Was übrig bleibt, ist Chaos von Schattenaugen ================================================================================ Kapitel 30: Selbst zusammengefügt bleibt es Chaos ------------------------------------------------- 30: Selbst zusammengefügt bleibt es Chaos Als Vegeta wieder zu sich kam, stand die Sonne hoch am Himmel und blendete seinen ersten Versuch seine Augen zu öffnen, so dass er sie sofort wieder schloss und genervt stöhnte, seinen Unterarm über seine Augen legte. Die letzte Erinnerung, die er hatte befand sich irgendwo im Dunkel der Nacht, derart überrascht zu werden so lange niedergestreckt gewesen zu sein, gefiel ihm gar nicht. Zumal er die Blicke Kakarotts und seines Sohnes auf sich spüren konnte, die Frage förmlich in der Luft greifen, nur wusste, dass die Beiden sich noch nicht sicher waren ob sie ihn nun ansprechen konnten und durften, oder es doch lieber lassen sollten. Es gab Wichtigeres – die Frage nach seinem Befinden befand sich auf seiner Prioritätenliste nicht unbedingt an oberster Stelle und so nahm er seinen Arm langsam wieder nach unten, öffnete dieses Mal seine Augen erst, als er den Kopf zur Seite gedreht hatte und nicht mehr genau in den Himmel blickte. Gottverdammt, sein Schädel schmerzte und er glaubte kaum, dass sich das so schnell wieder legen würde. Es schien, als ob sein Gehirn für die Unmengen an Informationen einfach nicht geschaffen gewesen war und nun im sensorischen Overload lief, was das Aufwachen nicht zwingend leichter gestaltete und ihn sich nur wünschen ließ, die Augen einfach wieder zu schließen und noch ein paar Stunden Schlaf dranzuhängen, um den Schmerz wenigstens auf ein erträgliches Niveau zu bringen. War es auch schon erträglicher als in der Nacht zuvor, aber es tat immer noch höllisch weh und machte jede noch so kleine Bewegung zu einer wahren Herausforderung, auch wenn der Gedanke endlich alles wieder zu haben, was ihn ausmachte, das ganze ein wenig abschwächte. „Wie geht’s dir?“ Das Gesicht seines Sohnes schob sich in seinen Blickfeld und er schloss für einen Moment die Augen und atmete tief durch, weil er diese Frage einfach nicht nachvollziehen konnte. Wie sollte es ihm schon gehen? Sein Körper fühlte sich an als ob er stundenlang von einer Dampfwalze überrollt worden wäre, sein Kopf fühlte sich nicht besser und auch seine Gedanken waren so träge und langsam, dass sich seine Augen bereits wieder geöffneten hatten und er das dritte Mal den Mund öffnete und wieder schloss, ohne auch nur eine Antwort gegeben zu haben, stattdessen noch einmal gequält stöhnte und sich wirklich wünschte, wieder einschlafen zu können. So würde das jedenfalls nichts werden. „Dad?“ Trunks schluckte, imitierte damit die einzige Bewegung die sein Vater auf die wiederholte Frage gab und wunderte sich, was los war. Er wollte es wirklich wissen, wollte wissen, dass alles okay war und dass sein Vater jetzt nicht stundenlang hier lag und weiter schwieg. Die letzten Stunden waren schlimm genug gewesen, die Unwissenheit und das Warten zerrten an seinen Nerven und er wollte endlich Antworten, selbst wenn sie nicht so gut ausfallen würden. Er wollte ihn reden hören, wollte die üblichen zusammengezogenen Augenbrauen und einen bissigen Kommentar – Herrgott noch mal, er nahm sogar die weniger üblichen Reaktionen der letzten Wochen, wenn es ihm nur zeigte, dass er okay war und sich das Ganze nicht noch weiter verschlechtert hatte! „Komm schon, sag was.“, bat er beinahe schon flehentlich und erntete nur eine Mischung zwischen Stöhnen und knurren, das ihm allerdings nur ein müdes Lächeln abrang. Das war zumindest schon mal eine Reaktion, bevor Vegeta einen Arm wieder hob und auf seine Stirn legte, den Eindruck machte, als wüsste er nicht ganz, was er machen sollte und doch irgendwas unternehmen wollte, mit wenig Erfolg, wenn man die Ursache nicht kannte. Vegeta rieb sich die Stirn, während er sich langsam aufsetzte und Kakarott, sowie Trunks lediglich dabei zusehen konnten, weil sie insgeheim zwar lieber geholfen hätten, aber wussten, dass Vegeta das nicht zulassen würde wollen. Selbst wenn es ihm Stunden in Anspruch genommen hätte, er hätte jede Hilfe abgelehnt und aus reinem, sinnlosem Stolz darauf bestanden es alleine zu versuchen. Aber das war er, ein Charakterzug, an den man sich gewöhnen konnte, es musste, wenn man mit ihm selbst klarkommen wollte. „Kakarott.“, sagte er, seine Stimme nichts als ein heiseres Flüstern und er schluckte erneut, nachdem er sich endlich in eine senkrechte Position gebracht hatte, die Augen geschlossen und noch einmal tief durchatmend um die leichte Welle des Schwindels schon im Keim zu ersticken. „Ja?“, fragte eben jener Angesprochener. Es war schwer zu unterscheiden ob es nun der alte oder neue Vegeta war, irgendwann in den letzten Wochen war dieser eben wieder dazu übergegangen ihn so zu nennen und machte es damit beinahe unmöglich zu sagen. Es war irritierend, weil es manchmal das Einzige war, das ihn wirklich an Vegeta erinnerte, besonders wenn dieser darüber nachdachte, warum ihn alle zu meiden schienen. „Wenn du mir noch mal eine Ohrfeige verpassen willst…“ Er konnte sie immer noch spüren, Kakarott hatte Schläge, die einen Stunden später noch verfolgen konnten, wehtaten und brannten. „… dann mach es das nächste Mal richtig.“ Jetzt öffnete er die Augen wieder und sah genau in seine Richtung, auch wenn er einige lange Sekunden brauchte um seinen Blick vollends an Kakarott zu fixieren. „Was…?“ Was war das für eine Aussage? Kakarott konnte nicht anders als Trunks einen kurzen Blick zuzuwerfen, eine Augenbraue nach oben zu ziehen und schließlich Vegeta wieder anzusehen, die unausgesprochene Frage mit seinen Augen zu stellen. „Das soll heißen.“, begann er leise, ruhig. „… dass ich es begrüßt hätte diesen ganzen Scheiß nicht vollständig durchmachen ZU MÜSSEN!“, setzte er fort, nur um jedem Wort lauter zu werden. Dass er lieber bewusstlos geworden wäre, dürfte mit dieser Aussage wohl allzu deutlich klar geworden zu sein, nur dass keiner der anderen Anwesenden ganz verstand wieso, während sich seine Kopfschmerzen nur verschlimmerten und ihn dazu brachten genervt zu seufzen. „Vergiss es.“, setzte er dem an. Sie konnten nicht wissen, wie es sich anfühlte, sie konnten nicht einmal ahnen, welch Schmerzen der ganze Scheiß mit sich gebracht hatte. „Glaub mir, ich hab überlegt das zu tun.“, lenkte die Aufmerksamkeit wieder zurück zu Kakarott, nur um nun seinerseits eine Augenbraue nach oben zu ziehen. “Wenn du dich beobachtet hättest…“, begann nun Kakarott, wurde ernster als er es in den letzten Wochen gewesen war, auch wenn sich sein Wesen gerade dann erstaunlich gewandelt hatte. „…hättest du an dasselbe gedacht. Aber ich war mir nicht sicher, wusste nicht, ob ich damit nur noch mehr anrichte oder alles abbreche. Wer hätte mir die Garantie gegeben? Wo wir dabei sind… was war es dieses Mal? Von deiner Reaktion zu urteilen, war es nichts Schönes.“ Nein, es war weitaus schlimmer wie sonst, auch wenn die obligatorischen instinktiven Reaktionen danach fehlten und eben das irritierte ihn, machte ihn ein wenig nervös und vor allem neugierig. Vegeta schnaubte nur. Das war wohl die Untertreibung des Jahrhunderts und jetzt, wo die Frage direkt an sein träges Hirn gesendet und verarbeitet wurde, fiel ihm auch endlich auf, was in der ganzen Sache noch fehlte, was ihn dazu trieb die Augenbrauen tief ins Gesicht zu ziehen, während er den Blick nicht von Kakarott nahm. „Alles…“ Leise, zu leise und ruhig. Es folgte ein Blinzeln, ein leichtes Schütteln seines Kopfes. “Alles, von meiner ersten Ankunft auf der Erde.“ Da lag der Knackpunkt. Er hatte den Kampf zwischen Nappa und den anderen, seinen eigenen gegen Kakarott, die Suche, die Wiederkehr, Freezer, den Kampf gegen die Cyborgs und Cell, gegen Boo. Er hatte alles von dort an bis heute und doch fehlte etwas ganz Entscheidendes, was ihm ein ungutes Gefühl in seiner Magengegend bescherte, tief sitzende Übelkeit hervorrief und er schluckte schwer, senkte den Blick auf den Boden. „Alles, was davor war, fehlt.“, setzte er an, so leise, dass die anderen Probleme damit hatten, ihn zu verstehen und doch taten sie es. Trunks betrachtete seinen Vater stumm, blinzelte seinerseits und versuchte die Information zu verarbeiten, während Kakarott schon lange verstanden hatte. Was das allerdings bedeutete, wusste er auch nicht – ob auch das irgendwann wiederkommen würde oder ob es in der Versenkung verschwunden blieb, wusste keiner. Fakt war nur, dass es eben jene Zeit war, die Vegeta geprägt hatte, die ihn zu dem gemacht hatte, wer er letzten Endes war als er auf die Erde gekommen war. Die Zeit hatte ihn zwar ruhiger werden lassen, hatte ihn hier und da erneut verändert, aber dennoch war die manchmal doch sehr grausame Art, das Leck-mich-am-Arsch-Verhalten immer erhalten geblieben. Vegeta hatte es nicht anders gelernt, entweder man setzte sich durch und schiss auf die Folgen, auf die Anderen, oder man ging selbst drauf… „Und das heißt?“ Es war Trunks, der noch immer nicht ganz verstanden hatte. Natürlich hatte er sich manchmal gefragt wie das Leben seines Vaters verlaufen war, was er erlebt hatte und wie er herkam, aber er hatte sich nie getraut die Frage auch zu stellen, weil Vegeta sowieso nie etwas von sich Preis gab. Außer den Dingen, die er mit ihm erlebt hatte, wusste er nichts über seinen Vater. „Das heißt, was ich gesagt habe.“, antwortete er, ohne darauf zu achten, wem er antwortete und was er sagte. Es war unwichtig, er war immer noch zu sehr damit beschäftigt die Information selbst zu verarbeiten und sich darüber zu wundern. Das fehlende Teil, das er von Anfang an vermisst hatte, hatte endlich ein Gesicht bekommen und er wusste nicht, ob es nun eine gute Sache war, genau das nicht zu wissen, oder ob es einen gravierenden Unterschied machen würde. Ob er sich freuen sollte, weil er sowieso nicht wusste, was dort geschehen war, außer den Erzählungen, die Kakarott ihm wiedergegeben hatte, oder ob er das Gegenteil fühlen sollte, weil ein so wichtiges Teil noch immer fehlte. Seine Kindheit, sein Vater, sein Planet… ja, er wusste, dass es das alles nicht mehr gab, aber wenn es nicht einmal mehr in seinem Kopf existierte, dann war es unwiderruflich verloren, vergessen, im Nichts versunken. So waren es wenigstens seine Erinnerungen, die einen Teil von all dem, seinem Volk aufrechterhalten hatten – jetzt war auch das verschwunden und er konnte nicht verhindern, dass es sich schlicht und einfach wie Verlust anfühlte. Er war ein Prinz, ein Titel, auf den er immer bestanden hatte… aber auch nur, weil die Erinnerung daran ihn getrieben hatte. Jetzt war da nichts mehr. Es gab keinen Planeten in seinen Erinnerungen, an den er sich erinnerte, von dem er ein Prinz war. Es gab kein Volk mehr, das er sich vorstellen konnte, keinen Vater, dessen Titel er hätte eines Tages rechtmäßig übernehmen sollen. Nun war es nur eine große schwarze Leere, die er nicht wieder hatte füllen können. Ebenso wie sein Leben nicht rekonstruiert wurde, nachdem der Planet vernichtet worden war. Freezers Erziehung. Er wusste nur, dass Freezer Schuld war, aber er konnte ihn schlecht fragen, wenn der verdammte Drecksack in der Hölle schmorte. Vegeta konnte niemanden fragen, denn es gab niemanden mehr aus dieser Zeit. Er hatte sie alle selbst vernichtet, als er auf der Suche nach Kakarott im All gewesen war und all die Überreste seines alten Lebens in Staub verwandelt hatte. Basen, Kreaturen… niemand war mehr da und auch seine Erinnerungen waren nicht wieder da. Er hakte es ab, es brachte nichts sich den ohnehin schmerzenden Kopf darüber zu zerbrechen. Er war einmal ein Kind gewesen, ja, aber wollte er auch unbedingt wissen, wie seine Kindheit, seine Jugend verlaufen war, wenn er das Ergebnis dieser Erziehung zu gut kannte? Wollte er es wirklich wissen, wenn es mit der weißen Echse zu tun hatte, die ihn unter seine Fittiche genommen hatte, die ihn am Ende auf dem Gewissen hatte? Vielleicht war es besser, dass dieser Teil seines Lebens im Dunkel blieb und wer wusste schon, ob es auch wirklich so bleiben würde? Wer wusste, ob er das hier nicht eines Tages noch einmal durchmachen müsste und dann alles wieder da war. Immerhin hatte er selbst nicht mehr damit gerechnet, dass dies geschehen würde, warum sie überhaupt auf der Suche nach den Dragonballs waren. Die waren jetzt unnötig geworden, oder nicht? Er rieb sich noch einmal über die Stirn und stand langsam auf, immer den Blick der anderen Beiden auf sich spürend und doch nichts dazu sagend. Es war ihm egal, er fühlte sich einfach nicht in der Lage dazu, etwas zu sagen, es unterbinden zu wollen, war es doch nur die Sorge um ihn, die sie dazu trieb. Sollten sie machen, es war nicht so, als ob er die permanente Beobachtung nicht langsam gewöhnt war und zu seinem eigenen Erstaunen nervte es ihn nicht einmal annähernd so sehr wie es eigentlich sollte. Der Dragonball mit den fünf Sternen fiel in sein Blickfeld und er hob ihn auf, betrachtete ihn, während sich ein leichtes Lächeln auf seine Lippen legte. Es war reine Ironie des Schicksal, dass ausgerechnet jetzt, kurz bevor sie den letzten Ball gefunden hatten, sich alles von alleine auflöste. „Schätze, die brauchen wir nicht mehr.“, sagte er und warf den Ball Trunks entgegen, der ihn fing und seinen Vater skeptisch ansah. Er war… nicht zu beschreiben. Es war, als müsse er sich erneut an jemanden gewöhnen, der zwar wie sein Vater aussah und doch so ganz anders war, während gewisse Verhaltensweisen geblieben waren. Wie die verschränkten Arme, die zusammengezogenen Augenbrauen – und Trunks spürte, dass auch Goku noch nicht ganz zufrieden war, verwirrt war, nur nicht wusste, wie er es sagen oder zeigen sollte. Ein lautes Seufzen seitens Vegetas – oder war es eher ein tiefes Luftholen mit nachfolgendem Schnauben? Trunks schluckte als ihn der Blick seines Vaters traf, ihn durchbohrte und dabei so intensiv schien, wie schon lange nicht mehr. Weg war der grüblerische Gesichtsausdruck, die tief verborgene Wut über das Verhalten seiner Mutter, weg waren die Gedanken, die ihn Tag und Nacht zu verfolgen schienen. Dieser Blick war es, den er lange nicht mehr gesehen hatte, bohrend, in ihn stechend und einfach nur vertraut. Aber er sagte nichts, noch nicht, sprach lieber mit seinen Augen, seinen Gesten. Die sich noch ein wenig weiter nach unten ziehenden Mundwinkel, die leicht zuckende Augenbraue, bevor sie sich gemeinsam mit der anderen weit in sein Gesicht zog und die sich fester zusammenziehenden Arme, sagten ihm, dass er aufhören sollte ihn so anzustarren. Ein Blick, den er ebenfalls Goku zuwarf, bevor er sich umdrehte und zwei Schritte entfernte. Eine Geste, die sie Beide zum Lächeln brachte, weil sie vertraut war, weil sie ein Stück Normalität zurückbrachte und sie nickten sich zu, begannen zusammen zu packen. Jeder verstand, dass Vegeta nicht mehr darauf angesprochen werden wollte, dass die Sache als erledigt abgehakt wurde, und niemand auch nur eine weitere Frage stellen sollte – nicht über ihn, nicht über das Geschehene, seine Schreie, seine Erinnerungen oder gar seine Tränen. ----- Zwei Stunden später waren sie wieder an ihrem Ausgangspunkt und ein wenig unschlüssig stand Vegeta einige Sekunden länger als es nötig gewesen wäre vor der Tür, ohne sie zu öffnen. Die Blicke ignorierte er, die stumme Frage, die in der Luft hing und die er sich selbst gerade stellte, ohne auf eine Antwort zu gelangen. Die gespannte Atmosphäre, die er nicht ignorieren konnte und die sich mit jeder weiteren Sekunde mehr und mehr in ihm ausbreitete, in seine Knochen schlich und seine Entscheidungen in Frage stellte. Entscheidungen, die er noch gar nicht getroffen hatte und es machte ihn nervös, nervöser als er es sein sollte, als er zulassen wollte und doch konnte er nichts dagegen machen. Zögernd, als ob sie vergiftet sein könnte, legte er die Hand auf die Türklinke und schluckte schwer, während ihm erst jetzt auffiel, dass er keine Handschuhe trug. Die Erkenntnis war so nebensächlich und doch konnte er nicht verhindern, dass er sich unwohl, nackt ohne sie fühlte, während ihm auffiel, dass er sie die letzten Wochen schon kaum getragen hatte. Alles lief zusammen und trug nicht dazu bei seine Kopfschmerzen endlich gehen zu lassen, alles verschwamm und lag doch so klar vor ihm, dass er sich zweigeteilt fühlte, hin und her gerissen zwischen Wissen und Gefühlen, zwischen Tatsachen und Vermutungen. Es brachte alles nichts, er musste die Tür öffnen, wenn er nicht den ganzen Tag hier stehen und darüber nachdenken wollte, was er tun sollte. Wenn er nicht noch mehr Aufmerksamkeit der Anderen auf sich ziehen wollte, die ihn sowieso bei jedem Schritt mit Argusaugen beobachteten, immer dann, wenn sie dachten, er würde es nicht merken. Aber er spürte es, wusste es und sagte doch nichts, auch wenn er wusste, dass er früher deswegen wahrscheinlich einen halben Tobsuchtsanfall bekommen hätte. Etwas hinderte ihn daran etwas zu sagen, etwas sagte ihm, dass es das nicht wert war, dass er sie einfach machen lassen sollte. Dass es nicht schlimm – und diese Erkenntnis, dass es dieses fehlende Teil seiner selbst war, machte ihn wahnsinnig, brachte ihn beinahe dazu wieder herum zu drehen, den letzten Dragonball auf eigene Faust zu suchen und den Drachen zu rufen, um die Erinnerungen an seine Kindheit auch noch zurück zu bringen. Er ließ es. Auch hier sagte ihm nur ein Gefühl, dass es so besser war. Dass er sich auch so an sein neues Ich gewöhnen konnte, diese Mischung aus seinem alten Ich und dem, der er die letzten Monate gewesen war. Dieses vor Angst und Instinkten gesteuerte Etwas hatte ein wenig Verstand dazu gewonnen und musste das alles jetzt nur in Einklang bringen. Leichter gesagt als getan, wenn alles was man machte, irgendwie im Widerspruch zu sich selbst stand, keine wirkliche und eindeutige Richtung nehmen wollte. Langsam trat er ein, nahm den vertrauten Geruch seines Heims wahr, während die weniger guten Erinnerungen ebenso an die Oberfläche wanderten und erneut einen Widerspruch in ihm auslösten. Es war vertraut und doch wieder nicht. Es lud ihn ein reinzukommen und sich wohl zu fühlen, während es ganz tief in seinem Inneren eine unbeschreibliche Angst keimen ließ. Unterbewusst, unerklärlich und doch war sie da, machte jeden Schritt in dieser vertrauten Umgebung zu einem Balanceakt mit sich selbst. Er konnte Bulma in der Küche spüren und wusste, dass sie die Hoffnung hegte, dass alles wieder gut werden würde, dass alles wieder gut war, wenn er nach Hause kam. Aber die Erinnerungen an die Zeit ohne Erinnerungen waren nicht verschwunden, vermischten das Alte mit dem Neuen und erschufen etwas ganz Anderes. Der Wunsch hinzugehen und alles andere zu ignorieren, sie zu küssen, kämpfte mit dem Drang sich herumzudrehen und sie nie wieder sehen zu müssen um die Vorherrschaft, machten es schwer eine Entscheidung zu treffen und letzten Endes gewann eine dritte, neue Seite. Hilfesuchend warf er einen kurzen Blick nach hinten, nicht fähig den inneren Kampf aus seinen Augen zu halten, während sich seine Arme zum bersten angespannt über seine Brust legten. Aber Kakarott zuckte nur hilflos mit den Schultern. Er konnte ihm auch nicht helfen, so gern er es auch wollte, so oft er es nun schon versucht hatte. Den inneren Kampf konnte er sehen und es zerriss ihm das Herz nichts machen zu können. Ebenso wie es ihn einerseits glücklich machte überhaupt in Betracht für Hilfe gezogen zu werden, so machte es ihn noch immer traurig, diesen einst so stolzen Mann so zu sehen. Der bekannte Stolz, der sich in seinen Augen mit dieser unbekannten Angst mischte, die Emotionen, die sich gegenseitig bekämpften und ihn dazu brachte, die Zähne aufeinander zu beißen und tief durchzuatmen. Vielleicht mussten sie jetzt alle lernen mit diesem Vegeta zu leben. Vielleicht würde sich nie wieder etwas ändern, vielleicht würde die Veränderung schleichend eintreten, ohne dass sie merkten und nur eines Tages verstehen würden, dass sich etwas geändert hatte. Vielleicht würde diese Veränderung auch über Nacht eintreten und alle am nächsten Tag überraschen, wer wusste das schon? Es stand in den Sternen und er konnte keine Voraussage machen – was er auch gar nicht wollte. Alles, was er wollte, war hier. Vegeta ging es den Umständen entsprechend sehr gut, bis auf die Erschöpfung, die offensichtlich zu erkennen war, dem inneren Kampf. Er war hier und hatte zurück, was am wichtigsten war, hatte das Band der Freundschaft, das sie in den letzten Monaten geknüpft hatten, nicht wieder vergessen. Vielleicht brauchte er ihn nicht so, wie man es von einem Freund erwarten würde, aber er stieß ihn auch nicht zurück, nachdem er seine Erinnerungen wieder hatte und das alleine war ein Fortschritt, den er nicht missen wollte. Er nickte einmal kurz mit dem Kopf in die Richtung der Küche, nicht sicher, ob seine Botschaft ankam oder ob Vegeta es überhaupt machen würde. Es tat ihm leid, was hier passierte, aber er konnte auch nicht viel dagegen machen, konnte die Ehe nicht retten und konnte auch nicht Gefühle wiederbringen, die in den letzten Wochen von Bulma selbst zerstört worden waren. An vielem war sie selbst Schuld, das musste auch er Vegeta zugestehen, das bedeutete aber nicht, dass er seine Angst gewinnen lassen durfte, dass er so viele Jahre wegwerfen konnte und dass der zweitstärkste Mann neben ihm, sich derart von Gefühlen beeinflussen lassen durfte. Das tat er doch sonst auch nicht und es tat auf seine ganz eigene Weise ganz tief im Inneren weh. Vegeta tat sekundenlang nichts, sah ihn nur stumm an und ließ seinen Blick dann von ihm zu Trunks wandern. Nur ein Augenblick, eine Kenntnisnahme und letzten Endes ein winziges Nicken, die Bestätigung für sich selbst und der Wille, es für seinen Sohn zu versuchen. Nicht für sich, das sah er ihm an, nur für Trunks, der ihm wahrscheinlich jetzt näher stand, als in all den Jahren, die er bereits lebte. Die Erkenntnis war schmerzhaft. Vegeta war so weit gekommen, Trunks so alt geworden und es war seltsam zu beobachten, dass er nie der Vater gewesen war, der Kakarott selbst versucht hatte zu sein. Zumindest in den Zeiten, die er nicht im Jenseits verbracht hatte. Er verstand sich auch nicht immer mit ihnen, aber es half ihm oftmals ein genauso großes Kind zu sein, wie er ein Kämpfer war. Es half ihm, dass er nie aufgegeben hatte das Schöne zu sehen und sich manchmal einfach fallen lassen konnte… Kind sein konnte. Vegeta konnte das nicht, er war anders aufgewachsen, war ruhiger, stoischer, ernster. Es gab für Vegeta keinen Grund sich fallen zu lassen, wenn jede Unaufmerksamkeit früher den Tod hätte bedeuten können. Die ganze Sache hier war… noch immer unwirklich. Es war die stille Spannung in der Luft, die Aufmerksamkeit, die leicht übertrieben wirkende Vorsicht, in einem Haus, das seines war. Stumm beobachtete Kakarott die langsam, beinahe vorsichtigen Schritte Vegetas, hob lediglich einen Arm als Trunks an ihm vorbeigehen und ihm folgen wollte, schüttelte auf dessen fragenden Blick nur den Kopf. Nein, es war besser, ihn das alleine regeln zu lassen, im Grunde hatten sie sich alle schon genug eingemischt und Kakarott fragte sich unweigerlich zum wiederholten Male, wie alles verlaufen wäre, wenn Bulma damals nicht so übertrieben reagiert hätte. Wenn sie ihr Genie dazu genutzt hätte ihre Gefühle einzudämmen und ihren Verstand genutzt hätte, um sich Vegeta zu nähern, anstatt diese unbegründete Angst vor ihm zu hegen. Wenn sie damals nicht wegen einer Wand und ein paar Geräten ausgerastet wäre. Diese konnte man ersetzen, ein Leben leider nicht mehr. Wenn sie damals nicht diese Handschellen rausgekramt hätte, wenn sie nur ein wenig mehr Vertrauen in ihn gelegt hätte. Aber so hatte sie es nur zerstört, hatte es kaputt gemacht und er war sich wirklich nicht sicher, ob sie es jemals wieder reparieren konnte, sie wie sie es normalerweise mit ihren Geräten tat. Vegeta war keine Maschine, auch wenn er sich oft so verhielt – aber seit neuestem hatte er mehr Gefühle, als er ihm jemals zugetraut hätte, als er dachte, dass in diesem Körper schlummern könnten. Das alles machte es nur noch schwerer. Wenn er wie normal gewesen wäre, hätte er es wahrscheinlich mit genauso stoischer Ruhe hingenommen wie sonst auch, umsonst waren die Beiden nicht zusammengekommen, hatten Trunks bekommen. Irgendwas musste dort gewesen sein, die nötige Geduld, die fehlende Angst. Er gab es auf darüber nachzudenken, eine Antwort würde er wahrscheinlich niemals bekommen. Es war auch besser so, es war Vegetas Leben und eben jener verschwand gerade in der Küche, in der sämtliche Geräusche, die bis eben noch zu hören gewesen waren, erstarben. Sekunden vergingen, Sekunden voller Spannung, die die Luft zum knistern brachte. Dann endlich: „Vegeta?“ Kakarott zog eine Augenbraue nach oben, in dieser Hinsicht würde er die Menschen nie verstehen – es war doch klar, dass es nur Vegeta sein konnte, der Kerl war unverkennbar und abermals holte er tief Luft, versuchte dabei jedoch kein Geräusch zu machen, um jedes weitere Wort zu verstehen. Manchmal war es praktisch ein Saiyajin zu sein. Vegeta aber gab keine Antwort, kein Zeichen, nichts. Es blieb wieder still, viel zu lange für den Geschmack der beiden draußen gebliebenen, und viel zu lang für Bulmas Nerven, die ihre Lippen zu einer schmalen Linie zusammenpresste, die Kaffeetasse, die sie in der Hand hielt, auf die Küchenzeile stellte und nun ihrerseits ihn ansah. Erwartung lag in ihrem Blick und auf eine Weise tat es ihm leid, diese hohe Erwartung, die Hoffnung, die in diesen blauen Augen schimmerte, zerstören zu müssen. Auf der anderen Seite wusste er aber auch nicht was er sagen sollte, was er tun konnte, wie er beginnen sollte. Die Worte waren irgendwo von seinem Gehirn auf dem Weg zu seinen Lippen verschwunden, blieben in seiner Kehle stecken und machten es unmöglich anzufangen. Er schluckte und schloss für einen Moment die Augen, versuchte den nötigen Mut aufzubringen, die nötige Energie zu sammeln und gleichzeitig seine noch immer vorhandenen Kopfschmerzen zu verdrängen. Dass es nicht einfach für sie war, wusste er auch. Dass sie wartete und er endlich etwas sagen musste, etwas tun sollte – aber irgendwas hielt ihn auf, so gern er sie in den Arm nehmen würde, so gern würde er sich auch umdrehen und wieder gehen. Es zerriss ihn innerlich selbst, aber niemand schien es zu ahnen, sie schon gar nicht. Sie legte nur Hoffnungen in einen Mann, der er nicht mehr war. Ein Teil von ihm fehlte, ein weiterer war hinzugekommen und die Teile behinderten sich gegenseitig. Er konnte nicht so tun, als ob nie etwas geschehen war, wenn sich alles noch in seinem Kopf befand. Und er war nie jemand gewesen, der schnell vergessen konnte, behielt Gräuel und Wut manchmal Jahrzehntelang in sich, nur um ihn irgendwann wieder heraus zu lassen, wenn die Person gar nicht mehr damit rechnete. So wie damals auf dem Turnier, als er unbedingt seine Rache an Kakarott ausüben wollte. Den Blick zu vergessen, mit welchem sie ihn angesehen hatte, war unmöglich. Die Art zu vergessen und zu begraben, mit der sie ihn behandelt hatte, war ebenfalls nicht möglich. Egal wie lange er darüber nachdachte, wie viele Worte sie noch darüber wechseln würden, wie stark er versuchte auch ihre Seite zu verstehen – er konnte es einfach nicht. Es entzog sich seinem Verstand, wie man denjenigen, den man lieben sollte, so behandeln konnte. Wie man sich in ihm täuschen konnte, ihn ignorierte, ihn verabscheute. Es machte ihn wütend und traurig zugleich, denn letzten Endes war es nicht einmal seine Schuld gewesen, dass es so gekommen war – damit hätte er besser, einfacher leben können. So viel hatte er schon falsch gemacht und es nicht bereut; das hier war nicht sein Fehler. Es war eine Verkettung unglücklicher Umstände, eine Ansammlung falscher Reaktionen. Seine Augen öffneten sich wieder, ebenso wie seine Lippen. Und doch hatte er keine Worte parat, die ihr hätten sagen können was Sache war. Fand er einfach keine dieser unnützen irdischen Phrasen, die er immer so verabscheut hatte und wollte sie auch gar nicht benutzen. Ein „Es tut mir leid.“, wäre fehl am Platz gewesen, auch wenn es stimmte. Er konnte das nicht, er konnte ihr nicht das Herz brechen. „Sag doch endlich was.“, bat sie in ihrer erstickten, tränenschimmernden Stimme und es brach ihm das Herz, genau wie er diesen Umstand beinahe befürwortete. Sie hatte es nicht anders verdient – wie lange hatte sie ihn hängen lassen, wo sie doch eigentlich dafür da war bei ihm zu sein?! Wie lange war außer Wut nichts, was er von ihr erhalten hatte? Eine falsche Reaktion, Gefühle über Verstand. Er hasste Gefühle, sie machten das Ganze hier nur noch komplizierter und so konnte er am Schluss nicht anders, als einfach leicht den Kopf zu schütteln und die Augen wieder zu schließen, um nicht in die ihren blicken zu müssen. Manchmal waren Worte eben doch überflüssig. Sie sagten nicht das aus, was er sagen wollte, was er zum Ausdruck bringen musste und doch schafften es seine Gesten, denn sie schien zu verstehen. Als er wieder aufsah hatte sie Tränen in den Augen, die sie die ganze Zeit über versucht hatte zu bekämpfen. Eine ihrer zarten Hände hatte sich über ihren Mund gelegt um das Schluchzen zu ersticken, das ihre Kehle hinauf kroch und sich genau in sein Herz bohrte und am liebsten hätte er die Geste zurück genommen, wäre auf sie zugegangen und hätte sie umarmt. Aber er blieb stehen, bewegungslos, regungslos. Wie in alten Tagen, als sein Gesicht nichts von dem preisgab, was in seinem Inneren vor sich ging. Verrat. Sie hatte ihn verraten und jetzt konnte er einfach nicht mehr an die Stelle zurück, wo sie aufgehört hatten, keinen Neuanfang starten, so verlockend der Gedanke war, so sehr sich sein Geist danach sehnte. Sein Verstand sträubte sich dagegen, wehrte sich mit allem, was er zu bieten hatte und erneut presste er die Lippen zusammen, nachdem er mit der Zunge einmal darüber gefahren war. Sie fühlten sich so trocken an wie seine Kehle, während ihre blauen Augen ihn ungläubig anstarrten. In seinem Gesicht nach irgendwas suchten, das seine Geste eine Lüge strafte, aber sie würde nichts finden. So schwer es ihm gerade fiel diese kalte Maske aufzubehalten, so sehr brauchte er sie auch, denn sonst könnte sie seinen Schmerz in seinen Augen genauso sehen, wie er ihren. Er musste hart bleiben, durfte nicht zeigen wie nahe es ihm ging, sonst würde seine Entscheidung in sich zusammenfallen und er letzten Endes nachgeben. Nachgeben für etwas, das ihn selbst zu sehr verletzt hatte um es einfach links liegen lassen zu können – also musste er sie verletzen, um es auszugleichen. So wie sie es vor Wochen getan hatte. Worte, nichts als Worte. Nein, er wollte sie nicht verletzen, er wollte nur klarstellen, sichergehen, dass sie verstand, auch wenn er nichts gesagt hatte. Er wollte ihr nicht wehtun, so wie sie es getan hatte; er wollte auch nicht gehen, weil er ihre Gegenwart einfach nicht missen wollte. Aber alte Zeiten würden nicht mehr zurückkommen und er bezweifelte, dass ihre Beziehung auf einer freundschaftlichen Ebene funktionieren könnte und schluckte. So wie es war, war sie ihm zu ignorant. So wie es jetzt war, war es nicht besser, weil er derjenige war, der nicht vergessen konnte. Vertrautes mischte sich mit Ablehnung und es schmerzte so tief, dass er nicht einmal Worte dafür finden könnte. „Das ist nicht dein Ernst.“, flüsterte sie, über ihre Finger hinweg. Die ersten Tränen hatten ihren Weg aus ihren Augen gefunden und ihr Ausdruck zerschmetterte den Rest seiner schwarzen Seele. Belog sie sich oder tat er es gerade selbst? Er liebte sie, aber er konnte den Anblick ihrer Tränen nicht ertragen, weil sie ihm falsch vorkamen, unehrlich. Wie oft in den letzten Monaten hatte sie geweint, wenn sie ihn gesehen hatte und er sie nicht beachtete? Wie oft hatte sie ihn angesehen und wenigstens versucht einen Teil von ihm zu verstehen? Jetzt wollte sie alles und sie belog sich, weil sie wusste, dass ihre Taten ihre Hoffnungen zerstören würden. Er belog sich, weil es ihn schmerzte sie abweisen zu müssen und es doch für nötig hielt. Weil auch hier sein Herz über den Verstand siegte, weil der Verrat schwerer wog als das das Wissen um seine Liebe. Er war nicht besser als sie… „Momentan schon.“, fasste er sich ein Herz und sprach doch endlich. „Ich kann nicht tun als wäre nichts geschehen, Bulma.“ Ihr Name klang seltsam aus seinem Mund, das merkte selbst sie. Voll von etwas, das sie nicht bestimmen konnte, das aber eindeutig keine abwertende Geste war – die kannte sie noch und es klang anders. „Hier oben herrscht Chaos.“ Er hob eine Hand und tippte sich mit dem Zeigefinger gegen die Schläfe. „Und ich muss es erst einmal ordnen, um eine Entscheidung treffen zu können.“ Eine Pause, eine Möglichkeit die Worte sacken zu lassen, die Hoffnung nicht ganz zu zerstören, sie bestehen zu lassen – ein winzig kleines Flämmchen, das er in ihren Augen sehen konnte. „Du hast gehofft, wenn ich wiederkomme, wäre alles wie vorher.“ Sie nickte nur, traute ihrer eigenen Stimme nicht, während sich ein weiteres kleines Schluchzen den Weg nach außen erkämpfte. “Das ist es aber nicht. Wir brauchten die Dragonballs nicht, es ist alles von alleine wiedergekommen.“ Nicht alles, aber das spielte jetzt einfach keine Rolle, wichtig war nur, dass sie die Fakten verstand. „Aber dadurch, dass wir den Drachen nicht rufen mussten, ist alles andere auch noch da. Der Unfall, deine Reaktionen. Kakarott, Trunks…“ Ein tiefer Atemzug, weil er nicht wusste, wie er Worte finden sollte, die einfach nicht sagen konnten, was man fühlte. So viele gab es von ihnen, aber keines erschien ihm richtig. „Sagen wir so – du erhoffst dir gerade, dass alles wieder wie vorher wird, aber das geht nicht. Ich kann deine Wut, deine Ablehnung nicht verstehen, ich kann nicht verstehen, warum du ausgerechnet mich gemieden hast. Vertrauen Bulma, scheinst du keines in mich gelegt zu haben und ich kann nicht vergessen, dass es so war.“ Ihm war bewusst, dass sich sein Sohn und Kakarott noch immer draußen befanden und wahrscheinlich jedes einzelne Wort mithören konnten, aber es war ihm egal. Früher wäre ihm im Traum nicht eingefallen solche Worte außerhalb privater Wände auszusprechen, heute spielte es einfach keine große Rolle mehr. Und er merkte, dass er sich mehr verändert hatte als ihm selbst bewusst war. „Es fühlt sich an wie Verrat, wo du doch eigentlich, als meine Frau, dafür verantwortlich gewesen wärst für mich da zu sein. Stattdessen war es Kakarott.“ Den er sonst zwar als Kamerad, aber nie als Freund gesehen hatte, so wie er es jetzt tat. Den er einst gehasst hatte. „Und ich kann nicht so tun, als wäre das nichts. Vielleicht kann ich eines Tages damit leben, wenn ich mich selbst geordnet und gefunden habe, aber jetzt geht das einfach nicht. Es tut mir leid.“ Und er hatte es doch gesagt, verabscheute diesen Satz in dem Moment, in dem er ihn ausgesprochen hatte, so wahr er auch sein möge. Er verabscheute ihre Tränen und das verzweifelte Kopfschütteln, sah hinunter auf den Boden um ihre Verzweiflung nicht ertragen zu müssen. Sie hatte verstanden, das sah er, aber die Entscheidung zu akzeptieren war schwerer. Aber hatte er das nicht auch tun müssen? Hatte er es nicht hinnehmen müssen, mit Kakarott leben müssen? Erneut schlossen sich seine Augen für einen Moment, öffneten sich wieder, bevor er aufsah. Ihre Tränen waren nicht zu ertragen, ließen die Entscheidung wanken, wackeln. Wie auf einem Turm, dessen Spitze ein zugiger Wind umwehte – und doch, er musste sie aufrechterhalten, musste sich selbst finden, musste seine eigenen Gefühle ordnen. „Ich werde gehen, wenn du das willst.“, hängte er dem leise an, drehte sich im selben Atemzug herum und hoffte, diesen Ausdruck nie wieder sehen zu müssen, ihn irgendwann in das Gegenteil wandeln zu können, nicht gehen zu müssen. Dieser Zwiespalt in ihm selbst nagte an seinen Eingeweiden, machte einen klaren Gedanken beinahe unmöglich und ließ ihn sich fühlen, als ob er lebendig begraben wurde. „Wenn nicht, werde ich auch das akzeptieren.“ Um seines Sohnes Willen, um seinen eigenen Verstand Willen. Denn der kämpfte gerade beharrlich gegen sein Herz an, so dass es ihm kaum mehr möglich war seine Maske zu erhalten, sie Stück für Stück auseinander brach. „Allerdings hoffe ich, dass…“ Er biss sich auf die Unterlippe, es fiel ihm schwer offen zu reden, seine Gefühle zu zeigen und gegen den Drang anzukämpfen es in sich zu verschließen, so wie er es immer getan hatte. Ein ewiger Kampf mit sich selbst und sollte das so bleiben, würde er wahnsinnig werden. Ein Impuls bekämpfte den Anderen, ein Gefühl zankte mit dem Nächsten und ein Gedanke zerstörte den nächsten. „… dass du die Reihe der Fehler nicht fortsetzt und wir versuchen können, das hier zu regeln.“, waren seine letzten Worte, bevor er genauso langsam die Küche wieder verließ, wie er sie betreten hatte. Seine Maske fiel in sich zusammen und er vermied den Blick zu den anderen, drehte sich in die entgegen gesetzte Richtung, lief den Gang entlang. Er meinte es, wie er es sagte. Hoffte wirklich, dass sein Herz sich mit seinem Verstand in dieser Sache einig war. Dass sie ihn nicht fortschickte und er das alte Gefühl wieder ausgraben konnte, das momentan unter Verrat begraben schien. Dass sie seine Frau blieb und es auch wieder werden konnte, egal wie schwer manche Sachen wogen, wie es sich anfühlte, denn die Liebe, so hatte er eben gemerkt, befand sich noch immer in seinem Inneren. Und es würde ihn zerstören, wenn sie das nicht regeln konnten. So viel geschehen war, so sehr sich alles in ihm bekriegte und auf keinen gemeinsamen Nenner bringen ließ – es würde ihn schlicht und einfach zerstören, wenn der einzige konstante Punkt in seinem Leben, seine Liebe, für immer begraben blieb. ~Owari~ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)