen oder gesagt, sie dürfen mir nicht sagen, wer es war.“ Kuzan schaute wieder Sanji an. „Wenn es faule Eier in meiner Einheit gibt, muss ich das wissen, damit ich sie rausschmeißen kann.“ Es war Spandam. Es war dieser Mistkerl, der behauptet, Zoro hätte mir das angetan. Er steht direkt vor dir. Aber Sanji schwieg. Daraus würde ein langer und schwieriger Gerichtsprozess entstehen und am Ende würden sie Spandam nur entlassen und vielleicht zum Psychologen schicken. Zumindest konnte sich Sanji das bei seinem Glück gut vorstellen. Nein. Spandam sollte ihn noch einmal in sein Büro holen und dann würde Sanji sich nicht so leicht überwältigen lassen. Nichts täte er lieber als diesem widerlichen Kerl das Gesicht einzutreten. „Dann muss ich die faulen Eier wohl selbst finden“, stellte Kuzan fest und seufzte. „Du hast mir geantwortet, jetzt antworte ich dir. Spandam hat angeordnet, Zoro in eine der Schockräume zu stecken. Das sind weiße, kleine Räume, in denen die Insassen von Wutanfällen herunter kommen können. Seltsamerweise habe ich davon erst heute Morgen erfahren und auch erst dann davon, dass man Zoro in eine Zwangsjacke gesteckt hat und er dort seit zwei Tagen ohne Essen und Trinken sitzt. Diese Art von Bestrafung wird hier normalerweise nicht durchgeführt.“ „Ich habe mich wohl den Wärtern gegenüber falsch ausgedrückt“, lächelte Spandam. „Sie haben gerade erst eine Suspendierung hinter sich, treiben Sie es nicht zu weit“, drohte Kuzan. Wieder zu Sanji gewandt, der die Augen entsetzt geweitet hatte, sagte er: „Daher habe ich diese Bestrafung sofort aufgehoben. Er steckt wieder im normalen Programm drin und sollte gerade mit Abwaschen beschäftigt sein. Außerdem habe ich ihm gewehrt dich heute Nachmittag für eine Stunde besuchen zu gehen.“ „Danke“, sagte Sanji, auch wenn er nicht so recht wusste, wofür. Kuzan und Spandam verließen die Krankenstation wieder. Nicht viel später durften auch die beiden leicht verletzten Gefangenen, unter Aufsicht eines Wärters, wieder gehen. Eine Krankenschwester betupfte Sanjis Gesicht mit etwas Balsam, brachte ihm ein frisches Glas Wasser und ließ ihn dann mit seinen Gedanken alleine. Auch hier auf der Krankenstation gab es Wärter, die darauf aufpassten, dass niemand aus der Reihe tanzte. Sie standen an der Eingangstür, einer innerhalb und einer außerhalb der Station und langweilten sich sichtlich. Sanji konnte es ihnen nur gleich tun. In Gedanken versunken starrte er an die weiße Decke. Leider musste er ständig an Spandam und seine Prügelei denken und das machte Sanji nur wütend. Als er dort so hilflos hing und sich nicht wehren konnte, hatte er sich an seine Kindheit erinnert gefühlt. Wie häufig hatte sein Stiefvater ihn geschlagen und er hatte nur wimmern und flehen können, dass er damit aufhören soll. Zähneknirschend lag er dort, bis er aus den Gedanken aufgeschreckt wurde. Er bemerkte Zoro erst, als dieser schon neben ihm stand und ihm mit seiner immer miesen Laune anblickte. „Wenn du hier irgendwo Alkohol auftreiben kannst, sag mir Bescheid“, knurrte er. „Alkohol?“ „Ja, ich brauche dringend was zum Saufen, sonst bringe ich noch jemanden um. Eher gesagt, bringe ich dann Spandam um.“ Zoro setzte sich unterhalb auf das Bett, sodass er gleich neben Sanjis Beinen saß. Ihm fiel auf, dass der Grünschopf ziemlich bleich um die Nase war und dunkle Ringe seine Augen zierten. „War dieser Schockraum so schlimm?“, erkundigte sich Sanji. „Wer hat dir davon erzählt?“ „Der Direktor...“ Sanji erzählte ihm knapp von dem Besuch des Direktors und Spandams und mit jedem Wort verfinsterte sich Zoros Miene. Am Ende blickte er den Koch wütend an. „Kannst du mir erklären, warum um alles in der Welt, du Spandam nicht verpfiffen hast?“ „Ich glaube nicht“, gestand Sanji. „Das ist eine Mischung aus Wut, Hass und Rachegelüste.“ „Red keinen Schwachsinn, du hast Angst!“ Die Härte dieser Worte traf Sanji. „Du hast Angst vor Spandam, kannst du mir verraten, wieso? Angst vor so einem Schwachkopf, der zwei zusätzliche Männer braucht, um einen 18-Jährigen zu verprügeln?“ „Ich habe keine Angst vor ihm“, entfuhr es Sanji säuerlich. „Hör mir zu, wenn ich dir was erkläre, Marimo. Ich bin Zuhause zu oft geschlagen wurden, um vor so einem Typen Angst zu haben.“ Das brachte Zoro zum Stutzen und für einen Moment konnte man sogar Mitleid über seine Augen blitzen sehen. „Ich weiß nicht, wieso ich nichts gesagt habe. Ehrlich gesagt glaube ich, dass Kuzan schon weiß, wer sein faules Ei ist. Ich weiß selbst nicht, warum er nichts gegen Spandam unternimmt.“ „Vielleicht fehlen ihm die Beweise, die Aussagen von Opfern“, meinte Zoro. „Vielleicht solltest du deinen scheiß Stolz überwinden und eingestehen, dass du von so einer Pappnase zusammen geschlagen wurden bist.“ „Halt die Klappe!“ Sie begannen sich zu streiten – mal wieder, bis sich Sanji wütend aufsetzen wollte und dabei ein schmerzhaftes Brennen seine Brust durchfuhr. Keuchend ließ er sich zurück fallen. „Egal, es ist deine Entscheidung. Mir ist es egal, was du machst“, meinte Zoro und stand vom Bett auf. „Dann verpfeifst du Spandam eben nicht.“ „Er bekommt schon noch, was er verdient“, keuchte Sanji. „Aber nicht von Kuzan.“ „Du bist ein verdammter Dickkopf.“ Ein Schmunzeln blitzte über Zoros Lippen und dann tat er etwas sehr Seltsames. Er beugte sich vor und drückte Sanji einen langen Kuss auf die Stirn. Unter der Berührung seiner rauen Lippen wurde Sanjis Haut heiß und kribbelig. Ein wohliger Schauer durchfuhr seinen Körper, ehe sich Zoro löste und noch einmal mit dem Daumen über die Stelle fuhr, als wolle er den Kuss damit deutlicher machen. Sanji spürte wie ihm das Blut in den Kopf stieg. Erstarrt lag er im Bett und schaute zu, wie Zoro die Krankenstation wieder verließ – unter einem sehr schrägen Blick des Wärters, der ihn hergebracht hatte und nun wieder zurück eskortieren würde. Als die Beiden schon längst verschwunden waren, bewegte sich Sanji endlich wieder und strich sich als Erstes mit den Fingern über seine Stirn. Was war das denn gerade gewesen? In dieser Nacht fiel Sanji das Einschlafen schwer. Die Krankenbetten waren deutlich bequemer als die Betten, die sie in ihren Zellen bezogen und seine Rückenschmerzen blieben aus. Doch gingen im tausend Gedanken durch den Kopf, die er nur schwer fassen konnte. Sein Gehirn fühlte sich wie überladen an. Im Wesentlichen gab es drei Dinge, über die er sich den Kopf zerbrach: Zum Einen seine ständige Sorge, wie es mit ihm nach dem Gefängnis weiter gehen würde. Momentan fühlte es sich noch an, als würde er nie mehr hier raus kommen und die Freiheit genießen können, doch irgendwann war es soweit und dann stand er dort ohne Job und ohne Obdach, denn zurück zu seinem Stiefvater wollte er auf keinen Fall. Präsenter in ihm war die Frage, ob er gegenüber Kuzan richtig gehandelt hatte. Am Ende konnte er sich selbst nicht erklären, warum er Spandam nicht verpfiffen hatte. Und als Drittes spukte Zoro in seinen Gedanken herum und machte alles nur noch komplizierter. Warum hatte der Marimo ihm einen Kuss auf die Stirn gegeben und, warum hatte es sich so gut angefühlt? Diese Hitze in ihm, diese Gänsehaut, das waren Gefühle, die er noch nie zuvor hatte. Nicht einmal bei Nami, obwohl sie doch seine Freundin war. Er presste die Augenlider fest aufeinander und dachte an Nami und an ihre letzte Nacht gemeinsam, eine Nacht bevor er seinen Stiefvater verprügelte. Sie hatte seitlich auf der Couch in ihrem Zimmer gesessen und ein Buch gelesen, nur ein Top und ein Höschen kleidete ihren Körper und ihre orangefarbenen, langen Haare waren zu einem hohen Zopf gebunden. Wenn sie ihre Haare so trug, sah man ihr hübsches Gesicht am Besten. Da sie seitlich saß, hatte er sich hinter sie sitzen und sie von hinten umarmen können. Sanft hatte er ihren Nacken geküsst bis sie das Buch aus der Hand legte und sich zu ihm umwandte, um ihn richtig zu küssen. Aber nie, nicht einmal ganz am Anfang als sie sich das erste Mal geküsst hatten, hatte es sich so fiebrig angefühlt wie dieser einfache Kuss von Zoro. Vielleicht ging es Sanji nur so, weil er unter Medikamenten stand – Ja, das musste es. Die Schmerzmittel verzerrten seine Wahrnehmung. Bis er endlich einschlief, dachte er krampfhaft an Nami, obwohl Zoro ihm ständig dazwischen spukte. Kapitel 6: 121 Tage [6] Zoro ---------------------------- Direktor Kuzan hatte dafür gesorgt, dass Sanji weiterhin in der Küche arbeitete. Obwohl Spandam ihn zusammen geschlagen und gedroht hatte, er würde es wieder tun, würde Sanji noch weiterhin Koch spielen, blieb der Blonde in der Küche und kommandierte die Kantinenköche herum, die mittlerweile wohl sogar auf ihn hörten. Das Essen war wieder lecker und er bekam von vielen Gefangenen Komplimente als er sich mit einem Tablett zu Zoro an den Tisch setzte. Noch immer zierten blaue Flecken Sanjis Gesicht und er durfte sich nicht allzu viel bewegen. Auf die Frage hin, was mit ihm geschehen war, antwortete Sanji stets, dass ein Mann seine Geheimnisse haben müsste. Heute Morgen hatte Smoker ihn dafür gelobt, dass er sich nicht unterkriegen ließ und ihm dafür so heftig auf die Schulter geklopft, dass Sanji das Gesicht vor Schmerzen verzerrt hatte. Nun saß er mit Zoro an einem Tisch und sie aßen knackiges Gemüse und gut durchgebratenes Fleisch. „Wusstest du, dass viele der Vorräte schon abgelaufen sind?“, fragte Sanji, dessen sichtbares Auge mittlerweile nicht mehr zugeschwollen war, sondern nur noch von einem dunklen Rand geziert wurde. „Das ist der Hammer. Die Köche achten jetzt aber viel mehr darauf, was sie euch servieren.“ „Du hast sie im Griff“, stellte Zoro mit einem müden Lächeln fest. Er fragte sich, was Sanji wegen des Kuss durch den Kopf ging. Ob er daran überhaupt dachte? Momentan schien es, als wäre das niemals passiert. Zumindest ging Sanji so mit ihm um. Wenn Zoro ihn darauf ansprechen würde, würde Sanji sicherlich dunkelrot anlaufen und ihn beleidigen. Er hatte es sich einfach nicht verkneifen können. Je mehr Zeit sie miteinander verbrachten desto stärker wurde Zoros Sehnsucht ihn richtig zu küssen und mit ihm zu schlafen. Aber Sanji hatte eine feste Freundin, das hatte er ihm schon erzählt. „Ach ja, ich hatte vergessen dir zu erzählen, dass Spandam angeordnet hat dich in eine Zwangsjacke zu stecken und dir nichts zum Essen und Trinken zu bringen“, sagte Sanji mit gedämpfter Stimme. „Direktor Kuzan hat gesagt, das wäre keine ihrer gängigen Bestrafungen, das hat der Kerl sich einfach nur ausgedacht. Und er war so viele Wochen weg, weil Kuzan ihn in dieser Zeit suspendiert hatte. Er ist wohl schon vorher durch so ein Verhalten aufgefallen.“ „Und trotzdem arbeitet er noch hier?“, wunderte sich Zoro, versuchte die Wut in sich herunter zu schlucken. Einmal mehr brannte auf seiner Zunge das Verlangen nach Alkohol. Am liebsten richtig Starken, der einem im Rachen brannte und einen Schauer über den Rücken laufen ließ. Bei dem man nach wenigen Schlucken das Gefühl hatte in Watte gehüllt zu sein und ein wenig zu schweben. Im Gefängnis würde er keinen Alkohol auftreiben können. In letzter Zeit war es ihm schwerer gefallen das Essen herunter zu würgen. Er brauchte so dringen was Hochprozentiges zum Trinken... Das Verlangen danach verstärkte seine Wut nur noch mehr. „Ja, total seltsam“, murmelte Sanji. „Ist eigentlich alles klar mit dir? Du siehst total blass aus. Hat dir dieser Schockraum so zugesetzt?“ „Nein!“, entfuhr es Zoro säuerlich. Das war nur die halbe Wahrheit. Eigentlich hatten ihm diese zwei Tage extrem zu gesetzt. Seine Zunge war angeschwollen und klebrig vor Durst, in seinem Magen ein hohles Loch und seine Arme hatten ständig Krämpfe, weil sie so eng an seinen Körper gebunden waren. Keinen Zentimeter konnte er sich bewegen. Nur dort liegen und die weiße Decke anstarren. Das Licht ging nicht aus, deswegen konnte er unmöglich sagen, wann Tag und Nacht war und es dauerte nicht lange, da hatte er das Zeitgefühl verloren. Am Ende kam es ihm länger vor als zwei Tage. Als sie ihn zurück in seine Zelle brachten, hatte er sich zuerst einmal in die Toilette übergeben. Er wollte nie wieder in diese Schockräume, es machte ihn wütend, dass er dort gewesen war. Und sein Hass auf Spandam wuchs ständig. Jeden Tag schrie er einen Insassen zusammen, jeden Tag drohte er jemandem, es war nur eine Frage der Zeit bis er sich wieder jemanden raus suchte, um ihn zusammen zu schlagen. Als Zoro auf Sanjis Frage nicht weiter einging, nahm dieser es einfach schweigend hin. Wenige Minuten später begannen die Ersten ihre Tabletts zurück zu bringen, auch Zoro und Sanji waren mit Essen fertig. Da der Koch mit dem Rücken zum Eingang saß, sah er nicht, dass Spandam die Kantine betreten hatte und den Gang entlang schritt. Seine Hände hatte er hinter dem Rücken gefaltet und sein Blick glitt über die Insassen. Als er nur wenige Schritte von ihrem Tisch entfernt war und Zoro ihn aus düsteren Augen heraus anblickte, stand Sanji mit seinem Tablett in der Hand auf. Ehe Zoro ihn aufhalten konnte, wandte sich Sanji um und stand Spandam direkt gegenüber, der nicht lange zögerten. Hart schlug er mit der Faust auf das Tablett, das sogleich aus Sanjis Händen fiel und scheppernd auf dem Boden landete. Das Besteck flog zur Seite, ebenso wie die leere Packung Apfelsaft und ein paar übrig gebliebene kleine Möhren. Ein Grinsen bildete sich auf Spandams Lippen. „Oh Entschuldigung“, säuselte er. „Ich habe dich gar nicht gesehen.“ Zoro biss die Zähne fest zusammen und musste schwer ein- und ausatmen um seine Wut unter Kontrolle zu halten. Sanjis Hals war dunkelrot angelaufen. „Kein Problem“, presste er hervor und kniete sich langsam hin, um das Tablett auf zu heben. Da griff Spandam an den Nebentisch nach dem angebrochenen Apfelsaft eines anderen Gefangenen und leerte die Packung über Sanji aus. Der Koch blieb regungslos bis der letzte Tropfen seine Kopfhaut berührte und über sein Gesicht floss, dann sammelte er das Besteck ein, legte es auf das Tablett und stand auf, als wäre nichts weiter geschehen. „Du bist schmutzig“, sagte Spandam. „Schade, dass dein Stock erst morgen Abend duschen gehen darf.“ Sanji sah aus als würde er jeden Augenblick explodieren. Sein Blick fixierte Spandams Brust und das Tablett zitterte in seinen Händen. Er nickte nur und wollte am Mann vorbei gehen, doch Spandam hielt ihn mit einer Hand auf. In der Kantine war es still geworden. Alle Blicke lagen auf den Beiden, selbst die Köche, die an der Theke das Essen verteilten, schauten angespannt zu. „Ich habe nicht gesagt, dass du gehen darfst, Ratte“, sagte Spandam mit einem milden Lächeln auf den Lippen. „Da ist noch Essen übrig... du kochst es doch so gerne, wäre schade es wegzuwerfen. Soll ich dir vielleicht die Reste in dein Maul stopfen? Alle gleichzeitig, so etwas mache ich gerne, dann sehen wir mal, wie toll du dein Essen noch findest, wenn es dir im Hals stecken bleibt. Sollen wir das mal ausprobieren? Hm?“ Sanji schüttelte den Kopf, seine Finger griffen fester um das Tablett und Zoro verbog die Gabel, die er in der rechten Hand hielt, so sehr ballte er sie zu einer Faust. „Nicht? Na gut, dann hat dir dein Freund sicher von den Schockräumen erzählt. Ein paar Tage dort drin ohne Essen, wollen wir lieber das ausprobieren?“ Sanji schüttelte wieder den Kopf. „Auch das nicht? Was dann? Was kann ich machen, damit die Ratte endlich aufhört, in der Küche zu arbeiten?“ Als Spandam eine Hand ausstreckte und über Sanjis blondes Pony strich, riss bei Zoro der Geduldsfaden. Mit einem Mal war er auf den Beinen, musste nur einen Schritt vor machen und Sanji zur Seite stoßen. Erschrocken blickte der Koch ihn an, wie er die rechte Faust hob und Spandam damit einen kräftigen Schlag ins überraschte Gesicht verpasste. Ein Aufschrei und lautes Raunen ging durch die Kantine, die Hälfte der Insassen sprang auf die Beine und mehrere Wärter stürzten sich zu ihnen. Zwei von ihnen zerrten Zoro von Spandam weg, der sich heulend das blutige Gesicht hielt. Mit einem präzisen Schlag hatte Zoro ihm die Nase gebrochen. „FASS SANJI NIE WIEDER AN!“, brüllte Zoro, während die Wärter ihn aus der Kantine zerrten und die Insassen in lauten Jubel ausbrachen. Für den Rest des Tages musste Zoro in seiner Zelle bleiben. Erstaunlicherweise hatte Spandam bisher nichts unternommen, dabei hatte er fest damit gerechnet wieder in einem Schockraum landen zu müssen. Nachdem er in der Zelle einen Wutausbruch hatte, seine Faust immer und immer wieder gegen die Wand schlug und eine Stange an seinem Bett mit einem kräftigen Tritt verbog, war ihm der erschreckende Gedanke gekommen, dass er Sanji statt ihm bestrafte. Schließlich hatte Zoro am Ende gebrüllt, dass Spandam Sanji nie wieder anfassen sollte. Das war dumm von ihm. So, so dumm. Stöhnend setzte sich Zoro auf sein Bett, vergrub das Gesicht in seinen Händen und spürte den Herzschlag gegen seine Schädeldecke pochen. Er hätte am Ende rufen sollen, dass dies die Heimzahlung für die Unterstellung und die Bestrafung gewesen war. Er konnte nur hoffen, dass sie Sanji nichts angetan haben. Bis zum Abend zogen sich die Stunden wie Kaugummi bis endlich die Zellentür aufging und sein Mitbewohner herein kam. Mit einem Mal war Zoro auf den Beinen und blickte ihn erwartungsvoll an. Es waren keine neuen Wunden hinzu bekommen, Sanji sah nicht aus als ob er Schmerzen hätte, ein paar seiner Haarsträhnen waren wegen des Apfelsaft miteinander verklebt und er sah so schlecht gelaunt aus, wie es nur irgend möglich war. „Warum?“, war alles, was er fragte, als die Tür hinter ihm wieder ins Schloss fiel und sie in die Stille der Gefangenschaft gehüllt wurden. „Weil der Kerl mich zur Weißglut getrieben hat“, antwortete Zoro wahrheitsgemäß. „Du warst es, der mir gesagt hat, ich soll mich nicht mit ihm anlegen“, erinnerte Sanji gereizt. „Ich hätte ihm auch selbst eine runter hauen können, das hätte ich liebend gerne getan, aber ich habe mich unter allen Mühen zusammen gerissen, weil DU es mir so gesagt hast!“ „Seit wann hörst du denn auf mich, Heulsuse?“, knurrte Zoro und ballte seine Hände zu Fäusten. Von den Schlägen gegen die Wand schmerzten seine Knöchel, sie waren aufgerissen und bluteten leicht und sein Verlangen nach Alkohol war unerträglich stark geworden. Es machte ihn schrecklich nervös. „Als ich es nicht getan habe, wurde ich zusammen geschlagen“, sagte Sanji wütend. „Und jetzt hast du Spandam eine runter gehauen, heute Nacht kommen sie und holen dich und dann bringt dich dieser Scheißkerl um.“ „Soll er es doch versuchen. Das schafft er ohnehin nicht“, entgegnete Zoro. „Mich haben diese Anstalten noch nie umgebracht.“ „Was für Anstalten?“, fragte Sanji verwirrt. Sein Blick traf die Wand an der etwas von Zoros Blut klebte, dort wo er seine Knöcheln aufgeschlagen hatte und er verdrehte die Augen. „Hast du hier drin randaliert?“ „Ich war wütend“, sagte Zoro. Er löste seine Fäuste und begann sich nervös die Hände zu reiben. „Du zitterst“, stellte Sanji fest. „Sag mal... bist du irgendwie... drogenabhängig oder so etwas?“ „Nein“, antwortete Zoro scharf und etwas kleinlaut fügte er hinzu: „Alkohol.“ „Alkoholabhängig?“ „Nicht direkt, aber gerade... ich habe so ein Verlangen... es macht mich total nervös nichts trinken zu können. Ich habe meine Wut immer so runter geschluckt oder... andere Gefühle und jetzt geht hier so ein Chaos ab mit diesem Mistkerl und ich kann nichts trinken. Bei mir ist einfach eine Sicherung durchgebrannt als ich gesehen habe, wie er mit dir umgegangen ist. Als er dich berührt hat, ist mein Geduldsfaden einfach gerissen.“ „Erst als er mich berührt hat?“, fragte Sanji verwirrt und zupfte an einer klebrigen Strähne. „Nicht, als er mir den Apfelsaft übergeschüttet oder mich bedroht hat?“ Nein, ging es Zoro durch den Kopf. Erst als dieser Mistkerl deine Haare gestreichelt hat, als wäre er auf etwas aus. Wenn er wieder in einem Bett liegen müsste, mit dem Wissen, dass jemand in eben diesem Moment woanders vergewaltigt wurde... aber vielleicht dachte Zoro auch einfach zu weit. Spandam schien ein Sadist zu sein und kein Perversling. Vielleicht hatte seine Kindheit mit Kuina Zoro einfach zu sehr geprägt. Er sah beinahe hinter jedem Schatten einen Vergewaltiger. „Ist auch nicht weiter wichtig“, winkte Zoro ab. Er wollte Sanji nicht unnötig in Panik versetzen. „Wenn er mich bisher nicht sonst wohin gebracht hat, wird er wohl heute Nacht kommen.“ „Wahrscheinlich kommen wieder zwei Wärter und holen dich“, überlegte Sanji und ging in der Zelle auf und ab. „Wenn wir gemeinsam gegen sie kämpfen, schaffen sie das vielleicht nicht.“ „Die haben Schlagstöcke“, erinnerte Zoro ihn. „Und ich will dich da nicht mit hinein ziehen.“ „Hör auf mich zu beschützen!“, fauchte Sanji und blieb vor ihm stehen. „Es ist meine Schuld, dass du Ärger mit Spandam hast, nur wegen mir hast du ihm eine runter gehauen. Also lass mich dir gefälligst helfen!“ Wie gerne würde ich dich küssen. Warum ging das Zoro ausgerechnet jetzt durch den Kopf? Er hatte wirklich größere Probleme, aber an Sanji gefielen ihm sogar seine kleinen Wutausbrüche. Selbst mit den blauen Flecken im Gesicht sah er noch gut aus. Zoro musste sich beherrschen, um nicht aufzuspringen und seine Lippen mit Sanjis zu versiegeln. Stattdessen krallte er die Finger in sein Laken hinein. „Ich denke nicht, dass es sich verhindern lässt“, sagte er ernst. „Egal, was wir machen.“ Sanji wusste, dass er Recht hatte, das konnte Zoro ihm in den Augen ablesen. Aber akzeptieren wollte er es nicht. Bis das Licht schließlich ausging, diskutierten sie noch und fingen beinahe an sich wieder richtig zu streiten. Und dann bestand die Zeit nur aus Warten... Zoro würde es niemals zugeben, doch er war nervös. Er konnte kaum im Bett liegen bleiben, seine Füße zuckten unablässig und seine Unterlippe hatte er sich schon blutig gekaut. Von den drei Einrichtungen vorher, kannte er es schon geprügelt und gedemütigt zu werden, er sollte deswegen nicht mehr nervös sein! Und Angst brauchte er auch keine zu haben, nicht vor so einem Schwachkopf wie Spandam! Zäh zog sich die Zeit bis er hörte, wie ihre Zellentür aufging. Trüb fiel das Licht des Flurs in den Raum hinein und erhellte ein wenig Sanjis Silhouette, der sich im Bett aufrichtete. Zoro spürte wie ihn zwei Wärter aus seinem Bett zerrten. Mit aller Gewalt wehrte er sich gegen sie, stieß einen von ihnen erfolgreich weg, der daraufhin beinahe auf Sanji stürzte, wäre dieser nicht rechtzeitig vom Bett aufgesprungen. „Lasst mich los!“, brüllte Zoro und riss an den Armen des Wärters, der ihn noch festhielt. Als der Zweite sich wieder auf ihn stürzen wollte, ging Sanji dazwischen und verpasste ihm einen ordentlichen Tritt in die Kniekehle. Sofort ging der Wärter mit einem lauten Keuchen zu Boden. „Sanji, halt dich da raus!“, rief Zoro. „Vergiss es!“, entgegnete der Koch. In der trüben Dunkelheit war es schwierig mehr zu sehen als die Silhouetten der Anwesenden, während sie sich einen heftigen Kampf lieferten. Als es schon so aussah, als würden Zoro und Sanji gewinnen, nahm ein Wärter den Blondschopf von hinten in die Mangel. Dabei benutzte er seinen Schlagstock, um damit Sanjis Hals ab zu klemmen. Er zog so fest zu, dass Zoro Sanji nur noch röcheln hörte. „Lasst ihn“, keuchte Zoro. „Dann komm brav mit uns mit“, knurrte der Wärter, der gleich neben ihm stand. Sanji zappelte und versuchte sich zu befreien, doch es war vergebens. Verbittert biss sich Zoro auf seine blutige Unterlippe und legte die Hände hinter seinen Rücken. Sogleich legte ihm der Wärter Handschellen an. Erst als er Zoro aus der Zelle geführt hatte, wurde Sanji los gelassen und fiel hustend und nach Luft ringend auf die Knie. Wenn er Sanji beschützen wollte, musste er wohl jede Prügel über sich ergehen lassen. Kapitel 7: 120 Tage [7] Sanji ----------------------------- Gerade erst hatten die Schmerzen, die ihm Spandam zugefügt hatte, nachgelassen und jetzt tat ihm wieder der Brustkorb weh und seine Lippe war aufgeplatzt. Außerdem brannte sein Hals. Er konnte kaum glauben, dass Zoro freiwillig mitgegangen war, als der Wärter Sanji mit dem Schlagstock gewürgt hatte. Warum wollte Marimo ihn unbedingt schützen? Ungeduldig ging Sanji in der stockfinsteren Zelle auf und ab und wartete. Ein oder zweimal stieß er mit dem Schienbein gegen die Bettkante, Blut floss von seiner Lippe über sein Kinn und er wischte es mit dem Handrücken fort. Irgendwann setzte er sich auf Zoros Bett und wickelte sich mit dem Laken ein, das Zoros Geruch aufgesogen hatte. Es hatte etwas beruhigendes an sich die Augen zu schließen und daran zu riechen. Gefühlte Ewigkeiten lang saß er dort, das Laken fest um seinen Körper gewickelt, bis die Lichter angingen. Noch weitere Minuten dauerte es bis sie endlich die Zellentür öffneten. Sanji sprang auf und erwartete, dass sie Zoro ebenso rein werfen würden, wie sie es Tage zuvor mit ihm gemacht hatten, doch zu seiner Überraschung kam Zoro selbst langsam herein gehumpelt. Auf seinem Gesicht zeigte sich der Ausdruck von Wut, Scham und Schmerz. Er hatte nur ein paar blaue Flecken im Gesicht und eine Flüssigkeit glänzte auf seiner Wange und seinem Hals. Als Zoro an ihm vorbei ging, nahm Sanji deutlich den Geruch von Pisse wahr. Die Zellentür wurde wieder geschlossen. „Ich will von dir kein Wort hören“, murrte Zoro. „Hat Spandam... hat er... dich etwa... ?“, fragte Sanji unsicher. „Ich habe gesagt, ich will kein Wort hören!“ „Dieser Bastard“, zischte Sanji mehr erschrocken als wütend. Wie konnte man jemanden nur auf dieser Weise demütigen? Das war widerlich. „Hat er dich irgendwo verletzt?“ Zoro schob sich bäuchlings auf sein Bett und erst jetzt bemerkte Sanji, dass sein Oberteil an seinem Rücken klebte und sich dunkle Streifen Blut durchdrückten. Und Zoro bemerkte erst jetzt, dass Sanji sein Bettlaken um den Leib gewickelt hatte. „Was machst du mit meiner Decke?“, fragte Zoro mit gedämpfter Stimme. „Ehm...“ Sanji spürte wie er rot anlief. „Nichts.“ Er entwickelte sich und legte das Laken über Zoros Beine, dann fasste er das Shirt an und begann es vorsichtig hoch zu ziehen. Alleine dabei, zuckte Zoro schmerzerfüllt zusammen, gab jedoch keinen Laut von sich. Als Sanji das Shirt bis in den Nacken hoch gewickelt hatte, hielt er vor Entsetzen und Wut die Luft an. Spandam hatte Zoro ausgepeitscht. Das konnte man anhand der länglichen, blutigen Wunden deutlich erkennen. Dazwischen befanden sich ein paar rote Striemen, wo es Spandam nicht geschafft hatte, die Haut aufzureißen. Er hatte ihn ausgepeitscht und an gepisst. „Die Frage ist, ob sie den Mist jetzt dir in die Schuhe schieben“, murmelte Zoro. „Am besten tue ich so, als wäre nie etwas geschehen. Er hat mir mehrmals gegen das Bein getreten, aber wenn ich es ein wenig ausruhe, dann kann ich damit auch wieder gehen ohne zu humpeln.“ „Man sieht von hinten, dass du verletzt bist“, sagte Sanji. „Das Blut geht durch das Shirt. Außerdem musst du auf die Krankenstation.“ „Aber dann wollen sie einen Verantwortlichen.“ „Vielleicht kannst du ja dann Kuzan sagen, dass es Spandam war.“ Sanji blickte Zoro an und anhand seines Gesichtsausdrucks konnte er erkennen, dass er dies nicht tun würde. „Womit hat er dir gedroht?“ „Meine beste Freundin hat Probleme mit Drogen“, antwortete Zoro düster. „Aus irgendeinem Grund weiß Spandam das. Er sagt, er lässt der Sache auf den Grund gehen, wenn ich mich nicht füge. Ich will nicht, dass sie im Gefängnis landet, das würde sie nicht überleben.“ Sanji senkte traurig den Blick und zog Zoro wieder das Shirt über den Rücken, dann setzte er sich auf den Boden neben sein Bett und lauschte seinem rauen Atem. Eine ganze Zeit schwiegen sie sich gegenseitig an, dann murmelte Zoro: „Gleich kommen die Wärter und holen uns für das Frühstück.“ „Ich weiß.“ „Dann sehen sie, was mit mir passiert ist und werden dir die Schuld geben.“ „Ich weiß.“ „Und Spandam wird dich bestrafen.“ „Ich weiß.“ „Wir brauchen verdammt viel Glück, wenn wir das hier überstehen wollen... Sanji, komm mal etwas näher.“ Ein leichter Schimmer von Rosa legte sich auf Sanjis Wangen, ehe er etwas näher rückte. Zoro griff nach seinem Kragen und zog ihn so nahe an sein Gesicht heran, dass Sanji seinen heißen Atem auf seiner Haut spüren konnte. Es bereitete ihm eine feurige Gänsehaut, ein aufregendes und tolles Gefühl, vergleichbar mit dem Gefühl, das er hatte als Zoro ihm den Kuss auf die Stirn gegeben hatte. Zoro griff Sanji an den Kopf, zog diesen heran und gab ihm erneut einen Kuss, diesmal in seine Haare. Sanji legte seinen Kopf auf dem Bett ab und schloss die Augen. Vorsichtig begann Zoro ihm durch die blonden Haare zu streicheln, vergrub das Gesicht in diesen. Wenn Zoro nur nicht nach Pisse und Sanji nach Apfelsaft gestunken hätte, dann wäre dieser Moment um einiges schöner gewesen. Schließlich begann Zoro über Sanjis Gesicht zu streicheln, langsam fuhr sein Daumen über seine Wangen und der Koch konzentrierte sich ganz auf die Berührungen. Darüber konnte er fast vergessen in welcher misslichen Situation er sich befand. Sanft fuhr der Daumen des Grünschopf über Sanjis Lippen, was den Blonden schon beinahe erregte. Eine wohlige Gänsehaut ließ seine Nackenhaare aufstellen. Und dann erinnerte sich Sanji an die Worte von Gavin. Wer von euch Beiden ist eigentlich die Hure? Schlagartig stand Sanji auf, entriss sich Zoros wohltuenden Berührungen und wandte ihm den Rücken zu. „Ich bin nicht deine Hure“, zischte er säuerlich. „Habe ich das behauptet?“, knurrte Zoro. „Verdammter Koch.“ „Halt die Klappe, Marimo.“ Mit dem bekannten Dröhnen und Klacken ging die Tür zu ihrer Gefängniszelle auf und ein Lautsprecher rief sie zum Frühstück. „Es ist so weit“, stellte Zoro murmelnd fest. „Für dich“, fügte Sanji verbissen hinzu, wandte sich zur Tür und ging ohne einen weiteren Blick auf seinen Zimmergenossen zu verschwenden, hinaus. Mit jedem Schritt den er sich von der Zelle entfernte und mit der Masse zur Kantine strömte, wurde das schlechte Gewissen in ihm stärker. Gestern war Zoro nur mit gegangen, um Sanji zu retten und jetzt dankte er es ihm auf diese Weise? Aber er würde Zoro sicher nicht erlauben ihn als Hure zu benutzen, darauf war dieser Marimo doch aus. Sanji erinnerte sich daran, dass er ihn gefragt hatte, ob er auch etwas mit Männern anfangen würde und die Situation von eben war mehr als deutlich genug gewesen. Marimo wollte mit ihm schlafen, aber das würde Sanji bestimmt nicht zulassen. Schlecht gelaunt stellte er sich an der Schlange an, die Arme vor der Brust verschränkt und grübelte vor sich hin. Er versuchte zu leugnen, dass ihm die Berührungen gefallen hatten, doch dieser Versuch war vergebens. Es hatte ihm gefallen! Dafür musste es eine logische Erklärung geben, keine, die damit zusammen ging, dass Sanji eventuell auf Männer stehen könnte. Wahrscheinlich lag es einfach daran, dass diese Berührungen so sanft und liebevoll gewesen waren, während alles andere in diesem Gefängnis hart und skrupellos war. Es waren die Art von Berührungen, nach denen sich Sanji sehnte, sich fallen lassen zu können und nicht mehr stark sein müssen, um hier zu überleben. Da Marimo schon einmal in einem Gefängnis gewesen war, kannte er diese Sehnsucht vermutlich und jetzt nutzte er sie an Sanji gnadenlos aus, um ihn zu seiner Hure zu machen. Ja, das war es. Sanji sehnte sich einfach nur danach nett behandelt zu werden. Noch 120 Tage musste er im Gefängnis verbringen, wenn es 'nur' noch 97 Tage waren, würde er den ersten Besuch empfangen. Dann würde Nami kommen, dessen war er sich sicher und sie würde ihn nett behandeln. Auch wenn sie sich nicht berühren durften, wenigstens konnten sie miteinander reden und er würde ihre süße Stimme wieder hören und ihr noch süßeres Gesicht wieder sehen. Auf diesen Tag musste er zusteuern und Marimo mit allen Mitteln zeigen, dass er nicht mit sich spielen ließ. Zum Frühstück gab es schlabbriges Rührei und steinhartes Brot, an dem man sich fast die Zähne aus biss. Dafür würden die Köche heute Mittag eine Predigt von ihm erhalten, das schwor sich Sanji als ihm ein Stück Brot im Hals stecken blieb und er es erst nach viel Husten und Orangensaft trinken herunter geschluckt bekam. Gedanklich war er nicht richtig bei der Sache, was er merkte, als er versuchte mit dem Messer Rührei auf zu picken. Er konnte nicht aufhören sich Gedanken um Zoro zu machen. Sein Blick schweifte durch die Kantine, in der wie immer ein reges Durcheinander an Stimmen und Handlungen herrschte. Von Zoro fehlte jede Spur. Vielleicht war er in der Zelle geblieben... durfte man das überhaupt? Mahlzeiten überspringen? Er war sich sicher gewesen, dass man es nicht durfte, doch scheinbar lag er damit falsch, denn Zoro tauchte nicht mehr auf. Sie könnten ihn auch entdeckt und direkt zur Krankenstation gebracht haben, sowie sie es mit Sanji gemacht hatten, auch wenn Zoro nicht ansatzweise so schwer verletzt war. Oder sie hatten ihm zum Duschen geschickt, weil er so nach Pisse stank. Auf jeden Fall brauchte er sich keine Sorgen zu machen, Spandam würde ihn doch nicht wieder etwas antun... er brauchte sich im Allgemeinen keine Sorgen um diesen Idioten zu machen! Schließlich wollte er Sanji als Hure haben, solche Kerle waren der letzte Abschaum! Grummelnd brachte er sein Tablett zurück und schloss sich der Menge an, die aus der Kantine gelassen wurde. Da er heute früh keinen Spüldienst hatte, konnte er direkt runter zum Unterricht mit Smoker. Die Klassenräume befanden sich im untersten Stockwerk, dort, wo es keine Fenster gab und alle Räume mit einem grellen Licht erhellt wurden. Noch trostloser könnte ein Raum gar nicht aussehen wie ihr Klassenzimmer. Man hatte sich nicht die Mühe gemacht Tapeten an die Wände zu kleistern, weshalb man auf den grauen Rohputz sehen konnte. Viele der Tische und Stühle waren beschädigt und mit Edding voll gekritzelt, dazu waren sie hart wie Stein, weshalb es sehr anstrengend war einen ganzen Vormittag darauf zu sitzen. Sanji ließ sich auf seinem Platz in der ersten Reihe nieder und wartete ungeduldig, während sich das Klassenzimmer immer weiter füllte. An der Tür standen zwei Wärter, die darauf achteten, dass kein Tumult ausbrach, doch wie so häufig, waren die Insassen noch zu verschlafen, um Unsinn anzustellen. Sanji beobachtete, wie einer von ihnen den Kopf auf die Tischplatte ablegte und sogleich weiter schlief. Als Smoker den Raum betrat, waren alle Gefangenen anwesend – außer Zoro. Schlecht gelaunt wie immer setzte sich Smoker auf seinen Stuhl und zog aus der Innentasche seiner weißen Lederjacke eine Zigarre. Er biss das obere Ende ab, spuckte es auf den Boden und steckte sich die Zigarre in den Mund. Während er sie anzündete, räusperte sich einer der beiden Wärter, die den Raum noch nicht verlassen hatten. „Ehm... eigentlich... ist es nicht erlaubt, in diesem Gebäude zu rauchen.“ „Hast du was gesagt?!“, brüllte Smoker. „Nein“, gab der Wärter kleinlaut bei. „Na dann, raus hier, ich muss anfangen zu unterrichten!“ Und die Wärter verschwanden ohne ein weiteres Wort zu verlieren. Smoker grummelte etwas, das sehr nach einer schlimmen Beleidigung klang, dann ließ er den Blick über seine Schüler schweifen und fragte: „Wo sind die Beiden?“ Die Insassen wechselten verwirrte Blicke. Jemand aus der zweiten Reihe stellte fest: „Eigentlich fehlt nur der Kerl mit den grünen Haaren.“ „Zum einen, ja, wo ist er?“ Bei der Frage wandte sich Smoker direkt an Sanji. „Ich weiß nicht“, antwortete dieser ehrlich. „Er ist schon nicht zum Frühstück aufgetaucht.“ „Na klasse“, knurrte Smoker. „Und der Neue, wo ist der?“ „Welcher neue?“, fragte jemand weiter hinten. „Ich merke schon, ihr habt von nichts Ahnung. Dann lasst uns einfach mit dem Unterricht anfangen. Heute müssen wir uns den Text von einem Philosophen reinziehen und es würde mich schon sehr wundern, wenn das irgendeiner von euch versteht.“ Vermutlich lag es an der Demotivation, die in der Klasse jeden Tag herrschte, dass niemand den Text so recht verstehen wollte. Sanji kam ganz gut damit klar, doch das wollte er vor den Anderen nicht zugeben. Am Ende würden sie ihn noch als Streber bezeichnen und mobben. Zumindest hatte Zoro ihm dies gesagt und ihm geraten, sich immer dümmer zu stellen als er es eigentlich war. Aber warum hielt sich Sanji an etwas, das Zoro ihm gesagt hatte? Der Kerl konnte ihm doch egal sein. Er versuchte sich einzureden, dass Zoro ihm egal war, doch er konnte nicht aufhören sich Sorgen um ihn zu machen. Es war doch wirklich seltsam, dass er nicht auftauchte, denn beim Unterricht war es sich ganz sicher, dass man ihn nicht einfach schwänzen durfte. Nach der vormittäglichen Schule ging Sanji direkt in die Küche, um erst einmal seine angestaute Wut verbal an den Köchen auszulassen. Danach herrschte eine sehr gedrückte Stimmung und es war mal wieder schwierig ihnen zu sagen, was sie tun sollten. Nach einer knappen Stunde äußerster Anstrengung war das Mittagessen für heute fertig und Sanji konnte sich mit einem Tablett zu den anderen Insassen gesellen. Sein Blick wanderte über die Reihen der Tische, wie immer auf der Suche nach Zoro. Als er dies merkte, schüttelte er den Kopf und entschied sich, sich einfach zu irgendwem zu setzen. Er wandte sich nach rechts und zu seinem Überraschen und Entsetzen, saß Zoro dort an einem etwas weiter entfernten Tisch. Seltsamerweise saß er nicht alleine dort, sondern gemeinsam mit einem Insassen, den Sanji bisher noch nicht wirklich registriert hatte. Unsicher ging Sanji auf die Beiden zu. Er würde einfach wieder so tun als wäre es nicht passiert, wie mit dem Kuss auf der Krankenstation damals. Falls Zoro ihn noch einmal so anfassen würde, würde er ihm eine runter hauen. So einfach war das. Trotzdem ließ sich Sanji mit seinem Tablett lieber neben dem Fremden nieder. Er stellte fest, dass Zoro immer noch nach Pisse stank und scheinbar nicht auf der Krankenstation gewesen war. „Ah, da ist ja die Heulsuse“, murrte Zoro und sein Blick verfinsterte sich. „Hast du dich wieder eingekriegt?“ „Wo warst du die ganze Zeit, Marimo?“, fragte Sanji und überging seine Bemerkung. „Spandam wollte an mir ein Exempel statuieren oder so etwas in der Art“, antwortete Zoro und deutete auf den Fremden. „Der ist neu hier und hat direkt Ärger gemacht, deshalb hat Spandam mich aus der Zelle genommen und ihm vorgeführt. Aber das hat ihn nicht wirklich interessiert. Langsam glaube ich, Spandam wird noch wütender auf ihn als auf dich.“ Sanji drehte sich dem Fremden zu und blickte ihn genauer an. Ein freches Grinsen hatte sich auf seinen Lippen bildet. Über seinen Wangen und seiner Nase verteilten sich Sommersprossen, seine Augen waren ebenso so dunkel wie seine Haaren, die ihm bis in den Nacken fielen. Einige Strähnen fielen ihm ins Gesicht. Er hatte einen gut gebauten Körper, selbst in den dämliche Gefängnisklamotten sah er gut aus. „Darf ich mich vorstellen?“ Er streckte Sanji eine Hand entgegen. „Portgas D. Ace.“ Kapitel 8: 97 Tage [8] Zoro --------------------------- Heute war es soweit. Heute würde Zoro Kuina wieder treffen. Er konnte kaum glauben, dass erst zwei Monate vergangen waren. Bei allem, was hier tagtäglich los war, fühlte es sich eher an als würde er hier bereits seit einem halben Jahr einsitzen. Dass er irgendwann wieder frei sein wird, kam ihm wie ein entfernter Traum vor, den er nicht zu träumen wagen durfte. Spandam gab sich große Mühe den Insassen das Leben schwer zu machen. Immer mal wieder sah man einen Gefangenen mit besonders schweren Verletzung, auch Ace hatte da bereits seine Bekanntschaften machen müssen, nur hatte Spandam dafür mit einem blauen Augen und einem gebrochenen Wangenknochen bezahlt. Mit Ace verstand sich Zoro ausgezeichnet. Er würde drei Monate nach ihnen entlassen werden, bisher hatte Zoro keine Ahnung, warum er eingebuchtet wurde, aber eigentlich war es ihm auch egal. Wenn man sich hier mit den Insassen einigermaßen verstehen wollte, durfte man nicht hinterfragen, welche illegalen Taten sie hierher gebracht hatten. Das würde es nur noch schwieriger machen. Sanji hatte sich wieder eingekriegt, zumindest so halb. Sie taten so als wäre dies niemals vorgefallen, doch Zoro musste häufig daran denken, vor allem nachts. Dieser idiotische Koch... am Schlimmsten war es, wenn er sich gerade geduscht hatte. Wenn seine Haare noch nass waren und im Licht golden glänzten und er so frisch roch, alleine von Geruch und Anblick konnte Zoro spüren, dass er hart wurde. Das machte die Sache alles andere als einfach. Er konnte nur hoffen, dass die nächsten drei Monate schneller vorbei gingen, denn lange hielt er es nichts mehr aus nichts zu tun. Natürlich wollte er Sanji nicht gegen dessen Willen zum Sex zwingen, aber einen Annäherungsversuch könnte er doch noch einmal starten. Dem Koch hatte es gefallen und genau das überforderte diesen, schließlich hatte er noch nie etwas mit einem Kerl gehabt. Zumindest glaubte Zoro dies und er war sich sicher, dass es gar nicht so abwegig war, obwohl er nicht viel von Gefühlen verstand. Heute waren diese Gedanken jedoch weniger wichtig. Beim Mittagessen saß er wieder mit Sanji und Ace zusammen, der den Kopf ein wenig schief gelegt hatte und beinahe traurig lächelte. „Ihr habt echt Glück“, sagte er. „Dass ihr Besuch empfangen könnt.“ „Wir mussten zwei Monate darauf warten“, merkte Zoro düster an. „Die Zeit wird für dich auch noch umgehen.“ „Da hast du Recht. Wer kommt denn für euch, wenn ich fragen darf?“ „Meine beste Freundin“, antwortete Zoro. „Wir wohnen zusammen in einer WG. Wie sieht's bei dir aus, Koch?“ „Natürlich kommt meine Freundin“, antwortete Sanji grummelnd. „Aber ich weiß nicht, was dich das angeht.“ „Wenn meine zwei Monate rum sind, bekomme ich Besuch von meinem Bruder.“ Ace seufzte schwerfällig. „Ich habe ihm gesagt, er soll nicht kommen, aber ich denke nicht, dass ihn das aufhalten wird.“ „Wieso solltest du wollen, dass er nicht kommt?“, fragte Sanji überrascht. „Er hat nur Blödsinn im Kopf“, erklärte Ace und lachte. „Ich kann mir gut vorstellen, dass er Ärger macht, wenn er herkommt. Schließlich hatte er erst geplant mich aus dem Gefängnis zu befreien.“ „Klingt als wäre er sogar schlimmer als du“, stellte Sanji fest. „Das kannst du laut sagen.“ Seltsamerweise schien Ace das nicht zu beunruhigen, sondern eher zu amüsieren, wenn er nicht sogar ein klein wenig stolz auf seinen Bruder war. Nach dem Mittagessen war es dann endlich so weit. Sie gaben ihre Tabletts an der Theke ab, verabschiedeten sich von Ace, der zum Spüldienst musste und machten sich mit einem Haufen anderen Gefangenen auf zu den Besucherräumen. Dabei handelte es sich um zwei Räumlichkeiten, die jeweils von einer Glaswand in der Mitte in zwei Hälften getrennt wurden. Auf der einen Seite konnten die Gefangenen sitzen, auf der anderen die Besucher. Um ein wenig Privatsphäre zu sichern, hatte man kleine Kabinen gebaut. Wenn man sich mit seinem Besucher unterhalten wollte, ging dies nur über Telefon, da die Glasscheiben sie komplett voneinander ab schotteten. Zuerst setzten sich die Gefangenen auf ihre Plätze, dann wurden auf der anderen Seite die Besucher herein gelassen. Gespannt starrte Zoro auf die Tür, durch sie, einer nach dem anderen, eintrat. Dass er dabei auch darauf achtete, wer zu Sanji, der gleich neben ihm saß, ging, fiel ihm erst auf, als dessen Freundin eintrat. Zoro wusste nicht, was er erwartet hatte. Ob er geglaubt hätte, Sanji hätte über seine Freundin gelogen oder, dass er mit einem hässlichen Mädchen zusammen war, obwohl er selbst so verflucht gut aussah. Jedenfalls entsetzte es Zoro trotzdem zu sehen, dass seine Freundin ein Bild von einer Frau war. Mit prallen Brüsten, langen orangefarbenen Haare und großen, bronzenen Augen. Ihre Haut war makellos und ihre Gesicht so wohl geformt, wie ihre weiblichen Rundungen. Draußen musste es mittlerweile sehr kalt geworden sein, zumindest trug das Mädchen einen engen, weißen Wintermantel. Obgleich er keinen Ausschnitt zeigte und auch ihre Beine von einer warmen Hosen bedeckt waren, wirkte sie in aller Hinsicht attraktiv. Zoro wollte sich gar nicht ausmalen wie sie unter dieser Kleidung aussah. Wenn Sanji auch nur den Hauch von Verstand besaß, würde er eine solche Frau niemals verlassen. Zoro beobachtete wie sie sich mit einem traurigen Lächeln Sanji gegenüber setzte, blickte dann wieder nach vorne und musste überrascht feststellen, dass Kuina bereits auf ihrem Platz saß und den Hörer in der Hand hatte. Auffordernd blickte sie ihn aus ihren grauen, trüben Augen heraus an. Zoro nahm sofort den Hörer auf und hüstelte ein: „Entschuldigung.“ „Hast du schon einen Steifen?“, fragte Kuina neckisch. „Sowie du die Frau angestarrt hast.“ „Ach, sei doch leise...“ „Du bist doch bisexuell, wenn du es so nötig hast, vögel mit deinem Zellengenossen.“ „Was meinst du, woran ich momentan arbeite“, grummelte Zoro und das brachte sie ein wenig zum Kichern. Er war froh zu sehen, dass sie heute einen ihrer besseren Tage hatte. Manchmal war sie so betrübt und verzweifelt, dass sie sich den ganzen Tag lag in ihrem Zimmer einsperrte, nichts aß oder trank und Gegenstände gegen die Tür warf, wenn er auch nur anklopfte. Wäre heute ein solcher Tag für sie gewesen, wäre sie nicht hier aufgetaucht, denn dann brachte sie nichts und niemand dazu sich aufzuraffen. Zum Glück ging es ihr heute besser. „Wie läuft's bei dir?“, erkundigte sich Zoro. „Zum Kotzen, wie immer“, antwortete Kuina trocken. „Mein Chef ist ein mieses Arschloch und die eine Kollegin ist schon wieder arbeitsunfähig wegen Schwangerschaft. Die bekommt schon ihr drittes Kind, dabei ist sie gerade mal 24 und hat ein Drogenproblem.“ „Wenn du schon bei dem Thema bist“, unterbrach Zoro ehe sie wieder damit anfing ihre Arbeitsstelle eine halbe Stunde lang zu verfluchen. „Hast du in den letzten zwei Monaten was genommen?“ „Was denkst du denn?“, fragte Kuina. „Das waren immerhin zwei Monate, du brauchst mich doch nur anzuschauen und kennst die Antwort.“ Damit hatte sie leider Recht. Ihre Haut war wie immer extrem blass und unter ihren Augen hatten dich dicke, schwarze Ringe gebildet. Heute trug sie ihre blaugefärbten Haare offen und einen braunen Wintermantel mit Fellkapuze über ihrem schmächtigen Körper. „Wie kommst du ohne Alkohol klar?“, fragte sie und Zoro seufzte schwermütig. „Manchmal geht’s, manchmal geht’s nicht“, antwortete er ehrlich. Doch als Kuina daraufhin fragte, ob die Wärter im Gefängnis Arschlöcher waren, log Zoro sie an. „Nein, hier läuft alles geregelt. Man möchte es kaum glauben.“ Schon alleine bei diesen Worten konnte er das Brennen auf seinem Rücken wieder spüren, welches von den Peitschenhieben verursacht wurden war. Da er deswegen nie auf der Krankenstation gewesen war, würden die Verletzungen zu Narben verheilen. Wenn er erst einmal wieder draußen war, würde Kuina diese Narben früher oder später sehen, doch für den Moment wollte er sie nicht beunruhigen. Vor allem nicht, da sie Spandams Druckmittel war. Zoro fragte sich wirklich, woher er wusste, dass sie Drogenprobleme hatte. Scheinbar hatte er sich Zoros Akte durch gelesen und, da Kuinas Name dort überall auftauchte, sich ebenfalls über sie informiert. Die Polizei hatte sie schon mit Drogen erwischt, bisher jedoch noch nicht deswegen verhaftet. Zoro wüsste nicht, wie genau Spandam darauf Einfluss nehmen könnte, doch alleine die Angst davor, dass es nicht nur leere Worte waren, brachten ihn dazu diese Nacht zu verheimlichen. Direktor Kuzan hatte davon wohl nichts mit bekommen, wie er auch von Ace und den anderen Opfern, die nach Sanji kamen, nichts mit bekommen hatte. Oder, was Zoro viel eher vermutete, er verschloss die Augen davor und ließ es einfach geschehen. Schließlich endeten sie doch dabei, dass sich Kuina über ihren Arbeitsplatz ausließ. Seit einiger Zeit arbeitete sie nun schon als Kassiererin in einem kleinen Laden, der gleich um die Ecke von ihrer gemeinsamen Wohnung war. Da sie in einer ziemlich üblen Gegend wohnten, hatte Kuina schon zwei Raubüberfälle mit erlebt. Sie kannten nur Leute in sozialen Problemlagen. Zoro konnte wirklich nicht eine Person benennen, die ein einigermaßen normales Leben führte und mit ihm bekannt war. Nach einer knappen Stunde war die Besuchszeit vorbei und alle Besucher wurden dazu gedrängt raus zu gehen. Die Gefangenen bekamen wieder die Handschellen angelegt und wurden zurück ins eigentliche Gefängnis gebracht. Erst als sie über die Schwelle im untersten Stockwerk waren, nahm man ihnen die Schellen wieder ab. „Ihr habt noch zwei Stunden Freigang“, sagte einer der Wärter. Zoro entschied sich nach draußen zu gehen und zu seiner Freude folgte Sanji ihm. Als sie jedoch im Hof landeten, fuhr ihnen ein eisiger Wind unter die Klamotten und viele der Insassen flüchteten wieder in die Wärme des Gebäudes. Auch Zoro blieb stehen und überlegte, ob er wieder hinein gehen sollte, dann merkte er, dass Sanji langsam an ihm vorbei ging. Der Wind blies durch seine goldenen Haare, die schlanken Arme des Kochs umschlangen seinen Körper als wollte er sich selbst umarmen. Irgendetwas stimmte mit ihm nicht. Vorsichtig folgte Zoro ihm, bis sich Sanji auf der Bank nieder ließ, auf der sie so häufig zusammen saßen und betrübt den Boden anstarrte. „Was ist passiert?“, fragte Zoro und setzte sich neben ihn. Vielleicht hatte seine Freundin mit ihm Schluss gemacht. Zoro ertappte sich dabei dies sogar zu hoffen und er konnte nicht behaupten deswegen ein schlechtes Gewissen zu haben. Komm schon, Koch. Sie hat Schluss gemacht und jetzt kann ich dir Trost spenden. „Ich habe...“, setzte Sanji an, brach dann jedoch ab. Seufzend legte er den Kopf in den Nacken und starrte in den grauen Himmel. „Ich bin hier, weil ich meinen Stiefvater zusammen geschlagen habe.“ „Okay“, sagte Zoro, überrascht darüber, dass er so offen mit ihm sprach. „Die Wut hatte in der Nacht gewonnen“, erzählte Sanji trübselig. „Und ich habe mich rächen wollen, für alles, was er meiner Mutter und mir angetan hat. Und... Nami, also meine Freundin, hat mir gerade erzählt, dass... meine Mutter mich nicht besuchen kommen wird, weil sie wütend auf mich ist, dass ich es gemacht habe. Sie will weiterhin mit ihm zusammen sein.“ Sanji blickte Zoro verletzt an, dem ein wenig der Mund offen stand. Als er es merkte, klappte er seine Lippen sofort aufeinander und schluckte hart. Bisher hatte Zoro geglaubt, dass Sanji sich mit irgendeinem Typen auf der Straße geprügelt hatte. Zum Koch hätte dies gepasst, wo er doch schon an die Decke ging, wenn Zoro ihn nur als 'Heulsuse' bezeichnete. Aber, dass eine solche Geschichte hinter seiner Inhaftierung steckte, hatte Zoro nicht erwartet. Er befand sich in einer ähnlichen Lage wie er selbst. „Ich verstehe das nicht“, sagte Sanji und klang wie ein hilfloser, kleiner Junge. „Ich verstehe nicht, wie sie ihn immer noch lieben kann, nach allem, was passiert ist. Ich weiß, dass es viele Frauen gibt, die mit Männern zusammen leben, von denen sie misshandelt werden. Aber... welche Frau... welche Mutter liebt den Mann, der ihren Sohn schlägt? Sie hat nie etwas unternommen als ich klein war und jetzt habe ich mich für alles gerächt und werde dafür eingebuchtet, während er weiterhin frei herum läuft? Weil er Alkoholiker ist und deswegen unzurechnungsfähig? Ist das eine geeignete Ausrede, um für Kindesmisshandlung nicht im Gefängnis landen zu müssen? Ich verstehe es einfach nicht.“ Mit jedem Wort mehr, das er sprach, klang Sanji als würde er kurz davor stehen zu weinen. Wütend ballte Zoro die Hände zu Fäusten. „Und jetzt verstößt sie mich anstatt ihn“, fuhr Sanji fort. „Weil ich im Gefängnis sitze, ist sie enttäuscht. Aber, wenn ich ihr gesagt habe, ich bin enttäuscht, dass sie nicht die Stärke besitzt sich von diesem Arschloch zu trennen, meint sie, ich würde das nicht verstehen. Aber eigentlich hat sie auch recht, ich verstehe es wirklich nicht! Kannst du es mir erklären?“ Zoro ließ seine rechte Faust vorschnellen und sie traf Sanji hart gegen den Kiefer. Mit einem schmerzerfüllten Keuchen fiel er beinahe von der Bank herunter, konnte sich jedoch noch rechtzeitig an der Lehne festklammern und blickte Zoro verwirrt und gleichzeitig wütend an. Eine Träne hatte sich nun ihren Weg über Sanjis rechte Wange gebahnt. „Was sollte das denn, Marimo?!“, rief Sanji aufgebracht. „Bist du total bescheuert?!“ „Es ist echt schade um dein hübsches Gesicht, aber das musste sein“, murrte Zoro. „Hör auf über die Vergangenheit zu heulen. Was passiert ist, ist passiert und du kannst es nicht mehr ändern. Welche Mutter zuschaut, während ihr Kind misshandelt wird? Ich kann es dir sagen: Eine schlechte Mutter! Und eine solche hat es auch gar nicht verdient, dass du ihr hinterher läufst, also überlasse sie ihrem Schicksal, wenn sie es unbedingt will. Und, was die Sache mit deinem Stiefvater angeht... dass du eingesperrt wurdest, aber er nicht... so ist nun einmal die Welt. Unfair und scheiße. Gewöhne dich besser dran, denn so wird es für den Rest deines Lebens weiter gehen.“ Gerade als Zoro geendet hatte, standen ihnen zwei Wärter gegenüber. „Was sollte das denn?“, fragte einer von ihnen an Zoro gewandt. „Nichts, es hat sich schon geklärt“, antwortete Sanji, ließ den Blick dabei jedoch nicht von dem anderen Insassen. Noch etwas missmutig blieben die Wärter stehen, gingen nur langsam wieder weg. Alle paar Meter wandten sie sich um, um ganz sicher zu gehen, dass sich die Beiden wirklich nicht anfingen zu prügeln wie es auf dem Hof häufig der Fall zwischen zwei Gefangenen war. Eigentlich hätte Zoro auch erwartet, dass Sanji zurück schlägt, stattdessen setzte er sich wieder ordentlich hin. Mit einer Hand rieb er sich über die Stelle, die Zoro getroffen hatte und schon ein wenig rot wurde. „Du bist einfach nur ein beschissener Pessimist“, sagte Sanji und wischte sich die Träne von der Wange. „Für jeden wird es irgendwann besser.“ „Wer's glaubt.“ „Du wirst schon sehen...“ Für einen Augenblick zögerte Sanji als wollte er noch etwas machen, doch im Endeffekt stand er einfach nur auf und ging zurück zum Gebäude. Mit zusammen gezogenen Augenbrauen blieb Zoro sitzen und beobachtete wie der Koch immer kleiner wurde und schließlich in der Tür verschwand. Vielleicht war Zoro zu hart zu ihm gewesen, aber was sollte es auch bringen, wenn man über die Vergangenheit weinte. Stelle dir niemals die 'Was wäre wenn – Frage'. Das war eine der Regeln von Kuina und ihm. Stelle sie dir niemals, denn es brachte nichts außer Schmerzen. „Ihr Zwei könnt euch auch nur streiten.“ Zoro blickte auf und erkannte Ace, der locker zur Bank schlenderte und sich dann dort niederließ, wo Sanji zuvor gesessen hatte. „Der Koch regt mich eben ständig auf“, murrte Zoro. „Ich habe was Beunruhigendes gehört“, sagte Ace. Ein etwas stärkerer Wind fegte über den Hof und ließ seine schwarzen Haare um sein Gesicht wehen. Die Brise jagte Zoro eine Gänsehaut über die Arme, doch er ignorierte die Kälte. „Von wem und was?“ „Ein paar Wärter haben darüber gesprochen, während ich Spüldienst hatte. Ich weiß nicht, weshalb, aber angeblich soll Direktor Kuzan für einige Woche weg sein und in dieser Zeit wird Spandam das Gefängnis übernehmen.“ Kapitel 9: 90 Tage [9] Sanji ---------------------------- Als Zoro ihm erzählte, was Ace während dem Spüldienst aufgeschnappt hatte, hatte Sanji inständig gehofft, dass sich der Dunkelhaarige nur verhört hatte. Heute wurde den Insassen dann offenbart, dass die Gerüchte stimmten. Niemand wusste genau wieso, doch Direktor Kuzan verließ das Gefängnis und überließ die Leitung Spandam. Einige glaubten der Direktor hätte Probleme in seiner Familie, wieder andere erzählten sich er würde eine schwere Krankheit haben und in Behandlung gehen, doch die meisten waren sich ziemlich sicher, dass er sich ein paar Wochen Urlaub gönnte. „Es gibt drei Stockwerke!“, regte sich Ace beim Frühstück auf. „Und somit auch drei Stockwerkleiter. DREI. Warum um alles in der Welt lässt Kuzan zu, dass Spandam die Leitung übernimmt? Hätte er nicht einen von den anderen Beiden nehmen können? Die fallen so wenig auf, dass ich sie nicht einmal kenne!“ „Es bringt doch nichts sich darüber aufzuregen“, grummelte Marimo. Der ließ auch einfach alles über sich ergehen und Sanji wusste nicht, ob dies besonders dämlich oder besonders traurig war. Was er ihm einige Tage zuvor im Hof gesagt hatte, wollte Sanji nicht mehr aus dem Kopf gehen. Und das lag nur daran, dass Zoro diesen schmerzlichen Ausdruck in den Augen hatte. Er litt unter dem Leben, das er führte und Sanji wollte glauben, dass es ihm eines Tages besser gehen würde. Für einen Augenblick hatte er ihm einen Kuss auf die Wange geben wollen, es dann jedoch sein gelassen, da sie sich nun einmal auf dem Hof befanden. Die beiden Wärter hatten sie noch immer beobachtet und sicher hätten es auch ein paar Gefangene mitbekommen und dann wäre das Geschrei groß gewesen. Sanji wollte nicht für den Rest der Zeit als Schwuchtel bezeichnet werden. Was Sanji ebenfalls nicht aus dem Kopf ging, war die Tatsache, dass er sich über Namis Besuch nicht so sehr gefreut hatte wie er sollte. Jeder Blinde konnte erkennen, dass sie eine wunderschöne Frau war, doch ihr Anblick ließ in ihr keine Bedürfnisse oder tieferen Gefühle hochkommen. Ganz im Gegensatz zu Zoro, zu dem er sich nachts gerne ins Bett legen würde, die schmalen, rauen Lippen küssen, noch mal seinen heißen Atem auf der Haut spüren... alleine bei der Vorstellung wurde Sanji ganz anders in der Hose. Schnell verwarf er sie und hörte weiterhin zu, wie sich Ace beschwerte. Nach dem Frühstück ging es für alle wieder runter zum Unterricht. Heute war Smoker noch schlechter gelaunt als ohnehin schon und eröffnete den Vormittag mit einer Hassrede gegen Spandam. „Die nächsten Wochen werden für alle Anwesenden hart“, sagte er schließlich, nachdem er die schlimmsten Beleidigungen ausgepackt hatte, die sich Sanji nur vorstellen konnte. „Und ich möchte, dass ihr wisst, warum sie so hart werden. Selbst ich weiß, dass Spandam derjenige ist, der sich gerne Gefangene raus pickt, um sie nachts zu verprügeln. Er ist ein Sadist und er hat ungefähr zehn Wachmänner, die ihm liebend gerne helfen. Warum unternimmt niemand etwas dagegen? In diesem Gefängnis ist Kuzan zwar der Direktor, doch auch er ist noch einer Person zusätzlich unterstellt und diese Person ist niemand anderes als Spandams Vater.“ Ein allgemeines Stöhnen ging durch die Runde. Jemand ließ in der hinteren Reihe den Kopf auf den Tisch knallen und Zoro ballte neben Sanji die Hände zu Fäusten. Sanji selbst konnte spüren, wie die Wut in ihm aufkochte. Aber das passte zu Spandam, dass er sich hinter dem Rücken seines Vaters versteckte. „Und was passiert, wenn Direktor Kuzan Anschuldigungen hervor bringt? Ja, er wird für ein paar Wochen suspendiert. Das ist so ungefähr die Rache dafür, dass Kuzan zuvor Spandam suspendiert hat“, beendete Smoker seine Erklärungen. „Ich weiß, dass viele von euch einen Hass auf Kuzan verspüren, aber er steht hinter euch. Nur, solange Spandei nicht hinter euch steht, wird sich in diesem Gefängnis nichts ändern. Jedenfalls wünsche ich euch in den nächsten Wochen viel Glück, ihr werdet es brauchen.“ Nach dieser Erkenntnis war der allgemeine Hass gegen Spandam gestiegen. Während dem Vorbereiten des Mittagessens hobelte Sanji mit äußerst schlechtem Gesichtsausdruck Käse in einen Silberbehälter. In der Zwischenzeit kochten die Kantinenköche Nudeln, Tomatensoße ohne Fleisch und Tomatensoße mit Fleisch. Ausnahmsweise hing mal ein angenehmer Geruch in der Luft. Als Spandam, die Hände hinter dem Rücken verschränkt, in die Küche trat, hätte Sanji schwören können, dass es plötzlich zu stinken anfing. Doch vielleicht lag dies auch nur daran, dass er diesen Mann so sehr verachtete. Selbst die Köche warfen ihm missmutige und herablassende Blicke zu, unternahmen jedoch nichts als Spandam an Sanji heran trat. Er kam ihm so nahe, dass Sanji seinen Atem am Ohr spüren konnte und das rief eine Art Gänsehaut hervor, die sich absolut widerlich anfühlte. Am liebsten hätte er einen Schritt fort gemacht, doch er wollte Spandam zeigen, dass er sich nicht unterkriegen ließ. Er wollte ihm die Stirn bieten. „Direktor Kuzan ist nicht mehr hier, um dich zu beschützen“, säuselte Spandam und legte einen Arm um Sanjis Schulter. Unter der Berührung wurde ihm beinahe schlecht. Wütend blickte er in das harte, kantige Gesicht des Leiters, das von einem schadenfreudigen Grinsen gezeichnet war, welches nichts Gutes bedeuten konnte. „Du wirst nicht in dieser Küche arbeiten.“ „Werde ich wohl“, entgegnete Sanji. „Solange ich hier das Sagen habe, wirst du das nicht tun.“ Er packte den Behälter mit dem gehobelten Käse und warf ihn zu Boden. Scheppernd landete er auf den Fließen und überall verteilten sich die gelben Scheiben. Noch immer entschieden sich die Köche die Beiden zu ignorieren und gingen ihrer Arbeit nach. „Jetzt geh zurück in deine Zelle. Heute fällt das Essen für dich aus.“ Widerwillig bewegte sich Sanji. Er löste sich aus der halben Umarmung und warf Spandam einen wütenden Blick zu, in dem sich all der Hass wieder spiegelte, den er gegen diesen Mann verspürte. Den Käse und das Gerät zum Hobeln stellte er auf einem der Ablagen ab, ehe er die Küche verließ. Draußen wurde er schon von zwei von Spandams Schoßhunden erwartet, die ihn zurück in seine Zelle brachten. Kaum, da er drin war, spürte er, dass es eiskalt war. Wenn er atmete, bildeten sich kleine Wolken vor seinem Mund. Zoro saß auf seinem Bett und hatte die Arme um seinen Körper geschlungen. Mit klappernden Zähnen blickte Sanji ihn an. „Was ist denn hier los?“, fragte er verwirrt. Zoro deutete auf das kleine Fenster, welches sich oberhalb der Wand gegenüber der Tür befand. Es war mit Gittern versehen, doch Sanji konnte erkennen, dass das eigentliche Fenster offen stand. „Die können wohl im Zentralbüro per Knopfdruck geöffnet werden“, erklärte Zoro. „Das machen die nachts im Sommer, damit es etwas kühler in den Zellen wird. Keine Ahnung, ob nur unser Fenster offen ist, aber ich gehe jede Wette ein, dass Spandams jedes Zellenfenster geöffnet hat. Warum bist du schon wieder hier?“ „Spandam hat mich aus der Küche geworfen“, antwortete Sanji grummelnd und blickte finster das offene Fenster an, durch das stetig kalte Luft drang. „Außerdem hat er mir gesagt, ich bekomme heute nichts zum Essen. Es fängt schon einmal gut an.“ Wie sich herausstellte, ließen die Wärter Sanji nicht einmal seine Zelle verlassen. Den ganzen Tag lang saß er in sein Laken gewickelt und fror. Irgendwann nahm sich noch Zoros Laken hinzu, doch das brachte nicht viel. Seine Füße und Hände fühlten sich taub an, seine Ohren und Wangen waren knallrot, während seine Lippen schon langsam die Farbe von Blau annahmen. Unablässig zog die eisige Luft herein und schließlich musste Sanji auch noch mit dem Hunger kämpfen. Sein Magen grummelte vor sich hin und tat schon bald weh, doch das Frieren war noch immer schlimmer. Zäh wie die Ewigkeiten zogen sich die Stunden hin und Sanji konnte nur darüber nachdenken wie gerne er Spandam dafür verprügeln wollte, was er ihm hier antat. Ihm war klar, dass dies hier erst der Anfang war. Solange Kuzan nicht hier war, hatte Spandam freie Hand und er würde sich noch viele Sachen einfallen lassen, wie er die Gefangenen quälen konnte. Als Zoro nach dem Abendessen zurück in die Zelle kam, saß Sanji zusammen gesunken auf seinem Bett. Die Knie an den Körper heran gezogen, umschlang er sie mit den Armen und hatte das Gesicht in der Lücke verborgen. Außer seinen Haaren, die hervorschauten, war sein Körper in die Laken eingewickelt. Er konnte hören wie die Zellentür wieder zufiel und wusste, dass er Zoro sein Laken zurück geben musste, doch ihm war zu kalt als dass er sich hätte bewegen wollen. „Hier drin ist es ja wie in einem Eisfach“, ertönte Zoros raue Stimme. „Bei den anderen Gefangenen sind übrigens auch die Fenster offen. Jetzt foltert er uns alle gleichzeitig. Heute hat er sich nicht gezeigt, sonst hätte er sich was anhören müssen... die Gefangenen sind alle extrem wütend... alles okay bei dir?“ Sanji spürte wie Zoro ihm näher kam also erbarmte er sich dazu sich zu bewegen. Er riss ein Laken von seinem Körper und warf es Marimo vor die Füße, dann kehrte er in seine ursprüngliche Haltung zurück und knurrte leise: „Lass mich in Ruhe erfrieren.“ „Dein Gesicht ist knallrot“, stellte Zoro fest. „Wie gesagt, bin ich am erfrieren“, murrte Sanji. Erschrocken zuckte er zusammen als Zoro ihn am Ohr berührte. Seine Finger waren warm. So warm, dass es beinahe brannte als er das rote Ohr berührte und sanft darüber fuhr. „Du bist eiskalt.“ „Das kann dir egal sein!“ Sanji stieß seine Hand weg und zog das Laken etwas enger um seinen Körper. Finster blickte er auf in das Gesicht von Zoro, welcher beinahe besorgt wirkte. Nichts täte Sanji lieber als sich an Zoros warmen Körper heran zu kuscheln und von ihm noch einmal geküsst zu werden... kaum, da er den Gedanken beendet hatte, schüttelte verstört den Kopf. „Dann frierst du eben“, sagte Zoro säuerlich, hob sein Laken auf und legte sich in sein Bett. Schweigend lagen sie nur dort bis das Licht ausging und die Nacht über sie herein brach. Und nun wurde es noch kälter. Sanji war so am zittern, dass er mit dem Zähneklappern nicht aufhören konnte. Mittlerweile lag er auf dem Bett, welches so hart wie Stein war, eingerollt wie eine Katze und hauchte heißen Atem auf seine Finger, doch es nutzte nicht sehr viel. Es fühlte sich nur an als würden sie mit Nadeln durchbohrt werden, da sie bereits taub vor Kälte waren. Jede Nacht fühlte sich im Gefängnis länger an als sie es eigentlich war, doch heute war es besonders schlimm. Ich könnte ihn fragen. Aber dann ging er vielleicht davon aus Sanji würde mehr wollen. Wir könnten uns gegenseitig wärmen. Ich muss ihn nur fragen. Und wenn er ihn dann wie eine Hure behandelte? Aber eigentlich hätte Zoro ihn hier jede Nacht überwältigen und vergewaltigen können. Er war körperlich stärker, das wussten sie Beide. Er brauchte keine Angst vor Marimo zu haben. Ich frage einfach. Aber das könnte auch äußerst peinlich enden. Aber es ist so kalt... „Marimo?“, nahm Sanji irgendwann all seinen Mut zusammen. Seine Stimme war nicht mehr als ein Wispern. „Schläfst du?“ „Denkst du ich kann in dieser Scheißkälte auch nur ein Auge zudrücken?“, knurrte Zoro. „Kann ich zu dir kommen?“ Er hatte gefragt. Sanji spürte wie ihm die Röte ins Gesicht stieg und diese seine Wangen erhitzte. Wenigstens war ihm jetzt im Gesicht warm. Eine ganze Weile lang – zumindest fühlte es sich für Sanji lang an – antwortete Zoro nichts, dann sagte er: „Dann komm her, Koch.“ Jetzt gab es kein Zurück mehr. In der Dunkelheit konnte Sanji die Hand vor Augen nicht sehen und stieß sich an Zoros Bett das Schienbein. Fluchend setzte er sich hin, das Laken hatte er mitgenommen und um seinen Oberkörper gewickelt. Er spürte wie Zoro ihn an den Schultern fasste und sanft neben sich auf das Bett drückte. Da dieses nicht sonderlich groß war, mussten sie eng aneinander rücken... in Löffelchenstellung. Sanji war sich sicher nie in seinem Leben so rot gewesen zu sein wie in diesem Moment und er war beinahe froh, dass es immer so verdammt dunkel in den Zellen war. Zoro umarmte ihn von hinten, hielt ihn mit diesen muskulösen Armen fest und presste Sanji an seine warme Brust. Er spürte den heißen Atem des Älteren in seinem Nacken. Eine wohlige Gänsehaut breitete sich auf seinem gesamten Körper aus und ließ ihn die Kälte wenigstens ein bisschen verdrängen. Niemals hätte Sanji gedacht eines Tages in solch einer Stellung zu liegen. Zoro hatte einen Arm unter seinen Kopf geschoben, sodass Sanji ihn wie ein Kissen benutzen konnte und mit dem Anderen umklammerte er seinen Oberkörper und Sanji umfasste mit seinen Händen einfach nur diesen Arm. Er fühlte sich wie beschützt und geborgen. Gegen die Kälte half es nur ein wenig, aber das war auch nicht weiter schlimm. Zoros gleichmäßiger Atem war beruhigend. Irgendwann gab er Sanji einen Kuss in die Haare, doch mehr passierte in dieser Nacht nicht. Sie genossen einfach nur ihr Beisammensein und konnten sogar ein wenig schlafen. Kapitel 10: 85 Tage [10] Zoro ----------------------------- Gestern hatte sich Spandam endlich dazu erbarmt die Fenster zu schließen und noch immer stand die Kälte in den Zellen. Über die Hälfte der Gefangenen war krank, ein guter Teil davon lag auf der Krankenstation, die maßlos überfordert war und die Anderen mussten weiße Schutzmasken tragen, damit sie niemanden ansteckten. So auch Sanji. Und Zoro musste gestehen, dass ihn der Anblick auf sexuelle Gedanken brachte. Die Maske bedeckte Nase und Mund, zeigte aber die dunklen Augen des Kochs, an deren Blick man erkennen konnte wie genervt er war. Seine blonden Haare sahen heute besonders zerzaust aus und die Wangen schienen ein wenig erhitzt zu sein. Beim Frühstück schob er nur lustlos das Brot hin und her. Mal wieder saßen Zoro und Sanji gemeinsam mit Ace, der irgendwann seine Hand hob und damit die Stirn des Kochs fühlte. Bei dieser Berührung durchfuhr Zoro ein seltsamer Anflug von Wut und Eifersucht, die er schnell herunter schluckte. Als ob Ace etwas von Sanji wollen würde... „Du glühst“, stellte Ace fest und ließ die Hand wieder sinken. „Du solltest dich ebenfalls auf der Krankenstation melden.“ „Geht schon...“ Sanji schob die Maske ein wenig vor, damit er ein Stück Brot in den Mund stecken konnte. Während er kaute, setzte er die Maske wieder richtig auf und man konnte erkennen wie schwer es ihm fiel das Essen herunter zu würgen. „Du hast Fieber.“ Wenn Zoro eines über Ace gelernt hatte, dann, dass er ein Sturkopf war, der nicht so leicht aufgab. Es war also kein Wunder, dass er Sanji nicht einfach in Ruhe ließ. „Du hast von uns allen am meisten Zeit in der Zelle verbracht. Gestern hast du dich auch über Kopfschmerzen beschwert.“ „Es geht schon“, beharrte Sanji. „Verdammter Dickkopf...“, murmelte Ace. Während des Unterrichts verschlechterte sich Sanjis Zustand zunehmen. Schließlich hatte er die Arme auf dem Tisch verschränkt und den Kopf auf diesen abgelegt. Da einige Schüler während des Unterrichts schliefen, interessierte es Smoker nicht weiter und er fuhr ungehalten fort. Gemeinsam gingen sie danach in ihre Zelle zurück. Früher hätte Sanji in der einen Stunde Wartezeit in der Küche geholfen, doch Spandam hatte ihn aus dieser endgültig rausgeschmissen. Kaum, da die Zellentür hinter ihnen geschlossen wurde, warf sich Sanji auf Zoros Bett. „Du weißt, dass das mein Bett ist?“, fragte Zoro, worauf Sanji nur genervt stöhnte. Er nahm die Atemmaske von seinem Gesicht und offenbarte erhitzte Wangen, über die Zoro mit sanften Fingern strich. „Ace hat Recht, du glühst. Du solltest dich wirklich in der Krankenstation melden.“ „Lass mich in Ruhe glühen...“ „Idiot.“ Zoro setzte sich neben ihn auf die Kante des Bettes und begann mit einer Hand durch die blonden Haare und über das warme Gesicht zu streicheln. Ein stummes Schmunzeln bildete sich auf den Lippen des Kochs und er schloss die Augen, was ihm den Ausdruck verlieh als würde er die Berührungen genießen. In den letzten fünf Nächten hatten sie immer gemeinsam in Zoros Bett geschlafen. Auch nachdem die Fenster wieder zu waren und sie es gar nicht mehr nötig gehabt hätten. Sanji konnte nicht länger leugnen, dass es ihm gefiel und scheinbar tat er dies auch gar nicht mehr. Minutenlang kraulte Zoro ihm im Nacken und Rücken, streichelte ihm über die Wangen, bis er feststellte, dass Sanji darüber eingeschlafen war. Ein Schmunzeln bildete sich auf Zoros Lippen. Vielleicht war es besser, wenn er ein wenig schlief, schließlich hatte er Fieber. Als die Wärter die Zellentüren öffneten, um sie zum Mittagessen zu holen, weckte Zoro Sanji nicht auf. Draußen stand zufälligerweise gerade einer der Wärter und Zoro zog es vor ihm Bescheid zu geben bevor Sanji noch Ärger bekam. Skeptisch zog der Wärter die Augenbrauen zusammen. „Er ist wirklich krank“, murrte Zoro. „Und auf der Station ist kein Platz mehr.“ „Ich weiß“, murmelte der Wärter. „Ich hoffe nur, dass Spandam davon nichts mit bekommt.“ Schnell schloss er die Zellentür ab, damit niemand sehen konnte, dass Sanji noch drin lag und schob Zoro in Richtung Kantine. Etwas überrascht war er über die Freundlichkeit des Wärters, die man hier nicht allzu häufig zu spüren bekam, aber es konnte ja auch nicht jeder auf Spandams Seite stehen. Zu Mittag gab es einigermaßen gutes Essen. Scheinbar hatten die Köche sich einige Tipps von Sanji zu Herzen genommen und gaben sich etwas mehr Mühe beim Kochen, auch wenn es Sanjis Niveau noch lange nicht erreichte. Wie immer setzte sich Zoro an irgendeinen Tisch und begann zu Essen. In der Regel kamen Ace und Sanji mit der Zeit immer dazu beziehungsweise, würde ihm heute wohl nur Ace Gesellschaft leisten. Dieser stand noch ungeduldig in der Warteschlange vor der Theke. Minuten verstrichen ohne, dass etwas besonderes passierte und Zoro kaute halbherzig auf einem Stück Fleisch herum, während er in Gedanken bei Sanji war. Wenn der Koch doch nur nicht krank wäre, dann würde Zoro versuchen ihn noch heute Nacht flach zu legen. Doch solange er hohes Fieber hatte, konnte er das Sanji nicht zumuten. Außerdem hatte er keine Lust darauf selbst krank zu werden. Sobald er wieder gesund war, würde Zoro sich nicht mehr zurück halten. Niemand konnte ihm erzählen, dass Sanji nicht dasselbe wollte. Gerade als Ace endlich auch sein Essen hatte und den Weg zu Zoro antrat, krachte die Tür zur Kantine auf und Spandam kam herein gestapft. Eine Hand war in den blonden Haaren von Sanji vergraben, an denen er ihn in den Raum hinein schleifte. Sogleich war Zoro auf den Beinen und Wut kochte in ihm hoch. Verzweifelt versuchte Sanji sich zu befreien, doch Spandam zog nur fester an den Haaren, sodass ein Schmerzenslaut über die Lippen des Kochs kam. Als die Beiden die Mitte der Kantine erreicht hatte, warf Spandam Sanji zu Boden und trat mit einem Fuß auf sein Handgelenk, sodass er sich nicht bewegen konnte. Alle Blicke waren schweigend und verbissen auf sie gerichtet. „Mir geht es am Arsch vorbei, wie krank ihr seid!“, brüllte Spandam, während ein fieses Grinsen seine Lippen zierte. „Denkt ihr, ihr dürft hier machen, was ihr wollt? Einfach in der Zelle schlafen, wenn gerade Mittagessen ist? Sicherlich nicht! Jeder, der glaubt, hier machen zu können, was er will, wird von mir dafür bestraft.“ Und damit trat er Sanji direkt ins Gesicht. Zoro dachte nicht mehr länger nach. Blind vor Wut sprang er über die Bank und wollte sich auf Spandam stürzen, doch jemand anderes war schneller zur Stelle: Ace. Mit einem kräftigen Stoß schubste er Zoro aus der Bahn, welcher hart gegen eine Tischkante krachte und mit einem schmerzhaften Keuchen zu Boden ging. Danach ging Ace selbst auf Spandam los, der vor Überraschung nicht reagieren konnte. Ein kräftiger Schlag mit der Faust landete direkt in Spandams Gesicht. Und er konnte noch ein paar mehr Schläge verteilen ehe Wärter bei ihm waren, um ihn herunter zu zerren und festzuhalten. Wie schon damals, als Zoro Spandam in der Kantine eine runter gehauen hatte, begannen die anderen Gefangenen zu jubeln und zu klatschen. Diesmal lauter und beinahe aggressiv. Ein paar andere Insassen machten Anstalten sich in das Chaos zu stürzen, doch die Wärter trieben sie zurück. Es fehlte nicht mehr viel für einen Aufstand, das wurde Zoro bewusst. Verbissen hielt er sich die Seite mit der er gegen die Kante geknallt war, ein scharfes Brennen zog durch seine Rippen und er atmete spitz Luft ein. Vorsichtig stand er auf und ging rüber zu Sanji, der sich aus der Gefahrenzone robbte und keuchend auf dem Boden liegen blieb. Über seinem Auge zeigte sich knallrot der Absatz von Spandams Schuh, es begann bereit zuzuschwellen. „Du machst uns immer nur Ärger, Koch“, grummelte Zoro. „Du hast mich nicht geweckt!“, fauchte Sanji. Indessen ergriff Spandam die Flucht, während Ace ihm noch hinterher brüllte, dass er zurück kommen und sich ihm stellen sollte. Ein anderer Mann, vielleicht der Leiter aus einem anderen Stockwerk, erklärte das Mittagessen lauthals für beendet. Diejenigen, die noch nicht einmal dazu kamen sich etwas an der Theke zu holen, verfielen in Protest. Schließlich entschieden sich die Wärter dazu, dass sich alle etwas zu Essen mit auf die Zelle nehmen konnten, und diese Lösung wurde grummelnd akzeptiert. Trotzdem dauerte es eine gefühlte Ewigkeit bis alle endlich aus der Kantine draußen waren. Die Wärter hatten Ace als Erstes mit sich gezerrt. Jetzt, da Kuzan nicht mehr da war, würde die Strafe für ihn um einiges heftiger ausfallen. Zumindest konnte sich Zoro dies gut vorstellen. „Wieso hast du mich geweckt, Marimo?!“, plärrte Sanji los, kaum da sie in ihrer Zelle zurück waren. Auf den Fluren herrschte noch ein reges Durcheinander von Stimmen und Fußgetrampel, welches gedämpft wurde als die Tür hinter ihnen ins Schloss fiel. „Wegen dir bekommt Ace jetzt Ärger!“ „Du hast Fieber, ich dachte es würde dir gut tun zu schlafen!“, entgegnete Zoro. „Und wie gut es mir getan hat!“, rief Sanji sarkastisch und deutete auf das zugeschwollene Auge. Seine Haare standen in alle Himmelsrichtungen ab, Spandam hatte ihm einige herausgerissen. „Oh ja, mal wieder hat mich Spandam vor versammelter Mannschaft blamiert und mal wieder musste mich jemand retten und mal wieder muss derjenige jetzt dafür ne Strafe einstecken. Aber danke, dass ich ein paar Minuten länger schlafen konnte!“ „Ich dachte, es würde dir gut tun“, wiederholte Zoro mit beinahe trübseliger Stimme. Er wusste nicht, wieso, aber ausnahmsweise machte es ihn nicht wütend von Sanji angeschrien zu werden. Vielleicht, weil er diesmal sogar Recht hatte, auch wenn Zoro das ihm gegenüber niemals zugeben würde. Wenn er den Koch nur geweckt hätte, dann würde Ace jetzt nicht in Schwierigkeiten sein. Hätte Zoro Spandam verprügelt, wäre es ihm egal, aber jemand anderes musste nun für seinen Fehler einstehen und das konnte Zoro nur schwer verdauen. Scheinbar bemerkte Sanji Zoros Trübseligkeit, denn sein wütender Gesichtsausdruck lockerte sich ein wenig und er seufzte genervt aus. „Marimo, hör einfach auf mich beschützen zu wollen. Damit sparst du uns eine Menge Ärger.“ „Ich habe dir gegenüber aber einen Beschützerinstinkt entwickelt“, sagte Zoro trotzig. „Daran kann ich nichts mehr ändern. Dein Pech, wenn du so einen hilflosen Eindruck machst.“ „HILFLOS?!“ Für die nächste halbe Stunde verfielen sie mal wieder in einen Streit über etwas vollkommen belangloses, bis sie bemerkten, dass es auf den Fluren still geworden war. „Draußen ist alles wieder ruhig“, stellte Zoro fest und beendete damit den Streit. „Stimmt“, murmelte Sanji. „Anscheinend gibt es doch keinen Aufstand. Ich dachte wirklich... es hat sich alles so aggressiv und bedrohlich angefühlt.“ „Hattest du etwa Angst?“ „Natürlich nicht!“, fauchte Sanji und ließ sich auf seinem Bett nieder. Auf seinem Eigenen, nicht auf Zoros, was ihn nur noch übellauniger stimmte. Hatte er ihn mit der Aktion nun etwa vergrault? Schlecht gelaunt ließ sich Zoro auf seinem Bett nieder und für einen Moment kehrte Stille zwischen den Beiden an, dann sagte Sanji leise: „Du warst ja bei mir.“ Überrascht schaute Zoro auf. Sanji sah aus als hätte man ihn dazu gezwungen das zu sagen. Mit hochroten, aufgeplusterten Wangen und beleidigtem Blick starrte er auf einen unbestimmten Punkt auf dem Boden, während sich ein Lächeln auf Zoros Lippen schlich. Er entschied sich dazu diesen Satz unkommentiert zu lassen. Niemand durfte heute seine Zelle verlassen. Erst zum Abendessen ließ man sie wieder raus. Die Schmerzen in Zoros Seite hatten nachgelassen, doch Sanjis Auge war vollkommen zugeschwollen, blau und rot. Als die Wärter dies sahen, wiesen sie ihn an sofort zur Krankenstation zu gehen. Nur widerwillig ging Sanji mit ihnen mit, während Zoro in die Kantine musste. Die Stunden, die sie in der Zelle waren, hatten sie mit Unterhalten verbracht, dabei ging es hauptsächlich darum, wie man Spandam „stürzen“ könnte. Außerdem hatten beide ihre Sorge um Ace ausgedrückt. Während des Abendessens hielt Zoro nach ihm Ausschau, doch er tauchte nicht auf. Was hatte Spandam nur mit ihm vor? Kapitel 11: 80 Tage [11] Sanji ------------------------------ Als Sanji an diesem Morgen aufwachte, stellte er fest, dass er endlich wieder durch das zugeschwollene Auge sehen konnte. Es war nur einen Spalt offen und die Sicht noch sehr verschwommen, doch es reichte, um das markante Gesicht von Marimo zu erkennen. Gleichmäßig atmete er beim Schlafen, die Augenlider zuckten ein wenig, sein heißer Atem berührte Sanjis Gesicht, so nahe waren sie beieinander. Wie immer hielt Zoro ihn in seinen muskulösen Armen. Beim Einschlafen hatte er ihn noch richtig an seine Brust gepresst, jetzt hingen die Arme locker um Sanjis Körper und gaben ihm doch das Gefühl von Geborgenheit und Schutz. Bei Zoro konnte sich Sanji so gut fühlen, obwohl sie sich in einem Gefängnis befanden, das aktuell von einem Irren geleitet wurde. Und bei dem Gedanken an diesen, wurde Sanji wieder bewusst, dass sie seit fünf Tagen nichts mehr von Ace gesehen oder gehört hatten. Zwei Tage hatte Sanji auf der Krankenstation verbringen müssen und er war davon ausgegangen, dass Ace dort früher oder später schwer verletzt auftauchen würde, doch keine Spur von ihm. Als Sanji dann entlassen wurde, zwar immer noch mit etwas Fieber und geschwollenem Auge, ging er davon aus mehr von Zoro und den anderen Gefangenen zu erfahren, doch auch die hatten keine Ahnung, was mit dem jungen Mann geschehen war. Aces Zellengenosse hatte gestern erzählt, dass er die Chance gehabt hatte, Spandam nach ihm zu fragen, doch zur Antwort bekam er nur einen Faustschlag in den Bauch und ein dreckiges Grinsen. Irgendwo in diesem Gebäude hielt Spandam Ace gefangen und Sanji wollte sich nicht ausmalen, was er mit ihm anstellte. War Ace jetzt so etwas wie sein Prügelknabe? Zumindest schien Spandam nun weniger Gefangene zu schikanieren. Sanji kuschelte sich etwas näher an Zoro heran und schloss noch einmal die Augen. Er stellte sich vor, dass er sie wieder öffnete und mit Zoro in einem richtigen Bett lag, in dem auch genug Platz für die Beiden war in irgendeiner schönen, gemütlichen Wohnung, die Sanji gehörte. Sie konnten so lange gemeinsam liegen bleiben wie sie wollten. Erst nachmittags musste Sanji los zu seiner Arbeit im Baratie, während Zoro... was auch immer arbeitete. Eigentlich spielte es keine Rolle, es ging nur darum, dass sie durch nichts gestört wurden. Die Lichter waren bereits an. Das bedeutete es dauerte nicht mehr allzu lange bis die Türen aufgingen und sie zum Frühstück mussten. Sanji vergrub das Gesicht auf der Brust des Älteren. Dadurch wurde Zoro geweckt. Er schloss den Jüngeren fester in die Arme, packte dann mit einer Hand sein Kinn und drückte es nach oben, sodass sie sich wieder ansahen. Zoros Blick fixierte Sanjis Lippen und Sanji dachte nicht einmal darüber nach. Er wollte wirklich diese schmalen Lippen auf seinen spüren, er wollte wirklich wissen, ob Zoro so gut küssen konnte wie er aussah... Ein Dröhnen ließ die Beiden zusammen zucken. Augenblicklich sprang Sanji vom Bett auf und Zoro setzte sich kerzengerade hin. Die Zellentür ging auf und ein Wärter auf dem Gang brüllte, dass alle zum Frühstück gehen sollten. „Verdammt noch mal“, zischte Zoro. Sanji konnte ihm nur zustimmen. Der Moment war so perfekt gewesen... beinahe hätten sie sich geküsst, beinahe... hätte Sanji... Marimo... geküsst? Er spürte wie ihm die Röte auf die Wangen kroch, hart biss er sich auf die Unterlippe, dass diese beinahe zu bluten anfing und wandte den Blick von Zoro ab, der nun von seinem Bett aufstand. „Dann lass uns mal den Tag hinter uns bringen“, murrte er und schob Sanji mit sich aus der Zelle hinaus. Während des Frühstücks saßen Beide schweigsam nebeneinander und aßen ihr hartes Brot mit hartem Käse und tranken dazu Leitungswasser. Immer wieder ließ Sanji seinen Blick zu Zoro huschen. Warum wollte er ihn küssen? Warum wollte er mit ihm kuscheln und von ihm berührt werden? Es war doch seltsam, dass Sanji das alles mit einem Kerl machen wollte, aber, dass er es wollte, konnte er nicht mehr länger bestreiten. Da es sich um einen Kerl handelte, fühlte es sich für Sanji nicht einmal an, als würde er Nami betrügen. Das Gefängnis war wie eine vollkommen andere Welt, als würden sie hier nie wieder raus kommen. Nachdem Frühstück ging es weiter zum Unterricht und dort erwartete sie auf dem Flur eine Überraschung der bitteren Art: Spandam höchstpersönlich. Sofort kochte in Sanji Wut hoch. Er spürte das Verlangen sich auf Spandam zu stürzen ebenso wie er sich gerne hier und jetzt übergeben hätte. Er war sich sicher niemals einen Menschen so sehr gehasst zu haben wie diesen Kerl. Um ihn herum begannen die Gefangenen miteinander zu murmeln, fluchten Beleidigungen, auch Zoro biss die Zähne fest zusammen und ließ ein abfälliges Zischen hören. Erst als die „Klasse“ näher kam, merkten sie, dass Spandam mit Smoker diskutierte, welcher im Türrahmen zum Klassenraum stand. „Ich weiß wirklich nicht, wo er hin ist“, sagte Spandam gerade und hob entschuldigend die Arme. Die Gefangenen blieben einer nach dem Anderen vor den Zweien stehen und ein paar Wärter, die sie hierher gebracht hatten, stellten sich vorsichtshalber in der Nähe auf. Sie wussten alle, in welche Gefahren sich Spandam begab, wenn er unter die Insassen ging. „Es ist seltsam, dass er einfach so verschwunden ist, aber ich habe die Wärter gefragt und sie sagten, sie hätten ihn in seine Zelle gebracht.“ „Du brauchst nicht zu lügen“, murrte Smoker. „Ace ist einer meiner Schüler und ich muss am Ende seines Aufenthaltes vorweisen, dass er meinen Unterricht besucht hat. Es geht darum, dass sie nicht den Anschluss an die Außenwelt verlieren und pädagogische Werte vermittelt bekommen, also will ich auch, dass er meinen Unterricht besucht! Wo ist mein Schüler?!“ Dass Smoker solche Argumentationen auspacken würde, hatte wohl niemand erwartet, denn alle Insassen machten große Augen. Pädagogische Werte? Smoker machte wirklich nicht den Eindruck als würde er sie gerne unterrichten und die Hälfte der Zeit verbrachte er damit sich über irgendwelche Dinge zu beschweren. Dass er sich jetzt so für Ace einsetzte, hätte Sanji nicht erwartet, doch es ließ ihn eindeutig sympathischer werden. „Wie gesagt, ich weiß es nicht.“ Spandam sagte dies in seiner säuselnden, unschuldigen Stimme, die Sanji so sehr an ihm hasste. Alleine an seinem Tonfall konnte man erkennen, dass er durchaus wusste, wo sich Ace befand und Spaß daran hatte Smoker zu verarschen. Eine Wutader bildete sich auf Smokers Stirn und Hass blitzte in seinen schmalen Augen. „Es reicht! Du hältst ihn jetzt seit fünf Tagen irgendwo gefangen! Ich habe alle Räume abgesucht zu denen ich die Befugnis habe. Er ist in keinem Büro, er ist nicht in den Schockräumen, er ist in keine Zelle, die laut dem Verzeichnis leer steht. Als wäre er vom Erdboden verschluckt wurden. Ich will endlich wissen, wo er hin ist! Fünf Tage sind mehr als genug!“ „Tut mir wirklich Leid, Smoker. Kümmere dich lieber um deine anderen Schüler...“ Spandam wollte sich abwenden und gehen, doch da packte Smoker ihn zu aller Überraschen am Kragen und warf ihn harte gegen die Steinwand. Ein Raunen ging über die Gefangenen und jemand pfiff anerkennend, während die Wärter in Panik gerieten. Sie hatten alle größten Respekt vor Smoker, aber sie wollten sich auch nicht gegen den Leiter des Gefängnisses stellen, weshalb sie es erst einmal mit ruhigen Worten versuchten. „Hey, hey, das bringt doch nichts.“ - „Lass ihn, der Typ taucht schon wieder auf.“ „Ich will dir mal was erzählen“, knurrte Smoker an Spandam gewandt, ignorierte die Wärter. Der Leiter blickte den Lehrer verbissen an. „Ich will dir erzählen, warum diese Jungen im Gefängnis einsitzen. Niemand kommt auf die Welt und entscheidet sich irgendwann dazu etwas Illegales zu tun. Jeder von ihnen kommt aus schlechten Verhältnissen, jeder von ihnen wurde von der Gesellschaft zu dem gezwungen, was sie taten oder haben jahrelang angestaute Wut raus gelassen, die auf einer schwierigen Kindheit basierte. Ich weiß, dass du davon nicht allzu viel verstehst, weil du aus der oberen Schicht kommst und einen Vater hast, der dir noch immer jeden verdammten Wunsch von den Lippen abliest. Aber wir dürfen uns nicht erlauben die Insassen nur als Täter zu sehen. Vielleicht gibt es den ein oder anderen, der einfach nur durchgedreht ist und der ein bisschen Prügel verdient hat, aber die meisten haben schon genug gelitten. Die brauchen nicht noch von einem kranken Gefängnisleiter misshandelt zu werden und ich wette meinen Job darauf, dass Ace ebenfalls zu diesen Insassen gehört. Also lass ihn gehen.“ „Wie Herz erwärmend“, säuselte Spandam und legte den Kopf schief als würde er einen Welpen betrachten. „Ich wusste nicht, dass du eine solche weiche Seite an dir hast, Smoker. Du sagst, du wettest deinen Job darauf? Das ist schön. Dann bist du mit sofortiger Wirkung gefeuert.“ Wärter sowie Gefangene zogen scharf die Luft oder keuchten entsetzt auf. Nur Smoker blieb beinahe gelassen. Sein Gesicht verkrampfte sich vor Wut, während Spandam den Gang hinunter deutete. „Na los, raus hier oder muss ich dich erst zwingen?“ „Damit wirst du nicht durchkommen“, knurrte Smoker. „Ich verspreche dir, dass du mit dieser Art nicht mehr lange durchkommen wirst.“ „Leere Worte.“ Für einen Moment dachte Sanji Smoker würde Spandam eine runter hauen. Ehrlich gesagt, hatte er dies sogar gehofft, doch Smoker wandte sich zu aller Enttäuschung einfach nur ab und ging an seinen Schülern vorbei, die in Protest verfielen. „Das geht nicht.“ „Smokey, bleib da!“ „Du bist der Einzige, der auf unserer Seite ist.“ „Smoker!“ Doch er ignorierte ihre Rufe, ging schweigend den Gang herunter bis er die Treppe erreichte und verschwand. Spandams kicherndes Lachen brachte die Insassen dazu sich wieder ihm zuzuwenden und Sanji konnte schwören, dass die allgemeine Wut, die über ihnen lag noch eine Spur stärker wurde. „Sag schon, wo ist Ace?“, fragte Zoro und ging einen Schritt vor. Überrascht packte Sanji ihm am Arm und hielt ihn davon ab noch näher heran zu gehen. Das würde nicht gut enden und Sanji hätte keine ruhige Minute, wenn Zoro ebenfalls spurlos verschwand. „Ja, raus mit der Sprache!“, ertönte es von einem anderen Gefangenen. „Wo hältst du ihn fest?“ „Was hast du mit ihm gemacht, Spastdam?“ „Wer hat mich gerade so genannt?!“, entfuhr es Spandam wütend, doch niemand meldete sich auf die Frage hin. „Derjenige, der fragt, wo Ace ist, bekommt die Antwort, indem er mit ihm den Platz tauscht. Was haltet ihr von dem Vorschlag?“ Diese Worte zeigten eine sofortige Wirkung, alle entschieden sich lieber zu schweigen, als mit Ace zu tauschen. Wo auch immer er war, Spandam ließ in sicherlich leiden und mit einem solchen Schicksal wollte niemand etwas zu tun haben. Sanji konnte spüren, wie das schlechte Gewissen in ihm hoch kam, doch er wollte nicht noch einmal so etwas erleben wie am Anfang seines Aufenthaltes. Als Spandam ihm im Büro verprügelt hatte. Tut mir Leid, Ace. „Hab ich mir doch gedacht“, kicherte Spandam. „Am Ende seid ihr doch alle nur selbstsüchtiger Abschaum. Na dann... ich sage Tachigi, dass sie euch ab Morgen unterrichtet. Für heute habe ich mir etwas anderes überlegt... geht alle in den Klassenraum.“ Zuerst blieben die Gefangenen nur stehen, dann begannen die Wärter sie in den Rücken zu stoßen und in den Klassenraum zu zwingen. Einer nach dem Anderen schritt mit schlimmen Vorahnungen herein bis alle im Raum waren und sich zu Spandam wandten, der im Türrahmen stand. „Einer nach dem Anderen kommt jetzt mit mir... wir fangen... mit dir an.“ Er packte willkürlich einen Gefangenen am Arm und zerrte ihn mit sich. Die Tür wurde hinter ihnen verschlossen und die Insassen blieben im Schweigen zurück. Sanji setzte sich auf seinen normalen Platz und begann nervös die Hände aneinander zu reiben, während Zoro neben ihm hin und her ging. Während sie warteten, sprach niemand ein Wort. Nach einer Viertel Stunde öffnete einer der Wärter die Tür und nahm sich den nächsten Gefangenen heraus. Wieder nach einer Viertel Stunde wurde der Nächste gewählt. Und so ging es immer weiter bis Sanji an der Reihe war. Mittlerweile pochte ihm das Herz bis zum Hals und er tat sich schwer seine Nervosität und Wut zu unterdrücken. Beinahe hilflos suchte er den Blick zu Zoros Augen, doch der hatte sich abgewandt und starrte verbissen und mit zu Fäusten geballten Händen auf den Boden. Sanji wusste, dass er ihm gerne helfen würde, doch er konnte nicht. Nachdem Ace Sanji rettete, verschwand dieser spurlos. Immer, wenn ein Gefangener einem anderen half, wurde er dafür bestraft. Es war einfach Spandam über sich ergehen zu lassen als sich zu wehren, so schwer dies auch zu akzeptieren war. Auf dem Weg zu Spandam, welcher sich den Gang runter in einem leeren Klassenraum befand, dachte Sanji daran abzuhauen, doch was würde es ihm bringen? Er war hier in einem Gefängnis, weit würde er nicht kommen und die Strafe würde hart ausfallen. Ihm blieb nichts anderes übrig als mitzugehen. Die Wärter schoben ihn in den Klassenraum, in dem Spandam alleine wartete. Alle Tische und Stühle waren zur Seite geschoben bis auf einer, der mitten im Raum stand und um den sich, zu Sanjis Entsetzen, frisches Blut sammelte. Auch der Stuhl selbst war besudelt, ebenso wie Spandams Kleidung und die Lederpeitsche, die er in der Hand hielt. Wie gelähmt wurde Sanji von den Wärtern zum Stuhl geschoben und auf diesen nieder gedrückt, mit Handschellen fesselten sie ihn, sodass sich Sanji nicht mehr wehren konnte. Auch seine Füße wurde an den Stuhlbeinen festgemacht. Danach gingen die Wärter raus und ließen die Beiden alleine, sie schlossen sogar die Tür hinter sich ab. Durch die Lampen und die grauen Wände wurde die Szenerie in ein schauriges Licht gehüllt. Sanji versuchte sich nichts von seiner Nervosität anmerken zu lassen, sondern all seine Wut in den Blick zu laden den er stur auf Spandam richtete. Ein Lächeln umspielte dessen Lippen. „Ich bringe jedem vom euch dieselbe Lektion bei“, erklärte er. „Es geht darum, dass ihr lernt, wer ihr seid. Also, wer bist du? Hm? Wie ist dein Name?“ Erwartungsvoll blickte Spandam ihn an. Für einen Moment wusste Sanji nicht recht, was er tun sollte, weshalb Spandam noch einmal fragte. Schließlich antwortete er: „Sanji.“ TSCHAK! Er schrie auf als die Peitsche über seine Brust fuhr. Das Blut der vorherigen Opfer benetzte das Oberteil und spritzte ihm ins Gesicht. Mit einem einzigen Schlag hätte er beinahe das Shirt zerrissen, ein brennender Schmerz zuckte darunter über die Haut und Sanji war vor Schreck schwer am atmen. „Falsch! Dein Name ist Ratte. Also noch einmal, wie heißt du?“ „Sanji!“ So leicht wollte er sich nicht geschlagen geben, also verpasste ihm Spandam erneut einen Schlag mit der Peitsche. Diesmal wickelte sich diese um seinen rechten Oberarm und hinterließ einen knallroten Striemen, der sich anfühlte als stünde sein Arm in Flammen. „Wie ist dein Name?“ - „Sanji.“ Ein Schlag mit der Faust gegen die ohnehin noch geschwollene Wange. Für einen Moment war Sanji schwarz vor Augen. Er hatte sich von dem Schmerz noch nicht erholt, da fragte Spandam wieder: „Wie ist dein Name?“ „Sanji“, beharrte er weiterhin und bekam wieder die Peitsche zu spüren. Danach zückte Spandam ein Messer, an dem ebenfalls schon Blut klebte und zerschnitt ihm damit das Oberteil. Er steckte das Messer wieder weg und fragte erneut: „Wie ist dein Name?“ „Sanji.“ TSCHAK! Ein Peitschenhieb auf der nackten Haut. Sanji schrie auf, der Schmerz war betäubend, wie ein Feuer, das Spandam auf seiner Brust gelegt hatte. „Wie ist dein Name?“ Er wollte sich ihm nicht ergeben, wollte sich nicht auf solch einer Weise demütigen lassen. Schwer atmend blickte er Spandam an, ließ sich mit dem Antworten diesmal länger Zeit. „Sanji“, brachte er wieder über die Lippen und erneut verpasste Spandam ihm einen Peitschenhieb. So ging es hin und her, hin und her, bis Sanji beinahe ohnmächtig vor Schmerzen war. Blut tropfte über seinen Oberkörper, floss seine Arme herunter, sein Gesicht glühte. Spandam zückte sein Messer und bohrte die Spitze der Klinge unter Sanjis Brustwarze. Er würde sie ihm abschneiden. Sanji wurde dies bewusst und er war sich sicher, dass der Schmerz unerträglich wäre. „Wie ist dein Name?“ Sanji antwortete nicht. Sein Atem ging schwer, die Brust hob und senkte sich stark und sein ganzer Körper zitterte. Die blonden Haare verdeckten beide Augen, er schmeckte das metallische Blut auf seiner Zunge. „Wie ist dein Name?“, fragte Spandam erneut. „Ratte...“ „Wie war das?“ „Ratte... mein Name ist Ratte.“ „Danke schön.“ Selbstzufrieden nahm Spandam das Messer zurück und verstaute es wieder in seiner Jacke. Er ging an Sanji vorbei zur Tür und klopfte an, damit die Wärter rein kamen und den Verletzten mit sich nahmen. „Lasst der Ratte eine schnelle Behandlung auf der Krankenstation zukommen und schickt mir seinen grünhaarigen Zellengenossen als Nächstes rein.“ „Ja, Sir.“ Nachdem ihm eine der Schwestern ein Schmerzmittel verabreicht hatte, bekam Sanji von der Behandlung nicht mehr allzu viel mit. Er war erst wieder richtig bei Bewusstsein als er in seiner Zelle auf seinem Bett aufwachte und das Gefühl hatte sein Körper würde in Flammen stehen. Die ersten paar Sekunden traute Sanji nicht sich zu bewegen, als er es dann doch tat und den Arm hob, zuckte ein starker Schmerz durch seinen gesamten Oberkörper und er ließ den Arm wieder fallen. Er wollte nicht einmal seinen Kopf drehen, um nachzuschauen, ob Zoro bei ihm war. „Marimo?“, fragte er. „Du sollst mich doch nicht Marimo nennen.“ „Du lebst also noch, ja?“ „Ja.“ „Kannst du dich auch nicht bewegen?“ „Nein, aber zum Wäsche waschen müssen wir wieder raus.“ Nun wandte Sanji doch seinen Kopf zur Seite und erkannte, dass Zoro ihn ebenfalls anblickte. Ein blaues Auge zierte das gutaussehende Gesicht, ebenso wie eine aufgeplatzte Lippe. Teile seiner Arme waren bandagiert und vermutlich sah es unter seinem Shirt nicht anders aus. Sanji trug ebenfalls ein neues Oberteil und er konnte spüren, dass sein halber Oberkörper ein bandagiert war. „Ich bringe ihn um“, sagte Zoro todernst. „Irgendwann bringe ich ihn um.“ „Das wird nur Ärger geben, lass es lieber“, riet Sanji davon ab. „Wir stehen das durch und dann -“ „Und dann was? Ich will dieses Scheißhaus nicht so gedemütigt verlassen“, knurrte Zoro. „Ich lasse mich von diesem Mistkerl nicht brechen.“ Ehe Sanji darauf etwas sagen konnte, ertönte das Dröhnen und die Zellentür ging auf. Ein Wärter rief sie zum Wäsche waschen und Sanji sah sich dazu gezwungen, sich aus dem Bett raus zu quälen. Dabei fuhren solche Schmerzen durch seinen Körper, dass er beinahe wieder ohnmächtig geworden wäre. Auch Zoro konnte man die Schmerzen ansehen, doch die Beiden blieben standhaft und beschwerten sich nicht ein einziges Mal. Kapitel 12: 74 Tage [12] Zoro ----------------------------- Säuerlich schrubbte Zoro mit einer Bürste über den schmutzigen Teller. Vorhin beim Mittagessen hatte Spandam es wieder getan. Jeden Tag seit er Smoker gefeuert hatte, stellte er sich bei irgendeinem Essen an den Eingang der Kantine und verkündete lauthals, dass er Ace frei lassen würde, wenn ihn nur jemand fragte „Wo ist Ace?“ Doch, wenn dies geschah, würde derjenige, der gefragt hatte, seinen Platz einnehmen. Niemand war bisher vorgetreten, um diese Frage zu stellen. Schließlich hatten alle Angst davor, obwohl keiner von ihnen genau wusste, was mit Ace geschah. Zoro konnte nicht sagen, wie es den anderen Gefangenen damit ging, doch er selbst konnte nicht aufhören unentwegt an Ace zu denken. Eigentlich sollte es ihm egal sein, was mit ihm geschah. Hauptsache, er musste nicht unter Spandam leiden. Und er versuchte sein Bestes sich dies einzureden, doch das schlechte Gewissen wollte einfach nicht weggehen. Im Grunde waren Sanji und er daran Schuld, dass Ace überhaupt erst von Spandam gefangen genommen wurde. Minutenlang war Zoro mit seinen düsteren Gedanken beschäftigt, bis sie endlich mit Abspülen fertig waren und von den Wärtern auf den Hof oder in die Pausenräume entlassen wurden. Zwar war es draußen eisig kalt, doch Zoro brauchte dringend frische Luft, um ein wenig durchatmen zu können. Mit verschränkten Armen ging er zu der Bank auf der Sanji und er häufig gemeinsam saßen, ließ sich dort nieder und blickte in den Himmel, der von weißen Wolken komplett bedeckt war. Jedes Mal schaute er hinauf in den Himmel, das Einzige, was er von der Außenwelt zu sehen bekam. Abgesehen von Kuina, die ihn immer mal wieder besuchen kam. Es war seltsam, Zoro konnte sich einfach nicht vorstellen jemals wieder aus diesem Gefängnis herauskommen zu können. Jeder Tag zog sich wie Kaugummi in die Länge und jedes Mal, wenn er aufwachte, stellte er sich die Frage, was Spandam wohl heute für sie geplant hatte. Es war ein Ritt durch die Hölle... wäre da nicht Sanji, der ihm wenigstens die Nächte ein wenig versüßte. Bisher hatten sie immer nur gekuschelt, sich einmal fast geküsst... Bei dem Gedanken daran umspielte ein Schmunzeln Zoros Lippen. Irgendwann wurde es ihm doch zu kalt und er ging zurück ins Gebäude. Sein Weg führte ihn zuerst in den Pausenraum, wo er nach Sanji suchte, ihn jedoch nicht finden konnte. Ein paar Insassen sahen ebenfalls so übel zugerichtet aus wie Smokers Klasse, von denen jeder einzelne vor sechs Tagen von Spandam gequält und gedemütigt wurde. Eine allgemeine Anspannung legte sich jedes Mal über die Szenerie, wenn mehrere Gefangene zusammen kamen. Ihre innere Wut schien sich zu verbinden und zu einer gewaltigen Ladung heran zu wachsen, die irgendwann noch ausbrechen wird. Vermutlich ahnte Spandam nicht, dass er sich auf sehr dünnem Eis bewegte. Um zurück in seine Zelle zu gehen, musste er einem Wärter Bescheid geben, der ihn durch die Gänge brachte. Alleine durften sie sich nicht völlig frei im Gefängnis bewegen, sonst würde das wahrscheinlich im Chaos enden. Wenn das möglich wäre, würde Zoro nach Ace suchen, obwohl ihm nicht mehr aus dem Kopf ging, was Smoker darüber gesagt hatte. Ihr ehemaliger Lehrer hatte überall nach Ace gesucht und ihn nicht gefunden. Wo hielt Spandam ihn nur versteckt? Manchmal, wenn Zoro besonders düstere Gedanken hatte, kam ihm in den Sinn, dass Ace vielleicht gar nicht mehr lebte. Aber dann würde Spandam ihnen nicht die Möglichkeit bieten ihn zu retten, oder? Oder war das nur ein Psychospiel von ihm, um ihnen ein schlechtes Gewissen einzureden? Der Wärter öffnete Zoro die Zellentür. Kaum, da er drin war, schloss der Wärter die Tür hinter ihm ab und er erkannte, dass Sanji mit betrübter Miene auf Zoros Bett saß und dessen Laken um seinen Körper gewickelt hatte. Stimmt, Zoro erinnerte sich wieder, dass Sanji heute Besuch von Nami bekommen hatte... beziehungsweise sollte er eigentlich gerade jetzt mit ihr reden. „Warum bist du schon hier?“, fragte Zoro. Noch immer wurde Sanjis Gesicht von blauen Flecken geziert und seine Arme wiesen gerade so verheilte Schnitte auf. Zoro sah nicht anders aus. Niedergeschlagen blickte Sanji auf. „Spandam lässt mich nicht zu Nami“, antwortete Sanji. „Er sagt, ich darf sie nicht sehen, solange ich im Gesicht Verletzungen habe.“ „Dieser Bastard“, entfuhr es Zoro scharf. „Er lässt uns keinen Besuch empfangen, solange man sieht, dass wir misshandelt werden?!“ „Richtig.“ „Dieser -“ Zoro begann auf schlimmste Weise zu fluchen und es dauerte eine Weile bis er damit fertig war. All die Wut über Aces Verschwinden und Spandams Misshandlungen ließ er in Worten erklingen und merkte selbst, dass es nicht ausreichte, um sich besser zu fühlen. Am liebsten würde Spandam das alles zurück geben, ihn jeden Schlag spüren lassen bis er wusste, wie sich die Gefangenen unter seinen Händen fühlten. Als Zoro endlich fertig war, setzte er sich neben Sanji auf das Bett und einige Augenblicke des Schweigens traten ein. „Ich weiß nicht, was los ist“, durchbrach Sanji schließlich die Stille. „Mit mir, meine ich. Wenn ich an Nami denke, fühle ich mich so seltsam. Ich habe nicht direkt ein schlechtes Gewissen, aber... ich weiß, dass ich mich nie so gut bei ihr gefühlt hatte. Also, natürlich fühle ich mich gut in ihrer Anwesenheit beziehungsweise... ich mag sie als gute Freundin, aber, wenn uns geküsst haben oder uns nur berührt haben, das war nie so... es war nie so ein intensives Gefühl wie... wie bei dir. Ich weiß nicht, wie ich das erklären soll, ohne, dass es total bescheuert klingt und ich weiß auch nicht woran es liegt, dass ich mich so fühle. Ich meine, Nami ist meine Freundin und ich sollte sie lieben, aber ich glaube, ich tue es nicht. Ich glaube, sie wäre besser als gute Freundin geeignet, ich möchte sie auch nicht aus meinem Leben verlieren, aber eine feste Beziehung ist so... ich denke, es sollte sich so anfühlen wie es sich anfühlt, wenn du und ich... wenn wir hier so liegen und... ich weiß einfach nicht, was -“ „Sanji“, unterbrach Zoro das Gestotter des Kochs. „Was?“ „Halt einfach die Klappe.“ Und damit beugte er sich und gab Sanji einen Kuss auf die Lippen. Einen ganz normalen, für wenige Sekunden, in denen er endlich diese weichen Lippen auf seinen spüren könnte. Sanji war zu überrascht, um den Kuss zu erwidern. Als sich Zoro von ihm löste, legte er seine Stirn gegen seine und für einige Sekunden hauchten sie sich gegenseitig ihren heißen Atem entgegen. Zoros Verlangen nach Sanji, seinem Geruch, seinen Lippen, seinem Körper, nach dieser gestotterten Rede über seine Gefühle konnte er sich einfach nicht mehr zurück halten. Nun hatte Sanji ihm ganz deutlich gemacht, was er von ihm wollte und Zoro wollte es ihm auch geben. Nur Spandam zu verprügeln, würde ihm jetzt noch mehr Freude bereiten. Beinahe unsicher, als hätte Sanji dies noch nie zuvor in seinem Leben getan, gab er Zoro einen spitzen Kuss auf die Lippen und er erwiderte es. Einige Zeit lang küssten sie sich ganz normal, dann strich Zoro Sanji das Laken vom Körper und zog ihn mit sanfter Gewalt auf seinen Schoß, sodass sie mit den Gesichtern voreinander saßen. Nun verwickelte Zoro Sanji in Zungenküsse, vergrub eine Hand in den blonden Haaren und hielt ihn mit der Anderen an der Hüfte fest. Sanji hingegen schlang seine Arme um Zoros Hals und kraulte mit einer Hand in seinem Nacken, wovon Zoro bisher nicht gewusst hatte, dass es ihm so gut gefiel. Je länger sie sich hingaben, desto wilder wurde es und desto erregter wurde Zoro in seiner Hose. Er begann Sanjis Hals zu küssen, fuhr mit einer Hand unter dessen Oberteil und streichelte ihm über die nackte Brust. Als er mit dem Zeigefinger sanft über eine Brustwarze fuhr, gab Sanji ein leises Keuchen von sich. Kaum vernehmbar, doch Zoro hörte es und wusste, dass es dem Koch gefiel dort berührt zu werden. Ein Grinsen schlich sich auf Zoros Lippen, dann zog er das Shirt hoch und beugte sich vor, um die Brustwarze mit seinen Lippen und seiner Zunge zu liebkosen. Heißer, schneller Atem ging über Sanjis Lippen. Zoro spürte wie sein Körper unter den Berührungen erzitterte, was ihn nur noch mehr in Wallungen brachte. Erneut änderte er die Position, diesmal lag Sanji rücklings auf dem Bett und Zoro beugte sich über ihn, küsste ihn noch mal auf die Lippen und machte sich dann weiter an seinen Brustwarzen zu schaffen. Gleichzeitig ließ er eine Hand über die Hose des Kochs gleiten, sein Glied war hart wie Zoro zufrieden fest stellen musste und wurde nur noch härter als Zoro darüber strich. Als er merkte, dass Sanjis Atem immer schneller wurde, fuhr er mit der Hand unter die Hose und berührte das nackte Glied mit sanften Fingern. Er ließ von den Brustwarzen ab, strich die Hose von der Hüfte und begann Sanji mit einer Hand zu massieren. Lautes Keuchen ging über seine Lippen, während er die Finger in die Matratze krallte und die Augen vor Genuss schloss. Wie sein Körper zitterte, wie er keuchte und stöhnte und seine Hüfte Zoro entgegen streckte, als Zeichen, dass er weiter machen sollte, das erregte Zoro mehr als er zu beschreiben wusste. Alles an ihm, von den blonden Haaren bis hin zur Fußspitze, schien das Einzige zu sein, was Zoro begehrte und begehren wollte. Sanji brauchte nicht einmal etwas zu machen. Ihn dort liegen und stöhnen zu sehen, reichte Zoro schon aus, um glücklich zu sein und vergessen zu können, wo er war. Er bewegte seine Hand schneller und Sanji schien nicht mehr weit von einem Orgasmus entfernt zu sein, weshalb sich Zoro über sein Geschlechtsteil beugte und es in den Mund nahm. Nun wurde der Koch noch lauter, stöhnte noch heftiger und vergrub seine Finger in den grünen Haaren. Sein Oberkörper wölbte sich, er warf den Kopf in den Nacken und brauchte nicht lange bis er sich in Zoros Mund ergoss. Schwer atmend und beinahe erschöpft lag Sanji nun auf dem Bett, während Zoro ihm die Hose wieder hoch und das Shirt herunterzog, als wäre nichts weiter geschehen. Ein Lächeln bildete sich auf seinen Züge, ehe er Sanji einen sanften Kuss auf die Wange gab. In Zoros Hose war es ziemlich eng geworden, es zog in den Lenden, doch er wollte Sanji auch nicht dazu zwingen ihn zu erleichtern. Vielleicht würde er von selbst darauf kommen, wahrscheinlicher war jedoch, dass Sanji es sich nicht traute, schließlich war er noch nie zuvor mit einem Mann so intim geworden. Wie gerne würde Zoro richtig mit ihm schlafen... ohne Gleitgel würde dies jedoch schmerzhaft werden und es war wohl nicht möglich in einem Gefängnis Gleitgel aufzutreiben... Eng lagen sie nebeneinander und Zoro lauschte Sanjis Atem, der sich langsam wieder beruhigte. Auf seiner Stirn perlten Schweißtropfen, doch das nahm ihm nichts von seiner Anziehung, die er auf Zoro ausübte ohne es zu merken. „Das macht das Ganze nur noch komplizierter“, sagte Sanji schließlich. „Wirklich? Ich fand, es klang ganz eindeutig“, entgegnete Zoro. „Es hat dir gefallen.“ „Ja.“ „Wo liegt dann das Problem?“ „Ich weiß es nicht.“ Zoro konnte sich nicht erinnern, solche Probleme damit gehabt zu haben sich einzugestehen, dass er bisexuell war. Doch das war von Mann zu Mann anders. „Du bist der Wahnsinn“, sagte Zoro. Sanji lag noch immer auf dem Rücken, während Zoro auf der Seite neben ihm lag und mit einer Hand durch die blonden Haare streichelte. Auch im Profil sah Sanji unfassbar gut aus, alles an ihm war einfach anziehend. „Du hast keine Ahnung, was du mit mir anstellst. Ich würde am liebsten nicht aufhören dich zu küssen. So etwas hatte ich noch nie zuvor.“ „Du klingst so schwul, Marimo“, murmelte Sanji. „Du bringst mich dazu solche Sachen zu sagen!“, entfuhr es Zoro säuerlich. „Daran bist du selbst Schuld!“ „Ich mach doch gar nichts!“ „Du existierst!“ „Ist das etwa meine Schuld?!“ Natürlich mussten sie selbst nach einer solchen Intimität einen Streit anfangen. Somit brauchte Zoro sich nicht zu erleichtern, das erledigte sich ganz von alleine, als ihm wieder einfiel wie sehr Sanji ihn doch aufregen konnte. Erst als sie zum Abendessen gerufen wurden, beendeten sie ihren Streit, der mal wieder über nichts und alles ging. Gemeinsam stellten sie sich an der Theke an, setzten sich danach nebeneinander an einen Tisch und begannen zu essen. Wie zu erwarten war, dauerte es nicht lange, bis die Tür zur Kantine aufgerissen wurde und Spandam sich zeigte. Zoro konnte schwören, dass sich schlagartig eine beinahe zerreißende Anspannung über die Gefangenen legte. So unterschiedlich sie auch alle sein mögen, ihren Hass gegen Spandam hatten sie alle gemeinsam. „Elf Tage“, rief Spandam laut. „Ich habe ihn seit elf Tagen. Ihr wisst, was ihr tun müsst, um ihn zu retten. Ihr müsst mich nur fragen 'Wo ist Ace?' und mit ihm den Platz tauschen. Freiwillige?“ Wie immer meldete sich niemand. Viele hatten aufgehört zu Essen und starrten Spandam wütend an, die meisten kümmerten sich jedoch nicht weiter um ihn und aßen schlecht gelaunt ihr Brot weiter. „Egoistischer Abschaum!“, rief Spandam laut aus. „Ab Morgen werden ein paar von euch zu spüren bekommen, was es bedeutet Ace zu sein!“ Und mit den Worten entschwand er wieder aus der Kantine. Wie immer wurden die Türen solange abgeschlossen wie die Gefangenen mit Essen beschäftigt waren und erst wieder geöffnet, wenn die Ersten gehen wollten. Finster wechselten Zoro und Sanji Blicke. „Jede Wette, dass wir auch genommen werden“, grummelte der Koch und Zoro spürte, wie er alleine bei dem Gedanken, dass Spandam Sanji weitere Schmerzen zufügte, vor Wut platzen könnte. Kapitel 13: 70 Tage [13] Sanji ------------------------------ An diesem Morgen wurde Sanji von einem sanften Kuss auf die Stirn geweckt. Ein Schmunzeln legte sich auf seine Lippen ehe er seine Augen öffnete und Zoro anblickte. Während Sanji noch auf dem Bett lag, hatte sich Zoro an dessen Rand gesetzt und fuhr mit sanften Fingern durch die blonden Haare. Er war nicht am Lächeln, im Gegenteil, ein ernster und harter Ausdruck lag auf seinen Gesichtszügen und Sanji wusste auch wieso, wollte darüber jedoch nicht weiter nachdenken. Der schöne Moment entglitt ihm aus den Fingern, das schmerzhafte Pochen der Angst und Wut kehrte in sein Inneres zurück. Seit vier Tagen ließ Spandam Insassen spüren, was es bedeutete Ace zu sein. In anderen Worten: Seit vier Tagen verschwanden Gefangene. Vermutlich landeten diese auf der Krankenstation, wenn Spandam erst einmal mit ihnen fertig war. Und sie wussten, es war nur eine Frage der Zeit bis Zoro oder Sanji an der Reihe waren. Ein Dröhnen ertönte und die Zellentür ging auf. Zoro nahm seine Hand von Sanjis Gesicht und sagte: „Dann lass uns mal versuchen diesen Tag zu überleben.“ „Ja.“ Zu mehr war Sanji nicht in der Lage. Am liebsten wäre er hier liegen geblieben, hätte sich weiterhin von Zoro streicheln lassen und sich nicht mit seinen wirren Gedanken befasst. Seit Spandam den Insassen zeigte, dass sie keine Rechte mehr besaßen, hatten immer mehr Wärter angefangen es ihm gleich zu tun. Es gab noch immer welche, die hinter den Gefangenen standen – zumindest heimlich und ihnen halfen, sobald niemand hinschaute, der sie dafür verurteilen könnte. Doch die meisten schlugen sich mit der Zeit auf Spandams Seite. Man sollte kleinen Menschen keine Macht geben. Das Gefühl den Gefangenen überlegen zu sein, das Gefühl Macht über sie zu haben, gab ihnen Selbstbewusstsein. Es ließ sie gut und stark fühlen, auch wenn dafür andere leiden mussten. Sanji wusste nicht, ob sie vielleicht ein schlechtes Gewissen bekamen, wenn sie Heim fuhren und sich zu ihren Frauen und Kindern an den Abendtisch setzten. Er hoffte, dass sie nachts von Alpträumen geplagt wurden und, dass sie das alles eines Tages heimgezahlt bekamen. Für den Moment konnte Sanji nichts anderes tun, als sich dies ihnen zu wünschen. Mit der Masse der anderen Gefangenen gingen sie in die Kantine, frühstückten ihr hartes Brot mit Belag, tranken dazu Orangensaft und mussten danach in der Küche spülen. Bisher war Spandam nicht aufgetaucht, um ihnen zu sagen, wie sie Ace retten konnten. Mittlerweile fragte sich Sanji, ob der Kerl sich nicht auch mal einen Tag frei nahm oder, ob er selbst an seinen freien Tagen herkam, um sie zu quälen. Wundern würde es Sanji nicht, denn jemand wie er hatte bestimmt keine Familie, die auf ihn wartete. Nach dem Spülen gingen sie zum Unterricht mit Tachigi. Mal wieder fragte einer der Schüler nach Smoker, doch die Antwort blieb weiterhin dabei, dass er suspendiert war und sich nach einem neuem Job umschaute. Niemand sprach es aus, doch die ganze Klasse fühlte sich von ihm im Stich gelassen, auch Sanji konnte dieses Gefühl nicht leugnen, dabei war er sich ziemlich sicher, dass Smoker nichts ausrichten konnte. Wenn selbst der Gefängnisdirektor Kuzan machtlos war, was sollte dann ein einfacher Lehrer wie Smoker schon machen können? Trotzdem war er sauer darauf, dass er nicht mehr hier war. Bei Smoker hatten sie immer ein wenig ihre Aggressionen heraus lassen können. Seine Hassreden und seine aufbauenden Reden, auch wenn sie mit vielen geknurrten Beleidigungen bespickt gewesen waren, hatten gut getan. Nun wurde die allgemeine Aggressivität im Gefängnis mit jedem Tag stärker. Je mehr Angst Spandam den Insassen machte, desto wütender wurden sie. Bald würde er sie nicht mehr unterdrücken können und Sanji hoffte auf diesen Moment, ebenso wie er ihn fürchtete. Zu was war ein Mensch, der komplett in die Ecke gedrängt wurde, in der Lage? Spandam vergaß wohl, dass es sich bei seinen Opfern um Leute handelte, die bereits im Gefängnis einsaßen. Die Angst vor dem Gesetz war ihnen genommen, besonders, wenn man bedachte, dass Spandam die Menschenrechte außer Kraft gesetzt hatte. Wie immer sah Tachigi beim Unterrichten etwas hilflos aus und musste sich dumme Sprüche von den Gefangenen anhören, die seit Wochen, wenn nicht sogar Monaten keine gutaussehende Frau mehr zu Gesicht bekommen hatten. Als sie sie dann endlich wieder entließ, hatten sie wie immer eine Stunde Zeit auf ihrer Zelle ehe sie zum Mittagessen gehen musste und, wie jedes Mal in den letzten Tagen, schubste Zoro Sanji sogleich auf sein Bett, da die Tür hinter ihnen ins Schloss gefallen war. „Willst du schon wieder -?“ Sanji kam nicht weiter, denn Zoro beugte sich über ihn und versiegelte seine Lippen mit einem Kuss. Unter seinen kräftigen Armen wurde Sanji rücklings auf das Bett gepresst, während sich Zoro über ihn legte und ihn mit Küssen übersäte. Langsam begann er sich am Hals herunter zu arbeiten, zog das Shirt ein wenig herunter, sodass er Sanjis Brust liebkosen konnte. „Marimo“, hauchte Sanji mit heißem Atem. „Du musst mich nicht jedes Mal so überfallen, wir könnten auch mal -“ Ein Stöhnen ging über seine Lippen als Zoro seine Brustwarze mit dem Mund umschloss und sanft daran saugte. „Wir könnten auch mal nicht miteinander – wir müssen das nicht jedes Mal – ich hätte auch mal gerne eine Pause.“ „So klingst du aber nicht, Koch.“ Ein Grinsen umspielte seine Lippen und Sanji wusste, dass er ihm ergeben war. Selbst, wenn er wirklich wollte, könnte er sich gegen Zoro nicht wehren. Dieser Marimo setzte es sich in den Kopf jeden Tag mindestens einmal in einen sexuellen Akt mit Sanji zu gehen, dafür nutzte er jede freie Minute, die sie auf der Zelle hatten. Natürlich konnte Sanji nicht behaupten, dass es ihm nicht gefiel, aber mittlerweile hätte er auch gerne mal einen Tag Verschnaufpause. Nicht für seinen Körper, sondern für seinen Geist, für seinen Kopf, für seine Gefühle, die er erst einmal ordnen musste. Er konnte sich selbst nicht recht erklären, was ihn vor wenigen Tagen dazu gebracht hatte, Zoro seine Gefühle offen zu legen. Eigentlich hatte er sich nur Gedanken darum gemacht, dass das zwischen ihm und Nami nichts mit Liebe zu tun hatte und, dass er befürchtete sie zu verlieren, wenn er mit ihr Schluss machte, doch bei seiner Erklärung gegenüber Zoro hatte er ebenfalls vernehmen lassen, dass es ihm mit diesem viel besser gefiel. Startschuss für Marimo, sofort hatte er ihn in Oralsex verwickelt. Und jetzt hörte er nicht mehr auf ihn ständig mit seinen Fingern und seiner Zunge und seinem... kleinen Zoro, der alles andere als klein war... zu überfallen. Als sie zum Mittagessen gerufen wurden, war Sanji nass geschwitzt und hatte wieder einen Orgasmus hinter sich, denn er noch zitternd und keuchend verarbeiten musste. Zoro war hingegen schon auf den Beinen, zog seine Hose wieder über die Hüfte und hatte einen todernsten Gesichtsausdruck aufgesetzt. „Die erste Hälfte des Tages ist geschafft“, murmelte er und blickte dabei Sanji an. „Wenn wir Glück haben, verschont er uns heute wieder.“ „Ehrlich gesagt, halte ich dieses Warten langsam nicht mehr aus“, keuchte Sanji und richtete sich langsam auf. Mit dem Ärmel wischte er sich über die nasse Stirn. Bestimmte Stellen seines Körper fühlten sich noch erhitzt und gereizt an und sein Herz pochte ihm schnell gegen den Brustkorb. Einige Male atmete er tief durch, ehe er sich endlich wieder beruhigte. „Wir waren die ersten Beiden, die er sich nach seiner Suspendierung raus gesucht hat“, erinnerte Sanji. „Er wird uns nicht verschonen, ganz sicher nicht.“ „Vielleicht vergisst er die Zeit und Kuzan kommt zurück bevor er uns mitgenommen hat“, hoffte Zoro mit zusammen gezogenen Augenbrauen. „Hast du etwa Angst, Marimo?“ „Natürlich nicht!“, fauchte der Grünkopf zurück. „Du bist doch hier der Angsthase!“ „Komm mir bloß nicht wieder mit deinem Beschützerscheiß!“ Auf dem Weg zur Kantine waren die Beiden sich wieder am streiten. Sie hörten erst damit auf, als sie von zwei Wärtern aufgehalten wurden, gerade als sie bei der Tür zur Kantine anlangten. „Ihr Zwei kommt mit“, befahlen sie, packten die Beiden an ihren Armen und zerrten sie mit sich. Natürlich begannen sie sich zu wehren, doch weitere Wärter kamen hinzu und nach einem kurzen Kampf waren die Hände der beiden Gefangenen auf ihren Rücken mit Schellen befestigt. Ein paar wenige Insassen bekamen dies mit, doch sie entschieden sich dazu es schweigend zu ignorieren. Schließlich könnten ansonsten sie diejenigen sein, die heraus genommen werden. Während sie von den Wärtern fort gebracht wurden, begann Sanjis Herz immer schneller zu schlagen. Nervosität und Angst machte sich in ihm breit. Bisher hatte Spandam sich immer nur einen Gefangenen rausgesucht, nicht zwei gleichzeitig. Was hatte er mit ihnen nun vor? Ihm war als hätte jemand eine Flüssigkeit über seinem Kopf ausgeschüttet, die gleichzeitig heiß und kalt war, in seinen Körper eindrang und sich schwer in seinen Magen legte. Sein Herz hingegen pochte dadurch lauter und schneller, dass er das Blut in seinen Ohren rauschen hörte. Er wollte nicht noch einmal so gefoltert und gedemütigt werden wie vor zehn Tagen. Nicht noch einmal. Nicht noch einmal. Von den Wärtern wurden sie in einen Zellentrakt gebracht, in dessen unterstem Geschoss sich alte Badezimmer befanden. Diese waren riesig, die Fliesen am Boden und an den Wänden waren schmutzig und mit etwas übersät, dass wir getrocknetes Blut aussah. Sanjis Herz schien ihm in die Hose zu rutschen als er dies erkannte. Mitten im Raum stand Spandam mit einem breiten Grinsen, in einer Hand hielt er eine viergliedrige, pechschwarze Peitsche. Insgesamt waren sechs Wärter bei ihnen, jeweils zwei von ihnen hielten Zoro und Sanji fest, die nun nebeneinander gestellt wurden. Aus dem Augenwinkel erkannte Sanji, dass Zoro einen wütenden Gesichtsausdruck aufgesetzt hatte. Nun, da er Spandam vor sich sah, konnte Sanji diesen Ausdruck nur teilen. Am liebsten würde er ihn zusammen schlagen – nein – ihn umbringen. Er war sich sicher niemals einen Menschen so sehr verachtet zu haben. „Hängt ihn auf“, befahl Spandam an seine Wärter. Diejenigen, die Sanji festhielten, schlossen seine Handschellen auf, nur um seine Hände gleich darauf vor seinem Körper wieder zu fesseln. Wieder versuchte Sanji sich zu wehren. Als er sich mit aller Gewalt los riss, konnte er sogar einem Wärter in den Bauch treten, sodass er zurück taumelte. Der Andere umschloss ihn mit beiden Armen, doch Sanji schlug ihm mit beiden Fäusten solange in den Magen bis er ihn wieder los ließ. Das Chaos nutzte Zoro aus, um sich ebenfalls zu wehren. Erst als Sanji zu Boden gestoßen wurde und etwas Hartes spürte, das an seinen Kopf gepresst wurde, hörte das Chaos auf. Für einen Moment wusste Sanji nicht, was ihn dort berührte, dann hörte er ein lautes Klicken und ihm wurde klar, dass es sich um eine Pistole handelte. Über Spandams Lippen ging ein dreckiges Lachen. „Das wagst du nicht“, hörte Sanji Zoro keuchen. „Du kannst nicht einfach jemanden von uns erschießen!“ „Ich kann alles, schon vergessen?“, säuselte Spandam. „Ich werde einfach eine Geschichte erfinden, in der einer der Insassen Schuld ist. Niemand würde euch jemals Glauben schenken.“ „Bastard“, zischte Zoro. Die Wärter zogen Sanji wieder auf seine Beine und nun konnte er denjenigen mit der Pistole erkennen. Es war ein kleiner Mann mit breiten Schultern und einem eigentlich freundlichen Gesicht. Zumindest sah er freundlich aus, wenn er nicht gerade mit der Pistole auf einen zielte. Ein dichter Bart zierte seinen Kiefer. Auch die anderen Wärter sahen so normal aus wie es nur irgend möglich war. Würde Sanji ihnen auf der Straße begegnen, würde er es niemals für möglich halten, dass sie hobbymäßig Gefangene quälten. Im Angesicht der geladenen Pistole, wehrte sich Sanji nicht mehr, als sie seine Arme nach oben hoben und die Kette seiner Handschellen über einen Haken legten, der an der Decke befestigt war. Damit dies funktionierte, mussten sie Sanji sogar ein wenig hoch heben. Nun berührten seine Zehen gerade so den Boden, während die Schellen in seine Handgelenke einschnitten und schmerzlich zu brennen begannen. Er hing dort wie ein Sack Kartoffeln, konnte sich nicht mehr bewegen oder wehren, jedes Körperteil lag vollkommen offen, um gequält zu werden. Sanji biss fest die Zähne aufeinander und versuchte sich seine Angst nicht anmerken zu lassen. Stattdessen blickte er voller Wut zu Spandam, der nun befahl Zoros Handschellen zu öffnen. Gesagt, getan. Weiterhin war das Ziel der geladenen Pistole Sanji, weshalb Zoro es nicht wagte auch nur eine falsche Bewegung zu machen. Ein triumphierendes Grinsen bildete sich auf Spandams Lippen, während er über die Peitsche streichelte. „Wir haben da etwas mitbekommen“, sagte er. „Etwas mit euch Beiden, was mir so gar nicht gefällt. Ihr seid ein paar perverse Schwuchtel, die es wagen in ihrer Zelle miteinander zu vögeln. Ihr seid sogar ineinander verliebt, habe ich Recht?“ „Nein!“, entfuhr es Zoro und Sanji wie aus einem Mund. „Ich bin keine Schwuchtel“, behauptete Zoro säuerlich. „Wir haben nie miteinander geschlafen“, bestätigte Sanji, während sein Herz immer schneller schlug. Natürlich musste Spandam davon erfahren. Vielleicht gab es sogar Kameras in den Zellen, was wussten sie schon wie die Sicherheit in diesem Gefängnis geregelt wurde? „Na, wenn das nicht die Wahrheit ist, dann wird euch das alles hier ja noch einfacher fallen“, sagte Spandam und hielt den Griff der Peitsche Zoro entgegen. Ein breites Grinsen bildete sich auf seinen Lippen, als er erkannte, wie Zoro das Entsetzen in die Augen kroch. „Na los, lass ihn die Schmerzen spüren, Marimo.“ Kapitel 14: 70 Tage [14] Zoro & Ace ----------------------------------- „Vergiss es“, entfuhr es Zoro keuchend. Dem Entsetzen mischte sich Verachtung bei, ein angewiderter Gesichtsausdruck, dass Spandam etwas solches von ihm verlangte. Sein Herz pochte donnernd in seiner Brust, hämmerte in seinem Kopf, betäubte beinahe seine Sinne und Angst machte sich in ihm breit. Das konnte er nicht von ihm verlangen. Beinahe panisch blickte er zu Sanji, dem der Schock ins Gesicht geschrieben stand. Ihn schon dort hängen zu sehen, war schlimm genug. Spandam konnte nicht ernsthaft verlangen, dass Zoro ihn folterte. „Wir könnten ihm natürlich auch ins Bein schissen“, schlug Spandam vor, als wäre es nichts weiter besonderes und deutete dem Wärter mit der Pistole an auf Sanjis Bein zu zielen. „Nein!“, rief Zoro aus, machte einen Schritt vor und hatte Spandam die Peitsche aus der Hand gerissen. Am liebsten hätte er sie dem vorübergehenden Gefängnisleiter ins Gesicht geschleudert. Er musste stark an sich halten dies nicht zu tun, hielt fest den Griff in seinen Händen, die vier Glieder der Peitsche baumelten herunter und sahen so harmlos aus. Doch Zoro hatte sie selbst zweimal zu Spüren bekommen und wusste, wie schmerzhaft sie waren. Das konnte er Sanji nicht antun. „Ich kann das nicht.“ Seine Finger zitterten. Entsetzt blickte er zu dem Koch, dem die Verzweiflung in den Augen geschrieben stand. „Das kannst du nicht verlangen...“ „Ich verlange es aber!“ Schon wurde Spandam lauter, er packte Zoro am Handgelenk und zog ihn mit sich hinter Sanji. Dort ließ er ihn los und zerriss mit zwei kräftigen Zügen Sanjis Shirt, sodass sein Rücken frei lag. Die Haut war makellos bis auf einen Knutschfleck, den Zoro ihm auf das Schulterblatt gedrückt hatte. Bisher war er so sanft mit ihm umgegangen, wie es ihm nur irgend möglich war, als müsste er Angst haben, dass ihm Sanji in den Händen zerbrach. Und nun sollte er ihn auspeitschen? Spandam packte die Ungeduld und mit dieser kam auch die Wut. Er entriss dem Wärter seine Pistole, zielte nun selbst auf Sanji und ging so nahe heran, dass er den Lauf gegen seine Schläfe pressen konnte. Sogleich begann der Junge zu zittern und Zoro war beinahe froh sein Gesicht nicht erkennen zu können. Schweißperlen strömten über die Stirn des Grünhaarigen, seine Finger zitterten, weshalb er sie fester um den Griff der Peitsche schloss. Sein Herz pulsierte heftig in seiner Brust, sein Atem ging schwer, doch noch schwerer war es die Peitsche zum ersten Schlag zu heben. Mit nicht ansatzweise so viel Kraft wie Zoro sie aufbringen könnte, ließ er die vier Glieder fliegen. Ihre Spitzen streiften Sanjis Rücken, welcher erschrocken zusammen zuckte. Ein Schmerzenslaut ging über die Lippen des Kochs, rote Striemen bildeten sich auf der makellosen Haut. „FESTER“, verlangte Spandam, doch Zoro schlug erneut mit derselben geringen Kraft zu. Wieder und wieder, bis der Rücken von vielen roten Striemen übersät war. Mit jedem Schlag schienen sich Risse in Zoros Herzen aufzutun, seine Kehle schnürte zu und er war nicht einmal dazu in der Lage wütend zu sein. Entsetzen und Angst hatten sich in ihm breit gemacht und mit jedem Schlag bohrte sich ein schlechtes Gewissen in seine Seele. Es tut mir Leid, es tut mir Leid, schoss es ihm durch den Kopf. Er merkte, wie seine Augen feucht wurden. Es war Ewigkeiten her, dass Zoro geweint hatte. Das letzte Mal im Waisenhaus als er noch ein Kind gewesen war. „DU SOLLST FESTER SCHLAGEN!“ Spandam zog die Pistole nach oben und feuerte einen Schuss in die Decke ab. Erschrocken schrie Sanji auf und gleich darauf ging ein Schmerzensschrei über seine Lippen, als Zoro die Peitsche fester fliegen ließ. Nun ertönte deutlich das Klatschen, feuerrote Striemen blieben auf seiner Haut zurück, einer von ihnen war sogar aufgerissen und eine feine Linie Blut bahnte sich ihren Weg nach unten. Mehrmals schlug Zoro mit dieser Kraft zu, spürte wie es ihn innerlich zerriss, er konnte die Schreie von Sanji kaum ertragen. Eine einzelne Träne bahnte sich ihren Weg über seine Wange und als er ihr Salz schmeckte, hörte er auf. Keuchend betrachtete er, was er angerichtet hatte und wandte sich flehentlich an Spandam. „Ich hab ihn geschlagen, ich habe es verstanden. Wir werden nie wieder miteinander schlafen.“ „Wer hätte gedacht, dass du so eine Heulsuse sein kannst“, zischte Spandam verächtlich und spuckte ihm vor die Füße. Er drückte die Pistole dem Wärter wieder in die Hand, ging zu Zoro herüber und riss ihm die Peitsche aus der Hand. Sofort waren zwei Wärter zur Stelle, um Zoro fest zu halten. „Schau her“, säuselte einer von ihnen mit einem Grinsen. „Spandam zeigt dir jetzt, wie es richtig geht.“ Bisher hatte Zoro nicht gewusst, wie laut und zerreißend ein Mensch schreien konnte, wenn er Schmerzen hatte, doch nun, da er Sanji hörte, wusste er es. Immer und immer wieder ließ Spandam die Peitsche fliegen, riss mit den Gliedern den Rücken auf, Blut spritzte und Sanji wölbte sich unter den Schmerzen. Irgendwann kam nur noch ersticktes Keuchen über seine Lippen und schließlich hing er erschlafft in den Ketten und bewegte sich nicht mehr. Zoro kam es vor als würde es Ewigkeiten dauern, Spandam hörte nicht auf ihn zu schlagen, das Blut benetzte die vier Glieder und verteilte es überall im Raum. Selbst Zoro und die Wärter bekamen Tropfen davon ab. Die Panik ergriff Zoro. Spandam war dazu bereit zu töten, was, wenn er solange auf Sanji einschlug bis dieser nicht mehr lebte? „Hör auf!“, rief Zoro und versuchte sich zu befreien, doch die Wärter klammerten sich fest an seine Arme und hielten ihn zurück. „Hör endlich auf! Er ist doch schon bewusstlos! Hör endlich auf! Nein! SPANDAM!“ Doch der Gefängnisleiter hörte nicht auf ihn, schien stattdessen nur noch fester zuzuschlagen, er riss Sanji das Fleisch von den Knochen, kein Fetzen Haut war mehr auf seinem Rücken übrig. Zoro wurde schon vom Anblick schlecht. Wenn er wollte, dass Spandam aufhörte, hatte er keine andere Wahl... „WO IST ACE?!“, brüllte er so laut er konnte. Sofort stoppte Spandam in seinem Tun. Mit einem Mal herrschte eine dröhnende Stille im Raum. Langsam wandte sich der Mann Zoro zu, ein animalisches Grinsen zierte seine harten Gesichtszüge. „Was hast du gefragt?“, sagte er leise. „Wo ist Ace?“, wiederholte Zoro. „Du weißt, was es bedeutet, wenn du diese Frage stellst...“ „Ich tausche mit ihm den Platz“, stellte Zoro fest. „Und ich werde mich nicht wehren, gegen nichts, was du mit mir machst, solange du Sanji ab sofort in Ruhe lässt.“ Für einen Moment überlegte Spandam und sein Gesichtsausdruck war undefinierbar, dann wurde sein Grinsen breiter und er sagte: „Abgemacht.“ Danach ging alles recht schnell. Wie versprochen wehrte sich Zoro nicht, als die Wärter ihn in Handschellen legten und abführten. Zur gleichen Zeit nahmen sie Sanji vom Haken herunter und brachten ihn fort, vermutlich auf die Krankenstation in Anbetracht der schweren Verletzungen auf seinem Rücken. Spandam war vor Freude am Strahlen und ging federnden Schrittes voraus. Seltsamerweise war Zoro nicht aufgeregt, er war nur froh, dass er nicht mehr zusehen musste, wie Sanji gequält wurde. Vermutlich würde Spandam ihm keine ruhige Minute geben, ihn von anderen Wärtern misshandeln und quälen lassen, er konnte sich nicht vorstellen, durch welche Hölle Ace die letzten fünfzehn Tage gehen musste. Er wurde tiefer in den alten Gefängnistrakt gebracht bis sie in einen Gang gelangten, in dem es bestialisch stank. Angewidert rümpfte Zoro die Nase, auch die Wärter keuchten unter dem Gestank, während Spandam sich nicht weiter dafür zu interessieren schien. Je weiter sie den Gang entlang gingen, desto schlimmer wurde der Geruch, bis sie schließlich vor einer Tür stehen blieben. Es war eine alte Zellentür, in der es nicht einmal einen Schlitz zum Durchschauen gab. Zoros Herz begann wieder schneller zu klopfen und Spandam schien sich beim Aufmachen Zeit zu lassen. Unerträglich langsam drehte er den Schlüssel herum, zog ihn heraus und öffnete die Zellentür. Nun schlug ihnen der Geruch entgegen, es war eine Mischung aus allem, was der menschliche Körper zu bieten hatte und für einen Moment schien Zoro alleine von diesem Gestank betäubt zu sein. Ihm drehte sich der Magen um, augenblicklich war ihm schlecht. In der Zelle selbst war es so dunkel, dass Zoro nichts erkennen konnte. Zwei Wärter hatten Spandam und Zoro begleitet. Einer von ihnen trat nun vor, hielt sich mit einer Hand die Nase zu und ging in die Zelle hinein. Nur wenige Sekunden darauf kehrte er zurück, packte mit der anderen Hand die Haare von jemandem... von Ace... Zoro musste zwei mal blinzeln, um ihn wieder zu erkennen. Er war schmutzig, überall waren Verletzungen, offene Wunden, entzündete Schnitte, er trug nur eine einfache Hose, die ebenfalls völlig verdreckt war. Seine dunklen Augen waren nur noch halb geöffnet, als würde er zwischen Leben und Tod schweben, die Lippen waren rissig und aufgesprungen und sein Gesicht an vielen Stellen geschwollen. Vor Entsetzen konnte Zoro nur dort stehen und ihn anstarren. „Das ist ab sofort dein Zuhause“, sagte Spandam und deutete in die dunkle Zelle hinein. „Kein Licht, kein Bett, keine Toilette, keine Dusche, drei Quadratmeter Platz. Jeder Wärter hat meine Erlaubnis seine Wut an dir heraus zu lassen, du bekommst unregelmäßig etwas zum Essen und zu Trinken... gerade so wie ich Lust darauf habe. Dort drin steht irgendwo eine leere Wasserflasche, wenn du nicht verdursten willst, solltest du dasselbe machen, zu dem auch Ace nach vier Tagen gezwungen war: Dort hinein pinkeln und es trinken.“ Er klopfte Zoro auf die Schultern, der noch immer unfähig dazu war sich zu bewegen. Ace wurde von dem Wärter zur Seite gezogen und dort liegen gelassen, wie ein gebrauchtes Spielzeug, das nun kaputt war und ersetzt werden musste. Wut keimte in Zoro auf, unbändige Wut und die schlimmste Art von Hass, die er gespürt hatte. Er ballte beide Hände zu Fäuste, wandte den Blick auf den Boden. Wenn er Spandam nun anschaute, würde ihn die Wut übermannen und er würde ihn angreifen. Wie die vielen Male davor, würde dies nach hinten los gehen und sein Versprechen, sich nicht zu wehren, wäre gebrochen. Dann würde Sanji wieder leiden müssen und dieser hatte heute mehr als genug durchmachen müssen. „Gut“, brachte Zoro schwerfällig über die Lippen. „Gut?“ Spandam lachte spöttisch. „Na schön, mal sehen, was du in einer paar Tagen dazu zu sagen hast. Rein mit ihm und Ace bringt ihr erst einmal zu den Duschen!“ Ruffy. Ruffy. Ruffy. Wenn er nicht verrückt werden wollte, musste er an etwas denken, was ihn davon abhielt. Etwas, was ihn aufbaute, seinen Grund, warum er überhaupt noch am Leben war und dieser Grund war seine kleiner Bruder. Wenn er nicht wäre, wäre er schon viel früher verzweifelt. Schon vor dem Gefängnis, schon vor Spandam. Um ihn zu beschützen, hatte Ace angefangen sich auf einen kriminellen Pfad zu begeben und Drogen zu verkaufen, damit Ruffy die Schule besuchen konnte. Alles nur für Ruffy, nur für seinen kleinen Bruder. Dieser war zwar mittlerweile selbst volljährig, doch das änderte nichts daran, wie sehr er an ihm klammerte. Ohne Ace würde Ruffy doch nur wieder Unsinn anstellen, deswegen musste er auch überleben, deswegen musste er stark bleiben und sich nicht brechen lassen. Egal, wie demütigend, schmerzhaft und unmenschlich die letzten zwei Wochen gewesen waren, er durfte sich nicht geschlagen geben. Auch, wenn er sich gerade sicher war, dass nur der Tod ihn erlösen konnte... Warm prasselte Wasser auf seinen Körper herunter. Nackt kniete er unter der Dusche, da es Gemeinschaftsduschen waren, war das Badezimmer geradezu riesig. Außer ihm war jedoch niemand anwesend. Mit dumpfem Blick schaute zu wie das Wasser schmutzig braun und in langen Fingern von seinem Körper über die Fliesen zum kleinen Gulli floss, der sich in der Mitte des Raumes befand. Er wollte sich nicht bewegen. Wie betäubt, wie tot, kniete er dort und ließ das Wasser auf sich nieder prasseln. Die Wärter hatten ihm Seife gegeben, doch er hielt das Stück nur fest, statt sich damit zu waschen. Obwohl er so viele Wunden hatte, schmerzte sein Körper nicht mehr. Als hätte er zu viel erlitten und könnte die Schmerzen nun nicht einmal mehr spüren. Ruffy. Ruffy. Ruffy. Er rief sich das Gesicht seines Bruders in Erinnerung, das breite Lächeln, seine aufgeweckte, wilde Art, seinen Optimismus, auch seine Wut und seine Tränen als Ace ins Gefängnis gehen musste. Er hielt an den Erinnerungen fest und versuchte ganz darin zu versinken, um all das hier zu vergessen. In der Hoffnung, dass es ihm für alle Zeit nur wie ein böser Traum vorkommen wird. Plötzlich hörte er Geräusche. Schritte und Stimmen, die immer lauter wurden. Langsam blickte Ace auf, schaute mit müden Augen zur einzigen Tür, die in die Gemeinschaftsduschen führte. Diese ging mit einem Mal auf und Gefangene strömten herein. Wie viele konnte Ace nicht genau sagen, doch sie alle erblickten ihn beinahe zur selben Zeit und blieben ruckartig stehen. Entsetzen spiegelte sich in ihren Gesichter, ihre Körper waren nur mit Handtüchern um die Hüfte bekleidet, jeder hielt sein Stück Seife in der Hand und für einige Augenblicke war es trotz der vielen Menschen absolut still. Nur das Prasseln der Dusche war zu hören. „Ace?“ Die Stimme kam ihm bekannt vor, doch trotzdem musste er das Gesicht sehen, um zu wissen, dass es sich dabei um seinen Zellengenossen handelte. Marco trat mit geschockter Miene hervor, ließ die Seife fallen und kniete sich vor ihn. „Verdammte Scheiße“, zischte er. „Was hat dir der Kerl nur angetan...?“ „Warum bist du hier?“, fragte irgendein anderer Insasse. „Spandam sagte, du würdest erst frei kommen, wenn jemand mit dir freiwillig den Platz tauscht... oder... oder ist Kuzan zurück?“ „Nein.“ Aces Stimme hörte sich rau und erstickt an. Es fiel ihm schwer Worte über die Lippen zu bekommen, wo er doch so erschöpft war, dass er sich am liebsten nie wieder bewegen wollte. „Zoro ist nun dort.“ „Zoro hat getauscht?“, fragte Marco ungläubig. Er schaute zu den anderen Gefangenen, die sich gegenseitig unruhige Blicke zu warfen, dann wandte er sich wieder Ace zu. „Seit Tagen sucht er sich einzeln Leute von uns raus und foltert sie...“ Er klappte das Handtuch ein wenig hoch und offenbarte eine schwere Brandwunde an seinem Oberschenkel. „Mir hat er mit einer heißen Eisenstange den Körper verbrannt. Mein Rücken sieht noch schlimmer aus. Er meinte, er würde uns dadurch zeigen, was es heißt, du zu sein.“ „Er wird damit nicht aufhören“, sagte Ace müde. „Solange Kuzan weg ist, wird er jede freie Minute nutzen... auch die anderen Wärter werden damit anfangen...“ „Das haben sie bereits“, sagte ein Insasse grummelnd. „Mein Zellengenosse liegt auf der Krankenstation, weil ihm einer dieser Idioten mit dem Schlagstock ne Platzwunde verpasst hat. Nur, weil er beim Spülen einen Teller fallen gelassen hat.“ „Aber jetzt haben wir einen Vorteil...“ Ace schaute zu ihnen auf und versuchte entschlossen zu wirken, doch es wollte ihm nicht recht gelingen. „Ich weiß, wo Zoro ist.“ „Was soll das für ein Vorteil sein?“, wunderte sich jemand. „Ein Großer“, stellte Marco fest, der wusste, worauf Ace hinaus war. „Wir sind ihnen zahlenmäßig überlegen. Natürlich können wir auf Dauer nichts ausrichten, doch wir haben den Überraschungsmoment auf unserer Seite, wenn wir einen Aufstand los brechen. Und, wenn wir schnell genug sind, können wir Zoro befreien. Dann hat Spandam nichts, womit er uns drohen kann.“ „Und? Dann wird der Aufstand nieder geschlagen und Zoro kommt zurück, wo immer er auch gerade ist“, grummelte ein Insasse. „Das würde passieren...“, sagte Ace und richtete sich ein wenig auf, in seinen dunklen Augen war nun doch ein Funken von Entschlossenheit und Wut zu sehen. Spandam hatte ihn noch nicht völlig gebrochen. „...wenn wir Spandam bei diesem Aufstand am Leben lassen.“ Mit einem Mal konnte man die Entschlossenheit und Wut auch in den Gesichtern der anderen Gefangenen erkennen und, ohne ein weiteres Wort sagen zu müssen, wusste jeder von ihnen, dass sie genau dies durchziehen würden. Selbst die Tatsache, dass die beiden Wärter, die vor dem Badezimmer Wache hielten, jedes Wort mitbekommen hatten, würde nichts an ihrem Vorhaben ändern. Dafür waren sie zu viele, denn sie wussten genau, dass jeder einzelne Insasse in diesem Gefängnis auf ihrer Seite stand. Kapitel 15: 67 Tage [15] Sanji ------------------------------ Flimmernd öffnete Sanji seine Augenlider. Verschwommen erkannte er, dass er auf der Krankenstation bäuchlings auf einem bequemen Bett lag. Als er sich bewegen wollte, zuckte ein brennender Schmerz durch seinen Rücken, der ihm den Atem raubte und blind zu machen schien. Sogleich keuchte er auf, blieb liegen, so wie er war und presste die Zähne fest aufeinander. Quälend langsam krochen die Erinnerungen in seinen Kopf zurück und er krallte seine Finger tief in das Bettlaken. Was war passiert nachdem er ohnmächtig geworden war? Scheinbar hatte Spandam aufgehört und ihn auf die Krankenstation bringen lassen. Seine Kehle und sein Mund fühlten sich rau und trocken an. Seine Stimme war nicht mehr als ein Keuchen als er nach Zoro rief. „Marimo... Marimo! Bist du hier?“ Statt Zoro tauchte jedoch eine Krankenschwester neben ihm auf und fühlte seine Stirn. Ihr Gesicht war vor Sorge und Unbehagen verzogen. „Endlich bist du wach“, sagte sie leisen. „Dein Rücken sieht wirklich schlimm aus. Ich verabreiche dir ein Schmerzmittel und bring dir etwas zum Trinken.“ „Wo ist Zoro?“, fragte Sanji. „Ich weiß nicht, wer das sein soll. Außer dir ist nur eine weitere Person in den letzten Tagen auf die Krankenstation gekommen und die hieß nicht Zoro.“ Mit den Worten ging sie wieder fort, brauchte jedoch nicht lange, bis sie mit einem Schmerzmittel zurück kam. Nur dumpf bekam er mit, dass sie ihm eine Spritze verpasste. Damit er sich zum Trinken nicht bewegen musste, hielt sie ihm eine Flasche mit Strohhalm an den Mund, aus welchem er einige Schlücke saugte. Schnell setzte das Schmerzmittel ein und verringerte das scharfe Brennen in seinem Rücken. Wenn er sich bewegte, zog es immer noch, fühlte sich außerdem äußerst unangenehm an. Doch er war von seinen Gedanken zu abgelenkt, als dass er sich damit hätte beschäftigen können. Zoro war nicht hier. Entweder hatte Spandam ihm nichts getan, weshalb er gar nicht erst auf die Krankenstation kommen musste oder er litt noch immer unter ihm. Da fiel Sanji auf, dass er keine Ahnung hatte, wie lange er bewusstlos gewesen war. Er fragte die Krankenschwester, als sie an seinem Bett vorbei ging und ihre Antwort schockierte. „Drei Tage?“, wiederholte er keuchend. „Aber...“ Er überlegte ein wenig und ihm kam ein entsetzender Gedanke. „Wie heißt die andere Person, die noch auf die Krankenstation kam?“ „Portegas D. Ace. Er wurde heute morgen auf seine Zelle gebracht.“ Nein, schoss es Sanji den Kopf. Nein, Marimo, du verdammter Idiot. Hatte er etwa mit Ace den Platz getauscht? Säuerlich biss sich Sanji auf die Zähne. Wenn dies wirklich stimmte, dann hatte Zoro es getan, um Sanji zu beschützen, dessen war er sich sicher. Dieser verdammte Idiot. Sanji hatte ihm oft genug gesagt, dass er ihn nicht beschützen sollte. Er grub die Finger noch etwas tiefer in das Laken, schloss gequält die Augen und lag einige Zeit nur dort, mit wirren, chaotischen Gedanken, innerlich fluchend und verzweifelt. Stille umfing ihn, gelegentlich unterbrochen von den Krankenschwestern und den anderen Patienten, die dank Spandam hier gelandet waren, und trotzdem schien es in Sanji selbst alles andere als still zu sein. Als sich seine Gedanken endlich etwas beruhigten und die Medikamente ihn langsam in einen schlummerartigen Zustand brachten, erwachte aus eben diesem durch laute Geräusche auf den Fluren. Fußgetrampel und Rufe ertönten. Sanji öffnete die Augen und hob den Kopf ein wenig, um einen Blick auf die Tür zu werfen. Da sie ein durchsichtiges Glas besaß konnte er Schemen auf den Fluren erkennen. Plötzlich krachte sie mit einem Donnern auf und einige Gefangene stürmten die Station. Schreiend brachten sich die beiden Krankenschwestern in Sicherheit, während sich einige Patienten erschrocken aufsetzten und fragten, was um alles in der Welt los wäre. Zu Sanjis Überraschung wurde die ganze Truppe von Ace angeführt, der alles andere als gut aussah. Er hatte abgenommen, blaue Flecken und Schnitte zierten sein Gesicht. In einer Hand hielt er einen Schlagstock, der eigentlich einem Wärter gehören sollte. Beim Gehen humpelte er und Sanji konnte ihm ansehen, dass er Schmerzen hatte, doch Ace schien diese völlig zu ignorieren. Suchend schaute er sich um, erblickte dann Sanji und ging an sein Bett. Sowohl seine Augen als auch die der Anderen lagen voller Entsetzen auf seinem Rücken. „Scheiße“, krächzte ein Gefangener. „Dieser Bastard...“ „Ace“, sagte Sanji, ihre Blicke ignorierend. „Wo ist Zoro? Hat er mit dir die Plätze getauscht?“ „Ja, hat er“, nickte Ace. „Ich habe aber keine Ahnung, wieso.“ „Spandam hat ihn dazu gezwungen mich zu peitschen“, erzählte Sanji schnell. „Weil er es nicht richtig gemacht hat, hat Spandam danach weiter gemacht. Ich bin irgendwann bewusstlos geworden, deswegen weiß ich nicht genau, was geschehen ist, aber ich denke, dass Zoro mit dir getauscht hat, um mich zu retten.“ „Warum würde er das machen?“, zweifelte ein Gefangener. Natürlich. Sanji hatte vergessen, dass hier eigentlich nur jeder für sich selbst kämpfte und Zoro und er eine absolute Ausnahme bildeten. Dass sie Gefühle füreinander empfanden, behielt er lieber für sich, stattdessen sagte er: „Das ist nur meine Vermutung.“ „Da kommen noch mehr Wärter!“, rief eine Stimme von der Tür her. „Wir müssen uns beeilen, Mann!“ „Sanji komm mit“, sagte Ace, der seinen skeptischen Gesichtsausdruck ablegte und plötzlich voller Entschlossenheit und Wut war. „Wir zahlen es Spandam heim und befreien Zoro.“ „Ihr wollt es ihm heimzahlen?“, fragte Sanji, nun war er an der Reihe skeptisch zu sein. „Wie genau wollt ihr verhindern, dass er uns danach alle umbringt?“ „Wir kommen ihm zuvor“, antwortete einer der anderen Gefangenen. Im ersten Moment war sich Sanji sicher gewesen, dass es nur Gerede war, doch als er ihre Entschlossenheit erkannte, wusste er, dass sie dies vollkommen Ernst meinten. Ja, Zoro und er hatten auch ständig darüber gesprochen, wie sie Spandam umbringen konnten und es gab niemanden auf der Welt, den Sanji mehr hassen würde. Selbst sein Stiefvater schien momentan nicht diesen Grad von Hass erreichen zu können, doch trotzdem hatte er ein ungutes Gefühl bei der Sache. Mehr als ins Gefängnis sperren, konnte man sie nicht und, da sie dies bereits waren, hatten sie in dem Sinne nichts zu verlieren, außer vielleicht das, was sie momentan noch von Spandam unterschied. Doch, was genau dies sein sollte, konnte Sanji sich auch nicht erklären. „Jetzt sag mir nicht, du willst ihn verteidigen?“, sagte Ace und klang beinahe spöttisch. „Nein“, antwortete Sanji scharf. „Ich komme mit.“ Hauptsächlich wollte er Zoro befreien... und vielleicht dabei zusehen, wie sie es Spandam heimzahlten. In erster Linie zählte jedoch Zoro. Man half ihm beim Aufstehen. Dank der Medikamente fühlte sich Sanjis Rücken einfach nur taub an. Als er sich ein Oberteil überzog, brannte es ein wenig und nach den ersten paar Schritten wurde ihm für einen Moment schwarz vor Augen. Schnell hatte sich dies jedoch wieder geregelt. Obgleich er sich nicht allzu wohl fühlte, rannte er mit den Anderen mit, andere Patienten – diejenigen, die laufen konnten – schlossen sich ihnen an. Nach nur wenigen Metern vor der Krankenstation trafen sie auf ein paar Wärter, die äußerst gestresst aussahen. Einer von ihnen öffnete den Mund, um etwas zu sagen, kam jedoch nicht allzu weit. „Wir können euch verstehen, aber -“ Da hatte er schon von einem der Gefangenen einen Faustschlag verpasst bekommen. Durch ihre Überzahl konnten sie die Wärter überwältigen, ihnen ihre Schlagstöcke abnehmen. Wie eine Welle überrannten die Insassen überall im Gefängnis die Wärter, die verzweifelt versuchten den Aufstand nieder zu schlagen, doch vorerst nur erfolglos waren. Kurze Kämpfe entbrannten auf jedem Stockwerk. Wie Sanji von Ace erklärt bekam, war hauptsächlich Stockwerk C – das Stockwerk von Spandam – am Aufstand beteiligt, einige Insassen der anderen Stockwerke waren ebenfalls dabei, doch die meisten von A und B blieben in ihren Zellen. Im Groben war der Aufstand in zwei Gruppen eingeteilt: Die Zoro – Rettungsgruppe und die Spandam – Suchgruppe, denn der Leiter hatte sich scheinbar sofort verdrückt als der Aufstand los ging. „Was, wenn er das Gefängnis verlassen hat?“, fragte Sanji, während Ace sie denselben Weg entlang führte, den Spandam vor drei Tagen mit Zoro und Sanji gegangen war. „Daran haben wir auch schon gedacht“, gab Ace zu. „Wir hoffen einfach, dass es nicht der Fall ist. Schließlich wäre das im Grunde schon Arbeitsverweigerung.“ „Und du denkst davon lässt sich Spandam aufhalten?“ Sanji bezweifelte dies stark, doch sie hatten keine Möglichkeit weiter darüber zu diskutieren. Obgleich Ace behauptete, die Aufständischen wären in zwei Gruppen aufgeteilt, kam es Sanji eher vor wie das totale Chaos. Sie selbst waren eine Truppe von knapp zehn Insassen, der Rest, der mit ihnen hätte kommen sollen, war damit beschäftigt überall die Wärter aufzuhalten. Als sie gerade den alten Gebäudetrakt betraten, ertönte weiter hinter ihnen ein Schuss. Erschrocken blieben einige stehen, auch Sanji, und wandten sich dem lauten Knall zu. „Habt ihr das gehört?“, fragte jemand. Die Stimme kannte Sanji. Als er sich nach dem Insassen umwandte, erkannte er Gavin, ebenfalls mit einem Schlagstock bewaffnet. Er sah nicht ängstlich aus, als er die Frage stellte, eher beinahe schon amüsiert. „Die fangen an auf uns zu schießen.“ „Das Ganze eskaliert“, stellte ein anderer Gefangener fest. „Aber wir sind zu weit, um jetzt aufzuhören.“ „Wir sind fast bei Zoro, kommt schon!“, rief Ace von vorne und sie setzten ihren Weg fort. Sanji konnte nicht recht glauben, dass die Wärter sich tatsächlich Waffen genommen hatten, um nun auf sie zu schießen. Vielleicht feuerten sie nur Warnschüsse ab, um die Gefangenen unter Kontrolle zu bringen. Wenn das stimmte, dürfte es nicht mehr lange dauern, bis auf den oberen Stockwerken niemand mehr war, der ihnen den Rücken frei hielt. Sie mussten sich wirklich beeilen. Ace führte sie weiter in den alten Trakt und schließlich gelangten sie auf einen Flur, in dem bestialisch stank. Abgesehen von Ace begannen alle zu keuchen, hielten sich die Nase zu oder stießen leise Flüche aus. Weiter hinten war gerade ein Wärter damit beschäftigt eine Zellentür aufzuschließen. „Was machst du da?!“, brüllte Ace. Sie blieben einige Meter entfernt von ihm stehen, ihre Schlagstöcke zum Kampf bereit in den Händen. Bei dem Wärter handelte es sich um einen kleinen, dicken Mann mit einem Dreitage-Bart und einem gestressten, beinahe ängstlichen Gesichtsausdruck. Er hielt in dem inne, was er tat und blickte sie keuchend an. „Ich will nur -“, stotterte er. „Ich will ihn nur raus holen... solange, solange so viel Chaos herrscht, merkt das Spandam nicht... ich wollte ihm einfach sagen, dass wart ihr... ich will nicht... ich wollte das alles nicht.“ „Ist okay“, sagte Ace ruhiger. „Dann mach auf und lass ihn raus.“ Der Wärter nickte, öffnete die Zellentür. Sanjis Herz schien vor Aufregung schneller zu schlagen. Er hatte Angst davor, wie es Zoro wohl gehen würde, erwartete das Schlimmste und wurde dahingegen nicht enttäuscht. Seltsamerweise jedoch auch nicht geschockt. Vielleicht hatte Sanji in diesem Gefängnis schon zu viel erlebt. Zoro war blass, sah kränklich aus, hatte jedoch nur wenige Verletzungen, die seinen Körper zierten. Man hatte ihm sein Oberteil abgenommen, weshalb jeder Muskel bestens zu erkennen war, ebenso wie die feinen Schnitte, die sich über seinen Bauch zogen. Als er Sanji erblickte, huschte ein Ausdruck der Erleichterung und des schlechten Gewissens über sein Gesicht. Ihnen war danach sich gegenseitig in die Arme zu fallen, Sanji spürte, dass Zoro sich entschuldigen wollte und der Koch wollte nur seine Lippen spüren und in seinen Armen gehalten werden. Doch um sie herum waren neun andere Gefangene und ein Wärter, weshalb es bei einem Austausch von Blicken blieb, die mehr sprachen als tausend Worte. „Geht's bei dir?“, fragte Ace an Zoro gewandt. Einige Sekunden lang hielt Marimo seinen Blick noch auf Sanji, dann wandte er sich dem Anführer der Truppe zu. „Ja, geht.“ „Ich weiß, dass du das nicht für mich gemacht hast, aber trotzdem... danke, dass du getauscht hast.“ „Wie du sagst, ich hab es nicht für dich getan, also bedanke dich auch nicht“, grummelte Zoro säuerlich. „Was genau ist hier überhaupt los?“ „Wir bringen Spandam um“, sagte Gavin als würde er darüber sprechen, dass sie sich gemeinsam zum Tee trafen. „Bist du dabei, Mooskopf?“ „Worauf du wetten kannst.“ „Dann gehen wir zurück!“ Sie ließen den verzweifelten Gefängniswärter zurück, rannten gemeinsam die Treppen wieder hoch und wollten eigentlich auf Stockwerk C, doch sie kamen nicht mal aus dem alten Trakt heraus, denn am Eingang wurden sie von Marco und einigen anderen Gefangenen aufgehalten, in ihrer Mitte Spandam höchstpersönlich. Seine Nase war bereits gebrochen und Blut strömte über sein Gesicht, welches von Wut und Angst gekennzeichnet war. Marco hielt ihn mit einer Hand an den schmutzig hellen Haaren fest, zerrte ihn hinter sich her wie einen Sack Kartoffeln, während Spandam unaufhörlich am plärren war. „Ich bin Spandam! Habt ihr überhaupt eine Ahnung mit wem ihr euch hier anlegt?! Das werdet ihr büßen, das werdet ihr niemals überstehen! Ich bringe euch um, jeden Einzelnen von euch! Ihr werdet nie wieder dieses Gefängnis verlassen, darauf schwöre ich!“ „Wir dachten, hier unten sind wir etwas ungestörter“, sagte Marco und musste beinahe brüllen, um Spandam übertönen zu können. „Bringen wir ihn in das alte Badezimmer, in dem er uns gefoltert hat!“ Sanji hatte nicht vorgehabt dieses Badezimmer je wieder zu betreten, weshalb er stehen blieb, während sich alle anderen zu dem Raum aufmachten, Spandam im Schlepptau. Erst als sie ein paar Meter gegangen waren, fiel Zoro auf, dass der Blonde nicht folgte und wandte sich nach ihm um. „Was ist los?“, fragte er und blieb stehen. „Das ist es doch, was wir die ganze Zeit wollten.“ „Ich weiß es nicht...“ Jetzt, da es soweit war, wusste Sanji wirklich nicht, was er tun wollte. Eigentlich wollte er nur dieses Gefängnis verlassen, alles vergessen, was hier geschehen war, außer vielleicht Zoro. Gleichzeitig verspürte er jedoch auch die Lust danach Spandam leiden zu lassen oder zumindest ihn leiden zu sehen, auch wenn einen bitteren Nachgeschmack bei ihm hinterließ. „Ich weiß es wirklich nicht.“ „Du musst ja nicht mitkommen, aber ich werde gehen.“ Mittlerweile waren sie alleine auf dem Flur. Der Rest müsste bereits im Badezimmer ankommen. „Sanji...“ Er schloss die wenigen Meter, die zwischen ihnen waren, beugte sich ein wenig herunter und gab ihm einen sanften Kuss auf die Lippen. „Tut mir Leid, was ich dir angetan habe. Dass Spandam mich dazu gezwungen hat, kann ich ihm niemals verzeihen. Er soll es büßen.“ „Sie wollen ihn umbringen“, erinnerte Sanji ihn. „Sie wollen ihn nicht nur verprügeln, sie wollen ihn töten. Ich will kein Mörder sein, glaube ich...“ „Dann bleib hier.“ Zoro sagte diese Worte in einem harten Tonfall, beinahe abweisend, als wäre Sanji in seinen Augen weniger, weil er Spandam nicht töten wollte. Er schenkte ihm einen letzten, harten Blick, folgte dann den Anderen in Richtung des Badezimmers, aus dem Rufe und Gejohle erklang. Wie verlassen, blieb Sanji auf dem Flur stehen, unsicher, was er tun sollte. Ihm wurde schlagartig bewusst wie schwindelig ihm eigentlich war, auch sein Rücken schaltete sich mit einem scharfen Brennen wieder ein. Wenige Sekunden stand er dort, fühlte sich wie ein ausgesetzter Hund und hatte für sich noch keine Entscheidung getroffen, da kam mit langsamen Schritten der Wärter von vorhin auf ihn zu. „Ehm...“, sagte er unsicher. „Wenn du... wenn du willst, bringe ich dich zurück zu deiner Zelle...“ „Eher auf die Krankenstation“, murmelte Sanji. „Ja, ich kann das machen. Wenn dich ein Wärter bringt, wird dich niemand angreifen...“ „Die anderen Gefangenen vielleicht schon.“ „Ich weiß, wie wir dorthin kommen, ohne auf sie zu stoßen. Wir nehmen eine Abkürzung und gehen durch Stockwerk A, da ist gar nichts los. Okay?“ Vielleicht zeugte es von Schwäche und Angst, wenn Sanji nun abhaute, doch er sah keinen Sinn darin hier rumzustehen und zuzuhören, wie sie Spandam zu Tode prügelten. Die Schläge, das Knallen klangen in seinen Ohren so widerlich, dass er es kaum ertragen konnte. „Ist es dir egal, was sie mit ihm machen?“ „Ich arbeite hier seit fünf Jahren“, sagte der Wärter. „Und genau solange schaue ich weg, wenn die Gefangenen gefoltert werden, dann kann ich auch heute noch mal wegschauen.“ Ob Marco es deswegen bis hierher geschafft hatte? Weil die Wärter weg geschaut hatten, als Spandam an ihnen vorbei geschleppt wurde? Sanji konnte sich dies sogar gut vorstellen. „Okay“, nickte er. „Bring mich zurück auf die Station.“ Kapitel 16: 57 Tage [16] Zoro & Smoker & Gavin ---------------------------------------------- „Sie waren also in dieser Zelle eingesperrt?“ „Ja.“ „Für drei Tage und dann haben die anderen Gefangenen Sie befreit, richtig?“ „Ja.“ „Nach Ihren Erklärungen hatten Sie also jeden Grund Mister Spandam zu töten.“ „Habe ich aber nicht.“ Die Lüge ging Zoro einfach über die Lippen. Vielleicht war es auch nur eine halbe Lüge. Jeder von ihnen hatte seine Wut an Spandam ausgelassen, ihn solange verprügelt, bis sein Schädel unter den Schlagstöcken aufgeplatzt ist. Jede Nacht träumte Zoro davon und es waren keine schönen Träume. Schweißgebadet wachte er auf und Sanjis anklagender Gesichtsausdruck, der aller Offensichtlichkeit aussagte 'Ich habe es dir doch gesagt' machte die Sache auch nicht besser. Im Gegenteil, es endete ständig in Streits zwischen den Beiden, doch das war momentan nebensächlich. Beim Aufstand hatte nicht nur Spandam sein Leben gelassen, sondern auch drei Wärter und zwei Gefangene. Seit zehn Tagen suchte die Polizei nun schon nach den Verantwortlichen. Spandams Büro wurde in einen Hörraum umfunktioniert und Zoro fand sich nun schon zum fünften Mal vor dem Schreibtisch nieder, um dieselben Fragen zu beantworten, die er schon zuvor gestellt bekommen hatte. Seltsamerweise zog sich die Befragung stets über eine Stunde und länger, dann wurde er gegen einen anderen Gefangenen getauscht. Als Zoro an diesem Tag entlassen wurde, wurde er von zwei Wärtern abgeführt und traf vor dem Büro auf jemanden, den er schon beinahe wieder vergessen hatte: Direktor Kuzan. Im Schlepptau hatte er Smoker. Während Kuzan ihn mit einem Kopfnicken grüßte, das Gesicht zu einer sehr ernsten Miene verzogen, schenkte Smoker ihm einen säuerlichen Blick. Warum auch immer er sauer auf ihn war, doch bei Smoker war das beinahe normal. Die Beiden traten hinter ihm ins Büro an und Zoro wurde zurück zu seiner Zelle gebracht. Seit den Geschehnissen bekam jeder Gefangenen das Essen auf die Zimmer gebracht, es gab keine gemeinschaftlichen Treffen mehr, keinen Unterricht, nur der Aufenthalt in ihrer Zwei-Mann-Zelle, solange bis die Probleme geklärt waren. Hinter ihm fiel die Tür wieder zu und Zoros Blick fiel zuerst auf Sanji, der gegen die Wand gelehnt neben seinem Bett saß und ihm wieder diesen Gesichtsausdruck schenkte, bei dem sich Zoro beinahe schuldig fühlte. Er hasste diesen Gesichtsausdruck und er hasste es ihn auf diesem hübschen Gesicht zu sehen. Auch Sanji wurde anfangs von den Polizisten befragt, für die ersten zwei Tage, nun war er tagein, tagaus in der gemeinsamen Zelle. Zoro wüsste gerne wieso, doch Sanji erzählte es ihm nicht. Schließlich konnten die Polizisten eigentlich nicht wissen, dass er nichts mit Spandams Ermordung zu tun hatte. „Ich habe Kuzan und Smoker gesehen“, teilte Zoro ihm mit, setzte sich auf das Bett neben Sanji. Gemeinsam starrten sie die graue Wand gegenüber an – mehr konnten sie hier auch nicht machen. „Aha“, machte Sanji nur. „Ich wüsste gerne, warum die dich nicht mehr ausfragen“, startete Zoro den gefühlten hundertsten Versuch. Eine ungutes Gefühl in seinem Herzen sagte ihm, dass Sanji wertvolle Informationen rausgegeben hatte und deswegen von der Polizei verschont wurde. Dass er nun kein Mittäter, sondern ein Zeuge war, um seine eigene Haut zu retten. Die Polizisten konnten nicht jeden Einzelnen beschulden, der in diesem Badezimmer gewesen war, sie mussten ihre Arbeit so detailliert wie möglich machen, weshalb sie eine Aussage von ihnen brauchten. „Ich weiß, was du glaubst“, murmelte Sanji. „Und?“ „Ja.“ „Was ja?“ Zoro spürte, wie ihm beinahe heiß wurde. Er hatte sie nicht wirklich verraten...? „Das Problem ist, dass ein anderer Wärter euch ebenfalls gesehen hat. Vielleicht erinnerst du dich an diesen dicken Kerl, der dich befreit hat? Er hat ihnen zum Einen gesagt, dass er mich zurück auf die Krankenstation gebracht hat, zum Anderen, dass er euch gesehen hat. Er konnte all eure Namen sagen und er hat gesagt, dass ich ebenfalls dieselbe Zeugenaussage machen könnte.“ „Du sagst mir also, es blieb dir nichts anderes übrig als uns zu verraten?“ Mit einem Mal war Zoro auf den Beinen, wandte sich mit wütendem Gesichtsausdruck Sanji zu. „Dieser Typ hat vor mir eure Namen gesagt“, sagte Sanji entschuldigend. „Zuerst habe ich so getan, als wenn ich euch alle nicht kennen würde, dann haben sie Bilder von euch raus geholt und mir gesagt, bei falscher Aussage könnte ich durchaus länger einsitzen.“ „Hattest du etwa Angst, Koch?“, fragte Zoro spöttisch. „Ich sehe nicht ein, warum ich euch schützen sollte.“ Sanji sprang ebenfalls auf die Füße, seine Augen waren voller Wut mit einem Funken Verzweiflung. Ihre Gesichter waren nur wenige Zentimeter voneinander entfernt. „Wir sind in einem Gefängnis, ich habe nur das getan, was du mir am Anfang beigebracht hast. Jeder kämpft für sich selbst, schon vergessen? Wenn es mir den Arsch rettet, mache ich es halt.“ „Das ist etwas anderes“, behauptete Zoro. „Bei allem, was Spandam uns angetan hat -“ „Ich weiß“, entfuhr es Sanji laut. „Ich werde diese Narben bis in alle Zeiten mit mir herum tragen und es nie vergessen können, doch das ändert nichts daran, dass ich keinen Tag länger in diesem Gefängnis bleiben will als nötig. Auch, wenn Spandam jetzt tot ist, ich gehöre hier nicht hin. Ich will einfach nur noch nach Hause.“ „Zu deiner Freundin?“ Zoro wusste nicht, warum er nun auch noch eifersüchtig wurde. Von Sanji solche Sachen gesagt zu bekommen, schmerzte ihn. Nachdem er sich für ihn geopfert hatte, um sein Leben zu retten, verriet er ihn nun an die Polizei. Er hätte es Sanji gerne vorgeworfen, hielt die Worte jedoch zurück. Kopfschüttelnd wandte sich der Koch von ihm ab, legte sich rücklings auf sein Bett und murmelte nur: „Lass mich in Ruhe, Marimo.“ Und das tat er. Schlecht gelaunt wie eh und je ließ sich Smoker auf dem Stuhl nieder, faltete die Hände auf dem Tisch zusammen und schenkte dem Polizisten vor ihm seinen besten Todesblick. Ihm juckte es in der Kehle sich eine Zigarre anzustecken, aber dieses eine Mal würde er sich an die Richtlinien halten. Obwohl sie ihn und Kuzan anfangs gleichzeitig befragen wollten, hatten sie den wieder ins Amt getretene Direktor raus geschickt, um mit Smoker alleine sprechen zu können. Zuerst nahmen sie seine Personalien auf, dann musste er den Schwur ableisten nur die Wahrheit und nichts als die Wahrheit zu sagen. Er bekam das Recht zu Schweigen, wenn er es für nötig hielt und wurde darauf hingewiesen, dass alles, was er sagte, vor Gericht gegen ihn verwendet werden konnte. Obgleich der Polizist alles mitschrieb, hatten sie noch zusätzlich ein Gerät zum Aufnehmen auf dem Schreibtisch platziert. Ihnen würde kein Wort entgehen. „Wir haben mit einigen Gefangenen – Ihrer alten Klasse – gesprochen, die uns erzählt haben, dass Spandam Sie gefeuert hatte, weil Sie versucht haben Portegas D. Ace zu finden. Stimmt das?“ „Ja, das stimmt“, nickte Smoker. „Dahingegen haben wir mehr als genug Zeugen“, stellte der Polizist fest, notierte sich ein paar Worte auf seinem Papier. „Ace war übrigens im alten Gebäudetrakt gewesen. Wieso kamen Sie nicht auf Idee ihn dort zu suchen?“ „Aus zwei Gründen“, sagte Smoker sogleich. „Erstens, ist der alte Gebäudetrakt zu gesperrt und ich habe keine Schlüssel, um ihn betreten zu können. Genau genommen sollte nicht einmal der Direktor einen Schlüssel dafür haben, denn zweitens, der Trakt wurde vor Jahren dicht gemacht, als herauskam, dass sich in den Wänden Asbest befindet. Ich habe keine Ahnung, wie Spandam an den Schlüssel ran gekommen ist.“ Der Polizist nickte verständlich und notierte sich wieder etwas auf dem Papier, dann fuhr er mit ruhiger Stimme fort. „Vorübergehend haben wir den obersten Gefängnisleiter Spandei festgenommen. Denken Sie er wusste über die Umstände in diesem Gefängnis Bescheid?“ „Er hat sich zwar nie blicken lassen, aber ja. Schließlich hat er diesen sadistischen Abschaum selbst groß gezogen.“ Über seine grobe Ausdrucksweise schien der Polizist weder überrascht noch abgeneigt, er akzeptierte es einfach mit einem weiteren Nicken. „Vielleicht wusste er nicht, wie schlimm es hier genau zuging, doch, dass Spandam hier Gefangene misshandelt hat, darüber musste er sich im Klaren sein. Nicht nur als Vater, sondern auch als Leiter. Kuzan sowie viele andere Wärter und Lehrer haben häufig genug Beschwerden eingereicht.“ „Darüber sind wir uns bewusst“, sagte der Polizist und schaute von seinem Notizblatt auf. „Wir haben auch die Verletzungen einiger der Gefangenen gesehen. Es gibt kein Zweifel, dass dieser Aufstand eine Art Notwehr waren.“ „Denken Sie, Sie können auf Totschlag plädieren?“, fragte Smoker beinahe hoffnungsvoll. Das würde den Tätern den verdammten Arsch retten. Doch wie zu erwarten war, schüttelte der Polizist den Kopf. „In Anbetracht des Zustands der Leiche, müssen wir hier leider von Mord ausgehen... wären Sie dazu bereit eine Zeugenaussage vor Gericht zu machen?“ „Ja.“ „Gut, dann gehen wir weiter in die Details...“ Eine ganze Weile musste Smoker damit verbringen seine Meinungen zu erklären und seine Aussagen durch weitere Aussagen zu beweisen. Schließlich wurde er entlassen und Kuzan durfte das Büro betreten. Solange er drin war, wartete Smoker auf ihn, steckte sich nun endlich eine Zigarre an und bekam dafür von den Wärtern schiefe Blicke zugeworfen. Im gesamten Gefängnis herrschte Rauchverbot, doch damit hatte sich Smoker noch nie aufgehalten. Als ihm die Blicke der Beiden zu bunt wurden, knurrte er säuerlich: „Ihr habt mitbekommen, wie Spandam jahrelang Gefangene misshandelt hat und bekommt die Hosen voll, wenn ich an einer Zigarre rauche?“ Das brachte sie dazu beschämt wegzuschauen. Über eine Stunde verbrachte Smoker mit Warten, dann wurde auch Kuzan endlich entlassen. Während sie sich ernst miteinander unterhielten und in Richtung Ausgang schritten, wurde die nächste Person zum Verhör gebracht... Gavin blickte Kuzan und Smoker noch einen Moment hinterher, dann wurde er von den Wärtern ins Büro geschoben. In dieses verdammte Büro, in dem Spandam ihm schon mehr als häufig genug die Scheiße aus dem Leib geprügelt hatte. Trotzig und lässig ließ er sich auf dem freien Stuhl nieder, schon wieder zusammen mit diesem komischen Polizisten, der sie alle verhörte. Egal, wie ausfallend Gavin wurde, der Polizist behielt immer die Ruhe weg. Anscheinend hatte er so eine Prozedur schon häufig gemacht. Heute würde Gavin erlösen. Zehn Tage lang hatte er darüber nachgedacht und es als die beste Lösung empfunden. Das würde alle ziemlich überraschen, aber er hatte seine Gründe. „Da sind wir wieder“, stellte Gavin belustigt fest. „Ja, mal wieder. Diesmal möchte ich mit Ihnen darüber reden, dass wir ganz genau wissen, dass Sie unter den jungen Männern waren, die Spandam ins Badezimmer gebracht haben. Niemand scheint gesehen zu haben, wie ihr ihn zu Tode geschlagen habt, aber die Wahrscheinlichkeit liegt nahe, dass ihr an seinem Tod Schuld seid.“ „Sie wissen das ganz genau?“, wiederholte Gavin und tat auf überrascht. „Lass mich raten, der dicke Wärter und der Blondschopf haben es Ihnen verraten?“ „Wie wir davon erfahren haben, spielt keine Rolle.“ „Ah, hoffentlich kriegt das keiner raus“, sagte Gavin und schüttelte tadelnd eine Hand. „Das wird der Blondschopf nicht überleben.“ Darauf erwiderte der Polizist nichts, schrieb nur mit unveränderter Miene etwas auf sein Papier und blickte dann mit ernstem Gesichtsausdruck auf. „Ich möchte dieses Spielchen nicht mehr treiben. Am Ende werdet ihr so oder so für das büßen müssen, was ihr getan habt.“ „Haben wir dafür nicht schon längst gebüßt?“, fragte Gavin, meinte damit die jahrelange Misshandlung unter Spandam. Ein schiefes Grinsen, völlig freudlos, umspielte seine Lippen. „Nein, Hüter der Gerechtigkeit, Sie können nicht wissen, wie es sich anfühlt, der letzte Abschaum der Welt zu sein. Zu wissen, dass sich kein Arsch für Sie interessiert und Sie keine Chance haben dem zu entkommen, was sie tagtäglich erwartet. Dass erst eine Ermordung von fünf Leuten notwendig war, damit mal jemand einen Blick auf dieses Gefängnis wirft, ist schon ein Armutszeugnis. Aber ich bin froh, ich hätte das Ganze ansonsten noch ein paar Jahre länger aushalten müssen.“ „Sie sind froh darüber, dass diese Leute gestorben sind?“, fragte der Polizist. „Nur über Spandam, die anderen Vier sind mir egal“, antwortete Gavin Schulterzuckend. „Jedenfalls hat es gut getan ihn zu schlagen.“ „Also habt ihr ihn geprügelt?“ „Ja, alle Namen, die Ihnen genannt wurden. Wir haben zusammen auf ihn eingeschlagen mit unseren Schlagstöcken und all die Wut raus gelassen und gemerkt, wie verdammt gut es tut, ihm Schmerzen zu bereiten. Und irgendwann haben alle aufgehört... außer mir... wir wollten ihm eine Lektion erteilen, ihm zeigen, dass wir uns das nicht länger bieten lassen, aber mir hat das sicher nicht gereicht. Ich hab ihm den verdammten Schädel eingeschlagen und nicht auf die Anderen gehört, die wollten, dass ich aufhöre.“ „Sie gestehen die Tat?“, fragte der Polizist ungerührt. „Sie sagen, Sie tragen alleine die Schuld dafür?“ „Ich habe gestanden“, nickte Gavin. „Glaubt es oder glaubt es nicht.“ Er wusste nicht, ob der Polizist ihm seine Lüge wirklich abkaufte. In Wahrheit war es nicht Gavins Schuld alleine gewesen, nicht einmal er hatte Spandam das Licht ausgeblasen, diese Ehre war Ace zuteil geworden und er konnte es ihm wirklich nicht verübeln. Alle, die mit ihm dort unten gewesen waren, hatten nicht mehr allzu viel Zeit im Gefängnis verbringen müssen. Nur er musste hier noch einige Jahre absetzen, nur er hatte bereits einen Mord begangen. Und er bekam nie Besuch von den Leuten, die er früher einmal gekannt hatte, denn für sie war er nur noch ein Monster, ein Verrückter. Selbst, wenn er entlassen wird, hatte er nichts für das es sich zu Leben lohnte. Und damit war er der Einzige. Es schmerzte ihm nicht die Schuld komplett auf sich zu laden, mal abgesehen davon, dass er von den anderen Gefangenen dafür gefeiert werden wird, wenn es herauskommt. „Na gut“, sagte der Polizist. „Sind Sie dazu bereit diese Aussage vor Gericht zu wiederholen?“ „Ja, bin ich.“ „Dann haben wir diese Angelegenheit schneller erledigt als erwartet. Danke.“ Kapitel 17: 40 Tage [17] Sanji ------------------------------ Mittlerweile hatte sich im Gefängnis der normale Alltag wieder eingestellt und es war, als hätte es Spandam niemals gegeben. Sein Posten wurde vorübergehend von Smoker übernommen, Tachigi wurde ihre feste Lehrerin, Kuzan hatte die Leitung im Gefängnis wieder inne und Gavin hatte man nach der Gerichtsverhandlung in ein anderes Gefängnis gebracht. Sanji konnte immer noch nicht glauben, dass er die Schuld für Spandams Tod alleine auf sich genommen hat. Als die anderen Täter davon erfahren hatten, hatten sie es stumm akzeptiert und nicht einmal versucht die Wahrheit auszusprechen. Was auch immer Gavin da geritten hat, sie nahmen es dankend entgegen. Kuzan ließ einrichten, dass Sanji wieder in der Küche arbeiten durfte, was ihn ein wenig von Zoro und ihrem Schweigen ablenkte. Tatsächlich handhabten sie ihre Situation so, dass sie sich gegenseitig ignorierten und selbst gemeinsam in ihrer Zelle kein Wort miteinander sprachen. Einerseits war Sanji dies lieber, als mit ihm zu streiten, andererseits wünschte er sich in manchen Nächten nichts sehnlicher als sich einfach wieder zu ihm ins Bett legen zu können. An dem heutigen Tage konnte er die wirren Gefühle Zoro gegenüber ein wenig verdrängen, denn er bekam endlich wieder Besuch von Nami. Und es tat unglaublich gut ihr Gesicht wieder zu sehen, auch wenn es von Sorge gezeichnet war. „Ich habe es in den Nachrichten gesehen“, erzählte sie, strich sich eine orangefarbene Strähne hinter ihr Ohr. Sie sah so hübsch wie immer aus, nur dieser besorgte Ausdruck in den Augen stand ihr nicht. Sanji mochte es nicht, wenn sie sich um ihn sorgte, er wollte nicht, dass sie wegen ihm litt. „Die haben gesagt, dass es hier gewalttätige Wärter gegeben hätte und einen Aufstand mit Toten. Sanji, stimmt das alles?“ „Ja.“ Er sah keinen Grund darin sie anzulügen, das würde sie ohnehin sofort begreifen. „Und ich dachte...“, keuchte Nami. „Es tut mir Leid. Als ich dich besuchen wollte, bekam ich immer gesagt, du würdest mich nicht sehen wollen oder, dass du irgendwen verprügelt hättest und Besuchsverbot hat. Ich wollte ihnen nicht glauben, aber wieso sollten mich die Wärter anlügen? Zumindest habe ich das gedacht. Ich war echt sauer auf dich, aber jetzt... es tut mir so Leid.“ „Du brauchst dich nicht zu entschuldigen“, winkte Sanji ab. „Du wusstest nichts davon, also...“ „Warum hast du nichts gesagt? Ich hätte zur Polizei gehen können!“ „Das... das ist etwas komplizierter.“ Sanji seufzte schwermütig. „Jedenfalls ist es jetzt vorbei.“ „Haben dir diese Leute auch... irgendwelche Sachen angetan?“ Nami klang beinahe, als würde sie sich nicht trauen danach zu fragen. Für einen Moment blickte Sanji ihr in die braunen Augen, erinnerte sich an alles, was Spandam ihm angetan hatte und spürte, dass es ihm innerliche Schmerzen bereitete. Mit einer Hand fasste er sich an seine Brust, an die Stelle unter der sein Herz schlug und atmete schwer ein und aus, als würde ihm die Luft gestohlen werden. Stumm nickte er zur Antwort. Nami reagierte nicht mit Worten, nicht mit einem 'Oh mein Gott' oder einem mitleidigem Gesichtsausdruck, stattdessen wirkte sie plötzlich beinahe entschlossen und doch war etwas Liebevolles in ihren Augen zu erkennen. Sie drückte eine Hand gegen die Glasscheibe, die die Beiden voneinander trennten. Von der anderen Seite nahm Sanji die Hand von der Brust, presste sie ebenfalls gegen die Scheibe. Ihre zierlichen Finger verschwanden komplett unter ihm. Wenn dieses Glas nicht wäre, könnte er sie endlich wieder berühren... es war schon viel zu lange her... „Es ist nicht mehr lange“, sagte Nami. „Bald hast du es geschafft. Du kannst vorerst bei uns einziehen, zusammen bauen wir dein Leben wieder auf. Ich war schon im Baratie und habe mit Jeff gesprochen, er ist dazu gewillt dir eine zweite Chance zu geben.“ „Meinst du das Ernst?“, keuchte Sanji überrascht. „Ja.“ Ein Lächeln umspielte ihre Lippen. „Du sollst dich noch einmal persönlich melden, sobald du entlassen wurdest. Als er hörte, warum du eingesperrt wurdest, hat er doch mal so etwas wie Menschlichkeit gezeigt. Er ist gar nicht so schlimm, wenn man ihn mal näher kennen lernt.“ „Danke.“ Es erleichterte ihn ungemein dies zu wissen, verbesserte seine Laune um Längen. Bisher war die Zeit nach dem Gefängnis unerreichbar für ihn gewesen, wenn er daran dachte, war es nur ein schwarzes Loch der Ungewissheit. Was soll er schon mit einem Gefängnisaufenthalt im Lebenslauf erreichen können? Doch, da er nun wusste, dass er eine zweite Chance bekam, war am Ende des Tunnels ein Licht aufgetaucht und Sanji konnte es kaum erwarten es zu erreichen. Namis Besuch wurde kurz darauf beendet und Sanji zurück in seine Zelle gebracht. Scheinbar sah man ihm die Erleichterung an, denn Zoro entschied sich dazu ihr Schweigen zu brechen. „Warum bist du so gut gelaunt?“, grummelte er. Sanji spürte, wie die Freude in ihm wieder verblasste. Zoro anzuschauen, war gar nicht so einfach. Es erinnerte ihn an die Gefühle, die er für ihn empfunden hatte oder immer noch empfand, hinterließ einen schmerzenden Druck auf seinem Herzen. Um davon nicht überwältigt zu werden, ließ Sanji den Blick auf alles gerichtet außer Marimo und setzte sich auf sein Bett. „Ich wüsste zwar nicht, was dich das angeht, aber ich bekomme bei meiner Ausbildung eine zweite Chance“, erzählte er ebenso schlecht gelaunt klingend wie Zoro. „Meine... Nami hat das arrangiert.“ Beinahe hätte er 'Meine Freundin' gesagt. Natürlich waren die Beiden noch immer zusammen, Sanji käme niemals auf die Idee bei einem Besuch, mit einer Glasscheibe zwischen ihnen, Schluss zu machen, obwohl er sich auch gar nicht sicher war, ob er überhaupt Schluss machen wollte. Trotzdem hatte er Angst Zoro dies unter die Nase zu reiben. In ihm schimmerte noch immer die Hoffnung, dass sich ihr momentanes Problem wieder lösen könnte, auch wenn Sanji das Gefühl hatte, dass dies viel schwieriger war als er dachte. Es schien nicht einmal wirklich einen Ursprung für ihre aktuelle Lage zu geben... mit Spandams Tod wurde es nur besiegelt. Außer diesem hatte sich in ihre Beziehung auch der bittere Beigeschmack von allem beigemischt, was sie in diesem Gefängnis durchmachen mussten. „Ah“, machte Zoro nur. Danach schwiegen sie sich wieder eine ganze Weile lang an. Nach dem Abendessen kehrten sie wieder in ihre Zelle zurück und hatten noch etwas Zeit bis die Lichter ausgehen würden. Sanji lag in seinem Bett und starrte die graue Decke an. Er versuchte sich einzureden, dass fünf Wochen gar keine so lange Zeit mehr waren und, dass diese erträglicher werden würden, nun, da Spandam nicht mehr im Gefängnis war. Und er versuchte an die Zeit danach zu denken, wie er mit Jeff reden sollte, dass er sich eine eigene Wohnung besorgen wollte, auch wenn das mit den Finanzen ziemlich knapp werden würde. Doch ständig wurde er von den Erinnerungen an die Misshandlungen abgelenkt. Wenn er an Jeff und die Küche dachte, fühlte er sich an Ratten erinnert und musste daran denken, wie Spandam ihn dazu gezwungen hatte sich selbst Ratte zu nennen. Wenn er an Nami dachte und daran wie sie ihre Beziehung fortführen wollten, musste er daran denken, dass Spandam ihn zur Bewusstlosigkeit gepeitscht hatte, weil er Gefühle für Zoro empfand. Jeder Gedanke endete irgendwann bei einem Erlebnis mit Spandam. Es bereitete Sanji Kopfschmerzen. Beide Hände krallte er in die blonden Haare, presste die Augen fest zusammen. Ihm war nach schreien und heulen zumute, doch er unterdrückte diese Gefühle so gut es ihm möglich war. Vor Zoro wollte er zugeben wie zerstört er eigentlich war. „Hey, Koch“, ertönte die Stimme von Marimo, riss Sanji damit in die Realität zurück. Er öffnete seine Augen, erblickte Decke, doch sie war verschwommen... im standen Tränen in den Augen. Schnell wischte sich Sanji über das Gesicht. Zoro saß in seinem eigenen Bett gegen die Wand gelehnt und beobachtete ihn mit zusammen gezogenen Augenbrauen. „Ich glaube, du hast mir nie erzählt, warum genau du eigentlich einsitzt“, sagte er. „Das hast du mir auch nie von dir erzählt“, stellte Sanji fest. Es war so lange her... diese Tage vor dem Gefängnis. Als wären sie aus einem Traum. Selbst die Nacht in der er seinen Stiefvater krankenhausreif geprügelt hatte, kam ihm so unwirklich vor. „Ich habe jemanden zusammen geschlagen“, sagte Marimo. „Ach was, das hab ich mir schon gedacht“, grummelte Sanji sarkastisch. „Th“, machte Zoro daraufhin, beinahe verächtlich. Für einige Momente herrschte wieder diese dröhnende Stille zwischen den Beiden, dann sagte der Grünkopf: „Ich habe den Typen zusammen geschlagen, der meine beste Freundin vergewaltigen wollte.“ „Oh.“ Irgendwie hatte Sanji erwartet, dass Zoro jemanden verprügelt hatte, der ihm dumm gekommen war. Dass er es getan hatte, um eine Person zu beschützen, die ihm wichtig war, hätte Sanji nicht für möglich gehalten. Dabei passte es doch eigentlich zu ihm. Für Sanji hatte sich Zoro auch ständig geopfert. „Ich habe meinen Stiefvater verprügelt“, sagte Sanji. Ihm gingen diese Worte so einfach über die Lippen, als wäre es nichts weiter besonderes gewesen. Selbst die Erinnerungen an seinen Stiefvater waren nicht mehr mit so intensiven Gefühlen geprägt wie früher. Spandam und das Gefängnis waren viel präsenter, sie hatten ihn eingenommen. „Okay... wie lange wollen wir uns eigentlich noch anschweigen? Ich bin dir nicht mehr wütend, dass du uns verpfiffen hast. Wahrscheinlich hätte ich dasselbe getan...“ „Ich hatte keine andere Wahl“, sagte Sanji genervt. „Bevor wir das erste Mal miteinander intim geworden sind, hast du ein paar Sachen zu mir gesagt... sind diese Gefühle bei dir weg?“ Was zum Teufel war los mit ihm?! Es war beinahe peinlich, dass Zoro ihm solche Fragen stellte. Sanji wollte wirklich nicht über seine Gefühle reden, besonders nicht in Anbetracht der Tatsache, dass er dann vermutlich anfangen würde zu heulen. Stattdessen baute er Wut in sich auf und schenkte Marimo einen Todesblick. „Seit wann bist du so Gefühlsduselig? Das geht mir echt auf die Nerven.“ „Ich hab nur gefragt, verdammter Koch“, zischte Zoro wütend. „Frag nicht danach. Was willst du genau von mir wissen? Hast du es so dringend nötig zu vögeln?“ „Nein, darum geht es nicht“, fauchte Marimo. „Vergiss es einfach!“ Für einen Moment kam Sanji der Gedanke, dass Zoro auch nach dem Gefängnis noch Kontakt mit ihm halten wollte. Bisher hatte er gar nicht daran gedacht, wie es mit ihnen nach ihrem Aufenthalt weiter gehen würde. Darüber dachte Sanji eine Weile lang nach, bis ihm wieder die Erinnerungen an Spandam ins Gedächtnis kamen. Mit Zoro redete er in dieser Nacht nicht mehr, die Lichter gingen aus und sie lagen Beide stundenlang wach, wissend, dass der jeweils andere ebenfalls nicht schlafen konnte und von denselben finsteren Gedanken geplagt wurde. Kapitel 18: 28 Tage abwärts bis 0 - Zoro & Sanji ------------------------------------------------ Mit Worten kam man bei Sanji nicht weit. Mal abgesehen davon, dass Zoro nicht sonderlich gut in Worte finden war. Wenigstens lenkten ihn seine Gefühle dem Koch gegenüber von den düsteren Erinnerungen an die Misshandlungen und den Mord ab. Als Kuina ihn heute besuchen kam, war er sich sicher gewesen, dass sie mit ihm über das Gefängnis sprechen wollte. Laut den anderen Insassen gab es wohl einen Bericht über die Geschehnisse in den Nachrichten, was Zoro auch kaum wunderte. Nun zerrissen sich alle das Maul darüber, wie es sein konnte, dass solche Dinge direkt vor den Augen der Justiz geschah und niemand dagegen etwas unternahm. Hoffentlich hatten sich diese Nachrichten gelegt, wenn Zoro endlich entlassen wurde, denn er hatte sicherlich keine Lust etwas davon zu sehen oder zu hören. Einmal draußen, wollte er damit nie wieder in Berührung kommen. Aber mit etwas anderem wollte er weiterhin in Berührungen bleiben, eher gesagt mit jemand anderem. Ihm gefiel der Gedanke eine Art Beziehung zu Sanji zu führen, wenn sie erst einmal in Freiheit waren, doch der Koch blockte ihn total. Er war ihm gegenüber völlig abweisend, dabei wollte Zoro so gerne zu ihm ins Bett kriechen. Wenn er sah, wie Sanji zitterte, mit sich zu kämpfen hatte, wenn er nachts seinen schnellen Atem bei einem Alptraum hörte oder wie er aus einem eben solchen schwer atmend aufwachte, dann fiel es ihm schwer nicht aufzustehen und zu ihm herüber zu gehen. Am Ende blieb er schweigend in seinem Bett liegen und tat so, als würde er nicht mitbekommen, dass Sanji unter einer posttraumatischen Belastungsstörung litt. Zumindest ging Zoro davon aus, dass es sich um ein solches Problem handelte. Er selbst hatte ebenfalls seine Alpträume, die meisten handelten von Spandams Ermordung. Dieses Bild würde ihm nie wieder aus dem Kopf gehen, ebenso wenig wie Sanjis zerfetzter Rücken nach der Auspeitschung. Auch von gestern auf heute hatte er wieder davon geträumt, diesmal fand er sich in der Rolle des Spandam wieder, welcher Sanji bis auf die Knochen bluten ließ. Schweißgebadet wachte er lange vor dem Morgengrauen auf und konnte bis zum Frühstück nicht mehr einschlafen. Ob Sanji davon etwas mitbekommen hatte, war ihm schleierhaft. Obwohl sie voneinander wussten, dass der jeweils andere unter Alpträumen litt, sprachen sie nicht darüber. Den anderen Insassen durfte es nicht anders ergehen, doch niemand sprach es an. Niemand sprach über Spandam. Alle taten, als wäre dies niemals geschehen. Vermutlich war es auch am Besten, wenn sie es auf diese Weise hielten. Am heutigen Tag war Zoro abends mal wieder für den Waschdienst eingeteilt, ebenso wie Sanji, der bei einer Maschine auf der anderen Seite stand. Er nahm die nassen Kleidungen heraus und hing sie an ein paar Leinen auf. Diese Arbeit verrichtete er mit ein paar anderen Insassen, alle schweigend und in Gedanken für sich. Zoro konnte nicht aufhören den Koch zu beobachten. Er konnte sich nicht erklären, was dieser an sich hatte, was ihm so gut gefiel. Seine blonden Haare, die im Licht golden glänzten, seine blauen Augen, das hübsche Gesicht, der schlanke Körper, selbst die komischen Augenbrauen – alles gefiel Zoro. Wenn er keine Versuche mehr unternahm sich Sanji zu nähern, würde er es vermutlich bis in alle Ewigkeiten bereuen. Doch mit Worten kam man bei ihm nicht weit... Zoro dachte angestrengt darüber nach, wie er mit Sanji wieder zu der Beziehung gelangte, welche sie vor dem Aufstand hatten. Viel rum kam dabei jedoch nicht. Trotzdem wollte er heute Abend einen Versuch starten, einen Versuch ohne Worte. Nachdem Abendessen, bei dem mal wieder ein ziemliches Chaos in der Kantine geherrscht hatte – Zwei prügelten sich und wurden von Wärtern raus gebracht, an zwei Tischen prahlten Gefangene mit irgendwelchen Dingen, die eigentlich gar nicht so toll waren und irgendein Insasse hatte Geburtstag, weshalb im der halbe Raum ein Ständchen sang – wurden sie zurück auf ihre Zellen gebracht. Für heute mussten sie nicht mehr raus, würden nicht mehr gestört werden. Da die Tür hinter ihnen ins Schloss fiel, ging Sanji zu seinem Bett und ließ sich auf diesem nieder. Zoro überwandte seine Hemmungen, schritt an den Koch heran und drückte ihn mit sanfter Gewalt aufs Bett nieder. „Was -?!“ Sanji war zu überrascht und somit zu langsam. Er lag rücklings auf dem Bett, seine Beine fixierte Zoro mit seinen eigenen und seine Arme drückte er mit seinen Händen nach links und rechts auf die Matratze nieder, sodass Sanjis Gesicht völlig frei lag. Eher gesagt seine Lippen, die Zoro mit einem langen Kuss bedachte. Als merkte, dass der Koch den Kuss nicht erwiderte, hörte er auf und blickte ihn an. „Was ist los?“, fragte er. „Wie, was ist los?!“, fauchte Sanji, dessen Überraschen nun von Wut abgelöst wurde. „Dasselbe könnte ich dich fragen, was machst du da?!“ „Das, was wir vorher auch ständig gemacht haben.“ Zoro zuckte die Schultern, beugte sich vor und begann Sanjis Hals zu küssen. Säuerlich versuchte sich der Koch zu befreien, doch Zoro war sehr viel stärker und konnte ihn weiterhin auf der Matratze fixieren. Weiterhin hielt Sanjis an beiden Handgelenken fest, führte die Arme nun weiter nach oben, sodass er beide Gelenke mit einer Hand umfassen konnte und über Sanjis Kopf fixierte. Mit der nun freien Hand strich er unter das Shirt, begann eine Brustwarze zu reiben und zu massieren. Sie wurde beinahe direkt hart. Sanji biss sich auf die Unterlippe, kniff die Augen zusammen, ein rosa Schimmer legte sich auf seine Wangen. „Siehst du, es gefällt dir“, grinste Zoro. Sanji hatte aufgehört sich zu wehren, schien jedoch immer noch nicht mit der Situation einverstanden zu sein. „Nein“, keuchte er und öffnete die Augen. „Ich will nicht mit dir schlafen, okay?“ „Deine Brustwarzen sagen was anderes...“ „Meine Brustwarzen können nicht reden“, fauchte Sanji. „Mein Mund sagt dir, dass du aufhören sollst. Geh runter von mir, Ma -“ Er stoppte seine Beschwerden indem er ihn erneut küsste. Sanji wollte nicht mit ihm schlafen. Nun ja, eigentlich war er sich nicht sicher, was er wollte. Sein Körper wurde von den Berührungen erregt, ihm stieg das Blut in die Lenden und in den Kopf, doch eigentlich wollte er das hier gerade nicht. Zoros Küsse hatten einen bitteren Beigeschmack, der nichts mit dem Essen der Kantine zu tun hatte, sondern auf der harten Erkenntnis beruhten, dass er ein Mörder war. Es war unfair so von Zoro zu denken, dessen war sich Sanji bewusst. Er war selbst ein Opfer von Spandam gewesen, hatte auf erster Linie miterlebt, wie er mit den Gefangenen umgesprungen war und trotzdem konnte er Ace, Zoro und den Anderen nicht in die Augen sehen, ohne daran denken zu müssen, dass sie getötet hatten. Diese Vorstellung, dass sie tatsächlich dazu in der Lage waren jemandem das Leben zu nehmen, sein Herz zum stehen zu bringen, seine Organe zu stoppen. Sie hatten seinen Schädel gespalten, aufgeschlagen. Sanji war nicht dabei gewesen, doch er konnte sich dieses Bild nur zu gut vorstellen. Wie sie um die Leiche standen, an ihren Händen Blut und jubelten. Es machte Sanji Angst. Und egal, was er früher einmal für Zoro empfunden hatte, er konnte ihn nicht mehr ansehen, ohne daran denken zu müssen. Während Zoro nicht aufhörte ihn zu berühren, spürte Sanji ein seltsames Kribbeln auf seinem Rücken. Es war unangenehm, schmerzte sogar ein wenig. Dabei waren seine Wunde doch schon verheilt, zurück blieben hässliche Narben, die er für den Rest seines Lebens auf seinem Körper tragen würde. Gerade schmerzten sie, als würden sie ihn daran erinnern wollen, was in dem alten Baderaum geschehen war. Zoro zog Sanjis Shirt hoch und begann nun mit den Lippen die Brustwarzen zu liebkosen. Vor Angst und Erregung schlug Sanjis Herz schneller, er biss die Zähne fest zusammen, um ein Keuchen zu unterdrücken. Plötzlich wurde ihm bewusst, dass Zoro nicht mehr so viel Kraft auf wandte wie vorher, um ihn auf der Matratze zu fixieren. Der Griff um seine Handgelenke war beinahe locker geworden, weshalb Sanji erneut versuchte sich zu befreien. Doch Zoro bemerkte dies sofort und verstärkte seinen Griff wieder. „Marimo, ich sag dir, ich will nicht mit dir schlafen!“ Zoro rutschte ein wenig weiter nach oben, setzte sich mit seiner Hüfte direkt auf Sanjis, sodass sich ihre Glieder durch die Hosen berührte. Dunkelrot wurde Sanji im Gesicht, da er merkte, wie er von der Reibung hart wurde. Ein Grinsen umspielte Zoros Lippen. „Du kannst mich nicht verarschen.“ Bei ihrem ersten Mal hatte Sanji geglaubt, dass er Zoro nicht aufhalten könnte, selbst, wenn er nicht mit ihm schlafen wollte. Nun war es soweit. Da er sich dies bewusst wurde, kam ein anderes Gefühl in ihm auf. Eines, welches er Zoro gegenüber bisher noch nie gespürt hatte. „Zoro“, sagte er leise, während dieser ihm die Brust küsste, hier und da saugte und einen Knutschfleck hinterließ. Sanjis Stimme zitterte. „Hm?“, fragte Zoro, hörte nicht auf indem, was er tat. „Ich habe Angst.“ Verwirrt blickte Marimo auf. „Wovor hast du Angst?“ „Vor dir.“ Daraufhin trat Stille in der Zelle ein. Sanji konnte nicht sagen, was Zoro gerade dachte, sein Gesichtsausdruck war für ihn undefinierbar. „Ich hab dir gesagt, ich will das nicht.“ Sanji hasste sich selbst dafür, dass ihm die Tränen aufkamen, doch er konnte sie nicht länger zurück halten. „Aber du hörst trotzdem nicht auf. Du weißt, dass ich mich nicht gegen dich wehren kann, warum willst du mir das aufzwingen? Ich will das nicht. Bitte.“ Durch die Tränen verschwamm das Bild von Zoros Gesicht vor seinen Augen und er konnte seinen Ausdruck nicht mehr genau erkennen, doch es hatte etwas Entsetztes an sich. Einige Momente lang saß er unbewegt auf Sanji, dann ließ er seine Handgelenke los und kletterte vom Bett herunter. Sogleich zog sich Sanji zusammen wie eine verschreckte Katze, legte seitlich hin, sodass er mit dem Gesicht zur Wand lag. Mit einer Hand wischte er sich die Tränen aus den Augen. „Tut mir Leid“, hörte er Zoro murmeln. In ihm war etwas gestorben. Auf eine andere Weise als zuvor, als er unter Spandams Misshandlungen leiden musste. Das war ein demütigender, bohrender Schmerz gewesen, hier dieser war spitz und bitter. Wie kleine Nadeln, die sein Herz bearbeiteten. Mit Worten kam man bei Sanji nicht weit... mit Taten auch nicht. Wenn Zoro Eins und Eins zusammen zählte, konnte dies nur eines bedeuten: Er hatte ihn verloren. Doch noch viel schlimmer war die Tatsache, dass er ihm Angst gemacht hatte. Anfangs, als die Beiden gemeinsam in eine Zelle gesteckt wurde und sie sich erst kennen lernten, hatte Zoro versucht Sanji Angst zu machen, um die Dominanz in ihrer Zelle zu gewinnen und zu verhindern, dass er unterdrückt wurde. Nie hatte er es geschafft, egal wie fies er auch gewesen war, Sanji hatte sich einfach nicht unterkriegen lassen. Und nun... Zoro fühlte sich schmutzig. Schweigend legte er sich in sein Bett, deckte sich mit dem Laken zu. Die Lichter gingen aus, die Nachtruhe trat ein. In ihrer Zelle war es still und doch so laut. Ihm war, als würde der Schmutz unter seiner Haut liegen, besonders schlimm fühlten sich seine Hände an, mit denen er Sanji festgehalten und auf sexuelle Weise... gequält hatte. Anders konnte er es nicht ausdrücken. Was war nur in ihn gefahren? Hatte ihn das Gefängnis so verändert, dass er nicht einmal ein einfaches 'Nein' verstehen konnte. Wenn Kuina davon wüsste, würde sie ihm vermutlich eine Ohrfeige verpassen, nicht, dass Zoro dies nicht verdient hätte... Eine Sache war klar, nun könnte er Sanji nie mehr für sich gewinnen. Im Laufe der nächsten Woche bekamen Sanji und Ace gleichzeitig Besuch. Es war äußerst schwierig mit Nami zu sprechen, während nebenan so ein aufgedrehter Tollpatsch saß und sich lauthals über alles und jeden beschwerte. Ruffy, sowie Aces kleiner Bruder hieß, sah ihm nur ein wenig ähnlich. Sie hatten dieselben schwarzen Haaren und dasselbe freche Grinsen, ansonsten waren sie vom Äußeren her jedoch sehr unterschiedlich. Obwohl Sanji davon ausgegangen war, Ruffy würde sich hauptsächlich über Spandam aufregen, erfuhr er später von Ace, dass es sich um ein ganz anderes Thema gehandelt hatte. „Er hat mir eine Predigt gehalten“, sagte der junge Mann, während sie von zwei Wärtern in den Gemeinschaftsbereich gebracht wurden. „Er wusste nicht, dass ich Drogen verkaufe, um ihm die Schule zu finanzieren. Er hat es erst erfahren, als ich eingesperrt wurde und noch nicht die Zeit gehabt, mir deswegen auf den Zahn zu fühlen. Er hat angefangen zu arbeiten, richtig zu arbeiten und meint, er könnte mir an derselben Stelle einen Job besorgen. Ich schätze, er ist kein Kind mehr...“ Ein Lächeln umspielte Aces Lippen, doch es hatte etwas Trauriges an sich. Ob er auch unter Alpträumen litt? Sanji behielt diese Frage bei sich. Darüber sprach niemand im Gefängnis, als wäre es ein Tabuthema, obwohl niemand es jemals als solches erklärt hatte. Mit der Aussicht darauf schon bald wieder in Freiheit zu sein, schienen die Tage noch langsamer zu verstreichen, doch mit jedem Einschlafen und Aufwachen – wenn die Nächte auch immer recht kurz für Zoro und Sanji waren – fühlten sie sich besser. Zumindest, was Sanji anging. Er konnte es kaum erwarten all das hinter sich zu lassen, während Zoros Gefühle mit einer Bitterkeit betrübt waren, die davon ausging, dass er den Koch für immer verloren hatte. Auch Sanji spürte, dass es ihm im Inneren seines Herzens schmerzte, schließlich waren diese Gefühle gegenüber Zoro da gewesen und sie waren stark. Doch es war zu viel passiert, zu viel Chaos und zu viel Schmerz, als dass er noch weiterhin Kontakt zu irgendetwas haben wollte, was ihn an das Gefängnis erinnerte. Und dazu zählte nun einmal oder vielleicht sogar vor allen Dingen Zoro. Es war schwierig mit ihm weiterhin in einer Zelle zu sein, ihn jeden Tag sehen zu müssen, doch was blieb Sanji anderes übrig? Die meiste Zeit sprachen sie nicht miteinander. Wenn, wechselten sie nur wenige Worte und stritten nicht einmal mehr, obwohl sie dies zuvor ständig getan hatten. Als dann endlich Tag 0 im Gefängnis gekommen war, kam es Sanji vor wie ein Traum. Dumpf erinnerte er sich daran, dass er an seinem ersten Tag hier ebenfalls das Gefühl hatte in einem Traum gefangen zu sein, so unrealistisch kam es ihm vor, dass er ab sofort ein Insasse sein würde. Ebenso unrealistisch erschien es ihm jetzt zurück in die Freiheit zu kehren. Durch Straßen gehen zu können, keine Handschellen anlegen zu müssen, wenn er von einem Raum in den anderen ging, ein eigenes Zimmer, ein bequemes Bett, Essen, wann er es möchte und, was er möchte, alleine duschen, ein richtiges Badezimmer mit einer sauberen Toilette. Dinge, die doch eigentlich so normal, doch für ihn fünf Monate lang ungreifbar gewesen waren. Im Vorraum des Gefängnisses, wo alle anfangs ihre Sachen abgeben mussten, konnten sich Zoro und Sanji umziehen. Ihre alten Klamotten, die sie an ihrem ersten Tag gegen Gefängniskleidung hatten eintauschen müssen. Es war seltsam Zoro in seinen Alltagsklamotten zu sehen. Er trug ein einfaches schwarzes Shirt, durch das man seine Muskeln ein wenig erkennen konnte und eine lange Jeanshose. Sanji konnte spüren, dass Zoro auch ihn musterte, den Anblick von ihm in normalen Klamotten aufnahm. Es war ihm ein wenig unangenehm. Sie bekamen ihre Handys, ihre Brieftaschen und alles andere zurück, was sie hatten abgeben müssen und wurden entlassen. Einfach so. Ein Wärter öffnete die Tür und die Beiden gingen hinaus. Hinter ihnen wurde die Tür wieder geschlossen und sie standen vor dem Gefängnis. Keine Handschellen, keine Wärter... für einige Augenblicke konnte Sanji nicht begreifen, dass dies tatsächlich geschehen war. Unsicher machte er ein paar Schritte nach vorne, bis er auf dem Bürgersteig stand, atmete die Luft tief ein und blickte hinauf in den blauen Himmel. Eine kühle Brise fuhr durch seine blonden Haare, ihm schienen tausend Steine vom Herzen zu fallen. „Kuina ist schon da“, ertönte Zoros Stimme hinter ihm. Langsam wandte sich Sanji zu ihm um. Etwas weiter entfernt stand eine junge Frau mit blauen Haaren und einer Zigarette im Mund gegen ein Auto gelehnt, wartete darauf, dass Zoro zur ihr kommen würde. Sanji ließ seinen Blick die Straße hinauf und hinab gleiten, doch von Nami fehlte noch jede Spur. „Meine Freundin noch nicht“, stellte er leise fest. „Ich wollte noch sagen, dass es mir Leid tut“, sagte Zoro, den Blick auf den Boden gerichtet. Er schien sich wirklich zu schämen. „Alles tut mir Leid. Auch die Sache mit dem auspeitschen, aber vor allem, das, was an diesem Abend passiert ist.“ „Vergiss es einfach“, winkte Sanji ab. „Jetzt sind wir draußen.“ „Ja.“ Nun schaute Zoro doch auf. Ihre Blicke trafen sich und in beiden Köpfen kursierten tausend Dinge, die sich gegenseitig sagen wollten. Entschuldigungen, Bitten, Erklärungen, Hoffnungen, Ängste, doch ihre Münder standen nur leicht offen und ihre Augen erzählten von ihren tiefsten Gefühlen, doch kein Wort kam über ihre Lippen. Schließlich war es Sanji, der zuerst reagierte. Zu seiner eigenen Überraschung streckte er sich ein wenig durch, damit er Zoro einen sanften Kuss auf die Lippen geben konnte. Einen sehr kurzen Kuss, der nach Abschied schmeckte. Sanji löste sich von ihm, wandte sich beinahe sofort um und ging die Straße weiter hinauf. Er wusste aus welcher Richtung Nami kommen würde, also konnte er ihr auch entgegen gehen. Als er die Hände in den Jackentaschen verstaute, berührte er auf der linken Seite ein Feuerzeug und eine Schachtel Zigaretten. Sogleich nahm er sich eine hinaus, zündete sie an und inhalierte einen tiefen Zug. Ewigkeiten schien es her zu sein, dass er das letzte Mal geraucht hatte. Im Nacken spürte er den Blick von Zoro, solange bis dieser sich ebenfalls abwandte und zu seiner besten Freundin schritt. Und sie wussten, ohne ein Wort zu sagen, dass ihre kurzweilige Beziehung ein Ende gefunden hatte und es für den Rest ihres Lebens nur eine bittersüße Erinnerung bleiben wird. ENDE Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)