Was übrig bleibt, ist Chaos von Schattenaugen ================================================================================ Kapitel 7: Eine Frage, die die Welt bedeutet -------------------------------------------- 7: Eine Frage, die die Welt bedeutet Drei Tage waren seit dem verheerenden Unfall vergangen und Goku hatte sich wirklich bemüht in der Gegenwart des Anderen die Ruhe zu bewahren. Er hatte nur die nötigsten Fragen gestellt, nur das nötigste gesagt und brachte ihm sein Essen, weil Vegeta sich schlichtweg stumm weigerte dieses Zimmer zu verlassen. Und genau das tat er auch jetzt, holte noch einmal tief Luft und balancierte das Tablett auf einer Hand, um mit der anderen leicht an die Tür zu klopfen, auch wenn er wusste, dass wahrscheinlich keine Antwort folgen würde. Wie immer. Langsam begann er sich wirklich zu fragen, ob das eine Wort, das er vor ein paar Tagen gehört hatte ein Unfall war, oder ob Vegeta wirklich nicht viel mehr reden konnte. Wahrscheinlich aber wollte er nicht – angekettet und eingesperrt in einem Haus, das ihm fremd war, würde er selbst auch keine Luftsprünge machen. Also wartete er einige Sekunden, in der vagen Hoffnung dass vielleicht doch eine Antwort auf sein Klopfen folgen würde, wurde aber ein weiteres Mal enttäuscht. Er ließ es sich nicht anmerken, setzte sein Lächeln auf seine Lippen und trat schließlich ein, warf einen Blick in die Ecke, die Vegeta als sein Eigen eingenommen hatte. Ja, genau das hatte er. Er saß nie auf dem Bett, dem jetzt sowieso alle Auflagen fehlten. Er hatte sich diese eine Ecke, von welcher aus er die Tür im besten Blick hatte, nach seinen Vorstellungen und so gut er konnte, eingerichtet. Die Matratze lag auf dem Boden, die Decke unordentlich irgendwo auf ihr und Vegeta saß dort, betrachtete ihn mit einem Blick, der Bände sprach. Goku schluckte. Nie, wirklich nie hatte er den Kleineren so traurig gesehen. Diese Emotion hatte sich irgendwann in den letzten Tagen in seine Augen geschlichen und die Wut und Verwirrung abgelöst, hatte sich innerhalb ein paar Stunden so sehr darin manifestiert, dass es Goku schon wehtat ihm überhaupt in die Augen zu sehen. Die Intensität dieses einen Gefühls war überwältigend und es brach ihm das Herz ihn so zu sehen. Vegeta ging hier langsam aber sicher ein und es gab nicht wirklich viel, was er dagegen tun konnte. „Ich hab dir was zu essen gebracht.“ Das erinnerte ihn an das erste Tablett, das er ihm an diesem einen Abend gebracht hatte, nachdem sie sich stundenlang, wie es schien, einfach nur noch angesehen hatten. Wieder war dieser stumme Willenskampf entstanden, bevor er das Tablett vor ihm abgestellt und wieder einen Sicherheitsabstand eingenommen hatte. Er konnte das Knurren Vegetas Magens hören, aber dieser machte nicht eine Bewegung, keine Andeutung, dass er es essen würde. Jetzt stellte er ihm das Tablett auf die Matratze neben ihn, ging wieder ein paar Schritte zurück. Das erste Essen hatte er verschmäht, am nächsten Morgen war der Hunger zu groß geworden und er hatte es förmlich inhaliert – nicht, ohne vorher prüfend daran zu riechen, zumindest die meisten und üblichen Giftstoffe damit herauszufiltern, welche sowieso nicht drin waren. Minuten verstrichen, doch Vegeta sah das Tablett nicht einmal an, hatte seinen Blick auf den Boden zu seinen Füßen gerichtet und atmete leise. Wenn seine Augen nicht geöffnet gewesen wären, hätte Goku denken können, dass er schlief, aber so bescherte ihm diese unendliche Ruhe nur einen Schauer, der ihm heiß den Rücken hinunter lief. Das da war nicht Vegeta, das war nur ein Schatten seiner selbst und wieder sah er wie viel so eine unfreiwillige Gefangenschaft anrichten konnte und er zog seinerseits die Augenbrauen zusammen, so wie es der Prinz immer tat. „Iss bitte.“ Ein Kopfschütteln war die einzige Antwort, die Ruhe, bevor der Sturm aus Vegeta heraus brach und er das Tablett mit einer einzigen geschmeidigen Bewegung von der Matratze fegte. Es ging mit einem lauten Scheppern an der nächsten Wand zu Boden, die darauf befindlichen Dinge verteilten sich um es herum und die Ketten seiner Handschellen rasselten dabei leise wie ein vorwurfsvolles Flüstern im Wind. Goku seufzte, ihn überraschte diese Aktion nicht wirklich, im Grunde hatte er sich gefragt, wann Vegeta diese Ruhe ablegen würde und endlich das zulassen würde, was die ganze Zeit in ihm vorging. Er fraß sich von innen heraus selbst auf und es war wirklich nur eine Frage der Zeit, bis es auch nach außen dringen würde. Hatte länger gedauert als er gedacht hatte, mehr Zeit in Anspruch genommen, als er glaubte. Jetzt stand der Kleinere auf und bedachte ihn wieder mit diesem Blick, der bis in seine Seele vordrang und ihn im innersten Kern schockte. Unverwandte Wut wurde noch immer von dieser unendlichen Traurigkeit verdeckt, ein gefährliches verräterisches Glitzern lagerte sich noch darüber und ließ Goku schlucken. Er konnte sich das nicht länger ansehen, schnaubte und hob die Hand, um sich damit eigentlich durch die Haare zu fahren. Doch die Reaktion, die ihm entgegenschlug, ließ ihn mitten in der Bewegung innehalten. Vegeta schloss die Augen und zuckte gleichzeitig unmerklich zusammen. Gokus Augen wurden groß, erwartete er etwa, dass er ihn schlug? Hatte er ihm jemals auch nur einen Grund in den letzten Tagen gegeben, so etwas zu denken? Hatte er nicht stattdessen immer versucht so freundlich zu sein, wie seine Geduld mit dem Anderen es auch zuließ, hatte er ihm nicht so gut wie alles durchgehen lassen? Und jetzt? Er nahm die Hand wieder nach unten. „Sieh mich an.“ Entgegen seinem inneren Tumult blieb seine Stimme so leise und ruhig wie möglich und er hatte damit genauso viel Erfolg, wie wenn er ihn anschreien würde. Vegetas Augen öffneten sich langsam und er sah ihn an, mit dieser verheerenden Mischung, die ihm das Herz brach. „Was willst du?“ Es war besser den Vorfall mit dem Tablett und das danach Geschehene einfach außen vor zu lassen, nicht zu erwähnen und so zu tun, als ob es nie passiert war. Jetzt darauf herumzureiten wäre vielleicht fatal gewesen, vielleicht war es aber auch genau die falsche Entscheidung. Er wusste es nicht mehr, alles was er sich in all den Jahren im Umgang mit Vegeta angeeignet hatte, hatte jetzt keinen Wert mehr. Zur Antwort hob eben dieser wieder die Hände, das leise Rasseln dröhnte in der Stille in seinen Ohren, machte ihn wahnsinnig. Wie konnten sie ihm das antun? Dieser flehende Blick durchbohrte ihn, die nur mit einer Geste ausgesprochene Frage brannte sich in seinen Verstand und diese unendliche Traurigkeit, die ihn dabei ansprang, schnürte ihm die Luft ab. Für einen Augenblick musste er die Augen schließen und tief Luft holen, um nicht das Gefühl zu bekommen, wirklich gleich ersticken zu müssen. Er schluckte schwer und vollführte nun doch die Bewegung, die er eben schon hatte machen wollen, fuhr sich mit der Hand durch die Haare. Diese Situation begann an seinen Nerven zu ziehen, das ganze Ausmaß des Unfalls und das darauf folgende ließen ihn fast genauso verzweifeln wie die Person vor sich. Nur, dass er selbst frei war und damit genug Hoffnung hegen konnte, dass alles wieder gut werden würde. Dass er Bulmas Arbeit betrachten und die Fortschritte sehen konnte. All das konnte Vegeta nicht, er wusste wahrscheinlich noch immer nicht genau, warum sie ihn überhaupt in Handschellen gelegt hatten, verstand ihren Beweggrund nicht. Es reichte! Er konnte sich das nicht länger ansehen, konnte nicht länger den Mund halten und würde jetzt das einzig Richtige tun, das er seit Tagen getan hatte. Die Idee hatte ihm von Anfang an nicht gefallen, nicht nur einmal hatte er sich gefragt, warum er seine Freundin nicht aufgehalten hatte, warum er nichts gesagt hatte, warum er es einfach geschehen ließ. Nicht nur einmal hatte er sie gefragt und war letzten Endes mit einem zwiegespaltenen Gefühl wieder gegangen, ohne eine Entscheidung zu treffen – aber jetzt konnte er sich das nicht länger ansehen, es nicht ertragen. Alles war besser als diese unendliche Traurigkeit in diesen Augen, das war nicht richtig. „Okay.“, sagte er schließlich und öffnete die Augen wieder, nur um mit einer stummen Frage begrüßt zu werden. Seine Mundwinkel hoben sich leicht, auch wenn ihm nicht nach lächeln zumute war, so konnte er anhand des fragenden Ausdrucks einfach nicht anders. Wenn Vegeta manchmal wüsste, wie viel Körpersprache wirklich in ihm steckte, brauchte er keine Worte um etwas zu verdeutlichen. „Bin gleich wieder da.“, hängte er dem an, antwortete damit zwar nicht auf Vegetas Frage, aber das würde schon noch schnell genug erledigt sein. So setzte er sich zwei Finger an die Stirn und war im nächsten Augenblick auch schon verschwunden, einen verwirrten Prinzen zurücklassend, der die Stelle, an der er eben noch gestanden hatte, anblinzelte und nun gar nichts mehr verstand. Doch anstatt zu versuchen sich diese aussichtslose Frage selbst zu beantworten, zuckte er schließlich mit den Schultern und setzte sich wieder hin, einen Blick auf das Essen werfend, das jetzt nicht mehr gegessen werden konnte. Er seufzte, wirklich Hunger hatte er sowieso nicht, das hier machte ihn fertig. Er wollte sich bewegen, er wollte frei sein, er wollte… einfach nur wissen, was vor sich ging. Warum er so nett war, warum er dennoch diese Dinger tragen musste und nicht ein einziges Mal auf seinen Wunsch eingegangen wurde, sie abzunehmen. Immer kamen nur Ausreden, Lügen und dumme Ausflüchte, die er sowieso nicht glauben wollte und konnte. „Bulma.“ Sie zuckte zusammen und drehte sich mit einem Fluch auf den Lippen zu ihm herum, schloss ihren Mund aber wieder, als sie den Ausdruck auf seinem Gesicht sah. Er war ihr Draht zu Vegeta, sie war seitdem nicht einmal in diesem Zimmer gewesen und konnte sich nur sporadisch von seinen Erzählungen ein Bild davon machen. Aber sie konnte einfach nicht, es war ihr zuwider, es war als ob ein Teil ihrer Selbst ihn einfach nicht sehen wollte, nicht wahrhaben wollte, was passiert war und sich einredete, dass er nur mal wieder ein paar Tage weg war. Das war er nicht, das wusste sie. Und sie wusste auch, dass sie irgendwas unternehmen musste und arbeitete in jeder freien Minute an der Instandsetzung ihrer Geräte, damit sie ihn endlich untersuchen konnte. Auch wenn dabei nicht viel herauskommen würde, eine Amnesie konnte man nicht messen, konnte man nicht sehen. Erinnerungen und die Dinge, die eine Person ausmachten, blieben auch vor den Augen einer Wissenschaftlerin verborgen. Sie seufzte. „Was ist?“ Es klang gereizter als es sollte, diese Frage hätte sie sich sparen können, sie wusste bereits was er wollte. Es war nicht das erste Mal, dass er fragte, nicht das erste Mal, dass er versuchte auf sie einzureden. „Gib mir die Schlüssel, Bulma.“ Er musste nicht sagen, welche Schlüssel, sie wusste es. Er musste auch nicht mehr Nachdruck in seine Worte legen, alleine seine Tonlage sollte ihr sagen, dass es ihm ernst war und er dieses Mal nicht nachgeben würde. „Das kann ich nicht. Was ist, wenn er…“ Er unterbrach sie, schüttelte den Kopf. „Das wird er nicht.“ Dessen war er sich irgendwie sicher, und wenn doch etwas passieren sollte, dann vielleicht nicht einmal mit Absicht. So wie das missglückte Tablett. „Woher willst du das wissen?“ Sie sah zur Seite, dem intensiven Blick Gokus konnte sie nicht standhalten. Wann hatte er gelernt so zu schauen wie Vegeta es immer tat? “Ich weiß es. Warst du in letzter Zeit mal in seinem Zimmer, hast ihn besucht?“ Sie schüttelte nur den Kopf, eine Antwort war unnötig, die kannten sie Beide auch so. „Dann solltest du es vielleicht nachholen.“ Wieder schüttelte sie nur den Kopf. „Ich kann nicht.“, sagte sie leise, sah noch immer nicht wieder auf. „Zumindest würdest du dann verstehen, warum ich dich nach dem Schlüssel bitte.“ Wieder seufzte er. Vielleicht sollte er sie sich einfach schnappen und zu ihm teleportieren, damit sie keine andere Wahl hatte, aber andererseits konnte er ihren Standpunkt auch verstehen. Vegeta würde wahrscheinlich ein restlos einsames Dasein fristen, wenn er nicht hier wäre… „Gib sie mir einfach. Es hat keinen Sinn ihn so zu behandeln, denkst du wirklich er wäre fähig mich ausgerechnet jetzt zu besiegen?“ Das hatte er nie und jetzt, wo er sich seiner eigenen Kraft nicht bewusst war, würde das erst Recht nicht passieren. Wahrscheinlich kannte er die Legende vom SSj, aber dass er selbst einer war… wer wusste das schon? „Na schön.“ Er hatte gewonnen, auch wenn sie nicht begeistert davon war. Warum es ihr so zuwider war, wusste sie selbst nicht, verstand sie selbst nicht, aber es war einfach so. Sie wollte ihm nicht über den Weg laufen und dabei wissen, dass er sie nicht einmal erkannte. Es schmerzte auf der einen Seite, und es machte sie wütend auf der anderen. Gottverdammt noch mal, er hatte Angst vor ihr gehabt! Schließlich stand sie auf und ging an den anderen Schreibtisch; jener, der einen eingebauten kleinen Safe in sich trug, gab die Kombination ein und nahm die Schlüssel heraus. Dann drehte sie sich wieder um, warf sie ihm zu und seufzte erneut. “Stell einfach sicher, dass ihr mein Haus nicht noch mehr kaputt macht.“, sagte sie noch, dann wandte sie sich wieder ihrer Arbeit zu, ohne einen weiteren Blick zurück. Ihre Augen brannten, sie wusste nicht wohin mit sich selbst, innerlich zu zwei verschiedenen Seiten gezogen versuchte sie sich auf ihre Arbeit zu konzentrieren. Er verschwand wieder und sie holte tief Luft, wischte sich über die Augen. „Pass auf ihn auf.“ Sie wollte ihren alten Vegeta wieder haben, aber dennoch konnte sie nicht zulassen, dass dem neuen etwas passierte. Neben Vegeta tauchte er wieder auf und dieser erschrak derart, dass er im nächsten Moment kampfbereit dort stand und knurrte. Zumindest soweit es die Handschellen zuließen, war er in diese Position gerutscht, bevor er ihn erkannte, sie dennoch nicht fallen ließ. Was war das hier, versteck dich und tauch wieder auf, auf ganz neue Art, oder was? Sein Knurren allerdings wurde leiser und verschwand schließlich ganz, als Goku ihm die Schlüssel entgegenhielt, sein Blick von kampfbereit auf ungläubig wechselte. „Ernsthaft?“ schien in seinen Augen zu stehen und dieses Mal konnte sich der Größere ein Lächeln nicht verkneifen, nickte nur einmal stumm, bevor er ernst wurde. Ihm die Handschellen hier abzunehmen konnte die gesamte Inneneinrichtung zunichte machen und einen weiteren Tobsuchtsanfall Bulmas hervorrufen, und das war nun wirklich das Letzte, was er Vegeta und sich selbst zumuten wollte. Das alles war schon schwer genug ohne diese Anfälle und bevor er sich der Wut seiner Freundin aussetzte, musste er einen anderen Weg finden. Dass Vegeta ihm dabei schon wartend die Hände entgegenstreckte, machte es nicht leichter, aber er zweifelte daran, dass dieser wusste, wie er die so plötzlich wiederkehrende Energie kontrollieren sollte. „Warte noch, hier nicht.“ Eine Augenbraue wurde fragend in die Höhe gezogen, das Warum verstand er nicht ganz und er verstand auch nicht, wieso er ihm erst so bereitwillig die Schlüssel entgegenhielt, nur um ihn dann hinzuhalten. Spielte er vielleicht doch nur ein Spiel mit ihm? Mach ihm Hoffnung und zerstör sie später wieder? Himmel Herrgott noch mal, dieser Kerl verwirrte ihn und anstatt ihm Antworten zu geben, warf er nur immer noch mehr Fragen auf, als sich ohnehin schon in seinem Kopf befanden! Aber bevor er das in irgendeiner Art äußern konnte, fasste ihn der Andere am Arm und die Umgebung löste sich auf, um sich anders wieder zu materialisieren. Geschockt drehte er sich im Kreis, betrachtete sie grüne Landschaft und wusste für einen Augenblick nicht, was er denken sollte. Wie war das möglich? Das strotzte allen Gesetzen die er kannte, es ergab keinen Sinn und doch schien es wahr zu sein. Sein Mund öffnete sich, doch anstatt endlich etwas zu sagen, schloss er ihn wieder und drehte sich fragend zu Goku. „Überrascht?“, wurde er nur gefragt und alles, was er zustande brachte, war ein Nicken. So widersprüchlich, alles hier war so widersprüchlich, dass er nicht wusste, wie er es ordnen sollte. „Kleiner Trick meinerseits, kann’s dir irgendwann ja mal erklären.“ Er hatte immer gewusst, dass Vegeta neidisch auf diese Technik war, nur zu stolz um auch zu fragen, wie man sie erlernen konnte. Stattdessen hatte er ihn beschimpft, wann immer er sie anwandte. Er beobachtete, wie sich dessen Mund noch einmal öffnete und legte wieder soviel Hoffnung darauf, endlich etwas zu hören, aber er schloss sich erneut ohne einen Ton gesagt zu haben. „Willst du jetzt ewig hier rumstehen, oder soll ich dich endlich befreien?“ Wie auf Kommando wurden ihm die Hände entgegen gestreckt und mit einem Lächeln schloss er die Handschellen auf, trat einen Schritt zurück und überließ Vegeta den Rest. Der sich auch nicht lange bitten ließ, die Dinger förmlich von seinen Handgelenken riss und augenblicklich spürte, wie die Energie zu ihm zurückkehrte – mit einer solchen Wucht, dass er beinahe überwältigt wurde. Wild tanzte sie um ihn herum und erzeugte eine kleine Druckwelle, die Goku dazu veranlasste die Arme zu heben und sie schützend vor sein Gesicht zu halten, um den Dreck, der dabei aufgewirbelt wurde, nicht in die Augen zu bekommen. Das Lächeln wollte seine Lippen nicht verlassen, Vegetas Ausdruck war Gold wert – er schien sich gerade selbst zu fragen, warum es soviel war, warum sie so hoch war, aber die Antwort würde er selbst finden müssen, wenn er sich nicht dazu entschloss ihn zu fragen. Dann war es auch schon vorbei und Vegeta schloss die Augen, atmete tief ein. Es war Tage her, seit er frische Luft geatmet hatte und er genoss diesen kleinen Moment einen Augenblick, bevor er die Augen wieder öffnete. Tatsächlich wusste er nicht einmal, wie lange es her war, als er das letzte Mal frische Luft geatmet hatte, seine Erinnerungen reichten ein paar Tage weit zurück und waren danach nur ein vollkommenes Schwarz, dass er noch nicht hatte lüften können. Die Erkenntnis war seltsam schmerzend, nicht zu wissen wer man war, war frustrierend. Aber jetzt verstand er auch warum sie hier waren und er ihm diese Dinger nicht in diesem Zimmer abgenommen hatte. Ein kleines Grinsen legte sich auf seine Lippen, bevor es verschwand und er sich fragte, warum er das tat. Mit seinen Fragen war er kein Stück weiter gekommen, Antworten lieferte ihm auch kein stundenlanges Nachdenken und für einen Wimpernschlag dachte er, dass er sich sogar an den anderen gewöhnt hatte. Nur für einen Wimpernschlag, es war kein Vertrauen, es war nur ein Erkennen. Warum also hatte er Angst vor ihm, wenn er doch bis jetzt alles getan hatte, damit er sich zumindest mit seiner Situation abfinden konnte? Akzeptieren war unmöglich. Er war sich vorgekommen wie ein Tier in einem Käfig und dieser natürliche Instinkt alles und jeden misstrauisch zu begutachten und zu sehen, als was es sich herausstellte, konnte er nun mal nicht abstellen. Er war da und das Misstrauen weitete sich manchmal so schnell zu Furcht, dass er selbst nicht hinterherkam. Wie vorhin, als er dachte er würde ihn wegen des Tabletts schlagen. „Alles klar?“ Er zuckte zusammen, für einen Moment hatte er ihn doch tatsächlich vergessen. Ein leises Seufzen drang durch seine Lippen und er schüttelte den Kopf. Was sollte schon okay sein? Er wollte Antworten, er wollte wissen was vor sich ging und nicht wie ein kleines Kind durch die Gegend laufen und nicht wissen, was Sache war. Es machte ihn wütend, auf sich selbst, auf den Anderen. Gehirnwäsche, Unfall – war doch alles scheißegal, wenn man sich sowieso an nichts erinnern konnte. Sie konnten ihm viel erzählen, es lag in seinem Ermessen, ob er es glauben konnte oder nicht, ob er es glauben wollte. Goku indes beobachtete ihn. Die anfängliche Euphorie, die seltsame Freude in seinen Augen war gewichen und jetzt konnte er beobachten, wie sich die Hände an seinen Seiten zu Fäusten ballten. Vielleicht brauchte er das und er war der Letzte, der es ihm verwehren würde. Nach Tagen, die er in einem Zimmer ohne viel Bewegung verbracht hatte, konnte er sich über die kurze Freiheit nicht freuen. Es stürzte auf ihn ein wie ein Faustschlag und die Tatsache, dass er es nicht wusste, dass er völlig verwirrt jede noch so kleine Erinnerung versuchte zu erhaschen, ließ seinen Frust nur steigen. Er konnte es sich vorstellen, nur zu gut und wenn Vegeta eine Möglichkeit suchte, diesen Frust loszuwerden, dann stand er zur Verfügung. Und der Augenblick kam schneller als er gedacht hatte, was ihm allerdings nur ein Grinsen auf die Lippen trieb, während er einen Schritt zurücksprang und in Verteidigungsposition ging. Vegeta drehte sich nun ganz zu ihm und dessen Gesichtsausdruck war es, den er so sehr vermisst hatte. Voll von Feuer und unausgesprochener Wut, knurrte er einmal laut und bedrohlich, sprang im nächsten Moment auf ihn zu und schlug mit der Faust auf seinen Unterarm ein, wollte eigentlich sein Gesicht treffen, sprang dann wieder zurück und wunderte sich, warum der andere immer zu wissen schien, was er vorhatte. Es war beim letzten Mal schon so gewesen. Und diese Erkenntnis schürte nur die Wut, verdrängte Furcht und Verwirrung fast vollständig. Er sollte nicht darüber nachdenken, er sollte einfach handeln, sprang erneut auf ihn zu und holte mit seiner Faust aus, nur um seinen Fuß im selben Moment nach vorne zu ziehen und in seine ungedeckte Seite zu rammen. Ein Keuchen war zu hören, dann traf ihn auch schon selbst eine Faust im Gesicht und ließ ihn straucheln, erinnerte ihn daran seine eigene Deckung nicht zu vernachlässigen. Ein Schlagabtausch folgte und je länger dieser dauerte, desto mehr wurde er daran erinnert, dass der Andere stärker war. Das machte keinen Unterschied, irgendwie war er sich sicher, dass er trotz allem nie weggelaufen war, trotz gewaltigen Kräfteunterschieden nie einem Kampf aus dem Weg ging und alles versuchte um doch zu gewinnen, selbst wenn es in einer Niederlage endete. Der Gedanke traf ihn wie der Schlag, der seine Nase zum bluten brachte, sie dennoch nicht brach. Der Andere kämpfte fair und hatte seine Verwirrung ausgenutzt, ohne dabei seine volle Kraft einzusetzen. Er wollte nicht richtig kämpfen, ließ sich benutzen und genau das machte den nächsten Schlagabtausch zu einer Farce, weil er sich nicht mehr darauf konzentrieren konnte. Warum tat der Andere das, warum hielt er her, obwohl er das gar nicht müsste? Durch seine eigene Unaufmerksamkeit landete er einige Meter weit weg auf dem Boden und blieb liegen. Plötzlich war die Wut verraucht, hatte ihren Platz mit seiner Verwirrung getauscht und alles was übrig blieb, war reinstes Chaos in seinem Kopf. Der Andere hätte ihn spielend fertig machen können, hätte ihm nachsetzen können, doch auch ohne hinzusehen wusste er, dass er noch immer an Ort und Stelle stand, bereit abzuwehren. Sein Blick glitt hinauf zu den Wolken und er blinzelte langsam. Seine eigenen Gedanken brachten nur Kopfschmerzen mit sich, Erkenntnisse, die er nicht einordnen konnte und Wissen, dass er nicht verstand. Es machte ihn wahnsinnig, es verwirrte ihn, machte ihn wütend und er wusste nicht, welchen seiner Emotionen er folgen sollte, welche am stärksten war und hinaus gelassen werden wollte. Er wusste nicht, ob er sie überhaupt hinauslassen wollte. Bitterkeit durchflutete ihn. Nicht recht wissend, was er damit anfangen und was er machen sollte, blieb Goku stehen. Man konnte den inneren Kampf förmlich an Vegetas Gesicht ablesen, die einzelnen Gedanken, die er nicht greifen konnte aber trotz allem erahnen. Es gab so viele Dinge, die er sonst hätte sagen können, die er tun könnte, aber nichts war im Ungang mit diesem Vegeta etwas, das er wirklich tun wollte. Er schien ihm so zerbrechlich wie noch nie, wie ein verlorenes Kind in den Weiten einer Welt, die er nicht verstand. Ausgesetzt auf einem Planeten, der ihm völlig fremd war. Er seufzte und sah ihn weiterhin nur an. Was hätte er auch tun sollen, Worte waren unnötig und brachten ihn auch nicht weiter, Gesten verstand Vegeta irgendwie immer falsch und auch sonst gab es wenige Möglichkeiten, außer sich langsam in Bewegung zu setzen und sich letzten Endes neben ihm ins Gras zu setzen. Nicht zu nah, um ihn nicht zu bedrängen, nicht zu weit weg um jede noch so kleine Bewegung wahrzunehmen. Er sah das gefährliche Glänzen in diesen Augen, die eben noch Feuer versprüht hatten und es zog ihm das Herz in seiner Brust zusammen. Nein, dieser Vegeta war eine Ansammlung von etwas, das er nicht einmal in Worte fassen konnte. Sein Mund öffnete sich, doch schloss er ihn wieder, als er dieselbe Aktion bei Vegeta erkennen konnte. Wenn er etwas zu sagen hatte, dann sollte er das auch tun, ohne dabei unterbrochen zu werden. „Wer bin ich?“, war aber alles, was er schließlich leise in den Wind flüsterte und es raubte Goku für einen Augenblick den Atem. Soviel Schmerz in diesen wenigen Worten und auch wenn er wusste, dass er es ihm schon einmal versucht hatte zu sagen, würde er sich wiederholen. Tausendmal wenn es sein musste, nur um diese Traurigkeit, diesen Schmerz nicht mehr hören und sehen zu müssen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)