Nami no narimasu von YutakaXNaoyukis_Mika ((Reite die Welle)) ================================================================================ Prolog: -------- Es war ein Samstag, das wusste er noch. Ein Samstag im Sommer, in dem er 15 war. Er hatte Urlaub gemacht und einen Freund besucht, der im vergangenen Jahr umgezogenen war. Daran erinnerte er sich noch ganz genau. Auch daran, dass an diesem Tag das Wetter alles andere als schön war und dennoch waren sie an den Strand gegangen. Warum denn auch nicht? Sie mussten es ja nutzen, wenn sie schon die Zeit hatten, sich zu sehen und dann noch am Meer zu sein. Shino hatte ihm gezeigt, wie toll seine neue Heimat war und Yukken musste zugeben, dass er ihn beneidete. Er hatte das Meer direkt vor der Tür und die Sonne schien fast jeden Tag. Auch seine neue Schule sah so viel toller aus als der Klotz, in den er selbst ging. Das war schon ein großer Unterschied. Dennoch änderte es nichts daran, dass sein bester Freund nicht mehr in seiner Nähe wohnte und er sich jetzt doch ziemlich allein gelassen fühlte. Umso glücklicher war er, dass er diesen Sommer hier mit ihm verbringen konnte. „Woran denkst du, Yu-kun?“, fragte Shino ihn, als sie beide am Strand saßen und hinaus auf das Meer schauten. Es war stürmisch und ungewöhnlich kühl. Vielleicht lag es an seiner Stimmung, denn Yukken wusste, dass dies sein vorletzter Tag war. Übermorgen würde er wieder zurück müssen. Zurück in sein altes Leben und ganz ohne Shino, mit dem er immer so viel Spaß hatte. Dann war er wieder allein. Ein Seufzen verließ seine Lippen und er schloss die Augen. „Ich will nicht nach Hause.“, murmelte er. „Hier ist es viel schöner und…“, kurz schwieg er. „Wieso kannst du nicht wieder mit zurückkommen? Ohne dich ist es so langweilig und es macht überhaupt keinen Spaß mehr.“ Die Worte seines besten Freundes brachten den größeren Jungen zum Lachen. „Du weißt genau, dass das nicht geht, Yu-kun.“ Freundschaftlich wuschelte er ihm durch das dunkle Haar. Und wieder seufzte der Kleinere und sah wieder hinaus auf das Meer. In diesem Moment erblickte er dort tatsächlich jemanden, der es wagte, bei diesem stürmischen Wetter hinaus aufs Meer zu paddeln mit einem Surfboard. Seine Augen weiteten sich. „Was… was macht der da?!“, fragte er aufgebracht. Shino folgte seinem Blick und grinste. „Na surfen. Was denn sonst? Dafür brauchste eben ordentlich Wellen und die gibt´s nur bei gutem Wind und den haben wir heute zu genüge.“, erklärte er. Unsicher schaute Yukken von Shino zu dem Jungen, der da mit dem Surfboard immer weiter hinaus paddelte und plötzlich verschwand. Erschrocken sprang er auf und suchte nach dem Jungen. Im nächsten Moment sah er ihn wieder. Er stand auf dem Board und surfte tatsächlich auf der Welle, die gen Strand rauschte. Nachdem Yukken an diesem Tag den ersten Schock überwunden hatte, schaute er noch sehr lange diesem Jungen dabei zu, wie er eine Welle nach der anderen mitnahm. Shino musste darüber immer wieder lachen und hatte ihn tatsächlich gefragt, ob er das nicht auch lernen wolle, doch daraufhin bekam er nur ein Kopfschütteln. Das war so typisch für seinen Freund. Am nächsten Tag allerdings war das Wetter wieder viel zu schön, als dass sie damit rechnen konnten, den jungen Surfer wieder am Strand zu treffen. Dennoch wollte Yukken unbedingt wieder zum Strand und sicherheitshalber nachsehen. Doch wie Shino schon vermutet hatte, war er nicht da. Die Wellen waren einfach zu flach und der Wind zu flau. Trotzdem bestand der Jüngere von ihnen darauf, den ganzen Tag am Strand zu bleiben, falls dieser Surfer nochmal auftauchen würde. Doch es geschah nicht. … Das lag jetzt über 6 Jahre zurück und dennoch erinnerte er sich immer wieder an den jungen Surfer zurück, wie er da an dem stürmischen Tag eine Welle nach der anderen geritten war. Das Bild war einfach so toll gewesen. Er hätte ihn gern einmal kennen gelernt, wenn er jetzt so darüber nachdachte. Leider war es nie dazu gekommen. Er hatte nicht einmal seinen Namen herausgefunden. Auch Shino kannte ihn nicht. Seufzend sah er aus dem Fenster des Zuges. Das Meer. Und wieder wanderten seine Gedanken zurück zu diesen Tag. In letzter Zeit war das häufig passiert und er konnte sich nicht erklären, warum. Dabei war er gerade auf dem Weg in einen neuen Lebensabschnitt. Wenn er so zurückdachte, hatte er doch so einiges erlebt. Er hatte die Schule geschmissen, hatte sich mit einigen Jobs über Wasser gehalten. Seine Eltern hatten sich scheiden lassen, was er nur gutheißen konnte. Sein Vater war wirklich kein guter Mensch und seine Mutter hatte nur leiden müssen. Jetzt war sie wesentlich besser dran und er würde sie auch weiterhin unterstützen, das hatte er sich geschworen. Seine Band war dabei, sich aufzulösen und er hatte die Chance bekommen, bei einer der besten und vor allem einer der aufstrebenden Bands Japans vorzuspielen. Diese Chance würde er wohl nie wieder bekommen. Er war unglaublich nervös, hoffentlich würde er nichts falsch machen. Er musste es schaffen, nein, er wollte es schaffen. Das war sein Traum. Er wollte die Welle reiten… er wollte genauso sein, wie dieser Surfer damals. Kapitel 1: ----------- Er wollte die Welle reiten… er wollte genauso sein, wie dieser Surfer damals. Weil er mal wieder viel zu tief in Gedanken war, hatte er den Anschlusszug verpasst und stand jetzt fünf Minuten zu spät am vereinbarten Treffpunkt. Das war ihm so peinlich, dass er ganz klein mit Hut war. Von seinen positiven Gedanken, die er noch vor einer halben Stunde hatte, war nichts mehr übrig geblieben. Jetzt war die Nervosität noch sehr viel größer als zuvor. Er schluckte und hob die Hand, um an die Tür zu klopfen, doch kurz vorher hielt er noch einmal inne und holte tief Luft. „Auf in den Kampf!“, murmelte er. „Was fürn Kampf?“, wurde er da auch schon angesprochen und zuckte heftig zusammen. Sein Herz wummerte in seiner Brust und seine Augen starrten die Person an, die hinter ihm aufgetaucht war. Ein breites Grinsen zierte dessen Gesicht. „Bist du der neue Support-Drummer?“ Und noch bevor er antworten konnte, wurde die Tür von innen geöffnet und ein kleiner grimmig dreinschauender Mann, wenn er das so sagen konnte, schaute hinaus. „Da bist du ja endlich, Aoi.“, brummte er. „Wo is mein Tee?“ „Ja ja, hier haste deine Plörre.“, seufzte Angesprochener und reichte dem grummeligen Zwerg einen dampfenden Pappbecher. Im nächsten Moment wurde das Gesicht des kleinen Blonden wieder weicher und er sah nun ihn an. Sofort lächelte er. „Ah, da bist du ja. Komm rein, wir warten schon.“ Kaum hatte er das gesagt bekommen, befand er sich auch schon mitten im Raum und war umzingelt von den vier Mitgliedern der Band, für die er heute vorspielen sollte. Er schluckte und legte dann ein verlegenes Lächeln auf. „Konnichi wa.“, begrüßte er sie erst einmal. „Ach, komm, lass die Förmlichkeiten. Zeig mal, was du drauf hast.“, kam es plötzlich aus einer dunklen Ecke. Sein Kopf ruckte herum und er erkannte, wer es war, der da so unhöflich und forsch von ihm forderte, sein Können zu zeigen. Es war der Drummer, der die Band im Stich lassen wollte. Was sollte das denn? Der Kerl ließ seine Band einfach fallen und wollte ihn dann auch noch testen? Musste er sich das gefallen lassen? „Yune!“, fauchte da auch schon der kleine Sänger. „Was willst du noch hier?“, kam es zischend aus der Kehle des Blonden. „Du hast hier nichts mehr verloren. Also verzieh dich!“ Da war aber jemand sauer. Entgegen der Forderung Rukis trat der Drummer jedoch nur näher und ließ sich auf einen der Stühle fallen. „Ich muss doch sehen, welchen Loser ihr euch als Alternative für mich holt.“, grinste er und in Yukken kochte es. Seine Hände ballten sich zu Fäusten. Loser? Sollte er sich als ein solcher betiteln lassen? Und wieder hallte ein Lachen durch den Raum. „Was denn, Kleiner? Glaubst du ernsthaft, du hast ne Chance? Das hier ist ne Band mit Niveau. Soweit ich weiß, kommst du nicht gerade von ner Band mit Erfolgsaussicht.“ „Yune!“, kam es erneut. Doch dieses Mal ist es der Gitarrist, soweit er es beurteilen kann. Dieser packte den Drummer und zerrte ihn aus dem Raum. Die anderen sahen dem Ganzen nur hinterher. Was war das jetzt? Unsicher sah Yukken nun von einem zum anderen. Im nächsten Augenblick lag aber auch schon ein Arm um seine Schulter. „Keine Sorge, Aoi kümmert sich um den. Und jetzt lass uns mal hören, wie gut du bist. Ruki hat uns ja schon einiges erzählt, also sind wir echt gespannt drauf.“ Es war Uruha, der ihn so nett anlächelte und ihn gleichzeitig zum Schlagzeug führte. Der Bassist saß die ganze Zeit in seiner Ecke und hatte alles nur still beobachtet. Das hier war schon ein komischer Haufen. Ob er mit diesen auch zurecht kommen würde? Auf jeden Fall musste er erst einmal beweisen, dass er nicht umsonst zu diesem Casting eingeladen wurde. … Am Abend saß er mit vier jungen Männern in einer Runde und lachte, stieß mit ihnen an. So genau konnte er sich nicht erklären, wie es dazu gekommen war. Auf jeden Fall schien er überzeugend genug gewesen zu sein. Für die nächste Zeit war er auf jeden Fall Support-Drummer für the GazettE und das nur, weil der kleine Vocal der Band ihn hatte spielen hören und sehen und er selbst gehört hatte, dass diese Band einen neuen Drummer suchte. Das war wirklich ein Traum. Jetzt musste er sich bewähren, um vielleicht sogar einen festen Platz in dieser Band zu bekommen. Wenn er auch das noch schaffen würde, dann war er seinem Traum noch ein Stück näher gekommen. Er würde es Stück für Stück schaffen. Da war er sich jetzt wieder etwas sicherer. Er würde der Welle näher und näher kommen und irgendwann würde er sie reiten. Und plötzlich hatte er wieder das Bild vor Augen. Der Surfer auf dem Board. Kapitel 2: ----------- Er würde es Stück für Stück schaffen. Da war er sich jetzt wieder etwas sicherer. Er würde der Welle näher und näher kommen und irgendwann würde er sie reiten. Und plötzlich hatte er wieder das Bild vor Augen. Der Surfer auf dem Board. „Woran denkst du gerade?“ Erschrocken sah er sein Gegenüber an. „Nani?“ „Woran du gerade denkst?“, kam es lachend. „Du scheinst gerade ziemlich weit weg gewesen zu sein.“ „Ano…“ Verlegen kratzte er sich am Hinterkopf und grinste. „Na ja, nicht wirklich, aber ich hatte wieder so eine Erinnerung vor Augen.“, gestand er. „Keine Ahnung, wieso gerade jetzt, aber ist auch nicht so wirklich wichtig.“, winkte er ab. „Wenn du meinst.“, schmunzelte der Gitarrist und wandte sich dann wieder den anderen zu, die sich ebenso ihrem neuen Bandmitglied gewidmet hatten. Für Kai, wie er jetzt in der Band heißen sollte, war es etwas Neues, in einer so gemütlichen und entspannten Runde zu sitzen. Selbst in seiner alten Band war dieses Gefühl nie so gewesen. Er war über so einiges erstaunt. Uruha, Ruki und Reita schienen sich besonders gut zu kennen, wenn er sie so beobachtete. Aoi hingegen saß zwar auch nah bei ihnen, wirkte aber etwas abwesend und auch mit den Gedanken ganz woanders. Wo war dieses Grinsen hin, das er auf den Lippen hatte, als er ihm vor der Tür begegnet war? Und was hatte er mit Yune besprochen, während er den anderen vorgespielt hatte? Er war die ganze Zeit nicht mehr aufgetaucht. Erst als sie fertig waren und die anderen sozusagen schon beschlossen hatten, dass er ihr Support werden sollte, war er zurückgekommen. War etwas zwischen den beiden passiert? Warum war er eigentlich immer so neugierig? Es ging ihn nun wirklich nichts an. Er konnte sich glücklich schätzen, dass er diesen Schritt getan hatte, dass er diese Chance bekam. Plötzlich pokte ihm jemand in die Wange. „Hab ich was im Gesicht, Kai-kun, oder warum starrst du mich so an?“, wurde er da auch schon breit angegrinst. Blinzelnd kam Angesprochener nun doch wieder zu sich und realisierte, dass er den Älteren tatsächlich die ganze Zeit gedankenverloren angestarrt hatte. „A~no… E~to…“, stammelte er. „Hehe… Nein, eigentlich nicht.“ Beschämt kratzte er sich mal wieder am Hinterkopf und sah auf seinen Schoß. „Dann ist ja gut, ich dachte schon.“, lachte Aoi und klopfte ihrem neuen Drummer belustigt auf die Schulter. „Du scheinst kaputt zu sein. Vielleicht sollten wir für heute Schluss machen, damit du dich ausruhen kannst. Ist immerhin nicht leicht, mit uns auszukommen. Da haste dir ordentlich was aufgehalst, das sag ich dir.“, warnte er ihn auch gleich. „Weißte denn schon, wo du heute pennst, Kai-kun?“, kam es dann auch gleich von Ruki. Dieser wusste ja, dass ihr neues Mitglied nicht von hier war und sich erst dann hier etwas suchen wollte, wenn das mit ihnen klappen würde. Besagter zuckte nur mit den Schultern. „Werd mal schauen, was hier in der Nähe ist. Sicherlich erstmal ein Hostel oder so. Meine neue Bude ist zwar schon fertig, aber mein Bett muss erst noch ankommen.“, lachte er. „Also mit Pennen ist da noch nicht viel.“ Und einen Futon hatte er leider nicht mitgenommen. Tja, Schusseligkeit lässt grüßen. „Hast du keinen Futon?“, kam es von der Seite und Kai hätte sich am liebsten gegen die Stirn geklatscht. Das war wohl echt Gedankenübertragung. „Eto~, nee, hab ich leider vergessen. Der steht noch da, wo meine Mutter ihn hingestellt hat, als ich losgefahren bin.“, gestand er. Das brachte die gesamte Runde zum Lachen. „Du kannst die Nacht bei mir schlafen, ich hab noch einen und Platz genug. Da fällt es nicht auf, wenn du es dir die nächsten paar Nächte gemütlich machst.“, meldete sich der Bandälteste mit einem Lächeln und klopfte ihm leicht auf die Schulter. „Aber benimm dich, da legt unser alter Mann Wert drauf.“, versuchte der Leadgitarrist belehrend zu klingen, was diesem eine Kopfnuss bescherte. Alles in allem merkte Kai, was Aoi damit meinte, dass er sich da einen ordentlichen Haufen aufgehalst hatte. Nur Reita schien sich zurückzuhalten und unterhielt sich hauptsächlich mit ihrem Vocal. Das fiel ihm an diesem Abend sehr deutlich auf. Aber er wusste auch, dass er die anderen erst einmal richtig kennen lernen musste, bevor er sich ein komplettes Bild von ihnen machen konnte. Bisher kannte er nur das, was man gelegentlich in der Öffentlichkeit zu hören oder auch mal zu lesen bekam. Viel war es nicht und ob es der Wahrheit entsprach, war auch nicht immer sicher. Das hieß für ihn jetzt, selbst herauszufinden, was den Tatsachen entsprach und was nicht. Lange saßen sie nicht mehr zusammen, denn sie alle wollten eigentlich nur noch nach Hause. Neben der Band hatten sie alle noch einen Job, denn wirklich leben konnten sie noch nicht davon. Das erledigte sich hoffentlich bald und ihr gemeinsamer Traum würde sich bald erfüllen. Reita und Ruki liefen gemeinsam mit ihnen in eine Richtung, während Uruha sich bereits vor dem Lokal von allen verabschiedete. Erst an der Bahnstation verließen die anderen beiden sie dann, um den Zug in die andere Richtung zu nehmen. „Und es ist wirklich okay für dich, wenn ich bei dir übernachte?“, fragte Kai, um auch ja sicherzugehen, dass es für den anderen okay war. Ihm war es schon unangenehm, schon am ersten Tag die Gutmütigkeit einer seiner neuen Kollegen auszunutzen. Aoi grinste und nickte. „Klar, sonst hätte ich es dir nicht angeboten und nun hör auf, ständig zu fragen.“ Kai seufzte daraufhin nur. Wie sollte er dagegen was sagen? Ging ja nicht. Und schon trat ein Schweigen zwischen sie. Erst als sie vor Aois Tür standen, wagte Kai es wieder, das Wort zu erheben. Erst wollte er ansetzen und nochmals fragen, ob es auch wirklich okay sei, doch schon im Ansatz wurde seine Frage im Keim erstickt. „Frag gar nicht erst und komm rein.“, lachte der Ältere und schob den Neuling in seinen kleinen Flur. „Wenn du auch nur noch einmal daran denkst, mich danach zu fragen, dann schläfst du nackt vor der Tür.“, warnte er ihn. „Und ich hab ne Nachbarin, die steht auf junges Frischfleisch, also überleg dir das genau.“, scherzte er. Das ließ ihn natürlich gleich verstummen. Er hatte kein Verlangen danach, auf die Nachbarin zu treffen und schon gar nicht nackt. Also schwieg er und zog sich die Schuhe und die Jacke aus. Kurze Zeit später saß er auf dem Gästefuton neben dem von Aoi und trank noch einen Tee. Er fand es wirklich gemütlich in der kleinen Wohnung des anderen. Er hätte zwar nicht vermutet, dass auch Aoi auf einem Futon schlief, aber scheinbar musste er wirklich noch einiges über den anderen lernen. Dafür war die Wohnung sehr schön eingerichtet und besonders beeindruckend fand er die Gitarren, die im Raum standen. Der andere war Musiker mit Leib und Seele, das sah man den Instrumenten deutlich an. Sie waren gepflegt und so liebevoll angeordnet und verstaut, dass man wirklich nichts anderes vermuten konnte. „Spielst du schon lange Gitarre?“, wisperte er, nachdem er kurz in seinen Tee gepustet und dann an der Tasse genippt hatte. Neugierig sah er Aoi an. Dieser blickte ihn etwas irritiert an und lächelte dann. Zuerst trank auch er einen Schluck. „Ich kann dir nicht genau sagen, wie lange schon, aber mein Bruder hat es mir beigebracht. Und irgendwann konnte ich nicht mehr damit aufhören. Es ist wie eine Sucht. Einmal angefangen und man kann nicht mehr aufhören. Ist es bei dir nicht auch so?“ Sofort nickte Kai. „Bei mir war es meine Mutter. Sie wollte, dass ich ein Instrument lerne. Hab vieles probiert, aber nur das Schlagzeug hat mir wirklich gefallen und richtig Spaß gemacht.“ „Das merkt man. Sonst wärst du wohl auch nicht bei uns gelandet. Ruki hat einiges von dir erzählt, deswegen wundert es mich auch nicht, dass du es problemlos geschafft hast. Aber ich freu mich, wenn ich dich auch mal spielen sehe und nicht nur höre.“, zwinkerte er. Bei diesen Worten wurde er nun doch leicht rot. Aoi hatte ihn nicht gesehen, aber gehört. Also war er indirekt also doch dagewesen. War das der Grund, warum er nichts gegen ihn einzuwenden gehabt hatte? „Ano~ und… und was ist mit Yune?“ Er hatte schon mitbekommen, dass Yune nicht sehr froh darüber war, dass sie ihn ersetzen wollten, aber er war immerhin derjenige, der die Band verlassen wollte. Aois Blick wurde nun doch etwas trauriger, das entging ihm nicht. „Ach, Yune. Er ist ein sturer Bock. Er will einfach zu viel und zu schnell. Weil wir einfach noch nicht soweit gekommen sind, wollte er aussteigen. Und er kann es nicht ertragen, dass wir auch ohne ihn weitermachen wollen. Er denkt, dass es uns nicht ohne ihn geben dürfte, weil die Band halt aus uns fünf besteht und nicht aus uns vier und dir dann. Aber hat er Pech, denn wir geben unseren Traum nicht wegen ihm auf. Außerdem… es gibt auch andere Musiker, die ihren Traum weiter verfolgt haben, auch ohne ein Bandmitglied, das ausgestiegen ist. Wir schaffen das auch und ich bin mir sicher, dass wir das mit dir an unserer Seite auch schaffen werden.“ Na da setzte aber einer große Hoffnungen in ihn, dachte Kai. Ob er diese erfüllen konnte? Immerhin lag jetzt nicht nur sein Traum auf seinen Schultern sondern auch noch der der anderen vier. Aoi hatte ihm gerade offenbart, dass sie ihre Hoffnungen nun wirklich in ihn setzten. Er musste sich also ordentlich reinhängen und zeigen, dass sie dies zu Recht taten. Ab sofort hieß es für ihn also reinhängen und durchstarten. Er durfte die Jungs nicht enttäuschen. Das Ziel war nun auch klar. Sie wollten hoch hinaus. Rauf auf die Welle! Kapitel 3: ----------- Rauf auf die Welle! Er wusste nicht, wie spät es am Ende war, als er noch wach lag und an die Decke sah. Neben ihm hörte er die leisen und ruhigen Atemgeräusche seines neuen Bandkollegen und hoffentlich auch guten Freundes. Sie hatten noch eine Weile über dies und das gesprochen, bevor sie sich entschieden hatten, dass es besser wäre, jetzt doch besser schlafen zu gehen. Das war leichter gesagt, als getan. Für Kai begann nun ein neuer Abschnitt in seinem Leben. An diesem Tag war ganz schön viel passiert und das musste er erst einmal verdauen. Die Arme hinter dem Kopf verschränkt grinste er vor sich hin und dachte darüber nach, was ihn jetzt wohl alles erwarten würde. Würde er es wirklich schaffen, mit den Jungs zusammen groß durchzustarten? War Aois Hoffnung nicht doch etwas zu hoch angesetzt? Warum eigentlich? Sie alle wollten doch groß rauskommen und bisher hatten die anderen fünf Jungs es doch schon ganz gut geschafft, sich einen Namen zu machen. Nun musste er sich einen Platz in dieser Band erkämpfen und beweisen, dass er zurecht hier war. Zumindest würde er alles geben, um den Traum dieser jungen Männer und vor allem auch seinen wahr werden zu lassen. Es würde jedenfalls nichts geben, was ihn davon abhalten könnte. „Kannst du nicht schlafen?“, wurde er plötzlich aus seinen Gedanken gerissen. Aoi sah ihn verschlafen von der Seite an. „Hm…“, murmelte Kai nur und drehte sich auf die Seite, um den Älteren ansehen zu können. „Mach dir mal nicht so viele Gedanken…“, nuschelte es. „Wir alle haben klein angefangen. Und jetzt hör auf zu grübeln und schlaf lieber, sonst siehst du morgen aus wie ein Zombie.“ Diese Worte ließen Kai wieder schmunzeln. „Du weißt doch gar nicht, wie ich aussehe, wenn ich nicht geschlafen habe.“, konterte er. „Aber ich kann´s mir vorstellen. Da hilft selbst das beste Makeup nichts, wenn man fette Augenringe hat. Also Hirn abschalten und schlafen. Schlaf is wichtig. Grübeln kannst du morgen noch genug.“ Aoi schnappte sich sein Kissen und pappte es Kai einfach mal frech ins Gesicht. „Glubschen zu!“ Was sollte er da schon kontern? Ein wenig feixten sie noch, ehe Kai dann doch so abgelenkt war, dass er ohne noch weiter zu grübeln einschlief. … Das war sein Start in dieser Band und er erinnerte sich immer wieder gern daran. Manchmal fragte er sich echt, wie er bei denen nur gelandet war, denn der Haufen war echt… Ja, wie sollte er sie beschreiben? Kaum zu bändigen? Unberechenbar? Unbeschreiblich? Vollkommen durchgeknallt? Irgendwie traf ja doch alles auf sie zu. Und dennoch passten sie wie die Faust aufs Auge zusammen. Wie auch sonst hatten sie es bis hierher geschafft? Seit seinem Dazustoßen waren nun mehr als 3 Jahre vergangen und sie würden heute das Final ihrer diesjährigen Tour spielen. Es hatte sich so viel verändert und er konnte das alles noch immer nicht ganz fassen, wenn er ganz ehrlich war. Er wusste nicht, wie lange er wirklich bei den Jungs war, als er plötzlich ihr Leader war. Uruha hatte keine Lust mehr gehabt und die anderen sahen sich der Aufgabe wohl nicht gewachsen. Da sich also keiner gefunden hatte, hatte er sich gemeldet und nur gemeint, dass er es machen würde, wenn sich kein anderer finden würde. Eigentlich hatte er ja gedacht, es würde sich auf mehrere aufteilen, aber am Ende war er der einzige, der die Hand gehoben hatte. Tja, so schnell ging das halt. Nicht lange und schon stand auch eine Plattenfirma vor ihrer Tür und wollte sie unter Vertrag nehmen. Dass das alles so schnell gehen würde, hätte wohl niemand von ihnen gedacht. Aber zugegriffen hatten sie dann doch. Zuerst hielten sie sich ja doch noch mehr mit kleineren Events und Konzerten über Wasser und wurden über diese bekannter. Doch es war nicht mal ein Jahr nach ihrem Plattenvertrag, da starteten sie ihr erstes Oneman-Konzert. Sogar einen Fanclub hatten sie im selben Jahr noch gegründet. Es war unglaublich, was sich alles für sie für Wege eröffneten. Aber die Krönung kam jetzt erst. Was hieß erst? Sie standen hier wahrhaftig im Backstagebereich einer der größten Hallen Japans. War es zu fassen? Knapp 3 Jahre nach seinem Einstieg bei the GazettE stand er kurz davor auf diese Bühne zu gehen, um mit den Jungs das Budokan zu rocken. Er war unglaublich nervös und dabei müsste er es doch schon gewohnt sein, denn es war immerhin nicht sein erster Auftritt. Doch dies hier war etwas Besonderes auf ihrem Weg. Ihrem Weg weiter nach oben, denn sie wussten ja alle, dass sie es noch viel weiter schaffen konnten. Aber gerade ging ihm ganz schön die Muffe. Das Budokan war kein so kleiner Schuppen wie die anderen zuvor. Das hier war eine Halle, die bis zu 14.000 Fans aufnehmen konnte. Das musste man sich mal überlegen. Wem würde da nicht mulmig werden, wenn er daran dachte, dass er gleich da vorne auf der Bühne stehen und vor so vielen Menschen spielen sollte. Na hoffentlich fiel er heute nicht vom Hocker. Plötzlich kamen die anderen auf ihn zu. „Na, heute wieder nen Abgang machen?“, scherzte Aoi und grinste breit von einem Ohr zum anderen. „Wen meinste denn? Kai oder Ruha?“, scherzte Reita gleich mit, um die Stimmung etwas zu lockern. „Am besten keiner. Das hier ist immerhin etwas, worauf wir lange hingearbeitet haben.“, seufzte Uruha, der mal wieder nervös auf und ab lief. Okay, Kai war schon mal nicht derjenige mit dem meisten Nervenflattern. Uruha übertraf ihn bei weitem. Aber Ruki sah auch nicht gerade wie die Ruhe in Person aus. Scheinbar war ihnen allen nicht ganz wohl. „Nun bleibt mal ganz ruhig. Das hier is doch wie jedes andere Konzert auch, nur etwas größer oder nicht?“ „Etwas größer?!“, fiepste Uruha schon fast auf Aois Kommentar hin. „DAS hier, mein Lieber, ist das Budokan, falls dir das entgangen sein sollte.“, maulte er und schnappte sich doch nochmal einen Becher von seinem Beruhigungsdrink. Das brauchte er einfach, um runter zu kommen. Aoi seufzte. Letztendlich standen sie wieder Seite an Seite, Arm um die Schultern gelegt und feuerten einander an, bevor sie auf die Bühne gingen. Kai voran, gefolgt von Uruha, Reita, Aoi und dann Ruki mit seiner Federboa. Einmal durch die gesamte Menge, die einem nach dem anderen zujubelten und versuchten, anzufassen. Das war ungewohnt, aber das war ihr Weg zur Bühne und irgendwie war es auch ziemlich cool. Mal etwas ganz anderes. Das Ende vom Lied war ein voller Erfolg. Ein absolut grandioses Konzert, jubelnde Fans, völlig ausgepowerte, aber vollkommen zufriedene Bandmitglieder, die halb tot im Backstagebereich des Budokan saßen und lagen und sich von den Anstrengungen erholten. Keiner von ihnen war unglücklich mit dem, was draußen gelaufen war. Die Halle hat gerockt und sie hatten ihren Spaß gehabt. Besser hätte es einfach nicht laufen können. Also was wollte man mehr? Kai sah jedenfalls nichts, was hätte besser laufen können. „Das war so genial, Jungs.“, grinste er in die Runde, während seine Hände sich im kühlen Eiswasser etwas Entspannung gönnten. „Du sagst es.“, strahlte Aoi, der ein Handtuch um seine Schultern gelegt hatte und gerade durch den kleinen Raum lief, um sich auf dem nächstgelegenen Stuhl fallen zu lassen. Plötzlich hatte Kai das Gefühl eines Déjà-vus. Er konnte sich nicht erklären, wieso das so war, aber es war ihm so, als habe er Aoi schon einmal gesehen. Aber das konnte nicht sein. Zumindest nicht in dieser Verbindung. Doch wieso kam ihm nun ganz plötzlich wieder das Bild dieses Surfers von vor so langer Zeit wieder in den Sinn? Was sollte das? Leicht schüttelte er den Kopf. Vielleicht war es ja auch nur, weil sie heute wieder einen weiteren Schritt auf der Karriereleiter geschafft hatten. Wie war das? Die Welle hatten sie erreicht und eine ziemlich gute sogar. Jetzt mussten sie beweisen, dass sie diese bezwingen, aber vor allem auch auf dem Board stehen bleiben konnten. Würden sie es schaffen? Kai wollte es auf jeden Fall und er war sich sicher, dass auch die anderen die Welle voll mitnehmen wollten. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)