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forever

Wer erträgt die Ewigkeit?
von

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Prolog

Fetzen Sonnenlicht brachen durch die dreckigen Scheiben meines Zimmers, fielen auf meine bloßen, bleichen Arme.

        Keine Wärme, bloßer Schein…

 

Flüchtig fuhr ich über die erleuchteten Stellen meiner Haut und merkte keinen Unterschied. Müde folgte ich dem Licht, sah in die schwindende Dunkelheit, sah einen klaren Himmel…

          Es würde ein schöner Tag werden - klar und kalt!

 

Klar und kalt… So also würde mein Todestag sein.

 

      Ein freudloses Lachen kroch meinen Hals empor.

 

                           Heute würde ich sterben.

 

   Es gab nichts, was das ändern würde, nichts was mein Herz länger schlagen lassen könnte. Es gab nur die Gewissheit- Die Gewissheit und den Tod!

      Meinen Tod…

 

Ich hob die Hände, betrachte einen Augenblick die dünnen Linien auf meinen Handflächen.

        

     Welche von ihnen war wohl meine Lebenslinie?

              Welche war die Kürzeste?

 

   Wieder musste ich lachen.

 

Unwirsch strich ich mir durch die zerzausten Haare und verschränkte meine Hände schließlich im Nacken.

                Ich lauschte meinem Herzschlag, wie viele es wohl noch waren?

 

  Wann würde das letzte Sandkorn fallen?

                           Wann war die Zeit abgelaufen?

                                          Wann würde ich ihn retten?

 

              Es gab nicht mehr die Frage ob oder wie, das alles interessierte mich nicht… Nicht mehr… Das einzige was noch zählte war das wann!

 

       Wann würde ich mein Leben für ihn geben?

 

Obwohl, er war meine Leben…

             Ich starb um zu leben! Tausend Mal…

 

Tausend Mal sterben, für ein Leben!

                          Für sein Leben!

Sein…

           Seine warme Hand strich meinen nackten Rücken entlang, seine weichen Lippen legten sich auf meine Schulter.  „Guten Morgen“, flüsterte er rau.

   Ich lächelte.

 

              Es war ein guter Morgen, ein schöner Tag… Um zu sterben!

der Fremde

 Keuchend öffnete ich die Augen.

          

           Trübes Morgenlicht beleuchtete ein karges Zimmer.

 

Stockend versuchte ich meinen Atem zu beruhigen, das Rasen meines Herzens irgendwie zu kontrollieren. 

         

           Ich krallte mit tauben Fingern in das raue Lacken unter mir, versuchte ein Stück der Realität zu greifen.

 

Es war nur ein Traum!, sagte ich mir selbst, Nur ein verfickter Traum!

             Der gleiche verfickte Traum wie immer…

                    Jede beschissene Nacht, jeden verfluchten Morgen…

 

Ich hob die Häned und blickte einen Augenblick auf die dünnen Linien meiner Handflächen, bevor ich mit zitternden Fingerspitzen über meine Augenwinkel strich.

 Tränen, wie jedes Mal…

 

   Ich rang weiter nach Atem, richtete mich schwach auf. 

Langsam entspannte sich mein Körper, das Zittern ließ nach und die allmorgendliche Scham wuchs.

 

    Unwirsch wischte ich mir die Tränen fort.

Reiz dich zusammen!, schallte ich mich selbst, Es gab keinen Grund zum heulen!

 

       Ich zwang mich tief durch die Nase ein und durch den Mund auszuatmen, winkelte die Knie an und stütze mich mit den Elenbogen darauf ab. Unwillkürlich raufte ich mir die Haare. Noch immer stiegen Tränen in mir auf. Schwächling!

 Es war so lächerlich! Es war so erniedrigen! Es war so… wahr…

  

 Jede Nacht träumte ich den gleichen Traum, jeden Morgen wachte ich mit rasenden Herzen und tränennassen Augen auf.

         Jede Nacht träumte ich von dem Tag an dem ich starb.

 

   Nicht vom meinem Tod, sondern einfach nur von dem Tag, an dem ich sterben würde. In diesem Traum wachte ich gerade auf, und wusste dann, mit einer schon fast kalten Gewissheit, dass das der Tag sein würde an dem ich sterbe würde. Und…

 

         Es füllt sich so richtig an, diese Gewissheit…

 

Es war…

      Es war eine Gewissheit, die ich nicht hatte. Ich hatte nichts Gewisses in meinem Leben, kein Ziel, keinen Weg zugehen…

 

Ich existierte nur, weil mein Herz halt einfach immer weiter schlug. Eigene Unzulänglichkeit wirkt anscheinen ernüchtern. Meine Tränen versiegten schließlich und ich wischte mir unelegant den Rotz von der Nase, bevor ich mich seufzend nach hinten zurück auf die Matratze fallen ließ.

              Der Tag an dem ich starb…

 

   Ich runzelte die Stirn und legte meinen Unterarm über meine Augen. Irgendwie…

Dieses Mal war es anders gewesen…

          Irgendwie…

War der mehr… 

                                   Mehr…

 

Das Wort echote schwach in meinem Sein. Ich hatte noch nie mehr gehabt, oder mehr gewollt.

 

    „Scheiße!“, fluchte ich und presste nun fest die Handballen auf die Augen, so dass ich kleine weiße Sterne im Dunkeln flackern sah. Es war nicht nur eine Gewissheit diesmal, es war…

                   Es war ein Ziel, ein…            

 

Ich presste meine Hände noch fester auf meine Augen, so dass es schon weh tat und versuchte meine Gedanken zu sammeln, fest zu halten, was hängen geblieben war, aber genauso gut hätte ich versuchen können mit bloßen Händen Rauch zu fangen.

  

   „Dreck…“, rümpfte ich die Nase setzte mich wieder auf und kramte nach meinen Kippen, natürlich war die Schachtel fast leer. Was auch sonst…

    Murrend ließ ich das Feuerzeug glimmen und zog beruhigend den terrigen Rauch ein.

Resigniert pustete ich den hellen Rauch in meine Ein- Raum- Wohnung, ich konnte ja nicht verantworten, dass das Gelb der ranzigen Wände verblasste.

 

Wann ergab dieser ganze Schwachsinn wohl endlich Sinn, was sollte dieser Scheiß nur bedeuten…

 Seit ich denken konnte träumte ich den gleichen Traum.

  Seit 18 Jahren sehnte ich diesen Tag herbei an dem ich einen Sinn haben würde, an dem ich aufwachte und wusste, ich hatte einen Zweck in dieser Welt…

 

         Vielleicht soll das es ja bedeuten…, versuchte ich einen kurzen Augenblick tiefgründig zu sein, Vielleicht soll das sterben, das in eine andere Welt gehen bedeuten, dass ich halt, naja, etwas brauche…

       Irgendwas…

                     Irgendwie…

 

    Nur Unterbewusstsein, ob du‘s glaubst oder nicht, da wäre ich Matschbrine auch alleine drauf gekommen! Ich war vielleicht nicht der Hellst, aber ich hatte schon gemerkt, dass ich alleine war. Nein, nicht allein…

                      Einsam war…

  

        Ich lachte entnervt auf. Selbstmitleid vor dem aufstehen war wirklich nicht die beste Motivation für den Tag.

 

      Nur beiläufig sah ich zu meinem Nachttisch, doch als mein Blick auf die Zeiger meines prähistorischen Weckers fiel, fiel mir vorschreck die Fluppe aus den Fingern. „Was.. au…“, hektisch wischte ich die Glut von meinem Oberschenkel und packte diesen miesen Verräter von Zeitmesser. „Warum klingelst du Drecksvieh nicht!“, knurrte ich den Wecker an bevor ich ihn wütend auf die Matratze schleuderte und mich dann versuchte hektisch aus einem Wirrwarr von Lacken und Decken zu befreien.

  Mehr stolpernd als rennend hastete ich in mein Badezimmer und kam schlitternd vor dem rostigen Waschbecken plus langsam milchig werdenden Spiegel zum stehen. Ich klatschte mir Wasser ins Gesicht und fluchte gleich noch etwas mehr, da es eiskalt war!

 

   Das gab sowas von Ärger! Ich hätte vor drei Stunde auf Arbeit sein sollen!

Scheiße, scheiße, scheiße!  

  

Mein Chef war so verständnisvoll wie ‘ne Landmiene, ein falscher Schritt und er zerfetzte dich in Einzelteile!

 

Nur kurz sah ich mein bleiches Selbst mit schmalen Lippen und blassblauen Augen, in die ungekämmtes hellblondes Haar fiel, welches dringend mal wieder nen Schnitt nötig hatte (oder für den Anfang mal wieder eine ordentliche Wäsche!).

 

   Kaltes Wasser spritze noch einmal auf und ich versuchte mehr schlecht als recht mir den Schlaf vom Gesicht zu waschen. Hastig stolperte ich zurück in mein Schlafzimmer und zog das erst Beste an, was ich fand. 

          Während ich meinen rechten Schuh suchte schnappte ich mir meinen Haustürschlüssel vom Küchentisch und fiel dann mit offenen Schnürsenkeln aus der Haustür.

  Ich hatte den Job am Hafen nur durch Zufall bekommen, tja… Wenn ich Pech hatte war ich ihn auch sofort wiederlos…

 

  Es war stupide Arbeit. Es war harte Arbeit. Aber es war Arbeit!

         Ich packte Kisten voller sonst was in Container und brach mir halb den Hals, wenn ich in irgendwelche Ecken krabbelte  um auch ja jeden Stauraum zu nutzen.

    Brauchen tat ich den Kack- Job an sich zwar nicht, aber das Gehalt umso dringlicher.

Ich hatte schon im letzten Monat nicht die Miete zahlen können und langsam, ob man es glaubte oder nicht, wurde mein Vermieter zapplig.

 

Obwohl es schon fast ne Frechheit von meinem Vermieter war Miete für das Drecksloch in dem ich hauste zu kassieren. Aber nun gut, wer hat der kann!

                Und ich hatte nichts anderes als diese verlauste Bruchbude!

    

Hastig hetzte ich durch die sich mit Pendlern fühlenden Straßen, es war immer noch früh, obwohl ich so spät dran war. 

         Vielleicht war mein Chef heute nicht im Lager, vielleicht war es ihm nicht aufgefallen…

Es war lächerlich das zu hoffen, doch die Alternative wäre mir nen geräumigen Pappkarton zu suchen, also hoffte ich weiter!

 

Ich kam an die Hauptstraße mit der überladenden Kreuzung und erwischte natürlich nicht mehr dir grün Phase. Missmutig starte ich die vorbei rauschenden Autos an.  Das letzte Mal das ich in nem Auto saß war als ich eins geklaut hatte!

 

Wieder seufzte ich, heute war der Tag des Selbstmitleids…

 

     Die Ampel sprang endlich auf grün und ich hetzte mit dem Menschenstrom über die Straße.

Entnervt hob ich den Blick als eine nach Katzenfutter stinkende Oma vor mir nicht aus dem Knick kam und sah dann ihn.

    

    Ich sah einen Typen in schlichten schwarzen Klamotten und einer weiten Kapuze auf der anderen Straßenseite stehen. Seine Hände waren tief in den Taschen vergraben und seine dunklen Augen waren unverwandt auf mich gerichtet.

 

  Wie vom Blitz getroffen blieb ich stehen. Menschen rempelten mich an, warfen mir halblaute Beleidigungen an den Kopf, doch es war mir egal. Alles war mir egal…

 

       Mein Atem setzte aus, mein Herz stoppte in seinen Schlägen und ich sah zurück in diese so verflucht unergründlichen Augen.

Ein Schauder lief meine Rücken hinab und das Gefühl, das etwas einrastete ergriff mich.

 

         Das etwas… passte!

 

   Ein Schlüssel, der ins passende Schloss gesteckt worden war. Zahnräder, die ineinander griffen. Eine Uhr, die schließlich doch zu ticken begann. Ein Stundenglas, dessen Sand endlich fiel…

 

             Der Typ ging zwei Schritte auf mich zu, ich konnte mich nicht Bewegen. Noch immer brannten sich seine Augen in meine. Doch dann, urplötzlich, riss er seine Kopf nach rechts, wie aus Reflex passte ich mich seiner Bewegung an und sprang gerade noch rechtzeitig zurück auf den Bürgersteig.

 

Laut hupend raste ein LKW an mir vorbei.

 

                Die Menschen um mich herum nuschelten etwas von „Lebensmüde“ und „Hat der keine Augen im Kopf!“

 

   Doch ich achtete nicht darauf.

 

Hastig zog ich Luft ein und aus, mein Herz raste nun wieder wie verrückt in meiner Brust.

 

Wer war das?

            Wer zum Henker war dieser Typ?       

 

       Ich starrte zurück auf die andere Straßenseite, versuchte an den fahrende Autos vorbei zu spähen, doch er war… Weg?

 

                 Wo war der Typ hin?

 

Verwirrt sah ich Straße auf und ab…

 

Er konnte sich doch nicht in Luft auflösen. Er…     

 

Wieder ertönte das nervige Piepen und es blinkte grün. Ich rannte über die Straße und wieder suchte ich ihn vergeblich.

 

      Unschlüssig stand ich da, er konnte nicht weit sein… Er…

 

Was zum Henker tat ich hier eigentlich!?

 

Entschlossen schüttelte ich den Kopf! Ich bekam auf Arbeit schon genug Stress, da musste ich nicht noch irgendwelchen zwielichtigen Gestalten nachhetzten.

  Zügig ging ich weiter Richtung Hafen!

 

  Und selbst wenn ich ihn gefunden hätte, was hätte das gebracht, schimpfte ich noch immer in Gedanken mit mir. „Entschuldigen Sie bitte, aber gab es einen bestimmten Grund warum Sie mich gerade angestarrt haben? Oder dachten Sie sich bei so schönem Wetter habe ich nichts anderes zu tun…“

 

         Totaler Schwachsinn!

                

 Die Lagerhalle in der ich arbeitete kam in Sicht und ich legte noch einen Gang zu. Meine Wohnung lag nicht weit vom Hafen entfernt. Es war kein schöner Stadtteil dieser immer wuchernden Metropole, aber schön konnte ich mir noch nie leisten!

 Keuchend trat ich ins Lager. Wahrscheinlich gab es hunderte von diesen Hallen hier. Der Hafen war der größte Arbeitsplatz dieser Stadt, die Industrie so wie der Handel lebt von dem niemals schlafenden Riesen.

Zittrig stempelte ich meine Karte ab.

     Bitte, bitte, bitte lass den Chef nicht da sein!

 

Und tatsächlich schien ich einmal Glück zu haben. Nirgendwo war mein Chef, mit mehr Stirn als gut für einen Menschen ist, zusehen.

Ich nuschelte meinen Arbeitskollegen eine Entschuldigung zu, die mir seufzend, aber verständnisvoll zu nickten, und packte mit an.

          Wir entluden und beluden weiter Container und ich versuchte nicht an den komischen Typen mit der Kapuze zu denken, nur leider war die Arbeit so stumpf, das selbst ich nicht umhin konnte über irgendwas anderes zu grübeln.

   Wer zum Geier war das bloß gewesen?

                   Er war mir… Er war mir bekannt vorgekommen! Definitiv…

Ich schnaubte Kopfschüttelnd und mein einer Kollege sah mich irritiert an.

 

   Er konnte mir gar nicht bekannt vorkommen!, schimpfte ich mal wieder mit mir selbst, Ich hatte ihn doch gar nicht richtig gesehen…

 Nur… Nur seinen Blick gespürt…

                 Ich…

 

Einen kurzen Augenblick hatte ich das Bedürfnis mir das, was auch immer ich in diesen Container warf, gegen den Kopf zu hauen…

      Langsam, aber sicher, setzte es wirklich bei mir aus!

 

Der Tag zog sich dahin. Der zuvor leichte Wind der geherrscht hatte wurde immer heftiger und  schnitt kalt in Gesicht und Hände. Es dauerte nicht lange und feiner Nieselregen fiel vom Himmel.

   Bei meinem Glück hätte mich der Regen nicht wundern sollen, nun wirklich nicht. Als der letzte Container endlich geräumt war und ich mir die Schultern reibend meine Karte abstempeln wollte um Feierabend zu machen blaffte es mich plötzlich von hinten an.

 

 „DU!“

 

   Da ich meistens keine nettere Betitelung meiner Person gewohnt war, drehte ich mich stirnrunzelnd um.

 

Da war sie, die riesigste Stirn, die ich je gesehen hatte, mit meinem Chef im Schlepptau. „Ja…“, strafte ich die Schultern.

   Er stand im Seiteneingang und wank mich zu ihm rann. Nichts Gutes ahnend trabte ich herbei. Er trat arrogant zwei Schritte nach hinten und hob sein labbriges Doppelkinn, was mir einen viel zu guten Blick auf sein im Brusthaar eingefilztes Goldkettchen gab, welches unter seinem wirklich unvorteilhaften türkisen Trainingsanzug durch blitzte. Seufzend trat ich aus der Halle, der Wind war hier nicht so schlimm, es nieselte nur leicht. 

 

                  „Herr Heitz…“, sagte ich auf der Hut obwohl ich schon ahnte wofür ich gleich zusammen gefaltet werden würde.

 

         „Sie sind gefeuert!“, sagte er eiskalt und betrachtete seine penibel sauberen Fingernägel. Entgeistert sah ich zurück. „Was?“, fragte ich dumpf und starte ihn an.

 

   „Gefeuert!“, wiederholte er gedehnt und seine kleinen Schweinchen Augen fixierten mich gehässig, „So jemanden wie Dich, kann ich nicht gebrauchen!“ „Sie können mich nicht feuern!“

 

   „Ich kann nicht!“, er lachte auf und sein Doppelkinn vibrierte, „Glaubst du wirklich, du wärst nicht zu ersetzten? Du bist wahrscheinlich das sinnloseste Stück Scheiße was ich je gesehen habe! Und jetzt verpiss dich!“

    Ich rührte mich nicht!

 

„Ich hab gesagt, du sollst dich verpissen!“, raunzte er erneut. „Sie… ich…“, setzte ich an und ballte die Hände zu Fäusten, „Ich weiß, ich war zu spät heute! Das kommt nicht wieder vor bitte geben Sie…“

  „Ich muss nen Scheiß! Oder war deine Vorstrafe auch ein Versehen?!“

 

  Mir blieb die Spucke weg, woher…

 

 Ein feistes Grinsen schlich sich in sein teigiges Gesicht. „Denkste ich lass hier nen Dieb und Betrüger rumlungern? Hm?“, sein lachen wurde immer gemeiner. Verbissen sah ich zurück. „Ich sag‘s nur noch einmal: Verpiss dich!“

 

    Er wand sich um zugehen, doch ich packte seinen Unterarm. So einfach ließ ich mich nicht abspeisen!

  „Was… was ist mit meinem Lohn?“ Angewidert sah er meine Hand an. „Ich hab hier schließlich zwei Wochen gearbeitet!“ Er grunzte spöttisch und verzog sein breites Maul zu einem Grinsen. „Du willst Lohn?“, er griff in seine Tasche und warf mir einen Zwanziger gegen die Brust, „Damit habe ich dir schon zu viel gezahlt!“ „Wollen Sie mich verarschen!“, ich packte seinen Arm fester. Das Blut kochte in mir hoch. Seine Schweinchen Augen weiteten sich ängstlich.

 

         Wie gerne würde meine Faust in sein Gesicht!

 

„Lass mich sofort los, oder ich ruf die Bullen und sag du hättest mich beklaut! Wem glauben die wohl mehr…“, er wollte sich losreißen, doch ich versteckte nur meine Griff, drehte leicht seinen Arm.

         Wenn ich mit ihm fertig war würde er eine Weile niemanden irgendwas erzählen können, ich wollte schon ausholen als ich ihn erneut sah- Der Fremde von vorhin, kaum hundert Meter von uns entfernt.

 

    Wieder stand er einfach nur da, die Hände tief in den Taschen und die dunklen Augen genau auf mich gerichtet. Wie von der Tarantel gestochen ließ ich den Bastard vor mir los.

      Verfolgte er mich etwa?

                        Warum war er…

 

„Hey!“, blaffte mich mein nun Ex- Arbeitgeber an, „Hast du gehört!?“ Ich sah ihn kurz an. „Wenn du dich hier nochmal blicken lässt, kriegst du richtig Ärger!“

 Schnaufend rieb er sich den Unterarm.

 

             Doch ich achtete schon nicht mehr auf ihn, sondern sah nach vorn zu dem Fremden, nur das dieser Mistkerl oder was auch immer, mal wieder verschwunden war…

                            Scheiße!

 

      „Also…“, blaffte es neben mir wieder doch ich fixierte diese Made vor mir nur kurz. „Fick dich, du Wichser!“ Und bevor er mehr machen konnte als sich aufzuplustern rotzte ich ihm ins Gesicht.

 

Sein Zetern folgte mir die Gasse hoch als ich sie entlang sprintete. Der Unbekannte konnte noch nicht Weit sein. Schildernd kam ich zum stehen, doch nirgends war die dunkle Gestalt aus zu machen. Das konnte doch nicht wahr sein?

   Menschen lösten sich nicht einfach in Luft auf!

 

   Vielleicht hatten mich dieser verkackte Traum nun doch Wahnsinnig gemacht…

   Super, ich war Arbeitslos, bald wahrscheinlich auch Obdachlos und nun auch noch wahnsinnig… Neben meiner Sinnlosigkeit!

 

             Ich drehte mich im Kreis und raufte mir das blonde Haar. Der Wind blies mir hart ins Gesicht und der Regen weichte meine Klamotten durch.

Reiz dich zusammen Daniel!, wieder versuchte ich mir selber mehr Mut zu zusprechen als ich übrig hatte, Geh nach Hause so lange du noch eins hast!

       Doch dann sah ich einen breiten Rücken in einer Lederjacke.

      

   „Hey!“, rief ich. Der Fremde blieb nicht stehen.

   Ich lief ihm nach hinein in eine der zig Seitengassen des Hafens. Die fielen Gänge, Gassen und Winkel weckten manchmal in mir den Eindruck eines Labyrinths, nur ohne Anfang und Ende.  Gerade noch sah ich wie der Typ in eins der Lagerhäuser verschwand von denen es hier viel zu viele am Hafen gab. Es war eins der runtergekommenen seiner Art, wahrschlich stand es nur noch, weil der Unterhalt billiger war als der Abriss.

 

      Unentschlossen blieb ich vor dem Eingang stehen, nur spärlich Licht fiel mir entgegen und der leichte Nieselregen verwandelte sich immer mehr in einen Sturzbach.

 

Eine kurzen Augenblick überlegte ich, ob es wirklich so schlau wäre ihm hinterher zugehen- Rein logisch betrachtet!   

 Aber anders überlegte, was könnte ich schon verlieren… Ich hatte ja nichts…

 

Mit gestrafften Schultern ging ich hinein. Die Luft war schlecht und ich musste ein weites Stück in die dunkle Halle laufen um überhaupt den breiten Rücken des Typen vor mir zu sehen. Unnatürlich laut hallten meine Schritte wieder, der Regen rauscht auf dem Dach, überall hörte man es tropfen, unter den undichten Stellen im Dach bildeten sich riesige Pfützen.

 

    Der Fremde stand vollkommen ruhig da, fast als würde er auf mich warten.

 

Urplötzlich knallte quietschend und scheppernd das rostige Tor der Halle hinter mir zu.

    Erschrocken fuhr ich zusammen, die einzige Lichtquelle war nun das schummerige Licht, das durch dreckige Dachfenster fiel.

             Vorsichtig ging ich weiter.

             

          Wie ein Geist trat plötzlich hinter dem Fremden eine schlanke Gestalt vor.

    Es war ein Junge in hellen Sachen, vielleicht ein oder zwei Jahre jünger als ich, mit einem kupfernen Stich im Haar. Seine hellen Augen schafften es nicht mich zu fixieren, nichts destotrotz waren seine Lippen entschlossen zusammen gepresst, seine Fäuste geballt.

 

    Das einzige was mir einfiel um ihn zu beschreiben war wohl das Wort jung, er wirkte erschreckend unschuldig.

 

    „Sucht du jemanden?“, meinte nun eine tiefe Stimme unter der Kapuze.

 

In mir sträubte sich alles. Das war nicht die Stimme die ich erwartete hatte!

             Der Fremde vor mir drehte sich um zog die Kapuze zurück. Silbernes, langes Haar kam zum Vorschein und graue Augen blickten in meine.

 

„Nicht dich!“, sagte ich und war erstaunt wie abgebrüht ich klang. „Ja…“, ein kleines Lächeln in dem markanten, symmetrischen Gesicht mit den hohen Wangenknochen, welches mir vollkommen fremd und erschreckend bekannt vorkam! 

 

  Er war nicht der Typ den ich vorhin an der Kreuzung gesehen hatte, er war…

Ich trat unwillkürlich einen Schritt zurück.

 

     „Aber er sucht dich!“, sagte der mir Unbekannte und kam nun zwei Schritte auf mich zu. „Er?“, wiederholte ich mechanisch, jede Zelle meines Körper war zum zerreißen gespannt. Ich kratzte das bisschen Verstand was ich besaß zusammen um mir zu überlegen wie zum Henker ich von hier wieder weg kam!

        Doch mein innerstes war so angespannt, mein Körper so überreizt.

Bildete ich mir das ein, oder vibrierte die Luft um ihn, die feinen Härchen in meinem Nacken stellten sich auf.   

 

         Warum fiel mir auf einmal das Atmen so schwer?

 

„Allerdings…“, wieder diese widerliche Lächeln, „Aber er wird leider nur deine Leiche finden!“

 

  Und mit diesen Worten griff der Fremde hinter sich und zog mit einem gleißenden Lichtblitz ein langes dünnes Schwert hervor.

             

   Im schummrigen Licht der Lagerhalle glänzte die rasiermesserscharfe Klinge lauernd, bereit mich Bluten zu lassen!

das Wiedersehen

Entsetzt sah ich auf die Klinge vor mir.

        Panik schwoll an, mein Herz wollte rasen, Angst mich lähmen, doch ein Teil meines Seins, ein schlummerndes Etwas erwachte und mahnte mich!

   

Es war als würde ich das allererste Mal klar denken, atmen, sehen, hören… Leben!

 

       Ich straffte die Schultern, sicherte meinen Stand und sah starr in die grauen Augen meines Gegenübers, sah starr in den Tod!  

 

„Du bist mutig…“, lächelte er als würde er sich an einen alten Witz erinnern, den nur er Verstand. „Das warst du schon damals…“, sein Lächeln verblasste. „Ich hab keine Ahnung, was du da laberst!“, aus den Augenwinkeln suchte ich nach einem Ausgang, einen Weg zu entkommen.

 

        Kurz flackerten meine Augen zu dem rothaarigen Jungen, noch immer konnte er mich nicht ansehen. „Doch Mut wird dich nicht retten!“, er machte einen Schritt auf mich zu, „Dieses Leben wird für dich noch kürzer als die zuvor!“

    

    „Ich an deiner Stelle würde mir noch einmal ganz genau überlegen, ob dass so ne gute Idee ist, mir den Kopf abzuschneiden!“, ich trat langsam zurück, ließ ihn nicht aus den Augen, während mein Gehirn raste um einen Weg hinauszufinden. Was- zugegebener Massen- nicht leicht war in dieser verkackten Todesfall von Rantzhalle!

 

 „So ne Leiche fällt auf, und dein Blut verschmiertest Buttermesser auch!“, arrogant hob ich den Kopf, sein Lächeln wurde zu einem Grinsen oder fletschte er nur die Zähne? „Außerdem…“, griff ich nach jedem Strohhalm, „Außerdem sucht mein Chef und meine Kollegen schon nach mir! Bevor ich ausgeblutet bin, haben die schon die Bullen gerufen, also…“

     „Früher hast du besser gelogen!“, wieder kam er zwei Schritte auf mich zu.

 

„Also, am besten verpiss du dich und das Kupferdach und die Sache ist gegessen! Mein Chef spaßt nicht wenn‘s um seinen besten Mitarbeiter geht! Und meine Eltern sind…“, versuchte ich seine Worte plump zu ignorieren.

 

   Er leckte sich über die vollen Lippen.

„Selbst wenn es mich interessieren würde, ob mich jemand sieht…“, seine grauen Augen fingen anzuglühen, wieder ging ich zwei Schritte zurück. Konnte ich es zum Tor hinter mir schaffen…

     Wie sollte ich es auf machen…

 

„Weiß ich, das es niemanden gibt dem du wichtig bist!“

   

           Ich erstarrte in der Bewegung.

„Es gibt niemanden dem du fehlst! Niemand der dich vermisst!“

         

   Er streckte langsam den Arm nach vorn, sein Schwert schien vor ihm in der Dunkelheit zu schweben.

 

          „Du lebst nur um zu sterben!“, eine gleizender Dunst, ein Nebel aus Licht strich über seine Klinge, umschlang sie und ihn ganz.

  „Hast du den Spruch aus nen Glücks Kecks?“, scherzte ich trocken, doch mein Traum, mein immer viel zu realer Traum, labte sich an diesen Worten.

      „Dein Leben! Deine Existenz hat nur einen Zweck, einen Sinn! Der Tod! Du lebst dieses Leben, weil wenn du stirbst, es niemanden gibt, der dich vermissen wird!“

 

    Ich schüttelte den Kopf.

 

Mein Herz schlug kräftig in meiner Brust!

         Ich würde nicht sterben, ich konnte nicht sterben- Ich wollte noch nicht sterben!

 

Doch bevor ich mehr tun konnte als diese Worte zu denken. Zerschnitt er in einer einzigen Bewegung die Luft und die Zeit blieb stehen. „Sei mir Dankbar, weil ich dir dein Schicksal zu erfüllen helfe! Sei mir Dankbar, das du stirbst bevor du erwachst!“, und er schoss auf mich zu.             

      

         Metall schlug auf Metall und ich flog mit voller Wucht auf den dreckigen und nassen Boden. Keuchend drehte ich mich auf den Rücken. Was…

     

               Vor mir, mit erhobenem Schwert und in einer schwarzen Lederjacke stand ein Mann, den ich kannte und dennoch noch nie begegnet war…

   Er parierte den Schlag des Silberhaarigen. Ein blaues Leuchten ging von ihm aus, und die Klinge in seinen Händen schien wie aus Wasser, Wellen brachen sich in der Schneide und ein Schaudern erfasste mich, ein warmes Gefühl durch brach die vertraute Kälte.

 

             Warum war ich auf einmal glücklich?

 Warum wollte ich weinen und lachen zu gleich, warum…

      

     „Na sieh mal einer an!“, knurrte der Silberhaarige. „Hast du wirklich gedacht, ich würde nicht über ihn wachen?!“, knurrte der Andere nun zurück. Seine Kapuze war zurück gerutscht und entblößten kurze schwarze Haare. „Ehrlich gesagt, hatte ich gehofft, dass du kommst!“

 

         Eine Energiewelle durchschoss meinen Angreifer und mein Retter, oder was auch immer, wurde nach hinten geschleudert. Er fing sich jedoch sofort wieder und streckte seine freie Hand aus um die sich eine Art Energiekugel bildete. In einer einzigen geschmeidigen Bewegung schleuderte er sie dem anderen entgegen, der es gerade noch so schafft auszuweichen. Hinter ihm explodierte die Hallenwand.

 

    Das alles hier konnte nicht wahr sein… Das alles…

 

Meine Härchen auf den Armen stellten sich auf und meine Haut kribbelte euphorisch.

 

Keuchend rappelte ich mich hoch. Ich wusste nicht was ich tun sollte, ich wusste nicht…

 Die Schwerter schlugen erneut dumpf aufeinander und die Luft flirrte.

 Wie gebannt sah ich ihrem Kampf zu, ich…

    Meine Hände ballten sich zu Fäusten. Ich…

                    Ich wollte helfen! Ich…

 

   „Zwing mich nicht dir weh zu tun, Bruder!“, rief der Schwarzhaarige als ihre Klingen erneut aufeinander nieder regneten. „Du bist nicht mehr mein Bruder!“, spie der andere aus, „Du hast uns Verraten! Du hast uns verflucht!“ „Bruder, bitte!“

   „Ich werde dir nie vergeben!“, und mit diesen Worten schoss der Silberhaarige gleizende Blitze los. Entsetzt beobachtete ich wie mein Verteidiger nur noch die Arme vor dem Gesicht verschränken konnte und zurück sprang. Ich taumelte als die Erschütterungen dieser Energien mich erreichten.

 

              Die bringen sich wirklich um… Die…

 

„Daniel!“, die dunklen Augen die mich zuvor schon durchbohrten hatten, dieser brennende Blick, richtete sich erneut auf mich, „Pass auf!“

     Verwirrt sah ich zurück!

 

Doch plötzlich kam Bewegung neben mir auf.

     Der rothaarige Junge hatte trotz all seiner Angst, trotz all seiner Unschuld ein verflucht langes und anscheinend auch verflucht scharfes Messer gezückt und schlug nach mir.

       Ich drehte mich zur Seite und mit einer grausamen Leichtigkeit schnitt das Messer durch den Stoff meiner Jacke, meine Haut und mein Fleisch.

 

 Blut spritzte hervor und ich presste den verletzten Arm an meinen Körper. Entsetzt sah ich mein gegenüber an. „Töte ihn Florentin! Töte ihn!“, echote es grausam in der Lagerhalle während die Schwerter der beiden dunklen Krieger erneut aufeinander schlugen. „Du weißt, dass du es tun musst!“ 

     

    Der Junge sah mich aus verzweifelten Augen an. Das Messer noch immer erhoben, grausam schleichend tropfte mein Blut von der Schneide. „Was zum…“, setzte ich an, doch der Junge hob zum erneuten Schlag, ich stolperte nach hinten.

 

          „NEIN!“  

 

Ein Energieball schlug zwischen uns ein. Ich landete hart auf dem Rücken, spuckte Dreck und Wasser. Florentin krümmte sich drei Meter vor mir auf dem Boden.

       

               Gerade noch im Rechtzeitigen Moment hatte der Typ mit dunklen Haaren einen Lichtblitz geschickt um mich zu retten. Doch damit hatte er seine eigene Deckung vernachlässigt und der Zorn seines Angreifers schien ins unendliche zu steigern.

                „Florentin!“, seine Stimme zitterte vor Zorn und Sorge, „Nein! Florentin!“, sein Schwert hagelte nun noch schneller und unerbittlicher auf seinen Gegner ein, welcher kaum schnell genug war um zu parieren.

    Ein Wimmern kam von dem Jungen vor mir, ängstlich stützte er sich auf die dünnen Arme, schüttelte schwach den roten Kopf. „Luces…“, seine Stimme war hell und weckte erneut Erinnerungen, bald schien mein Kopf zu explodieren.

 

Immer wieder sah ich Gesichter, sah Landschaften, spürte Dinge…

     Es war als hätte jemand einen Film eingelegt und würde immer wieder ohne zusammenhangen zu den verschiedensten Szenen springen.

  

   Er schien nicht verletzt, ich rappelte mich ebenfalls auf. Wieder sah ich zum Kampf der beiden Schwertkämpfer und erst jetzt begriff ich: Der Dunkelhaarige wollte dem durchgeknackten Silberkopf nicht ernsthaft verletzten, genauso wie auch Florentin nicht!

  Er hatte keine Absicht zu töten, Leider sein Gegner schon!           

           

           Nichts ergab Sinn, irgendetwas tief in mir sagte das diese ganze Szenerie vollkommen falsch war. Es war…

 

 Ich musste etwas tun, ich musste irgendwie einschreiten, ich…

   Wieder bebte die Halle unter dem nächsten Schlagabtausch. Besorgt sah ich zum brüchigen Hallendach, wenn das so weiter ging begruben die uns alle lebendig!

 

              Hektisch fiel mein Atem über meine spröden Lippen. Denk nach, Daniel! Denk nach!

 

 Ich musste etwas tun, wieder zitterte die Halle als die Kugeln aus reiner Energie in alle Richtungen schossen.

   Ich rappelte mich vollkommen auf, Florentin tat es mir nach. Sein Blick wanderte nach unten bevor er zu mir sah. Fast Maßarbeit gleich lag der scharfe Dolch genau zwischen uns. 

         In meinem Kopf rastete etwas ein und synchron hetzte ich mit Florentin auf das Messer zu. Es gab nichts was ich sonst tun konnte… Um mich… Uns… Irgendwen hier lebend raus zu kriegen!

 

      „HEY!“

 

Wie eingefroren blieben die beiden Kämpfer schwer atmend stehen, die Schwerter noch immer todbringend erhoben. „Überlegt euch jetzt ganz genau was ihr tut!“

 

Nach Atem ringend sah ich zu den beiden Kriegern, das Messer erhoben, genau ans Florentins Kehle, den ich fest mit dem nicht verwundeten Arm vor mir fixierte. Der Schlanke Körper zitterte.

     Nur sehr schwer konnte ich mein Mitleid und einen merkwürdiger Drang den schwachen Jungen in meinen Armen zu beschützen niederkämpfen. Mit grimmiger Entschlossenheit sah ich nach vorne. Wenn es eins gab, das ich wusste, dann das gewisse Dinge nun mal getan werden mussten. Komme was wohle…

 

              Die grauen Augen von Florentins Partners, oder was dieser Penner auch immer war, weiteten sich vor entsetzten und taumelnd machte er zwei Schritte auf uns zu, doch ich mahnte ihn erneut: „Runter mit dem Schwert…“, der Silberhaarige sah mich starr an, „Oder ich schlitze ihm die Kehle auf!“ Er blieb stehen, doch sein Schwert zitterte in seinen bleichen Händen. „Ich wiederhole mich nicht nochmal! Nimm das verfickte Schwert runter! Oder du kannst dir seinen Hals von innen angucken!“

  

    Wenn ich vorher gedacht hätte, ich wüsste was Hass erfüllte Blicke wären… Tja, dann hatte ich mich geirrt!

              Falls dieser Mistkerl mich jemals in die Finger kriegt zerhackt der mich in tausend kleine Teile, definitiv! Doch ich zeigte keine Angst!

 

  Unerbittlich erwiderte ich seinen Blick und schließlich senkte er ganz langsam sein Schwert. „Und jetzt wirf es weg!“, befahl ich kalt.  Er rührte sich nicht!

  „Ich hab gesagt, wirf es weg!“ Ich presste das Messer noch fester an Florentins Kehle. Er wimmerte ängstlich auf als ich an seiner Haut entlang schrapte.

          Kein Mitleid Daniel!, mahnte ich mich selbst, Kein Mitleid…

 

  „Wirf endlich dein verficktes Schwert weg! Oder denkst du, ich hätte ein Problem ihn aufzuschlitzen?!“, ich presste das Messer fester an die Kehle vor mir, und ich spürte ein kleines warmes Rinnsal an meinen Fingern. „Luces…“, begann er nun zu weinen, „Es tut mir Leid…“

                  Ohne den Blick von Florentin zu wenden lies der mit Luces betitelte sein Schwert fallen, bevor es den Boden berührte löste es sich in einen silbernen Hauch auf. „Daniel…“, kam es nun von der Seite. Der Schwarzhaarige sah mich mit diesen unergründlichen Augen an, ein erstaunter Ausdruck auf dem tatsächlich nicht hässlichen Gesicht, seine tiefe Stimme ließ einen Schauder meinen Rücken lang runter fahren.

           Es war alles so vertraut!

                          Es war viel zu vertraut!  

 

„Hab ich nicht gesagt gehabt, Schwerter weg?!“, fuhr ich ihn an. Er erstarrte in der Bewegung, legte leicht fragend den Kopf schief. „Sprech ich Spanisch!? Weg damit, oder ich schlitz ihn auf! Wollen wir wetten wie lange er zum Ausbluten braucht?“

          Wieder ein Wimmer vor mir.

 

Mit einer einzigen flüssigen Bewegung schwang der andere nun sein Schwert und es verschwand wie Luces‘ zuvor. „Daniel… Mach jetzt nichts was du später bereust!“ „Hör endlich auf mich anzuquatschen du Pisser!“, fuhr ich ihn an und festigte meinen Griff um Florentin.

   Schwache Schluchzer schüttelten den schlanken Körper. „Es tut mir so leid… Luces…“, weinte der Junge und die Scham und die Angst war greifbar in der brüchigen Stimme. Wieder kämpfte ich gegen Mitleid.

      Es geht nicht anders!, mahnte ich mich selber. 

 

          „Daniel!“, mit beruhigend erhobenen Händen kam der schwarzhaaruge auf mich zu, „Du…“ Setzte er an doch ich wollte nichts hören, jedes Wort bohrte sich viel zu tief in meinen vollkommen überforderten Kopf!

 „Halt dir Fresse!“, knurrte ich ihn erneut an. Mich nicht aus den Augen lassend nahm er die Hände wieder runter, die Stirn in tiefe Falten der Sorgen gelegt.

       Meine Hand die das Messer umschloss zitterte, der Schnitt am Arm blutete stark und ich konnte ihn kaum noch oben halten. Ich machte zwei schildernde Schritte zurück, zog Florentin mit mir, welcher sich nicht wehrte, nur weinte.

        „Ihr macht jetzt das Tor auf!“, sagte ich und versuchte meine Stimme so fordernd wie möglich klingen zu lassen, „Sofort!“ Keiner von den beiden rührte sich.

         „SOFORT!“, brüllte ich. Erschrocken zuckte Florentin in meinen Armen zusammen und erneut schrappte die Klinge über seine glatte Haut. Luces Hände ballten sich zu Fäusten.   

       

 „Mach das Tor auf!“, zischte ich und fixierte seinen kalten Blick.

        Langsam hob er seine rechte Hand, richtete sie auf die Stelle in der Wand an dem das Tor gewesen war. Kurz flackerten seine Augen zur Seite und mit einer einzigen Druckwelle wurde das Tor aus der Verankerung gerissen. Wieder erzitterte die Halle und ich hörte ein nichts Gutes verheißendes Knacken über uns.

 

             „Ich werde mit diesem kleinen Pisser die Halle verlassen und ihr bleibt beide, wo ihr seid! Oder…“, ich machte eine bedeutungsschwangere Pause, fixierte Luces und vermied es massiv zu dem anderen zu sehen, welcher seiner Saits es vermied etwas anderes als mich anzusehen.

 

        Rückwärts stolperte ich aus der Halle, Florentin als Schutzschild mit mir zerrend. „Warum tust du so scheinheilig… Du wirst mich doch so oder so töten…“, flüsterte Florentin mit tränennassen Stimme. „Halt die Fresse…“, zischte ich in sein Ohr, „Ich rette dir den Hals, du undankbarer Vollidiot!“ Unsicher flackerten seine braunen Augen zu mir. 

 

          Lauernd folgten uns die beiden Krieger, doch ich ging immer weiter hinaus aus der Halle hinaus in den Strömenden Regen. „Stehen bleiben!“, beide Männer vor mir verharrten, noch fünf Meter entfernt von uns. Ich spannte meinen Körper an, sah die Mülltonnen rechts von mir. „Nun dann…“, sagte ich und holte prüfend Luft, sah noch immer nicht meinen Retter an, „Auf nimmer wiedersehen…“, und mit diesen Worten schleuderte ich Florentin von mir trat mit voller Wucht gegen die Tonnen neben mir die krachend durch die schmale Gasse rollten und nahm die Beine in die Hand.

      Ich hörte meinen Namen, doch ich hetzte weiter, das Messer noch immer in der Hand.

 

Ich schlidderte um Kurven und Drang immer tiefer in das Labyrinth aus Gängen und Gassen ein, aus welchen der Hafen bestand.

 

       Ich wagte es nicht stehen zu bleiben, das Blut rauschte in meinen Venen und Adrenalin schoss durch meinen Körper, trieb meine Muskeln wie Motoren an obwohl mein Herz wie mit einem glühenden Hacken genau dorthin gezerrt wurde, wo ich herkam.

 

     Nichts in meinem Kopf ergab Sinn.

    Und so lange ich lief musste ich nicht darüber nachdenken, musste ich mir nicht eingestehen so krank all diese auch gewesen war es mir dennoch vertraut gewesen war.

                 Ich musste mir nicht eingestehen diesen Pisser mit diesen dunklen Augen wirklich zu kennen… Zu vermissen…. Nein…

     Ich beschleunigte meine Schritte rannte weiter… Die Gassen wurden größer, der Regen stärker und meine Kraft verschwand… Mehr schwankend als rennend bog ich erneut um eine Ecke. Vor mir erstreckte sich eine hohe Backstein Mauer, ich hastete weiter. Jeder Schritt tat weh.

 Schließlich strauchelte ich über meine eigenen Füße, schlug hart mit den Knien auf den Boden auf und rang nach Atem. Ich ließ mich zur Seite fallen rechnete mit der harten Kälte der Mauer, doch spitzen bohrten sich in meinen Rücken, schwach sah ich auf. Eine Tür, Schmiedeeisern…

      Ich schüttelte den Kopf, lehnte mich gegen das nasse Metall, Blut rann in einem emsigen Strom meinen Arm lang runter, färbte meine Haut rot. Ich wagte es nicht den Schnitt genauer zu betrachten. Ein schütteln überkam meinen Körper und mein innerstes zog sich zusammen. Ich würgte, schmeckte Galle…

 

   Diese Typen wollten… wollte mich töten… Diese Typen…

                Ich würgte erneut, wischte mir den Schleim vom Mund, schmeckte sofort Blut und erbrach erneut…

 

  Wer… waren die…

Alles drehte sich und ich hatte Angst vor der Antwort, wenn alles stehen blieb.

           Woher kannte ich das, warum kamen sie mir so bekannt vor, warum…

 

Nein!

     Ich schlug mit den Fäusten gegen meine Schläfen.

 

Nein! Nein! NEIN!

 

Ich sah auf meine zitternden Hände, Blut verschmiert und noch immer das Messer in der Hand.  Angewidert ließ es sich fallen, mit einem dumpfen Klonk fiel es auf den Asphalt in mein Erbrochenes, welches gemächlich vom Regen weggespült wurde…

   Ein kurzen Augenblick wünschte ich mir der Regen würde mich genauso weg waschen. Ich wünschte ich könnte mich in Schaum auflösen, wie ein Stück Seife…

 

 Wie gerne wäre ich rein, wie gerne…

              „Daniel“

 

Ich riss die Augen auf.

       Dort an der Wand, mir genau gegenüber, lehnte eine vertraute Gestalt, die dunklen Augen voller Sorge, ein sanftes Lächeln auf dem Gesicht.

   „Nein…“, stotterte ich.

Panisch griff ich nach dem Messer vor mir und versuchte mich auf zu rappeln.

    „Geh weg…“

 

Er kam auf mich zu, der Regen verschluckte das Geräusch seine Schritt.

 „Nein…“, flüsterte ich erneut und schaffte es endlich auf meine zittrigen Beine, hob das Messer an dem noch immer etwas Blut klebte. Mein verletzter Arm versagte vollkommen seinen Dienst, hing schlaf hinab.  „Bleib mir vom Leib!“  

              

   Doch er tat nicht was ich sagte, noch immer ein Lächeln auf vertrauten Lippen. „Daniel…“ Tausend Schauer, tausend Blitze, tausend Erinnerungen.

    „Bitte geh weg…“, mein Herz schlug so fest das es schmerzte, schnürte mir die Kehle ab.

        Ich hob das Messer, hielt es hoch zu seiner Kehle, doch er ging einfach immer weiter. Hob ebenfalls die Hand, um schloss meine mit dem Messer. Panisch entzog ich sie ihm, als hätte ich mich verbrannt. Wieder fiel das Messer zu Boden. Ich presste mich gegen das Schmiedeeiserne Tor hinter mir, verkrallte die tauben Finger an den dünnen Stäben. Er hob die Hände, legte sie Rechts und Links neben mich, versperrte jeden Fluchtweg.

 

             Ich war gefangen, gefangen in seinem Blick. Er war so nah, ich konnte jeden Farbsprenkel in dem dunklen Spektrum seiner Augen sehen, jedes Härchen, jede Falte um seinen vollen Mund… Ich konnte ihn riechen, spürte seine Wärme, die mich versengte…

 

                Er stahl mir den Atem, das klare Denken…

Ich war überfordert, alles in mir schrie nach Erlösung, doch es gab keine…

  Es gab nur Sehnsucht…

 

„Ich habe mich so danach gesehnt dich endlich Wiederzusehen…“, seine raue Stimme war ganz leise, die Ehrlichkeit in seinen Worten schockierte mich noch mehr. „Ich habe dich so vermisst…“

Ich schüttelte schwach den Kopf. Doch er lächelte nur noch ein bisschen mehr und strich sanft über meine bleichen Wangen, spürte wie er mir Tränen aus denn Augenwinkel strich.

   Seine heißen Fingerkuppen im Vergleich zu den kalten Schlieren des Regens ließen mich noch einmal Schaudern. Der Kontrast seines Seins und dieser Welt, meines Seins... Es ergab keinen Sinn… Nichts ergab Sinn… Nichts…

             „Ich hab dich so fürchterlich vermisst…“, seine Finger fuhren die Konturen meines Gesichts nach hinab zu meinem Kinn, er hob es leicht an. Eine Handbreite trennte uns nur noch von einander…

           Ein Atemzug, eine Ewigkeit…

 

„Nein!“, flüsterte ich und wollte doch eigentlich nichts anderes. „Daniel...“, er lehnte sich nach vorne. Doch ein Ruck ging durch meinen Körper, der halt des Tores verschwand und mit einem leichten „Oh“ auf den Lippen fiel ich nach hinten.   

Erwachen

„Daniel…“, erschrocken griff der Fremde nach mir, doch ich schaffte es nicht die Hände ebenfalls nach ihm aus zu strecken. Dumpf prallte ich auf den matschigen Boden. Schmerzhaft verzog ich das Gesicht. „Daniel!“, er wollte zu mir kommen, mir hoch helfen doch als seine Hand über die Schwelle des Tors  ging schoss sie augenblicklich zurück, als hätte er sich verbrannt. Irritiert sah ich in seine braunen Augen, die wütend die Mauern musterten und dann fast verzweifelt wieder zu mir wanderten.

       „Was…“, setzte ich an und versuchte mich auf zu rappeln.

Warum konnte er mir nicht folgen, warum…

 

 „Ist alles in Ordnung?“, ein freundliche Stimme ertönte von hinten. Verwirrt sah ich mich um. Ein Mann in langer dunkler Robe eilte auf mich zu. Wieder versuchte ich mich aufzurichten, doch meine Beine wollten nicht wie ich. Unsicher sah ich auf, doch… wie jedes Mal zuvor…  war der andere bereits verschwunden. 

  Vielleicht bildete ich ihn mir doch nur ein, vielleicht…

       „Geht es dir gut?“, ein junger Mann kniete sich neben mich und der Regen hörte auf, irritiert blinzelte ich zur Seite. Ich sah in blaugrüne Augen in einem freundlichen Gesicht hinter einer eckigen Brille, dahinter einen lila Schirm. „Mein Name ist Pater Iphram, kann ich dir helfen?“

         Pater?

 

Wo kommt den hier ein Pater her?

     Mein Gehirn war nur noch ein sinnloser Klumpen Eiweiß.

  „Du bist in der Hafen Mission. Hier bist du in Sicherheit, mein Junge.“ Er schien meine Verwirrung zu spüren, noch immer war das Gesicht freundlich.

      Sicherheit?

 

Wusste er, dass sein Verfolger hier nicht rein durfte?

      Wer war das?

                 Woher…

 

„Mein Junge?“, langsam mischte sich Sorge in den freundlichen Blick, er streckte fragend die Hand nach mir aus. „Nich…“, setzte ich an und wollte abwehrend den Arm heben, doch glühend heißer Schmerz durchschoss mich. „Ah…“, ich verzog das Gesicht. „Bist du verletzt?“, die Sorge wog nun doch mehr und ich wusste nicht was ich sagen sollte. Trotz der freundlichen Gestalt war der Griff der sich um meinen Arm legte unnachgiebig. „Das ist eine Schnittwunde…“, sagte der Pastor leise. „Ich…“, stotterte ich nicht sonderlich geistig anspruchsvoll. „Schon gut, schon gut…“, ein führsorgliches Seufzen, „Hier bist du sicher, hier kann man dir nichts mehr tun!“

       

    „Woher…“, ich stotterte erneut.

        War die ganze Welt durchgeknallt oder dachte ich mir jetzt schon Priester aus?

Woher wusste er das, woher… Wer…

 

„Nun ja, das ist ein unruhiges Pflaster hier…“, er stand auf und hielt mir hilfsbereit eine Hand hin, „Du bist nicht die erste Person, die hier Opfer eines Überfalls wurde…“

         

  Überfall?

 Er dachte ich…

              „Oh…“, sagte ich lahm, irritiert sah ich auf die Hand die er mir hinhielt.  „Na los…“, wieder ein Lächeln. Konnte der nichts anderes?

 „Du musst aus dem Regen raus, und ich schau mir mal deinen Arm an… Okay?“

           

  Unwirsch ignorierte ich die Hand und rappelte mich umständlich auf. Langsam kam mein altes, mein unnachgiebiges, Sein zurück. Ich presste meinen verletzten Arm an meine Seite. „Ich… Ich komm auch gut ohne Hilfe zu recht…“, versuchte ich es so maulig und patzig wie möglich klingen zu lassen, auch wenn sich ein leichtes Beben nicht aus der Stimme vertreiben ließ. „Sicher…“, lächelte diese Grinsebacke natürlich wieder und zeigte einladend auf die offen stehende Tür eines alt wirkenden Backsteinbau. „Aber Danke…“, und mürrisch folgte ich ihm in die Richtung.

   Der Priester hob seinen Schirm etwas höher, so dass ich auch darunter Platz fand und seine linke Seite ganz nass wurde.  „Das ist unnötig…“, knurrte ich und blickte böse auf den Schirm, „Ich bin schon komplett durchweicht…“

   Ich bekam ein Glucksen zur Antwort und entschied, neben dem Fakt den Typen nicht leiden zu können, es zu ignorieren. 

             

  Ich trat nach ihm in das Haus und stand tropfend und triefend in einem alten und sehr nobel eingerichteten Flur. Es roch merkwürdig und ehrfürchtig zu gleich.  

Etwas verloren tropfte ich auf den roten Teppich, während meine Zähne anfingen zu klappern.  Mit etwas Nachdruck wurde ich weiter bugsiert und hinterließ schlammige Fußtapsen, schien dem freundlichen Penner aber nicht zu stören. Er lächelte immer noch und setzte mich doch tatsächlich vor einen Kamin, in dem munter ein Feuer flackerte. Eine Decke wurde um mich herum geschlungen und bevor ich mehr machen konnte als verwirrt zu gucken wuselte das Pastoren Glücksbärchie auch schon los um einen erste Hilfe Kasten zu holen. „Zieh die nassen Sachen aus, ich kann dir trockene leihen!“

     Unschlüssig sah ich ihm hinter her. Auch hier lagen alte Teppiche und die Wände waren mit samtenen Tapeten verkleidet, überall waren Bücherregale oder alte Ölgemälde mit Gesichtsgrätschen in Kutten und bunten Kleidchen. Mir genau gegenüber stand ein überladener und riesiger Schreibtisch aus massivem und dunklem Holz, seine Standbeine sahen aus wie Klauen. Schnell sah ich zurück in die knisternden Flammen.

          Ich stellte mir so das Arbeitszimmer eines dekadenten Professors an irgendeiner englischen Elite- Uni vor, nicht das Büro eines Mittzwanziger Grinsepastor der Biolatschen trug und nen merkwürdigen lila Schirm hatte.

  Umständlich, (Noch umständlicher als es eh schon wäre auf Grund meines Arms, da ich versucht unter der Decke zu bleiben… Pastoren und so…), schälte ich mich aus meinen nassen Klamotten. Gerade als ich einen nassen Socke angeekelt betrachtete ging die Tür wieder auf und Pater wie auch immer betrat lächelnd den Raum. Unter seinem linken Arm klemmte ein erste Hilfekoffer, während er mit den Händen ein kleines Tablet balancierte auf dem ein dampfender Teller und ein ebenso dampfender Becher stand, sowie ein schnurloses Telefon. „Ich habe frischen Kürbiscremesuppe und einen schönen heißen Tee mit Hönig für dich…“, vorsichtig stellte er das Tablett vor mir ab, „Ich hoffe du magst Honig!“

           Ich ignorierte diese Aussage mal wieder und sah skeptisch auf den Teller mit oranggelber Paste. Unschlüssig nahm ich den Tee nun mehr in Augenschein. Er roch zumindest gut...

   „Das ist Pfefferminz…“, wurde mir erklärt, während der Pastor sein erste Hilfe Set ausbreitet, „Stammt aus dem Beet in das du gefallen bist!“ „Oh…“, sagte ich dumpf und versuchte mit links ziemlich ungeschickt mit Suppe in den Mund zu schaufeln. Ne Mahlzeit umsonst war ne Mahlzeit umsosnt…

           Da durfte man nicht mäkelig sein.     

  „Tut mir Leid, Pater… Ähm…“ „Iphram, Pater Iphram…“, sagte er und nahm meinen Arm in Augenschein. Unwillkürlich verzog ich das Gesicht.

 „Ich denke, du hast noch mal Glück gehabt. Es ist nicht sehr tief!“

                         Ich knickte steif und versuchte mich aufs Essen zu konzentrieren, was zugegebener Massen gar nicht so schlecht war.

     „Ich werde die Wunde reinigen und dann verbinden, aber du solltest damit morgen unbedingt noch zum Arzt, ja? Nicht das es sich doch entzündet…“ Ich zuckte mit den Schultern.

    Wenn ich krankenversichert wäre bestimmt… 

„Aber vielleicht bringt die Polizei dich auch noch in die Notaufnahme…“ „Polizei?“, fragte ich rasiermesserscharf, er erstatte in seiner Bewegung. „Ja, du willst doch bestimmt Anzeige erstatten…“ „Sie haben die Polizei gerufen?“, wenn ich nicht so schwach auf den Beinen gewesen wäre, wäre ich wohl vor Wut hochgeschossen. „Nein…“, meine Wut schien ihn mal so gar nicht zu beeindrucken, „Aber du kannst, wenn du möchtest gerne mein Telefon benutzen…“ „Das ist nicht nötig!“ „Du kannst auch wenn anders anrufen, deine Eltern das sie dich abholen, oder…“ Er verstummte nun doch angesichts meines Blickes. „Es gibt niemanden den ich anrufen will!“

                      Selbst wenn ich gewollt hätte, hätte es auch nicht wirklich jemanden gegeben den ich hätte anrufen können…

          Um mich schärte sich sowieso niemand.   

 

Einen Augenblick herrschte stille und ich spürte das unangenehme brennen von Desinfektionsmittel.    „Das sind ganz schön viele Bücher…“, nuschelte ich um einfach was gegen diese beknackte Stille zu tun. Stille an sich war okay, aber nicht wenn mein Kopf vor ungelöster Fragen fast explodierte und dazu noch die mitleidigen Blicke eines Bibelvertreters auf mir hafteten.

             „Oh ja, aber das ist nur ein kleiner Teil des großen Schatzes den diese Gemäuer beherbergen… Magst du Bücher?“ Mal wieder ignorierte ich seine Fragerei: „Schätze?“

 

 „Nun du musst wissen, das hier ist keine einfache Mission…“, er wedelte mit seinem Handgelenk einschließend durch die Luft, „Dies hier ist ein altes Kloster des Ordens des heiligen Custos!“ „Wer?“

   „Custos war der größte Archivar der heiligen Schriften…“ Noch immer verstand ich kein Wort. „Er sammelte Bücher und Schriften, so wie auch Geschichten und Legenden, die sich mit Gott und seinen heiligen Vertretern auf Erden beschäftigten.“ „Ah…“

 „Und wir, als Brüder seines Ordens sehen uns als seine Nachfahren und wollen seinen Auftrag fortführen…“ „Alles auf zu schreiben…“, wollte ich kurzzeitig beweisen, dass ich doch nicht vollkommen unterbelichtet war. „Nun ja, so ungefähr.“, konzentriert packte er eine schneeweiße Mullbinde aus, „Wir pflegen, archivieren und katalogisieren  vor allem die Schriften, diebereits in unserem Bestand sind, übersetzten auch was wir können und versuchen Stücke zu ergattern, welche uns noch fehlen…“ „Übersetzten?“, nuschelte ich in meine heiße Tasse Tee. „Nun, viele sind nicht auf Deutsch, meistens auf Latein oder Griechisch, aber auch andere Sprachen. Sowie das Deutsch von damals nicht unbedingt unserem gleicht…“, vorsichtig klebte der Pater nun das Ende des Verbands fest und strich noch einmal prüfend über den fertigen Blutstopper, „So ich denke, das wär’s…“ „Danke“, wieder war es nur ein Nuscheln was mich verließ. „Keine Ursache…“, er setzte sich mir nun gegenüber und musterte meine runtergekommene Gestalt. „Also…“, suchte ich weiter nach einem Gesprächsthema, „Also sind sie die Bücherwürmer der Kirche…“ Er gluckste. „So kann man das nennen…“, er strich sich eine braune Locke aus den hellen Augen, „Weißt du, Custos bedeutet Bewahrer. Wir wollen nicht nur Schriften und Geschichten erhalten, sondern auch die damit einhergehenden Traditionen und Erinnerungen.“

  

 Erinnerungen…

   Ich dachte an die merkwürdigen Bilder die mich verfolgten, diese viel zu realen Eindrücke von Menschen, die ich nicht kennen konnte…

                                  Wenn es den Menschen waren…

 

     „Hmmm…“, ich schlürfte weiter Tee. „Wie ist eigentlich dein Name?“, fragte er plötzlich und ich verschluckte mich fast. „Wie…“ „Wieso nicht? Du weißt ja auch meinen.“

             „Daniel…“

 „Daniel!“, zufrieden richtete er sich ein Stück auf, „Das ist ein äußerst edler Name!“

                 „…“

 

  „Nein wirklich!“, er hob beschwichtigend angesichts meiner Miene die Hände, „Daniel kommt aus dem arabischen und bedeutet Gott ist mein Richter.“ Ich schien noch immer nicht euphorisch genug zu schauen, denn er setzte nach: „Ich finde das ist ein schöner und ausdrucksstarker Name, Angesicht einer Zeit, in der man nichts tun kann ohne in der Gesellschaft gleich gerichtet zu werden. Man muss nur den falschen Anschein erwecken, ohne jemals Unrecht getan zu haben, und man wird verurteilt…“, er seufzte und sah mich danach ein große Runde zu verständnisvoll an, „Dabei hat tatsächlich nur Gott das Recht uns zu richten in all seiner Güte und solange wir nach dem Gewissen handeln, das er uns gab, müssen wir uns davor nicht fürchten…“ „Du meinst nach der Bibel richten…“, runzelte ich die Stirn. Priester…

 „Nein.“, sagte er jedoch schlicht und ich war nun vollkommen verwirrt, „Ich meine deine Seele!“

 

     „Wah?!“

 

„Das ist Gottes  Atem!“, er hob leicht die Hände und zuckte fast gelassen mit den Schultern, „Wir wurden alle nach seinem Bild geschaffen, wir sind alle seine Kinder und er gab uns von unserer Geburt an alles, was wir brauchen zum Leben: Einen Körper und einen Geist!“, gewissenhaft legte er seine schlanken Finger aneinander, „Wir wissen von Anfang an, was richtig und was falsch ist, doch manchmal überlagern Dinge diese Erinnerungen oder lassen uns glauben, dass es  einfacher wäre, wenn wir sie verdrängen.“  „Dinge…“, wiederholte ich unwissend. „Die Welt… Das Böse, das Schlechte, das Sündige… Schlicht, die Überheblichkeit, das einer besser wäre als der andere!“ Ich nippte an meinem Tee, konnte ein wissendes Nicken unterdrücken. „Was natürlich vollkommener Schwachsinn ist! Tief in jedem drin schlummert Gottes Wunder!“

         

           „In mir schlummert gar nichts!“, erst als ich es aussprach merkte ich, wie traurig das eigentlich klang. „Das denke ich nicht…“ Ich schnaubte. Doch der Geistliche vor mir lächelte nun nicht mehr, ernst und dennoch freundlich sah er mir ins Gesicht. „Ich denke in dir steckt sehr viel mehr als du selber vermutest! Vielleicht glaubst du noch nicht daran, aber auch in dir steckt ein Teil eines Wunders und ich bin mir sicher, es wird bald…“, nun lächelte er wieder, „…erwachen!“

 

 Plötzlich hallte eine tiefe Stimme in meinem Kopf wieder. „Sei froh, dass ich die töte bevor du erwachst…“

 „Daniel?“, Pater Iphram legte fragend den Kopf schief, meine Fingerknöchel traten weiß hervor so fest umklammerte ich den nun leeren Becher. „Ich könnte mir Sachen leihen?“, fuhr ich abrupt aus meine Gedanken. „Oh…“, der Braunhaarige blinzelte überrumpelt, „Natürlich, einen Augenblick bitte.“ Er hob sich und ging in einen Nebenraum, einen kurzen Augenblick sah ich in die stetig flackernden Flammen.

   In mir konnte NICHTS erwachen!

            In mir gab’s nichts, absolut gar nichts!

 

„Hier, das müsste dir passen… Bring sie bei Gelegenheit wieder  vorbei.“, erreichte mir eine Stapel Klamotten samt Schuhen, „Deine nassen Sachen pack ich in eine Tüte…“, und damit war er auch schon wieder hinaus, so hastig wie ich konnte mit meinem Arm schlüpfte ich in die sauberen und trockenen Klamotten, sie fühlten sich merkwürdig fremd auf der Haut an, obwohl sie eindeutig in Top zustand waren. Eine graue Jeans, ein weißes T-Shirt und eine schwarze Strickjacke, dazu schlichte braune Schuhe und eine passende braune Regenjacke, sie waren sogar leicht gefüttert. Ob sie wohl dem Pater gehörten, die Hose war mir viel zu lang. Ich musste die Beine umschlagen um hinten nicht drauf zu treten.

    „Ich habe dir auch noch etwas Suppe eingepackt…“, kam er gerade wieder zurück als ich es aufgegeben hatte Schleifen zu binden und die Schnürsenkel nur in die Seiten stopfte, wie eigentlich immer. „Du wirst dir heute bestimmt nichts mehr machen!“, lächelnd reichte er mir die Tüte. Ich nickte nur und nahm die Tüte. Ich würde die Suppe die Toilette runter spülen!

    Langsam kotzte mich diese Hilfsbereitschaft an, was wusste dieser Penner den schon über mich?

 Er begleitet mich zur Tür mit dem immer gleichen Lächeln. Es regnete noch immer so, dass er mir zu guter Letzt auch noch seinen verkackten lila Schirm reichte. „Bring ihn mir zusammen mit den Sachen vorbei…“

  Wieder nickte ich nur.

 

Ich würde mich im Leben hier nicht mehr blicken lassen. „Und…“, er reichte mir die Hand, „Wenn du mal wieder Lust auf Kürbissuppe hast, schau ruhig vorbei!“, eine kurzen Augenblick verschwand sein immer gleiches Lächeln und Sorge ersetzte sich, „Jeder Zeit!“

               Ohne ein weiteres Wort spannte ich den Schirm und ging durch den Regen. Ich wusste, dass er mir nach sah während ich durch einen weitläufigen Hof marschierte. 

   Einen Augenblick erwartete ich eine Gestalt in schwarzer Jacke und einer tief ins Gesicht gezogenen Kapuze am Tor zu sehen. Doch als ich einen Fuß über die Schwelle hinaus gesetzt hatte, waren da dort nicht mehr als vorbei eilende Passanten die aus dem Regen raus nach Hause wollten.

     Ich atmete seufzend aus.

Hab dich nicht so!, mahnte ich mich selbst, Alles ist in Ordnung!

       

     Doch das stechende Gefühl verfolgt zu werden ließ mich nicht los. Wie ein Nagel hämmerte sich das Gefühl Blicke im Nacken zu haben in mein Hirn ein- Immer und immer tiefer! Es zertrennte einen Nervenstrang nach dem anderen, bis ich sie schließlich vollkommen verlor und begann zu rennen.  Der Beutel mit nassen Sachen und Suppe fiel mit einem dumpfen Geräusch auf den Asphalt und der Schirm flatterte nutzlos neben mir her, aber es war mir egal erneut nass zu werden! Es war mir egal, dass mich alle ansahen! Alles war mir egal!

                      Ich wollte nur noch nach Hause- solange ich noch eins hatte…

 

  Eine Ampel bremste mich schließlich ziemlich profan in meinem Wahn, keuchend stand ich da und versuchte mich nicht immer wieder umzusehen, ob mir nun doch jemand folgte.

  Unruhig biss ich auf meine Unterlippe und starrte die Ampel böse an, wagte es jedoch nicht auf die andere Straßenseite zu sehen. Was wenn er da stand?

 Oder irgendwer anders, der behauptet zu wissen wer ich war?

 

    Die Ampel sprang auf grün und ich lief los, zügig und versuchte nur auf meine Füße zu gucken.

„Daniel?“

 Wie angeschossen blieb ich stehen. Eine kindliche, hohe Stimme hatte meinen Namen gesagt… Eher gefragt…

    Entsetzt sah ich mich um. Ein Riese von einem Kerl mit dunkler Haut und rabenschwarzen Augen lief an mir vorbei, der Blick starr auf die andere Straßenseite gerichtet. Ich musste es mir eingebildet haben, gerade als ich weiter gehen wollte, ertönte die Stimme erneut. „Bis bald, Daniel!“

          

      Der Hüne hatte mich nicht beachtet, aber das kleine Mädchen mit hüpfenden Locken, welche frech unter einem Regencape hervor luckten mit großen Schokoaugen, an seiner Hand schon. Sie grinste und zeigte ein Zahnlücke bevor sie die freie kleine Hand hob und wank.

 

                             Hastig machte ich die letzten Schritte von der Straße, zu oft war ich heute einem Auto nur knapp entkommen und drehte mich erneut um, um dem ungleichen Paar hinter her zusehen, doch gingen sie unter in der dunklen Masse aus Regencaps und Schirmen.

          Mistdreck… 

      Ich muss nach Hause!, schüttelte ich resigniert den Kopf, Ich brauche dringend schlaf!

 

Morgen würde ein anstrengender Tag werden, ich müsste mir Arbeit suchen, oder nen Pappkarton!

  Wieder rannte ich und machte mir noch nicht einmal große Mühe den Menschen auf meinem Weg auszuweichen. Böses Gemurmel folgte mir, da aber niemand meinen Namen sagte beruhigte mich das eher als alles andere.

 

   Ich lachte fast erleichtert auf als endlich mein Wohnblock in Sicht kam und ich stieg hastig die Treppen hoch in den dritten Stock. Das Lachen blieb mir im Hals stecken als ich einen Zettel grob an meine Tür gepinnt fand. LETZTE MAHNUNG stand in blutroten Lettern da vor mir.

 Ich hatte noch fünf Tage Zeit um zu zahlen oder ich würde Zwangsgeräumt…

                   Zittrig schloss ich die Tür auf, schwer fiel sie hinter mir ins Schloss.

 

Wütend zerknüllte ich den Zettel und trat gegen meinen alten Sessel, das einzige was ich im halbdunkeln wirklich ausmachen konnte!

 „Fuck!“

 

Ich brauchte Arbeit- und selbst dann hatte ich kein Geld um die Miete zu zahlen…

    „Fuck! Fuck! Fuck! Fuck!“

 Wütend tigerte ich durch den Raum und raufte mir die blonden ungewaschenen Haare.

     In einer Woche war ich Obdachlos! In einer Woche war ich….

 

„Scheiße verdammte!“

     Noch einmal trat ich gegen meinen Sessel und ließ mich wütend und um mich schlagend aufs Bett fallen!

  „Scheiße! Scheiße! Scheiße! Scheiße!“

          Ein letztes Mal schlug ich auf die Matratze und blieb dann still und starr auf ihr liegen.

 

Meine Brust hob und senkte sich rasch.

 

Ich war so verdammt müde, mein Arm brannte und mein Kopf schien zu explodieren!

         Ich wollte einfach nicht mehr darüber nachdenken was passieren würde, was passiert war…

Ich wollte nur noch schlafen…

            Schlafen und nie wieder aufwachen…

               Wütend auf mich und die ganze Welt und diese verrückten Irren mit ihren Schwertern schloss ich die Augen und tat nichts als dem dumpfen Hall meines Herzschlags zu lauschen bis ich schließlich einschlief…

 

                        Sonnenlicht viel auf meine nackten Arme, es war klares Licht, kaltes Licht.

  Heute würde ich sterben… Ich wusste es, tief in mir wusste ich es… Ich blickte durchs Fenster, hinauf in einen Wolkenlosen Himmel

          Heute war der Tag an dem ich…

 

„Sie werden uns nicht sterben lassen!“, es klang überzeugter als es war. Ich lächelte matt.

           Es raschelte und Ketten klirrend als sie sich zu mir an Fenster stellte. Wild und wirr umrahmten volle Locken ein schönes Gesicht. „Sie werden das nicht zu lassen!“

                    Ich nickte, obwohl sie es genauso spüren musste wie ich…

 

Wie wir alle…

             Heute war es so weite… heute…

    Eine Tür wurde grob aufgestoßen und ein junger Mann mit kupferfarbenen Haar in die Zelle geworfen. „Florentin…“

               „Sie wollen uns verbrennen…“, seine Stimme klang leblos, „Sie wollen uns alle verbrennen…“

 

   Zitternd lag Florentin am Boden. „Er wird das nicht zu lassen… Luces…“

 

   „Es tut mir Leid Luces!“, Florentin zitterte in meinen Armen, ein Messer an seiner Kehle. Graue Augen stachen in meine.

 

   „Luces!“, schrie Florentin, doch das tosen der Flammen war zu laut, „LUCES!“

           Er konnte ihn nicht hören, er konnte ihn nicht retten…

 

„Sei dankbar, dass ich dich töte bevor du erwachst!“, tönte Luces kalte Stimme in meinem Kopf, „Daniel!“

       „Daniel… Hiermit verurteile ich euch zum Tode auf dem Scheiterhaufen!“, eine kalte Stimme, hohle Gebete und Glocken an einem kalten Tag mit kaltem Licht. 

        Heute würde ich sterben…

 

„Auch in dir steckt ein Teil eines Wunders und ich bin mir sicher, es wird bald erwachen!“, Pater Iphram lächelte.

 

        „Daniel!“, er rief meinen Namen, seine dunklen Augen brannten sich in meine, „Tu nichts was du später bereust!“ 

                      „Daniel!“, seine Hände umschlossen fest mein Gesicht, „Es…“ „Ich bereu nichts…“

 

„Daniel…“, er flüsterte meinen Namen, doch ich fiel rücklings in ein Kräuterbeet. Er streckte seine Hand nach mir aus, doch ich konnte nicht danach greifen.

       Ich vermochte es nicht einen Arm zu heben, zu fest schnürten mich die Fesseln an meinen Pfahl.

  „Daniel!“, ich hörte ihn schreien, ich hörte ihn flehen, doch die Flammen erstickten meine Antwort, fraßen sich meinen Körper lang hoch, krochen über meine Haut.

 

Ich würde für ihn sterben, sanft strichen seine Hände über meinen nackten Rücken. „Daniel!“

 Küsse auf der Haut.

 

„Daniel!“, ich war gefangen zwischen seinen Armen, sein Atem auf meiner Haut, „Ich habe mich so danach gesehnt dich endlich Wiederzusehen…“

 

„In jedem steckt ein Teil von Gottes Wunder…“, wieder lächelte Pater Iphram.

 

           „In dir ist eins der sieben Wunder Gottes, Daniel!“, ich sah in das freundliche Gesichts des Priesters, „In dir ist die heilige Kraft Gottes erwacht!“ 

                    „Daniel…“, ich sah einem kleinen Jungen mit schwarzen Haaren und dunkeln Augen entgegen, er grinste frech, „Das wird dein Partner…“

   „Es freut mich dich kennenzulernen…“, er streckte mir die kleine Hand entgegen, „Mein Name ist…“

 

„Daniel!“, ich hörte ihn schreien, „Daniel!“ Die Flammen nagten das Fleisch von meinen Knochen, ich wollte zu ihm. Ich…

 Ich würde für ihn sterben…

             

      Ich starb für ihn…

„Daniel!“, er stand vor mir, doch es war zu spät ich konnte meine Arme nicht mehr heben.

  „Daniel…“, ich konnte nicht nach seiner Hand greifen obwohl ich fiel, es war zu spät.

 

„Es freut mich dich kennen zu lernen…“, seine kleine Hand war genau vor mir, „Mein Name ist…“

      

   Ich versuchte seine Hand zu greifen, doch ich konnte es einfach nicht, die Flammen schlugen in mein Gesicht, seine warmen Fingerspitzen wischten Tränen aus meinen Augenwinkeln.

    „Daniel…“, sein Gesicht verschwamm vor meinen Augen, seine Hand griff ins leere…

                  Ich war für ihn… gestorben…

 

„Daniel!“

 

Ich riss die Augen auf, starrte an meine Zimmerdecke, meine Hand war hoch ins leere gestreckt.

 „Caius…“, fiel es schwach über meine Lippen und plötzlich schlangen sich warme Finger um meine. Langsam drehte ich den Kopf zur Seite und dort, im hellen Licht des Tages saß ein Mann mit schwarzen Haaren und dunklen Augen, von denen ich jede Nuance kannte und lächelte, wie er nur mich anlächelte.

                           

                    „Bist du endlich aufgewacht, Daniel?“



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