War between humans and elves von Hunter25 ================================================================================ Kapitel 3: Gedanken ordnen -------------------------- Sophie, ihr Großvater und Lorion sitzen gemeinsam um den Esstisch herum und starren vor sich hin. Keiner will das erste Wort sagen, doch schließlich opfert sich der Elf und beginnt damit, seine Geschichte zu erzählen. „Ihr wolltet doch die Wahrheit über mich wissen. Nun…ich erzähle euch, was im Wald vorgefallen ist, bevor Sophie mich gefunden hat.“ Er macht eine kurze Pause, bevor er beginnt. „Ich lebte zusammen mit vielen anderen Elfen in der Nähe der Berge, doch aufgrund der niedrigen Temperaturen mussten wir weiterziehen. Wir blieben eine Weile in der Nähe des Dorfes Kreonia, doch nach einem kleinen Zwischenfall mussten wir auch von dort weg.“ „Welcher kleine Zwischenfall?“, will der alte Mann sofort wissen und schaut Lorion nun direkt in die Augen. Der Elf überlegt einen Moment, bevor er ihm seelenruhig antwortet: „Einer unserer jüngsten Elfen kam versehentlich in Kontakt mit einem menschlichen Kind. Die beiden spielten zusammen, als die Mutter des Elfenkindes ihn sofort mitnahm, nachdem sie dies entdeckt hatte und eilig verschwand. Sie benachrichtigte uns und wir beschlossen weiter zuziehen, um kein Aufsehen zu erregen und einen erneuten Krieg zu entfachen.“ Sophies Großvater nickt langsam und entspannt sich wieder auf seinem Platz. Als Lorion die Worte „kleiner Zwischenfall“ erwähnte, musste er sofort an die Zeit von vor fast hundert Jahren denken, als „ein kleiner Zwischenfall“ einen Krieg auslöste. „Jedenfalls sind wir weiter gezogen und in der Nähe eures Dorfes gelandet. Und…heute Morgen haben einige von uns beschlossen, sich auf die Suche nach Schnee- und Flockenfrüchten für unsere Nahrungsvorräte zu machen. Wir teilten uns im Wald auf und dummerweise kamen uns oder besser gesagt mir zwei Jäger zuvor. Sie sahen mich, wie ich die Früchte pflückte und fragten mich, wieso ich das tat. Ich war so vertieft in meine Beschäftigung gewesen, dass ich sie nicht kommen hörte und im Winter ist der Geruchssinn von Elfen wesentlich schlechter als in anderen Jahreszeiten. Als ich versuchte, mich vor ihnen davon zu schleichen, erkannten sie meine Ohren und brüllten sofort auf mich ein. Ich erklärte ihnen, dass ich keine bösen Absichten hatte, doch sie wollten nicht auf mich hören und zogen ihre Gewehre. Ich rannte weg, doch sie folgten mir und kurz darauf viel der erste Schuss und gleich darauf der zweite. Einer von ihnen traf mich direkt in die Schulter, die zweite Kugel des Anderen ging durch meinen Arm.“ Während er von seinen Verletzungen erzählt, schaut er sich nachdenklich seine sorgfältig angelegten Verbände an. „Ich konnte mich die letzten Meter bis hin zur Grube, in der du mich gefunden hast hin schleifen, während ich versuchte, so wenig Blut wie möglich zu verlieren. Als ich sie dann näher kommen hörte, dachte ich, dass sei nun das Ende, doch sie übersahen mich und rannten weiter. Später konnte ich dann noch deine Stimme wahrnehmen und hoffte, dass du es Ernst meintest, als du gesagt hast, dass wir mich hier weg schaffen müssen, bevor ich verblute.“ Sophie muss grinsen, als sie das hört. „Daran erinnerst du dich noch?“ Er nickt lächelnd. „Ich muss mich noch einmal aus tiefster Seele bei Ihnen beiden bedanken.“, meint Lorion dankbar. „Es gibt nicht viele Menschen, die uns nicht mit Fackel und Heugabel verjagen möchten.“, fügt er leicht lachend hinzu. „Das stimmt.“, erwidert Sophie lächelnd. „Doch mein Großvater und ich sind anderer Meinung. Ich habe von ihm gelernt, den Elfen zu vertrauen und sie zu achten und nicht wie Monster zu behandeln.“ Dabei wendet sich Sophie an ihren Opa und schenkt ihm ein dankbares Lächeln. Er nimmt daraufhin ihre Hand, um sie fest zu halten, doch dabei bemerkt er den Ring, den Richard hier gelassen hat. Er lässt ihre Hand wieder los und sieht bedrückt zur Seite hinweg. Daraufhin versteckt Sophie beschämt ihre Hand unter dem Tisch und sieht ebenfalls weg. Lorion hingegen beobachtet die beiden und kann die erdrückende Atmosphäre bis unter die Haut spüren. „Wer war der Mann, der vorhin hier gewesen ist?“, fragt der Elf die beiden jetzt, woraufhin nur Sophie aufmerksam wird und ihm eine Antwort auf seine Frage gibt. „Das war der oberste Regierungschef von Alkatiol. Ich weiß nicht, ob du unsere Regierungsform kennst, doch es gibt vier Besatzungen, die unsere Regierung bilden. Sie besteht aus vier Männern, welche sich darum kümmern sollen, dass es uns und der Stadt sowie den anliegenden Dörfern gut geht. Und er ist die am Rang höchst gestellte Besatzung der Regierung.“ „Und warum hat er um deine Hand angehalten?“ Dieser Satz kommt für sie wie aus der Pistole geschossen, auch wenn Sophie mit dieser Frage gerechnet hatte, weswegen sie dennoch keine Antwort parat hat. „Äh…er…“ Sie versucht die Worte in ihrem Kopf zu ordnen und einen sinnvollen Satz wiederzugeben, als ihr Großvater für sie antwortet. „Weil er sie für seine Gelüste missbrauchen will. Er will doch gar nicht Sophie! Er will bloß eine weitere Frau in seiner Sammlung!“ „Großvater!“ Sophie ist aufgesprungen, nachdem er den ersten Satz ausgesprochen hat und schaut ihren Opa verärgert und beschämt an. „Wie kannst du so etwas nur sagen?!“, schreit sie ihn fassungslos an. „Sophie! Ich will dich nur vor ihm beschützen! Er ist nicht gut für dich. Er will doch nur-“, doch Sophie kommt ihm dazwischen. „Nicht gut? Er ist mehr als nur gut für mich. Für uns! Er hat Geld und Macht. Und das ist alles, was heutzutage zählt!“, widerspricht sie ihm lauthals. „Sophie…“, flüstert ihr Opa und schaut seine Enkelin dabei mit wehleidigen Augen an. „Du denkst vielleicht, dass er ein Tyrann, ein furchtbarer Mensch und schrecklicher Herrscher ist. Ich sehe in ihm jedoch etwas ganz anderes!“ Ihre Tränen sind nicht mehr aufzuhalten. Sie rinnen ihr nun über beide Wangen, als sie diese weg wischt und nach draußen hinaus rennt. „Sophie!“ Er ruft ihr noch hinterher, doch das Mädchen rennt weiter. „Ich bringe sie zurück.“ Lorion, der bis dahin kein Wort mehr gesagt hat, steht auf und schreitet ebenfalls hinaus in die kalte Dezemberluft. Lorion steht vor dem Wald. Konzentriert versucht er heraus zu hören, wo sich Sophie gerade befindet und tatsächlich! Er hört ihre Schritte auf dem mit Schnee und Ästen bedeckten Untergrund und eilt in den Wald hinein. Plötzlich bleibt er stehen, als er das Mädchen vor einem Busch knien sieht. „Sophie.“, sagt er leise und mit einer so sanften Stimme, wie sie das Mädchen schon lange nicht mehr von einem Jungen gehört hat. Sie hat ihn kommen gehört, weshalb sie nicht erschrocken ist. Doch im Moment weiß sie gar nicht, über was sie mit dem Elf reden soll. Darum beschließt sie vorerst zu schweigen. Er kommt langsam auf sie zu und kniet sich neben sie. Sie riskiert einen Blick nach rechts, wo sich seine Statur befindet. „Du solltest mit deinen Verletzungen nicht einfach so in die Kälte hinaus rennen.“, ermahnt sie ihn und zieht ihre Jacke aus, die sie ihm dann über die Schultern streift. „Ich brauche deine Jacke nicht. Nimm du sie.“, will er ihr liebevolles Angebot ablehnen, doch das Mädchen lässt nicht locker. „Nein. Du wirst sie behalten. Ich werde sie nicht zurücknehmen.“ Mit sturem Blick starrt sie geradeaus auf den Busch, an dem einige Schneefrüchte hängen, bis er die Jacke schließlich dankend annimmt. Es herrscht kurz Stille, bis der Elf diese schließlich unterbricht. „Ich wollte nicht von eurem obersten Regierungschef anfangen. Ich schätze…ich war nur neugierig. Verzeih mir.“ Mit einem peinlich berührten Gesichtsausdruck schaut er dem Mädchen in die Augen, bis diese ein Grinsen nicht unterdrücken kann. „Ist schon in Ordnung. Ich hätte an deiner Stelle ebenfalls gefragt. Dieses Thema steht nur schon zu lange zwischen meinem Großvater und mir.“ „Hast du gewusst, dass der Chef um deine Hand anhalten würde?“, fragt Lorion sie neugierig, woraufhin sie zögernd nickt. „Im Sommer vor zwei Jahren gab er mir ein Versprechen. Er sagte, er würde mich in zwei Jahren mit sich nehmen und ich solle solange auf ihn warten.“ „Wow…“, staunt der Elf nicht schlecht. „Er hat sein Versprechen also gehalten.“ „Das hat er…“, flüstert sie leise und senkt dabei den Kopf immer weiter nach unten. „Was…hast du damit gemeint, als du sagtest, dein Großvater würde ihn für einen schrecklichen Menschen und sogar Tyrannen halten?“, hackt er weiter nach und Sophie hebt langsam wieder ihren Kopf. „Richard…ist unser oberster Regierungschef. Seine Aufgaben bestehen darin, sich um sein Volk und seine Stadt zu kümmern, dafür zu sorgen, dass es jedem gut geht und niemand leiden muss. Doch genau das scheint er nicht zu erfüllen. Hier leben einfach viel zu viele Menschen in Armut und es wird immer schlimmer. Während es sich die Reichen gut gehen lassen, interessiert sich niemand für die Armen und Obdachlosen. Und wir Arbeiter, die sich kaum über Wasser halten können, sollen noch mehr arbeiten und schuften. Daher mögen ihn die Bürger nicht sehr besonders und mein Großvater hasst ihn gar zu tief.“ „Verstehe. Und…er, Richard, hat um deine Hand angehalten, weil…er sich vor zwei Jahren in dich verliebt hat?“ Seine Frage kommt zögerlich. Er kann selber noch nicht fassen, was sich da vorhin zwischen den beiden im Haus abgespielt hat. „Sozusagen. Er gab mir ein Versprechen und er hielt es ein. Ich bin vor Kurzem sechzehn Jahre alt geworden. Nun ist es mir gestattet, jemanden zu heiraten und eine Familie zu gründen.“ „Und Richard meint offenbar, dass er dein Partner für den Rest eures Lebens sein wird.“ „So…sieht es aus. Wir hatten nie eine Beziehung zwischen uns. Wir sahen uns lediglich auf einigen Festen oder zufällig auf dem Markt. Er kam ab und zu vorbei, um sich nach meinem Großvater und mir zu erkundigen, doch das ist schon alles. Ich verstehe also nicht, warum er ausgerechnet mich heiraten will.“ Diese Frage hängt eine Weile in der Luft, bis Lorion ihr eine Antwort darauf gibt. „Ich schätze, weil er dich liebt.“ Sophie hebt den Kopf und schaut dem Elf ins Gesicht. Die Nachmittagssonne strahlt ihm von der Seite aus ins Gesicht und erleuchtet seine bereits so schon leuchtend blauen Augen. „Das muss es sein…“, stimmt sie ihm leise zu. Er hebt seine rechte Hand und legt sie ihr vorsichtig an die Wange. „Sophie…“, flüstert er mit einer sanften und so reinen Stimme, wie sie das Mädchen noch nie gehört hat. Sie umschließt seine Hand, welche noch immer an ihrer Wange liegt und schließt kurzzeitig die Augen. „Ich…muss dir etwas gestehen.“ Sie öffnet ihre Augen wieder und sieht ihm nun direkt in seine. „Sophie…der Grund, weshalb wir Elfen hierher weiter gezogen sind, war der, dass wir vorhaben, den Krieg hinter uns zu lassen und von Neuem zu beginnen.“ Einen kurzen Moment lang ist sie überrascht und sortiert erst mal ihre umher schwirrenden Gedanken. „Was meinst du damit?“ Fragend sieht sie ihn an, als er langsam wieder seine Hand von ihrer Wange nimmt. „Nachdem wir gehört hatten, wie glücklich die beiden Kinder miteinander gespielt haben, mussten wir alle eine Zeit lang darüber nachdenken, wie schön es wäre, wieder in den Städten und Dörfern leben zu können und sich nicht mehr verstecken und Angst haben zu müssen. Wir dachten auch darüber nach, was alles Schlimmes passieren könnte, wenn die Menschen uns nicht da haben wollen. Doch eine eindeutige Mehrheit war dafür, dass wir es wenigstens versuchen sollten.“ Er beendet vorerst seine Erzählung von dem eigentlichen Grund, aus dem die anmutigen Fabelwesen zurückgekehrt sind und sieht Sophie hoffnungsvoll an. „Was…hältst du davon?“, fragt er sie schließlich, nachdem sie eine Weile geschwiegen haben. „Ich…ich finde, dass…sich das wirklich, wirklich schön anhört.“, gesteht sie nach langem Zögern und schenkt Lorion ein bezauberndes Lächeln. „Wirklich? Das ist klasse!“, ruft er vor lauter Freude und nimmt das Mädchen in die Arme. Sie erwidert seine stürmische Umarmung lachend, als er sie wieder los lässt und sich die beiden mit ihren Gesichtern nun ganz nahe sind. Er wagt einen Versuch und nähert sich ihren Lippen, doch Sophie lehnt diesen Versuch ab, in dem sie mit ihrem Körper ein Stück weit von ihm zurückweicht. „Oh…bitte verzeih. Mein Fehler.“, entschuldigt sich der Elf mit hochrotem Kopf und lässt das Mädchen los. „N-nein. Ist schon in Ordnung.“, winkt sie seine Entschuldigung peinlich berührt mit der Hand ab. „Aber…die Idee zurück zu kommen finde ich wirklich gut.“ Sie schenkt ihm erneut ein warmherziges und ehrliches Lächeln. Daraufhin lächelt auch er und meint mit feurigen Augen: „Das freut mich, denn ich werde deine Hilfe benötigen.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)