Mein bester Freund Angie von JCZoldyck ================================================================================ Kapitel 5: Eren --------------- Mikasas Ton klang nicht gut. Ich versteckte mich sofort hinter dem Sofa, bevor sie das Wohnzimmer betrat und nach mir suchte. Still zu sein gehörte leider nicht zu meinen Stärken, wodurch sie mich schnell fand. „Wie kannst du den armen Armin in Kleider stecken?“, mahnte sie mich mit festem Ton. „D-das ist nicht Armin“, begann ich stotternd und in der Hoffnung, sie würde mir diese Lügengeschichte abkaufen, doch stattdessen zerrte sie mich hoch auf die Beine. „Glaubst du tatsächlich, ich merk das nicht?“, schimpfte sie. „Hältst du mich tatsächlich für so blind, dass ich einen meiner besten Freunde nicht erkenne?“ Seit Jean auf diesen Plan reingefallen war, dachte ich, ehrlich gesagt, dass auch andere sich täuschen lassen würden. Selbst ich hätte Armin für ein Mädchen gehalten, aber Mikasa schien wohl keine Fantasie zu haben. Ich bemerkte, wie Armin auf seinen weißen Söckchen ins Wohnzimmer tippelte und vor Mikasa stehen blieb. „Wir können das erklären“, nuschelte er. Mit verschränkten Armen wartete meine Schwester auf eine gescheite Erklärung, die ich ihr bisher noch nicht lieferte. Ich wollte nicht, dass Armin meinen Plan preisgab, doch er begann schon zu reden: „Du kennst doch Jean.“ „Oh ja.“ Mikasa nickte bestätigend. Ich versteckte mich wieder hinter der Sofalehne. „Er hat Eren immer aufgezogen, dass er keine Freundin hat, da hat Eren sich Angie ausgedacht und ich hab mich als sie ausgegeben, damit Jean ihm glaubt.“ Ihre Haltung ließ sich als eine Mischung aus Fassungslosigkeit und Verwirrung deuten, eher das erste, vermutete ich. Sie suchte bei mir einen bestätigenden Blick, den sie auch bekam. „Ich musste mir sogar den Facebook-Account für Angie erstellen“, bemerkte Armin kleinlaut. „Verarscht ihr den Kerl etwa auch online?“ Ich kam ins Stocken: „Das ist, weil … ähm…“ „Ich bin dabei.“ „Was?“, riefen Armin und ich verblüfft im Chor. Als Antwort schritt sie rüber zu ihrem Laptop, öffnete ihn und hielt uns die Facebook-Startseite entgegen. Armin, der gerade den Schnickschnack aus seinem Haar entfernte, schien wohl nicht ganz zu verstehen, dass Mikasa es ernst meinte. „Ich möchte mitmachen. Log dich mal als Angie ein, Armin“, erklärte sie und machte es sich auf dem Sofa bequem, sodass sich noch jemand gemütlich neben sie setzen konnte. Nachdem sich Armin neben ihr Platz nahm und als Angie einloggte, fing der Spaß auch schon an. Pausenlos tippten die beiden, kicherten und tauschten sich darüber aus, was sie dem Vollhorst von Kirchstein schreiben konnten. Dass ich mich aus dem Wohnzimmer schlich, schien keinen von beiden zu stören. Während die beiden sich vergnügten, überlegte ich mir, wie ich Herrn Ackerman näherkommen könnte. Ihm meine Liebe zu gestehen, so meinte Armin, war ja nun doch keine gute Idee. Warum hatte er es mir nur angeboten? Ich hätte mich beinahe vor der ganzen Sportklasse lächerlich gemacht. Erstmal überlegte ich, worauf er stand. Beinahe befürchtete ich, dass er Frauen bevorzugte. Verzweifelt schaute ich in meinen Schrank. Ganz hinten in einem Schubfach versteckt, lagen zwei Kleider – das dunkelblaue, das Armin letzte Woche trug, um Kirchstein zu verarschen und noch ein grünes mit kurzen Ärmeln und kleinen Rüschen am Saum sowie Kragen. Vorsichtig blickte ich mich im Zimmer um, dann zog ich das Kleidungsstück aus dem Schrank, um es einmal anzuprobieren. Jeans und Shirt warf ich achtlos auf den Boden. Mein Dekolletee war unausgefüllt, da ich keinen BH trug, dennoch fiel es nicht zu sehr auf. Zufrieden betrachtete ich mich im Spiegel und drehte mich einmal, sodass der Rock im Wind flatterte wie ein Rad. Mir fehlte noch Make-up und etwas Schmuck, dann konnte man mich mit einem hübschen Mädchen aus den oberen Klassen verwechseln, mit denen sich Herr Ackerman in den Hofpausen ständig unterhielt oder denen er bei den Sportübungen half. Vor dem großen Wandspiegel stehend, steckte ich mir ordentlich eine grüne Haarspange ins Haar, passend zum Kleid. „Sag mal, Mikasa sitzt da unten mit einer Freundin. Hast du keine Lust auf die beiden?“ Kaum öffnete meine Mutter die Zimmertür, verstummte sie auch wieder, als sie ihren Sohn im Rüschenkleid sah. Vor Schreck erstarrte ich ebenfalls, denn ich hatte völlig vergessen, abzuschließen. „… Okay …“, sagte sie nur verwirrt. Meine Haarspange fiel aus dem Haar. „Das ist für den Fasching“, antwortete ich. Meine Mutter nickte nur. „Verstehe.“ An ihrem Ton erkannte ich, dass ich verdammt schlecht gelogen hatte. Zudem war es Anfang Herbst und alles andere als Faschingszeit. „Ich meine Halloween“, korrigierte ich mich. „Ah ja, die Leute werden sich gruseln, wenn sie dich sehen.“ Nochmals betrachtete sie mich gründlich und schien es noch immer nicht ganz zu fassen, was sie da sah. Unangenehmer konnten Blicke nicht mehr werden. „Wenn dich dein Vater so sieht, freut er sich.“ „Sag es ihm nicht!“, platzte es sofort aus mir heraus und ich hob die Hose auf, die ich vor meinen Körper hielt, damit sie das Kleid verdeckte. „Keine Sorge, ich verrat es keinem.“ Noch immer musterte sie mich verwirrt, die Jeans riss auch nichts mehr. Schnell rannte ich zum Bett und versteckte mich unter der Decke. „Ist ja gut, ich behalt es für mich“, verabschiedete sich meine Mutter und murmelte anschließend unverständliche Worte zu sich selbst. Nachdem ihre Schritte ganz verklangen, zog ich die Bettdecke vom Kopf und schaute mich verängstigt um. Am besten zog ich das Kleid schnell wieder aus, bevor noch jemand anderes mich so sah. Vorher jedoch schloss ich die Tür hastig ab. Wenn ich meine Glücksbluse, die ich Armin heute geliehen hatte, angezogen hätte, wäre mir niemals solch ein peinliches Missgeschick passiert. Als ich wieder wie ein Junge aussah, knüllte ich das grüne Kleid tief in den Schrank, wo sich noch das andere befand. Zur Sicherheit legte ich einen Stapel Pullover davor, falls jemand in den Fächern wühlte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)