Alles rein geschäftlich! von Hotepneith (Izayoi und der Höllenhund) ================================================================================ Kapitel 27: Eheleben -------------------- Der Juwelier wunderte sich ein wenig, dass das Ratsmitglied bei seiner abendlichen Aufwartung seine Kollektion und die kleinen dazu gestellten Preistafeln nur abnickte. Gewöhnlich sortierten die Herren doch einige teurere Schmuckstücke aus. Aber hier hieß es nur: „Sie haben einen ausgezeichneten Geschmack, Herr Solomon,. Nehmen Sie die Schilder weg...“ Danach gingen die beiden Herren in das Wohnzimmer, wo eine junge Dame im mehrlagigen Kimono kniete. Der Taishou übernahm die Vorstellung: „Das ist Herr Solomon, meine Liebe. Fürstin Fukuwara.“ Izayoi starrte auf das Tablett mit glitzernden Halsketten, ehe sie zu dem Juwelier sah, der sich ihr gegenüber niederließ, sich beide der Blicke des Hausherrn nur zu bewusst. „Ich freue mich Sie kennenzulernen, Herr Solomon. Sie haben sehr schöne Stücke dabei.“ „Danke. Welches gefällt Ihnen, Fürstin?“ Das Ratsmitglied war also der Fürst Fukuwara, ein sehr alter Name, wenn er sich recht entsann. Und er schien verliebt in die junge, durchaus reizende, Dame. Nun ja, wenn man das von einem Youkai zu einem Menschen behaupten konnte. Bis eben hätte er selbst es für unmöglich gehalten. Aber der Taishou hatte nur Augen für seine Frau, nicht für die Diamanten. „Es sollte passen,“ korrigierte Izayoi: „Ich muss gestehen, dass ich noch nie bei einem Opernbesuch in New York war. Ich habe mir heute ein Kleid dafür bestellt. Hier ist die Zeichnung. Es wird smaragdgrün.“ Der Juwelier nahm den Schneiderentwurf. So hatte auch noch niemand bei ihm Diamanten gekauft. Wusste sie nicht, was die Ketten kosteten, oder war ihr das gleich? Geld zu Geld bei dieser Heirat? Hm. Das Kleid war ziemlich stofflastig, um es mal so auszudrücken. Gewöhnlich setzten die Damen doch ihr Dekolleté in Szene, aber das hier war ein wirklich kleiner Ausschnitt. Nun ja, wenn sie in aller Regel Kimono trug...Er warf einen Blick auf seine Kollektion. „Ich darf Ihnen, Fürstin, diese drei hier vorschlagen?“ Er hielt sie auf beiden Händen und präsentierte sie so. Izayoi betrachtete die drei unterschiedlichen Ketten, die nur eines gemeinsam hatten: sie waren sehr dezent. Sie sah zu ihrem Ehemann: „Welche gefällt Ihnen?“ Der Taishou zuckte die Schultern: „Suchen Sie sich etwas aus. Ich bin sicher alle drei sehen an Ihnen passend aus.“ Zwischen den Dreien lag ein Preisunterschied von einem Einfamilienhaus, aber das würde er ihr nicht sagen, auch, wenn sie gerade indirekt gefragt hatte, welche sie nehmen solle. Nein, auch mit Juwelen war sie nicht zu bestechen. Sie suchte schlicht nach einer passenden Kette zur Repräsentation der Konzerne und ihres Ehemannes. Pflicht, nicht Vergnügen. Was schätzte sie nur, wie konnte er sie überzeugen, dass sie ihm sein Wort zurückgeben sollte? Dass er ein Mann war, dem langsam zur Qual wurde sie nur anzusehen? Von ihrer Witterung ganz zu schweigen, die sich wie ein zarter Schleier durch fast das gesamte Anwesen und den Garten zog? Sie hatte sein Wort und das machte es unmöglich mehr als nur Träume zu bekommen. Izayoi betrachtete nochmals die Ketten, dann wählte sie eine schmale Goldkette mit vorn einer Reihe aus kompliziert geschliffenen, reinen Brillanten. „Ich denke, diese würde passen.“ Die mittlere Preislage, dachte der Juwelier, dem allerdings bewusst war, dass sie das nicht ahnte. Jedenfalls besaß die junge Fürstin einen netten Geschmack – er kannte Damen, die zielsicher die wertvollsten Ketten nahmen, gleich, wozu. „Danke, Fürstin. Ich möchte nur vorschlagen....“ Ein fragender Blick zu dem mächtigen Ratsmitglied: „Dass Sie, wenn Sie Ihr Kleid besitzen, mich noch einmal anproben lassen, ob man die Kette ein wenig verlängern oder verkürzen sollte.“ „Ja,“ meinte Izayoi, wenngleich nach einem ebenso fragenden Blick zu ihrem Gatten. Es diente seiner Reputation und es war ihre Pflicht dies zu tun. Dennoch war sie froh über sein zustimmendes Kopfnicken. Hatte sie doch diese kleine Prüfung bestanden und etwas Passendes ausgewählt. Und, ihr war nicht entgangen, dass er sie nicht aus den Augen gelassen hatte. Die Frau in ihr freute sich. Nach einem weiteren Einkauf am folgenden Tag wartete sie daher fast fröhlich im Wohnzimmer – nur, um zu ihrer gewissen Enttäuschung festzustellen, dass der Youkaifürst nicht kam. Zum ersten Mal, seit sie verheiratet waren. Es war natürlich unmöglich jemanden zu fragen – wahrscheinlich hatte er nur viel im Büro zu tun und würde später kommen, wenn sie schon schlief. Sie wusste ja, dass weder er noch sein Sohn anscheinend Schlaf benötigten. Als er jedoch auch eine zweiten und dritten Tag nicht kam, wurde sie nicht nur unruhig sondern empfand etwas wie Angst. Hatte sie etwas falsch gemacht? Doch die falsche Kette gewählt, das falsche Abendkleid? Hatte sie sonst eine Inkorrektheit begangen? Ihr fiel nichts ein. War er etwa bei seiner ersten Gemahlin, die ihm als Youkai sicher besser gefiel? Es hatte sie nichts anzugehen, aber die Vorstellung, dass er diese anlächelte... Als sie mitbekam, dass er am Morgen wie gewohnt mit Sesshoumaru ins Büro fuhr, atmete sie tief durch. Vielleicht machte sie sich nur selbst verrückt? Waren die ausbleibenden Gespräche im Wohnzimmer nur der Hinweis darauf, dass nun die Flitterwochen endgültig vorbei waren? Es war doch nur eine Geschäftsehe. Während sie pflichtbewusst am Computer ihre Mails abarbeitete, fasste sie einen Entschluss. Es brachte nichts sich selbst irre zu machen – der Einzige, der ihre Fragen beantworten konnte, war ihr Ehemann. Sie hatte begonnen romantische Träume zu hegen, aber das waren wohl die törichten Phantasien eines Mädchens. Und das sollte sie sich selbst bewusst machen, damit sie sie ersticken konnte, so nüchtern wie eine Youkai diese Ehe sehen konnte. Sie hatte doch gewusst, auf was sie sich einließ. So wies sie einen Youkaikrieger an, der ihr zufällig im Haus begegnete, er solle dem Taishou ausrichten, dass er abends zu ihr in das Wohnzimmer kommen solle. Ja, das war unhöflich, sie hatte ihrem Ehemann nichts vorzuschreiben, aber formell war es eine Bitte. Kam er nicht, nun, so wusste sie auch woran sie war. Kam er, würde sie ihn wohl eben fragen müssen...vielleicht dürfen. Immerhin hatte er, seit sie ihn kannte, sich immer als nachsichtig ihr gegenüber erwiesen. Sie wartete angespannt, im Kniesitz, zu ihrer Erklärung die Einkaufsliste dieses Tages neben sich. Irgendwie würde sie ihn einfach fragen ob er noch andere Garderobe für den Ausflug nach New York wünsche. Das war harmlos, dachte sie; als sie lauschte. Schritte, die Tür geöffnet....Sie neigte sich vor. Es trug nichts zu ihrer Beruhigung bei, dass er zwar: „Guten Abend, Izayoi,“ sagte, sich jedoch nicht niederließ, sondern an ihr vorbeiging und am Fenster stehen blieb, hinaussah. Hatte sie doch einen Fehler begangen? Nur, welchen? Sie hätte fast zu weinen begonnen: „Taishou, ich bitte Sie...“ Sie musste abbrechen, begann erneut: „Bitte, tadeln Sie mich, strafen Sie mich, schlagen Sie mich - aber ignorieren Sie mich nicht.“ Er drehte sich um: „Izayoi!“ Das hatte er wirklich nicht gewollt. Er hatte sich, seine Ehre und auch und vor allem sie schützen wollen, indem er sie mied: „Ich werde Sie nie schlagen. Und Sie haben auch keinen Fehler begangen. Was denken Sie nur?“ Da waren Tränen in ihren Augen: „Weinen Sie nicht,“ bat er fast. Er konnte es nicht ertragen wenn sie so unglücklich war – und das auch noch um seiner Handlung willen. Er musste es ihr wohl irgendwie erklären: „Nein, Sie haben keinen Fehler begangen. Sie sind eine vermutlich bessere Ehefrau als ich es verdiene.“ Ja, wie sollte er Jiros so streng erzogener Tochter sagen, dass er fast wahnsinnig wurde, weil er nicht einmal ihre Handgelenke sehen, geschweige denn küssen durfte? Vom Rest ganz zu schweigen? Sie sah zu ihm auf, unsicher, ob sie das beruhigen oder beunruhigen sollte: „Taishou, ich...“ Wie sollte sie ihre Ratlosigkeit deutlich machen? Es war ihre Schuld, wenn ihr Ehemann nicht zufrieden war, nie die seine, so war sie erzogen worden: „Bitte, verzeihen Sie mir.“ „Was?“ „Dass...dass ich Sie nicht glücklich machen kann.“ „Wenn Sie das wollen: stehen Sie auf,“ sagte er heiser. Seine Selbstbeherrschung brach. Sie gehorchte, fühlte sich nur Sekundenbruchteile später umarmt und an ihn gepresst, geküsst. Instinktiv schlug sie nach ihm und fand sich sofort frei. Er stand wieder am Fenster und sah hinaus, atmete schwer, als ob er versuchte sich zu beruhigen. „Taishou...“ brachte sie hervor, irgendwie erschreckt, aber auch hilflos. Was war nur los? „Sie brauchen nicht zu weinen.“ Er atmete erneut tief ein: „Ich bin wieder ganz zahm.“ Mit gewisser Selbstironie fügte er hinzu: „Sie haben den Herrn der Hunde an die Kette gelegt.“ Izayoi starrte seinen Rücken an, die Fellteile, den Zopf - und dann begriff sie plötzlich. Sie hatte sein Wort, dass er sie nur mit ihrem Einverständnis berühren würde. Ging es etwa auch ihm so, dass diese wild tanzenden Schmetterlinge im Bauch da waren, wenn er sie ansah – so wie umgekehrt? War das alles nur ein Missverständnis, weil man sich eben nicht so kannte? „Taishou...“ Er wandte sich nicht um: „Ja?“ Es klang wieder ruhig. Irgendwie gab ihr das den Mut sich zu straffen und schlicht zu sagen: „Ich bitte Sie mich zu küssen.“ Da drehte er sich um und musterte sie für einen Moment genau. Aber als er sah, wie selbstsicher sie dastand, das feine Lächeln bemerkte, war es um ihn geschehen. Mit einem Satz war er bei ihr, legte die Arme um sie, und küsste sie. Zunächst behutsam, dann immer intensiver, als er seine Hände endlich, endlich in diesem so dichten Haar vergrub, die so lange gewaltsam zurückgehaltene Leidenschaft in ihm aufflammte. Izayoi erschrak fast, als sie zum ersten Mal in ihrem Leben das Begehren eines Mannes spürte, das ihr galt, aber da die Schmetterlinge in ihr wieder tanzten war es doch wohl gut so. Sie fand den Mut ihre Hände zwischen sein Jackett und seine Fellteile zu schieben, über seinen Rücken zu streichen, was sofort damit beantwortet wurde, dass sie nur mehr fester an ihn gedrückt wurde. Als er endlich – oder schon – den Kopf hob, atmeten beide schwer. Er sah ihr in die Augen: „Izayoi...“ Seine Stimme klang rau: „Ich muss zugeben, ich würde die Sache zwischen uns lieber gleich in Ordnung bringen...Aber es liegt an Ihnen.“ Sie biss sich auf die Lippen: „Darf ich etwas fragen, ehe ich zustimme oder ablehne?“ „Natürlich.“ „Ich habe gehört, es tut weh...“ „Das erste Mal bei Menschenfrauen, ja, das hörte ich auch. Aber ich bin sicher, dass es nur kurz ist. Und ich kann Ihnen versprechen, dass ich mir Mühe geben werde es Sie vergessen zu lassen.“ Er hätte ihr in diesem Moment alles versprochen, den Höllendrachen und den Mond inklusive. Und stellte fest, dass er sich zurücknehmen musste, sich beruhigen musste. Im Augenblick hätte er über sie herfallen können – und das würde sie ihm und er sich selbst nie verzeihen. „Falls Sie mich in einer Stunde in Ihrem Schlafzimmer erwarten würden, würden Sie mich zum glücklichsten Mann der Erde machen.“ Und er sollte in dieser Zeit wirklich, wirklich kalt duschen. „Ich werde Sie erwarten,“ hauchte sie, ehe sie förmlich aus dem Raum floh. Ihre Einkaufsliste war vergessen. Inn ihrem Schlafzimmer erklärte sie etwas atemlos ihrer Zofe, dass diese frei habe – was die erfahrene Eri mit einem Schmunzeln beantwortete, natürlich erst, als sie die Fürstin verlassen hatte. Izayoi betrachtete ein wenig ratlos ihren Kleiderschrank. Was zog man denn nur zu so was an? Zuerst sollte sie wohl duschen, ja, genau, und dann....Ayame hatte ihr doch gesagt da ziehe man diese Dessous an...ja, das war es. Dieser Kouga war ja auch ein männlicher Youkai, da würde es schon stimmen. Und darüber den roten Kimono, den der Taishou ihr zu ihrem einundzwanzigsten Geburtstag geschenkt hatte. Das war bestimmt passend. Oder? Sie war sich doch schrecklich unsicher. Oh, fiel ihr unter der Dusche dann ein, sie musste ja wohl ihre Tür öffnen, damit er nicht annahm, sie mache einen Rückzieher, oder gar gezwungen wurde sie nochmals zu fragen ob sie ihn einließ. Das hatte er ja schon, aber er würde sich stets an sein Wort halten. Ein wenig hektisch erledigte sie ihre Vorbereitungen, immer ein Auge auf die Uhr. Eine Stunde ging so rasch vorbei....Sie wusste natürlich, was passieren würde, Eliza hatte sie doch mehr aufgeklärt als es ihrem Vater Recht gewesen wäre, aber sie hatte sie nicht auf dieses Kribbeln und die Schmetterlinge vorbereitet. Die äußere Tür! Sie fuhr herum und ordnete irgendwie mit den Händen noch ihr Haar. Hatte sie es gebürstet? Sie wusste es nicht mehr. Aber jetzt war es zu spät. Ihr Herz raste förmlich, als sie ihren Ehemann vor ihrer Schwelle stehen sah, und sie verneigte sich eilig. „Ich...ich freue mich,“ sagte sie irgendwie. Er hatte keine Schuhe an und sie konnte zum ersten Mal sehen, dass er diese Krallen auch an den Zehen trug. Seine einzige Oberbekleidung bestand in seinen Fellen, die so natürlich aus seinen Schultern wuchsen wie ihr eigenes Haar aus dem Kopf. So konnte sie seine bloße Brust betrachten und fragte sich unwillkürlich, wie diese so menschenähnlich aussehende Haut sich wohl anfühlen würde. Die Schmetterlinge tanzten schon wieder ihren heißen Tanz. „Die Freude liegt ganz auf meiner Seite,“ versicherte er ihr leise, ehe er den bislang verbotenen Raum betrat und die Tür schloss. „Sie sehen bezaubernd aus. Und ich sehe auch mit Freuden, dass Sie meinen Kimono angezogen haben...“ Er blieb stehen. Erst jetzt, als sie sich aufrichtete, erkannte er, dass sie offenbar nur diesen trug, nicht wie üblich mehrere Lagen. Und dass er so zum ersten Mal ihren Halsansatz, einen Teil ihres Dekolletés, sehen konnte. Überaus anregend. „Wirklich, eine nette Idee. - Haben Sie Angst?“ Zumindest war sie sehr aufgeregt, das verriet ihre Witterung. „Nicht vor Ihnen,“ beteuerte sie hastig. Wie hatte sie damals bei ihrer Geburtstagsfeier gedacht? Ein vornehmes Raubtier kam langsam auf sie zu, sich seiner Beute sicher. Irgendwie war sie doch erleichtert, dass er vor ihr stehenblieb ohne sie sofort anzufassen. Der Inu no Taishou hatte es seit Jahrhunderten nicht mehr mit einer unberührten Fürstentochter zu tun gehabt, aber er vermutete, dass sich die Youkai- und Menschenprinzessin, die ihn geheiratet hatten, in diesem Punkt nicht sonderlich unterschieden. „Nur vor der Sache an sich? Es ist ein für Sie neuer Weg, aber es ist ein Weg, den man nur zu zweit gehen kann. Wir werden voreinander lernen, heute und auch in Zukunft. Lassen Sie es sich einfach gefallen, geben Sie Ihren Gefühlen nach. Es gibt kein Richtig oder Falsch. Ich werde Sie jetzt küssen. Und das kennen Sie...“ „Ja...“ Sie schloss die Augen und bot ihm ihren Mund. Er war behutsam, also wäre es doch wohl eher angenehm als schmerzhaft. Sie sollte ihm vertrauen. Später, ein geflüsterter Dialog im Dunkel: „Wie hast du mich gerade genannt?“ „Oh. Verzeihung, oyakata-sama...ich ..ich dachte nicht nach...“ „Wie hast du mich genannt?“ „Anata.“ „Sag es noch einmal.“ „Anata.“ Anata, das zärtlichste „DU“ das die japanische Sprache zu bieten hatte, das einer Ehefrau für ihren geliebten Mann. „Sag es immer wieder. So hat mich noch nie jemand genannt..“ Am folgenden Morgen sagte Izayoi alle Termine außerhalb des Hauses wegen Kopfschmerzen ab. Nun, es war weniger ihr Kopf, als der Muskelkater in ihren Oberschenkeln und das Ziehen sonst wo, aber das musste ja niemand wissen. Eri, natürlich, denn ihre Zofe hatte das Bett bereits neu bezogen, sich jedoch wohlerzogen jeden Kommentar gespart. Ehe er ging hatte der Taishou ihr noch erklärt, dass sie sich in ihrem Zimmer sicher fühlen könnte. Er würde sie nie ohne Anfrage quasi überfallen. Und das hatte sie doch erleichtert. Ihr war klar, dass sie ihm nach Youkairecht vollkommen ausgeliefert war, aber er machte keinen Gebrauch von diesen Rechten. Jedenfalls hatte er, wenngleich auf ihre schüchterne Nachfrage hin, ihr versichert, dass sie ihn sehr glücklich gemacht habe. Das freute sie doch, hatte sie kaum angenommen, dass Ahnungslosigkeit da ein guter Ratgeber wäre. Aber vermutlich hatte er Recht und sie lernte dazu. Auf jeden Fall war Ayames Tipp mit der schwarzen Spitzenwäsche gut gewesen. Er hatte förmlich nach Luft geschnappt, dann sanft gemeint, das sei eine sehr, sehr nette Überraschung. Der Taishou sah sich in seinem Büro derart überfallen, dass er sich keinerlei Gedanken an die vergangene Nacht leisten konnte. Maseo erwartete ihn unangemeldet mit einer Akte unter dem Arm. „Onigumo?“ „Onigumo,“ bestätigte der alte Wolfsyoukai. „Ich denke, wir haben ihn, oyakata-sama.“ Kouga hatte wirklich ganze Arbeit geleistet mit seinen Leuten. Er sollte seinen Enkel dafür belohnen. Manches an dem gefiel ihm nicht, wie die Tatsache, dass er ohne Heirat mit Ayame zusammenlebte, aber es waren eben andere Zeiten, auch bei Youkai, angebrochen. Und da musste er nur auf den Fürsten vor sich sehen, an dem noch deutlich die Witterung Izayois hing. Keine Frage, was der noch vor wenigen Stunden getrieben hatte. Nun, umso besser. Da würde er auch bei einem möglichen Fehler nachsichtiger sein. Vielleicht, denn eigentlich trennte der Taishou Privatleben und Herrschaft strikt. „Kommen Sie mit, Maseo.“ In der Besucherecke knieten die beiden Youkai nieder. Maseo wartet das kurze Nicken ab, ehe er begann: „Onigumo ist ein Hanyou. Also solcher wird er einmal im Monat zu einem Menschen, der sich absolut unauffällig bewegen kann. Die Phantombildzeichner der Polizei haben gute Arbeit geleistet und ein Bild, das seiner Hanyougestalt ähnlich ist, nachgezeichnet. Es hängt überall aus. Des weiteren suchten wir alle Grundstücke ab, die er besaß oder besitzt, und stießen endlich auf ein Ferienhaus, das er vor Jahren kaufte, dann jedoch seiner Mutter überschrieb. Die Spinne wohnte da offensichtlich auch, starb jedoch. Das Haus wurde allerdings nie wieder auf ihn überschrieben, obwohl er es erbte. Vermutlich lief etwas schief oder er hat mit Geld nachgeholfen. Da sind die Kollegen von der menschlichen Polizei dran. Das Haus liegt im Wald, abseits der Autobahn, aber nahe genug daran. Und es handelt sich um die Autobahn zum westlichen Flughafen. Ein gewisser Akago hat dort vor vier Wochen einen Flug nach Singapur gebucht für morgen. Ein Mensch, allerdings ohne den üblichen zweiten Namen. Es wäre allerdings auch nicht aufgefallen, würden nicht Menschen und Youkai an den Flugplätzen in Alarmbereitschaft sein. Soll die Falle am Flughafen zuschnappen, oyakata-sama?“ „Nein.“ Der Taishou dachte nach: „Er ist mir zu raffiniert und auf einem Flughafen gibt es jede Menge potentieller Geiseln. Er hat bislang immer einen Plan B gehabt. Geben Sie mir die Adresse dieses Hauses. Ich werde mich selbst darum kümmern.“ Maseo dachte an das Höllenschwert und meinte unbehaglich: „Natürlich, wie Sie wollen. Hier.“ Er hatte es nur einmal in Aktion gesehen – bedauerlicherweise gegen ihn. Das war nichts, was er noch einmal bräuchte, und er fragte sich noch heute, warum der Taishou an ihm vorbeigezogen hatte. Jedenfalls schuldete er ihm sein Leben – denn ein Versehen war bei dieser Macht auszuschließen. „Hier ist die Adresse, und, wenn Sie mir gestatten, hier ist die Landkarte.“ „Gute Arbeit, Maseo. Danke. Auch an Ihre Mitarbeiter und Familie. - Ich bin dann einmal auf dem Weg in den Westen.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)