Mit Superkräften geboren von shinichi_san ================================================================================ Kapitel 11: Was für ein Tag --------------------------- Kapitel 11 – Was für ein Tag Mittlerweile hatte Cynthia nun schon etliche Geschichten von unseren Unternehmungen erzählt. Es waren fünf Stunden vergangen. Mein Mittagessen stand unberührt neben mir auf dem Schränkchen. Ich hatte gespannt zugehört, konnte nicht fassen, was ich alles vergessen hatte. Der Hunger, der war mir bei so mancher Geschichte vergangen. Ich hatte so viele schöne Dinge erlebt und einfach vergessen, konnte mich urplötzlich nicht mehr daran erinnern. Es war furchtbar zu erfahren, dass man elf Jahre vergessen hatte und niemand wusste, ob ich jemals wieder meine Erinnerungen zurück erhielt. "Naja und deswegen durfte ich drei Monate nicht ins Schwimmbad gehen.", endete die letzte Geschichte und sie seufzte leise, bevor sie nickte und aufstand. "Okay, denk etwas nach, ich gehe jetzt. Soll ich morgen wiederkommen?", fragte sie und ich nickte lächelnd. "Gerne.", sagte ich. Cynthia strahlte, nickte noch einmal, bevor sie das Zimmer durch die Tür verließ. Ich seufzte leise auf. Wie sollte ich das Ganze verarbeiten? Ich hatte erfahren, dass Cynthia und Jayson zu einer großen Familie gehörten, die durch verschiedenste Experimente unterschiedliche Stärken dazugewonnen hatten. Dass ich Kräfte besaß, das wusste ich. Ich konnte andere heilen, die Wundheilung beschleunigen. Allerdings hatte mein Vater damals schon keinen Puls mehr gehabt, also konnte ich nichts mehr für ihn tun. Und meine Mutter... sie war nicht mehr als Mensch zu erkennen gewesen. Sie war aus dem Auto geschleudert wurden, mitten auf die Straße, wo andere Autos über sie hinweg rasten und ihre Körperteile mehrere hundert Meter mitschleiften. Von einem Menschen, geschweige meiner Mutter, war nichts mehr zu erkennen gewesen, genauso gut hätte es ein totes Tier sein können, das man da auf der Straße erblickte. Ich atmete tief durch und versuchte, die aufkommenden Tränen zu unterdrücken. Elf Jahre waren vergangen. Elf Jahre lebten meine Eltern schon nicht mehr. Irgendwie musste ich es geschafft haben, darüber hinweg zu kommen, hatte es wohl vergessen und lebte glücklich in einer neuen Familie mit Brüdern und Schwestern, die mir doch fremd waren. Cynthia konnte Gedankenlesen. Eine Gabe, die mich verunsicherte. Sie konnte hören, was ich dachte und das gefiel mir nicht. Niemand hatte das Recht, in meinen Kopf zu schauen. So etwas musste man doch verhindern können, oder? Meine Gedanken, soweit hatte ich das nun schon begriffen, waren auch nicht mehr die einer zehnjährigen. Also konnte das doch nur bedeuten, dass ich mich erinnerte, oder? Ein stechender Kopfschmerz unterbrach meine Gedanken und ich fasste mir an die Stirn. Ich wollte mich wieder erinnern können, an schöne Sachen denken, die während den elf Jahren geschehen waren, Geburtstage, Osterfeste oder Weihnachtsfeiern. Weihnachten mit der Familie. Ein riesiger Baum stand im Wohnzimmer unserer Wohnung, als ich mit meiner Mutter von der Schule nach Hause kam. Mit großen Augen war ich drum herum gegangen und hatte ihn von jeder Seite betrachtet gehabt. Er war perfekt. Nicht zu groß und nicht zu klein, nicht zu breit und nicht zu dünn. Perfekt eben. "Du hast den Baum schon besorgt, Mark?", fragte meine Mutter freudig und sah ihn ebenfalls staunend an. Mein Vater kam aus der Küche und lachte leise, bevor er meine Mutter von hinten umarmte. Er gab ihr einen Kuss auf die Schläfe und zwinkerte mir zu. "Ja, ich hatte genug Zeit, da hab ich ihn geholt, ich hoffe, es ist in Ordnung für euch." Ich lachte laut auf. "Er ist perfekt.", rief ich aus und setzte meine Schultasche ab. "Jetzt fehlen nur noch die passenden Kugeln und der Stern auf der Spitze." Meine Mutter lachte leise. "Wie fändest du es, wenn wir das morgen gemeinsam besorgen?", fragte mein Vater und ich nickte aufgeregt, kaum in der Lage, meinen Mund zu bewegen. Ich durfte die Kugeln aussuchen. Und den Stern. Ein erneuter Kopfschmerz ließ mich aufstöhnen. Ich dachte eindeutig zu viel nach. Ich seufzte einmal tief auf und schloss die Augen. Eventuell würde mir etwas Schlaf helfen. *** Sichtwechsel Jayson *** Cynthia war vor etwa einer Stunde von Samantha zurückgekommen und war den Tränen nahe. "Sie kann sich an nichts mehr erinnern, Jayson. Wie kann das sein? Wie kann ein Mensch seine Erinnerungen verlieren? Ich verstehe das nicht.", meinte sie und hatte sich bei ihrem letzten Satz neben mich auf mein Bett gesetzt. Schon ewig hatte sie das nicht mehr gemacht gehabt. Viel zu schnell war sie gewachsen und hatte mich vergessen. Nun, vergessen hatte sie mich wohl nicht, aber seit sie zwölf Jahre alt war, hatte sie mehr Zeit mit ihren Freundinnen und ihren Schwestern verbracht und mich links liegen gelassen. Nun war sie urplötzlich wieder hier und sprach mit mir, als ob es nie anders gewesen wäre. Ich seufzte leise und strich ihr sacht über die Haare. „So ist das nun mal, Cynthia. Das Leben spielt meist nicht fair.“, antwortete ich nur, denn ich fand es wirklich nicht fair vom Leben, Sam so zu bestrafen. „Das ist so gemein.“, nörgelte meine kleine Schwester und lehnte sich an mich. „Ich weiß.“, seufzte ich, legte den Arm um si und meinen Kopf auf ihren Kopf. „Konntest du nichts herausfinden?“, fragte ich sie, doch sie schnaubte nur. „Sie dachte immer nur angestrengt nach. Da waren nur Bilder vom Unfall ihrer Eltern und von früheren Zeiten, als sie noch ein Kind war. Nichts, was mir hätte weiter helfen können.“, grummelte das Mädchen und ich seufzte erneut. „Tja, wir können nur versuchen, etwas für sie zu tun.“ „Ja, wir müssen es versuchen. Ich möchte sie nicht verlieren.“, sagte Cynthia und vergrub ihr Gesicht an meiner Brust. „Ich auch nicht.“, murmelte ich leise. Auch wenn es mir bis jetzt nicht so bewusst war, ich mochte Samantha sehr. Viel zu sehr, als das ich sie als eine meiner Schwestern sehen konnte. Sie war immer für mich da, wenn ich irgendwelche Probleme hatte. Sie war meine beste Freundin und ich fand es immer überaus toll, sie zu ärgern und zu erschrecken. Schon oft hatten meine Mutter und mein Zwillingsbruder auf den Spruch ‚Was sich neckt, das liebt sich‘ angesprochen und ich hatte immer abgewunken. Nun war ich mir nicht mehr sicher, was ich fühlte. „Liebst du sie?“, fragte Cynthia leise und ich verfluchte mich, da ich meine Gedanken nicht abgeschlossen hatte. „Du musst es mir nicht sagen. Entschuldige, aber es ist immer noch verdammt schwer, einfach wegzuhören.“ Ich nickte und umarmte sie noch einmal fest. „Ich weiß es nicht genau, Cynthia.“, antwortete ich doch und drückte ihr einen kurzen Kuss auf den Scheitel. „Aber ich versuche es herauszufinden.“ Ich sah auf meine Uhr, die über meiner Zimmertür an der Wand hing. Es war schon viel zu spät. Seufzend löste ich mich von meiner Schwester und stand auf, streckte mich einmal. „Du solltest ins Bett gehen. Morgen sieht die Welt schon anders aus, meistens jedenfalls.“, lächelte ich und reichte ihr meine Hand, damit ich ihr aufhelfen konnte. Cynthia allerdings machte keinerlei Anstalten, sich zu erheben. Ich kniete mich vor sie und suchte ihre Augen, die meinen so ähnlich sahen. „Was ist los, Kleine?“, fragte ich sie, was sie dazu brachte, mir direkt in die Augen zu sehen. Sie waren feucht. Nein, bitte keine Tränen. „Nicht weinen, Kleine!“, sagte ich und strich ihr über die Wange. „Aber…“, schniefte sie. „Kein aber. Kleine, alles wird wieder gut.“, versuchte ich sie zu trösten, aber nun waren sie da, die Tränen. Unaufhaltbar rannen sie über das Gesicht meiner Schwester. „Du glaubst doch selbst nicht daran! Du glaubst doch selbst, dass Sam ihr Gedächtnis nie wieder erlangen wird. Du… du… du bist verliebt in sie, aber glaubst nicht an sie!“, schrie sie mich an und schniefte am Ende laut. „Du bist doch derjenige, der auch an sie glauben muss.“, hing sie etwas leiser hinten dran. Ich schluckte. Ja, ich hatte Angst, dass sie meine Gedanken so gut interpretieren konnte, denn nie hatte ich es so wörtlich gedacht. „Ja, du hast recht.“, gab ich zu und seufzte leise. „Aber da ist auch noch ein Fünkchen Hoffnung.“ Cynthia runzelte die Stirn. „Hoffnung.“, murmelte sie leise. „Ja, die Hoffnung stirbt zuletzt!“, sagte ich und erkannte den Ansatz eines Lächelns in ihrem Gesicht. „Okay:“, meinte sie und wischte sich die Tränen mit den Händen fort, bevor sie sich erhob. Ich stand ebenfalls auf und nickte. Cynthia umarmte mich noch einmal, bevor sie zur Tür ging. „Gute Nacht!“, meinte sie zu mir. „Gute Nacht!“, antwortete ich ihr. Sie verließ den Raum und schloss die Tür hinter sich. Ich ließ mich auf das Bett fallen und schloss die Augen. Was für ein Tag. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)