Course of Time von LittlePuppetFreak ================================================================================ Kapitel 7: Die Sache mit der Menschlichkeit ------------------------------------------- Es dauerte noch anderthalb Wochen, bis Deidara in der Lage war, zu kämpfen. Seiner Meinung nach hätte er sofort losgekonnt, aber das war Schwachsinn. Allein die Krücke hätte Beweis genug sein müssen, aber gut, man konnte es auch einfach ignorieren. In dieser Zeit hatte Kakuzu mehr als ein wenig Druck gemacht und es hatte gedauert, bis ich ihm endlich erklären konnte, dass das alles keinen Sinn hatte, wenn mein Partner, der ja das Geld ranschaffen sollte, noch nicht mal selbstständig laufen konnte. Irgendwann war er dann beleidigt, aber doch irgendwie einsichtig abgehauen, mit der Drohung, er würde ihn noch übler zurichten, wenn er nicht bald sein Geld sehen würde. Was für ein nerviger Klotz Kakuzu doch sein konnte, wenn es um Geld ging… Letztendlich hatte sich Deidara für einen Auftrag in Amegakure entschieden. Das lag nahe, sodass er nicht ganz so weit zu laufen hatte (ich traute es ihm immer noch nicht vollständig zu) und meiner Hoffnung nach, war der gesuchte Mann auch nicht so besonders stark. Doch ich wollte wenigstens sehen, was der Bengel drauf hatte. Vielleicht schätzte ich ihn einfach zu schwach ein. Aber genau das wollte ich herausfinden. Am frühen Morgen brachen wir schließlich auf. Auch wenn allein schon das Aufbrechen als solches nicht gerade einfach war… Denn erstmal Deidara wach zu bekommen, ihn dann zum Aufstehen zu bewegen und ins Bad zu scheuchen… Das sollte mir mal einer nachmachen. Der Junge war eine entsetzliche Schlafmütze und war kaum zu wecken. Noch dazu war er faul, trödelte und hatte nichts für Zeitpläne übrig. Dämliche Nervensäge… Eine halbe Stunde zu spät konnten wir die Basis dann auch endlich verlassen. Seine einzige Ausrede war, dass er sich ja um seine Haare hatte kümmern müssen. Meine folgende Drohung, ihm die Haare einfach abzuschneiden, wenn er nicht mithalten konnte, schien ihn allerdings dann doch zu beeindrucken und ab diesem Moment beeilte er sich, mir an den Fersen zu heften. Doch da kam das nächste Problem, welches mir schon mal aufgefallen war… Deidara konnte die Klappe nicht halten. Mit ihm zu reisen war eine bloße Tortur für die Nerven und zwar unübertrieben. Wie ein kleines Kind… Wann sind wir da? Sasori no Danna, mir ist langweilig, reden Sie mit mir, un. Ich war wirklich dankbar dafür, dass Amegakure nur einen halben Tagesmarsch entfernt lag. Wenn das gerade mal so wenig Reisezeit bedurfte, wollte ich gar nicht wissen, wie nervtötend es erst wurde, wenn wir mal weiter weg mussten. „Warst du jemals in Amegakure?“, fragte ich nebenbei, als ich mich aufmerksam umsah. „Vielleicht einmal, un… Kann mich kaum dran erinnern. Nett.“, antwortete der Blonde und sah sich ebenso um, mit einem neugierigen Funkeln in den Augen. Ich nickte geistesabwesend und überlegte bereits weiter. Der Mann, den wir suchten, müsste sich am westlichen Ende des Dorfes niedergelassen haben. Zumindest war das ein grober und sehr unsicherer Tipp für die Mission. Wahrscheinlich stimmte es noch nicht mal, aber man konnte es ja versuchen. Wenigstens wussten wir, wie er aussah. Eigentlich kaum zu übersehen. Mindestens 1,90m groß, durchtrainiert, dunkelbraune Haare. Unauffällige, fast schon ärmlich aussehende Kleidung. Mit der Größe fiel der zumindest uns auf. Schließlich waren wir beide, nun ja, nicht gerade groß gewachsen. „Sehen Sie mal, Sasori no Danna, ich glaube, es fängt an zu regnen, un.“, mit einem kleinen Lächeln sah mein Partner in den Himmel und betrachtete die dunkelgrauen Wolken. Wie auf’s Stichwort fielen bereits die ersten schweren Tropfen. Leicht angesäuert folgte ich seinem Blick und seufzte schwer. „Das sieht nach einem ausgewachsenen Unwetter aus… Wir setzen unsere Suche später fort, jetzt suchen wir uns erstmal eine Unterkunft.“, bestimmte ich und beschleunigte meinen Schritt, als immer mehr Regentropfen ihren Weg auf die Erde fanden, bis es schließlich in einen steten Platzregen überging. Ich fluchte und Deidara rannte schon fast los, wobei er mich an der Hand mit sich zerrte. Und anscheinend waren wir hier in einer abgelegenen Gegend, es dauerte mindestens zehn Minuten, bis wir ein Gasthaus gefunden hatten. Unter dem Vordach der Eingangstür angekommen schüttelte er kurz den Kopf, wobei die Tropfen aus seinen Haaren auf meinem Gesicht landeten. „Also ich mag den Regen ja, aber wenn man in so einen Schauer kommt, wird es einem auch zu viel, un! Und hören Sie das? Ich glaube, das wird ein Gewitter. Heute wird das nichts mehr mit der Mission, un. Wir bleiben wohl besser über Nacht hier, un.“, murmelte er und wrang seinen Zopf aus. Ein Blick in den Himmel verriet mir, dass das wirklich nichts mehr werden würde. Erneut seufzte ich, diesmal leise. „In Ordnung, du hast recht. Wir bleiben über Nacht hier. Bedauerlicherweise, wir verlieren nur Zeit… Aber das macht keinen Sinn.“, ich deutete mit dem Kopf auf den Eingang. „Lass uns rein gehen.“ Die Eingangshalle war nicht gerade riesig oder besonders schön. Alles war schlicht gehalten und einfach, ohne großes Aufheben. Vielleicht war das der Grund, weshalb es mir gefiel. Es war nichts Besonderes. So normal, dass es irgendwie beruhigend wirkte. Genau das richtige, nach einer solch folternden Reise. Während Deidara damit beschäftigt war, sich den triefenden Mantel irgendwie aufzuknöpfen, bestellte ich ein Zimmer für zwei und bezahlte auch schon in einem Rutsch. Zerknirscht sah Deidara mich an. „Das war nicht Kakuzus, sondern Ihr Geld, oder, un?“, fragte er zögernd. „Ja. So etwas müssen wir selber von unserem Geld bezahlen. Hier sind die Schlüssel. Geh du schon mal vor, ich komme später nach.“, mit diesen Worten drückte ich ihm einen der beiden Schlüssel in die Hand und verließ das Gebäude wieder, schritt hinaus in den Regen. Ich sah mich kurz um und machte mich dann auf den Weg durch die engen Straßen von Amegakure. Meine Besorgungen dauerten nur etwa zwanzig Minuten. Sofort danach kehrte ich mit zwei Tüten in der Hand zurück und machte mich auf den Weg zu unserem Gaststättenzimmer. Zu meiner Freude war es ebenso einfach eingerichtet. Eine Couch, ein kleiner Tisch mit zwei Stühlen und ein ziemlich großes Zweierbett – sollte der Bengel sich freuen, so ein riesiges Bett für sich alleine zu haben. Eine Tür führte noch in ein kleines Bad, in dem sich auch nur Grundlegendes befand. Verwundert sah ich mich um und erkannte erst jetzt, dass Deidara sich unter eine der Decken ins Bett vergraben hatte. Die blonden Haare hingen quer über dem Kissen. „Deidara, steh auf. Ich habe dir etwas mitgebracht.“, murrte ich. Sofort regte er sich und sprang aus dem Bett, allerdings… nur in Boxershorts. Ihm selbst schien das auch erst jetzt aufzufallen und ein leichter Rotschimmer schlich sich auf sein Gesicht. Vielleicht wäre mir das ebenso passiert… Allerdings gab es kein Blut in mir, also war ich definitiv glücklicher dran. Und doch kam mir die Situation so befremdlich vor, dass ich einen Moment erstmal nach Worten suchen musste, bis ich schließlich doch etwas raus bekam. „Darf ich fragen…warum du nicht angezogen bist?“. Er lächelte verlegen und kam nun auf die Tüten neugierig geworden näher. „Weil ich warten muss, bis meine Klamotten trocken sind, un. Das müssen Sie doch auch. Ich kann sowieso nicht nachvollziehen, warum Sie noch einmal raus in den Regen gegangen sind, un.“ Darauf erwiderte ich nichts und warf ihm eine der Tüten zu. Locker find er sie auf und warf einen Blick hinein. „Das sind ja Klamotten, un. Warum das, un?“ Ich öffnete ebenfalls meine Tüte, die etwas größer war und kramte eine Weile darin herum, bis ich fand, wonach ich suchte. Die gekauften Instant-Nudeln stellte ich auf den Tisch und wandte mich erst dann wieder meinem Partner zu, um ihm zu antworten. „Es ist erst Nachmittag. Willst du für den Rest des Tages wirklich halb nackt rumrennen? Nein, danke. Na los, zieh dich schon an. Müsste passen.“ Unauffällig warf ich einen Blick auf seinen Körper, als er die Tüte auf das Bett legte und darin herumkramte. Man müsste lügen, um zu sagen, dass er schlecht aussah. Das tat er nämlich wirklich nicht. Sein Körperbau war nicht direkt muskulös, aber man konnte Andeutungen erkennen, was ihm ziemlich gut stand. Was mich allerdings verwirrte, war das Siegelzeichen über seinem Herzen. So etwas hatte ich bisher noch nie gesehen und ich wurde neugierig, was es wohl bewirken sollte, doch ich fragte nicht nach und wandte bald den Blick ab. Stattdessen beobachtete ich, wie er ein Shinobi-typisches Netzshirt anzog und darüber ein normales schwarzes Shirt. Doch irgendwas schien ihn daran zu stören, denn er krempelte das Schwarze bis weit über den Bauchnabel hoch und klappte es nach innen, sodass sein Bauch nur noch von dem Netz bedeckt wurde. Dazu zog er sich noch eine schwarze Dreiviertelhose an und drehte sich grinsend zu mir um. „Und, Sasori no Danna? Wie sehe ich aus, un?“, fragte Deidara und sah mich erwartungsvoll an. Ich zuckte mit den Schultern. „Wie sollst du schon aussehen? Normal eben.“, damit stand ich auf und ging an ihm vorbei in das kleine Bad, mit der Tüte in der Hand. Mein Partner hingegen schien plötzlich beleidigt zu sein und setzte sich schmollend auf das Bett. Ich kümmerte mich nicht darum und schloss die Tür hinter mir. Der kleine Raum war wirklich schön, wenn auch fensterlos und nur mit einer kleinen Lampe beleuchtet, die an der oberen Kante des Spiegels hinter dem Waschbecken angebracht war. Schneeweiße Möbel und als Kontrast war die Wand in einem warmen Dunkelrot gestrichen worden. Seufzend zog ich die normalen schwarzen Sachen aus der Tasche und entledigte mich meines tropfenden Oberteils. Gerade wollte ich es über den Rand der Badewanne hängen, als plötzlich die Tür aufgerissen wurde und Deidara wie angewurzelt mit aufgerissenen Augen im Türrahmen stehen blieb. Ebenso erschrocken starrte ich ihn an und für einen langen Augenblick blieb es totenstill. „Ähm… Deidara?“, brach ich schließlich das Schweigen, denn inzwischen war er irgendwie ungesund blass angelaufen. „Was…was zur Hölle… ist das, un?!“, fand er seine brüchige Stimme wieder. Ich konnte nicht antworten. Was sollte das schon sein. Ein Körper. Nur eben nicht menschlich. „Was… sind Sie?! Verdammte Scheiße, was für ein Monster sind Sie?!“ „Deidara, beruhig dich doch mal.“, versuchte ich es und kam näher, doch er wich zurück, stolperte über seine eigenen Beine und landete rücklings auf dem Boden. Seine Augen blieben an mir hängen, vor Panik geweitet. „Kommen Sie mir ja nicht zu nahe, un!“ „Jetzt krieg dich wieder ein, verdammt noch mal!“, so langsam verlor ich die Geduld. Es war mir egal, ob er Angst hatte oder nicht. Weglaufen konnte er nicht und außerdem sollte er sich nicht so anstellen. Ich war noch immer sein Partner und nur, weil er jetzt eben ein weiteres kleines Geheimnis gelüftet hatte, erneut gezwungenermaßen, hieß das nicht, dass er jetzt flennen durfte wie ein kleines Balg. Und als Monster würde es mich auch zum letzten Mal bezeichnen. „Ich reiße dir nicht die Kehle raus oder sauge dir das Blut aus! Ich bin doch wohl immer noch wie vorher. Es ist deine eigene Schuld, dass du unbedingt reinplatzen musst.“ „Aber was ist das, un?!“, fragte er erneut, nun nicht mehr ganz so hysterisch, allerdings von Ruhe noch lange entfernt. „Mein Körper. Der Körper einer Puppe. Ich habe dir gesagt, dass ich kein Mensch bin, Deidara. Hast du mir das nicht geglaubt? Ich mache keine Scherze. Das war ernst gemeint.“ „Ach ja, klar. Schon okay, das ist doch vollkommen normal, un. Ja, wirklich, un. Das habe ich schon so oft gesehen, da kann man ja eigentlich nur noch die Augen verdrehen.“, murmelte er, triefend vor Sarkasmus. Dann wurde er ernst und brüllte schon fast. „Verdammt! So was ist nicht mal möglich, also hören Sie auf mit dem Gerede und sind bitte mal ernst! Sie machen mir eine Scheißangst, un!“ „Gut so.“, damit ging ich zurück in Bad, knallte die Tür hinter mir zu und zog mich fertig um. Konnte der Junge nicht mal das glauben, was er vor sich sah? Ich hatte ihm erklärt, dass ich kein Mensch war. Dabei hatte ich allerdings nicht erwähnt, was ich sonst war. Wahrscheinlich hatte er mir zu dem Zeitpunkt auch nicht geglaubt. Nachdenklich sah ich in den Spiegel und betrachtete mich selbst. Fein geschnittene Gesichtszüge in einem blassen Gesicht. Ein ernster Zug um den Mund und große, braun-grüne Augen, die irgendwie kalt und abweisend wirkten. Das konnte man kaum ändern. Sie sahen nun mal ein wenig gläsern aus, ernst und emotionslos. Die feuerroten Haare, die im grellen Licht der kleinen Badezimmerlampe leuchteten, fielen locker ins Gesicht und verdeckten manchmal einen Teil der Augen, wenn ich den Kopf ein wenig senkte. Alles in allem ziemlich kalt. Aber war das das Gesicht eines Monsters? Vielleicht. Meine Opfer hatten es sicher als solches betrachtet. Und nun auch mein Partner. Es sollte mich nicht weiter stören, aber das Wort gefiel mir nicht. Es definierte zwar etwas Unmenschliches, was ich nun mal war, aber auch etwas, was eigentlich meistens mit wenig Verstand dargestellt wurde. Etwas Brutales, Gewalttätiges. Etwas, was sich selbst nicht unter Kontrolle hatte. Ein wiedernatürliches, angsterregendes Gebilde. War ich das? Diese Frage beschäftigte mich durchgehend, ließ mich nicht mehr los. Sie schoss durch meine Gedanken und ließ mich andauernd darüber nachdenken. Gedankenverloren verließ ich wieder das Bad und ignorierte die prüfenden Blicke meines Partners. Vorerst. Stattdessen holte ich den Auftragszettel aus der Tasche und betrachtete ihn noch einmal genau, lauschte allerdings eher dem draußen grollenden Donner und das sanfte Platschen der Regentropfen an dem Fenster. Obwohl es erst später Nachmittag war, war es bereits dunkel, sodass ich die Stehlampe anmachte, um überhaupt etwas sehen zu können. Und noch immer verfolgten mich die Blicke meines Partners. „Okay, was willst du hören?!“, fuhr ich ihn an, sodass er heftig vor Schreck zusammenzuckte und mich perplex anstarrte. „Ich bin eine Puppe. Ich fühle anders als du, esse nicht, trinke nicht, schlafe nicht. Ich altere auch nicht und werde immer so jung bleiben. Ich kann nicht verletzt werden, blute nicht. Wenn etwas ist, kann ich meinen Körper sofort ausbessern. Selbst unter Anstrengung werde ich nie erschöpft. Und ich kann meinen Körper wechseln, wenn ich will. Sonst noch Fragen?“ Er schüttelte mit dem Kopf und schien nun doch irgendwie neugierig geworden zu sein. „Also sind Sie wirklich kein Mensch…un.“, nachdenklich lehnte er sich zurück, sodass er mit dem Rücken auf dem Bett lag. Ein langes Schweigen entstand und als ich ihn so liegen sah, entschied ich mich dafür, ihm etwas zu essen zu machen. Einfach so. Es war wohl Gewohnheit, schließlich hatte ich das zwei Wochen lang tun müssen. Also bereitete ich die Instant-Nudeln vor und da fiel mir eine Kleinigkeit ein, die ich ihn schon am Anfang hatte fragen wollen. „Was soll eigentlich dieses ‚un‘?“ „Welches ‚un‘, un?“, kam sofort die Gegenfrage. „Na dieses ‚un‘, welches du ständig am Ende eines Satzes sagst.“ „Sag ich doch gar nicht, un!“ „Und was war das gerade?“ „Was denn, un?“ „Dieses ‚un‘!“ „Welches ‚un‘, un?!“ „Tu doch nicht so!“ „Hey, Sasori no Danna, Sie sollten sich in dem Alter nicht mehr so aufregen, un.“, rief er mit einem breiten Grinsen. Ich seufzte laut. Der Kerl raubte mir noch den letzten Rest verstand… Genervt knallte ich ihm sein Essen auf den kleinen Tisch und setzte mich auf einen der Stühle. Schweigend stand Deidara auf, schlurfte zu mir rüber, setzte sich auf den anderen Stuhl und starrte den Becher an. „Danke, un… Und… Sasori no Danna…?“, mit betretenem Blick sah er mich an. „Hm?“ „Ist ein kleiner, persönlicher Sprachfehler…un.“ Ich lächelte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)