Fesselnde Angst von Luiako (~Wenn Liebe zur Angst wird!~) ================================================================================ Kapitel 9: "Fesseln - 7" ------------------------ Endlich Freitag. Die Woche hat mich geschafft, vor allem weil ich den dringenden Verdacht habe, die ganze Capsule Corp weiß von der Sache mit Jaden und dem Vibrator. Ich könnte Chichi erwürgen! Sie hat auch entsprechend zerknirscht gewirkt und mir jeden Morgen einen selbstgebackenen Schoko-Muffin mitgebracht. Allerdings hat sie mich gefragt, ob ich ihr eine Karte für das ausverkaufte Gunz 4 Hire-Konzert in zwei Wochen besorgen könnte. Das hat meine Freude über ihre Entschuldigungsversuche dann doch einen kleinen Dämpfer verpasst. Jaden dagegen spricht nicht mehr mit mir, stattdessen wird er rot, sobald er mich sieht. Was auch immer das zu bedeuten hat. Auf meinem iPhone befindet sich seit neustem das Album NO MERCY von Gunz 4 Hire. Es hat mich die ganze Woche auf dem Weg zum Trainingsraum begleitet, und je öfter ich es höre, desto besser gefällt es mir. Besonders ein Song hat es mir angetan. Bei diesem Lied bekomme ich jedes mal eine Gänsehaut. Inzwischen kann ich sogar den Text auswendig. Vor dem alten Lagerhaus steht ein knallrotes Motorrad. Ein Typ in Jeans und Lederjacke zieht einen schwarzen Helm vom Kopf, hängt ihn an den Lenker und hilft einer Blondine vom Sitz. Mein Herz klopft ein bisschen schneller, ich verlangsame meine Schritte. Ich bin nur noch wenige Meter vom Haus entfernt. Zu warten, dass sie reingehen, wäre ziemlich peinlich, wenn er mich dabei erwischen würde. Also gehe ich so lässig wie möglich weiter und versuche zu ignorieren, dass die Blondine eine von diesen engen Leggings trägt, bei denen sich jedes Detail abzeichnet. Taubstummenhosen, wie Chichi sie nennt. Die Lippen bewegen sich, aber man hört nichts. „Hey, Mrs Frost.“ Vegetas Augen blitzen auf, als er mich entdeckt. Er kettet das Motorrad am Zaun vor dem Haus an, ohne den Blick von mir zu nehmen. „Guten Abend“, antworte ich betont kühl und betrachte die Blondine aus dem Augenwinkel. Solche Mädchen gab es nicht in meinem Leben. Solche Mädchen würden selbst in meinen langweiligen Klamotten obszön aussehen. „Hast du was vor heute Abend? Wir feiern eine kleine Willkommensparty. Falls du Lust hast …?“ Schon wieder eine Party? Mit dieser Tussi? Da sie nicht einmal einen BH trägt, kann ich ihre Brustwarzen unter dem engen Top erkennen. Sie sind riesig wie Gullydeckel und machen mir Angst, aber was weiß ich schon davon. Offenbar steht er auf so was. Irgendwie kriege ich das Bild von heute nicht mit dem zusammen, das ich mir neulich Abend von ihm gemacht habe. Was schade ist. „Es kommen noch ein paar andere Leute“, sagt er, als hätte er meine Gedanken gelesen. Ich spüre wie ich rot werde. „Nein, tut mir leid, heute kann ich nicht“, lüge ich. Dass ich auch vor Partys, also vor Alkohol und Menschenansammlungen, Angst habe, weiß er noch nicht. Vielleicht kann er es sich denken, als Nachbar bekommt er ja mit, dass ich jeden Abend zu Hause sitze und fernsehe. Allein. „Schade. Ich hätte dich gerne vorgestellt. Man trifft nicht alle Tage einen weiblichen Saiyajin.“ Er macht zwei Schritte auf mich zu. Eine Haarsträhne fällt ihm ins Gesicht, er streicht sie mit einer lässigen Handbewegung zur Seite. Sein Gang ist weich und geschmeidig, aber seine schmalen Hüften in Kombination mit den breiten Schultern sind so männlich, dass ich schlucken muss. „Ja das ist wohl wahr“, antworte ich auf seinen Satz. Ein Lächeln huscht über sein Gesicht. „Können wir reingehen? Mir ist kalt.“ Blondie zieht eine Schnute und verschränkt die Arme vor der Brust. Sie sieht aus wie ein Mädchen, dem die Mutter Süßigkeiten verboten hat. Kein Wunder, dass ihr kalt ist, in dem Aufzug. „Klar.“ Er lässt mich vorgehen, das Mädchen läuft neben ihm her. Ich öffne die Haustür, und er hält sie für uns auf. Die Situation ist irgendwie seltsam. Vielleicht weil mein Gehirn damit beschäftigt ist, die Stufen zu zählen, während ich vor den beiden die Treppe hochgehe. Ich bilde mir ein, ihre Blicke auf meinem Hintern zu spüren, was ganz bestimmt Unsinn ist. Achtundfünfzig … neunundfünfzig … „Falls du es dir noch überlegst, komm einfach rüber“, sagt er, als wir oben angekommen sind. „Es könnte wieder etwas lauter werden.“ Blondie marschiert allein zu seiner Tür, bleibt davor stehen und sieht Vegeta ungeduldig an. Himmel, die muss es nötig haben. „Ich kann wirklich nicht. Aber danke für die Einladung.“ Vegeta guckt mich an, als würde er mir immer noch nicht glauben. (Ich würde mir ja auch nicht glauben) „Du schuldest mir übrigens noch ein Essen.“ Meine Finger stoppen knapp über dem Display, in das ich gerade meinen Code eingeben will. Natürlich mit dem Rücken zu ihm, damit er die Zahlenkombination nicht ablesen kann. Vorsicht muss sein. Zögernd tippe ich weiter und drücke die Tür auf, bevor ich mich zu ihm umdrehe. „Was? Wieso sollte ich?“ „Na ja, ich habe dir immerhin ein Steak gemacht, falls du dich erinnerst. Dafür musst du dich noch revanchieren, oder?“ Mein Gesicht wird heiß. „Vegeta, ich … wirklich, ich weiß nicht, was ...“ (Großer Kami, was will dieser Saiyajin bloß von mir?) Der Geruch seiner Lederjacke steigt mir in die Nase, ein Kribbeln läuft über meinen Rücken. „Nur ein Essen, mehr nicht.“ Er legt lächelnd den Kopf schief. „Und warum sollte ich das tun?“ Er weicht keinen Millimeter zurück. Seine Nähe, sein Geruch, sein intensiver Blick bringen etwas in mir zum Flattern. „Weil ich es will.“ (Klar, das muss einem wie ihm natürlich reichen als Grund) Ich lache leise. „Also gut, ich überleg mir was“, sage ich versöhnlich und denke dabei an den Song, der mich so sehr berührt hat. (Er ist kein schlechter Kerl), versuche ich mich selbst zu überzeugen. Du kannst ihm vertrauen. Jedenfalls ein wenig. „Am Sonntag?“, schlägt er vor. „Ich hasse Sonntage. Die einzigen Tage, an denen ich mich einsam fühle.“ Ein warmes Schaudern läuft mir über den Rücken, nervös lecke ich mir die Lippen. Dass jemand wie er sich einsam fühlen könnte, ist für mich unvorstellbar. (Er hat doch gar keine Ahnung was Einsamkeit bedeutet. Im Gegensatz zu mir.) „Also gut. Sonntag um sechs. Sei pünktlich“, höre ich mich sagen und beiße mir sofort entsetzt auf die Lippe. Mein Herz schlägt mir bis zum Hals, ich fühle mich, als wäre ich kurz vor einer Panikattacke. (Was zum Himmels willen mache ich hier gerade?) Vegeta deutet eine kleine Verbeugung an. „Am besten viel Fleisch. Ich brauche Proteine.“ „Du solltest es mal zur Abwechslung mit Traubenzucker fürs Gehirn versuchen. Hilft wirklich.“ Ich verdrehe die Augen und wende mich meiner Wohnung zu. „Schönen Abend noch.“ „Dir auch, Mrs Frost. Bei was auch immer.“ Er nickt, dann geht er zu seiner Tür, legt einen Arm um Blondies Hüfte und flüstert ihr was ins Ohr. Sie kichert. Hastig geh ich rein und knalle die Tür hinter mir zu. Das Kichern hallt in meinem Kopf nach, bestimmt haben die beiden über mich gelacht. Wieso bloß habe ich ihn gerade zum Essen eingeladen? Ich muss total durchgedreht sein. Offenbar durchströmen irgendwelche Hormone mein Blut und legen meinen Verstand flach. (Was ist hier los?) Ich war immer immun gegen solche Gefühle. Gefühle, wie das, von einem unsichtbaren Magneten angezogen zu werden, obwohl ich mich dagegen wehre. Muss das ausgerechnet bei ihm passieren? Bei einem sexsüchtigen, eingebildeten Prinzen ohne jegliches Verantwortungsbewusstsein? Ich konzentriere mich auf mein Essen, denke aber beim Zubereiten des Salates die ganze Zeit darüber nach, was ich ihm am Sonntag servieren kann. Während einer alten Folge Yorkshire-Pudding, ganz klassisch. Nebenan wird es immer lauter. Musik, Gelächter, Stimmengewirr, klirrende Gläser. Mein Herz schrumpft zusammen. Seit Jahren war ich nicht mehr aus. Nicht, dass ich vor dem Konzert damals eine Partymaus gewesen wäre, aber ich habe auch trotzdem ein ganz normales Leben geführt. So normal das Leben halt sein kann. Keine Party, kein Pub. Kein Alkohol. Kein Risiko. Und ich habe es nicht vermisst. Seitdem Vegeta neben mir wohnt, hat sich das geändert. Plötzlich spüre ich etwas in mir, das sich wie schrecklicher Hunger anfühlt. Nur ist es natürlich kein Hunger – aber was ist es dann? Um halb zwölf ist der Partylärm so laut geworden, dass ich mit Kopfhörern fernsehen muss, um noch irgendwas zu verstehen. Ab und zu dringt trotzdem Musik oder Gelächter von drüben an meine Ohren, und jedes mal fühlt es sich an, als würde jemand mit einem heißen Messer in meinem Bauch herumstochern. Vielleicht kann ich es nicht ertragen, wenn andere verliebt sind und Sex oder einfach nur Spaß haben, weil es so verdammt lange her ist, dass ich selbst mein Leben so genießen konnte. Die Sehnsucht danach scheint mich von innen zu zerfressen wie ein bösartiges Geschwür. Mein Handy vibriert auf dem Couchtisch. Als ich den Absender der SMS entdecke, lasse ich es vor Schreck wie einen heißen Toast fallen. Nein, ich werde den Mist nicht lesen. Ich kann ihm ja nicht mal antworten, weil er so feige ist und immer diesen blöden anonymen Internetdienst benutzt. Meine Finger kribbeln. Neugier und Angst liefern sich einen Ringkampf mit mir. Nebenan zerbricht ein Glas, Geschrei geht in schallendes Gelächter über. Ich wünschte, ich könnte einfach rübergehen und mich benehmen wie ein normales Mädchen: Bier trinken, ein bisschen flirten. Aber ich bin wie gelähmt, die Angst ist stärker als die Sehnsucht. Meine Augen brennen, als ich das Handy aufhebe und die anonyme Nachricht ungelesen lösche. Erst danach kann ich wieder normal atmen. Ich will kein Opfer mehr sein. Nicht wieder weglaufen. Ich schließe die Augen und versuche, mich zu konzentrieren. Etwas zu zählen. An meine Listen zu denken. Stattdessen sehe ich Vegeta vor mir. Schwarze Augen, so voller Leben, so mutig. Warum denke ich ausgerechnet an ihn? Als ob er ein Grund wäre, hier zu bleiben. Als ob sich jemand wie er ernsthaft für eine Langweilerin wie mich interessieren könnte. Was bilde ich mir eigentlich ein? Dennoch – träumen wird ja wohl erlaubt sein, oder nicht? Seltsamerweise hat sich in meine Träume neuerdings jemand eingeschlichen. Jemand mit einem Grübchen neben dem Mund. Mit einem unrasierten, männlichen Kinn. Jemand dessen Körper Testosteron ausschüttet, wie andere Leute schwitzen. Jemand mit einer vorwitzigen und vorlauten Zunge, die in meiner Fantasie über meine intimsten Körperstellen wandert und mich aufstöhnen lässt. Ich erschauere bei dem Gedanken daran, halte die Erinnerung aber fest. Wie von selbst gleitet meine Hand zwischen meine Beine. Meine Finger schieben sich unter den Bund. Im Fernseher läuft Rendezvous mit Joe Black. Während ich meine eigene Feuchtigkeit spüre, die Hitze, die sich in meinem Schoß ausbreitet, starre ich auf den Bildschirm und sehe zwei fremden Menschen zu, die sich lieben. Doch in meiner Einbildung bin ich es, die geküsst wird. Von einem Mann, der all das verkörpert, was ich vermeiden will ... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)