Vielleicht irgendwann von Juju ================================================================================ 8. Kapitel, in dem Taichi und Yamato kriminell werden ----------------------------------------------------- „Ich kann es einfach nicht glauben!“, rief Natsuko aufgebracht ins Telefon, während sie wild mit der freien Hand gestikulierte, was die Person am anderen Ende natürlich nicht sehen konnte. „Hast du diesen Jungen denn gar nicht im Griff? Das ist ja wohl die Höhe! Es sind nicht nur ein paar Ohrlöcher, verdammt! Es geht darum, dass er mit einer gefälschten Unterschrift ins Piercingstudio rennt und etwas tut, was du ihm verboten hast! Und außerdem hat er sich das Geld dafür einfach von dir geklaut! Er hat sich… Um Himmels willen, Hiroaki! Wenn du das so siehst, ziehe ich vor Gericht und erwirke, dass Yamato zu mir kommt!“ Angespannt biss Hikari sich auf die Unterlippe und warf einen Blick auf Takeru. Sie hatten sich eigentlich bei ihm zu Hause getroffen, um sich gegenseitig die Langeweile nach dem Schultag zu vertreiben, bis Natsuko vor Wut schnaubend nach Hause gekommen war. Yamato hatte sich heimlich Ohrlöcher vom Geld seines Vaters stechen lassen, weil er unbedingt Tunnel in den Ohrläppchen haben wollte. Schon seit einem Jahr hatte er seinem Vater und auch seiner Mutter damit in den Ohren gelegen, das wusste Hikari. Er interessierte sich auch für Tattoos und Piercings, doch wollte erst einmal klein anfangen. Einmal hatte er Hikari ein Tattoomagazin gezeigt. Zuerst war sie geschockt, doch dann hatte sie ihn für seinen Mut und seine Coolness bewundert. Nachdem Natsuko nach Hause gekommen war, hatte sich Takerus Stimmung geändert. Er war wachsam geworden und von dem Augenblick an, da Natsuko das Telefonat mit Hiroaki begonnen hatte, galt seine volle Aufmerksamkeit dem Gespräch. Zu Beginn hatte Hikari noch versucht, ihn abzulenken, da sie ahnte, dass es kein nettes Gespräch werden würde, doch nun saß sie nur da, hoffte, dass es bald vorbei war und beobachtete Takeru. Dieser saß auf dem Boden seines Zimmers, hatte den Kopf gesenkt, den Blick starr auf einen unbestimmten Punkt gerichtet und lauschte mit finsterer Miene. „Natürlich lohnt sich das noch! Das wären immerhin drei Jahre, die er bei jemandem verbringt, der sich um ihn zu kümmern weiß! Wäre er von Anfang an bei mir geblieben, hätte er jetzt sicher nicht diese Rockstarflausen im Kopf! Da wäre ich mir an deiner Stelle nicht so sicher! Wenn er in drei Jahren wie ein Penner unter der Brücke schläft und sich mit seiner albernen Gitarre Geld erbettelt, ist das allein deine Schuld! Es interessiert doch überhaupt niemanden, ob er Talent hat! Was glaubst du, wie viele Möchtegern-Musiker es da draußen in der großen weiten Welt gibt, die Talent und trotzdem keinen Erfolg haben? Ich werde um jeden Preis verhindern, dass mein Sohn einer davon wird! Schön! Dann sei es so!“ Man konnte hören, wie Natsuko das Telefon unsanft zurück in seine Halterung beförderte, in ihr Schlafzimmer stampfte und die Tür zuknallte. „Keru“, murmelte Kari. Es war ihr unangenehm, bei so einem Gespräch dabei gewesen zu sein. Und sie hatte Angst vor seiner Reaktion. Wie oft hatte er nicht schon mit ihr darüber gesprochen, wie er seine Eltern wieder miteinander versöhnen könnte? „Wollen wir zu dir gehen?“, fragte er, ohne sie anzusehen. „Ja.“   Keine zehn Minuten später schloss Hikari die Wohnungstür zu den Yagamis auf und sie betraten die Wohnung. Während sie ihre Schuhe und Jacken auszogen, kam Yuuko ihnen entgegen gelaufen. „Hallo, ihr beiden. Wart ihr bei T.K.?“, fragte sie. Beide nickten. „Kari, ich habe mir das zwar schon gedacht, aber ich will trotzdem, dass du mir das nächste Mal Bescheid sagst, wo du bist, okay? Ich mache mir doch Sorgen, wenn du nach der Schule nicht nach Hause kommst.“ „Entschuldige, Mama. Hab’s vergessen“, erwiderte Hikari. „Schon gut. Merk‘ es dir einfach fürs nächste Mal.“ Sie wandte sich lächelnd an Takeru. „Möchtest du zum Essen bleiben? Es gibt Spinatauflauf.“ „Ähm… ja, danke“, antwortete er. Sie verzogen sich für eine Weile in Hikaris Zimmer, bis Yuuko sie erneut zum Essen rief. Zum gleichen Zeitpunkt betrat auch Taichi die Wohnung. Er hatte sich nicht die Mühe gemacht, nach dem Fußballtraining wieder in seine Schuluniform zu schlüpfen, sondern trug noch immer seine schlammbespritzte Fußballkleidung. Sein Trainer hatte kein Erbarmen, sondern ließ sie auch bei Regenwetter über den Platz rennen. Taichi sagte mittlerweile jedoch selbst, es gäbe kein schlechtes Wetter, sondern nur schlechte Kleidung. „Ah, Herrgott, Tai! Wie oft soll ich dir noch sagen, dass du die Schuhe vor der Tür ausziehen sollst, wenn sie so aussehen?“, rief Yuuko ihm entgegen und deutete auf seine Fußballschuhe, mit denen er eine kleine Schlammpfütze um den Bereich der Wohnungstür verursacht hatte. „Sorry“, murmelte er und trat sich achtlos die Schuhe von den Füßen. Er machte sich auf den Weg ins Badezimmer, doch Yuuko hielt ihn auf, während Hikari und Takeru sich an den Tisch setzten. „Ich muss noch was mit dir besprechen.“ Taichi hielt in seiner Bewegung inne und Hikari konnte sehen, wie er sich anspannte. Wann immer Yuuko Yagami so etwas zu ihm sagte, bedeutete es nichts Gutes. Es bedeutete, dass er etwas ausgefressen hatte. „Was denn?“, fragte er und Hikari konnte sehen, dass er versuchte, möglichst unschuldig auszusehen. Wie immer. „Hast du gewusst, dass Matt sich mit gefälschter Unterschrift und geklautem Geld Ohrlöcher stechen lässt?“ Stille im Raum. Hikari und Takeru tauschten einen beklommenen Blick. Da flohen sie vor diesem Thema aus seiner Wohnung und dann das. Taichi unterdessen hielt zwar dem Blick seiner Mutter stand – das hatte er jahrelang trainiert – antwortete jedoch nicht, was ihr Antwort genug war. „Also hast du es gewusst.“ „Es sind nur Ohrlöcher. Was ist schlimm daran?“, verteidigte er seinen besten Freund. „Dass er die Unterschrift seines Vaters dafür fälscht und ihm auch noch Geld klaut“, antwortete Yuuko nun lauter. „Ja, weil sein Vater die ganze Zeit nein gesagt hat und…“ „Und da ist es die richtige Entscheidung, es einfach heimlich zu machen?“ „Es sind nur Ohrlöcher“, wiederholte Taichi, wurde jedoch allmählich unsicher. Er war einen Schritt zurückgetreten, während Yuuko ihm näherkam. „Und wusstest du auch von dem geklauten Geld?“, fragte sie scharf, ohne auf seinen Einwand einzugehen. „Es war nur das eine Mal. Er will es ihm…“ „Nur das eine Mal?“, unterbrach Yuuko ihn ungehalten. „Ich zweifle langsam an deinen Moralvorstellungen! Findest du es in Ordnung, seinen Eltern Geld zu klauen, um sich etwas zu besorgen, was sie einem verboten haben?“ „N-nein, aber…“ Er druckste herum, schien nicht zu wissen, was er sagen sollte. „Es war nur das eine Mal.“ „Warte mal.“ Yuuko verschränkte die Arme vor der Brust und baute sich vor ihm auf. Er war mittlerweile ein wenig größer als sie, schien jedoch gerade zu schrumpfen. „Sag‘ mir nicht, dass du das auch schon ‚nur das eine Mal‘ getan hast.“ Er zögerte einen Augenblick zu lang. „Oh mein Gott, Taichi Yagami! Ich kann es nicht glauben!“, rief Yuuko und fuhr sich mit beiden Händen in die Haare. „Das ist doch wohl nicht dein Ernst.“ Mit großen Augen starrte Hikari ihren Bruder an. Hatte er ihren Eltern tatsächlich Geld geklaut? Wofür? „Es war wirklich nur einmal!“, beteuerte Taichi sofort und hob abwehrend die Hände. „Und ich habe es zurückgegeben!“ „Was hast du mit dem Geld gemacht?“, fauchte Yuuko. „Ich habe es für diese eine CD gebraucht“, antwortete Taichi kleinlaut. „Ich wollte sie unbedingt haben und mein Geburtstag und Weihnachten waren noch so lang hin und ich wusste, dass ihr sie mir nicht kaufen würdet.“ „Und da hast du gedacht, du klaust dir das Geld einfach mal?“ „Ich habe danach mein ganzes Taschengeld gespart und es zurückgetan“, erwiderte Taichi verzweifelt. „Ehrlich.“ „Erst raucht ihr heimlich und lasst euch von einem aus der Oberschule Zigaretten besorgen, dann das mit dem Bier und jetzt klaut ihr euren Eltern auch noch Geld! Ihr werdet langsam zu Kriminellen! Was haben wir falsch gemacht?“, rief Yuuko und starrte Taichi fassungslos an. Dieser stand inzwischen mit dem Rücken zur Wand und schien mit jedem ihrer Worte ein Stückchen kleiner geworden zu sein. „Mama, ich bin doch nicht…“ „Ach, geh’ mir aus den Augen!“ Yuuko wandte sich um und kehrte an den Esstisch zurück, um sich dem Essen zu widmen. Sowohl Hikari als auch Takeru war der Hunger mittlerweile vergangen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)