Vielleicht irgendwann von Juju ================================================================================ 15. Kapitel, in dem Mütter nerven --------------------------------- „Boah, Mama, wieso darf ich denn nicht?“, rief Hikari wütend und ballte die Hände zu Fäusten. „Das ist total unfair! Alle gehen dahin!“ „Das stimmt doch gar nicht“, antwortete Yuuko gelassen. „Takeru darf auch nicht gehen, das weiß ich.“ „Ja, toll, einer. Aber die ganze restliche Schule geht hin! Ich bin voll der Außenseiter, wenn ich nicht beim Konzert bin!“ „Ich bin mir hundertprozentig sicher, dass nicht ‚die ganze restliche Schule‘ dort sein wird, weil viele der Schüler noch jünger sind als du.“ Hikari wusste nicht, was sie an ihrer Mutter im Moment mehr nervte: dass sie ihr verbot, das Konzert der Tokyo Rebels in einem Nachtclub am Samstag zu besuchen oder dass sie nebenbei seelenruhig die Küche aufräumte, als würden sie hier gerade sorglos über das Wetter plaudern. „Ist doch egal, wer alles hingeht!“, fauchte Hikari. „Momoko und Kazumi gehen hin und ich wollte mit ihnen zusammen gehen!“ „Daraus wird leider nichts, weil ich meine vierzehnjährige Tochter nicht allein in einen Nachtclub gehen lasse“, erwiderte Yuuko ruhig und wischte die Arbeitsfläche. Sie sah Hikari nicht einmal an. „Boah warum denn nicht? Was soll denn passieren? Ich bestell‘ mir schon keinen Alkohol! Ich will einfach nur das Konzert sehen!“ Und Yamato. Vor allem Yamato. Immer, wenn sie ihn singen hörte und sah, wurden ihre Knie ganz weich und ihr Herz schien aus ihrer Brust springen zu wollen. Sie wollte so oft seine Konzerte besuchen, wie es nur ging. Und außerdem wäre es ihre erste Gelegenheit, Sora einmal auszukundschaften, da diese auch auf dem Konzert sein würde, wie sie von Taichi wusste. Doch leider legte ihre Mutter ihr anscheinend nur zu gern Steine in den Weg. „Wie würdest du denn zu dem Club und wieder zurückkommen?“, fragte Yuuko, drehte sich nun endlich zu ihr um und musterte sie mit einer hochgezogenen Augenbraue. „Mit dem Bus oder so“, antwortete Hikari ungeduldig. „Ich fahre ständig allein Bus, falls dir das noch nicht aufgefallen ist!“ „Nicht in diesem Ton“, sagte Yuuko angesäuert. „Und ich will nicht, dass du nachts allein Bus fährst und dich in einem Nachtclub herumtreibst.“ „Aber Tai und Matt sind doch da. Ich kann doch zu ihnen gehen, wenn ich ein Problem habe“, widersprach Hikari genervt. „Und du glaubst, die beiden Jungs haben nichts Besseres zu tun, als auf dich aufzupassen?“, fragte ihre Mutter und verschränkte die Arme vor der Brust. Dieser Satz traf Hikari härter, als sie erwartet hatte. Auch ihre eigene Mutter sah es also so, dass Hikari das kleine Mädchen war, das beschützt werden musste. Nur eine kleine Schwester, sowohl für Taichi als auch für Yamato. Eine kleine Schwester, in der nie jemand etwas anderes sehen würde. „Wieso darf Tai da überhaupt hingehen und ich nicht?“, rief sie nun empört und stampfte mit dem Fuß auf. Ihre Mutter beobachtete die Geste missbilligend. „Tai ist fast achtzehn. Du bist vierzehn.“ „Das ist total unfair!“, rief Hikari entrüstet. „Tai darf voll viel und ich darf nichts! Ich kann doch auch nichts dafür, dass ich jünger bin!“ „Du armes Kind, nichts darfst du“, murmelte Yuuko trocken und wandte sich wieder ihrer Arbeit in der Küche zu. „Hallo, hörst du mir überhaupt zu? Ich fühle mich null ernst genommen von dir!“, rief Hikari und war kurz vorm Ausflippen. „Wieso darf ich nie was? Ich bin kein Kind mehr! Ich werde voll die Außenseiterin sein und alle werden sich am Montag über das Konzert unterhalten, nur ich kann nicht mitreden! Willst du das? Willst du, dass ich keine Freunde mehr habe, weil ich bei allen nur noch das peinliche Mamakind bin?“ Yuuko antwortete nicht, sondern seufzte nur schwer und räumte das Putzmittel zurück in den Schrank. „Jetzt lass‘ mich doch bitte auf das Konzert gehen. Ich verspreche auch, dass nichts passiert und ich rechtzeitig wieder nach Hause komme, keinen Alkohol trinke und nicht mit Fremden rede“, bettelte Hikari in einem letzten Versuch, ihre Mutter dazu zu überreden, sie auf das Konzert zu lassen. Wenn Yamato wüsste, dass sie hier gerade ihre Würde im hohen Bogen über Bord warf, würde er sich wohl erst recht nicht für sie interessieren. „Du wirst am Samstag nicht auf dieses Konzert gehen. Ende der Diskussion“, sagte Yuuko nun entschieden und warf den Lappen in die Spüle. „Aber Mama, ich…“ „Ich sagte, Ende der Diskussion.“ „Warum darf ich denn nicht…“ „Ich wiederhole es gern noch einmal: Ende der Diskussion.“ Hikari stieß einen wütenden Schrei aus, drehte sich um und stampfte davon. Sie wollte nur eines: so schnell wie möglich weg. Weg aus dieser Wohnung, in der sie niemand verstand, in der Taichi alles durfte und sie nicht, in der Eltern das Sozialleben ihrer Kinder egal war. Sie knallte die Wohnungstür hinter sich zu und ging den kurzen Fußweg zur Wohnung von Takeru und Natsuko, wo sie Sturm klingelte. Nach einigen Sekunden riss Natsuko die Tür auf und kam ihr wütend entgegen, sodass Hikari zurückschreckte. „Hallo Kari. T.K. ist in seinem Zimmer“, fauchte sie, rauschte an ihr vorbei und machte sich auf den Weg die Treppe hinunter. „Ähm…“ Verwirrt blickte Hikari ihr hinterher und drehte sich schließlich langsam um, um in Takerus Zimmer zu gehen, doch er stand bereits im Flur und musterte sie mit gerunzelter Stirn. „Was ist denn mit deiner Mutter los?“ „Drama“, murmelte Takeru mit finsterer Miene. „Matt hat sich ein Tattoo stechen lassen. Mein Vater hat es erlaubt. Meine Mutter ist auf dem Weg zu deiner, denke ich. Will sich bestimmt auskotzen.“ Er drehte sich um, ging zum Sofa im Wohnzimmer und ließ sich lang gestreckt darauf fallen. Er war so groß, dass seine Füße über die Armlehne hinaus gingen. „Haben sie gerade telefoniert?“, fragte Hikari und ging ihm unschlüssig hinterher. „Mhm“, machte Takeru und starrte an die Zimmerdecke. Hikari beugte sich über die Rückenlehne und musterte ihn von oben. Sie konnte nur erahnen, wie sehr ihn der erneute Streit seiner Eltern wegen Matt nervte, wo es doch sein größter Wunsch war, seine Mutter und seinen Vater endlich wieder vereint zu sehen. „Bestimmt kommt Natsuko wieder runter, wenn sie mit meiner Mutter redet“, meinte Hikari zuversichtlich, halb über der Rückenlehne hängend. Takeru erwiderte nichts, sondern verschränkte die Arme hinter dem Kopf und verzog das Gesicht. „Hey, mach‘ dir nicht so viele Gedanken, Keru.“ Hikari rutschte noch weiter nach vorn, hing nun kopfüber von der Sofalehne und legte den Kopf auf seiner Brust ab. „Sie kriegt sich schon wieder ein irgendwie. War doch bisher immer so.“ Er zuckte mit den Schultern und erwiderte ihren Blick dann irritiert. „Was machst du da eigentlich?“ „Du hast ja die ganze Sitzfläche blockiert, also hänge ich halt hier ab“, antwortete sie kichernd. Sie spürte schon, wie ihr das Blut dank ihrer unnatürlichen Haltung in den Kopf stieg. „Du hättest dich auch einfach auf den Sessel setzen können“, erwiderte Takeru grinsend. „Da ist es so einsam.“ Sie machte Anstalten, über die Rückenlehne zu klettern, rutschte jedoch mit dem Knie ab und verlor mit einem leisen Schrei das Gleichgewicht, sodass sie auf Takeru landete. „Mann, pass‘ doch auf“, meinte dieser und musterte sie, als sie sich auf den Ellbogen rechts und links neben ihm abstützte und ihn ansah. „Du brichst dir noch was.“ „Gut, dass uns gerade keiner sieht. Diese Position könnte man auch falsch verstehen“, sagte Hikari verschwörerisch grinsend. Einen Augenblick lang sahen sie einander an und verharrten in dieser merkwürdigen Stellung, bis Takeru auf einmal hochschnellte, Kari an den Schultern packte und von sich schob. „Na los, geh‘ runter, du bist schwer“, grummelte er und setzte sich aufrecht hin, das Gesicht knallrot angelaufen. Verwirrt blickte Hikari ihn an. „Was ist denn jetzt auf einmal los?“ „Nichts, Mann.“ Er wandte sich ab und griff nach der Fernsehzeitung, die auf dem Couchtisch lag, um darin zu blättern, doch Hikari war sich nicht sicher, ob er tatsächlich das Programm wissen wollte, oder einfach nur eine Ablenkung von was auch immer suchte. Was war ihm denn nur auf einmal peinlich? Dass sie auf ihm gelegen hatte? So schlimm war das doch nun wirklich nicht gewesen und sie hatten schon oft im gleichen Bett übernachtet. Was sollte also dieses Benehmen? „Warum bist du eigentlich hier?“, fragte Takeru nun, seine Aufmerksamkeit scheinbar noch immer auf die Fernsehzeitung gerichtet. Hikari überkreuzte die Beine, legte dabei ihr linkes Bein halb auf seinem Oberschenkel ab. „Meine Mutter nervt total. Sie hat mir verboten, auf Matts Konzert am Samstag zu gehen.“ „Oh“, machte Takeru, klang jedoch wenig überrascht. „Ja, ich weiß, du darfst auch nicht hingehen“, grummelte Hikari und verschränkte beleidigt die Arme vor der Brust. „Dabei ist er dein Bruder.“ „Jep“, machte Takeru. „Das ist so unfair. Tai darf auch hingehen. Warum dürfen wir denn nicht?“, beschwerte sich Hikari und spürte ihre Wut zurückkehren. „Weil wir die kleinen Geschwister sind“, murmelte Takeru, warf die Fernsehzeitung wieder auf den Tisch und lehnte sich zurück. Einen Augenblick hingen sie beide ihren Gedanken nach, bis Hikari einen Einfall hatte. „Lass‘ uns heimlich hingehen.“ Takeru sah sie fragend von der Seite an. „Ja, ist doch kein Problem. Ich sag‘ meinen Eltern, ich übernachte bei dir und du sagst deiner Mutter, dass du bei mir übernachtest. Und dann gehen wir aufs Konzert. Fertig.“ Sie klatschte in die Hände und grinste ihn an, völlig überzeugt von ihrem Plan. Takeru jedoch, ganz der Pessimist, hob eine Augenbraue. „Und wenn sie am nächsten Tag darüber reden? Dann fliegen wir auf.“ „Ach was, die reden doch nie darüber“, erwiderte Hikari und machte eine wegwerfende Handbewegung. „Ist doch für die was ganz Normales.“ Seufzend kratzte Takeru sich am Kopf. „Ich weiß nicht.“ „Komm‘ schon, sei einmal cool“, forderte sie ihn auf und lächelte verschmitzt, genau wissend, dass sie ihn damit dazu brachte, zu tun, was sie wollte. „Was soll das denn heißen?“, grummelte er. „Ich bin immer cool.“ „Eigentlich bist du voll der Langweiler“, stichelte Hikari und gähnte gekünstelt. „Immer voll langweilig und so. Nie machst du mal Spaß mit. Nie kann man mit dir…“ „Ist ja schon gut, wir gehen Samstag auf das Konzert!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)